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[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

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aufbauen. Der grosse Saal ist ein Zeichen von der Pracht der damahligen
Zeiten. Das Geländer ist von dem Jrrländischen Holtze gemacht, wel-
ches von keinen Würmern zerfressen werden kan, und dahero noch vollkom-
men gut ist. Er ist mit vielen eroberten Flaggen, Fahnen und Standar-
ten ausgezieret, die den Feinden des Staats abgenommen worden, wovon
sonderlich eine ziemliche Anzahl von denen, so man 1704. von den Frantzo-
sen bey Höchstädt erbeutet, zu finden ist, dieses Hauß war sonst die Woh-
nung der Stadthalter, und noch jetzo der Ort, wo sich die General-Staa-
ten und die andern vornehmen Collegia, als der Staats-Rath versamm-
len. Daran stöst ein prächtiges Gebäu, welches seine Erbauung dem Printz
Moritz von Nassau zu dancken hat. Dieser war Stadthalter in Brasilien,
welches die Holländer damahls besassen, und schmückte es mit den raresten
Americanischen Dingen aus. Jetzo ist es das Hauß, wo die ankommende
Gesandten auf Kosten der Republic drey oder vier Tage lang auf das kost-
barste tractiret werden. Der Magistrat von Haag bestehet aus 26.
Personen. Das Rathhauß ist klein, und hat nichts besonders an sich.
Das Zuchthauß, welches man das Spinnhauß nennet, begreift viel lie-
derliche Weibs-Bilder in sich, und ist so groß, daß es auch ein öffentliches
Gefängniß abgibt, und der Lombard darinnen befindlich ist.
Bingley.
Jst dieses nicht so viel, als das, was man anderwerts Mont de piete
heist, da man gegen Pfand um einen leidlichen Zinß, Geld nach belieben be-
kommen kan?

Hornbeck.
Ja, Mylord. Das eigentliche Absehen davon ist, damit die Geld-
bedürfftigen Leute, nicht etwa gar, wie an einigen Orten geschieht, Pfen-
nig-Zinß
geben müssen. An Kirchen ist alhier so wenig als andern Din-
gen ein Mangel. Die Reformirten haben ausser dem Tempel im Hoff,
noch drey, wovon die sogenannte grosse merckwürdig ist. Man siehet da-
rinnen das marmerne Grabmahl des 1665. in der Schlacht mit den En-
gelländern in die Lufftgesprengten Amirals Wassenaer d' Obdam.
Die Arminianer haben auch eine grosse Kirche bey dem Canal von Prin-
ce-Graft. Der Lutheraner ihre ist nicht weit davon, und die Catho-
liquen
haben auch ihre bestimmte Oerter. Selbst die Juden haben zwey
Synagogen, wenn man bey dem Voorhout her kömmt. Hospitäler
sind gleichfals vorhanden, und ihr Einkommen ist zu Unterhaltung vieler
armen Leute vermögend. Man hat auch in unterschiedlichen Gegenden der
Stadt gewisse Häuser, so den Nahmen Hoffes führen, wo alte und un-
vermö-
aufbauen. Der groſſe Saal iſt ein Zeichen von der Pracht der damahligen
Zeiten. Das Gelaͤnder iſt von dem Jrrlaͤndiſchen Holtze gemacht, wel-
ches von keinen Wuͤrmern zerfreſſen werden kan, und dahero noch vollkom-
men gut iſt. Er iſt mit vielen eroberten Flaggen, Fahnen und Standar-
ten ausgezieret, die den Feinden des Staats abgenommen worden, wovon
ſonderlich eine ziemliche Anzahl von denen, ſo man 1704. von den Frantzo-
ſen bey Hoͤchſtaͤdt erbeutet, zu finden iſt, dieſes Hauß war ſonſt die Woh-
nung der Stadthalter, und noch jetzo der Ort, wo ſich die General-Staa-
ten und die andern vornehmen Collegia, als der Staats-Rath verſamm-
len. Daran ſtoͤſt ein praͤchtiges Gebaͤu, welches ſeine Erbauung dem Printz
Moritz von Naſſau zu dancken hat. Dieſer war Stadthalter in Braſilien,
welches die Hollaͤnder damahls beſaſſen, und ſchmuͤckte es mit den rareſten
Americaniſchen Dingen aus. Jetzo iſt es das Hauß, wo die ankommende
Geſandten auf Koſten der Republic drey oder vier Tage lang auf das koſt-
barſte tractiret werden. Der Magiſtrat von Haag beſtehet aus 26.
Perſonen. Das Rathhauß iſt klein, und hat nichts beſonders an ſich.
Das Zuchthauß, welches man das Spinnhauß nennet, begreift viel lie-
derliche Weibs-Bilder in ſich, und iſt ſo groß, daß es auch ein oͤffentliches
Gefaͤngniß abgibt, und der Lombard darinnen befindlich iſt.
Bingley.
Jſt dieſes nicht ſo viel, als das, was man anderwerts Mont de pietè
heiſt, da man gegen Pfand um einen leidlichen Zinß, Geld nach belieben be-
kommen kan?

Hornbeck.
Ja, Mylord. Das eigentliche Abſehen davon iſt, damit die Geld-
beduͤrfftigen Leute, nicht etwa gar, wie an einigen Orten geſchieht, Pfen-
nig-Zinß
geben muͤſſen. An Kirchen iſt alhier ſo wenig als andern Din-
gen ein Mangel. Die Reformirten haben auſſer dem Tempel im Hoff,
noch drey, wovon die ſogenannte groſſe merckwuͤrdig iſt. Man ſiehet da-
rinnen das marmerne Grabmahl des 1665. in der Schlacht mit den En-
gellaͤndern in die Lufftgeſprengten Amirals Waſſenaer d’ Obdam.
Die Arminianer haben auch eine groſſe Kirche bey dem Canal von Prin-
ce-Graft. Der Lutheraner ihre iſt nicht weit davon, und die Catho-
liquen
haben auch ihre beſtimmte Oerter. Selbſt die Juden haben zwey
Synagogen, wenn man bey dem Voorhout her koͤmmt. Hoſpitaͤler
ſind gleichfals vorhanden, und ihr Einkommen iſt zu Unterhaltung vieler
armen Leute vermoͤgend. Man hat auch in unterſchiedlichen Gegenden der
Stadt gewiſſe Haͤuſer, ſo den Nahmen Hoffes fuͤhren, wo alte und un-
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[46/0056] aufbauen. Der groſſe Saal iſt ein Zeichen von der Pracht der damahligen Zeiten. Das Gelaͤnder iſt von dem Jrrlaͤndiſchen Holtze gemacht, wel- ches von keinen Wuͤrmern zerfreſſen werden kan, und dahero noch vollkom- men gut iſt. Er iſt mit vielen eroberten Flaggen, Fahnen und Standar- ten ausgezieret, die den Feinden des Staats abgenommen worden, wovon ſonderlich eine ziemliche Anzahl von denen, ſo man 1704. von den Frantzo- ſen bey Hoͤchſtaͤdt erbeutet, zu finden iſt, dieſes Hauß war ſonſt die Woh- nung der Stadthalter, und noch jetzo der Ort, wo ſich die General-Staa- ten und die andern vornehmen Collegia, als der Staats-Rath verſamm- len. Daran ſtoͤſt ein praͤchtiges Gebaͤu, welches ſeine Erbauung dem Printz Moritz von Naſſau zu dancken hat. Dieſer war Stadthalter in Braſilien, welches die Hollaͤnder damahls beſaſſen, und ſchmuͤckte es mit den rareſten Americaniſchen Dingen aus. Jetzo iſt es das Hauß, wo die ankommende Geſandten auf Koſten der Republic drey oder vier Tage lang auf das koſt- barſte tractiret werden. Der Magiſtrat von Haag beſtehet aus 26. Perſonen. Das Rathhauß iſt klein, und hat nichts beſonders an ſich. Das Zuchthauß, welches man das Spinnhauß nennet, begreift viel lie- derliche Weibs-Bilder in ſich, und iſt ſo groß, daß es auch ein oͤffentliches Gefaͤngniß abgibt, und der Lombard darinnen befindlich iſt. Bingley. Jſt dieſes nicht ſo viel, als das, was man anderwerts Mont de pietè heiſt, da man gegen Pfand um einen leidlichen Zinß, Geld nach belieben be- kommen kan? Hornbeck. Ja, Mylord. Das eigentliche Abſehen davon iſt, damit die Geld- beduͤrfftigen Leute, nicht etwa gar, wie an einigen Orten geſchieht, Pfen- nig-Zinß geben muͤſſen. An Kirchen iſt alhier ſo wenig als andern Din- gen ein Mangel. Die Reformirten haben auſſer dem Tempel im Hoff, noch drey, wovon die ſogenannte groſſe merckwuͤrdig iſt. Man ſiehet da- rinnen das marmerne Grabmahl des 1665. in der Schlacht mit den En- gellaͤndern in die Lufftgeſprengten Amirals Waſſenaer d’ Obdam. Die Arminianer haben auch eine groſſe Kirche bey dem Canal von Prin- ce-Graft. Der Lutheraner ihre iſt nicht weit davon, und die Catho- liquen haben auch ihre beſtimmte Oerter. Selbſt die Juden haben zwey Synagogen, wenn man bey dem Voorhout her koͤmmt. Hoſpitaͤler ſind gleichfals vorhanden, und ihr Einkommen iſt zu Unterhaltung vieler armen Leute vermoͤgend. Man hat auch in unterſchiedlichen Gegenden der Stadt gewiſſe Haͤuſer, ſo den Nahmen Hoffes fuͤhren, wo alte und un- vermoͤ-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/56>, abgerufen am 24.11.2024.