Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1630, Czernowitz, 22.06.1909.22. Juni 1909. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. [Spaltenumbruch] Der Spionageprozeß Müller. Belgrad, 20. Juni. Unter riesigem Interesse begann Ein verunglückter Postzug. K.-B. Calcutta, 21. Juni. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.") Der Postzug von Madras ist zwischen Minjur und Die Expedition nach Gröuland. KB. Kopenhagen, 21. Juni. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.") Die Expedition nach dem nordöstlichen Grönland ist Schiffsunglück. KB. London, 21. Juni. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.") Der englische Kreuzer "Sapphs" ist heute nachts bei [Raubüberfall auf Reisende in Russisch- Polen.] Aus Warschau wird der "Vossischen Zeitung" [Eine Gymnasiastenrevolte.] Aus Sofia wird [Der Mörder des Ehepaares Stoff], Fedko [Die Nachricht von einer Begegnung un- seres Kaisers mit dem Zaren.] Das "Neue Wiener [Männliche Dienstboten.] Schon vor längeren [Nachwehen der Armeniermetzeleien.] Aus [Ein kugelsicherer Panzer.] Wie die "Bohemia" Grundriß des Militärstrafrechtes. In die Gesamtdarstellung des österreichischen Rechtes, [Spaltenumbruch] Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 21. Juni. Bukowiner Fragen im Parlamente. Der uns im Wortlaute vorliegenden Rede des Abgeord- Der Abgeordnete verwies zunächst auf die Zusage des Obwohl nun, führte Abg. Simionovici aus, nahezu Redner verwies auf den großen Notstand in der Buko- Nachdem Redner die Teilung der Lehrer- und Lehrerinnen- Längere Zeit verweilte Redner bei der Frage der Er- Nachdem Abg. Simionovici noch auf die Aus- Dekanswahlen. Die theologische Fakultät unserer Von der Universität. Wie uns aus Prag telegraphiert Von der Landesregierung. Der Landespräsident Einweihung einer Kirche. Prälat Schmid begab Die Handelsakademie in Czernowitz. Samstag, 22. Juni 1909. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. [Spaltenumbruch] Der Spionageprozeß Müller. Belgrad, 20. Juni. Unter rieſigem Intereſſe begann Ein verunglückter Poſtzug. K.-B. Calcutta, 21. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Der Poſtzug von Madras iſt zwiſchen Minjur und Die Expedition nach Gröuland. KB. Kopenhagen, 21. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Die Expedition nach dem nordöſtlichen Grönland iſt Schiffsunglück. KB. London, 21. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Der engliſche Kreuzer „Sapphs“ iſt heute nachts bei [Raubüberfall auf Reiſende in Ruſſiſch- Polen.] Aus Warſchau wird der „Voſſiſchen Zeitung“ [Eine Gymnaſiaſtenrevolte.] Aus Sofia wird [Der Mörder des Ehepaares Stoff], Fedko [Die Nachricht von einer Begegnung un- ſeres Kaiſers mit dem Zaren.] Das „Neue Wiener [Männliche Dienſtboten.] Schon vor längeren [Nachwehen der Armeniermetzeleien.] Aus [Ein kugelſicherer Panzer.] Wie die „Bohemia“ Grundriß des Militärſtrafrechtes. In die Geſamtdarſtellung des öſterreichiſchen Rechtes, [Spaltenumbruch] Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 21. Juni. Bukowiner Fragen im Parlamente. Der uns im Wortlaute vorliegenden Rede des Abgeord- Der Abgeordnete verwies zunächſt auf die Zuſage des Obwohl nun, führte Abg. Simionovici aus, nahezu Redner verwies auf den großen Notſtand in der Buko- Nachdem Redner die Teilung der Lehrer- und Lehrerinnen- Längere Zeit verweilte Redner bei der Frage der Er- Nachdem Abg. Simionovici noch auf die Aus- Dekanswahlen. Die theologiſche Fakultät unſerer Von der Univerſität. Wie uns aus Prag telegraphiert Von der Landesregierung. Der Landespräſident Einweihung einer Kirche. Prälat Schmid begab Die Handelsakademie in Czernowitz. Samſtag, <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <pb facs="#f0003" n="3"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">22. Juni 1909. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.</hi> </fw><lb/> <cb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Spionageprozeß Müller.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Belgrad,</hi> 20. Juni.</dateline> <p>Unter rieſigem Intereſſe begann<lb/> heute vor dem Belgrader Gerichtshofe der Spionageprozeß<lb/> Müller und Genoſſen. Die Hauptangeklagten ſind Major Jan-<lb/> kowitſch, Oberleutnant Giorgjewitſch und der öſterreichiſche<lb/> Untertan Karl Müller. Jankowitſch gibt zu, in Verbindung mit<lb/> dem geweſenen öſterreichiſch-ungariſchen Militärattach<hi rendition="#aq">é</hi> Major<lb/> Tancos geſtanden zu ſein. Seine ihm gegebenen Informationen<lb/> ſeien jedoch alle falſch geweſen und hätten nur zur Irreführung<lb/> des Attachees gedient. Der Prozeß wird mehrere Tage dauern.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ein verunglückter Poſtzug.</hi> </head><lb/> <head>K.-B.</head> <dateline><hi rendition="#b">Calcutta,</hi> 21. Juni.</dateline> <bibl>(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)</bibl><lb/> <p>Der Poſtzug von <hi rendition="#g">Madras</hi> iſt zwiſchen <hi rendition="#g">Minjur und<lb/> Ennore</hi> verunglückt. <hi rendition="#g">Fünfzehn Eingeborene</hi> ſind <hi rendition="#g">um-<lb/> gekommen.</hi> </p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Expedition nach Gröuland.</hi> </head><lb/> <head>KB.</head> <dateline><hi rendition="#b">Kopenhagen,</hi> 21. Juni.</dateline> <bibl>(Tel. der „Cz. Allg.<lb/> Ztg.“)</bibl> <p>Die <hi rendition="#g">Expedition</hi> nach dem nordöſtlichen Grönland iſt<lb/> heute unter Leitung <hi rendition="#g">Mikkelſens</hi> an Bord der <hi rendition="#g">„Alabama“</hi><lb/> unter lebhafter Teilnahme der Bevölkerung in See gegangen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Schiffsunglück.</hi> </head><lb/> <head>KB.</head> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 21. Juni.</dateline> <bibl>(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)</bibl><lb/> <p>Der engliſche Kreuzer „Sapphs“ iſt heute nachts bei<lb/><hi rendition="#g">Dungeneß</hi> infolge dichten Nebels mit dem gleichnamigen<lb/> Dampfer zuſammengeſtoßen. Die Beſatzung des Kreuzers<lb/> wurde gerettet und der Kreuzer im ſinkenden Zuſtande nach<lb/> Dover gebracht. Der Dampfer blieb unbeſchädigt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">[Raubüberfall auf Reiſende in Ruſſiſch-<lb/> Polen.]</hi> </head> <p>Aus Warſchau wird der „Voſſiſchen Zeitung“<lb/> berichtet: Etwa 50 Reiſende, die ſich in einem Poſtwagen<lb/> nach Kaliſch begaben, wurden in einem Walde in der Nähe<lb/> von Kaliſch von bewaffneten Banditen überfallen und beraubt.<lb/> Einige des Ueberfalles verdächtigen Perſonen ſind verhaftet<lb/> worden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">[Eine Gymnaſiaſtenrevolte.]</hi> </head> <p>Aus Sofia wird<lb/> berichtet: Am ſtädtiſchen Gymnaſium in Plewna iſt es zu einer<lb/> Revolte gekommen, die mit einem blutigen Zuſammenſtoße<lb/> zwiſchen Studenten und Polizei endete. Mehrere Schüler der<lb/> fünften Klaſſe gerieten mit einem Gymnaſialprofeſſor in einen<lb/> Konflikt, worauf ſämtliche Schüler ausgeſchloſſen wurden. Sie<lb/> demonſtrierten gegen das Urteil, worauf das Profeſſorenkollegium<lb/> die Polizei zur Entfernung der widerſpenſtigen Schüler herbeirief.<lb/> Es kam zu einem Zuſammenſtoße, bei dem viele Studenten<lb/> verletzt wurden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">[Der Mörder des Ehepaares Stoff],</hi> </head> <p>Fedko<lb/><hi rendition="#g">Dawydiak,</hi> iſt ernſtlich erkrankt, ſo daß er ins Gefängnis-<lb/> ſpital transferiert werden mußte.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">[Die Nachricht von einer Begegnung un-<lb/> ſeres Kaiſers mit dem Zaren.]</hi> </head> <p>Das „Neue Wiener<lb/> Tagblatt“ meldet: Zu der zuerſt von einem engliſchen<lb/> Provinzblatte gebrachten Meldung über eine bevorſtehende<lb/> Zuſammenkunft des Zaren mit Kaiſer Franz Joſef wird in<lb/> unterrichteten Kreiſen bemerkt, daß von einer ſolchen Abſicht<lb/> des Kaiſers von Rußland nichts bekannt und eine dahin-<lb/> gehende Meldung von keiner Seite eingelaufen ſei. Die Mög-<lb/> lichkeit eines Beſuches des Zaren bei Kaiſer Franz Joſef wird<lb/> jedoch als naheliegend bezeichnet. Es ſei gar nicht ausge-<lb/> ſchloſſen, daß das umfangreiche diesjährige Reiſeprogramm<lb/> des Zaren auch nach dieſer Richtung hin werde erweitert<lb/> werden. Jedenfalls könnte der Zar in einem ſolchen Fall<lb/> eines herzlichen Empfanges ſicher ſein.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">[Männliche Dienſtboten.]</hi> </head> <p>Schon vor längeren<lb/> Jahren kam man in London auf den Gedanken, als Erſatz für<lb/> die immer ſeltener und immer teurer werdenden Dienſtboten<lb/> Chineſen zu nehmen. Indeſſen ſtand man hiervon bald, wohl<lb/> aus „Furcht vor der gelben Gefahr“, ab. Statt deſſen fand<lb/> man für die fehlenden weiblichen Arbeitskräfte nach und nach<lb/> einen Erſatz in den vielen ſtellungsloſen jungen Männern:<lb/> Handlungsgehilfen, Kellnern, Hausdienern, Geſellen, Lehrlingen<lb/> die auf gut Glück nach London gekommen waren, eine paſſende<lb/> Tätigkeit aber noch nicht finden konnten. Dieſer Erſatz hat ſich<lb/> derart bewährt, daß bereits mehrere Agenturen entſtanden ſind,<lb/> die „Haushaltungsboys“ liefern. Die meiſten von ihnen ſind<lb/> Ausländer, unter ihnen viele Italiener und Schweizer, aber<lb/> auch Dentſche und Franzoſen. Die jungen Männer haben alle<lb/> häuslichen Arbeiten zu verrichten, namentlich die Reinigung der<lb/> Zimmer, das Staubwiſchen, das Bettmachen. In vieler Beziehung<lb/> ſind ſie den weiblichen Dienſtboten vorzuziehen, namentlich, wenn<lb/> es ſich um ſchwerere Arbeiten handelt, zum Beiſpiel beim Um-<lb/> ſtellen der Möbel, Tragen von Koffern, Herbeiſchleppen des<lb/> Brennmaterials und beim Fenſterputzen. Für ihre Arbeit er-<lb/> halten ſie Wohnung, Verpflegung und einen wöchentlichen Lohn<lb/> von ſechs bis zehn Mark. Die Arbeitgeber erklären, daß die<lb/> „männlichen Dienſtmädchen“ eine wahre Wohltat ſind. Erſtens<lb/> ſtehen ſie morgens früh auf und ſuchen ihre Ehre darin, die<lb/> gröbſte Arbeit ſchon erledigt zu haben, ehe die Herrſchaft auf<lb/> den Beinen iſt. Dann erſcheinen ſie nie mit ſchmutzigen Fingern<lb/> und, wenn es draußen ſchellt, während ſie auf dem Boden<lb/> liegen und ſcheuern, brauchen ſie ſich nur die Hände abzutrocknen<lb/> und den Rock überzuwerfen. Außerdem fällt die Verpflegung des<lb/> Bräutigams oder Vetters fort, ohne den ein richtiges Dienſt-<lb/> mädchen nicht leben kann.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">[Nachwehen der Armeniermetzeleien.]</hi> </head> <p>Aus<lb/> armeniſchen Kreiſen wird der „Voſſ. Ztg.“ geſchrieben: Seit<lb/> den Metzeleien ſind ſchon viele Wochen verfloſſen, und dieſe<lb/> lange Zeit hätte den Eindruck der ſchrecklichen Ereigniſſe<lb/> wohl bereits gemildert, wenn ſich die am Leben gebliebenen<lb/> Armenier nicht in einer troſtloſen Lage befänden und wenn<lb/><cb/> die Haltung der Regierung ihnen gegenüber nicht zu Bedenken<lb/> Anlaß gäbe. Das armeniſche Stadtviertel von Adana liegt<lb/> in Aſche. In den Nachbardörfern ſind nur wenige Armenier<lb/> übriggeblieben. Die Zahl der Verwundeten und Kranken iſt<lb/> ſo groß, daß es unmöglich iſt, mit vorhandenen Mitteln ihnen<lb/> halbwegs Hilfe zu leiſten. Das Elend ſpottet jeder Beſchreibung<lb/> und die einlaufenden Geldmittel kommen dem gegenüber kaum<lb/> in Betracht. Die Sterblichkeit erreicht eine erſchütternde Höhe.<lb/> Trotzdem hören die behördlichen Plackereien nicht auf. Ob-<lb/> dachloſe Armenier, die in Zelten Zuflucht gefunden haben,<lb/> werden genötigt, ſich in beſtimmte ſchmutzige und überfüllte<lb/> Herbergen zu begeben, wo die Sterblichkeit noch zunimmt.<lb/> Außerdem iſt es den Armeniern auf das ſtrengſte verboten,<lb/> ihre Wohnorte zu wechſeln. Alle Bemühungen der Regierung<lb/> ſind darauf gerichtet, die Schuld an den Metzeleien auf die<lb/> Armenier zu ſchieben. Auch das Militärgericht arbeitet vielfach<lb/> in dieſem Sinne. Es iſt daher begreiflich, daß die Armenier<lb/> ſich auch weiterhin gefährdet fühlen und keine Sicherheit haben,<lb/> daß ſich die Metzeleien nicht eines Tages wiederholen, zumal<lb/> da in der Provinz die Gewalt vielfach noch in den Händen<lb/> von Beamten aus der hamidiſchen Schule liegt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">[Ein kugelſicherer Panzer.]</hi> </head> <p>Wie die „Bohemia“<lb/> berichtet, iſt es nach langen Bemühungen einem Prager<lb/> Schneidergehilfen gelungen, eine Art kugelſicheren Panzers<lb/> herzuſtellen, der ſich bei den bisher vorgenommenen Verſuchen<lb/> beſtens bewährt hat. Der Panzer beſteht aus einer 35 Zenti-<lb/> meter hohen und 45 Zentimeter breiten Platte, die 1½ Zenti-<lb/> meter dick iſt und ein Gewicht von 2½ Kilogramm hat.<lb/> Das Material ſtellt ſich als eine haltbare Maſſe dar, die<lb/> äußerlich einem Gemiſch von Wachs und Filz gleicht und in<lb/> der die Geſchoſſe ſtecken bleiben, was als beſonderer Vorzug<lb/> erſcheint, da durch den Abprall von anderen Panzean, wie die<lb/> bisherigen Erfahrungen gelehrt haben, ſehr leicht ſchwere Ver-<lb/> letzungen der Nachbarſchaft erfolgen können. Der Schutzſchild<lb/> kann in einem Ausſchnitt am Gewehre befeſtigt werden. Das<lb/> frühere Modell des Panzers hatte bei gleichem Format eine<lb/> Stärke von 7 Zentimeter Die Verſuche die mit dieſem alten<lb/> Modell vor dem Kriegsminiſter Schönaich vorgenommen wurden,<lb/> ergaben befriedigende Reſultate, doch hat jenes Modell wegen<lb/> ſeines großen Gewichtes keine praktiſche Verwendbarkeit. Da<lb/> aber das neue Modell ein Fünftel der urſprünglichen Stärke<lb/> hat, iſt deſſen Verwendbarkeit in den Bereich naher Mög-<lb/> lichkeit gerückt. Ueber Auftrag des Prager Korpskomman-<lb/> danten wurde vor einiger Zeit mit der praktiſchen<lb/> Erprobung des neuen Panzers begonnen. Die erſten<lb/> vor einem kleinen Kreis auf dem Schließplatz nächſt Prag<lb/> vorgenommenen Verſuche ergaben ein über alles Erwarten<lb/> günſtiges Reſultat. Schon auf 150 Schritte Diſtanz blieben<lb/> alle Geſchoſſe in der Platte ſtecken. Die Verſuche werden vor<lb/> einer eigenen Kommiſſion noch mehrmals erneuert werden.<lb/> Man will die Platte zur Erprobung ihrer Widerſtands-<lb/> fähigkeit nicht nur dem Einzelfeuer, ſondern auch dem Feuer<lb/> ganzer Abteilungen und der Maſchinengewehre ausſetzen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Grundriß des Militärſtrafrechtes.</hi> </head><lb/> <p>In die Geſamtdarſtellung des öſterreichiſchen Rechtes,<lb/> welche im Verlage von Duncker & Humblot erſcheint iſt, wie<lb/> die „N. Fr. Pr.“ berichtet, als 7. Abteilung des 2. Bandes<lb/> nunmehr ein <hi rendition="#g">Grundriß des Militärſtrafrechtes</hi><lb/> eingefügt worden. Verfaſſer iſt der frühere Hauptmann-Auditor<lb/> und Privatdozent an der Univerſität in Czernowitz Dr. Georg<lb/><hi rendition="#g">Lelewer,</hi> der bereits durch mehrere Publikationen den Ruf<lb/> eines begabten Vertreters der öſterreichiſchen Strafrechtswiſſen-<lb/> ſchaft erworben hat. Der vorliegende Grundriß iſt eine äußerſt<lb/> verdienſtvolle Arbeit; ſchon zunächſt deshalb, weil wir über-<lb/> haupt keine ſyſtematiſche Darſtellung des Militärſtrafrechtes<lb/> in Oeſterreich beſitzen, ſondern nur einen Kommentar, der<lb/> übrigens heute in theoretiſcher Beziehung in weſentlichen<lb/> Punkten veraltet iſt. Lelewer behandelt in einem allgemeinen<lb/> Teile die Beſonderheiten des Militärſtrafſyſtems überhaupt,<lb/> ſowohl was die Rechtsquellen, als auch was den Kreis der<lb/> ihm unterworfenen Perſonen und endlich die Abweichungen<lb/> gegenüber den allgemeinen Beſtimmungen des Zivilſtrafgeſetz-<lb/> buches anbelangt. Im beſonderen Teile werden die Militär-<lb/> delikte, die ſtrafbaren Handlungen wider die Kriegsmacht des<lb/> Staates und die vom öſterreichiſchen Zivilſtrafgeſetz ab-<lb/> weichenden Beſtimmungen über die gemeinen Delikte behandelt.<lb/> Die Darſtellung iſt eine äußerſt klare und neben der ernſten<lb/> Wiſſenſchaftlichkeit, die aus ihr ſpricht, darum beſonders wert-<lb/> voll, weil die <hi rendition="#g">ſtrafrechtliche Judikatur der<lb/> Militärgerichte,</hi> welche bekanntlich ohne Kontrolle der<lb/> Oeffentlichkeit arbeitet, in vorzüglicher Weiſe verwendet<lb/> erſcheint. Eine gute Darſtellung des Militärſtrafrechtes iſt aber<lb/> heute bei der allgemeinen Wehrpflicht und bei dem Umſtande,<lb/> daß im Kriegsſalle zweieinhalb Millionen Menſchen unter die<lb/> Herrſchaft des Militärſtrafgeſetzes fallen, von großer Bedeutung,<lb/> nicht bloß für den Militärjuriſten, ſondern auch für den<lb/> Ziviljuriſten, der hiedurch in ein ihm ſonſt ferner liegendes<lb/> Gebiet in ausgezeichneter Weiſe eigeführt wird. Zur Charakteri-<lb/> ſierung des Geiſtes, von dem die Arbeit durchdrungen iſt, ſei<lb/> die Aeußerung Lelewers über das gegenwärtige Militärſtraf-<lb/> recht angeführt: „Unſer Militärſtrafrecht leidet an der früher<lb/> allgemein verbreiteten und auch heute noch vielfach geteilten<lb/> irrigen Meinung (vergleiche zum Beiſpiel Dangelmater,<lb/> Philoſophie des Militärrechtes 32), daß alle militäriſchen<lb/> Inſtitutionen ſchon im Frieden für den Krieg eingerichtet ſein<lb/> müſſen und daß das Militärſtrafrecht auch eine ſolche<lb/> militäriſche Inſtitution ſei. Darin liegt ein Grundfehler der<lb/> Militärſtrafgeſetzgebung, dem ſo manche verſehlte Geſetz-<lb/> gebungsarbeit, wie in mancher Beziehung auch die neue<lb/> deutſche Militärſtrafgerichtsordnung, zur Laſt fällt. Die<lb/> Militärſtrafgeſetzgebung iſt keineswegs eine ſolche militäriſche<lb/> Inſtitution, wie zum Beiſpiel die Organiſation oder die Be-<lb/> waffnung des Heeres, die allerdings nur den einen großen<lb/> Zweck haben, die Armee auf den Ernſtfall vorzubereiten und<lb/> daher auch ſchon im Frieden nur mit Rückſicht auf ihre<lb/> Kriegsbrauchbarkeit einzurichten ſind.“</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jLocal" n="1"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Czernowitzer Angelegenheiten.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Czernowitz,</hi> 21. Juni.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Bukowiner Fragen im Parlamente.</hi> </hi> </head><lb/> <p>Der uns im Wortlaute vorliegenden Rede des Abgeord-<lb/> neten <hi rendition="#g">Simionovici</hi> ſei noch in Ergänzung unſeres tele-<lb/> graphiſchen Berichtes Nachſtehendes entnommen:</p><lb/> <p>Der Abgeordnete verwies zunächſt auf die Zuſage des<lb/> Miniſterpräſidenten <hi rendition="#g">Beck,</hi> daß er (Beck) die Anregung einer<lb/> großen Hilfsaktion für die Bukowina mit der größten Auf-<lb/> merkſamkeit verfolgen und, falls die zu pflegenden Erhebungen<lb/> eine entſprechende Grundlage liefern werden, gewiß alles tun<lb/> werde, um dieſes Land, das ſo treu die Grenzwacht im Oſten<lb/> halte, einer beſonders wirtſchaftlichen Förderung teilhaftig<lb/> werden zu laſſen.</p><lb/> <p>Obwohl nun, führte Abg. <hi rendition="#g">Simionovici</hi> aus, nahezu<lb/> ein Jahr ſeit dieſer feierlichen Zuſage verſtrichen iſt, ſei die<lb/> von <hi rendition="#g">Beck</hi> verſprochene ſtaatliche Hilfsaktion nicht nur nicht<lb/> eingeleitet worden, ſondern es ſei nicht einmal bekannt, welches<lb/> Reſultat die zum Zwecke der Inaugurierung dieſer Hilfsaktion<lb/> in Ausſicht geſtellten Erhebungen zu Tage geſördert haben.</p><lb/> <p>Redner verwies auf den großen Notſtand in der Buko-<lb/> wina und führte des weiteren aus, daß die angeblich un-<lb/> günſtige Finanzlage des Staates ſchon aus dem Grande kein<lb/> ernſtliches Hindernis bilden könne, weil ſich in einem Jahre<lb/> die Finanzlage nicht rapid ändern konnte und weil anderer-<lb/> ſeits in der Bukowina mit verhältnismäßig geringen Mitteln<lb/> Großes geleiſtet werden konnte.</p><lb/> <p>Nachdem Redner die Teilung der Lehrer- und Lehrerinnen-<lb/> bildungsanſtalt urgiert hatte, wendete er ſich der Frage der<lb/> Errichtung rumäniſcher Parallelklaſſen im Radautzer Staats-<lb/> gymnaſium zu und meint, daß es wohl richtig ſei, daß das<lb/> Radautzer Gymnaſium von wenigen rumäniſchen Schülern be-<lb/> ſucht werde. Dies ſei aber gerade auf den Mißſtand zurück-<lb/> zuführen, daß keine rumäniſchen Klaſſen exiſtieren. Mit der<lb/> Errichtung derſelben würde ſich die Frequenz desſeben durch<lb/> die rumäniſchen Schüler beſonders heben.</p><lb/> <p>Längere Zeit verweilte Redner bei der Frage der Er-<lb/> richtung einer <hi rendition="#g">Kanzel für rumäniſche Geſchichte,</hi><lb/> wobei er gegen die Einwendung des Unterrichtsminiſters<lb/> polemiſierte, daß dieſe Frage auch eine Agitation unter den<lb/> ruſſiſchen Studenten für die Errichtung einer Kanzel für<lb/> ruſſiſche Geſchichte hervorgerufen habe. Die Rumänen hätten<lb/> in der Bukowina eine hiſtoriſche Bedeutung. Vor 100 Jahren<lb/> ſei die rumäniſche Sprache die einzig gebräuchliche in der<lb/> Bukowina geweſen, während es Ruſſen in der Bukowina nur<lb/> inſoferne gegeben hat, als unter Kaiſer Joſef etwa 4000<lb/> Lipowaner ins Land kamen. Die Begründung des Miniſters,<lb/> daß dieſe Kanzel die deutſche Vortragsſprache auch gefährden<lb/> könnte, ſei unbegründet, da auch rumäniſche und rutheniſche<lb/> Literatur in der betreffenden Sprache vorgetragen werde. Die<lb/> Rumänen ſeien diejenigen, welche in keiner Weiſe den deutſchen<lb/> Charakter der Univerſität tangieren wollten.</p><lb/> <p>Nachdem Abg. <hi rendition="#g">Simionovici</hi> noch auf die Aus-<lb/> führungen des Abg. <hi rendition="#g">Pihuliak,</hi> der ſeine Kirchenfragen<lb/> vorgetragen hatte, erwiderte hatte, ſtellt er die Bitte auf Errichtung<lb/> von rumäniſchen Handwerkerſchulen in <hi rendition="#g">Radautz</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Suczawa</hi> und auf Ausgeſtaltung der Fachſchule für Holz-<lb/> beorbeitung in <hi rendition="#g">Kimpolung</hi> durch Angliederung einer<lb/> Abteilung für Zimmerei. Zur Begründung ſeiner Bitte führt<lb/> Redner aus, daß die Rumänen in der Bukowina einſt einen<lb/> blühenden Handwerkerſtand hatten, welcher in Zünften<lb/> organiſiert, die noch gegenwärtig bewunderten Bau- und<lb/> Kunſtdenkmäler in der ſüdlichen Bukowina geſchaffen hat.<lb/> Infolge widriger Umſtände ſei dieſer Handwerkerſtand<lb/> zurückgegangen und könne nur durch eine entſprechende Aus-<lb/> geſtaltung des Gewerbeſchulweſens zu neuer Blüte gebracht<lb/> werden. Schließlich urgierte Redner die Errichtung eines<lb/> Bezirksgerichtes in Ober-Wikow.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Dekanswahlen.</hi> </head> <p>Die theologiſche Fakultät unſerer<lb/> Univerſität wählte zu ihrem Dekan für das Studienjahr<lb/> 1909 den Profeſſor des Bibelſtudiums und der Exegeſe des<lb/> neuen Bundes Dr. Baſil <hi rendition="#g">Georgiu</hi> und die philoſophiſche<lb/> Fakultät für das beregte Studienjahr zu ihrem Dekan den<lb/> Profeſſor der klaſſiſchen Philologie Dr. Julius <hi rendition="#g">Jüthner.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Von der Univerſität.</hi> </head> <p>Wie uns aus Prag telegraphiert<lb/> wird, wurde für die erledigte Lehrkanzel für Anatomie und<lb/> Phyſiologie der Pflanzen des Profeſſors Moliſch dem<lb/> Miniſterium folgender Vorſchlag erſtattet: <hi rendition="#aq">Primo loco</hi><lb/> Profeſſor Dr. Friedrich <hi rendition="#g">Czapek</hi> (Czernowitz), <hi rendition="#aq">secundo<lb/> loco</hi> Profeſſor Anton <hi rendition="#g">Neſtler</hi> (Prag.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Von der Landesregierung.</hi> </head> <p>Der Landespräſident<lb/> hat die Dienſtesreſignation des Veterinäraſſiſtenten Jofeſ<lb/><hi rendition="#g">Strek</hi> zur Kenntnis genommen und den diplomierten Tierarzt<lb/> und Aſſiſtenten an der tierärztlichen Hochſchule in Lemberg<lb/> Johann <hi rendition="#g">Kwiecinski</hi> zum Veterinäraſſiſtenten im Status<lb/> der politiſchen Verwaltungsbehörden der Bukowina ernannt<lb/> und dem Veterinärdepartement der Landesregierung zur Dienſt-<lb/> leiſtung zugewieſen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Einweihung einer Kirche.</hi> </head> <p>Prälat <hi rendition="#g">Schmid</hi> begab<lb/> ſich geſtern nach Lukawetz, wo die Einweihung der neuerbauten<lb/> Kirche ſtattfand.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Handelsakademie in Czernowitz.</hi> </head> <p>Samſtag,<lb/> fand unter dem Vorſitze des Handelskammerpräſidenten<lb/> v. <hi rendition="#g">Langenhan</hi> eine Sitzung des 1. und 4. ſtändigen<lb/> Ausſchuſſes der Handels- und Gewerbekammer ſtatt. In der-<lb/> ſelben wurde beſchloſſen, dem Plenum der Handels- und<lb/> Gewerbekammer den Antrag vorzulegen, daß für die zu er-<lb/> richtende Handelsakademie in Czernowitz ein Betrag von<lb/> 75.000 Kronen in Barem und 25 Jahre hindurch in jedem<lb/> Jahre 2.000 K votiert wurde. Bekanntlich hat der Gemein-<lb/> derat für die zu errichtende Handelsakademie einen Beitrag<lb/> von 25.000 K gewiedmet.</p> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [3/0003]
22. Juni 1909. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.
Der Spionageprozeß Müller.
Belgrad, 20. Juni. Unter rieſigem Intereſſe begann
heute vor dem Belgrader Gerichtshofe der Spionageprozeß
Müller und Genoſſen. Die Hauptangeklagten ſind Major Jan-
kowitſch, Oberleutnant Giorgjewitſch und der öſterreichiſche
Untertan Karl Müller. Jankowitſch gibt zu, in Verbindung mit
dem geweſenen öſterreichiſch-ungariſchen Militärattaché Major
Tancos geſtanden zu ſein. Seine ihm gegebenen Informationen
ſeien jedoch alle falſch geweſen und hätten nur zur Irreführung
des Attachees gedient. Der Prozeß wird mehrere Tage dauern.
Ein verunglückter Poſtzug.
K.-B. Calcutta, 21. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)
Der Poſtzug von Madras iſt zwiſchen Minjur und
Ennore verunglückt. Fünfzehn Eingeborene ſind um-
gekommen.
Die Expedition nach Gröuland.
KB. Kopenhagen, 21. Juni. (Tel. der „Cz. Allg.
Ztg.“) Die Expedition nach dem nordöſtlichen Grönland iſt
heute unter Leitung Mikkelſens an Bord der „Alabama“
unter lebhafter Teilnahme der Bevölkerung in See gegangen.
Schiffsunglück.
KB. London, 21. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)
Der engliſche Kreuzer „Sapphs“ iſt heute nachts bei
Dungeneß infolge dichten Nebels mit dem gleichnamigen
Dampfer zuſammengeſtoßen. Die Beſatzung des Kreuzers
wurde gerettet und der Kreuzer im ſinkenden Zuſtande nach
Dover gebracht. Der Dampfer blieb unbeſchädigt.
[Raubüberfall auf Reiſende in Ruſſiſch-
Polen.] Aus Warſchau wird der „Voſſiſchen Zeitung“
berichtet: Etwa 50 Reiſende, die ſich in einem Poſtwagen
nach Kaliſch begaben, wurden in einem Walde in der Nähe
von Kaliſch von bewaffneten Banditen überfallen und beraubt.
Einige des Ueberfalles verdächtigen Perſonen ſind verhaftet
worden.
[Eine Gymnaſiaſtenrevolte.] Aus Sofia wird
berichtet: Am ſtädtiſchen Gymnaſium in Plewna iſt es zu einer
Revolte gekommen, die mit einem blutigen Zuſammenſtoße
zwiſchen Studenten und Polizei endete. Mehrere Schüler der
fünften Klaſſe gerieten mit einem Gymnaſialprofeſſor in einen
Konflikt, worauf ſämtliche Schüler ausgeſchloſſen wurden. Sie
demonſtrierten gegen das Urteil, worauf das Profeſſorenkollegium
die Polizei zur Entfernung der widerſpenſtigen Schüler herbeirief.
Es kam zu einem Zuſammenſtoße, bei dem viele Studenten
verletzt wurden.
[Der Mörder des Ehepaares Stoff], Fedko
Dawydiak, iſt ernſtlich erkrankt, ſo daß er ins Gefängnis-
ſpital transferiert werden mußte.
[Die Nachricht von einer Begegnung un-
ſeres Kaiſers mit dem Zaren.] Das „Neue Wiener
Tagblatt“ meldet: Zu der zuerſt von einem engliſchen
Provinzblatte gebrachten Meldung über eine bevorſtehende
Zuſammenkunft des Zaren mit Kaiſer Franz Joſef wird in
unterrichteten Kreiſen bemerkt, daß von einer ſolchen Abſicht
des Kaiſers von Rußland nichts bekannt und eine dahin-
gehende Meldung von keiner Seite eingelaufen ſei. Die Mög-
lichkeit eines Beſuches des Zaren bei Kaiſer Franz Joſef wird
jedoch als naheliegend bezeichnet. Es ſei gar nicht ausge-
ſchloſſen, daß das umfangreiche diesjährige Reiſeprogramm
des Zaren auch nach dieſer Richtung hin werde erweitert
werden. Jedenfalls könnte der Zar in einem ſolchen Fall
eines herzlichen Empfanges ſicher ſein.
[Männliche Dienſtboten.] Schon vor längeren
Jahren kam man in London auf den Gedanken, als Erſatz für
die immer ſeltener und immer teurer werdenden Dienſtboten
Chineſen zu nehmen. Indeſſen ſtand man hiervon bald, wohl
aus „Furcht vor der gelben Gefahr“, ab. Statt deſſen fand
man für die fehlenden weiblichen Arbeitskräfte nach und nach
einen Erſatz in den vielen ſtellungsloſen jungen Männern:
Handlungsgehilfen, Kellnern, Hausdienern, Geſellen, Lehrlingen
die auf gut Glück nach London gekommen waren, eine paſſende
Tätigkeit aber noch nicht finden konnten. Dieſer Erſatz hat ſich
derart bewährt, daß bereits mehrere Agenturen entſtanden ſind,
die „Haushaltungsboys“ liefern. Die meiſten von ihnen ſind
Ausländer, unter ihnen viele Italiener und Schweizer, aber
auch Dentſche und Franzoſen. Die jungen Männer haben alle
häuslichen Arbeiten zu verrichten, namentlich die Reinigung der
Zimmer, das Staubwiſchen, das Bettmachen. In vieler Beziehung
ſind ſie den weiblichen Dienſtboten vorzuziehen, namentlich, wenn
es ſich um ſchwerere Arbeiten handelt, zum Beiſpiel beim Um-
ſtellen der Möbel, Tragen von Koffern, Herbeiſchleppen des
Brennmaterials und beim Fenſterputzen. Für ihre Arbeit er-
halten ſie Wohnung, Verpflegung und einen wöchentlichen Lohn
von ſechs bis zehn Mark. Die Arbeitgeber erklären, daß die
„männlichen Dienſtmädchen“ eine wahre Wohltat ſind. Erſtens
ſtehen ſie morgens früh auf und ſuchen ihre Ehre darin, die
gröbſte Arbeit ſchon erledigt zu haben, ehe die Herrſchaft auf
den Beinen iſt. Dann erſcheinen ſie nie mit ſchmutzigen Fingern
und, wenn es draußen ſchellt, während ſie auf dem Boden
liegen und ſcheuern, brauchen ſie ſich nur die Hände abzutrocknen
und den Rock überzuwerfen. Außerdem fällt die Verpflegung des
Bräutigams oder Vetters fort, ohne den ein richtiges Dienſt-
mädchen nicht leben kann.
[Nachwehen der Armeniermetzeleien.] Aus
armeniſchen Kreiſen wird der „Voſſ. Ztg.“ geſchrieben: Seit
den Metzeleien ſind ſchon viele Wochen verfloſſen, und dieſe
lange Zeit hätte den Eindruck der ſchrecklichen Ereigniſſe
wohl bereits gemildert, wenn ſich die am Leben gebliebenen
Armenier nicht in einer troſtloſen Lage befänden und wenn
die Haltung der Regierung ihnen gegenüber nicht zu Bedenken
Anlaß gäbe. Das armeniſche Stadtviertel von Adana liegt
in Aſche. In den Nachbardörfern ſind nur wenige Armenier
übriggeblieben. Die Zahl der Verwundeten und Kranken iſt
ſo groß, daß es unmöglich iſt, mit vorhandenen Mitteln ihnen
halbwegs Hilfe zu leiſten. Das Elend ſpottet jeder Beſchreibung
und die einlaufenden Geldmittel kommen dem gegenüber kaum
in Betracht. Die Sterblichkeit erreicht eine erſchütternde Höhe.
Trotzdem hören die behördlichen Plackereien nicht auf. Ob-
dachloſe Armenier, die in Zelten Zuflucht gefunden haben,
werden genötigt, ſich in beſtimmte ſchmutzige und überfüllte
Herbergen zu begeben, wo die Sterblichkeit noch zunimmt.
Außerdem iſt es den Armeniern auf das ſtrengſte verboten,
ihre Wohnorte zu wechſeln. Alle Bemühungen der Regierung
ſind darauf gerichtet, die Schuld an den Metzeleien auf die
Armenier zu ſchieben. Auch das Militärgericht arbeitet vielfach
in dieſem Sinne. Es iſt daher begreiflich, daß die Armenier
ſich auch weiterhin gefährdet fühlen und keine Sicherheit haben,
daß ſich die Metzeleien nicht eines Tages wiederholen, zumal
da in der Provinz die Gewalt vielfach noch in den Händen
von Beamten aus der hamidiſchen Schule liegt.
[Ein kugelſicherer Panzer.] Wie die „Bohemia“
berichtet, iſt es nach langen Bemühungen einem Prager
Schneidergehilfen gelungen, eine Art kugelſicheren Panzers
herzuſtellen, der ſich bei den bisher vorgenommenen Verſuchen
beſtens bewährt hat. Der Panzer beſteht aus einer 35 Zenti-
meter hohen und 45 Zentimeter breiten Platte, die 1½ Zenti-
meter dick iſt und ein Gewicht von 2½ Kilogramm hat.
Das Material ſtellt ſich als eine haltbare Maſſe dar, die
äußerlich einem Gemiſch von Wachs und Filz gleicht und in
der die Geſchoſſe ſtecken bleiben, was als beſonderer Vorzug
erſcheint, da durch den Abprall von anderen Panzean, wie die
bisherigen Erfahrungen gelehrt haben, ſehr leicht ſchwere Ver-
letzungen der Nachbarſchaft erfolgen können. Der Schutzſchild
kann in einem Ausſchnitt am Gewehre befeſtigt werden. Das
frühere Modell des Panzers hatte bei gleichem Format eine
Stärke von 7 Zentimeter Die Verſuche die mit dieſem alten
Modell vor dem Kriegsminiſter Schönaich vorgenommen wurden,
ergaben befriedigende Reſultate, doch hat jenes Modell wegen
ſeines großen Gewichtes keine praktiſche Verwendbarkeit. Da
aber das neue Modell ein Fünftel der urſprünglichen Stärke
hat, iſt deſſen Verwendbarkeit in den Bereich naher Mög-
lichkeit gerückt. Ueber Auftrag des Prager Korpskomman-
danten wurde vor einiger Zeit mit der praktiſchen
Erprobung des neuen Panzers begonnen. Die erſten
vor einem kleinen Kreis auf dem Schließplatz nächſt Prag
vorgenommenen Verſuche ergaben ein über alles Erwarten
günſtiges Reſultat. Schon auf 150 Schritte Diſtanz blieben
alle Geſchoſſe in der Platte ſtecken. Die Verſuche werden vor
einer eigenen Kommiſſion noch mehrmals erneuert werden.
Man will die Platte zur Erprobung ihrer Widerſtands-
fähigkeit nicht nur dem Einzelfeuer, ſondern auch dem Feuer
ganzer Abteilungen und der Maſchinengewehre ausſetzen.
Grundriß des Militärſtrafrechtes.
In die Geſamtdarſtellung des öſterreichiſchen Rechtes,
welche im Verlage von Duncker & Humblot erſcheint iſt, wie
die „N. Fr. Pr.“ berichtet, als 7. Abteilung des 2. Bandes
nunmehr ein Grundriß des Militärſtrafrechtes
eingefügt worden. Verfaſſer iſt der frühere Hauptmann-Auditor
und Privatdozent an der Univerſität in Czernowitz Dr. Georg
Lelewer, der bereits durch mehrere Publikationen den Ruf
eines begabten Vertreters der öſterreichiſchen Strafrechtswiſſen-
ſchaft erworben hat. Der vorliegende Grundriß iſt eine äußerſt
verdienſtvolle Arbeit; ſchon zunächſt deshalb, weil wir über-
haupt keine ſyſtematiſche Darſtellung des Militärſtrafrechtes
in Oeſterreich beſitzen, ſondern nur einen Kommentar, der
übrigens heute in theoretiſcher Beziehung in weſentlichen
Punkten veraltet iſt. Lelewer behandelt in einem allgemeinen
Teile die Beſonderheiten des Militärſtrafſyſtems überhaupt,
ſowohl was die Rechtsquellen, als auch was den Kreis der
ihm unterworfenen Perſonen und endlich die Abweichungen
gegenüber den allgemeinen Beſtimmungen des Zivilſtrafgeſetz-
buches anbelangt. Im beſonderen Teile werden die Militär-
delikte, die ſtrafbaren Handlungen wider die Kriegsmacht des
Staates und die vom öſterreichiſchen Zivilſtrafgeſetz ab-
weichenden Beſtimmungen über die gemeinen Delikte behandelt.
Die Darſtellung iſt eine äußerſt klare und neben der ernſten
Wiſſenſchaftlichkeit, die aus ihr ſpricht, darum beſonders wert-
voll, weil die ſtrafrechtliche Judikatur der
Militärgerichte, welche bekanntlich ohne Kontrolle der
Oeffentlichkeit arbeitet, in vorzüglicher Weiſe verwendet
erſcheint. Eine gute Darſtellung des Militärſtrafrechtes iſt aber
heute bei der allgemeinen Wehrpflicht und bei dem Umſtande,
daß im Kriegsſalle zweieinhalb Millionen Menſchen unter die
Herrſchaft des Militärſtrafgeſetzes fallen, von großer Bedeutung,
nicht bloß für den Militärjuriſten, ſondern auch für den
Ziviljuriſten, der hiedurch in ein ihm ſonſt ferner liegendes
Gebiet in ausgezeichneter Weiſe eigeführt wird. Zur Charakteri-
ſierung des Geiſtes, von dem die Arbeit durchdrungen iſt, ſei
die Aeußerung Lelewers über das gegenwärtige Militärſtraf-
recht angeführt: „Unſer Militärſtrafrecht leidet an der früher
allgemein verbreiteten und auch heute noch vielfach geteilten
irrigen Meinung (vergleiche zum Beiſpiel Dangelmater,
Philoſophie des Militärrechtes 32), daß alle militäriſchen
Inſtitutionen ſchon im Frieden für den Krieg eingerichtet ſein
müſſen und daß das Militärſtrafrecht auch eine ſolche
militäriſche Inſtitution ſei. Darin liegt ein Grundfehler der
Militärſtrafgeſetzgebung, dem ſo manche verſehlte Geſetz-
gebungsarbeit, wie in mancher Beziehung auch die neue
deutſche Militärſtrafgerichtsordnung, zur Laſt fällt. Die
Militärſtrafgeſetzgebung iſt keineswegs eine ſolche militäriſche
Inſtitution, wie zum Beiſpiel die Organiſation oder die Be-
waffnung des Heeres, die allerdings nur den einen großen
Zweck haben, die Armee auf den Ernſtfall vorzubereiten und
daher auch ſchon im Frieden nur mit Rückſicht auf ihre
Kriegsbrauchbarkeit einzurichten ſind.“
Czernowitzer Angelegenheiten.
Czernowitz, 21. Juni.
Bukowiner Fragen im Parlamente.
Der uns im Wortlaute vorliegenden Rede des Abgeord-
neten Simionovici ſei noch in Ergänzung unſeres tele-
graphiſchen Berichtes Nachſtehendes entnommen:
Der Abgeordnete verwies zunächſt auf die Zuſage des
Miniſterpräſidenten Beck, daß er (Beck) die Anregung einer
großen Hilfsaktion für die Bukowina mit der größten Auf-
merkſamkeit verfolgen und, falls die zu pflegenden Erhebungen
eine entſprechende Grundlage liefern werden, gewiß alles tun
werde, um dieſes Land, das ſo treu die Grenzwacht im Oſten
halte, einer beſonders wirtſchaftlichen Förderung teilhaftig
werden zu laſſen.
Obwohl nun, führte Abg. Simionovici aus, nahezu
ein Jahr ſeit dieſer feierlichen Zuſage verſtrichen iſt, ſei die
von Beck verſprochene ſtaatliche Hilfsaktion nicht nur nicht
eingeleitet worden, ſondern es ſei nicht einmal bekannt, welches
Reſultat die zum Zwecke der Inaugurierung dieſer Hilfsaktion
in Ausſicht geſtellten Erhebungen zu Tage geſördert haben.
Redner verwies auf den großen Notſtand in der Buko-
wina und führte des weiteren aus, daß die angeblich un-
günſtige Finanzlage des Staates ſchon aus dem Grande kein
ernſtliches Hindernis bilden könne, weil ſich in einem Jahre
die Finanzlage nicht rapid ändern konnte und weil anderer-
ſeits in der Bukowina mit verhältnismäßig geringen Mitteln
Großes geleiſtet werden konnte.
Nachdem Redner die Teilung der Lehrer- und Lehrerinnen-
bildungsanſtalt urgiert hatte, wendete er ſich der Frage der
Errichtung rumäniſcher Parallelklaſſen im Radautzer Staats-
gymnaſium zu und meint, daß es wohl richtig ſei, daß das
Radautzer Gymnaſium von wenigen rumäniſchen Schülern be-
ſucht werde. Dies ſei aber gerade auf den Mißſtand zurück-
zuführen, daß keine rumäniſchen Klaſſen exiſtieren. Mit der
Errichtung derſelben würde ſich die Frequenz desſeben durch
die rumäniſchen Schüler beſonders heben.
Längere Zeit verweilte Redner bei der Frage der Er-
richtung einer Kanzel für rumäniſche Geſchichte,
wobei er gegen die Einwendung des Unterrichtsminiſters
polemiſierte, daß dieſe Frage auch eine Agitation unter den
ruſſiſchen Studenten für die Errichtung einer Kanzel für
ruſſiſche Geſchichte hervorgerufen habe. Die Rumänen hätten
in der Bukowina eine hiſtoriſche Bedeutung. Vor 100 Jahren
ſei die rumäniſche Sprache die einzig gebräuchliche in der
Bukowina geweſen, während es Ruſſen in der Bukowina nur
inſoferne gegeben hat, als unter Kaiſer Joſef etwa 4000
Lipowaner ins Land kamen. Die Begründung des Miniſters,
daß dieſe Kanzel die deutſche Vortragsſprache auch gefährden
könnte, ſei unbegründet, da auch rumäniſche und rutheniſche
Literatur in der betreffenden Sprache vorgetragen werde. Die
Rumänen ſeien diejenigen, welche in keiner Weiſe den deutſchen
Charakter der Univerſität tangieren wollten.
Nachdem Abg. Simionovici noch auf die Aus-
führungen des Abg. Pihuliak, der ſeine Kirchenfragen
vorgetragen hatte, erwiderte hatte, ſtellt er die Bitte auf Errichtung
von rumäniſchen Handwerkerſchulen in Radautz und
Suczawa und auf Ausgeſtaltung der Fachſchule für Holz-
beorbeitung in Kimpolung durch Angliederung einer
Abteilung für Zimmerei. Zur Begründung ſeiner Bitte führt
Redner aus, daß die Rumänen in der Bukowina einſt einen
blühenden Handwerkerſtand hatten, welcher in Zünften
organiſiert, die noch gegenwärtig bewunderten Bau- und
Kunſtdenkmäler in der ſüdlichen Bukowina geſchaffen hat.
Infolge widriger Umſtände ſei dieſer Handwerkerſtand
zurückgegangen und könne nur durch eine entſprechende Aus-
geſtaltung des Gewerbeſchulweſens zu neuer Blüte gebracht
werden. Schließlich urgierte Redner die Errichtung eines
Bezirksgerichtes in Ober-Wikow.
Dekanswahlen. Die theologiſche Fakultät unſerer
Univerſität wählte zu ihrem Dekan für das Studienjahr
1909 den Profeſſor des Bibelſtudiums und der Exegeſe des
neuen Bundes Dr. Baſil Georgiu und die philoſophiſche
Fakultät für das beregte Studienjahr zu ihrem Dekan den
Profeſſor der klaſſiſchen Philologie Dr. Julius Jüthner.
Von der Univerſität. Wie uns aus Prag telegraphiert
wird, wurde für die erledigte Lehrkanzel für Anatomie und
Phyſiologie der Pflanzen des Profeſſors Moliſch dem
Miniſterium folgender Vorſchlag erſtattet: Primo loco
Profeſſor Dr. Friedrich Czapek (Czernowitz), secundo
loco Profeſſor Anton Neſtler (Prag.)
Von der Landesregierung. Der Landespräſident
hat die Dienſtesreſignation des Veterinäraſſiſtenten Jofeſ
Strek zur Kenntnis genommen und den diplomierten Tierarzt
und Aſſiſtenten an der tierärztlichen Hochſchule in Lemberg
Johann Kwiecinski zum Veterinäraſſiſtenten im Status
der politiſchen Verwaltungsbehörden der Bukowina ernannt
und dem Veterinärdepartement der Landesregierung zur Dienſt-
leiſtung zugewieſen.
Einweihung einer Kirche. Prälat Schmid begab
ſich geſtern nach Lukawetz, wo die Einweihung der neuerbauten
Kirche ſtattfand.
Die Handelsakademie in Czernowitz. Samſtag,
fand unter dem Vorſitze des Handelskammerpräſidenten
v. Langenhan eine Sitzung des 1. und 4. ſtändigen
Ausſchuſſes der Handels- und Gewerbekammer ſtatt. In der-
ſelben wurde beſchloſſen, dem Plenum der Handels- und
Gewerbekammer den Antrag vorzulegen, daß für die zu er-
richtende Handelsakademie in Czernowitz ein Betrag von
75.000 Kronen in Barem und 25 Jahre hindurch in jedem
Jahre 2.000 K votiert wurde. Bekanntlich hat der Gemein-
derat für die zu errichtende Handelsakademie einen Beitrag
von 25.000 K gewiedmet.
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