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[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

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Raminio.
Die Lehre des Arminii, wodurch er sich von den Reformirten getrennet,
gehet vornehmlich dahin, daß GOtt keinen Menschen erwählet, oder
verworfen habe, als nur in so weit, weil er, vermöge seiner All-
wissenheit vorher gesehen, daß der Mensch entweder im Glau-
ben, oder Unglauben, und in der Unbußfertigkeit verharren wer-
de.
Gantz anderer Meynung waren die Gomaristen, welche auf die von
denen Arminianern 1611. denen Herren General-Staaten übergebene Re-
monstration
eine Contra-Remonstration einbrachten, wovon wir noch
beständig die Remonstranten, die Gomaristen aber die Contra-Remon-
strant
en genennet werden, diese hatten zu ihren Vertheidigern das Volck
und die Priester, wozu der damahlige Stadhalter Printz Moritz von O-
ranien,
durch seinen Beytritt, das gröste Gewichte brachte. Die Staats-
Leute
hingegen hielten es mit den Arminianern, welche sich auf ihre
Macht und die Wichtigkeit ihrer Sätze so verliessen, daß sie ein National-
Concilium
1618. zu Dordrecht veranlasten. Dieses bestund aus Hol-
ländischen, Teutschen, Englischen
und Schweitzerischen Geistlichen.
Diese untersuchten es genau, und stritten hefftig mit einander, biß endlich
der Ausspruch erfolgte, daß die Lehre der Arminianer verdammlich wär.
Hier war jedermann wieder diese im Harnisch, und die Bekenner dieser Leh-
re musten gröstentheils zum Lande hinaus marschiren, und ihr Bündel auf
den Rücken nehmen.
Bingley.
Kömmt es vielleicht daher, werthester Raminio, daß ihr und euere
Glaubens-Genossen biß dato noch nicht zu Dordrecht euren Gottesdienst
abwarten dürfft?
Raminio.
Allerdings, Mylord. Denn dieser Synodus hat in den Gemüthern
dieser Jnwohner einen so grossen Eindruck hinterlassen, daß ob uns wohl
durch gantz Holland die Gewissens-Freyheit zugestanden ist, dennoch derglei-
chen uns niemahls zu Dordrecht hat vergönnet werden wollen. Der Printz,
welcher wie oben gemeldet auf der Gomaristen Seite gestanden, miß-
brauchte seines Ansehens ziemlich, und nahm die Religion zum Vorwand,
diejenigen, welche nicht nach seiner Pfeife tantzen wolten, zu stürtzen. Die-
ses betraf vornehmlich den berühmten Oldenbarneveld. Er war ein ge-
schickter Mann, und Raths-Pensionair von Holland, aber dabey entsetz-
lich geitzig. Seine Räncke giengen alle dahin, um die Freyheit des Volcks
in rechte Sicherheit zu setzen, zu dem Ende er dem Gelehrten aber sonst nicht
allzu
Raminio.
Die Lehre des Arminii, wodurch er ſich von den Reformirten getrennet,
gehet vornehmlich dahin, daß GOtt keinen Menſchen erwaͤhlet, oder
verworfen habe, als nur in ſo weit, weil er, vermoͤge ſeiner All-
wiſſenheit vorher geſehen, daß der Menſch entweder im Glau-
ben, oder Unglauben, und in der Unbußfertigkeit verharren wer-
de.
Gantz anderer Meynung waren die Gomariſten, welche auf die von
denen Arminianern 1611. denen Herren General-Staaten uͤbergebene Re-
monſtration
eine Contra-Remonſtration einbrachten, wovon wir noch
beſtaͤndig die Remonſtranten, die Gomariſten aber die Contra-Remon-
ſtrant
en genennet werden, dieſe hatten zu ihren Vertheidigern das Volck
und die Prieſter, wozu der damahlige Stadhalter Printz Moritz von O-
ranien,
durch ſeinen Beytritt, das groͤſte Gewichte brachte. Die Staats-
Leute
hingegen hielten es mit den Arminianern, welche ſich auf ihre
Macht und die Wichtigkeit ihrer Saͤtze ſo verlieſſen, daß ſie ein National-
Concilium
1618. zu Dordrecht veranlaſten. Dieſes beſtund aus Hol-
laͤndiſchen, Teutſchen, Engliſchen
und Schweitzeriſchen Geiſtlichen.
Dieſe unterſuchten es genau, und ſtritten hefftig mit einander, biß endlich
der Ausſpruch erfolgte, daß die Lehre der Arminianer verdammlich waͤr.
Hier war jedermann wieder dieſe im Harniſch, und die Bekenner dieſer Leh-
re muſten groͤſtentheils zum Lande hinaus marſchiren, und ihr Buͤndel auf
den Ruͤcken nehmen.
Bingley.
Koͤmmt es vielleicht daher, wertheſter Raminio, daß ihr und euere
Glaubens-Genoſſen biß dato noch nicht zu Dordrecht euren Gottesdienſt
abwarten duͤrfft?
Raminio.
Allerdings, Mylord. Denn dieſer Synodus hat in den Gemuͤthern
dieſer Jnwohner einen ſo groſſen Eindruck hinterlaſſen, daß ob uns wohl
durch gantz Holland die Gewiſſens-Freyheit zugeſtanden iſt, dennoch derglei-
chen uns niemahls zu Dordrecht hat vergoͤnnet werden wollen. Der Printz,
welcher wie oben gemeldet auf der Gomariſten Seite geſtanden, miß-
brauchte ſeines Anſehens ziemlich, und nahm die Religion zum Vorwand,
diejenigen, welche nicht nach ſeiner Pfeife tantzen wolten, zu ſtuͤrtzen. Die-
ſes betraf vornehmlich den beruͤhmten Oldenbarneveld. Er war ein ge-
ſchickter Mann, und Raths-Penſionair von Holland, aber dabey entſetz-
lich geitzig. Seine Raͤncke giengen alle dahin, um die Freyheit des Volcks
in rechte Sicherheit zu ſetzen, zu dem Ende er dem Gelehrten aber ſonſt nicht
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[64/0074] Raminio. Die Lehre des Arminii, wodurch er ſich von den Reformirten getrennet, gehet vornehmlich dahin, daß GOtt keinen Menſchen erwaͤhlet, oder verworfen habe, als nur in ſo weit, weil er, vermoͤge ſeiner All- wiſſenheit vorher geſehen, daß der Menſch entweder im Glau- ben, oder Unglauben, und in der Unbußfertigkeit verharren wer- de. Gantz anderer Meynung waren die Gomariſten, welche auf die von denen Arminianern 1611. denen Herren General-Staaten uͤbergebene Re- monſtration eine Contra-Remonſtration einbrachten, wovon wir noch beſtaͤndig die Remonſtranten, die Gomariſten aber die Contra-Remon- ſtranten genennet werden, dieſe hatten zu ihren Vertheidigern das Volck und die Prieſter, wozu der damahlige Stadhalter Printz Moritz von O- ranien, durch ſeinen Beytritt, das groͤſte Gewichte brachte. Die Staats- Leute hingegen hielten es mit den Arminianern, welche ſich auf ihre Macht und die Wichtigkeit ihrer Saͤtze ſo verlieſſen, daß ſie ein National- Concilium 1618. zu Dordrecht veranlaſten. Dieſes beſtund aus Hol- laͤndiſchen, Teutſchen, Engliſchen und Schweitzeriſchen Geiſtlichen. Dieſe unterſuchten es genau, und ſtritten hefftig mit einander, biß endlich der Ausſpruch erfolgte, daß die Lehre der Arminianer verdammlich waͤr. Hier war jedermann wieder dieſe im Harniſch, und die Bekenner dieſer Leh- re muſten groͤſtentheils zum Lande hinaus marſchiren, und ihr Buͤndel auf den Ruͤcken nehmen. Bingley. Koͤmmt es vielleicht daher, wertheſter Raminio, daß ihr und euere Glaubens-Genoſſen biß dato noch nicht zu Dordrecht euren Gottesdienſt abwarten duͤrfft? Raminio. Allerdings, Mylord. Denn dieſer Synodus hat in den Gemuͤthern dieſer Jnwohner einen ſo groſſen Eindruck hinterlaſſen, daß ob uns wohl durch gantz Holland die Gewiſſens-Freyheit zugeſtanden iſt, dennoch derglei- chen uns niemahls zu Dordrecht hat vergoͤnnet werden wollen. Der Printz, welcher wie oben gemeldet auf der Gomariſten Seite geſtanden, miß- brauchte ſeines Anſehens ziemlich, und nahm die Religion zum Vorwand, diejenigen, welche nicht nach ſeiner Pfeife tantzen wolten, zu ſtuͤrtzen. Die- ſes betraf vornehmlich den beruͤhmten Oldenbarneveld. Er war ein ge- ſchickter Mann, und Raths-Penſionair von Holland, aber dabey entſetz- lich geitzig. Seine Raͤncke giengen alle dahin, um die Freyheit des Volcks in rechte Sicherheit zu ſetzen, zu dem Ende er dem Gelehrten aber ſonſt nicht allzu

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/74>, abgerufen am 24.11.2024.