Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2400, Czernowitz, 23.01.1912.[Spaltenumbruch]
Redaktion und Administration: Telephon-Nummer 161. Abonnementsbedüngungen: Für Czernowitz Für Deutschland: für Rumänien und den Balkan: Telegramme Allgemeine, Czernowitz. [Spaltenumbruch] Czernowitzer Allgemeine Zeitung [Spaltenumbruch] Ankündigungen: Einzelexemplare Manuskripte werden in keinem Falle zurück- Nr. 2400. Czernowitz, Dienstag, den 23. Jänner 1912. [Spaltenumbruch] Uebersicht. Vom Tage. Wie das "N. Wr. Tagbl." meldet, dürfte Graf Czernowitzer Angelegenheiten. Generalvikar Myron Calinescu ist gestern nach län- Letzte Telegramme. Graf Apponyi erklärte im ung. Abgeordnetenhause, Die Begebung der Anleihen. Wien, 20. Jänner. 1912. In einer interessanten, ja man kann sagen, merkwür- Der Finanzminister kann übrigens zufrieden sein, Die jetzige Anleihetransaktion ist ein deutlicher Weg, [Spaltenumbruch] Vom Tage. Czernowitz, 22. Jänner. Das Befinden des Kaisers. KB. Wien, 21. Jänner. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.") Das Befinden des Kaisers ist vortrefflich. Galizisch[e]r Landtag. Lemberg, 21. Jänner. Zu Beginn der gestrigen Si- Landmarschall Graf Badeni brachte hierauf dem Vor Uebergang zur Tagesordnung stellte Abg. K. [Spaltenumbruch] Leben. Roman von George Dellavoß. 20] (Nachdruck verboten.) "Was gibt es denn dort drüben?" fragte sie auf einmal "Das sind Arbeiter aus Jagenhofen!" sagte der kleine "Ich begreife Clermont nicht", zürnte Georg, "wie "Gerade unsere reichen Leute verlieren so leicht das "Es wird Clermont alle Toleranz nichts helfen, "Wir wolen die Politik für heute ruhen lassen," "Was gedenken die Herrschaften alles mitzumachen?" "Alles!" antwortete Frieda dem blonden Lehrer, "da "Dürfen wir uns anschließen?" Wenn Sie mit dem Sprichwort "mitgegangen, mit- Der Speisesaal war schon fast leer, als sie gingen. Als die Gesellschaft ihn erreichte, war der Jahrmarkts- Man wanderte von einer Bude zur anderen, machte "Da!" sagte sie halb lachend, halb zornig. Der verstümmelte Reiter war einer dicken Bäuerin "Wir könnten jetzt wirklich gehen!" meinte Hedwig Sie hatte alle Einkäufe besorgt und dachte unruhig Ein Rollen und Schmettern nicht weit von ihnen -- "Wir sollten eigentlich noch ein Tänzchen haben!" Sie standen schon vor dem großen, von einem Leinen- "Ohne Tanz gibt's keine Kirchweih!" erklärte nun "Wir wollten doch nach Hause!" sagte Hedwig un- Aber schon hatte sich Herr Fabian mit einem Paar Annemarie sah das wie durch einen Schleier, der (Fortsetzung folgt). [Spaltenumbruch]
Redaktion und Adminiſtration: Telephon-Nummer 161. Abonnementsbedüngungen: Für Czernowitz Für Deutſchland: für Rumänien und den Balkan: Telegramme Allgemeine, Czernowitz. [Spaltenumbruch] Czernowitzer Allgemeine Zeitung [Spaltenumbruch] Ankündigungen: Einzelexemplare Manuſkripte werden in keinem Falle zurück- Nr. 2400. Czernowitz, Dienstag, den 23. Jänner 1912. [Spaltenumbruch] Ueberſicht. Vom Tage. Wie das „N. Wr. Tagbl.“ meldet, dürfte Graf Czernowitzer Angelegenheiten. Generalvikar Myron Calinescu iſt geſtern nach län- Letzte Telegramme. Graf Apponyi erklärte im ung. Abgeordnetenhauſe, Die Begebung der Anleihen. Wien, 20. Jänner. 1912. In einer intereſſanten, ja man kann ſagen, merkwür- Der Finanzminiſter kann übrigens zufrieden ſein, Die jetzige Anleihetransaktion iſt ein deutlicher Weg, [Spaltenumbruch] Vom Tage. Czernowitz, 22. Jänner. Das Befinden des Kaiſers. KB. Wien, 21. Jänner. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Das Befinden des Kaiſers iſt vortrefflich. Galiziſch[e]r Landtag. Lemberg, 21. Jänner. Zu Beginn der geſtrigen Si- Landmarſchall Graf Badeni brachte hierauf dem Vor Uebergang zur Tagesordnung ſtellte Abg. K. [Spaltenumbruch] Leben. Roman von George Dellavoß. 20] (Nachdruck verboten.) „Was gibt es denn dort drüben?“ fragte ſie auf einmal „Das ſind Arbeiter aus Jagenhofen!“ ſagte der kleine „Ich begreife Clermont nicht“, zürnte Georg, „wie „Gerade unſere reichen Leute verlieren ſo leicht das „Es wird Clermont alle Toleranz nichts helfen, „Wir wolen die Politik für heute ruhen laſſen,“ „Was gedenken die Herrſchaften alles mitzumachen?“ „Alles!“ antwortete Frieda dem blonden Lehrer, „da „Dürfen wir uns anſchließen?“ Wenn Sie mit dem Sprichwort „mitgegangen, mit- Der Speiſeſaal war ſchon faſt leer, als ſie gingen. Als die Geſellſchaft ihn erreichte, war der Jahrmarkts- Man wanderte von einer Bude zur anderen, machte „Da!“ ſagte ſie halb lachend, halb zornig. Der verſtümmelte Reiter war einer dicken Bäuerin „Wir könnten jetzt wirklich gehen!“ meinte Hedwig Sie hatte alle Einkäufe beſorgt und dachte unruhig Ein Rollen und Schmettern nicht weit von ihnen — „Wir ſollten eigentlich noch ein Tänzchen haben!“ Sie ſtanden ſchon vor dem großen, von einem Leinen- „Ohne Tanz gibt’s keine Kirchweih!“ erklärte nun „Wir wollten doch nach Hauſe!“ ſagte Hedwig un- Aber ſchon hatte ſich Herr Fabian mit einem Paar Annemarie ſah das wie durch einen Schleier, der (Fortſetzung folgt). <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jEditorialStaff"> <p> <hi rendition="#b">Redaktion und Adminiſtration:<lb/> Ringplatz 4, 2. 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Ehe man hierzulande ſich nicht darüber hinweg-<lb/> ſetzt, auf die Produktion Lawinen zu wälzen, wird man<lb/> nie zu der gleichen wirtſchaftlichen Entfaltung kommen,<lb/> wie in den weſtlichen Nachbarſtaaten. Wir haben leider<lb/> ein wirtſchaftlich nicht genügend geſchultes Parlament.<lb/> Es wählt für wichtige Aktionen unrichtige Mittel und un-<lb/> richtige Perſonen. Eine ſolche Methode kann nicht zu dem<lb/> erwünſchten Ziele führen. Die öſterreichiſche Produktion<lb/> iſt jedoch erſtarkt und ſie wird auch den Dilletantismus<lb/> beſiegen, der ſich in der Legislative bemerkbar macht.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Vom Tage.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline>Czernowitz, 22. Jänner.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das Befinden des Kaiſers.</hi> </head><lb/> <head>KB.</head> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 21. 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Dr. <hi rendition="#g">Dudykiewicz</hi><lb/> (Altruthene) namens ſeiner Anhänger, proteſtierte des<lb/> weiteren dagegen, daß ſeine Partei kein Mandat in der<lb/> Budgetkommiſſion erhalten habe und auch den polniſch-<lb/> rutheniſchen Ausgleichsverhandlungen nicht beigezogen<lb/> wurde, und erklärte ſchließlich, daß die ruſſophilen Land-<lb/> tagsabgeordneten an den Sitzungen des Landtages künftig-<lb/> hin keinen Anteil nehmen werden, worauf Redner und<lb/> deſſen Parteigenoſſen oſtentativ den Sitzungsſaal ver-<lb/> ließen. Abg. <hi rendition="#g">Korol</hi> (Altruthene) gab namens ſeiner<lb/> Fraktion eine gleichlautende Proteſterklärung wie die<lb/> beiden Vorredner ab.</p><lb/> <p>Landmarſchall Graf Badeni brachte hierauf dem<lb/> Landtage zur Kenntis, daß er namens desſelben der ver-<lb/> unglückten Erzherzogin Maria Thereſia telegraphiſch bal-<lb/> dige Beſſerung gewünſcht habe. (Beifall.)</p><lb/> <p>Vor Uebergang zur Tagesordnung ſtellte Abg. K.<lb/><hi rendition="#g">Lewicki</hi> den formellen Antrag, in Würdigung des<lb/> Umſtandes, daß die Löſung der Wahlreformfrage die wich-<lb/> tigſte Aufgabe des Landtages bilde, möge die Sitzung ge-<lb/> ſchloſſen werden und die nächſte auf deren Tagesordnung<lb/> die Wahlreform zu ſetzen ſei, am 25. d. M. ſtattfinden.<lb/> Abg. <hi rendition="#g">Abrahamowicz</hi> ſprach ſich gegen dieſen Antrag<lb/> aus und forderte die Ruthenen zum Waffenſtillſtand für<lb/> die Zeit der Ausgleichsverhandlungen auf. Abgeordneter<lb/><hi rendition="#g">Skwarko</hi> (Jungruthene) polemiſierte mit ſeinem Vor-<lb/> redner und erklärte, daß die Ruthenen ihre Obſtruktion<lb/> nicht einſtellen würden. Abg. <hi rendition="#g">Staruch</hi> (Jungruthene)<lb/> bezeichnete das Vorgehen der Polen als Provokation des<lb/> rutheniſchen Volkes und erklärte, daß in Galizien erſt dann<lb/> nationaler Friede herrſchen werde, wenn der Landtag aus</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Leben.</hi></hi><lb/> Roman von George Dellavoß.</head><lb/> <p> <hi rendition="#b">20] <hi rendition="#et">(Nachdruck verboten.)</hi> </hi> </p><lb/> <p>„Was gibt es denn dort drüben?“ fragte ſie auf einmal<lb/> ſehr lebhaft. Sie zeigte mit der Hand nach der gegenüber-<lb/> liegenden Straßenſeite. Dort waren ſchon vor einiger Zeit<lb/> eine Menge Herren im feierlichen ſchwarzen Salonrock<lb/> erſchienen und hatten ſich erwartungsvoll vor das Tor<lb/> des Wirtshauſes poſtiert. Jetzt kam ein großer, faſt mili-<lb/> täriſch geordneter Zug die Straße herunter und ſchwenkte<lb/> von Zurufen und Hüteſchwenken begrüßt, in das Tor ein.<lb/> Die Gäſte im Speiſeſaal waren faſt alle aufgeſtanden<lb/> und hatten neugierig hinübergeſchaut, auch am Hellmann-<lb/> ſchen Tiſch hatten ſich die Herren erhoben.</p><lb/> <p>„Das ſind Arbeiter aus Jagenhofen!“ ſagte der kleine<lb/> blonde Lehrer halblaut.</p><lb/> <p>„Ich begreife Clermont nicht“, zürnte Georg, „wie<lb/> kann er ſo mit dem Feuer ſpielen laſſen!“</p><lb/> <p>„Gerade unſere reichen Leute verlieren ſo leicht das<lb/> Bewußtſein ihrer Pflicht gegen ihr Volk,“ ſagte der Lehrer<lb/> der neben Frieda ſaß, „unſere Gegner ſind in der Be-<lb/> ziehung viel beſſer daran.“</p><lb/> <p>„Es wird Clermont alle Toleranz nichts helfen,<lb/> wenn es einmal zu einem Streik kommt,“ meinte der<lb/> kleine Herr Groß, „ich hoffe viel von ſeinem Schwieger-<lb/> ſohn, der iſt ein guter Deutſcher.“</p><lb/> <p>„Wir wolen die Politik für heute ruhen laſſen,“<lb/> ſagte Georg mit einem lächelnden Blick auf die Geſichter<lb/> der Damen, „wir ſind doch gekommen, um die Kirchweih-<lb/> freuden zu genießen. Ich ſchlage vor, daß wir uns auf den<lb/> Weg machen?“</p><lb/> <p>„Was gedenken die Herrſchaften alles mitzumachen?“</p><lb/> <p>„Alles!“ antwortete Frieda dem blonden Lehrer, „da<lb/> wir einmal da ſind!“</p><lb/> <p>„Dürfen wir uns anſchließen?“</p><lb/> <p>Wenn Sie mit dem Sprichwort „mitgegangen, mit-<lb/> gefangen“ einverſtanden ſind!“</p><lb/> <p>Der Speiſeſaal war ſchon faſt leer, als ſie gingen.<lb/><cb/> Von drüben kam lebhaftes Stimmengeräuſch, die De-<lb/> batte ſchien ſehr lebhaft zu ſein. Ein paar Leute hatten ſich<lb/> vor dem Hauſe angeſammelt, die auf den Zehenſpitzen<lb/> ſtehend und Hälſe reckend verſuchten, einen Blick in das<lb/> Verſammlungslokal zu werfen. Sonſt war alles ſchon<lb/> wieder nach dem Markte geſtrömt.</p><lb/> <p>Als die Geſellſchaft ihn erreichte, war der Jahrmarkts-<lb/> ſpektakel in vollem Gange, und nur mühſam konnte man<lb/> im Gedränge vorwärts kommen. Dadurch ergab ſich ganz<lb/> von ſelbſt eine paarweiſe Einteilung der Geſellſchaft, und<lb/> ehe Annemarie wußte, wie ihr geſchah, lag ihr Arm in<lb/> dem des Herrn Groß, während Hedwig mit Herrn Fabian<lb/> Georg folgte, der mit Frieda vorausging. Den Anblick<lb/> ihrer Schweſter am Arme, Georgs empfand Annemarie<lb/> wie einen Schlag. Sie war ſo gewöhnt, Georgs Aufmerk-<lb/> ſamkeit ganz für ſich in Anſpruch zu nehmen, daß ſie ſich<lb/> wie in eigenen Rechten gekränkt vorkam und ſich erſt be-<lb/> ſinnen mußte, daß ſie ſolche gar nicht beſaß. Zerſtreut<lb/> hörte ſie auf die Reden des kleinen Lehrers, der ihr Auſſig,<lb/> ſeine Geburtsſtadt, ſchilderte, wo ſein Vater Werkmeiſter<lb/> in einer großen Fabrik war. Plötzlich begann auch ſie zu<lb/> plaudern und zu lachen und den kleinen Lehrer zu necken,<lb/> der im Kreuzfeuer ihrer Worte und Blicke in nicht geringe<lb/> Verwirrung geriet.</p><lb/> <p>Man wanderte von einer Bude zur anderen, machte<lb/> Einkäufe und beſchenkte einander mit drolligen Kleinig-<lb/> keiten. Herr Fabian brachte jeder der Damen ein großes<lb/> Lebkuchenherz, und Herr Groß, der ſeinem Beiſpiel folgte,<lb/> wurde rot bis über die Ohren, als er Annemarie das ihrige<lb/> überreichte. Sie fädelte die Herzen auf eine Schnur und<lb/> hing ſie lachend über den Griff ihres Sonnenſchirmes, aber<lb/> als Ge<supplied>o</supplied>rg ihr einen großen Reiter brachte, riß ſie dem<lb/> den Kopf ab und ſchleuderte ihn dann ins dichteſte Ge-<lb/> dränge.</p><lb/> <p>„Da!“ ſagte ſie halb lachend, halb zornig.</p><lb/> <p>Der verſtümmelte Reiter war einer dicken Bäuerin<lb/> ins Geſicht geflogen, ſie kreiſchte und ſchimpfte zum großen<lb/> Ergötzen der Umſtehenden. Der Abend ſenkte ſich ſchon<lb/> langſam nieder. Eine Wolke von Staub ſchwebte über dem<lb/> Platze, die Luft, ohnedies ſchwül und drückend, war voll<lb/><cb/> von ſchweren, unangenehmen Gerüchen. In den Buden<lb/> flammten ſchon die Lichter auf, die Menge drängte ſich<lb/> dichter bei den fliegenden Schenken, man ſah ſchon viel<lb/> dunkelgerötete Geſichter und ſtiere Augen. Der quietſchende<lb/> Lärm der Trommeln und Trompeten, Pfeifen und Rat-<lb/> ſchen erhob ſich mit erneuerter Kraft, von den langgezo-<lb/> genen Tönen und Leierkäſten zur ſchrillſten Diſſonanz<lb/> verſtärkt</p><lb/> <p>„Wir könnten jetzt wirklich gehen!“ meinte Hedwig<lb/> ungeduldig.</p><lb/> <p>Sie hatte alle Einkäufe beſorgt und dachte unruhig<lb/> daran, ob alles richtig im Gaſthof, wo ſie ausgeſpannt<lb/> hatten, abgeliefert worden war. Auch Franz, dem Kutſcher<lb/> traute ſie nicht ganz. Die Verſuchung, ſich zu betrinken,<lb/> war zu groß.</p><lb/> <p>Ein Rollen und Schmettern nicht weit von ihnen —<lb/> drehte die Köpfe unwillkürlich nach den Tönen.</p><lb/> <p>„Wir ſollten eigentlich noch ein Tänzchen haben!“<lb/> meinte Herr Groß unternehmend.</p><lb/> <p>Sie ſtanden ſchon vor dem großen, von einem Leinen-<lb/> zelt überdachten Tanzboden, den farbige Lampions er-<lb/> leuchteten. Noch einmal gellte die Fanfare auf, dann ſetzte<lb/> ein rauſchender Walzer ein —</p><lb/> <p>„Ohne Tanz gibt’s keine Kirchweih!“ erklärte nun<lb/> auch Herr Fabian.</p><lb/> <p>„Wir wollten doch nach Hauſe!“ ſagte Hedwig un-<lb/> geduldig.</p><lb/> <p>Aber ſchon hatte ſich Herr Fabian mit einem Paar<lb/> Glaces von zweifelhaftem Weiß bewaffnet und führte ſie<lb/> auf das Podium, wo ſich bereits Georg und Frieda zu den<lb/> tanzenden Paaren geſellt hatten.</p><lb/> <p>Annemarie ſah das wie durch einen Schleier, der<lb/> kleine Groß verbeugte ſich vor ihr und wie im Traume<lb/> flog ſie mit ihm dahin. Er tanzte ganz gut, trotzdem dankte<lb/> ſie nach der erſten Runde, und ſah erleichtert, wie er zu<lb/> Hedwig zu gelangen ſuchte, die auf der anderen Seite des<lb/> Tanzbodens von ihrem Tänzer abgeſetzt worden war.</p><lb/> <p> <ref> <hi rendition="#b #c">(Fortſetzung folgt).</hi> </ref> </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
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halbjähr. K 12, ganzjähr. K 24.
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für Rumänien und den Balkan:
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Telegramme Allgemeine, Czernowitz.
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Es koſtet im gewöhnlichen Inſe-
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mehrmaliger Einſchaltung, für Re-
klame 40 h die Petitzeile. Inſerate
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und in der Adminiſtration (Ring-
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10 Heller für Czernowitz.
Manuſkripte werden in keinem Falle zurück-
geſendet, unfrankierte Briefe nicht an-
genommen.
Nr. 2400. Czernowitz, Dienstag, den 23. Jänner 1912.
Ueberſicht.
Vom Tage.
Wie das „N. Wr. Tagbl.“ meldet, dürfte Graf
Aehrenthal nach den Delegationen einen Urlaub nehmen
und nach der Rückkehr vom Urlaub, wenn ſeine Wiederher-
ſtellung ſo weit fortgeſchritten ſein wird, die Leitung der
Geſchäfte übernehmen.
Czernowitzer Angelegenheiten.
Generalvikar Myron Calinescu iſt geſtern nach län-
gerem Leiden geſtorben und wird morgen um 2 Uhr nach-
mittags beerdigt.
Letzte Telegramme.
Graf Apponyi erklärte im ung. Abgeordnetenhauſe,
daß er die Regierung unterſtützen werde, wenn ſie an den
Grundlagen der äußern Politik feſthaltend mit Italien
das Bundesverhältnis fortſetzen werde.
Die Begebung der Anleihen.
Wien, 20. Jänner. 1912.
In einer intereſſanten, ja man kann ſagen, merkwür-
digen Zeit iſt die Begebung der öſterreichiſchen Anleihen
erfolgt. Ein Gefühl der Unbehaglichkeit ergreift die poli-
tiſchen und namentlich die finanziellen Kreiſe. Jeder
Tag bringt in der äußeren Politik, wenn auch nicht gefahr-
drohende, ſo doch normalen Verhältniſſen nicht entſpre-
chende Tatſachen und Stimmungen. In den letzten Wo-
chen wird auch in Wien viel geflüſtert und man hört davon
ſprechen„ daß ſich das Verhältnis zu dem ſüdlich gelegenen
Nachbar und Bundesſtaat weſentlich verſchlechtert habe.
Das alles ſind Erſcheinungen, die bei längerer Fortdauer
ſchließlich auch auf die wirtſchaftlichen Verhältniſſe nicht
ganz ohne Einfluß bleiben können. Ein geordnetes öko-
nomiſches Leben hat zur erſten Vorausſetzung politiſche
Stetigkeit. Wenn das Publikum einmal unruhig wird und
ihm die politiſche Furcht in den Gliedern liegt, dann zieht
die Beſorgnis Wellenlinien und die Anſteckungsgefahr
wird ſehr groß. Die Bevölkerung in Oeſterreich will den
Frieden und er wird, das darf man wohl mit Zuverſicht
behaupten, erhalten bleiben. Es iſt aber charakteriſtiſch,
daß das Konſortium, welches die Rente übernimmt, es
für vorſichtiger hielt, nur 200 Millionen zu bewilligen
und daß der Finanzminiſter ſich eine Einſchränkung des
Rentenbetrages um 50 Millionen auferlegen muß. Gewiß
waren die beruhigenden Erklärungen, die der Finanzmi-
niſter über die politiſche Frage gab, richtig, aber oft ſind
Stimmungen in der Bevölkerung bedeutungsvoller als
offizielle Auffaſſungen, wenigſtens was die Wirkung be-
trifft. Der Rentenmarkt braucht zu ſeiner Geſundung
volle Ruhe und es genügt nicht, wenn man keine Verwick-
lungen erwartet, ſondern es muß der Himmel vollſtändig
frei von Wolken ſein. Das iſt nicht der Fall und das ſchä-
digt den Rentenmarkt und muß die Unternehmungsluſt
behindern.
Der Finanzminiſter kann übrigens zufrieden ſein,
ſoweit dies die jetzigen Verhältniſſe des Anlagemarktes,
für die er ſelbſtverſtändlich nicht verantwortlich iſt, ge-
ſtatten. Erſtens hat er die richtige Taktik verfolgt, die Be-
gebung von Schatzſcheinen zu reduzieren, da 50 Millionen
durch Rente fundiert werden. Zweitens hat er einen Kurs
erzielt, den das Konſortium anfangs nicht bieten wollte.
Die Gruppe hat dagegen, darüber kann kein Zweifel ſein,
die Durchführung einer Kreditoperation auf ſich genom-
men, die nicht gewinnbringend iſt, ſehr bedeutende Mittel
einer fruchtbringenden Verwertung entzieht und in den
heutigen Zeitläuften nur ſchleppend abgewickelt werden
kann. Die Finanzoperation, bei der an Rente und Schatz-
ſcheinen 330 Millionen in Frage kommen, iſt die größte,
die der öſterreichiſche Staat auf einmal in den letzten zwei
Dezennien vollzogen hat. Während man bei der Rente nur
einen allmählichen Abſatz vorausſehen kann, wird der
Umtauſch der Schatzſcheine keine Schwierigkeiten bieten,
zumal ſich hiebei eine Prämie von mehr als einem Pro-
zent bietet.
Die jetzige Anleihetransaktion iſt ein deutlicher Weg,
die ſtaatliche Ausgabenpolitik zu begrenzen und das Par-
lament ſollte daraus eine Lehre ziehen. Die Laſten, welche
die produzierenden Stände treffen, vermehren ſich in
einem ungewöhnlichen Maße. Auf der einen Seite wird
in offiziellen Reden die Notwendigkeit verkündet, die Un-
ternehmungsluſt zu heben, auf der anderen Seite wird
alles dazu getan, um die Initiative in Oeſterreich zu ver-
leiden. Ehe man hierzulande ſich nicht darüber hinweg-
ſetzt, auf die Produktion Lawinen zu wälzen, wird man
nie zu der gleichen wirtſchaftlichen Entfaltung kommen,
wie in den weſtlichen Nachbarſtaaten. Wir haben leider
ein wirtſchaftlich nicht genügend geſchultes Parlament.
Es wählt für wichtige Aktionen unrichtige Mittel und un-
richtige Perſonen. Eine ſolche Methode kann nicht zu dem
erwünſchten Ziele führen. Die öſterreichiſche Produktion
iſt jedoch erſtarkt und ſie wird auch den Dilletantismus
beſiegen, der ſich in der Legislative bemerkbar macht.
Vom Tage.
Czernowitz, 22. Jänner.
Das Befinden des Kaiſers.
KB. Wien, 21. Jänner. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)
Das Befinden des Kaiſers iſt vortrefflich.
Galiziſcher Landtag.
Lemberg, 21. Jänner. Zu Beginn der geſtrigen Si-
tzung des galiziſchen Landtages, erklärte Landmarſchall
Graf Badeni, daß das Protokoll der vorigen Sitzung
in der Kanzlei zur Einſicht aufliege und nicht verleſen
werde. Daraufhin legte Abg. Makuch namens des
ukrainiſchen Landtagsklubs ſowohl gegen die Giltigkeit
dieſes Protokolls als auch gegen die der vorigen Sitzung
Proteſt ein. Dasſelbe tat Abg. Dr. Dudykiewicz
(Altruthene) namens ſeiner Anhänger, proteſtierte des
weiteren dagegen, daß ſeine Partei kein Mandat in der
Budgetkommiſſion erhalten habe und auch den polniſch-
rutheniſchen Ausgleichsverhandlungen nicht beigezogen
wurde, und erklärte ſchließlich, daß die ruſſophilen Land-
tagsabgeordneten an den Sitzungen des Landtages künftig-
hin keinen Anteil nehmen werden, worauf Redner und
deſſen Parteigenoſſen oſtentativ den Sitzungsſaal ver-
ließen. Abg. Korol (Altruthene) gab namens ſeiner
Fraktion eine gleichlautende Proteſterklärung wie die
beiden Vorredner ab.
Landmarſchall Graf Badeni brachte hierauf dem
Landtage zur Kenntis, daß er namens desſelben der ver-
unglückten Erzherzogin Maria Thereſia telegraphiſch bal-
dige Beſſerung gewünſcht habe. (Beifall.)
Vor Uebergang zur Tagesordnung ſtellte Abg. K.
Lewicki den formellen Antrag, in Würdigung des
Umſtandes, daß die Löſung der Wahlreformfrage die wich-
tigſte Aufgabe des Landtages bilde, möge die Sitzung ge-
ſchloſſen werden und die nächſte auf deren Tagesordnung
die Wahlreform zu ſetzen ſei, am 25. d. M. ſtattfinden.
Abg. Abrahamowicz ſprach ſich gegen dieſen Antrag
aus und forderte die Ruthenen zum Waffenſtillſtand für
die Zeit der Ausgleichsverhandlungen auf. Abgeordneter
Skwarko (Jungruthene) polemiſierte mit ſeinem Vor-
redner und erklärte, daß die Ruthenen ihre Obſtruktion
nicht einſtellen würden. Abg. Staruch (Jungruthene)
bezeichnete das Vorgehen der Polen als Provokation des
rutheniſchen Volkes und erklärte, daß in Galizien erſt dann
nationaler Friede herrſchen werde, wenn der Landtag aus
Leben.
Roman von George Dellavoß.
20] (Nachdruck verboten.)
„Was gibt es denn dort drüben?“ fragte ſie auf einmal
ſehr lebhaft. Sie zeigte mit der Hand nach der gegenüber-
liegenden Straßenſeite. Dort waren ſchon vor einiger Zeit
eine Menge Herren im feierlichen ſchwarzen Salonrock
erſchienen und hatten ſich erwartungsvoll vor das Tor
des Wirtshauſes poſtiert. Jetzt kam ein großer, faſt mili-
täriſch geordneter Zug die Straße herunter und ſchwenkte
von Zurufen und Hüteſchwenken begrüßt, in das Tor ein.
Die Gäſte im Speiſeſaal waren faſt alle aufgeſtanden
und hatten neugierig hinübergeſchaut, auch am Hellmann-
ſchen Tiſch hatten ſich die Herren erhoben.
„Das ſind Arbeiter aus Jagenhofen!“ ſagte der kleine
blonde Lehrer halblaut.
„Ich begreife Clermont nicht“, zürnte Georg, „wie
kann er ſo mit dem Feuer ſpielen laſſen!“
„Gerade unſere reichen Leute verlieren ſo leicht das
Bewußtſein ihrer Pflicht gegen ihr Volk,“ ſagte der Lehrer
der neben Frieda ſaß, „unſere Gegner ſind in der Be-
ziehung viel beſſer daran.“
„Es wird Clermont alle Toleranz nichts helfen,
wenn es einmal zu einem Streik kommt,“ meinte der
kleine Herr Groß, „ich hoffe viel von ſeinem Schwieger-
ſohn, der iſt ein guter Deutſcher.“
„Wir wolen die Politik für heute ruhen laſſen,“
ſagte Georg mit einem lächelnden Blick auf die Geſichter
der Damen, „wir ſind doch gekommen, um die Kirchweih-
freuden zu genießen. Ich ſchlage vor, daß wir uns auf den
Weg machen?“
„Was gedenken die Herrſchaften alles mitzumachen?“
„Alles!“ antwortete Frieda dem blonden Lehrer, „da
wir einmal da ſind!“
„Dürfen wir uns anſchließen?“
Wenn Sie mit dem Sprichwort „mitgegangen, mit-
gefangen“ einverſtanden ſind!“
Der Speiſeſaal war ſchon faſt leer, als ſie gingen.
Von drüben kam lebhaftes Stimmengeräuſch, die De-
batte ſchien ſehr lebhaft zu ſein. Ein paar Leute hatten ſich
vor dem Hauſe angeſammelt, die auf den Zehenſpitzen
ſtehend und Hälſe reckend verſuchten, einen Blick in das
Verſammlungslokal zu werfen. Sonſt war alles ſchon
wieder nach dem Markte geſtrömt.
Als die Geſellſchaft ihn erreichte, war der Jahrmarkts-
ſpektakel in vollem Gange, und nur mühſam konnte man
im Gedränge vorwärts kommen. Dadurch ergab ſich ganz
von ſelbſt eine paarweiſe Einteilung der Geſellſchaft, und
ehe Annemarie wußte, wie ihr geſchah, lag ihr Arm in
dem des Herrn Groß, während Hedwig mit Herrn Fabian
Georg folgte, der mit Frieda vorausging. Den Anblick
ihrer Schweſter am Arme, Georgs empfand Annemarie
wie einen Schlag. Sie war ſo gewöhnt, Georgs Aufmerk-
ſamkeit ganz für ſich in Anſpruch zu nehmen, daß ſie ſich
wie in eigenen Rechten gekränkt vorkam und ſich erſt be-
ſinnen mußte, daß ſie ſolche gar nicht beſaß. Zerſtreut
hörte ſie auf die Reden des kleinen Lehrers, der ihr Auſſig,
ſeine Geburtsſtadt, ſchilderte, wo ſein Vater Werkmeiſter
in einer großen Fabrik war. Plötzlich begann auch ſie zu
plaudern und zu lachen und den kleinen Lehrer zu necken,
der im Kreuzfeuer ihrer Worte und Blicke in nicht geringe
Verwirrung geriet.
Man wanderte von einer Bude zur anderen, machte
Einkäufe und beſchenkte einander mit drolligen Kleinig-
keiten. Herr Fabian brachte jeder der Damen ein großes
Lebkuchenherz, und Herr Groß, der ſeinem Beiſpiel folgte,
wurde rot bis über die Ohren, als er Annemarie das ihrige
überreichte. Sie fädelte die Herzen auf eine Schnur und
hing ſie lachend über den Griff ihres Sonnenſchirmes, aber
als Georg ihr einen großen Reiter brachte, riß ſie dem
den Kopf ab und ſchleuderte ihn dann ins dichteſte Ge-
dränge.
„Da!“ ſagte ſie halb lachend, halb zornig.
Der verſtümmelte Reiter war einer dicken Bäuerin
ins Geſicht geflogen, ſie kreiſchte und ſchimpfte zum großen
Ergötzen der Umſtehenden. Der Abend ſenkte ſich ſchon
langſam nieder. Eine Wolke von Staub ſchwebte über dem
Platze, die Luft, ohnedies ſchwül und drückend, war voll
von ſchweren, unangenehmen Gerüchen. In den Buden
flammten ſchon die Lichter auf, die Menge drängte ſich
dichter bei den fliegenden Schenken, man ſah ſchon viel
dunkelgerötete Geſichter und ſtiere Augen. Der quietſchende
Lärm der Trommeln und Trompeten, Pfeifen und Rat-
ſchen erhob ſich mit erneuerter Kraft, von den langgezo-
genen Tönen und Leierkäſten zur ſchrillſten Diſſonanz
verſtärkt
„Wir könnten jetzt wirklich gehen!“ meinte Hedwig
ungeduldig.
Sie hatte alle Einkäufe beſorgt und dachte unruhig
daran, ob alles richtig im Gaſthof, wo ſie ausgeſpannt
hatten, abgeliefert worden war. Auch Franz, dem Kutſcher
traute ſie nicht ganz. Die Verſuchung, ſich zu betrinken,
war zu groß.
Ein Rollen und Schmettern nicht weit von ihnen —
drehte die Köpfe unwillkürlich nach den Tönen.
„Wir ſollten eigentlich noch ein Tänzchen haben!“
meinte Herr Groß unternehmend.
Sie ſtanden ſchon vor dem großen, von einem Leinen-
zelt überdachten Tanzboden, den farbige Lampions er-
leuchteten. Noch einmal gellte die Fanfare auf, dann ſetzte
ein rauſchender Walzer ein —
„Ohne Tanz gibt’s keine Kirchweih!“ erklärte nun
auch Herr Fabian.
„Wir wollten doch nach Hauſe!“ ſagte Hedwig un-
geduldig.
Aber ſchon hatte ſich Herr Fabian mit einem Paar
Glaces von zweifelhaftem Weiß bewaffnet und führte ſie
auf das Podium, wo ſich bereits Georg und Frieda zu den
tanzenden Paaren geſellt hatten.
Annemarie ſah das wie durch einen Schleier, der
kleine Groß verbeugte ſich vor ihr und wie im Traume
flog ſie mit ihm dahin. Er tanzte ganz gut, trotzdem dankte
ſie nach der erſten Runde, und ſah erleichtert, wie er zu
Hedwig zu gelangen ſuchte, die auf der anderen Seite des
Tanzbodens von ihrem Tänzer abgeſetzt worden war.
(Fortſetzung folgt).
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