Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1905, Czernowitz, 24.05.1910.[Spaltenumbruch]
Redaktion u. Administration: Telephon-Nummer 161. Abonnementsbedingungen: Für Czernowitz Für Deutschland: [Fü]r Rumänie[n] und den Balkan: Telegramme: Allgemeine, Czernowitz [Spaltenumbruch] Czernowitzer Allgemeine Zeitung [Spaltenumbruch] Ankündigung Einzelexemplare Nr. 1905 Czernowitz, Dienstag, den 24. Mai 1910. [Spaltenumbruch] Uebersicht. Vom Tage. In der Türkei bieten sich zahlreiche Freiwillige für Letzte Telegramme. König Georg von England dankte in einer Botschaft Der städtische Doranschlag. Czernowitz, 23. Mai. Der Gemeinderat der Landeshauptstadt begegnet der Das sind ja auch durchwegs vernünftige Dinge, die da In dem Sitzungsberichte, den wir nun folgen lassen, (Sitzung vom 21. Mai 1910.) Vorsitzender: Bürgermeister Baron Fürth. Schriftführer: Oberoffizial Blaukopf. Nach Eröffnung der Sitzung und Verifizierung des letzten GR. Skalat bespricht die Notwendigkeit der Errichtung [Spaltenumbruch] Der städtische Voranschlag pro 1910. Der Prälim[in]a[r]referent GR. Dr. Norst leitet seinen Zum 6. Male trete ich mit dem Voranschlage für das Auch dem Gemeinderate fallen Budgetwidrigkeiten zur Ich wende mich nunmehr dem Schuldenstande der Das Familienkreuz. 48] (Nachdruck verboten.) Alice mußte das zugeben. Käthe hatte vom Fenster des Eßzimmers aus ihren Die gebeugte Haltung seiner sonst so straffen Gestalt fiel Der arme Vater! Wie einsam würde er sich in dem großem Hause ohne Rochlitz sah seine Tochter. Er ging ihr entgegen und zog Sein zuerst sehr kühler Ton Käthe gegenüber war seit Das stimte ihn weich. "Run, Käthe, wollen wir mal durch den Garten gehen", "Seine Mutter ist ja bei ihm!" meinte Käthe. "Wenn "Dein Platz ist j[e]tzt bei deinem Mann, Kind. Ich muß Käthe faßte die Hand des Vaters und drückte sie leiden- "Vater, hab' mich doch wieder ein bißchen lieb!" bat Rochlitz war so erstaunt über diesen plötzlichen Gefühls- [Spaltenumbruch] Er legte den Arm um ihre Schultern und zog den "Armes kleines Ding!" sagte er leise. "Hast keine Er streichelte und küßte die Tochter, wie wenn sie noch "Vater, hätte ich auf dich gehört!" schluchzte Käthe auf. Rochlitz blieb eine Weile still, dann versuchte er den Käthe sah den Vater groß an mit ihren verweinten "Ja, er liebt mich. Aber er versteht mich nicht -- ich "Du warst doch so für Krankenpflege und all solche "Das ist alles vorbei, Vater. Mir graut seit meiner "Das geht gewiß vorüber." "Ich glaube nicht. Du darfst auch Hartung das Geld "Warum denn nicht, Käthe? Deine Schwestern brauchen "Vater, wenn du mich noch ein bißchen lieb hast, tust "Hartung bat mich aber darum." "Also doch!" [Spaltenumbruch] Sie nagte an ihrer Unterlippe. "Die Schwestern warfen mir das soeben vor. Ich wollte "Sei nicht töricht! Es ist dein Recht." "Ich will kein Recht. Ich will nicht, daß du mich anders "Deine Schwestern haben reiche Männer, und du nicht." "Sage lieber vornehm denkende." "Ich verarge Hartung sein Verlangen keinen Augenblick. "Ader ich verdenke es ihm!" brach Käthe leidenschaftlich "Er soll nicht immer an Geld und Gelderwerb denken! "Du übertreibst -- und urteilst viel zu scharf." "Ich stoße mich aber ewig daran. Wund und weh stoße "Aber Kind, er muß doch Geld verdienen! Du bist eine "Meinetwegen. Ich will lieber überspannt wie geldgierig Rochlitz schüttelte den Kopf. "Wenn du es nicht nimmst, dann schicke ich Hartung "Da ich ihn nicht liebe, müßte ich ihn wenigstens achten (Fortsetzung folgt.) [Spaltenumbruch]
Redaktion u. Adminiſtration: Telephon-Nummer 161. Abonnementsbedingungen: Für Czernowitz Für Deutſchland: [Fü]r Rumänie[n] und den Balkan: Telegramme: Allgemeine, Czernowitz [Spaltenumbruch] Czernowitzer Allgemeine Zeitung [Spaltenumbruch] Ankündigung Einzelexemplare Nr. 1905 Czernowitz, Dienſtag, den 24. Mai 1910. [Spaltenumbruch] Ueberſicht. Vom Tage. In der Türkei bieten ſich zahlreiche Freiwillige für Letzte Telegramme. König Georg von England dankte in einer Botſchaft Der ſtädtiſche Doranſchlag. Czernowitz, 23. Mai. Der Gemeinderat der Landeshauptſtadt begegnet der Das ſind ja auch durchwegs vernünftige Dinge, die da In dem Sitzungsberichte, den wir nun folgen laſſen, (Sitzung vom 21. Mai 1910.) Vorſitzender: Bürgermeiſter Baron Fürth. Schriftführer: Oberoffizial Blaukopf. Nach Eröffnung der Sitzung und Verifizierung des letzten GR. Skalat beſpricht die Notwendigkeit der Errichtung [Spaltenumbruch] Der ſtädtiſche Voranſchlag pro 1910. Der Prälim[in]a[r]referent GR. Dr. Norſt leitet ſeinen Zum 6. Male trete ich mit dem Voranſchlage für das Auch dem Gemeinderate fallen Budgetwidrigkeiten zur Ich wende mich nunmehr dem Schuldenſtande der Das Familienkreuz. 48] (Nachdruck verboten.) Alice mußte das zugeben. Käthe hatte vom Fenſter des Eßzimmers aus ihren Die gebeugte Haltung ſeiner ſonſt ſo ſtraffen Geſtalt fiel Der arme Vater! Wie einſam würde er ſich in dem großem Hauſe ohne Rochlitz ſah ſeine Tochter. Er ging ihr entgegen und zog Sein zuerſt ſehr kühler Ton Käthe gegenüber war ſeit Das ſtimte ihn weich. „Run, Käthe, wollen wir mal durch den Garten gehen“, „Seine Mutter iſt ja bei ihm!“ meinte Käthe. „Wenn „Dein Platz iſt j[e]tzt bei deinem Mann, Kind. Ich muß Käthe faßte die Hand des Vaters und drückte ſie leiden- „Vater, hab’ mich doch wieder ein bißchen lieb!“ bat Rochlitz war ſo erſtaunt über dieſen plötzlichen Gefühls- [Spaltenumbruch] Er legte den Arm um ihre Schultern und zog den „Armes kleines Ding!“ ſagte er leiſe. „Haſt keine Er ſtreichelte und küßte die Tochter, wie wenn ſie noch „Vater, hätte ich auf dich gehört!“ ſchluchzte Käthe auf. Rochlitz blieb eine Weile ſtill, dann verſuchte er den Käthe ſah den Vater groß an mit ihren verweinten „Ja, er liebt mich. Aber er verſteht mich nicht — ich „Du warſt doch ſo für Krankenpflege und all ſolche „Das iſt alles vorbei, Vater. Mir graut ſeit meiner „Das geht gewiß vorüber.“ „Ich glaube nicht. Du darfſt auch Hartung das Geld „Warum denn nicht, Käthe? Deine Schweſtern brauchen „Vater, wenn du mich noch ein bißchen lieb haſt, tuſt „Hartung bat mich aber darum.“ „Alſo doch!“ [Spaltenumbruch] Sie nagte an ihrer Unterlippe. „Die Schweſtern warfen mir das ſoeben vor. Ich wollte „Sei nicht töricht! Es iſt dein Recht.“ „Ich will kein Recht. Ich will nicht, daß du mich anders „Deine Schweſtern haben reiche Männer, und du nicht.“ „Sage lieber vornehm denkende.“ „Ich verarge Hartung ſein Verlangen keinen Augenblick. „Ader ich verdenke es ihm!“ brach Käthe leidenſchaftlich „Er ſoll nicht immer an Geld und Gelderwerb denken! „Du übertreibſt — und urteilſt viel zu ſcharf.“ „Ich ſtoße mich aber ewig daran. Wund und weh ſtoße „Aber Kind, er muß doch Geld verdienen! Du biſt eine „Meinetwegen. Ich will lieber überſpannt wie geldgierig Rochlitz ſchüttelte den Kopf. „Wenn du es nicht nimmſt, dann ſchicke ich Hartung „Da ich ihn nicht liebe, müßte ich ihn wenigſtens achten (Fortſetzung folgt.) <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jEditorialStaff"> <p> <hi rendition="#b">Redaktion u. Adminiſtration:<lb/> Ringplatz 4, 2. 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K 24.</p><lb/> <p>Für Deutſchland:<lb/> vierteljährig .... 7 Mark</p><lb/> <p><supplied cert="low">Fü</supplied>r Rumänie<supplied>n</supplied> und den Balkan:<lb/> vierteljährig .... 10 Lei.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p> <hi rendition="#b">Telegramme: Allgemeine, Czernowitz</hi> </p> </div><lb/> <cb/> <titlePage xml:id="title1" type="heading" next="#title2"> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Czernowitzer<lb/> Allgemeine Zeitung</hi> </titlePart> </titlePage><lb/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p><hi rendition="#b">Ankündigung</hi><lb/> Es koſtet im gewöhnlichen Inſe-<lb/> ratenteil 12 h die 6mal geſpaltene<lb/> Petitzeile bei <choice><sic>eimaliger</sic><corr>einmaliger</corr></choice>, 9 h bei<lb/> mehrmaliger Einſchaltung, für Re-<lb/> klame 40 h die Petitzeile, Inſerate<lb/> nehmen alle in- und ausländiſchen<lb/> Inſeratenbureaux ſowie die Ad-<lb/> miniſtration entgegen. — Einzel-<lb/> exemplare ſind in allen Zeitungs-<lb/> verſchleißen, Trafiken, der k. k. Uni-<lb/> verſitätsbuchhandlung H. Pardini<lb/> und in der Adminiſtration (Ring-<lb/> platz 4, 2. St.) erhältlich. In Wien<lb/> im Zeitungsbureau Goldſchmidt,<lb/> Wollzeile 11.</p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Einzelexemplare<lb/> 10 Heller für Czernowitz.</hi> </p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <titlePage xml:id="title2" prev="#title1" type="heading"> <docImprint> <docDate> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Nr. 1905 Czernowitz, Dienſtag, den 24. Mai</hi> 1910.</hi> </docDate> </docImprint> </titlePage><lb/> </front> <body> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="contents"> <head> <hi rendition="#b">Ueberſicht.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#b">Vom Tage.</hi> </p><lb/> <p>In der Türkei bieten ſich zahlreiche Freiwillige für<lb/> einen Feldzug gegen Griechenland an. Die türkiſche Flotte iſt<lb/> aus Konſtantinop<supplied>e</supplied>l ausgelaufen. — Ja Prag fand heute<lb/> ein deutſchfortſchrittlicher Parteitag ſtatt. — Die Erledigung<lb/> der Lember<supplied>g</supplied>er Univerſitätsfrage dürfte durch ein polniſch-<lb/> rutheniſches Uebereinkommen ermöglicht werden.</p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Letzte Telegramme.</hi> </p><lb/> <p>König Georg von England dankte in einer Botſchaft<lb/> dem Volk: für die der königlichen Familie bewieſene Teil-<lb/> nahme. — Heute findet die Beratung der czechiſchen Agrarier<lb/> über ihre Beteiligung an den Ausgleichskonferenzen ſtatt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="voranschlag1" next="#voranschlag2" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Der ſtädtiſche Doranſchlag.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline>Czernowitz, 23. Mai.</dateline><lb/> <p>Der Gemeinderat der Landeshauptſtadt begegnet der<lb/> ſcharfen Kritik, die an ihm geübt wird, auf die Weiſe, daß<lb/> er dieſe Kritik in eigener Regie beſorgt. Bei der vorgeſtrigen<lb/> Beratung über das Präliminare pro 1910 (nicht etwa 1911)<lb/> leitete der Präliminarrefent, Herr Dr. Norſt, die Debatte<lb/> mit einem Expoſee ein, das an Ueberſichtlichkeit und Klarheit,<lb/> aber auch an Offenheit nichts zu wünſchen übrig ließ. Er<lb/> fand der Sünden recht viele und gab ſie der Oeffentlichkeit<lb/> preis. Allerd<supplied>i</supplied>n<supplied>g</supplied>s fand er auch manches entſchuldigende<lb/> Wort und gab, geſtützt auf eigene Wahrnehmungen<lb/> und auf das Urteil von Fachmännern, zu, daß<lb/> die Geldgebahrung in formeller Beziehung eine vollſtändig<lb/> korrekte ſei. Die Verwaltungskoſten ſind exorbitant hohe und<lb/> verſchlingen einen ſo beträchtlichen Teil des Budgeis, daß für<lb/> alle Inveſtitionen Darlehen aufgenommen werden mußten, die<lb/> zuſammen über fünfzehn Millionen ausmachen, für welche<lb/> dreiviertel Millionen an Zinſen und Amortiſation jährlich<lb/> zurückgezahlt werden müſſen. Der Präliminarreferent und<lb/> ſpäter die zu Worte gelangten Mitglieder des Kollegiums<lb/> gaben einige hübſche Anregungen, welche die ſtraffere Durch-<lb/> führung des Budgets und die Verſchärfung der Kontrolle<lb/> betrafen. Ein Redner empfahl größere Sparſamkeit und gab<lb/> der Befürchtung Ausdruck, daß die Sanktionierung der ſtädtiſchen<lb/><cb/> W<supplied>ah</supplied>lrefo<supplied>r</supplied>m auf Grundlage des nationalen Kataſters die Stadt<lb/> dem Ruin zuführen würde, weil die Verwaltungskoſten ſelbſt-<lb/> verſtändlich noch um ein Vielfaches anwachſen würden.</p><lb/> <p>Das ſind ja auch durchwegs vernünftige Dinge, die da<lb/> vorgebracht wurden, und es iſt außer Zweifel geſtellt, daß<lb/> jeder Redner von den beſten Intentionen beſeelt war. Der<lb/> Zweifel, der noch übrig blieb, bezieht ſich auf die Frage, ob<lb/> die Kritik und die an ſie geknüpften Anregungen jene Erfolge<lb/> erzielen werden, die jeder Freund der Stadt herbeiwünſcht: Ver-<lb/> billigung der Verwaltung und Aufſchwung der Stadt. Die Ver-<lb/> waltung iſt ungewöhnlich teuer und die ſtädtiſche Umlage ſehr hoch,<lb/> allein die weitaus wichtigere Frage iſt, ob die Stadtverwaltung<lb/> der Bevölkerung ein entſprechendes Aequivalent bietet, m. a. W. ob<lb/> die Stadtrepräſentanz ſich darüber klar geworden iſt, daß ihre<lb/> Aufgabe nicht allein in der F<supplied>e</supplied>ſtſtellung der Ausgaben und<lb/> in der Einhebung der Steuern beſtehen kann. In dieſem Belangen<lb/> vermißt man in der bisher abgeführten Debatte jegliche An-<lb/> deutung. Weiſt der Wirtſchaftsplan der Stadtverwaltung<lb/> manche Mängel auf, ſo beſitzt die Stadt als ſolche über-<lb/> haupt keinen Wirtſchaftsplan. Auch darüber mußte aus<lb/> Anlaß der Generaldebatte über das Budget manches offene<lb/> Wort geſprochen werden. Nationale Streitigkeiten und Stellen-<lb/> vermehrungen dürfen die Sitzungen nicht ganz ausfüllen.</p><lb/> <p>In dem Sitzungsberichte, den wir nun folgen laſſen,<lb/> insbeſondere in dem Referate des GR. Dr. Norſt, finden ſich<lb/> nicht unintereſſante Aufſchlüſſe über manche Angelegenheit,<lb/> die bis in die l<supplied>e</supplied>tzten Tage den Gegenſtand eifriger Dis-<lb/> enſſion in der O<supplied>e</supplied>ff<supplied>e</supplied>ntlichkeit bildete.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">(Sitzung vom 21. Mai 1910.)</hi> </head><lb/> <p>Vorſitzender: Bürgermeiſter Baron <hi rendition="#g">Fürth.</hi> </p><lb/> <p>Schriftführer: Oberoffizial <hi rendition="#g">Blaukopf.</hi> </p><lb/> <p>Nach Eröffnung der Sitzung und Verifizierung des letzten<lb/> Sitzungsprotokolles werden Gemeinderat <hi rendition="#g">Trichter</hi> und<lb/> K.-R. Picker in das Kuratorium des Gewerbemuſeums wieder<lb/> gewählt.</p><lb/> <p>GR. <hi rendition="#g">Skalat</hi> beſpricht die Notwendigkeit der Errichtung<lb/> eines Bades in Roſch und beantragt deshalb, der Stadt-<lb/> magiſtrat wird aufgefordert, dem Gemeinderate binnen ſechs<lb/> Wochen entſprechende Anträge wegen Errichtung eines all-<lb/> gemeinen Volksdampfbades vorzulegen. (Ang.)</p><lb/> <cb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Der ſtädtiſche Voranſchlag pro 1910.</hi> </head><lb/> <p>Der Prälim<supplied cert="high">in</supplied>a<supplied>r</supplied>referent GR. Dr. <hi rendition="#g">Norſt</hi> leitet ſeinen<lb/> Bericht mit einer längeren Rede ein, der wir folgendes<lb/> entnehmen:</p><lb/> <p>Zum 6. Male trete ich mit dem Voranſchlage für das<lb/> neue Wirtſchaftsjahr vor den Gemeinderat. Diesmal bin ich<lb/> auch in der Lage, die <hi rendition="#g">Genehmigung</hi> der <hi rendition="#g">Rechnungs-<lb/> abſchlüſſe</hi> einſchließlich 1908 beantragen zu können. Die<lb/> Prüfung der Rechnungsabſchlüſſe hat leider kein erfreuliches<lb/> Bild geboten, wenn auch gegen die formelle Korrektheit<lb/> derſelben nichts einzuwenden iſt. Vielfach ſind die Präliminar-<lb/> poſten überſchritten worden, die bu<supplied>d</supplied>getmäßig nicht vorgeſehen<lb/> waren. So findet ſich aus dem Jahre 1907 eine Ueber-<lb/> ſchreitung von 2000 K für Straßenreinigung, für welche die<lb/> gemeinderätliche Genehmigung bis heute nicht erteilt wurde.<lb/> Aus neuerer Zeit iſt die Aufnahme von U<supplied cert="low">b</supplied>ikationen für die<lb/> Exekutionsabteilung mit einer jährlichen Auslage von 2400 K<lb/> zu erwähnen welche, gleichfalls ohne Ratifikation daſteht.<lb/> Schließlich wäre im heurigen Budget eine Mehrausgade<lb/> von 9800 K für die Erhöhung der Zahl der Offizianten<lb/> und Kanzleihilfsarbeiter. Ja dieſer Beziehung werde ich am<lb/> Schluſſe entſprechende Reſolutionen vorlegen.</p><lb/> <p>Auch dem Gemeinderate fallen Budgetwidrigkeiten zur<lb/> Laſt. Einzelne Ausgabrubriken erfahren Verſchiebungen bezw.<lb/> Virements, was den allgemeinen Vorſchriften aus den ſtrikten<lb/> Beſchlüſſen des Gemeinderates widerſpricht. Die Folge davon<lb/> iſt, daß der Geldverkehr bei der Stadtkaſſa in beſonderer<lb/> Weiſe beeinflußt wird. Es kommt vor, daß die verfügbaren<lb/> Beſtände vollſtändig erſchöpft ſind, daß man Rechnungen nicht<lb/> bezahlen könne und daß die ganze Wirtſchaftsgebahrung<lb/> deswegen verſchoben wird. Für alle Fälle konnte die M<supplied>i</supplied>thilfe<lb/> der GR. <hi rendition="#g">Harth</hi> und <hi rendition="#g">Tellmann</hi> bei der wiederholt vor-<lb/> genommenen Prüfung der Rechnungsabſchlüſſe und Bücher<lb/> ergeben, daß überall volle Ordnung und Sachlichkeit vorhanden<lb/> iſt. Ich beantrage deshalb 1. die Rechnungsabſchlüſſe und<lb/> Ueberſchreitungen bis inkluſive 1907 zu genehmigen; 2. zu<lb/> verfügen, daß der dem Transaktionsfonde im Jahre 1907<lb/> überzahlte Betrag von 3600 K dem Stadtfonde rückgezahlt<lb/> und 3. die Interkalarien aus dem Fonde „Bildungsanſtalten“<lb/> dem Lehrerpenſionsfonde überwieſen werden.</p><lb/> <p>Ich wende mich nunmehr dem <hi rendition="#g">Schuldenſtande</hi> der<lb/> Stadt zu. Mit Ende 1909 betrug die geſamte Gemeinde-<lb/> ſchuld K 15,321.057·89. An dieſer Schuld partizipieren die<lb/> eigenen Gelder der Stadt mit K 10,518.957 91, die<lb/> Aſſanierungsfonde mit K 4,194.664·61 und der Theaterſond<lb/> mit K 607.435·37. Für die Tilgung und Verzinſung der<lb/> Gemeindeſchuld wurden im Jahre 1909: an Tilgung<lb/> K 118 988 69, an Zinſen K 670 486·60, zuſammen ſohin<lb/> K 789.475·29 in Anſp<supplied>r</supplied>uch genommen. Hiezu werden im Jahre</p> </div> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Das Familienkreuz.</hi> </hi> </head><lb/> <byline>Roman von <hi rendition="#b">M. Gräſin v. Bünau.</hi> </byline><lb/> <p>48] <hi rendition="#et">(Nachdruck verboten.)</hi> </p><lb/> <p>Alice mußte das zugeben.</p><lb/> <p>Käthe hatte vom Fenſter des Eßzimmers aus ihren<lb/> Vater im Garten gehen geſehen. Sie lief ihm ſchnell nach.</p><lb/> <p>Die gebeugte Haltung ſeiner ſonſt ſo ſtraffen Geſtalt fiel<lb/> ihr auf.</p><lb/> <p>Der arme Vater!</p><lb/> <p>Wie einſam würde er ſich in dem großem Hauſe ohne<lb/> die Mutter fühlen!</p><lb/> <p>Rochlitz ſah ſeine Tochter. Er ging ihr entgegen und zog<lb/> ihren Arm durch den ſeinen.</p><lb/> <p>Sein zuerſt ſehr kühler Ton Käthe gegenüber war ſeit<lb/> dem Tode der Mutter viel herzlicher geworden. Die Mutter<lb/> hatte ſtets zu vermitteln, ſeine alte Liebe für die widerſpenſtige<lb/> Tochter auferw<supplied>e</supplied>cken zu wollen. Das arme Kind verlor mit<lb/> der Mutter die eifrigſte Fürſprecherin.</p><lb/> <p>Das ſtimte ihn weich.</p><lb/> <p>„Run, Käthe, wollen wir mal durch den Garten gehen“,<lb/> ſagte Rochlitz freundlich. „Du wirſt mich wohl auch bald<lb/> wieder verlaſſen? Hartung entbehrt dich gewiß.“</p><lb/> <p>„Seine Mutter iſt ja bei ihm!“ meinte Käthe. „Wenn<lb/> ich dir nützlich ſein kann, Vater, bleib ich gern noch bei dir.“</p><lb/> <p>„Dein Platz iſt j<supplied>e</supplied>tzt bei deinem Mann, Kind. Ich muß<lb/> mich doch aus Alleinſein gewöhnen.“ Ein tiefer Seufzer hob<lb/> ſeine Bruſt. „Vorläufig weiß ich noch nicht, wie’s werden<lb/> ſoll. An allen Ecke<supplied>n</supplied>, in jedem Winkel fehlt mir die Mutter.“</p><lb/> <p>Käthe faßte die Hand des Vaters und drückte ſie leiden-<lb/> ſchaftlich an ihre Lippen.</p><lb/> <p>„Vater, hab’ mich doch wieder ein bißchen lieb!“ bat<lb/> ſie mit erſtickter Stimme. „Ich war damals im Unrecht —<lb/> ich ſeh’s jetzt ein, jetzt, wo es zu ſpät iſt.“</p><lb/> <p>Rochlitz war ſo erſtaunt über dieſen plötzlichen Gefühls-<lb/> ausbruch, daß er ſich auf die nächſte Bank ſetzte und Käthe<lb/> an ſeine Seite zog.</p><lb/> <cb/> <p>Er legte den Arm um ihre Schultern und zog den<lb/> hübſchen braunen Kopf an ſeine Bruſt.</p><lb/> <p>„Armes kleines Ding!“ ſagte er leiſe. „Haſt keine<lb/> Mutter mehr — da muß ich wohl jetzt beſonders gut gegen<lb/> dich ſein!“</p><lb/> <p>Er ſtreichelte und küßte die Tochter, wie wenn ſie noch<lb/> das kleine, unbändige Kind von einſt wäre, das einen ihrer<lb/> wilden Streiche berente und gutmachen wollte.</p><lb/> <p>„Vater, hätte ich auf dich gehört!“ ſchluchzte Käthe auf.</p><lb/> <p>Rochlitz blieb eine Weile ſtill, dann verſuchte er den<lb/> geſenkten Kopf ſeiner Tochter aufzurichten. „Daß das mal ſo<lb/> kommen würde, hab’ ich mir wohl gedacht“, ſagte er ernſt.<lb/> „Aber nun hilft’s nichts mehr. Und Hartung iſt ein guter,<lb/> anſtändiger Menſch — du hätteſt es viel ſchlimmer treffen<lb/> können. Er liebt dich ſehr.“</p><lb/> <p>Käthe ſah den Vater groß an mit ihren verweinten<lb/> Augen.</p><lb/> <p>„Ja, er liebt mich. Aber er verſteht mich nicht — ich<lb/> ihn nicht.“</p><lb/> <p>„Du warſt doch ſo für Krankenpflege und all ſolche<lb/> Dinge begeiſtert! Mit dem Glld deiner Mutter könnt Ihr<lb/> v<supplied>i</supplied>elleicht bald ein Krankenhaus übernehmen. Hartung iſt dann<lb/> ſelbſtändiger — und dir, du kleine Weltverbeſſerin, macht<lb/> das gewiß doch auch Freude.“</p><lb/> <p>„Das iſt alles vorbei, Vater. Mir graut ſeit meiner<lb/> eigenen Krankheit vor allen Krankenhäuſern, Kliniken, Oberinnen<lb/> und Schweſtern.“</p><lb/> <p>„Das geht gewiß vorüber.“</p><lb/> <p>„Ich glaube nicht. Du darfſt auch Hartung das Geld<lb/> gar nicht auszahlen, Vater.“</p><lb/> <p>„Warum denn nicht, Käthe? Deine Schweſtern brauchen<lb/> kein Kapital. Alles Geld ſogleich auszuzahlen, würde mir<lb/> auch ſchwer werden. Aber deinen Anteil allein kann ich geben.<lb/> Ich nehme eine Hypothek dafür auf.“</p><lb/> <p>„Vater, wenn du mich noch ein bißchen lieb haſt, tuſt<lb/> du das nicht.“</p><lb/> <p>„Hartung bat mich aber darum.“</p><lb/> <p>„Alſo doch!“</p><lb/> <cb/> <p>Sie nagte an ihrer Unterlippe.</p><lb/> <p>„Die Schweſtern warfen mir das ſoeben vor. Ich wollte<lb/> es nicht glauben. Aber es iſt alſo die Wahrheit! Ich will<lb/> nicht wie eine Bettlern vor Euch ſtehen. Ich nehme nichts.<lb/> Hörſt du, Vater — nichts.“</p><lb/> <p>„Sei nicht töricht! Es iſt dein Recht.“</p><lb/> <p>„Ich will kein Recht. Ich will nicht, daß du mich anders<lb/> behandelſt wie deine anderen Kinder.“</p><lb/> <p>„Deine Schweſtern haben reiche Männer, und du nicht.“</p><lb/> <p>„Sage lieber vornehm denkende.“</p><lb/> <p>„Ich verarge Hartung ſein Verlangen keinen Augenblick.<lb/> Von ſeinem Standpunkt aus iſt ſein Wunſch ſehr begreiflich.“</p><lb/> <p>„Ader ich verdenke es ihm!“ brach Käthe leidenſchaftlich<lb/> los. —</p><lb/> <p>„Er ſoll nicht immer an Geld und Gelderwerb denken!<lb/> Pfui — ſogar con den Armen erpreßt er Honorare! Vater,<lb/> ich habe mich in ihm geirrt. Er iſt auſtändig denkend, ſagſt<lb/> du — gut. Aber auſtänbig denken und vornehm handeln iſt<lb/> zweierlei. Ich halte es nicht aus, mit ſolcher niedrig geſinnter<lb/> Natur zu leben.“</p><lb/> <p>„Du übertreibſt — und urteilſt viel zu ſcharf.“</p><lb/> <p>„Ich ſtoße mich aber ewig daran. Wund und weh ſtoße<lb/> ich mich!“ ſchrie ſie auf.</p><lb/> <p>„Aber Kind, er muß doch Geld verdienen! 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Nr. 1905 Czernowitz, Dienſtag, den 24. Mai 1910.
Ueberſicht.
Vom Tage.
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der Lemberger Univerſitätsfrage dürfte durch ein polniſch-
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Letzte Telegramme.
König Georg von England dankte in einer Botſchaft
dem Volk: für die der königlichen Familie bewieſene Teil-
nahme. — Heute findet die Beratung der czechiſchen Agrarier
über ihre Beteiligung an den Ausgleichskonferenzen ſtatt.
Der ſtädtiſche Doranſchlag.
Czernowitz, 23. Mai.
Der Gemeinderat der Landeshauptſtadt begegnet der
ſcharfen Kritik, die an ihm geübt wird, auf die Weiſe, daß
er dieſe Kritik in eigener Regie beſorgt. Bei der vorgeſtrigen
Beratung über das Präliminare pro 1910 (nicht etwa 1911)
leitete der Präliminarrefent, Herr Dr. Norſt, die Debatte
mit einem Expoſee ein, das an Ueberſichtlichkeit und Klarheit,
aber auch an Offenheit nichts zu wünſchen übrig ließ. Er
fand der Sünden recht viele und gab ſie der Oeffentlichkeit
preis. Allerdings fand er auch manches entſchuldigende
Wort und gab, geſtützt auf eigene Wahrnehmungen
und auf das Urteil von Fachmännern, zu, daß
die Geldgebahrung in formeller Beziehung eine vollſtändig
korrekte ſei. Die Verwaltungskoſten ſind exorbitant hohe und
verſchlingen einen ſo beträchtlichen Teil des Budgeis, daß für
alle Inveſtitionen Darlehen aufgenommen werden mußten, die
zuſammen über fünfzehn Millionen ausmachen, für welche
dreiviertel Millionen an Zinſen und Amortiſation jährlich
zurückgezahlt werden müſſen. Der Präliminarreferent und
ſpäter die zu Worte gelangten Mitglieder des Kollegiums
gaben einige hübſche Anregungen, welche die ſtraffere Durch-
führung des Budgets und die Verſchärfung der Kontrolle
betrafen. Ein Redner empfahl größere Sparſamkeit und gab
der Befürchtung Ausdruck, daß die Sanktionierung der ſtädtiſchen
Wahlreform auf Grundlage des nationalen Kataſters die Stadt
dem Ruin zuführen würde, weil die Verwaltungskoſten ſelbſt-
verſtändlich noch um ein Vielfaches anwachſen würden.
Das ſind ja auch durchwegs vernünftige Dinge, die da
vorgebracht wurden, und es iſt außer Zweifel geſtellt, daß
jeder Redner von den beſten Intentionen beſeelt war. Der
Zweifel, der noch übrig blieb, bezieht ſich auf die Frage, ob
die Kritik und die an ſie geknüpften Anregungen jene Erfolge
erzielen werden, die jeder Freund der Stadt herbeiwünſcht: Ver-
billigung der Verwaltung und Aufſchwung der Stadt. Die Ver-
waltung iſt ungewöhnlich teuer und die ſtädtiſche Umlage ſehr hoch,
allein die weitaus wichtigere Frage iſt, ob die Stadtverwaltung
der Bevölkerung ein entſprechendes Aequivalent bietet, m. a. W. ob
die Stadtrepräſentanz ſich darüber klar geworden iſt, daß ihre
Aufgabe nicht allein in der Feſtſtellung der Ausgaben und
in der Einhebung der Steuern beſtehen kann. In dieſem Belangen
vermißt man in der bisher abgeführten Debatte jegliche An-
deutung. Weiſt der Wirtſchaftsplan der Stadtverwaltung
manche Mängel auf, ſo beſitzt die Stadt als ſolche über-
haupt keinen Wirtſchaftsplan. Auch darüber mußte aus
Anlaß der Generaldebatte über das Budget manches offene
Wort geſprochen werden. Nationale Streitigkeiten und Stellen-
vermehrungen dürfen die Sitzungen nicht ganz ausfüllen.
In dem Sitzungsberichte, den wir nun folgen laſſen,
insbeſondere in dem Referate des GR. Dr. Norſt, finden ſich
nicht unintereſſante Aufſchlüſſe über manche Angelegenheit,
die bis in die letzten Tage den Gegenſtand eifriger Dis-
enſſion in der Oeffentlichkeit bildete.
(Sitzung vom 21. Mai 1910.)
Vorſitzender: Bürgermeiſter Baron Fürth.
Schriftführer: Oberoffizial Blaukopf.
Nach Eröffnung der Sitzung und Verifizierung des letzten
Sitzungsprotokolles werden Gemeinderat Trichter und
K.-R. Picker in das Kuratorium des Gewerbemuſeums wieder
gewählt.
GR. Skalat beſpricht die Notwendigkeit der Errichtung
eines Bades in Roſch und beantragt deshalb, der Stadt-
magiſtrat wird aufgefordert, dem Gemeinderate binnen ſechs
Wochen entſprechende Anträge wegen Errichtung eines all-
gemeinen Volksdampfbades vorzulegen. (Ang.)
Der ſtädtiſche Voranſchlag pro 1910.
Der Präliminarreferent GR. Dr. Norſt leitet ſeinen
Bericht mit einer längeren Rede ein, der wir folgendes
entnehmen:
Zum 6. Male trete ich mit dem Voranſchlage für das
neue Wirtſchaftsjahr vor den Gemeinderat. Diesmal bin ich
auch in der Lage, die Genehmigung der Rechnungs-
abſchlüſſe einſchließlich 1908 beantragen zu können. Die
Prüfung der Rechnungsabſchlüſſe hat leider kein erfreuliches
Bild geboten, wenn auch gegen die formelle Korrektheit
derſelben nichts einzuwenden iſt. Vielfach ſind die Präliminar-
poſten überſchritten worden, die budgetmäßig nicht vorgeſehen
waren. So findet ſich aus dem Jahre 1907 eine Ueber-
ſchreitung von 2000 K für Straßenreinigung, für welche die
gemeinderätliche Genehmigung bis heute nicht erteilt wurde.
Aus neuerer Zeit iſt die Aufnahme von Ubikationen für die
Exekutionsabteilung mit einer jährlichen Auslage von 2400 K
zu erwähnen welche, gleichfalls ohne Ratifikation daſteht.
Schließlich wäre im heurigen Budget eine Mehrausgade
von 9800 K für die Erhöhung der Zahl der Offizianten
und Kanzleihilfsarbeiter. Ja dieſer Beziehung werde ich am
Schluſſe entſprechende Reſolutionen vorlegen.
Auch dem Gemeinderate fallen Budgetwidrigkeiten zur
Laſt. Einzelne Ausgabrubriken erfahren Verſchiebungen bezw.
Virements, was den allgemeinen Vorſchriften aus den ſtrikten
Beſchlüſſen des Gemeinderates widerſpricht. Die Folge davon
iſt, daß der Geldverkehr bei der Stadtkaſſa in beſonderer
Weiſe beeinflußt wird. Es kommt vor, daß die verfügbaren
Beſtände vollſtändig erſchöpft ſind, daß man Rechnungen nicht
bezahlen könne und daß die ganze Wirtſchaftsgebahrung
deswegen verſchoben wird. Für alle Fälle konnte die Mithilfe
der GR. Harth und Tellmann bei der wiederholt vor-
genommenen Prüfung der Rechnungsabſchlüſſe und Bücher
ergeben, daß überall volle Ordnung und Sachlichkeit vorhanden
iſt. Ich beantrage deshalb 1. die Rechnungsabſchlüſſe und
Ueberſchreitungen bis inkluſive 1907 zu genehmigen; 2. zu
verfügen, daß der dem Transaktionsfonde im Jahre 1907
überzahlte Betrag von 3600 K dem Stadtfonde rückgezahlt
und 3. die Interkalarien aus dem Fonde „Bildungsanſtalten“
dem Lehrerpenſionsfonde überwieſen werden.
Ich wende mich nunmehr dem Schuldenſtande der
Stadt zu. Mit Ende 1909 betrug die geſamte Gemeinde-
ſchuld K 15,321.057·89. An dieſer Schuld partizipieren die
eigenen Gelder der Stadt mit K 10,518.957 91, die
Aſſanierungsfonde mit K 4,194.664·61 und der Theaterſond
mit K 607.435·37. Für die Tilgung und Verzinſung der
Gemeindeſchuld wurden im Jahre 1909: an Tilgung
K 118 988 69, an Zinſen K 670 486·60, zuſammen ſohin
K 789.475·29 in Anſpruch genommen. Hiezu werden im Jahre
Das Familienkreuz.
Roman von M. Gräſin v. Bünau.
48] (Nachdruck verboten.)
Alice mußte das zugeben.
Käthe hatte vom Fenſter des Eßzimmers aus ihren
Vater im Garten gehen geſehen. Sie lief ihm ſchnell nach.
Die gebeugte Haltung ſeiner ſonſt ſo ſtraffen Geſtalt fiel
ihr auf.
Der arme Vater!
Wie einſam würde er ſich in dem großem Hauſe ohne
die Mutter fühlen!
Rochlitz ſah ſeine Tochter. Er ging ihr entgegen und zog
ihren Arm durch den ſeinen.
Sein zuerſt ſehr kühler Ton Käthe gegenüber war ſeit
dem Tode der Mutter viel herzlicher geworden. Die Mutter
hatte ſtets zu vermitteln, ſeine alte Liebe für die widerſpenſtige
Tochter auferwecken zu wollen. Das arme Kind verlor mit
der Mutter die eifrigſte Fürſprecherin.
Das ſtimte ihn weich.
„Run, Käthe, wollen wir mal durch den Garten gehen“,
ſagte Rochlitz freundlich. „Du wirſt mich wohl auch bald
wieder verlaſſen? Hartung entbehrt dich gewiß.“
„Seine Mutter iſt ja bei ihm!“ meinte Käthe. „Wenn
ich dir nützlich ſein kann, Vater, bleib ich gern noch bei dir.“
„Dein Platz iſt jetzt bei deinem Mann, Kind. Ich muß
mich doch aus Alleinſein gewöhnen.“ Ein tiefer Seufzer hob
ſeine Bruſt. „Vorläufig weiß ich noch nicht, wie’s werden
ſoll. An allen Ecken, in jedem Winkel fehlt mir die Mutter.“
Käthe faßte die Hand des Vaters und drückte ſie leiden-
ſchaftlich an ihre Lippen.
„Vater, hab’ mich doch wieder ein bißchen lieb!“ bat
ſie mit erſtickter Stimme. „Ich war damals im Unrecht —
ich ſeh’s jetzt ein, jetzt, wo es zu ſpät iſt.“
Rochlitz war ſo erſtaunt über dieſen plötzlichen Gefühls-
ausbruch, daß er ſich auf die nächſte Bank ſetzte und Käthe
an ſeine Seite zog.
Er legte den Arm um ihre Schultern und zog den
hübſchen braunen Kopf an ſeine Bruſt.
„Armes kleines Ding!“ ſagte er leiſe. „Haſt keine
Mutter mehr — da muß ich wohl jetzt beſonders gut gegen
dich ſein!“
Er ſtreichelte und küßte die Tochter, wie wenn ſie noch
das kleine, unbändige Kind von einſt wäre, das einen ihrer
wilden Streiche berente und gutmachen wollte.
„Vater, hätte ich auf dich gehört!“ ſchluchzte Käthe auf.
Rochlitz blieb eine Weile ſtill, dann verſuchte er den
geſenkten Kopf ſeiner Tochter aufzurichten. „Daß das mal ſo
kommen würde, hab’ ich mir wohl gedacht“, ſagte er ernſt.
„Aber nun hilft’s nichts mehr. Und Hartung iſt ein guter,
anſtändiger Menſch — du hätteſt es viel ſchlimmer treffen
können. Er liebt dich ſehr.“
Käthe ſah den Vater groß an mit ihren verweinten
Augen.
„Ja, er liebt mich. Aber er verſteht mich nicht — ich
ihn nicht.“
„Du warſt doch ſo für Krankenpflege und all ſolche
Dinge begeiſtert! Mit dem Glld deiner Mutter könnt Ihr
vielleicht bald ein Krankenhaus übernehmen. Hartung iſt dann
ſelbſtändiger — und dir, du kleine Weltverbeſſerin, macht
das gewiß doch auch Freude.“
„Das iſt alles vorbei, Vater. Mir graut ſeit meiner
eigenen Krankheit vor allen Krankenhäuſern, Kliniken, Oberinnen
und Schweſtern.“
„Das geht gewiß vorüber.“
„Ich glaube nicht. Du darfſt auch Hartung das Geld
gar nicht auszahlen, Vater.“
„Warum denn nicht, Käthe? Deine Schweſtern brauchen
kein Kapital. Alles Geld ſogleich auszuzahlen, würde mir
auch ſchwer werden. Aber deinen Anteil allein kann ich geben.
Ich nehme eine Hypothek dafür auf.“
„Vater, wenn du mich noch ein bißchen lieb haſt, tuſt
du das nicht.“
„Hartung bat mich aber darum.“
„Alſo doch!“
Sie nagte an ihrer Unterlippe.
„Die Schweſtern warfen mir das ſoeben vor. Ich wollte
es nicht glauben. Aber es iſt alſo die Wahrheit! Ich will
nicht wie eine Bettlern vor Euch ſtehen. Ich nehme nichts.
Hörſt du, Vater — nichts.“
„Sei nicht töricht! Es iſt dein Recht.“
„Ich will kein Recht. Ich will nicht, daß du mich anders
behandelſt wie deine anderen Kinder.“
„Deine Schweſtern haben reiche Männer, und du nicht.“
„Sage lieber vornehm denkende.“
„Ich verarge Hartung ſein Verlangen keinen Augenblick.
Von ſeinem Standpunkt aus iſt ſein Wunſch ſehr begreiflich.“
„Ader ich verdenke es ihm!“ brach Käthe leidenſchaftlich
los. —
„Er ſoll nicht immer an Geld und Gelderwerb denken!
Pfui — ſogar con den Armen erpreßt er Honorare! Vater,
ich habe mich in ihm geirrt. Er iſt auſtändig denkend, ſagſt
du — gut. Aber auſtänbig denken und vornehm handeln iſt
zweierlei. Ich halte es nicht aus, mit ſolcher niedrig geſinnter
Natur zu leben.“
„Du übertreibſt — und urteilſt viel zu ſcharf.“
„Ich ſtoße mich aber ewig daran. Wund und weh ſtoße
ich mich!“ ſchrie ſie auf.
„Aber Kind, er muß doch Geld verdienen! Du biſt eine
kleine überſpannte Perſon.“
„Meinetwegen. Ich will lieber überſpannt wie geldgierig
ſein. Und ich nehme nichts von Mamas Vermögen — nichts,
und wenn ich hungern ſollte.“
Rochlitz ſchüttelte den Kopf.
„Wenn du es nicht nimmſt, dann ſchicke ich Hartung
direkt die Zinſen. Mach dir doch das Leben nicht un-
nütz ſchwer. Auch in anderen Ehen geht nicht immer alles
ganz glatt.“
„Da ich ihn nicht liebe, müßte ich ihn wenigſtens achten
können!“ warf Käthe finſter ein.
(Fortſetzung folgt.)
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