Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 728, Czernowitz, 12.06.1906.Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Juni 1906 [Spaltenumbruch] Anleihe abzuschließen, sind vollkommen unbegründet. Ebenso Vom Tage. Czernowitz, 11. Juni. Der Empfang der Delegationen. (Die Thronrede.) Wien, 10. Juni. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.") Beim der heilbringenden Wirkungen der alten Dornaer Quellen Neben Dornawatra liegt die Ausstellung der Montan- Vollendete technische Einrichtungen, Einführung des Wir können von dieser ernsten und belehrenden Aus- (Fortsetzung folgt.) [Spaltenumbruch] unserer auswärtigen Politik sein. Die Thronrede verweist (Die Bukowina im Budgetausschuß.) Bei der Wahl des Budgetausschusses, die am Samstag Dr. Straucher erwidert, daß die Leistung von Bei der Abstimmung wird der Antrag des Delegierten Dr. Straucher: Ich bitte zu protokollieren, daß ich Wien, 10. Juni. Die Eröffnungssitzung der ungarischen Antimagyarische Demonstrationen in Wien. Wien, 11. Juni. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.") Nach- Wien, 11. Juni. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.") Während Der ungarische Ausgleich. Wien, 10. Juni. Handelsminister Kossuth ist mit Budapest, 10. Juni. In hiesigen unterrichteten Kreisen Italien und der Dreibund. Rom, 10. Juni. Trotz den offiziösen herzlichen Kommen- Bunte Chronik. Czernowitz,, 11. Juni. Das Jubiläum des FZM. Freiherrn v. Beck. Heute feiert FZM. Freiherr von Beck den Jahrestag seiner Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Juni 1906 [Spaltenumbruch] Anleihe abzuſchließen, ſind vollkommen unbegründet. Ebenſo Vom Tage. Czernowitz, 11. Juni. Der Empfang der Delegationen. (Die Thronrede.) Wien, 10. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Beim der heilbringenden Wirkungen der alten Dornaer Quellen Neben Dornawatra liegt die Ausſtellung der Montan- Vollendete techniſche Einrichtungen, Einführung des Wir können von dieſer ernſten und belehrenden Aus- (Fortſetzung folgt.) [Spaltenumbruch] unſerer auswärtigen Politik ſein. Die Thronrede verweiſt (Die Bukowina im Budgetausſchuß.) Bei der Wahl des Budgetausſchuſſes, die am Samſtag Dr. Straucher erwidert, daß die Leiſtung von Bei der Abſtimmung wird der Antrag des Delegierten Dr. Straucher: Ich bitte zu protokollieren, daß ich Wien, 10. Juni. Die Eröffnungsſitzung der ungariſchen Antimagyariſche Demonſtrationen in Wien. Wien, 11. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Nach- Wien, 11. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Während Der ungariſche Ausgleich. Wien, 10. Juni. Handelsminiſter Koſſuth iſt mit Budapeſt, 10. Juni. In hieſigen unterrichteten Kreiſen Italien und der Dreibund. Rom, 10. Juni. Trotz den offiziöſen herzlichen Kommen- Bunte Chronik. Czernowitz,, 11. Juni. Das Jubiläum des FZM. Freiherrn v. Beck. Heute feiert FZM. Freiherr von Beck den Jahrestag ſeiner <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Juni 1906</hi> </fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div xml:id="dementis2" prev="#dementis1" type="jArticle" n="3"> <p>Anleihe abzuſchließen, ſind vollkommen unbegründet. Ebenſo<lb/> beruhen die von dem Blatte „Das Zwanzigſte Jahrhundert“<lb/> gebrachten Meldungen, worin von einem angeblichen vertrau-<lb/> lichen Auftrag des Grafen Witte die Rede iſt, mit Hilfe des<lb/> ehemaligen Miniſters Durnowo eine auswärtige Anleihe ab-<lb/> zuſchließen, auf freier Erfindung. Auch die in den Journalen<lb/> „Das Zwanzigſte Jahrhundert“ und „Naſcha Schisn“ ent-<lb/> haltene Nachricht, das Finanzminiſterium habe ein Tele-<lb/> gramm des Grafen Witte erhalten, worin Bemerkungen ge-<lb/> macht ſeien, über Berichte fremder Bankiers bezüglich der<lb/> weiteren Realiſierung der letzten fünfprozentigen ruſſiſchen<lb/> Anleihe vom Jahre 1906, entbehrt der Begründung. Weder<lb/> das Finanzminiſterium noch der Finanzminiſter erhielten<lb/> irgend ein Telegramm des Grafen Witte.</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Vom Tage.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Czernowitz,</hi> 11. Juni.</dateline><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Empfang der Delegationen.</hi> </head><lb/> <div xml:id="thronrede1" next="#thronrede2" type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#g">(Die Thronrede.)</hi> </head> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 10. Juni.</dateline> <bibl>(<hi rendition="#g">Tel.</hi> der „Cz. Allg. Ztg.“)</bibl> <p>Beim<lb/> heutigen feierlichen Empfange in der Hofburg erwiderte der<lb/><hi rendition="#g">Kaiſer</hi> auf die Huldigungsanſprachen beider Präſidenten<lb/> der Delegationen mit der <hi rendition="#g">Thronrede,</hi> welche beſagt:<lb/> „Unſere <hi rendition="#g">Beziehungen zu allen auswärtigen<lb/> Staaten</hi> bewahrten während des längeren Zeitraumes, der<lb/> ſeit der letzten Tagung der Delegationen verfloſſen iſt, ihren<lb/><hi rendition="#g">durchaus freundſchaftlichen Charakter.</hi> Mit<lb/> tiefer Entrüſtung erfüllte Mich der ruchloſe <hi rendition="#g">Anſchlag auf<lb/> den König und die Königin von Spanien,</hi> und<lb/> ich danke der gütigen Vorſehung, die die ernſte Gefahr von<lb/> dem erlauchten jungen Paare abwendete. Das vor mehr als<lb/> einem Vierteljahrhunderte abgeſchloſſene Bündnis mit dem<lb/> deutſchen Reiche bewährte ſich vermöge ſeines defenſiven,<lb/> konſervativen Gepräges heute wie zuvor als wertvolle<lb/> Friedenserrungenſchaft, deren Erhaltung und Pflege ſich un-<lb/> ſerer beſonderen Sorgfalt erfreute. In dem jüngſten Beſuche<lb/> des deutſchen Kaiſers trat neuerdings unſer inniges Freund-<lb/> ſchaftsverhältnis zutage. Ebenſo vertrauensvoll ſind die Be-<lb/> ziehungen zu unſerem andern <hi rendition="#g">Verbündeten</hi> Italien, mit<lb/> dem wir uns bezüglich der uns gemeinſam berührenden An-<lb/> gelegenheiten in erfreulicher Uebereinſtimmung befinden. Das<lb/> zum Zwecke der Herſtellung geordneter Verhältniſſe auf<lb/> der <hi rendition="#g">Balkan-Halbinſel</hi> mit dem uns engbefreundeten<lb/> Ruſſenreiche getroffene Uebereinkommen beſteht auch weiterhin<lb/> in voller Kraft. Die dortige Lage, obzwar ſie noch viele<lb/> Mängel aufweiſt, beſſerte ſich doch unleugbar. Vor allem iſt<lb/> es gelungen, andere Komplikationen hintanzuhalten. Die<lb/> Thronrede verweiſt auf den für beide Teile ehrenhaften<lb/> Frieden im <hi rendition="#g">ruſſiſch-japaniſchen Kriege,</hi> ſowie auf<lb/> die glückliche Löſung der <hi rendition="#g">Marokkofrage,</hi> wozu nicht<lb/> zum geringſten Teile unſere vermittelnde Tätigkeit beitrug.<lb/> Die Erhaltung des Friedens für Europa und vor allem für<lb/> die Monarche wird auch weiterhin ein leitender Gedanke</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="bukarester2" prev="#bukarester1" type="jArticle" n="2"> <p>der heilbringenden Wirkungen der alten Dornaer Quellen<lb/> und als k. k. Brunnen- und Badearzt mit der Leitung des<lb/> Betriebes in beiden dem Bukowiner gr.-or. Religionsfonde<lb/> gehörigen Badeanſtalten zum Wohle der kranken Menſchheit<lb/> erfolgreich beſchäftigt. Aus einer Ueberſichtskarte entnehmen<lb/> wir, daß die Frequenz von Dorna heute Tauſende Perſonen<lb/> beträgt, noch immer aber anſteigt und daß aus dem König-<lb/> reiche Rumänien ein bedeutender Bruchteil der Gäſte und,<lb/> wie uns mitgeteilt wird, aus den angeſehenſten Kreiſen ſtammt.<lb/> Auch einen köſtlichen Säuerling, die Ludwigsquelle ſowie<lb/> auch deren modern eingerichtete Füllantage lernen wir auf<lb/> dieſer Ausſtellung kennen.</p><lb/> <p>Neben Dornawatra liegt die Ausſtellung der Montan-<lb/> werke des Bukowiner gr.-or. Religionsfondes, welche unter<lb/> Leitung der k. k. Bergverwaltung in Jakobeny gerade jetzt einer<lb/> neuen Epoche entgegengeführt werden.</p><lb/> <p>Vollendete techniſche Einrichtungen, Einführung des<lb/> elektriſchen Betriebs auf der Grube und Erzbahn, Schaffung<lb/> einer großen Aufbereitungsanlage haben den alten Mangan-<lb/> bergbau in Jakobeny zu einem derart leiſtungsfähigen gemacht,<lb/> daß er mit ſeinen Produkten gegen die kaukaſiſche und ſpaniſche<lb/> Konkurrenz aufzukommen vermag. Nun tritt zu dieſem Berg-<lb/> bau auch noch der Kiesbergbau in Aouiſental. Nach Vollendung<lb/> der in den letzten Jahren von Bergrat Fauſtin Ritter von<lb/> Kraſuski durchgeführten Aufſchlußarbeiten, welche das Anſtehen<lb/> von Millionen Meterzentnern kupferhältiger Schwefelkieserze<lb/> feſtſtellte, wurde an den Ausbau der erforderlichen Kraft-,<lb/> Schacht- und Aufbereitungsanlagen in Louiſental geſchritten,<lb/> ſo daß mit dem Abbau und der Förderung der Erze in dieſem<lb/> Jahre begonnen werden konnte. Gewaltige Schauſtücke von<lb/> Manganerzen und Schwefelkies, ausgeſtellte Aufbereitungs- und<lb/> Fabrikationsprodukte, wie auch zahlreiche Lichtbilder führen<lb/> uns die beiden Bergbaue des bukowiner gr.-or. Religions-<lb/> fondes in geſchmackvoller Weiſe vor.</p><lb/> <p>Wir können von dieſer ernſten und belehrenden Aus-<lb/> ſtellung nicht Abſchied nehmen, ohne des geſchmackvollen<lb/> Arrangements zu gedenken, welches ein Werk des k. k. Ober-<lb/> forſtrates Arthur Krahl iſt, dem es mit geradezu künſtleriſchem<lb/> Geſchmack gelungen iſt, dieſe Abteilung einheitlich und doch<lb/> zugleich lebendig anregend anzuordnen.</p><lb/> <p> <ref> <hi rendition="#c">(Fortſetzung folgt.)</hi> </ref> </p> </div> </div><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div xml:id="thronrede2" prev="#thronrede1" type="jArticle" n="3"> <p>unſerer auswärtigen Politik ſein. Die Thronrede verweiſt<lb/> ſchließlich auf die nicht mehr aufſchiebbare beſchleunigte Be-<lb/> ſchaffung des <hi rendition="#g">Kriegsmaterials</hi> für das Heer und die<lb/> Marine, betont ſchließlich den ſtetigen Fortſchritt im Okku-<lb/> pationsgebiete und kündigt die Eröffnung der Eiſenbahnlinie,<lb/> welche Sarajewo mit der ſerbiſchen und türkiſchen Grenze ver-<lb/> bündet, für den 1. Juli an.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#g">(Die Bukowina im Budgetausſchuß.)</hi> </head><lb/> <p>Bei der Wahl des Budgetausſchuſſes, die am Samſtag<lb/> vorgenommen wurde, weiſt Dr. <hi rendition="#g">Straucher</hi> darauf hin,<lb/> daß nach den Beſtimmungen der Verfaſſung die Mitglieder<lb/> der Delegation von den Abgeordneten der im Reichsrat ver-<lb/> tretenen Königreiche und Länder gewählt werden. Durch dieſe<lb/> gewiſſermaßen autonomiſtiſch-ſöderaliſtiſche Art der Zuſammen-<lb/> ſetzung der Delegation ſei die Tendenz ausgeſprochen, daß in<lb/> der Delegation alle Kronländer vertreten ſein ſollen, nament-<lb/> lich aber auch, daß in den Ausſchüſſen die Anſichten und<lb/> Forderungen jedes einzelnen Kronlandes zum Ausdruck ge-<lb/> langen können. Da ſich die Haupttätigkeit der Delegation<lb/> bekanntermaßen in den Ausſchüſſen abwickle, erſcheine es nur<lb/> gerecht und notwendig, daß jedes Kronland, namentlich in<lb/> den vornehmſten Ausſchüſſen, ſeine Vertretung finde. Es ſei<lb/> daher nur eine Forderung der Gerechtigkeit, daß jedes Kron-<lb/> land, deſſen Menſchenmaterial und Steuerkräfte für die Ge-<lb/> ſamtbedürfniſſe in Anſpruch genommen werden, in dieſen<lb/> Ausſchüſſen vertreten ſei. Nach der beſtehenden Gepflogenheit<lb/> werden die Ausſchüſſe nach einem ſogenannten Schlüſſel zu-<lb/> ſammengeſetzt. Da ſich jeder Schlüſſel im Laufe der Zeit ab-<lb/> nütze, ſei auch der gegenwärtige Wahlſchlüſſel nicht mehr<lb/> zeitgemäß. Nach dem Vorſchlag bezüglich der Wahl des<lb/> Budgetausſchuſſes würde die Bukowina keinen Vertreter in<lb/> dieſen Ausſchuß entſenden. In der Ueberzeugung, daß wenig-<lb/> ſtens in der Delegation Gerechtigkeit geübt werde, ſtelle er<lb/> deshalb den Antrag, daß die Zahl der Mitglieder des<lb/> Budgetausſchuſſes auf 24 erhöht werde, denn es ſei eine<lb/> ſtarke Zumutung an die Mitglieder der Delegation, daß ſie<lb/> in Unkenntnis der im Ausſchuß gemachten Mitteilungen<lb/> der Regierung in der Delegation ihr Votum abgeben ſollen.<lb/> Freiherr v. <hi rendition="#g">Chlumecky</hi> bemerkt, daß er auf ſeinem Antrag,<lb/> in den Budgetausſchuß 21 Mitglieder zu entſenden, beharre.</p><lb/> <p>Dr. <hi rendition="#g">Straucher</hi> erwidert, daß die Leiſtung von<lb/> Steuern und die Beiſtellung von Rekruten keine partei-<lb/> politiſche Frage ſei. Es müſſe jedem Kronland die Mög-<lb/> lichkeit gegeben werden, in den Ausſchüſſen ſeine Meinung<lb/> vertreten zu finden. Die Zahl von 21 Mitgliedern ſei nicht<lb/> unverrückbar, und es könnte ganz gut eine Vermehrung ein-<lb/> treten. Er erwarte von der Gerechtigkeit der Delegation, daß<lb/> ſie nicht mit einem Akt von Ungerechtigkeit ihre Verhand-<lb/> lungen beginne.</p><lb/> <p>Bei der Abſtimmung wird der Antrag des Delegierten<lb/> Freiherrn v. Chlumecky, einen einundzwanziggliedrigen Budget-<lb/> ausſchuß zu wählen, angenommen.</p><lb/> <p>Dr. <hi rendition="#g">Straucher:</hi> Ich bitte zu protokollieren, daß ich<lb/> mich an der Wahl des Ausſchuſſes nicht beteilige! (Lachen).<lb/> Ich werde ſehen, wer ſpäter lachen wird!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 10. Juni.</dateline> <p>Die Eröffnungsſitzung der ungariſchen<lb/> Delegation begann mit einer Ueberaſchung, die die radikale<lb/> Tendenz der ungariſchen Politik aufs deutlichſte markiert. Ent-<lb/> gegen den in Budapeſt getroffenen Vereinbarungen wurde ſtatt<lb/> des Fürſten <hi rendition="#g">Eſterhazy</hi> Graf Theodor <hi rendition="#g">Zichy</hi> zum Präfi-<lb/> denten gewählt, während auf die <hi rendition="#g">Vizepräſidentenſtelle</hi><lb/> der <hi rendition="#g">Delegierte Bela Barabas</hi> berufen wurde.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Antimagyariſche Demonſtrationen in Wien.</hi> </head> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 11. Juni.</dateline> <bibl>(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)</bibl> <p>Nach-<lb/> mittags fand in der Volkshalle des Rathauſes eine von der<lb/> chriſtlichſozialen Parteileitung einberufene Volksverſammlung<lb/> mit der Tagesordnung „die ungariſche Frage“ ſtatt. Es<lb/> fanden ſich zirka 1000 Perſonen ein. Nachdem mehrere<lb/> chriſtlichſoziale Abgeordnete geſprochen, wurde eine gegen<lb/> Ungarn gerichtete Reſolution angenommen. Eine große An-<lb/> zahl von Teilnehmern zog hierauf trotz Einſchreitens der<lb/> Wache in die Bankgaſſe und brachte vor dem ungariſchen<lb/> Miniſterium, wo gerade die ungariſche Delegation tagte,<lb/> Pfuirufe aus. Vier Fenſter des Miniſtertums wurden durch<lb/> Steinwürfe eingeſchlagen. Die Wache ſperrte die Bankgaſſe<lb/> ab und zerſtreute die Demonſtranten. Unmittelbar nach den<lb/> Vorfällen vor dem ungariſchen Miniſterium fanden ſich der<lb/> Miniſter des Innern <hi rendition="#g">Bienerth</hi> und gleich darauf Miniſter-<lb/> präſident <hi rendition="#g">Beck</hi> im ungariſchen Miniſterium ein und ſprachen<lb/> dem ungariſchen Miniſterpräſidenten <hi rendition="#g">Wekerle</hi> ihr <hi rendition="#g">leb-<lb/> haftes Bedauern</hi> aus, daß ein derartiger nicht ſtreng<lb/> genug zu verurteilender Vorfall ſich ungeachtet der getroffenen<lb/> Maßnahmen ereignen konnte. Sie gaben die Verſicherung,<lb/> daß geeignete Vorkehrungen eingeleitet ſeien, um eine Wieder-<lb/> holung derartiger Vorkommniſſe hintanzuhalten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 11. Juni.</dateline> <bibl>(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)</bibl> <p>Während<lb/> der Plenarſitzung der ungariſchen Delegation demonſtrierten<lb/> die Teilnehmer der im Rathaus abgehaltenen chriſtlichſozialen<lb/><cb/> Volksverſammlung vor dem ungariſchen Miniſterpalais, wo<lb/> die Delegation tagte, weshalb die Sitzung ſuſpendiert wurde.<lb/> Nach der Wiederaufnahme der Sitzung beſchuldigte <hi rendition="#g">Ba-<lb/> kowski</hi> die öſterreichiſche Regierung mit im Spiele zu ſein.<lb/><hi rendition="#g">Barabas</hi> erklärte, die Demonſtration ſei höheren Ortes in<lb/> Szene geſetzt. <hi rendition="#g">Wekerle</hi> ſei überzeugt, daß die öſterreichiſche<lb/> Regierung und die öſterreichiſchen Politiker der Demonſtration<lb/> vollkommen fernſtehen. Er lege der Angelegenheit keine be-<lb/> ſondere Bedeutung bei. Die Delegation nahm einſtimmig einen<lb/> Antrag an, wonach während der Delegationstagung auf dem<lb/> Gebäude des ungariſchen Miniſteriums die ungariſche und<lb/> kroatiſche Fahne gehißt werde. Graf <hi rendition="#g">Goluchowski</hi> hält<lb/> morgen im Aeußeren Ausſchuß der ungariſchen Delegation<lb/> ſein Expoſe.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der ungariſche Ausgleich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 10. Juni.</dateline> <p>Handelsminiſter <hi rendition="#g">Koſſuth</hi> iſt mit<lb/> den Mitgliedern der ungariſchen Delegation und den<lb/> Miniſtern, die nach Wien gefahren ſind, eingetroffen und<lb/> wird einige Tage hier bleiben. Die Reiſe Koſſuths wird mit<lb/> den Verhandlungen zwiſchen beiden Regierungen bezüglich<lb/> der Frage des Ausgleichs in Zuſammenhang gebracht; vor-<lb/> läufig liegt aber für dieſe Annahme keine Beſtätigung vor.<lb/> Vielmehr haben es manche Symptome, die in der jüngſten<lb/> Zeit zutage getreten waren, wünſchenswert erſcheinen laſſen,<lb/> daß der Handelsminiſter, der die Führung der Unabhängig-<lb/> keitspartei bekanntlich beibehalten hat, wenigſtens am Beginn<lb/> der Delegationsverhandlungen anweſend ſei. Von der Eröff-<lb/> nung von Ausgleichsverhandlungen zwiſchen den beiden Re-<lb/> gierungen iſt an gut unterrichteter Stelle bisher abſolut<lb/> nichts bekannt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Budapeſt,</hi> 10. Juni.</dateline> <p>In hieſigen unterrichteten Kreiſen<lb/> wird die Situation ſehr ernſt aufgefaßt. Wie es heißt, ſoll<lb/> die ungariſche Regierung entſchloſſen ſein, in keine Ver-<lb/> handlungen mit der öſterreichiſchen Regierung über den ge-<lb/> ſamten Komplex des Ausgleiches einzugehen. Die ungariſche<lb/> Regierung nimmt in dieſer Beziehung einen der öſterreichi-<lb/> ſchen Regierung ganz entgegengeſetzten Standpunkt ein. Viel<lb/> beſprochen wird die Tatſache, daß Dr. Wekerle bei ſeiner<lb/> letzten Anweſenheit in Wien dem öſterreichiſchen Miniſter-<lb/> präſidenten Baron <hi rendition="#g">Beck</hi> keinen Beſuch abgeſtattet hat.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Italien und der Dreibund.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Rom,</hi> 10. Juni.</dateline> <p>Trotz den offiziöſen herzlichen Kommen-<lb/> taren der <hi rendition="#g">Kaiſerreiſe</hi> nach <hi rendition="#g">Schönbrunn</hi> herrſcht in<lb/> gewiſſen politiſchen Kreiſen eine <hi rendition="#g">ſkeptiſche Kühle</hi> über<lb/> den Austauſch der Telegramme der Monarchen. Die Skepſis<lb/> wird durch die geſtrige Enthüllung des „Courrier des Balcans“<lb/> über ein öſterreichiſch-griechiſches Balkan-Einverſtändnis ge-<lb/> ſteigert, obſchon Kenner mutmaßen, daß dieſe Enthüllung von<lb/> der Seite komme, um die Reiſe nach Schönbrunn in ihrer<lb/> Bedeutung abzuſchwächen. Wohl nur zufällig iſt, daß der<lb/> heutige „Mattino“ der Kammer gegenüber die Ernennung<lb/> Tittonis dadurch zu rechtfertigen ſucht, daß er ihn als einen<lb/> Mann hinſtellt, der 1903 nach der Periode Zanardellis Italien<lb/> vor einem Kriege mit Oeſterreich rettete und nachher mit Hilfe<lb/> Englands einem öſterreichiſch-ruſſiſchen Zuſammengehen auf<lb/> dem Balkan erfolgreich entgegenarbeitete.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Bunte Chronik.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Czernowitz,</hi>, 11. Juni.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das Jubiläum des FZM. Freiherrn v. Beck.</hi> </head><lb/> <p>Heute feiert FZM. Freiherr von <hi rendition="#g">Beck</hi> den Jahrestag ſeiner<lb/> vor einem Vierteljahrhundert erfolgten Ernennung zum Chef<lb/> des Generalſtabskorps. Im Jahre 1846 trat Beck, der am<lb/> 21. März 1830 zu Freiburg in Baden geboren iſt, als Pionier-<lb/> kadett in die Armee ein. Nach ſeinen Studien in der Pionier-<lb/> korpsſchule zu Tulln wurde er Lieutenant im Infanterie-<lb/> Regiment Nr. 59 und machte als Achtzehnjähriger die Feld-<lb/> züge in Ungarn, dann in Italien und, als Oberlieutenant<lb/> beim Generalſtab zugeteilt, die Belagerung von Venedig mit.<lb/> Er kam alſo zum Generalſtab am 16. Juli 1849. Nach Ab-<lb/> ſolvierung der Kriegsſchule zum Hauptmann befördert, war er<lb/> dem Chef des Generalſtabschefs zugeteilt, machte bei der<lb/> Diviſion Reiſchach als Generalſtabschef den italieniſchen Feld-<lb/> zug 1859 mit und zeichnete ſich, wie bekannt, bei Terraſa,<lb/> Candia und Magenta aus. Bei Pontenuovo war er mit dem<lb/> Diviſionär an der Spitze der ſtürmenden Truppen und wurde<lb/> durch einen Schuß ſchwer verletzt. Nachdem Beck als Protokoll-<lb/> führer der Frankfurter Bundes-Militärkommiſſion fungiert<lb/> hatte, wurde er als Major Flügeladjutant des Marſchalls<lb/> Heß, dann der Generaladjutantur des Kaiſers zugeteilt, als<lb/> Oberſt im Feldzuge 1866 gegen Preußen mit ſchwierigen<lb/> Miſſionen an das Kommando der Nordarmee betraut und das<lb/> Jahr darauf zum Vorſtand der Militärkanzlei des Kaiſers<lb/> ernannt. Von 1874 bis zu ſeiner am 11. Juni 1881 ver-<lb/> fügten Ernennung zum Chef des Generalſtabes war Beck<lb/> Generaladjutant des Kaiſers. Im Jahre 1861 verlieh ihm<lb/> der Kaiſer den Ritterſtand, im Jahre 1878 zur Eiſernen Krone<lb/> erſter Klaſſe die Baronie. Beck vermählte ſich in Frankfurt im<lb/> Jahre 1861 mit Anna Freiin Rzikowski v. Dobrzicz. Sein<lb/> einziger Sohn, Friedrich Freiherr v. Beck, iſt Hauptmann im<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 12. Juni 1906
Anleihe abzuſchließen, ſind vollkommen unbegründet. Ebenſo
beruhen die von dem Blatte „Das Zwanzigſte Jahrhundert“
gebrachten Meldungen, worin von einem angeblichen vertrau-
lichen Auftrag des Grafen Witte die Rede iſt, mit Hilfe des
ehemaligen Miniſters Durnowo eine auswärtige Anleihe ab-
zuſchließen, auf freier Erfindung. Auch die in den Journalen
„Das Zwanzigſte Jahrhundert“ und „Naſcha Schisn“ ent-
haltene Nachricht, das Finanzminiſterium habe ein Tele-
gramm des Grafen Witte erhalten, worin Bemerkungen ge-
macht ſeien, über Berichte fremder Bankiers bezüglich der
weiteren Realiſierung der letzten fünfprozentigen ruſſiſchen
Anleihe vom Jahre 1906, entbehrt der Begründung. Weder
das Finanzminiſterium noch der Finanzminiſter erhielten
irgend ein Telegramm des Grafen Witte.
Vom Tage.
Czernowitz, 11. Juni.
Der Empfang der Delegationen.
(Die Thronrede.) Wien, 10. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Beim
heutigen feierlichen Empfange in der Hofburg erwiderte der
Kaiſer auf die Huldigungsanſprachen beider Präſidenten
der Delegationen mit der Thronrede, welche beſagt:
„Unſere Beziehungen zu allen auswärtigen
Staaten bewahrten während des längeren Zeitraumes, der
ſeit der letzten Tagung der Delegationen verfloſſen iſt, ihren
durchaus freundſchaftlichen Charakter. Mit
tiefer Entrüſtung erfüllte Mich der ruchloſe Anſchlag auf
den König und die Königin von Spanien, und
ich danke der gütigen Vorſehung, die die ernſte Gefahr von
dem erlauchten jungen Paare abwendete. Das vor mehr als
einem Vierteljahrhunderte abgeſchloſſene Bündnis mit dem
deutſchen Reiche bewährte ſich vermöge ſeines defenſiven,
konſervativen Gepräges heute wie zuvor als wertvolle
Friedenserrungenſchaft, deren Erhaltung und Pflege ſich un-
ſerer beſonderen Sorgfalt erfreute. In dem jüngſten Beſuche
des deutſchen Kaiſers trat neuerdings unſer inniges Freund-
ſchaftsverhältnis zutage. Ebenſo vertrauensvoll ſind die Be-
ziehungen zu unſerem andern Verbündeten Italien, mit
dem wir uns bezüglich der uns gemeinſam berührenden An-
gelegenheiten in erfreulicher Uebereinſtimmung befinden. Das
zum Zwecke der Herſtellung geordneter Verhältniſſe auf
der Balkan-Halbinſel mit dem uns engbefreundeten
Ruſſenreiche getroffene Uebereinkommen beſteht auch weiterhin
in voller Kraft. Die dortige Lage, obzwar ſie noch viele
Mängel aufweiſt, beſſerte ſich doch unleugbar. Vor allem iſt
es gelungen, andere Komplikationen hintanzuhalten. Die
Thronrede verweiſt auf den für beide Teile ehrenhaften
Frieden im ruſſiſch-japaniſchen Kriege, ſowie auf
die glückliche Löſung der Marokkofrage, wozu nicht
zum geringſten Teile unſere vermittelnde Tätigkeit beitrug.
Die Erhaltung des Friedens für Europa und vor allem für
die Monarche wird auch weiterhin ein leitender Gedanke
der heilbringenden Wirkungen der alten Dornaer Quellen
und als k. k. Brunnen- und Badearzt mit der Leitung des
Betriebes in beiden dem Bukowiner gr.-or. Religionsfonde
gehörigen Badeanſtalten zum Wohle der kranken Menſchheit
erfolgreich beſchäftigt. Aus einer Ueberſichtskarte entnehmen
wir, daß die Frequenz von Dorna heute Tauſende Perſonen
beträgt, noch immer aber anſteigt und daß aus dem König-
reiche Rumänien ein bedeutender Bruchteil der Gäſte und,
wie uns mitgeteilt wird, aus den angeſehenſten Kreiſen ſtammt.
Auch einen köſtlichen Säuerling, die Ludwigsquelle ſowie
auch deren modern eingerichtete Füllantage lernen wir auf
dieſer Ausſtellung kennen.
Neben Dornawatra liegt die Ausſtellung der Montan-
werke des Bukowiner gr.-or. Religionsfondes, welche unter
Leitung der k. k. Bergverwaltung in Jakobeny gerade jetzt einer
neuen Epoche entgegengeführt werden.
Vollendete techniſche Einrichtungen, Einführung des
elektriſchen Betriebs auf der Grube und Erzbahn, Schaffung
einer großen Aufbereitungsanlage haben den alten Mangan-
bergbau in Jakobeny zu einem derart leiſtungsfähigen gemacht,
daß er mit ſeinen Produkten gegen die kaukaſiſche und ſpaniſche
Konkurrenz aufzukommen vermag. Nun tritt zu dieſem Berg-
bau auch noch der Kiesbergbau in Aouiſental. Nach Vollendung
der in den letzten Jahren von Bergrat Fauſtin Ritter von
Kraſuski durchgeführten Aufſchlußarbeiten, welche das Anſtehen
von Millionen Meterzentnern kupferhältiger Schwefelkieserze
feſtſtellte, wurde an den Ausbau der erforderlichen Kraft-,
Schacht- und Aufbereitungsanlagen in Louiſental geſchritten,
ſo daß mit dem Abbau und der Förderung der Erze in dieſem
Jahre begonnen werden konnte. Gewaltige Schauſtücke von
Manganerzen und Schwefelkies, ausgeſtellte Aufbereitungs- und
Fabrikationsprodukte, wie auch zahlreiche Lichtbilder führen
uns die beiden Bergbaue des bukowiner gr.-or. Religions-
fondes in geſchmackvoller Weiſe vor.
Wir können von dieſer ernſten und belehrenden Aus-
ſtellung nicht Abſchied nehmen, ohne des geſchmackvollen
Arrangements zu gedenken, welches ein Werk des k. k. Ober-
forſtrates Arthur Krahl iſt, dem es mit geradezu künſtleriſchem
Geſchmack gelungen iſt, dieſe Abteilung einheitlich und doch
zugleich lebendig anregend anzuordnen.
(Fortſetzung folgt.)
unſerer auswärtigen Politik ſein. Die Thronrede verweiſt
ſchließlich auf die nicht mehr aufſchiebbare beſchleunigte Be-
ſchaffung des Kriegsmaterials für das Heer und die
Marine, betont ſchließlich den ſtetigen Fortſchritt im Okku-
pationsgebiete und kündigt die Eröffnung der Eiſenbahnlinie,
welche Sarajewo mit der ſerbiſchen und türkiſchen Grenze ver-
bündet, für den 1. Juli an.
(Die Bukowina im Budgetausſchuß.)
Bei der Wahl des Budgetausſchuſſes, die am Samſtag
vorgenommen wurde, weiſt Dr. Straucher darauf hin,
daß nach den Beſtimmungen der Verfaſſung die Mitglieder
der Delegation von den Abgeordneten der im Reichsrat ver-
tretenen Königreiche und Länder gewählt werden. Durch dieſe
gewiſſermaßen autonomiſtiſch-ſöderaliſtiſche Art der Zuſammen-
ſetzung der Delegation ſei die Tendenz ausgeſprochen, daß in
der Delegation alle Kronländer vertreten ſein ſollen, nament-
lich aber auch, daß in den Ausſchüſſen die Anſichten und
Forderungen jedes einzelnen Kronlandes zum Ausdruck ge-
langen können. Da ſich die Haupttätigkeit der Delegation
bekanntermaßen in den Ausſchüſſen abwickle, erſcheine es nur
gerecht und notwendig, daß jedes Kronland, namentlich in
den vornehmſten Ausſchüſſen, ſeine Vertretung finde. Es ſei
daher nur eine Forderung der Gerechtigkeit, daß jedes Kron-
land, deſſen Menſchenmaterial und Steuerkräfte für die Ge-
ſamtbedürfniſſe in Anſpruch genommen werden, in dieſen
Ausſchüſſen vertreten ſei. Nach der beſtehenden Gepflogenheit
werden die Ausſchüſſe nach einem ſogenannten Schlüſſel zu-
ſammengeſetzt. Da ſich jeder Schlüſſel im Laufe der Zeit ab-
nütze, ſei auch der gegenwärtige Wahlſchlüſſel nicht mehr
zeitgemäß. Nach dem Vorſchlag bezüglich der Wahl des
Budgetausſchuſſes würde die Bukowina keinen Vertreter in
dieſen Ausſchuß entſenden. In der Ueberzeugung, daß wenig-
ſtens in der Delegation Gerechtigkeit geübt werde, ſtelle er
deshalb den Antrag, daß die Zahl der Mitglieder des
Budgetausſchuſſes auf 24 erhöht werde, denn es ſei eine
ſtarke Zumutung an die Mitglieder der Delegation, daß ſie
in Unkenntnis der im Ausſchuß gemachten Mitteilungen
der Regierung in der Delegation ihr Votum abgeben ſollen.
Freiherr v. Chlumecky bemerkt, daß er auf ſeinem Antrag,
in den Budgetausſchuß 21 Mitglieder zu entſenden, beharre.
Dr. Straucher erwidert, daß die Leiſtung von
Steuern und die Beiſtellung von Rekruten keine partei-
politiſche Frage ſei. Es müſſe jedem Kronland die Mög-
lichkeit gegeben werden, in den Ausſchüſſen ſeine Meinung
vertreten zu finden. Die Zahl von 21 Mitgliedern ſei nicht
unverrückbar, und es könnte ganz gut eine Vermehrung ein-
treten. Er erwarte von der Gerechtigkeit der Delegation, daß
ſie nicht mit einem Akt von Ungerechtigkeit ihre Verhand-
lungen beginne.
Bei der Abſtimmung wird der Antrag des Delegierten
Freiherrn v. Chlumecky, einen einundzwanziggliedrigen Budget-
ausſchuß zu wählen, angenommen.
Dr. Straucher: Ich bitte zu protokollieren, daß ich
mich an der Wahl des Ausſchuſſes nicht beteilige! (Lachen).
Ich werde ſehen, wer ſpäter lachen wird!
Wien, 10. Juni. Die Eröffnungsſitzung der ungariſchen
Delegation begann mit einer Ueberaſchung, die die radikale
Tendenz der ungariſchen Politik aufs deutlichſte markiert. Ent-
gegen den in Budapeſt getroffenen Vereinbarungen wurde ſtatt
des Fürſten Eſterhazy Graf Theodor Zichy zum Präfi-
denten gewählt, während auf die Vizepräſidentenſtelle
der Delegierte Bela Barabas berufen wurde.
Antimagyariſche Demonſtrationen in Wien. Wien, 11. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Nach-
mittags fand in der Volkshalle des Rathauſes eine von der
chriſtlichſozialen Parteileitung einberufene Volksverſammlung
mit der Tagesordnung „die ungariſche Frage“ ſtatt. Es
fanden ſich zirka 1000 Perſonen ein. Nachdem mehrere
chriſtlichſoziale Abgeordnete geſprochen, wurde eine gegen
Ungarn gerichtete Reſolution angenommen. Eine große An-
zahl von Teilnehmern zog hierauf trotz Einſchreitens der
Wache in die Bankgaſſe und brachte vor dem ungariſchen
Miniſterium, wo gerade die ungariſche Delegation tagte,
Pfuirufe aus. Vier Fenſter des Miniſtertums wurden durch
Steinwürfe eingeſchlagen. Die Wache ſperrte die Bankgaſſe
ab und zerſtreute die Demonſtranten. Unmittelbar nach den
Vorfällen vor dem ungariſchen Miniſterium fanden ſich der
Miniſter des Innern Bienerth und gleich darauf Miniſter-
präſident Beck im ungariſchen Miniſterium ein und ſprachen
dem ungariſchen Miniſterpräſidenten Wekerle ihr leb-
haftes Bedauern aus, daß ein derartiger nicht ſtreng
genug zu verurteilender Vorfall ſich ungeachtet der getroffenen
Maßnahmen ereignen konnte. Sie gaben die Verſicherung,
daß geeignete Vorkehrungen eingeleitet ſeien, um eine Wieder-
holung derartiger Vorkommniſſe hintanzuhalten.
Wien, 11. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Während
der Plenarſitzung der ungariſchen Delegation demonſtrierten
die Teilnehmer der im Rathaus abgehaltenen chriſtlichſozialen
Volksverſammlung vor dem ungariſchen Miniſterpalais, wo
die Delegation tagte, weshalb die Sitzung ſuſpendiert wurde.
Nach der Wiederaufnahme der Sitzung beſchuldigte Ba-
kowski die öſterreichiſche Regierung mit im Spiele zu ſein.
Barabas erklärte, die Demonſtration ſei höheren Ortes in
Szene geſetzt. Wekerle ſei überzeugt, daß die öſterreichiſche
Regierung und die öſterreichiſchen Politiker der Demonſtration
vollkommen fernſtehen. Er lege der Angelegenheit keine be-
ſondere Bedeutung bei. Die Delegation nahm einſtimmig einen
Antrag an, wonach während der Delegationstagung auf dem
Gebäude des ungariſchen Miniſteriums die ungariſche und
kroatiſche Fahne gehißt werde. Graf Goluchowski hält
morgen im Aeußeren Ausſchuß der ungariſchen Delegation
ſein Expoſe.
Der ungariſche Ausgleich.
Wien, 10. Juni. Handelsminiſter Koſſuth iſt mit
den Mitgliedern der ungariſchen Delegation und den
Miniſtern, die nach Wien gefahren ſind, eingetroffen und
wird einige Tage hier bleiben. Die Reiſe Koſſuths wird mit
den Verhandlungen zwiſchen beiden Regierungen bezüglich
der Frage des Ausgleichs in Zuſammenhang gebracht; vor-
läufig liegt aber für dieſe Annahme keine Beſtätigung vor.
Vielmehr haben es manche Symptome, die in der jüngſten
Zeit zutage getreten waren, wünſchenswert erſcheinen laſſen,
daß der Handelsminiſter, der die Führung der Unabhängig-
keitspartei bekanntlich beibehalten hat, wenigſtens am Beginn
der Delegationsverhandlungen anweſend ſei. Von der Eröff-
nung von Ausgleichsverhandlungen zwiſchen den beiden Re-
gierungen iſt an gut unterrichteter Stelle bisher abſolut
nichts bekannt.
Budapeſt, 10. Juni. In hieſigen unterrichteten Kreiſen
wird die Situation ſehr ernſt aufgefaßt. Wie es heißt, ſoll
die ungariſche Regierung entſchloſſen ſein, in keine Ver-
handlungen mit der öſterreichiſchen Regierung über den ge-
ſamten Komplex des Ausgleiches einzugehen. Die ungariſche
Regierung nimmt in dieſer Beziehung einen der öſterreichi-
ſchen Regierung ganz entgegengeſetzten Standpunkt ein. Viel
beſprochen wird die Tatſache, daß Dr. Wekerle bei ſeiner
letzten Anweſenheit in Wien dem öſterreichiſchen Miniſter-
präſidenten Baron Beck keinen Beſuch abgeſtattet hat.
Italien und der Dreibund.
Rom, 10. Juni. Trotz den offiziöſen herzlichen Kommen-
taren der Kaiſerreiſe nach Schönbrunn herrſcht in
gewiſſen politiſchen Kreiſen eine ſkeptiſche Kühle über
den Austauſch der Telegramme der Monarchen. Die Skepſis
wird durch die geſtrige Enthüllung des „Courrier des Balcans“
über ein öſterreichiſch-griechiſches Balkan-Einverſtändnis ge-
ſteigert, obſchon Kenner mutmaßen, daß dieſe Enthüllung von
der Seite komme, um die Reiſe nach Schönbrunn in ihrer
Bedeutung abzuſchwächen. Wohl nur zufällig iſt, daß der
heutige „Mattino“ der Kammer gegenüber die Ernennung
Tittonis dadurch zu rechtfertigen ſucht, daß er ihn als einen
Mann hinſtellt, der 1903 nach der Periode Zanardellis Italien
vor einem Kriege mit Oeſterreich rettete und nachher mit Hilfe
Englands einem öſterreichiſch-ruſſiſchen Zuſammengehen auf
dem Balkan erfolgreich entgegenarbeitete.
Bunte Chronik.
Czernowitz,, 11. Juni.
Das Jubiläum des FZM. Freiherrn v. Beck.
Heute feiert FZM. Freiherr von Beck den Jahrestag ſeiner
vor einem Vierteljahrhundert erfolgten Ernennung zum Chef
des Generalſtabskorps. Im Jahre 1846 trat Beck, der am
21. März 1830 zu Freiburg in Baden geboren iſt, als Pionier-
kadett in die Armee ein. Nach ſeinen Studien in der Pionier-
korpsſchule zu Tulln wurde er Lieutenant im Infanterie-
Regiment Nr. 59 und machte als Achtzehnjähriger die Feld-
züge in Ungarn, dann in Italien und, als Oberlieutenant
beim Generalſtab zugeteilt, die Belagerung von Venedig mit.
Er kam alſo zum Generalſtab am 16. Juli 1849. Nach Ab-
ſolvierung der Kriegsſchule zum Hauptmann befördert, war er
dem Chef des Generalſtabschefs zugeteilt, machte bei der
Diviſion Reiſchach als Generalſtabschef den italieniſchen Feld-
zug 1859 mit und zeichnete ſich, wie bekannt, bei Terraſa,
Candia und Magenta aus. Bei Pontenuovo war er mit dem
Diviſionär an der Spitze der ſtürmenden Truppen und wurde
durch einen Schuß ſchwer verletzt. Nachdem Beck als Protokoll-
führer der Frankfurter Bundes-Militärkommiſſion fungiert
hatte, wurde er als Major Flügeladjutant des Marſchalls
Heß, dann der Generaladjutantur des Kaiſers zugeteilt, als
Oberſt im Feldzuge 1866 gegen Preußen mit ſchwierigen
Miſſionen an das Kommando der Nordarmee betraut und das
Jahr darauf zum Vorſtand der Militärkanzlei des Kaiſers
ernannt. Von 1874 bis zu ſeiner am 11. Juni 1881 ver-
fügten Ernennung zum Chef des Generalſtabes war Beck
Generaladjutant des Kaiſers. Im Jahre 1861 verlieh ihm
der Kaiſer den Ritterſtand, im Jahre 1878 zur Eiſernen Krone
erſter Klaſſe die Baronie. Beck vermählte ſich in Frankfurt im
Jahre 1861 mit Anna Freiin Rzikowski v. Dobrzicz. Sein
einziger Sohn, Friedrich Freiherr v. Beck, iſt Hauptmann im
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