[N. N.]: Ausführliche Nachricht von dem, was alhier zu Halle mit denen Saltzburgischen Emigranten vorgegangen. [s. l.], 1732.wiesen. Von des Wäysenhauses wegen sind ihnen mit Genehmhaltung der wieſen. Von des Waͤyſenhauſes wegen ſind ihnen mit Genehmhaltung der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0006"/> wieſen. Von des Waͤyſenhauſes wegen ſind ihnen mit Genehmhaltung der<lb/> Koͤnigl. Deputations-Cammer 4 <hi rendition="#aq">Studioſi Theologiæ,</hi> die ſich freywillig dazu<lb/> verſtanden, zugegeben worden, die ſie nach Berlin begleiten, um ſie unter Weges<lb/> zu erbauen, und in dem Chriſtlichen Glauben mehrers zu unterrichten. Jm<lb/> uͤbrigen haben dieſe arme Emigranten ſich durchgehends und allenthalben ſo<lb/> bewieſen, daß man nichts anders denn eine beſondere Redlichkeit, Treuhertzig-<lb/> keit u. wahre Furcht GOttes an ihnen verſpuͤret. Bey einigen hat man mit Ver-<lb/> wunderung eine beſondere gute Einſicht und Erkaͤntniß in GOttes Wort wahr-<lb/> genommen, ſo, daß ihr Umgang vielen erbaulich, und dieſelben bey allen und<lb/> jeden lieb und angenehm geweſen. Daß ſie Socinianiſche Jrrthuͤmer hegten,<lb/> davon hat man nicht das mindeſte, vielmehr aber eine gar gute Erkaͤntniß von<lb/> Chriſto bey ihnen verſpuͤret, ſo, daß dergleichen Beſchuldigungen ein bloſſes Ge-<lb/> dichte ſind. Jm uͤbrigen haben dieſelben ſehr geruͤhmet, wie ihnen in denen<lb/> Marggraͤfl. Anſpach- u. Bayreutiſchen, Graͤfl. Reußiſchen, auch Chur- u. Fuͤrſtl. Saͤchſiſchen<lb/> Landen auf ihrer Reiſe viel Gnade, Liebe und Gutes von Hohen u. Niedern wiederfahren.<lb/> Wie ihnen denn auch von Weiſſenfels aus noch 300 Rthlr. an Gelde hieher nachgeſchicket<lb/> worden. Auch haben ſich die Frantzoͤſiſchen <hi rendition="#aq">Refugies</hi> zu Erlangen und andern Orten ſehr<lb/> liebreich gegen ſie bewieſen. Dahingegen hat man von denenjenigen, die ſie begleitet, mit<lb/> Verwunderung hoͤren muͤſſen, wie uͤbel man denenſelben an theils Orten in Catholiſchen<lb/> Landen begegnet, und wie von deren Einwohnern die ihrentwegen ausgegangene Obrig-<lb/> keitliche Befehle wenig reſpectiret, und dieſelben, ſtatt des vorgegebenen guten Tractaments,<lb/> ſehr ſchlecht angeſehen, derer Fuhren und anderer Nothdurft wegen uͤbertheuret, und kaum<lb/> des Nachts mit Obdach verſehen worden, da ſie gleichwol uͤber einander liegen, und ihre Kin-<lb/> der des Nachts an ihre Leiber binden muͤſſen, damit ihnen ſelbige nicht weggenom̃en wuͤrden,<lb/> weil man ihnen ungeſcheuet geſagt, daß, wenn ſie, die Alten, ſchon zum Satan fuͤhren, ſo muͤſſe<lb/> man doch ihre unſchuldigen Kinder annoch zu retten ſuchen. Die Commiſſarien und Fuͤhrer<lb/> ſelbſt, ſo ihnen an Catholiſchen Orten zugegeben worden, haben mit Lutheriſchen Hunden<lb/> um ſich geworfen, und ihnen auch <supplied>ſonſt</supplied> ſchlecht begegnet. Welches alles man nicht von ih-<lb/> nen, ſondern von denen, die ſie begleitet, vernommen. Denn ſie ſelbſt haben ſich uͤber<lb/> nichts beklaget, noch weniger aber wider ihren vorigen Landes Fuͤrſten auch nur ein hartes<lb/> Wort von ſich hoͤren laſſen. Unterwegens haben ſich auch einige Juden wohlthaͤtig gegen<lb/> ſie bewieſen, und, als einer von dieſen befraget worden, wie es komme, daß er gleichwol die-<lb/> ſen Leuten, die doch Chriſten waͤren, Gutes erzeigete? hat derſelbe geantwortet: daß es ja<lb/> Menſchen waͤren, die nach dem Bilde GOttes geſchaffen, und daß GOtt befohlen habe, daß<lb/> man ſich gegen Fremdlinge guͤtig beweiſen ſolle, dergleichen ſeine Vorfahren auch in Egypten<lb/> geweſen waͤren, und ihnen daher das Hertz derer Fremdlinge am beſten bekannt ſey. Von<lb/> dieſen moͤchten andere, die ſich Chriſten nennen, billig ein gutes Exempel nehmen, und den-<lb/> cken, wie es ihnen gefallen wuͤrde, wenn ihnen ein gleiches begegnete, ſo man ihnen doch nicht<lb/> wuͤnſchet. Jnzwiſchen muß man auch noch deſſen gedencken, daß gleichwol auch einige Roͤ-<lb/> miſch-Catholiſche hieſiges Orts die Emigranten mit Geld und Wein erquicket, als welche al-<lb/> hier aller Koͤnigl. Gnade, Schutzes und Guten genieſſen, und unter vernuͤnftigen und Chriſt-<lb/> lichen Leuten wohnen, wo man den Verfolgungs-Geiſt fuͤr ein Zeichen des Antichriſts haͤlt.<lb/> Auch hat ein Roͤmiſch-Catholiſcher Soldat, der anfangs mit dieſen Emigranten nicht zu-<lb/><hi rendition="#c">frieden geweſen, weil er geſehen, daß es ehrliche und unſchuldige Leute waͤren, ſie beſchen-<lb/> cket und ihnen wol ſei<supplied>ne</supplied> gantze Loͤhnung, ſo viel er bey ſich gehabt,<lb/> herge<supplied>ge</supplied>ben. Kuͤnftig ein mehrers.</hi></p> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [0006]
wieſen. Von des Waͤyſenhauſes wegen ſind ihnen mit Genehmhaltung der
Koͤnigl. Deputations-Cammer 4 Studioſi Theologiæ, die ſich freywillig dazu
verſtanden, zugegeben worden, die ſie nach Berlin begleiten, um ſie unter Weges
zu erbauen, und in dem Chriſtlichen Glauben mehrers zu unterrichten. Jm
uͤbrigen haben dieſe arme Emigranten ſich durchgehends und allenthalben ſo
bewieſen, daß man nichts anders denn eine beſondere Redlichkeit, Treuhertzig-
keit u. wahre Furcht GOttes an ihnen verſpuͤret. Bey einigen hat man mit Ver-
wunderung eine beſondere gute Einſicht und Erkaͤntniß in GOttes Wort wahr-
genommen, ſo, daß ihr Umgang vielen erbaulich, und dieſelben bey allen und
jeden lieb und angenehm geweſen. Daß ſie Socinianiſche Jrrthuͤmer hegten,
davon hat man nicht das mindeſte, vielmehr aber eine gar gute Erkaͤntniß von
Chriſto bey ihnen verſpuͤret, ſo, daß dergleichen Beſchuldigungen ein bloſſes Ge-
dichte ſind. Jm uͤbrigen haben dieſelben ſehr geruͤhmet, wie ihnen in denen
Marggraͤfl. Anſpach- u. Bayreutiſchen, Graͤfl. Reußiſchen, auch Chur- u. Fuͤrſtl. Saͤchſiſchen
Landen auf ihrer Reiſe viel Gnade, Liebe und Gutes von Hohen u. Niedern wiederfahren.
Wie ihnen denn auch von Weiſſenfels aus noch 300 Rthlr. an Gelde hieher nachgeſchicket
worden. Auch haben ſich die Frantzoͤſiſchen Refugies zu Erlangen und andern Orten ſehr
liebreich gegen ſie bewieſen. Dahingegen hat man von denenjenigen, die ſie begleitet, mit
Verwunderung hoͤren muͤſſen, wie uͤbel man denenſelben an theils Orten in Catholiſchen
Landen begegnet, und wie von deren Einwohnern die ihrentwegen ausgegangene Obrig-
keitliche Befehle wenig reſpectiret, und dieſelben, ſtatt des vorgegebenen guten Tractaments,
ſehr ſchlecht angeſehen, derer Fuhren und anderer Nothdurft wegen uͤbertheuret, und kaum
des Nachts mit Obdach verſehen worden, da ſie gleichwol uͤber einander liegen, und ihre Kin-
der des Nachts an ihre Leiber binden muͤſſen, damit ihnen ſelbige nicht weggenom̃en wuͤrden,
weil man ihnen ungeſcheuet geſagt, daß, wenn ſie, die Alten, ſchon zum Satan fuͤhren, ſo muͤſſe
man doch ihre unſchuldigen Kinder annoch zu retten ſuchen. Die Commiſſarien und Fuͤhrer
ſelbſt, ſo ihnen an Catholiſchen Orten zugegeben worden, haben mit Lutheriſchen Hunden
um ſich geworfen, und ihnen auch ſonſt ſchlecht begegnet. Welches alles man nicht von ih-
nen, ſondern von denen, die ſie begleitet, vernommen. Denn ſie ſelbſt haben ſich uͤber
nichts beklaget, noch weniger aber wider ihren vorigen Landes Fuͤrſten auch nur ein hartes
Wort von ſich hoͤren laſſen. Unterwegens haben ſich auch einige Juden wohlthaͤtig gegen
ſie bewieſen, und, als einer von dieſen befraget worden, wie es komme, daß er gleichwol die-
ſen Leuten, die doch Chriſten waͤren, Gutes erzeigete? hat derſelbe geantwortet: daß es ja
Menſchen waͤren, die nach dem Bilde GOttes geſchaffen, und daß GOtt befohlen habe, daß
man ſich gegen Fremdlinge guͤtig beweiſen ſolle, dergleichen ſeine Vorfahren auch in Egypten
geweſen waͤren, und ihnen daher das Hertz derer Fremdlinge am beſten bekannt ſey. Von
dieſen moͤchten andere, die ſich Chriſten nennen, billig ein gutes Exempel nehmen, und den-
cken, wie es ihnen gefallen wuͤrde, wenn ihnen ein gleiches begegnete, ſo man ihnen doch nicht
wuͤnſchet. Jnzwiſchen muß man auch noch deſſen gedencken, daß gleichwol auch einige Roͤ-
miſch-Catholiſche hieſiges Orts die Emigranten mit Geld und Wein erquicket, als welche al-
hier aller Koͤnigl. Gnade, Schutzes und Guten genieſſen, und unter vernuͤnftigen und Chriſt-
lichen Leuten wohnen, wo man den Verfolgungs-Geiſt fuͤr ein Zeichen des Antichriſts haͤlt.
Auch hat ein Roͤmiſch-Catholiſcher Soldat, der anfangs mit dieſen Emigranten nicht zu-
frieden geweſen, weil er geſehen, daß es ehrliche und unſchuldige Leute waͤren, ſie beſchen-
cket und ihnen wol ſeine gantze Loͤhnung, ſo viel er bey ſich gehabt,
hergegeben. Kuͤnftig ein mehrers.
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