Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 572, Czernowitz, 28.11.1905.28. November 1905. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. [Spaltenumbruch] Auch der Katholik, wenn er nicht just ein Händelsucher ist, kann es entschuldigen. Aber die evangelischen Geistlichen wurden beim Staatsanwalt verklagt, die Uebeltäter sollten zur Rechen- schaft gezogen und gerichtet werden. -- Eine religiöse Sache wird in demselben Augenblicke, als sie den Juristen zur Ent- scheidung zufällt, lächerlich. Hatten jene Protestanten auch wirklich ein öffentliches Aergernis gegeben? Wie hat das ausge- sehen? Was mag sich so ein biederer St. Bauer gedacht haben? Dort nimmt einer nicht den Hut ab! Wer ist denn das? Ah, ein lutherischer Pastor ist's. Na, nachher wird er freilich den Hut nicht abnehmen. Punktum! Unser Landvolk ist oft viel toleranter, als die Stadtleute glauben, ja als sie es selber sind. Und wenn sich wirklich einer geärgert hat über diese mit bedeckten Häuptern vorübereilenden Pastoren, so war es ein künstlicher Aerger. Das Aergernis war genommen, ohne daß es gegeben wurde, und einem klugen Richter könnte es leicht einfallen, zu sagen, an einer Frömmigkeit, die von einem Hute abhängt, sei wenig zu verderben. Ein tenrer Zahnarzt. Die New-Yorker Zeitungen Die Trinkgelder in Frankreich hat ein Statistiker Wie schnell ist der Flug einer Taube? Interessante Beobachtungen knüpfen sich an einen Wettflug von Ein schlimmes Nachtquartier hatten sich drei Zu einer großherzigen Tat haben sich, wie aus Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 27. November. Die Vorgänge im Gemeinderate. Freitag abends Auszeichnung. Dem Großgrundbesitzer J. Ritter Kirchliches. Der Hilfspriester in Sereth Orest Dr. Bernhard Funkenstein. In einem Sana- Der 28. November in Czernowitz. Am Tage Festeröffnungskneipe der "Akademischen Lese- halle". Zur Feier ihres 61. Semesters veranstaltete am Die Resistenz der Buchdrucker. Ueber Initiative Die akad. Verbindung "Hasmonaea" hat für 28. November 1905. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. [Spaltenumbruch] Auch der Katholik, wenn er nicht juſt ein Händelſucher iſt, kann es entſchuldigen. Aber die evangeliſchen Geiſtlichen wurden beim Staatsanwalt verklagt, die Uebeltäter ſollten zur Rechen- ſchaft gezogen und gerichtet werden. — Eine religiöſe Sache wird in demſelben Augenblicke, als ſie den Juriſten zur Ent- ſcheidung zufällt, lächerlich. Hatten jene Proteſtanten auch wirklich ein öffentliches Aergernis gegeben? Wie hat das ausge- ſehen? Was mag ſich ſo ein biederer St. Bauer gedacht haben? Dort nimmt einer nicht den Hut ab! Wer iſt denn das? Ah, ein lutheriſcher Paſtor iſt’s. Na, nachher wird er freilich den Hut nicht abnehmen. Punktum! Unſer Landvolk iſt oft viel toleranter, als die Stadtleute glauben, ja als ſie es ſelber ſind. Und wenn ſich wirklich einer geärgert hat über dieſe mit bedeckten Häuptern vorübereilenden Paſtoren, ſo war es ein künſtlicher Aerger. Das Aergernis war genommen, ohne daß es gegeben wurde, und einem klugen Richter könnte es leicht einfallen, zu ſagen, an einer Frömmigkeit, die von einem Hute abhängt, ſei wenig zu verderben. Ein tenrer Zahnarzt. Die New-Yorker Zeitungen Die Trinkgelder in Frankreich hat ein Statiſtiker Wie ſchnell iſt der Flug einer Taube? Intereſſante Beobachtungen knüpfen ſich an einen Wettflug von Ein ſchlimmes Nachtquartier hatten ſich drei Zu einer großherzigen Tat haben ſich, wie aus Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, 27. November. Die Vorgänge im Gemeinderate. Freitag abends Auszeichnung. Dem Großgrundbeſitzer J. Ritter Kirchliches. Der Hilfsprieſter in Sereth Oreſt Dr. Bernhard Funkenſtein. In einem Sana- Der 28. November in Czernowitz. Am Tage Feſteröffnungskneipe der „Akademiſchen Leſe- halle“. Zur Feier ihres 61. Semeſters veranſtaltete am Die Reſiſtenz der Buchdrucker. Ueber Initiative Die akad. Verbindung „Hasmonaea“ hat für <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0003" n="3"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">28. November 1905. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.</hi></fw><lb/><cb/> Auch der Katholik, wenn er nicht juſt ein Händelſucher iſt,<lb/> kann es entſchuldigen. Aber die evangeliſchen Geiſtlichen wurden<lb/> beim Staatsanwalt verklagt, die Uebeltäter ſollten zur Rechen-<lb/> ſchaft gezogen und gerichtet werden. — Eine religiöſe Sache<lb/> wird in demſelben Augenblicke, als ſie den Juriſten zur Ent-<lb/> ſcheidung zufällt, lächerlich. Hatten jene Proteſtanten auch<lb/> wirklich ein öffentliches Aergernis gegeben? Wie hat das ausge-<lb/> ſehen? Was mag ſich ſo ein biederer St. Bauer gedacht<lb/> haben? Dort nimmt einer nicht den Hut ab! Wer iſt denn<lb/> das? Ah, ein lutheriſcher Paſtor iſt’s. Na, nachher wird<lb/> er freilich den Hut nicht abnehmen. Punktum! Unſer Landvolk<lb/> iſt oft viel toleranter, als die Stadtleute glauben, ja als ſie<lb/> es ſelber ſind. Und wenn ſich wirklich einer geärgert hat über<lb/> dieſe mit bedeckten Häuptern vorübereilenden Paſtoren, ſo war<lb/> es ein künſtlicher Aerger. Das Aergernis war genommen, ohne<lb/> daß es gegeben wurde, und einem klugen Richter könnte es<lb/> leicht einfallen, zu ſagen, an einer Frömmigkeit, die von einem<lb/> Hute abhängt, ſei wenig zu verderben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ein tenrer Zahnarzt.</hi> </head> <p>Die New-Yorker Zeitungen<lb/> beſchäftigen ſich augenblicklich angelegentlich mit einer zahn-<lb/> ärztlichen Rechnung. Ein Zahnarzt Dalley hatte die Ehre, dem<lb/> Prinzen Louis von Battenberg während ſeiner Anweſenheit mit<lb/> dem engliſchen Geſchwader 4 Zähne zu plombieren. Mr. Dalley<lb/> iſt Autorität auf dem Gebiete der Zahnheilkunde und wird in<lb/> der Regel nur von amerikaniſchen Millionären aufgeſucht. Es<lb/> ſcheint, daß er den engliſchen Prinzen gleich leiſtungsfähig er-<lb/> achtete wie dieſe, denn er ſandte ihm eine Rechnung von 4000 M.<lb/> ein. Der Prinz hatte demnach für jeden Zahn 1000 M zu<lb/> zahlen. Er ließ die Rechnung durch den engliſchen General-<lb/> konſul begleichen, bat ſich jedoch eine Spezifizierung aus.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Trinkgelder in Frankreich</hi> </head> <p>hat ein Statiſtiker<lb/> mit einer ganz ungeheueren Summe veranſchlagt, nämlich nicht<lb/> weniger als mit einer halben Milliarde jährlich. Seinen ſehr<lb/> eingehenden Aufſtellungen zufolge würden in Paris allein<lb/> täglich 280.000 Franes Trinkgelder gezahlt, alſo ungefähr<lb/> 101 Million jährlich. Es iſt ja auch ein ganzes Heer von<lb/> Angeſtellten oder auch Arbeitern aller Art, die hauptſächlich auf<lb/> Trinkgelder angewieſen ſind, wie Kellner in Kaffees, Reſtaurants<lb/> und Hotels, Kutſcher, Barbiergehilfen, Logenſchließerinnen, Haus-<lb/> meiſter, ganz abgeſehen von den Perſonen, die auch auf Pour-<lb/> boires ſtillſchweigend Anſpruch erheben, wie Brieſträger, Kutſchen-<lb/> ſchlagöffner, Zettelausträger. Durchſchnittlich hätte nach der<lb/> Berechnung unſeres Gewährsmannes jeder Pariſer oder in<lb/> Paris weilende Fremde 7 einhalb Centimes täglich auf dieſe<lb/> Weiſe „freiwillig“ zu ſpenden. Für ganz Frankreich ermäßigt<lb/> ſich der Durchſchnitt auf drei Centimes für jede Perſon täglich.<lb/> In der Provinz ſoll das Trinkgeld jährlich 872,300.000 Fr.<lb/> erfordern, ſo daß im ganzen 473,400.000 Franes für Frank-<lb/> reich jährlich entfallen, alſo der ſiebente Teil des geſamten<lb/> Budgets.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Wie ſchnell iſt der Flug einer Taube?</hi> </head><lb/> <p>Intereſſante Beobachtungen knüpfen ſich an einen Wettflug von<lb/> elf Brieſtauben auf der Strecke zwiſchen Dijon und Mecheln.<lb/> Die Luftlinie beträgt 490 <hi rendition="#aq">km.</hi> Bei ſchönem Wetter und Nord-<lb/> wind ließ man die Tauben 5 Uhr 10 Min. von Bahnhof ab.<lb/> Sie trafen in Mecheln ſämtlich vor 2 Uhr nachm. ein, die<lb/> erſte ſogar ſchon 11 Uhr 42 Min. Dieſe hatte in der Stunde<lb/> faſt 75 <hi rendition="#aq">km</hi> zurückgelegt, bei einer Ausdauer von rund ſechs-<lb/> einhalb Stunden; das kommt der Schnelligkeit eines beſchleunigten<lb/> Perſonenzuges gleich.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ein ſchlimmes Nachtquartier</hi> </head> <p>hatten ſich drei<lb/> Nimrode in Seuſſen im Fichtelgebirge bereitet. Als die drei<lb/> Jäger am Sonnabend nach der Jagd eben im Begriffe waren,<lb/> heimzuwandern, da kam der Schlaueſte von ihnen auf den<lb/> originellen Gedanken, die neue Drahtſeilbahn, die zum Trans-<lb/> porte vor Schotterſteinen benutzt wird, zur Heimfahrt vom<lb/> Seuſſener Steinbruch nach Weidiſchberg zu benutzen. Auch den<lb/> beiden anderen Weidmännern leuchtete das Vorteilhafte einer<lb/> ſolchen Fahrt ein. Geſagt, getan! Es war gerade keiner der<lb/> Steinbrucharbeiter an der Abfahrtsſtelle anweſend. Die drei<lb/> Jäger beſtiegen jeder einen der Schotterkäſten, man gab das<lb/> Signal, ein Ruck — und die Fahrt ging los. Alle drei<lb/> freuten ſich über den köſtlichen Einfall. Die luſtigen Jäger<lb/> waren bereits ein ganz anſehnliches Stück gegondelt, als<lb/> plötzlich die Kaſten ſtille ſtanden. Es war nämlich inzwiſchen<lb/> Feierabend geworden, weshalb der Betrieb eingeſtellt worden<lb/> war. So hingen denn die drei Gondeln mit den Braven 13<lb/> Meter hoch in der Luft und zum Unglück gerade über einer<lb/> Halde, wo weit und breit kein menſchliches Weſen zu ſehen<lb/> und zu hören war. Es half daher kein Schimpfen und kein<lb/> Rufen — Stunde um Stunde verrann, es wurde Nacht und<lb/> bitter kalt. Als der Morgen graute, ſaßen die Unglücklichen<lb/> noch immer verzweifelt in ihrer Falle; erſt gegen neun Uhr<lb/> vormittags wurden ſie endlich bemerkt und nach Weidiſchberg<lb/> zurückbefördert, wo ſie faſt erſtarrt den umheimlichen Käſten<lb/> entſtiegen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Zu einer großherzigen Tat</hi> </head> <p>haben ſich, wie aus<lb/> Newyork berichtet wird, 30 Finanzleute und Kunſtfreunde<lb/> der reichen Newyorker Geſellſchaft zuſammengetan, und ein<lb/> Grundkapital von 12,000.000 Mark geſtiftet, das zum Aſt,<lb/> kauf und Bau eines großen Nationaltheaters beſtimmt in-<lb/> deſſen Leiter Heinrich Conried der Newyorker Metropolita n-<lb/> Oper werden ſoll. Der hohe Plan, der dabei vorſchwebt, iſt<lb/> der, der noch auf einer ziemlich tiefen Kulturſtufe ſtehen den<lb/> Theater- und Schauſpielkunſt Amerikas ein vorbildliches<lb/> Muſter aufzuſtellen, das auf die Verfeinerung des Bühnen-<lb/> ſtils in Amerika von ebenſo ſegensreicher Wirkung ſein ſoll,<lb/> wie es die Comedie Francaiſe für Frankreich und das Burg-<lb/> theater in ſeiner Blütezeit für Deutſchland geweſen iſt. Die<lb/> dreißig Logen, die die bevorzugteſten Plätze dieſes Theaters<lb/> ſein werden, werden an einzelne Kunſtfreunde gegen eine<lb/> einmalige Zahlung von 400.000 M. zu dauerndem Allein-<lb/> gebrauch abgegeben. Der Inhaber einer ſolchen Loge erwirbt<lb/> damit zugleich einen Anteil an dem Theater. Dreißig Wochen<lb/> im Jahre ſoll geſpielt werden, und zwar wird für ein ab-<lb/> wechslungsreiches Repertoire geſorgt werden, in dem in Spiel<lb/> und Vortrag das Vorzüglichſte geleiſtet werden ſoll. Natürlich<lb/><cb/> wird auch hinter dieſem erſtrebten inneren Werte die Koſt-<lb/> barkeit der äußeren Ausſtattung nicht zurückbleiben. Aus dem<lb/> Foyer ſoll eine erleſene Gemäldegallerie gemacht werden, und<lb/> eine Million Mark iſt allein für die künſtleriſche Ausſchmückung<lb/> der Wände vorgeſehen.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jLocal" n="1"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Czernowitzer Angelegenheiten.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Czernowitz,</hi> 27. November.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Vorgänge im Gemeinderate.</hi> </head> <p>Freitag abends<lb/> fand im Bureau des Bürgermeiſters die vertrauliche Be-<lb/> ſprechung der Gemeinderäte ſtatt, die mehr als drei Stunden<lb/> währte. Heute ſoll die Beſprechung fortgeſetzt werden. Ueber<lb/> das Meritum dieſer Beratungen wird vorläufig Stillſchweigen<lb/> bewahrt, jedoch verlautet, daß <hi rendition="#g">keine Einigung</hi> hin-<lb/> ſichtlich der Einſtellung der Obſtruktion des GR. <hi rendition="#g">Trom-<lb/> peteur</hi> erzielt wurde. — Morgen Dienſtag findet eine<lb/><hi rendition="#g">Gemeinderatsſitzung</hi> ſtatt. Auf der Tagesordnung<lb/> ſteht das neue Proviſionsnormale. Nach dem früher Geſagten<lb/> wird die Beratung nicht bis zur Tagesordnung gedeihen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Auszeichnung.</hi> </head> <p>Dem Großgrundbeſitzer J. Ritter<lb/> v. <hi rendition="#g">Janosz</hi> in <hi rendition="#g">Panka</hi> wurde der Orden der Eiſernen<lb/> Krone 3. Klaſſe verliehen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Kirchliches.</hi> </head> <p>Der Hilfsprieſter in <hi rendition="#g">Sereth</hi> Oreſt<lb/><hi rendition="#g">Tarangul</hi> wurde in gleicher Eigenſchaft zur St. Nikolaus-<lb/> Kirche in <hi rendition="#g">Suczawa</hi> verſetzt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Dr. Bernhard Funkenſtein.</hi> </head> <p>In einem Sana-<lb/> torium bei Wien iſt heute der hieſige Landes- und Gerichts-<lb/> advokat und Präſident des Disziplinarrates der Bukowiner<lb/> Advokatenkammer, Herr Dr. Bernhard <hi rendition="#g">Funkenſtein,</hi> im<lb/> Alter von 55 Jahren <hi rendition="#g">geſtorben.</hi> Ein guter Juriſt, ein<lb/> tüchtiger Advokat und vor allem ein wahrhaft edler Menſch<lb/> iſt mit Dr. Funkenſtein den Seinen und dem Advokaten-<lb/> ſtande vorzeitig vom Tode entriſſen worden. Dr. <hi rendition="#g">Funken-<lb/> ſtein,</hi> der ſeine Konzipientenpraxis in <hi rendition="#g">Wien</hi> begann und<lb/> dieſelbe ſodann in Czernowitz in den erſten Advokaturskanzleien<lb/> vollendete, eröffnete zu Beginn der achtziger Jahre hier<lb/> ſeine Advokaturskanzlei. Er genoß den Ruf eines tüchtigen<lb/> Ziviliſten und erwarb ſich bald eine große und vornehme Klientel.<lb/> Viele Jahre hindurch zählten die hervorragendſten Groß-<lb/> grundbeſitzer zu ſeinen Klienten. Groß war auch ſeine Kon-<lb/> ſiliarpraxis. Was ihn aber ſeinen Klienten, Berufsgenoſſen<lb/> und den Richtern beſonders wert machte, war die durchaus<lb/> vornehme Art, mit der er ſeine Rechtsagenden verſah. Das<lb/> Vertrauen ſeiner Kollegen berief ihn nach dem Tode des<lb/> Advokaten Dr. <hi rendition="#g">Dornbaum</hi> auf den Ehrenpoſten des erſten<lb/> Präſidenten des Disziplinarrates, den er mit peinlicher<lb/> Gewiſſenhaftigkeit, aber auch mit viel Milde ausfüllte. Dem<lb/> politiſchen Leben ſtand der nunmehr Verſtorbene fern, doch war er<lb/> ein Mitglied jener berühmten Stammtiſchgeſellſchaft bei Gottlieb,<lb/> in der der verewigte Baron <hi rendition="#g">Muſtatza</hi> den Vorſitz führte und in der<lb/> oft den politiſchen Geſchicken des Landes eine neue Wendung<lb/> gegeben wurde. Bekannt war die witzige Art, in welcher ſich<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Funkenſtein</hi> über Tagesereigniſſe zu äußern pflegte.<lb/> Er war auch eine heitere Natur, die dem Leben und den<lb/> Mitmenſchen die beſten Seiten abzugewinnen ſuchte ...<lb/> Die Erkrankung des Dr. <hi rendition="#g">Funkenſtein</hi> iſt eigentlich eine<lb/> plötzliche zu nennen. Vor wenigen Monaten begann er über<lb/> allgemeine Schwächezuſtände zu klagen, und ſeinen Freunden<lb/> ſiel die raſch eintretende Alterung Dr. <hi rendition="#g">Funkenſteins</hi><lb/> auf. Sein Leiden verſchlimmerte ſich und die Familie<lb/> drang darauf, daß er nach Wien reiſe. Dort wurde<lb/> die Diagnoſe (pernitiöſe Anämie) beſtätigt. Nun ging es<lb/> raſch abwärts und ſchon ſeit Wochen hieß es, daß ſeine<lb/> Tage gezählt ſeien. Mit aufrichtiger Teilnahme wurden die<lb/> telegraphiſchen Bulletins aufgenommen. Nun hat er ausge-<lb/> rungen: ein braver, guter, tüchtiger Mann! Ehre ſeinem An-<lb/> denken! — Der Verblichene hinterläßt eine Witwe und drei<lb/> Söhne, von denen der älteſte in der Advokaturskanzlei des<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Ausländer</hi> als Konzipient beſchäftigt iſt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der 28. November in Czernowitz.</hi> </head> <p>Am Tage<lb/> der Parlamentseröffnung wird, wie in allen Hauptſtädten<lb/> der Monarchie, am Vormittag die Arbeit ruhen. Um 10 Uhr<lb/> vormittags findet im Rathausſaale eine Volksverſammlung<lb/> mit der Tagesordnung: „Die Eröffnung des Parlamentes<lb/> und das allgemeine Wahlrecht“ (Referent Herr <hi rendition="#g">Piſtiner</hi>)<lb/> ſtatt. Hierauf Maſſenumzug der Arbeiter ſämtlicher Branchen<lb/> in geordnetem Zuge vom Rathausſaale zum Landesregierungs-<lb/> gebäude und von hier durch die Herrengaſſe, Hauptſtraße und<lb/> Landhausgaſſe zum Theaterplatz, wo die Auflöſung des Zuges<lb/> erfolgt. Um 12 Uhr wird die Arbeit wieder aufgenommen.<lb/> — Direktor <hi rendition="#g">Mannheimer</hi> der Schloßmann’ſchen Mühle<lb/> hat den Arbeitern den Dienſtag Vormittag zur Beteiligung<lb/> an der Demonſtration freigegeben. — Der größte Teil der<lb/> hieſigen Kaufmannſchaft hat die Bereitwilligkeit ausgeſprochen,<lb/> morgen vormittags den Angeſtellten freizugeben. — Ueber<lb/> Anordnung des Magiſtrates wird die <hi rendition="#g">elektriſche<lb/> Straßenbahn</hi> morgen vormittags nicht verkehren.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Feſteröffnungskneipe der „Akademiſchen Leſe-<lb/> halle“.</hi> </head> <p>Zur Feier ihres 61. Semeſters veranſtaltete am<lb/> 18. November l. J. in Chierers Probeſaal des Muſikvereines<lb/> die „Akademiſche Leſehalle“ eine Feſteröffnungskneipe. Dieſelbe<lb/> nahm einen ſchönen Verlauf und bewies, daß ſich die Leſe-<lb/> halle der wärmſten Sympathien der Studenten und des<lb/> intelligenten Publikums zu erfreuen hat. Es waren insbe-<lb/> ſonders erſchienen: Hofrat Prof. Dr. <hi rendition="#g">Pribram,</hi> Profeſſor<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Adler,</hi> der Obmann des A. H. V. Dr. Julins<lb/><hi rendition="#g">Kiesler,</hi> der Vizeobmann des A. H. V. Gerichtsſekretär<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Gold</hi> und viele Freunde und Gönner der Leſehalle.<lb/> Die polniſch akad. Verbindung <hi rendition="#g">„Ognisko“</hi> hatte einige<lb/> Vertreter entſendet; die akad. pharm. Verbindung <hi rendition="#g">„Hygiea“</hi><lb/> war korporativ erſchienen. Nach Begrüßung der Feſtgäſte<lb/> durch den Präſes <hi rendition="#aq">cand iur.</hi> <hi rendition="#g">Lerchenfeld</hi> hielt der Vize-<lb/><cb/> präſes <hi rendition="#aq">cand. iur.</hi> <hi rendition="#g">Rudich</hi> die Feſtrede, die auf alle An-<lb/> weſenden einen guten Eindruck machte. Sie klang in ein be-<lb/> geiſtertes Hoch auf unſeren Monarchen aus, worauf der<lb/> Kaiſerſalamander gerieben wurde. Nach Abſingung des<lb/> Bundesliedes der „Akademiſchen Leſehalle“ ſprach der Schrift-<lb/> wart derſelben <hi rendition="#aq">cand. iur.</hi> <hi rendition="#g">Rubel</hi> in begeiſterten Worten<lb/> auf die <hi rendition="#aq">alma mater,</hi> die großen Beifall fanden. Hierauf<lb/> erwiderte Prof. Dr. <hi rendition="#g">Adler,</hi> der in mächtig wirkender Rede<lb/> der Leſehalle eine ſchöne Zukunft prophezeite, indem er auf<lb/> verſchiedene Elemente hinwies, die die nationalen und kon-<lb/> feſſionellen Gegenſätze auszugleichen beſtrebt ſind. Da aus<lb/> der Rede des Prof. Dr. <hi rendition="#g">Adler</hi> zu erſehen war, daß er<lb/> nicht als Vertreter der Univerſität, ſondern als perſönlicher<lb/> Freund der Leſehalle geſprochen hatte, ergriff ſichtlich unter<lb/> dieſem Eindrucke A. H. Dr. <hi rendition="#g">Sternberg</hi> das Wort, drückte<lb/> in tief empfundener Rede ſein Erſtaunen und Befremden<lb/> darüber aus, daß es der Leſehalle heute zum erſtenmale ſeit<lb/> ihrem 30jährigen Beſtande nicht vergönnt war, offizielle<lb/> Vertreter der Univerſität begrüßen zu können und brachte auf<lb/> die erſchienenen Profeſſoren einen Toaſt aus. Nachdem noch die<lb/> Vertreter der akad. Vereine „Ognisko“ (<hi rendition="#aq">cand. iur.</hi> <hi rendition="#g">Wlad</hi>)<lb/> und <hi rendition="#g">„Hygiea“</hi> (<hi rendition="#aq">cand. pharm.</hi> <hi rendition="#g">Dubs</hi>) die „Akademiſche<lb/> Leſehalle“ ihrer Sympathien verſichert hatten, toaſtierte <hi rendition="#aq">stud.<lb/> phil.</hi> Hans <hi rendition="#g">Schäfer</hi> in ſchwungvoller Rede auf die zahlreich<lb/> erſchienenen alten Herren, in deren Namen der Vizeobmann<lb/> des A. H. V. Dr. <hi rendition="#g">Gold</hi> erwiederte. Hierauf ſchloß der<lb/> oſfizielle Teil nach Verleſung der eingelaufenen Begrüßungs-<lb/> ſchreiben und Telegramme. Das Hoſpizpräſidium übernahm<lb/> nun A. H. Dr. <hi rendition="#g">Kiesler</hi> und alle blieben in feucht-fröhlicher<lb/> Laune bis zum grauenden Morgen zuſammen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Reſiſtenz der Buchdrucker.</hi> </head> <p>Ueber Initiative<lb/> des Handelsminiſteriums wurden die abgebrochenen Tarifver-<lb/> handlungen zwiſchen den Prinzipalen und Gehilfen der öſter-<lb/> reichiſchen <hi rendition="#g">Buchdruckereien</hi> wieder aufgenommen und in<lb/> vom Morgen bis in die ſpäten Abendſtunden währenden<lb/> Sitzungen am 23., 24., und 25. November im Handels-<lb/> miniſterium unter dem Vorſitze des Sektionsrates Dr. <hi rendition="#g">Bach</hi><lb/> in Anweſenheit von je ſieben Vertretern beider Gruppen zu<lb/> einem befriedigenden Abſchluſſe gebracht. Die wichtigſten Er-<lb/> gebniſſe der Verhandlungen ſind folgende: Es wird ein neuer<lb/><hi rendition="#g">Tarifvertrag</hi> ab 1. Jänner 1906 mit achtjähriger Dauer<lb/> abgeſchloſſen. Die Minimallöhne in allen Tarifklaſſen erfahren<lb/> ſofort eine Erhöhung um zwei Konen, welcher nach viejähriger<lb/> Dauer am 1. Jänner 1910 eine neuerliche Erhöhung um<lb/> gleichfalls zwei Kronen und nach weiteren zwei Jahren eine<lb/> ſolche von einer Krone folgt. Zu den gleichen Terminen tritt<lb/> für die im Berechnen (Akkordlohn) ſtehenden Setzer eine<lb/> Steigerung des Tauſendpreiſes um 3, 2 und 1 Heller ein.<lb/> Die Tarifklaſſen-Einreihung der Druckorte wurde für einige<lb/> Länder einverſtändlich geregelt, für die anderen der baldigen<lb/> direkten Vereinbarung der lokalen Intereſſenten überlaſſen.<lb/> Hinſichtlich der Arbeitszeit wurde eine Abkürzug der neun-<lb/> ſtündigen Dauer um eine Viertelſtunde zugeſtanden, was eine<lb/><hi rendition="#g">Reduktion der bisher</hi> 54ſtündigen Arbeitswoche<lb/><hi rendition="#g">um anderthalb Stunden bedeutet.</hi> Auch<lb/> die <hi rendition="#g">Maſchinenmeiſterfrage</hi> wurde einverſtändlich in<lb/> einer den Wünſchen der Gehilfenſchaft entgegenkommender<lb/> Weiſe getragen. In einem dem Tarif als Anhang beigefügten<lb/> Protokolle wird die Frage der Anerkennung der Ver-<lb/> trauensmänner geordnet. Auf eine Löſung der 1. Mai-<lb/> Frage im Rahmen des Tarifs wurde beiderſeits verzichtet,<lb/> nachdem im Laufe der Debatte zum Ausdrucke kam, daß in<lb/> dieſer Richtung von keiner Seite eine Aenderung in der<lb/> bisherigen Behandlung der Frage beabſichtigt iſt. Am Schluſſe<lb/> der Beratungen wurde von beiden Parteien dem Leiter des<lb/> Handelsminiſteriums Grafen Auersperg für die Initiative zu<lb/> dem Einigungsverſuche der Dank ausgeſprochen und gleich-<lb/> zeitig das Erſuchen geſtellt, die in Ausſicht genommene<lb/> Förderung der Tarifvertragsidee durch behördliche Aner-<lb/> kennung und ausſchließliche Berückſichtigung bei ſtaatlichen<lb/> Lieferungen baldigſt durchzuführen. Dem Vorſitzenden bei<lb/> den Verhandlungen, Sektionsrat Dr. <hi rendition="#g">Bach,</hi> wurde von den<lb/> Wortführern der beiden Gruppen die volle Anerkennung für<lb/> die objektive Führung der Verhandlung gezollt. — Der<lb/> größte Teil der <hi rendition="#g">Czernowitzer</hi> Buchdruckereiinhaber hat<lb/> bereits den neuen Tarif akzeptiert. Der Minimallohn für<lb/> qualifizierte Buchdrucker beträgt ſomit 26 Kronen, wöchentlich.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die akad. Verbindung „Hasmonaea“</hi> </head> <p>hat für<lb/> Samſtag, den 11. d. M. den Eröffnungs-Feſtabend ihres<lb/><hi rendition="#aq">XXXIX.</hi> Semeſters angeſagt. Die Ereigniſſe in Rußland,<lb/> wo Tauſende jüdiſcher Volksmaſſen hingemordet werden,<lb/> hatten ihre Schatten auf dieſen Abend geworfen und ſo<lb/> wurden ihre Feſtreden zu Trauerreden, der übliche inoffizielle<lb/> Teil entſiel, und man entfernte ſich lautlos wie von einer<lb/> Trauerandacht. Das Präſidium <hi rendition="#aq">cand. iur.</hi> <hi rendition="#g">Buchsbaum</hi><lb/> gab ſchon in ſeiner Begrüßungsanſprache den Grundton zu<lb/> dieſer Trauerverſammlung <hi rendition="#aq">ad hoc.</hi> Hierauf folgte die Rede<lb/> des <hi rendition="#aq">stud. iur.</hi> Brunno <hi rendition="#g">Werber,</hi> der in derſelben des<lb/> dahingeſchiedenen Führers Dr. Herzl in trefflicher Aus-<lb/> führung gedachte. Hernach feierte <hi rendition="#aq">stud. iur.</hi> Alexander<lb/><hi rendition="#g">Schapira</hi> die <hi rendition="#aq">Alma mater,</hi> worauf Univ.-Prof. Doktor<lb/><hi rendition="#g">Adler,</hi> von lebhaften Zuſtimmungsrufen begleitet, folgendes<lb/> u. a. erwiderte: „Durch Ihre Geſinnung erweiſen Sie ſich<lb/> in der Tat als echte Söhne jenes Volkes, das wohl das<lb/> einzige iſt, bei welchen Beſchäftigung mit der Wiſſenſchaft<lb/> ſelbſt ſchon als ein Verdienſt wirkt. Wir ſehen, daß die<lb/> Wiſſenſchaft denen, welche ſich ihr ganz gewidmet haben, zu<lb/> großem Anſehen und Stellung in der Oeffentlichkeit ver-<lb/> holfen habe. Es gibt viele Juden, die ſich in der Wiſſenſchaft<lb/> ausgezeichnet haben. Dieſe bilden den wahren jüdiſchen Adel!<lb/> Ich muß aus dem Rahmen Ihrer Beſtrebungen ein Wort<lb/> herausgreifen, das ich an Ihrer Bewegung beſonders ſchätze.<lb/> Es iſt nicht in erſter Linie das Poſitive, was dieſe Be-<lb/> wegung leiſtet, hervorzuheben, nicht in erſter Linie Ihre<lb/> freiheitliche Geſinnung, ſondern zunächſt etwas Negatives,<lb/> welches Sie leiſten, ein Umſtand, durch welchen ſich Ihre<lb/> Kundgebungen von den alten liberalen Anſchauungen unter-<lb/> ſcheiden, nämlich, daß die Note der Wehleidigkeit aus Ihren<lb/> Beſprechungen des Kampfes, welchen Sie zu führen genötigt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [3/0003]
28. November 1905. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.
Auch der Katholik, wenn er nicht juſt ein Händelſucher iſt,
kann es entſchuldigen. Aber die evangeliſchen Geiſtlichen wurden
beim Staatsanwalt verklagt, die Uebeltäter ſollten zur Rechen-
ſchaft gezogen und gerichtet werden. — Eine religiöſe Sache
wird in demſelben Augenblicke, als ſie den Juriſten zur Ent-
ſcheidung zufällt, lächerlich. Hatten jene Proteſtanten auch
wirklich ein öffentliches Aergernis gegeben? Wie hat das ausge-
ſehen? Was mag ſich ſo ein biederer St. Bauer gedacht
haben? Dort nimmt einer nicht den Hut ab! Wer iſt denn
das? Ah, ein lutheriſcher Paſtor iſt’s. Na, nachher wird
er freilich den Hut nicht abnehmen. Punktum! Unſer Landvolk
iſt oft viel toleranter, als die Stadtleute glauben, ja als ſie
es ſelber ſind. Und wenn ſich wirklich einer geärgert hat über
dieſe mit bedeckten Häuptern vorübereilenden Paſtoren, ſo war
es ein künſtlicher Aerger. Das Aergernis war genommen, ohne
daß es gegeben wurde, und einem klugen Richter könnte es
leicht einfallen, zu ſagen, an einer Frömmigkeit, die von einem
Hute abhängt, ſei wenig zu verderben.
Ein tenrer Zahnarzt. Die New-Yorker Zeitungen
beſchäftigen ſich augenblicklich angelegentlich mit einer zahn-
ärztlichen Rechnung. Ein Zahnarzt Dalley hatte die Ehre, dem
Prinzen Louis von Battenberg während ſeiner Anweſenheit mit
dem engliſchen Geſchwader 4 Zähne zu plombieren. Mr. Dalley
iſt Autorität auf dem Gebiete der Zahnheilkunde und wird in
der Regel nur von amerikaniſchen Millionären aufgeſucht. Es
ſcheint, daß er den engliſchen Prinzen gleich leiſtungsfähig er-
achtete wie dieſe, denn er ſandte ihm eine Rechnung von 4000 M.
ein. Der Prinz hatte demnach für jeden Zahn 1000 M zu
zahlen. Er ließ die Rechnung durch den engliſchen General-
konſul begleichen, bat ſich jedoch eine Spezifizierung aus.
Die Trinkgelder in Frankreich hat ein Statiſtiker
mit einer ganz ungeheueren Summe veranſchlagt, nämlich nicht
weniger als mit einer halben Milliarde jährlich. Seinen ſehr
eingehenden Aufſtellungen zufolge würden in Paris allein
täglich 280.000 Franes Trinkgelder gezahlt, alſo ungefähr
101 Million jährlich. Es iſt ja auch ein ganzes Heer von
Angeſtellten oder auch Arbeitern aller Art, die hauptſächlich auf
Trinkgelder angewieſen ſind, wie Kellner in Kaffees, Reſtaurants
und Hotels, Kutſcher, Barbiergehilfen, Logenſchließerinnen, Haus-
meiſter, ganz abgeſehen von den Perſonen, die auch auf Pour-
boires ſtillſchweigend Anſpruch erheben, wie Brieſträger, Kutſchen-
ſchlagöffner, Zettelausträger. Durchſchnittlich hätte nach der
Berechnung unſeres Gewährsmannes jeder Pariſer oder in
Paris weilende Fremde 7 einhalb Centimes täglich auf dieſe
Weiſe „freiwillig“ zu ſpenden. Für ganz Frankreich ermäßigt
ſich der Durchſchnitt auf drei Centimes für jede Perſon täglich.
In der Provinz ſoll das Trinkgeld jährlich 872,300.000 Fr.
erfordern, ſo daß im ganzen 473,400.000 Franes für Frank-
reich jährlich entfallen, alſo der ſiebente Teil des geſamten
Budgets.
Wie ſchnell iſt der Flug einer Taube?
Intereſſante Beobachtungen knüpfen ſich an einen Wettflug von
elf Brieſtauben auf der Strecke zwiſchen Dijon und Mecheln.
Die Luftlinie beträgt 490 km. Bei ſchönem Wetter und Nord-
wind ließ man die Tauben 5 Uhr 10 Min. von Bahnhof ab.
Sie trafen in Mecheln ſämtlich vor 2 Uhr nachm. ein, die
erſte ſogar ſchon 11 Uhr 42 Min. Dieſe hatte in der Stunde
faſt 75 km zurückgelegt, bei einer Ausdauer von rund ſechs-
einhalb Stunden; das kommt der Schnelligkeit eines beſchleunigten
Perſonenzuges gleich.
Ein ſchlimmes Nachtquartier hatten ſich drei
Nimrode in Seuſſen im Fichtelgebirge bereitet. Als die drei
Jäger am Sonnabend nach der Jagd eben im Begriffe waren,
heimzuwandern, da kam der Schlaueſte von ihnen auf den
originellen Gedanken, die neue Drahtſeilbahn, die zum Trans-
porte vor Schotterſteinen benutzt wird, zur Heimfahrt vom
Seuſſener Steinbruch nach Weidiſchberg zu benutzen. Auch den
beiden anderen Weidmännern leuchtete das Vorteilhafte einer
ſolchen Fahrt ein. Geſagt, getan! Es war gerade keiner der
Steinbrucharbeiter an der Abfahrtsſtelle anweſend. Die drei
Jäger beſtiegen jeder einen der Schotterkäſten, man gab das
Signal, ein Ruck — und die Fahrt ging los. Alle drei
freuten ſich über den köſtlichen Einfall. Die luſtigen Jäger
waren bereits ein ganz anſehnliches Stück gegondelt, als
plötzlich die Kaſten ſtille ſtanden. Es war nämlich inzwiſchen
Feierabend geworden, weshalb der Betrieb eingeſtellt worden
war. So hingen denn die drei Gondeln mit den Braven 13
Meter hoch in der Luft und zum Unglück gerade über einer
Halde, wo weit und breit kein menſchliches Weſen zu ſehen
und zu hören war. Es half daher kein Schimpfen und kein
Rufen — Stunde um Stunde verrann, es wurde Nacht und
bitter kalt. Als der Morgen graute, ſaßen die Unglücklichen
noch immer verzweifelt in ihrer Falle; erſt gegen neun Uhr
vormittags wurden ſie endlich bemerkt und nach Weidiſchberg
zurückbefördert, wo ſie faſt erſtarrt den umheimlichen Käſten
entſtiegen.
Zu einer großherzigen Tat haben ſich, wie aus
Newyork berichtet wird, 30 Finanzleute und Kunſtfreunde
der reichen Newyorker Geſellſchaft zuſammengetan, und ein
Grundkapital von 12,000.000 Mark geſtiftet, das zum Aſt,
kauf und Bau eines großen Nationaltheaters beſtimmt in-
deſſen Leiter Heinrich Conried der Newyorker Metropolita n-
Oper werden ſoll. Der hohe Plan, der dabei vorſchwebt, iſt
der, der noch auf einer ziemlich tiefen Kulturſtufe ſtehen den
Theater- und Schauſpielkunſt Amerikas ein vorbildliches
Muſter aufzuſtellen, das auf die Verfeinerung des Bühnen-
ſtils in Amerika von ebenſo ſegensreicher Wirkung ſein ſoll,
wie es die Comedie Francaiſe für Frankreich und das Burg-
theater in ſeiner Blütezeit für Deutſchland geweſen iſt. Die
dreißig Logen, die die bevorzugteſten Plätze dieſes Theaters
ſein werden, werden an einzelne Kunſtfreunde gegen eine
einmalige Zahlung von 400.000 M. zu dauerndem Allein-
gebrauch abgegeben. Der Inhaber einer ſolchen Loge erwirbt
damit zugleich einen Anteil an dem Theater. Dreißig Wochen
im Jahre ſoll geſpielt werden, und zwar wird für ein ab-
wechslungsreiches Repertoire geſorgt werden, in dem in Spiel
und Vortrag das Vorzüglichſte geleiſtet werden ſoll. Natürlich
wird auch hinter dieſem erſtrebten inneren Werte die Koſt-
barkeit der äußeren Ausſtattung nicht zurückbleiben. Aus dem
Foyer ſoll eine erleſene Gemäldegallerie gemacht werden, und
eine Million Mark iſt allein für die künſtleriſche Ausſchmückung
der Wände vorgeſehen.
Czernowitzer Angelegenheiten.
Czernowitz, 27. November.
Die Vorgänge im Gemeinderate. Freitag abends
fand im Bureau des Bürgermeiſters die vertrauliche Be-
ſprechung der Gemeinderäte ſtatt, die mehr als drei Stunden
währte. Heute ſoll die Beſprechung fortgeſetzt werden. Ueber
das Meritum dieſer Beratungen wird vorläufig Stillſchweigen
bewahrt, jedoch verlautet, daß keine Einigung hin-
ſichtlich der Einſtellung der Obſtruktion des GR. Trom-
peteur erzielt wurde. — Morgen Dienſtag findet eine
Gemeinderatsſitzung ſtatt. Auf der Tagesordnung
ſteht das neue Proviſionsnormale. Nach dem früher Geſagten
wird die Beratung nicht bis zur Tagesordnung gedeihen.
Auszeichnung. Dem Großgrundbeſitzer J. Ritter
v. Janosz in Panka wurde der Orden der Eiſernen
Krone 3. Klaſſe verliehen.
Kirchliches. Der Hilfsprieſter in Sereth Oreſt
Tarangul wurde in gleicher Eigenſchaft zur St. Nikolaus-
Kirche in Suczawa verſetzt.
Dr. Bernhard Funkenſtein. In einem Sana-
torium bei Wien iſt heute der hieſige Landes- und Gerichts-
advokat und Präſident des Disziplinarrates der Bukowiner
Advokatenkammer, Herr Dr. Bernhard Funkenſtein, im
Alter von 55 Jahren geſtorben. Ein guter Juriſt, ein
tüchtiger Advokat und vor allem ein wahrhaft edler Menſch
iſt mit Dr. Funkenſtein den Seinen und dem Advokaten-
ſtande vorzeitig vom Tode entriſſen worden. Dr. Funken-
ſtein, der ſeine Konzipientenpraxis in Wien begann und
dieſelbe ſodann in Czernowitz in den erſten Advokaturskanzleien
vollendete, eröffnete zu Beginn der achtziger Jahre hier
ſeine Advokaturskanzlei. Er genoß den Ruf eines tüchtigen
Ziviliſten und erwarb ſich bald eine große und vornehme Klientel.
Viele Jahre hindurch zählten die hervorragendſten Groß-
grundbeſitzer zu ſeinen Klienten. Groß war auch ſeine Kon-
ſiliarpraxis. Was ihn aber ſeinen Klienten, Berufsgenoſſen
und den Richtern beſonders wert machte, war die durchaus
vornehme Art, mit der er ſeine Rechtsagenden verſah. Das
Vertrauen ſeiner Kollegen berief ihn nach dem Tode des
Advokaten Dr. Dornbaum auf den Ehrenpoſten des erſten
Präſidenten des Disziplinarrates, den er mit peinlicher
Gewiſſenhaftigkeit, aber auch mit viel Milde ausfüllte. Dem
politiſchen Leben ſtand der nunmehr Verſtorbene fern, doch war er
ein Mitglied jener berühmten Stammtiſchgeſellſchaft bei Gottlieb,
in der der verewigte Baron Muſtatza den Vorſitz führte und in der
oft den politiſchen Geſchicken des Landes eine neue Wendung
gegeben wurde. Bekannt war die witzige Art, in welcher ſich
Dr. Funkenſtein über Tagesereigniſſe zu äußern pflegte.
Er war auch eine heitere Natur, die dem Leben und den
Mitmenſchen die beſten Seiten abzugewinnen ſuchte ...
Die Erkrankung des Dr. Funkenſtein iſt eigentlich eine
plötzliche zu nennen. Vor wenigen Monaten begann er über
allgemeine Schwächezuſtände zu klagen, und ſeinen Freunden
ſiel die raſch eintretende Alterung Dr. Funkenſteins
auf. Sein Leiden verſchlimmerte ſich und die Familie
drang darauf, daß er nach Wien reiſe. Dort wurde
die Diagnoſe (pernitiöſe Anämie) beſtätigt. Nun ging es
raſch abwärts und ſchon ſeit Wochen hieß es, daß ſeine
Tage gezählt ſeien. Mit aufrichtiger Teilnahme wurden die
telegraphiſchen Bulletins aufgenommen. Nun hat er ausge-
rungen: ein braver, guter, tüchtiger Mann! Ehre ſeinem An-
denken! — Der Verblichene hinterläßt eine Witwe und drei
Söhne, von denen der älteſte in der Advokaturskanzlei des
Dr. Ausländer als Konzipient beſchäftigt iſt.
Der 28. November in Czernowitz. Am Tage
der Parlamentseröffnung wird, wie in allen Hauptſtädten
der Monarchie, am Vormittag die Arbeit ruhen. Um 10 Uhr
vormittags findet im Rathausſaale eine Volksverſammlung
mit der Tagesordnung: „Die Eröffnung des Parlamentes
und das allgemeine Wahlrecht“ (Referent Herr Piſtiner)
ſtatt. Hierauf Maſſenumzug der Arbeiter ſämtlicher Branchen
in geordnetem Zuge vom Rathausſaale zum Landesregierungs-
gebäude und von hier durch die Herrengaſſe, Hauptſtraße und
Landhausgaſſe zum Theaterplatz, wo die Auflöſung des Zuges
erfolgt. Um 12 Uhr wird die Arbeit wieder aufgenommen.
— Direktor Mannheimer der Schloßmann’ſchen Mühle
hat den Arbeitern den Dienſtag Vormittag zur Beteiligung
an der Demonſtration freigegeben. — Der größte Teil der
hieſigen Kaufmannſchaft hat die Bereitwilligkeit ausgeſprochen,
morgen vormittags den Angeſtellten freizugeben. — Ueber
Anordnung des Magiſtrates wird die elektriſche
Straßenbahn morgen vormittags nicht verkehren.
Feſteröffnungskneipe der „Akademiſchen Leſe-
halle“. Zur Feier ihres 61. Semeſters veranſtaltete am
18. November l. J. in Chierers Probeſaal des Muſikvereines
die „Akademiſche Leſehalle“ eine Feſteröffnungskneipe. Dieſelbe
nahm einen ſchönen Verlauf und bewies, daß ſich die Leſe-
halle der wärmſten Sympathien der Studenten und des
intelligenten Publikums zu erfreuen hat. Es waren insbe-
ſonders erſchienen: Hofrat Prof. Dr. Pribram, Profeſſor
Dr. Adler, der Obmann des A. H. V. Dr. Julins
Kiesler, der Vizeobmann des A. H. V. Gerichtsſekretär
Dr. Gold und viele Freunde und Gönner der Leſehalle.
Die polniſch akad. Verbindung „Ognisko“ hatte einige
Vertreter entſendet; die akad. pharm. Verbindung „Hygiea“
war korporativ erſchienen. Nach Begrüßung der Feſtgäſte
durch den Präſes cand iur. Lerchenfeld hielt der Vize-
präſes cand. iur. Rudich die Feſtrede, die auf alle An-
weſenden einen guten Eindruck machte. Sie klang in ein be-
geiſtertes Hoch auf unſeren Monarchen aus, worauf der
Kaiſerſalamander gerieben wurde. Nach Abſingung des
Bundesliedes der „Akademiſchen Leſehalle“ ſprach der Schrift-
wart derſelben cand. iur. Rubel in begeiſterten Worten
auf die alma mater, die großen Beifall fanden. Hierauf
erwiderte Prof. Dr. Adler, der in mächtig wirkender Rede
der Leſehalle eine ſchöne Zukunft prophezeite, indem er auf
verſchiedene Elemente hinwies, die die nationalen und kon-
feſſionellen Gegenſätze auszugleichen beſtrebt ſind. Da aus
der Rede des Prof. Dr. Adler zu erſehen war, daß er
nicht als Vertreter der Univerſität, ſondern als perſönlicher
Freund der Leſehalle geſprochen hatte, ergriff ſichtlich unter
dieſem Eindrucke A. H. Dr. Sternberg das Wort, drückte
in tief empfundener Rede ſein Erſtaunen und Befremden
darüber aus, daß es der Leſehalle heute zum erſtenmale ſeit
ihrem 30jährigen Beſtande nicht vergönnt war, offizielle
Vertreter der Univerſität begrüßen zu können und brachte auf
die erſchienenen Profeſſoren einen Toaſt aus. Nachdem noch die
Vertreter der akad. Vereine „Ognisko“ (cand. iur. Wlad)
und „Hygiea“ (cand. pharm. Dubs) die „Akademiſche
Leſehalle“ ihrer Sympathien verſichert hatten, toaſtierte stud.
phil. Hans Schäfer in ſchwungvoller Rede auf die zahlreich
erſchienenen alten Herren, in deren Namen der Vizeobmann
des A. H. V. Dr. Gold erwiederte. Hierauf ſchloß der
oſfizielle Teil nach Verleſung der eingelaufenen Begrüßungs-
ſchreiben und Telegramme. Das Hoſpizpräſidium übernahm
nun A. H. Dr. Kiesler und alle blieben in feucht-fröhlicher
Laune bis zum grauenden Morgen zuſammen.
Die Reſiſtenz der Buchdrucker. Ueber Initiative
des Handelsminiſteriums wurden die abgebrochenen Tarifver-
handlungen zwiſchen den Prinzipalen und Gehilfen der öſter-
reichiſchen Buchdruckereien wieder aufgenommen und in
vom Morgen bis in die ſpäten Abendſtunden währenden
Sitzungen am 23., 24., und 25. November im Handels-
miniſterium unter dem Vorſitze des Sektionsrates Dr. Bach
in Anweſenheit von je ſieben Vertretern beider Gruppen zu
einem befriedigenden Abſchluſſe gebracht. Die wichtigſten Er-
gebniſſe der Verhandlungen ſind folgende: Es wird ein neuer
Tarifvertrag ab 1. Jänner 1906 mit achtjähriger Dauer
abgeſchloſſen. Die Minimallöhne in allen Tarifklaſſen erfahren
ſofort eine Erhöhung um zwei Konen, welcher nach viejähriger
Dauer am 1. Jänner 1910 eine neuerliche Erhöhung um
gleichfalls zwei Kronen und nach weiteren zwei Jahren eine
ſolche von einer Krone folgt. Zu den gleichen Terminen tritt
für die im Berechnen (Akkordlohn) ſtehenden Setzer eine
Steigerung des Tauſendpreiſes um 3, 2 und 1 Heller ein.
Die Tarifklaſſen-Einreihung der Druckorte wurde für einige
Länder einverſtändlich geregelt, für die anderen der baldigen
direkten Vereinbarung der lokalen Intereſſenten überlaſſen.
Hinſichtlich der Arbeitszeit wurde eine Abkürzug der neun-
ſtündigen Dauer um eine Viertelſtunde zugeſtanden, was eine
Reduktion der bisher 54ſtündigen Arbeitswoche
um anderthalb Stunden bedeutet. Auch
die Maſchinenmeiſterfrage wurde einverſtändlich in
einer den Wünſchen der Gehilfenſchaft entgegenkommender
Weiſe getragen. In einem dem Tarif als Anhang beigefügten
Protokolle wird die Frage der Anerkennung der Ver-
trauensmänner geordnet. Auf eine Löſung der 1. Mai-
Frage im Rahmen des Tarifs wurde beiderſeits verzichtet,
nachdem im Laufe der Debatte zum Ausdrucke kam, daß in
dieſer Richtung von keiner Seite eine Aenderung in der
bisherigen Behandlung der Frage beabſichtigt iſt. Am Schluſſe
der Beratungen wurde von beiden Parteien dem Leiter des
Handelsminiſteriums Grafen Auersperg für die Initiative zu
dem Einigungsverſuche der Dank ausgeſprochen und gleich-
zeitig das Erſuchen geſtellt, die in Ausſicht genommene
Förderung der Tarifvertragsidee durch behördliche Aner-
kennung und ausſchließliche Berückſichtigung bei ſtaatlichen
Lieferungen baldigſt durchzuführen. Dem Vorſitzenden bei
den Verhandlungen, Sektionsrat Dr. Bach, wurde von den
Wortführern der beiden Gruppen die volle Anerkennung für
die objektive Führung der Verhandlung gezollt. — Der
größte Teil der Czernowitzer Buchdruckereiinhaber hat
bereits den neuen Tarif akzeptiert. Der Minimallohn für
qualifizierte Buchdrucker beträgt ſomit 26 Kronen, wöchentlich.
Die akad. Verbindung „Hasmonaea“ hat für
Samſtag, den 11. d. M. den Eröffnungs-Feſtabend ihres
XXXIX. Semeſters angeſagt. Die Ereigniſſe in Rußland,
wo Tauſende jüdiſcher Volksmaſſen hingemordet werden,
hatten ihre Schatten auf dieſen Abend geworfen und ſo
wurden ihre Feſtreden zu Trauerreden, der übliche inoffizielle
Teil entſiel, und man entfernte ſich lautlos wie von einer
Trauerandacht. Das Präſidium cand. iur. Buchsbaum
gab ſchon in ſeiner Begrüßungsanſprache den Grundton zu
dieſer Trauerverſammlung ad hoc. Hierauf folgte die Rede
des stud. iur. Brunno Werber, der in derſelben des
dahingeſchiedenen Führers Dr. Herzl in trefflicher Aus-
führung gedachte. Hernach feierte stud. iur. Alexander
Schapira die Alma mater, worauf Univ.-Prof. Doktor
Adler, von lebhaften Zuſtimmungsrufen begleitet, folgendes
u. a. erwiderte: „Durch Ihre Geſinnung erweiſen Sie ſich
in der Tat als echte Söhne jenes Volkes, das wohl das
einzige iſt, bei welchen Beſchäftigung mit der Wiſſenſchaft
ſelbſt ſchon als ein Verdienſt wirkt. Wir ſehen, daß die
Wiſſenſchaft denen, welche ſich ihr ganz gewidmet haben, zu
großem Anſehen und Stellung in der Oeffentlichkeit ver-
holfen habe. Es gibt viele Juden, die ſich in der Wiſſenſchaft
ausgezeichnet haben. Dieſe bilden den wahren jüdiſchen Adel!
Ich muß aus dem Rahmen Ihrer Beſtrebungen ein Wort
herausgreifen, das ich an Ihrer Bewegung beſonders ſchätze.
Es iſt nicht in erſter Linie das Poſitive, was dieſe Be-
wegung leiſtet, hervorzuheben, nicht in erſter Linie Ihre
freiheitliche Geſinnung, ſondern zunächſt etwas Negatives,
welches Sie leiſten, ein Umſtand, durch welchen ſich Ihre
Kundgebungen von den alten liberalen Anſchauungen unter-
ſcheiden, nämlich, daß die Note der Wehleidigkeit aus Ihren
Beſprechungen des Kampfes, welchen Sie zu führen genötigt
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