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Europa. Wochenschrift für Kultur und Politik. Jahrgang 1, Heft 13. Berlin-Charlottenburg, 13. April 1905.

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Dr. Eduard David: Das kollektivistische Wirtschaftsprinzip.
Kapital eigentümer und Kapital anwender als Repräsentanten des
Kapitalinteresses in den einen Begriff "Kapitalist" zusammen.

Und ebenso berechtigt ist es, wenn das Erfurter Programm den Be-
griff "Arbeit" nicht auflöst in "ausführende" und "dispositive", "mechanische"
und "geistige", "unqualifizierte" und "qualifizierte" Arbeit oder ähnliche Un-
terscheidungen. Die sozialistischen Theoretiker haben auch diese Unterschiede
natürlich nicht übersehen. Aber für den Gegensatz, um den es sich bei dem
großen Kampf der Arbeit als solcher gegen das Kapital als solches handelt, für
den Kampf um Beseitigung der kapitalistischen Einkommensmöglichkeiten:
Grundrente, Zins und Unternehmergewinn, kommen die Unterscheidungen
zwischen dem Lohneinkommen für die verschiedenen Arten der Hand= oder Hirn-
arbeit nicht in Betracht.

Durchaus verkehrt aber wäre es, wollte man den Unternehmer, weil
er in den meisten Fällen außer seiner Funktion als Kapitalanwender, auch
die Funktion eines technischen oder kaufmännischen Arbeiters ausübt, im so-
zialdemokratischen Programm als Repräsentanten der Arbeit hinstellen. Der
"Dirigentengehalt", wie Kulemann sagt, oder der "Verwaltungslohn", wie sich
Marx ausdrückt, ist freilich Arbeits lohn.*) Aber darum ist der fungierende
Kapitalist, der ihn bezieht, doch noch kein Lohnarbeiter. Sein wirtschaftliches
Jnteresse steht vielmehr auch hinsichtlich dieses Teils seines Einkommens in
stricktem Gegensatz zu dem Jnteresse der Arbeiterschaft. Denn er erhält diesen
"Lohn" nicht als fixe Summe aus der Tasche des Kapitaleigentümers, son-
dern er muß ihn zusammen mit dem Profit dem Wertprodukt des Arbeits-
prozesses entnehmen. Unter sonst gleichen Verhältnissen ist sein Verwaltungs-
lohn alfo um so größer, je geringer der Anteil des Wertproduktes ist, welcher
der mechanisch=produktiven Arbeit als Lohn zufällt.

Anders liegt die Sache erst da, wo die Personalunion zwischen Unter-
nehmer und Dirigent gelöst ist, wo die Aufgaben des letzteren durch angestellte
kaufmännische oder technische Beamte besorgt werden. Diese stehen dann den
Kapitalinteressen als Repräsentanten der Arbeit gegenüber. Aber selbst hier
gelingt es dem Kapital nur zu oft, das Bewußtsein dieses Gegensatzes und
das Gefühl der Jnteressensolidarität mit der Arbeiterschaft völlig zu ersticken,
indem es die Beamten durch eine "Tantieme" direkt am Ausbeutungserfolg
beteiligt. Nichtsdestoweniger gehören diese wie alle sonstigen "mit dem Hirn
pflügenden" Angestellten zu der ökonomischen Kategorie der "Arbeiterklasse"
von der das Erfurter Programm spricht.

*) Zur schärferen Klarstellung des Unterschiedes zwischen "Unternehmergewinn"
und "Verwaltungslohn" verweist Marx auf die Fälle des praktischen Auseinanderfallens
des Unternehmers und des Dirigenten bei den Arbeiterproduktivgenossenschaften und bei
den Aktiengesellschaften: "Mit der Entwicklung der Kooperation auf Seiten der Arbeiter,
der Aktienunternehmungen auf seiten der Bourgeoisie, wurde auch der letzte Vorwand zur
Verwechselung des Unternehmergewinns mit dem Verwaltungslohn unter den Füßen weg-
gezogen, und es erschien der Profit auch praktisch als was er theoretisch unleugbar war,
als bloßer Mehrwert, Wert, für den kein Aequivalent gezahlt ist, realisierte unbezahlte
Arbeit, so daß der fungierende Kapitalist die Arbeit wirklich exploitiert, und die Frucht
seiner Exploitation, wenn er mit geborgtem Kapital arbeitet, sich teilt in Zins und in
Unternehmergewinn, Ueberschuß des Profits über den Zins." ( Kapitel III Bd. 1
Teil p. 376. )

Dr. Eduard David: Das kollektivistische Wirtschaftsprinzip.
Kapital eigentümer und Kapital anwender als Repräsentanten des
Kapitalinteresses in den einen Begriff „Kapitalist“ zusammen.

Und ebenso berechtigt ist es, wenn das Erfurter Programm den Be-
griff „Arbeit“ nicht auflöst in „ausführende“ und „dispositive“, „mechanische“
und „geistige“, „unqualifizierte“ und „qualifizierte“ Arbeit oder ähnliche Un-
terscheidungen. Die sozialistischen Theoretiker haben auch diese Unterschiede
natürlich nicht übersehen. Aber für den Gegensatz, um den es sich bei dem
großen Kampf der Arbeit als solcher gegen das Kapital als solches handelt, für
den Kampf um Beseitigung der kapitalistischen Einkommensmöglichkeiten:
Grundrente, Zins und Unternehmergewinn, kommen die Unterscheidungen
zwischen dem Lohneinkommen für die verschiedenen Arten der Hand= oder Hirn-
arbeit nicht in Betracht.

Durchaus verkehrt aber wäre es, wollte man den Unternehmer, weil
er in den meisten Fällen außer seiner Funktion als Kapitalanwender, auch
die Funktion eines technischen oder kaufmännischen Arbeiters ausübt, im so-
zialdemokratischen Programm als Repräsentanten der Arbeit hinstellen. Der
„Dirigentengehalt“, wie Kulemann sagt, oder der „Verwaltungslohn“, wie sich
Marx ausdrückt, ist freilich Arbeits lohn.*) Aber darum ist der fungierende
Kapitalist, der ihn bezieht, doch noch kein Lohnarbeiter. Sein wirtschaftliches
Jnteresse steht vielmehr auch hinsichtlich dieses Teils seines Einkommens in
stricktem Gegensatz zu dem Jnteresse der Arbeiterschaft. Denn er erhält diesen
„Lohn“ nicht als fixe Summe aus der Tasche des Kapitaleigentümers, son-
dern er muß ihn zusammen mit dem Profit dem Wertprodukt des Arbeits-
prozesses entnehmen. Unter sonst gleichen Verhältnissen ist sein Verwaltungs-
lohn alfo um so größer, je geringer der Anteil des Wertproduktes ist, welcher
der mechanisch=produktiven Arbeit als Lohn zufällt.

Anders liegt die Sache erst da, wo die Personalunion zwischen Unter-
nehmer und Dirigent gelöst ist, wo die Aufgaben des letzteren durch angestellte
kaufmännische oder technische Beamte besorgt werden. Diese stehen dann den
Kapitalinteressen als Repräsentanten der Arbeit gegenüber. Aber selbst hier
gelingt es dem Kapital nur zu oft, das Bewußtsein dieses Gegensatzes und
das Gefühl der Jnteressensolidarität mit der Arbeiterschaft völlig zu ersticken,
indem es die Beamten durch eine „Tantieme“ direkt am Ausbeutungserfolg
beteiligt. Nichtsdestoweniger gehören diese wie alle sonstigen „mit dem Hirn
pflügenden“ Angestellten zu der ökonomischen Kategorie der „Arbeiterklasse“
von der das Erfurter Programm spricht.

*) Zur schärferen Klarstellung des Unterschiedes zwischen „Unternehmergewinn“
und „Verwaltungslohn“ verweist Marx auf die Fälle des praktischen Auseinanderfallens
des Unternehmers und des Dirigenten bei den Arbeiterproduktivgenossenschaften und bei
den Aktiengesellschaften: „Mit der Entwicklung der Kooperation auf Seiten der Arbeiter,
der Aktienunternehmungen auf seiten der Bourgeoisie, wurde auch der letzte Vorwand zur
Verwechselung des Unternehmergewinns mit dem Verwaltungslohn unter den Füßen weg-
gezogen, und es erschien der Profit auch praktisch als was er theoretisch unleugbar war,
als bloßer Mehrwert, Wert, für den kein Aequivalent gezahlt ist, realisierte unbezahlte
Arbeit, so daß der fungierende Kapitalist die Arbeit wirklich exploitiert, und die Frucht
seiner Exploitation, wenn er mit geborgtem Kapital arbeitet, sich teilt in Zins und in
Unternehmergewinn, Ueberschuß des Profits über den Zins.“ ( Kapitel III Bd. 1
Teil p. 376. )
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[612/0020] Dr. Eduard David: Das kollektivistische Wirtschaftsprinzip. Kapital eigentümer und Kapital anwender als Repräsentanten des Kapitalinteresses in den einen Begriff „Kapitalist“ zusammen. Und ebenso berechtigt ist es, wenn das Erfurter Programm den Be- griff „Arbeit“ nicht auflöst in „ausführende“ und „dispositive“, „mechanische“ und „geistige“, „unqualifizierte“ und „qualifizierte“ Arbeit oder ähnliche Un- terscheidungen. Die sozialistischen Theoretiker haben auch diese Unterschiede natürlich nicht übersehen. Aber für den Gegensatz, um den es sich bei dem großen Kampf der Arbeit als solcher gegen das Kapital als solches handelt, für den Kampf um Beseitigung der kapitalistischen Einkommensmöglichkeiten: Grundrente, Zins und Unternehmergewinn, kommen die Unterscheidungen zwischen dem Lohneinkommen für die verschiedenen Arten der Hand= oder Hirn- arbeit nicht in Betracht. Durchaus verkehrt aber wäre es, wollte man den Unternehmer, weil er in den meisten Fällen außer seiner Funktion als Kapitalanwender, auch die Funktion eines technischen oder kaufmännischen Arbeiters ausübt, im so- zialdemokratischen Programm als Repräsentanten der Arbeit hinstellen. Der „Dirigentengehalt“, wie Kulemann sagt, oder der „Verwaltungslohn“, wie sich Marx ausdrückt, ist freilich Arbeits lohn. *) Aber darum ist der fungierende Kapitalist, der ihn bezieht, doch noch kein Lohnarbeiter. Sein wirtschaftliches Jnteresse steht vielmehr auch hinsichtlich dieses Teils seines Einkommens in stricktem Gegensatz zu dem Jnteresse der Arbeiterschaft. Denn er erhält diesen „Lohn“ nicht als fixe Summe aus der Tasche des Kapitaleigentümers, son- dern er muß ihn zusammen mit dem Profit dem Wertprodukt des Arbeits- prozesses entnehmen. Unter sonst gleichen Verhältnissen ist sein Verwaltungs- lohn alfo um so größer, je geringer der Anteil des Wertproduktes ist, welcher der mechanisch=produktiven Arbeit als Lohn zufällt. Anders liegt die Sache erst da, wo die Personalunion zwischen Unter- nehmer und Dirigent gelöst ist, wo die Aufgaben des letzteren durch angestellte kaufmännische oder technische Beamte besorgt werden. Diese stehen dann den Kapitalinteressen als Repräsentanten der Arbeit gegenüber. Aber selbst hier gelingt es dem Kapital nur zu oft, das Bewußtsein dieses Gegensatzes und das Gefühl der Jnteressensolidarität mit der Arbeiterschaft völlig zu ersticken, indem es die Beamten durch eine „Tantieme“ direkt am Ausbeutungserfolg beteiligt. Nichtsdestoweniger gehören diese wie alle sonstigen „mit dem Hirn pflügenden“ Angestellten zu der ökonomischen Kategorie der „Arbeiterklasse“ von der das Erfurter Programm spricht. *) Zur schärferen Klarstellung des Unterschiedes zwischen „Unternehmergewinn“ und „Verwaltungslohn“ verweist Marx auf die Fälle des praktischen Auseinanderfallens des Unternehmers und des Dirigenten bei den Arbeiterproduktivgenossenschaften und bei den Aktiengesellschaften: „Mit der Entwicklung der Kooperation auf Seiten der Arbeiter, der Aktienunternehmungen auf seiten der Bourgeoisie, wurde auch der letzte Vorwand zur Verwechselung des Unternehmergewinns mit dem Verwaltungslohn unter den Füßen weg- gezogen, und es erschien der Profit auch praktisch als was er theoretisch unleugbar war, als bloßer Mehrwert, Wert, für den kein Aequivalent gezahlt ist, realisierte unbezahlte Arbeit, so daß der fungierende Kapitalist die Arbeit wirklich exploitiert, und die Frucht seiner Exploitation, wenn er mit geborgtem Kapital arbeitet, sich teilt in Zins und in Unternehmergewinn, Ueberschuß des Profits über den Zins.“ ( Kapitel III Bd. 1 Teil p. 376. )

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Zitationshilfe: Europa. Wochenschrift für Kultur und Politik. Jahrgang 1, Heft 13. Berlin-Charlottenburg, 13. April 1905, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_europa0113_1905/20>, abgerufen am 21.11.2024.