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[N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734.

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lassen, da er den Kasten mit herunter tragen helffen und gesagt: Wenn
Grotius auch selbst drinnen läge, so könte der Kasten nicht schwe-
rer seyn.
Worüber diesem das Hertz aus Furcht entdeckt zu werden,
nicht wenig gepocht haben wird. Den andern Arminianern gieng es nicht
besser, und weil die reichsten Leute mit unter ihrer Zahl waren, so retirirten
sie sich Haufenweise, nach Hollstein und Altona, biß endlich 1625. ihnen
die Erlaubniß, nach Holland zurück zu kehren, und ihre Religion dort zu
treiben, gegeben wurde. Wir leben also hier, und bemühen uns in der
grösten Gelassenheit unsern Gottesdienst abzuwarten, dabey wir doch nicht
verhindern können, je mehr und mehr gedrückt und eingeschränckt zu wer-
den.
Bingley.
Jch meynte aber, es würde niemand um der Religion willen alhier
verfolget?
Raminio.
An sich ists richtig, aber es geht doch nicht so leer ab. Denn der
Haß zwischen uns und den Gomaristen, die anjetzo die Oberhand haben,
ist einmahl so eingewurtzelt, daß immer eine Parthey der andern Tort zu
thun sucht. Die übrigen Religionen anbelangend, so will ich nach eurem
Befehl, Mylord, ein paar Worte davon gedencken. Die drey Haupt-
Religionen in der Christenheit, die Lutherische, Reformirte und Pa-
pistische
haben allein das Recht, Kirchen in Holland zu haben, die
Secten und Ketzer müssen zufrieden seyn, daß sie ihren Gottesdienst
in Privathäusern halten können. Man findet dahero hier Anabaptisten,
oder Mennonisten, Socinianer, Arminianer, Gomaristen, Quä-
cker oder Enthusiasten, Jüden, Armenier, Griechen, Türcken,

und noch viel andere Secten mehr. Die Haupt-Religion aber in Hol-
land, ist die Reformirte, welches von dem Printz Wilhelm, und seinen
reformirten Gemahlinnen herkömt. Dieses eintzige will ich noch, Mylord,
hiervon gedencken, daß die Geistlichen in Holland keinen Rang vor an-
dern, wie in den übrigen Europäischen und andern Ländern geschicht, ver-
langen können, sondern sie sind alle einander gleich. Da gibt es keine
Patriarchen, keine Primate, keine Ertz- und Bischöffe, keine Aebte
und Pröbste, keine General- und Special-Superintendenten, keine
Archidiaconos, Diaconos, Jnspectores, und wie sie alle heissen,
sondern man erwehlet in jeder Gemeinde Aeltesten, welche die Ober-
Aufsicht
in Geistlichen haben, und nicht zugeben, daß die Prediger sich
in gerichtliche Dinge, wie anderwerts geschicht, mischen dürffen. Er
be-
laſſen, da er den Kaſten mit herunter tragen helffen und geſagt: Wenn
Grotius auch ſelbſt drinnen laͤge, ſo koͤnte der Kaſten nicht ſchwe-
rer ſeyn.
Woruͤber dieſem das Hertz aus Furcht entdeckt zu werden,
nicht wenig gepocht haben wird. Den andern Arminianern gieng es nicht
beſſer, und weil die reichſten Leute mit unter ihrer Zahl waren, ſo retirirten
ſie ſich Haufenweiſe, nach Hollſtein und Altona, biß endlich 1625. ihnen
die Erlaubniß, nach Holland zuruͤck zu kehren, und ihre Religion dort zu
treiben, gegeben wurde. Wir leben alſo hier, und bemuͤhen uns in der
groͤſten Gelaſſenheit unſern Gottesdienſt abzuwarten, dabey wir doch nicht
verhindern koͤnnen, je mehr und mehr gedruͤckt und eingeſchraͤnckt zu wer-
den.
Bingley.
Jch meynte aber, es wuͤrde niemand um der Religion willen alhier
verfolget?
Raminio.
An ſich iſts richtig, aber es geht doch nicht ſo leer ab. Denn der
Haß zwiſchen uns und den Gomariſten, die anjetzo die Oberhand haben,
iſt einmahl ſo eingewurtzelt, daß immer eine Parthey der andern Tort zu
thun ſucht. Die uͤbrigen Religionen anbelangend, ſo will ich nach eurem
Befehl, Mylord, ein paar Worte davon gedencken. Die drey Haupt-
Religionen in der Chriſtenheit, die Lutheriſche, Reformirte und Pa-
piſtiſche
haben allein das Recht, Kirchen in Holland zu haben, die
Secten und Ketzer muͤſſen zufrieden ſeyn, daß ſie ihren Gottesdienſt
in Privathaͤuſern halten koͤnnen. Man findet dahero hier Anabaptiſten,
oder Mennoniſten, Socinianer, Arminianer, Gomariſten, Quaͤ-
cker oder Enthuſiaſten, Juͤden, Armenier, Griechen, Tuͤrcken,

und noch viel andere Secten mehr. Die Haupt-Religion aber in Hol-
land, iſt die Reformirte, welches von dem Printz Wilhelm, und ſeinen
reformirten Gemahlinnen herkoͤmt. Dieſes eintzige will ich noch, Mylord,
hiervon gedencken, daß die Geiſtlichen in Holland keinen Rang vor an-
dern, wie in den uͤbrigen Europaͤiſchen und andern Laͤndern geſchicht, ver-
langen koͤnnen, ſondern ſie ſind alle einander gleich. Da gibt es keine
Patriarchen, keine Primate, keine Ertz- und Biſchoͤffe, keine Aebte
und Proͤbſte, keine General- und Special-Superintendenten, keine
Archidiaconos, Diaconos, Jnſpectores, und wie ſie alle heiſſen,
ſondern man erwehlet in jeder Gemeinde Aelteſten, welche die Ober-
Aufſicht
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Zitationshilfe: [N. N.]: Der reisende Engelländer. Frankfurt u. a., 1734, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_engellaender_1734/76>, abgerufen am 24.11.2024.