[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734. Bingley. Dieses war ohnfehlbar die Ursach, werthester Hornbeck, warum die Holländer den Printzen von Oranien 1688. wider den König Jacob II. un- terstützten, und diesen so gar vom Throne jagen halfen. Hornbeck. Allerdings, Mylord. denn die Macht dieser beyden vereinten Cronen war alzu gefährlich, da die hochmüthigen Absichten Ludewigs XIV. und Jacobs II. aller Welt und vornehmlich dieser Republic Augen auf sich zie- hen musten. Denn der erstere suchte den Rest der vereinigten Niederlan- de, wie ein Morgenbrod wegzuschnappen, und der andere die Englische Freyheit zu unterdrücken, und eine tyrannische Gewalt alda einzuführen. Dieses war auch der Grund, daß die Holländer Ludwig XIV. den un- rechtmäßigen Besitz der Spanischen Monarchie in seinem Enckel Philipp dem V. durch einen so langwierigen Krieg streitig machten. Nechst diesen zweyen Cronen unterhalten sie mit den Teutschen Printzen, besonders mit dem Hause Oesterreich, und dem Könige von Preussen eine genaue Freundschafft, und alle protestantische Fürsten sind ihre Allurten. Mit den Nordischen Cronen bemühen sie sich gleichfals in gutem Verständniß zu le- ben, und geben nicht zu, daß einer den andern unterdrücke. Die andre Re- gel besteht in einer vollkommenen und unpartheyischen Justiz. Diese trifft ohne Unterschied hoch und nieder, und die Fremden erhalten so wohl einen gerechten Ausspruch, als die b[e]kandtesten und angesehensten Leute des Lan- des; welcher doch in zweifelhafften Fällen zum Vortheil der Kausmannschafft ausfält. Dieses löbliche Werck in einen desto vortreflichern Stand zu se- tzen, werden nicht nur die Richter aus solchen Leuten, welche die Rechte die- ser Provintzen sattsam verstehen, bestellet, sondern ihnen auch genau auf die Finger Acht gegeben, daß sie sich nicht durch Geld oder andere Geschen- cke blenden lassen. Bingley. Deßwegen mahlet man die Gerechtigkeit blind, weil sie kein Ansehn der Person beobachten soll, und es wird als etwas besonders angesehn, daß die Gerechtigkeit auf einem gewissen Rathhause in Teutschland mit offenen Augen zu finden ist. Hierbey fält mir die Historie von dem Helmstädti- schen Professor Eberlin ein, der kein Geschencke in seinem Leben anzunehmen sich bewegen lassen, dahero sein Bildniß ohne Händ alda mit der Umschrifft gezeiget wird: En
Bingley. Dieſes war ohnfehlbar die Urſach, wertheſter Hornbeck, warum die Hollaͤnder den Printzen von Oranien 1688. wider den Koͤnig Jacob II. un- terſtuͤtzten, und dieſen ſo gar vom Throne jagen halfen. Hornbeck. Allerdings, Mylord. denn die Macht dieſer beyden vereinten Cronen war alzu gefaͤhrlich, da die hochmuͤthigen Abſichten Ludewigs XIV. und Jacobs II. aller Welt und vornehmlich dieſer Republic Augen auf ſich zie- hen muſten. Denn der erſtere ſuchte den Reſt der vereinigten Niederlan- de, wie ein Morgenbrod wegzuſchnappen, und der andere die Engliſche Freyheit zu unterdruͤcken, und eine tyranniſche Gewalt alda einzufuͤhren. Dieſes war auch der Grund, daß die Hollaͤnder Ludwig XIV. den un- rechtmaͤßigen Beſitz der Spaniſchen Monarchie in ſeinem Enckel Philipp dem V. durch einen ſo langwierigen Krieg ſtreitig machten. Nechſt dieſen zweyen Cronen unterhalten ſie mit den Teutſchen Printzen, beſonders mit dem Hauſe Oeſterreich, und dem Koͤnige von Preuſſen eine genaue Freundſchafft, und alle proteſtantiſche Fuͤrſten ſind ihre Allurten. Mit den Nordiſchen Cronen bemuͤhen ſie ſich gleichfals in gutem Verſtaͤndniß zu le- ben, und geben nicht zu, daß einer den andern unterdruͤcke. Die andre Re- gel beſteht in einer vollkommenen und unpartheyiſchen Juſtiz. Dieſe trifft ohne Unterſchied hoch und nieder, und die Fremden erhalten ſo wohl einen gerechten Ausſpruch, als die b[e]kandteſten und angeſehenſten Leute des Lan- des; welcher doch in zweifelhafften Faͤllen zum Vortheil der Kauſmannſchafft ausfaͤlt. Dieſes loͤbliche Werck in einen deſto vortreflichern Stand zu ſe- tzen, werden nicht nur die Richter aus ſolchen Leuten, welche die Rechte die- ſer Provintzen ſattſam verſtehen, beſtellet, ſondern ihnen auch genau auf die Finger Acht gegeben, daß ſie ſich nicht durch Geld oder andere Geſchen- cke blenden laſſen. Bingley. Deßwegen mahlet man die Gerechtigkeit blind, weil ſie kein Anſehn der Perſon beobachten ſoll, und es wird als etwas beſonders angeſehn, daß die Gerechtigkeit auf einem gewiſſen Rathhauſe in Teutſchland mit offenen Augen zu finden iſt. Hierbey faͤlt mir die Hiſtorie von dem Helmſtaͤdti- ſchen Profeſſor Eberlin ein, der kein Geſchencke in ſeinem Leben anzunehmen ſich bewegen laſſen, dahero ſein Bildniß ohne Haͤnd alda mit der Umſchrifft gezeiget wird: En
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Hornbeck.
Allerdings, Mylord. denn die Macht dieſer beyden vereinten Cronen
war alzu gefaͤhrlich, da die hochmuͤthigen Abſichten Ludewigs XIV. und
Jacobs II. aller Welt und vornehmlich dieſer Republic Augen auf ſich zie-
hen muſten. Denn der erſtere ſuchte den Reſt der vereinigten Niederlan-
de, wie ein Morgenbrod wegzuſchnappen, und der andere die Engliſche
Freyheit zu unterdruͤcken, und eine tyranniſche Gewalt alda einzufuͤhren.
Dieſes war auch der Grund, daß die Hollaͤnder Ludwig XIV. den un-
rechtmaͤßigen Beſitz der Spaniſchen Monarchie in ſeinem Enckel Philipp
dem V. durch einen ſo langwierigen Krieg ſtreitig machten. Nechſt dieſen
zweyen Cronen unterhalten ſie mit den Teutſchen Printzen, beſonders
mit dem Hauſe Oeſterreich, und dem Koͤnige von Preuſſen eine genaue
Freundſchafft, und alle proteſtantiſche Fuͤrſten ſind ihre Allurten. Mit den
Nordiſchen Cronen bemuͤhen ſie ſich gleichfals in gutem Verſtaͤndniß zu le-
ben, und geben nicht zu, daß einer den andern unterdruͤcke. Die andre Re-
gel beſteht in einer vollkommenen und unpartheyiſchen Juſtiz. Dieſe trifft
ohne Unterſchied hoch und nieder, und die Fremden erhalten ſo wohl einen
gerechten Ausſpruch, als die bekandteſten und angeſehenſten Leute des Lan-
des; welcher doch in zweifelhafften Faͤllen zum Vortheil der Kauſmannſchafft
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ſer Provintzen ſattſam verſtehen, beſtellet, ſondern ihnen auch genau auf
die Finger Acht gegeben, daß ſie ſich nicht durch Geld oder andere Geſchen-
cke blenden laſſen.
Bingley.
Deßwegen mahlet man die Gerechtigkeit blind, weil ſie kein Anſehn
der Perſon beobachten ſoll, und es wird als etwas beſonders angeſehn, daß
die Gerechtigkeit auf einem gewiſſen Rathhauſe in Teutſchland mit offenen
Augen zu finden iſt. Hierbey faͤlt mir die Hiſtorie von dem Helmſtaͤdti-
ſchen Profeſſor Eberlin ein, der kein Geſchencke in ſeinem Leben anzunehmen
ſich bewegen laſſen, dahero ſein Bildniß ohne Haͤnd alda mit der Umſchrifft
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