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Das Heller-Blatt. Nr. 9. Breslau, 29. März 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] benutzen. "Der letzte Jndianer wird auch den letzten
Büffel tödten!" so spricht der civilisirte Nord-
amerikaner, und in der That, es hat allen An-
schein, daß die sich unter einander in steigender Pro-
gression aufreibenden Jndianer, auch keinen Büffel
zurücklassen werden.

Der Lieutenant Franklin wohnte auf seiner ersten
Reise nach dem Nordpol, mit seinen Gefährten, einer
Büffeljagd der Krihs=Jndianer bei, von der wir
hier eine treue Abbildung sehn. Es war ein großer,
freier, kreisförmiger Platz von etwa 300 Fuß im
Durchmesser, eingehegt, und hinter die Verzäumung
eine Anzahl Schützen versteckt, um bei der Ankunft des
Büffels ihn sogleich zu empfangen. Zu beiden Seiten
der Straße, die zu diesem Gehege führte, waren Stan-
gen mit menschenähnlichen Bälgen eingeschlagen, um
die Büffel zurückzuscheuchen, damit sie nicht seitwärts
durchbrechen möchten. Die Hauptsache bei dieser Jagd
verrichten die Reiter, welche in weiter Ferne, wo die
Thiere sich aufhalten und weiden, sie zusammentreiben,
und auf den zum Gehege führenden Weg zu bringen su-
chen. Haben sie sie hier auf einen kleinen Raum zusam-
mengedrängt, so geben sie Feuer, und die Thiere wer-
den hierdurch so verwirrt, daß sie blindlings vorwärts
nach dem Rande des Geheges rennen, wo sie von den
Jägern empfangen werden. Mitten im Gehege waren
an einem Baume Stücken von Büffelfleisch und einige
Kleider, als Opfer für den großen Meister des Lebens,
aufgehängt. Zuweilen muß auch ein Mann während
der Jagd auf diesen Baum hinaufsteigen, und so lange
singen, bis alle Büffel, die in das Gehege getrieben
werden, getödtet sind.

Unter den verschiedenen Arten, die Büffel zu er-
legen, ist die zu Pferde diejenige, welche die meiste Ge-
schicklichkeit erfordert. Der Jäger reitet zu einer Büf-
felheerde, und sucht ein Thier durch die Bewegungen
des Pferdes von derselben abzusondern. Hat er es end-
lich zum Schuß gebracht, so giebt er Feuer, und ist
in den meisten Fällen so glücklich, den Büffel sogleich
niederzustrecken, obschon er aus freier Hand schießen
muß und nur im Fluge zielen kann. Bei dieser Art
von Jagd geräth der Jäger nicht selten in große Gefahr,
theils wenn das Pferd in die gefährlichen Löcher fällt,
welche die Dachse gemacht haben, theils wenn der wü-
thend gemachte Büffel sich plötzlich umkehrt, und ent-
weder das Pferd verwundet, oder den Reiter herab-
wirft. Sind die Büffel auf ihrer Hut, so kann diese
Art, sie mit Pferden zu jagen, nicht angewandt wer-
den. Dann steigt der Jäger in einiger Entfernung ab,
und kriecht ganz langsam auf dem Boden zur Heerde
hin, sein Gewehr dabei vorausschiebend. Merkt er,
daß die Büffel seiner ansichtig werden, so hält er still
und bleibt so lange bewegungslos, bis sie beruhigt sind
und wieder wegsehn. Durch diese Vorsicht kann ein ge-
schickter Jäger der Heerde endlich so nahe kommen, daß
[Spaltenumbruch] er zwei bis drei Stück zu tödten vermag. Diese Jagd,
besonders im Winter, ist sehr beschwerlich, da die Kälte
oft auf 28 Grad steigt.



Ueber den Tabak.

Gewiß ist für den gebildeten Menschen nichts an-
ziehender und lehrreicher, als die Geschichte der Bildung
der Menschheit, in ihrem langsamen Fort= und - nur
zu oft! - auch in ihrem Rückschreiten. Hiervon macht
die Geschichte der Erfindungen, das ist, der Bestrebun-
gen der Menschen, die Gaben der Natur zu ihrem Nuz-
zen oder Vergnügen anzuwenden, überhaupt sich das
Leben zu erleichtern und zu erheitern, einen wesentli-
chen Theil aus. Jede Erfindung vermehrt das Arbeits-
Kapital, und wirkt somit wohlthätig bis in die ge-
ringste Hütte.

Den Tabak erhielt Europa aus Amerika. Ade-
lung
schreibt Toback, weil ihm Tabak im Hochdeut-
schen geziert klingt, indem er doch zugiebt, daß das
letztere, nach der Abstammung, die richtige Schreib-
und Sprechart sei. Der Name kommt weder von der
Jnsel Tabago her, noch von der Stadt Tabasko in
Neu=Spanien, sondern von Tabako, dem Namen
des Gefäßes, oder der Pfeife, woraus die Eingebornen
auf Domingo rauchten, als Kolumbus 1492 die Jnsel
entdeckte. Die Spanier nahmen dieses Wort, aus Un-
kunde der Landessprache, für die Pflanze selbst, die
Kohiba oder Kohoba hieß. Jn Brasilien wurde sie
Petun genannt, woher noch jetzt für eine Sorte Ta-
bak der Name Petum vorkommt. Sehr wahrschein-
lich ist in Asien der Tabak lange vor der Entdeckung
Amerika's bekannt gewesen, und von Chinesen und
Mongolen geraucht worden, und noch jetzt ist das Rau-
chen in Asien viel allgemeiner, als selbst in denjenigen
amerikanischen Provinzen, wo die Pflanze wild wächst.
Ursprünglich diente er in seinem Vaterlande nur als
Arzenei, theils innerlich in Extrakt und Aufguß mit
gutem Nutzen, theils äußerlich zu Umschlägen, auch
als Wundkraut; und, wie bekannt, wird er auch bei
uns bisweilen zu Klystiren, zu Umschlägen gegen die
Schaafräude, und sonst, angewendet.

Den ersten Tabakssaamen erhielt Portugal im
Jahr 1530. Von da brachte ihn im Jahr 1559 der
französische Gesandte, Jean Nicot, nach Frankreich,
und beschenkte die Königin Katharina von Medici da-
mit. Daher der, auch wissenschaftliche, Name Nico-
tiana. Anfangs hieß er in Frankreich herbe de la
Reine
, auch herbe du Grand-Prieur, von dem Groß-
Prior, Herzog von Lothringen, der ihn stark
brauchte, auch herbe de Saint-Croix, von Marcel
Corvino,
Kardinal de Sainte=Croix, nachherigen
Pabst Paul III., der ihn von seiner Nuntiatur in Por-
tugal, in Jtalien bekannt gemacht hatte.

[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] benutzen. „Der letzte Jndianer wird auch den letzten
Büffel tödten!“ so spricht der civilisirte Nord-
amerikaner, und in der That, es hat allen An-
schein, daß die sich unter einander in steigender Pro-
gression aufreibenden Jndianer, auch keinen Büffel
zurücklassen werden.

Der Lieutenant Franklin wohnte auf seiner ersten
Reise nach dem Nordpol, mit seinen Gefährten, einer
Büffeljagd der Krihs=Jndianer bei, von der wir
hier eine treue Abbildung sehn. Es war ein großer,
freier, kreisförmiger Platz von etwa 300 Fuß im
Durchmesser, eingehegt, und hinter die Verzäumung
eine Anzahl Schützen versteckt, um bei der Ankunft des
Büffels ihn sogleich zu empfangen. Zu beiden Seiten
der Straße, die zu diesem Gehege führte, waren Stan-
gen mit menschenähnlichen Bälgen eingeschlagen, um
die Büffel zurückzuscheuchen, damit sie nicht seitwärts
durchbrechen möchten. Die Hauptsache bei dieser Jagd
verrichten die Reiter, welche in weiter Ferne, wo die
Thiere sich aufhalten und weiden, sie zusammentreiben,
und auf den zum Gehege führenden Weg zu bringen su-
chen. Haben sie sie hier auf einen kleinen Raum zusam-
mengedrängt, so geben sie Feuer, und die Thiere wer-
den hierdurch so verwirrt, daß sie blindlings vorwärts
nach dem Rande des Geheges rennen, wo sie von den
Jägern empfangen werden. Mitten im Gehege waren
an einem Baume Stücken von Büffelfleisch und einige
Kleider, als Opfer für den großen Meister des Lebens,
aufgehängt. Zuweilen muß auch ein Mann während
der Jagd auf diesen Baum hinaufsteigen, und so lange
singen, bis alle Büffel, die in das Gehege getrieben
werden, getödtet sind.

Unter den verschiedenen Arten, die Büffel zu er-
legen, ist die zu Pferde diejenige, welche die meiste Ge-
schicklichkeit erfordert. Der Jäger reitet zu einer Büf-
felheerde, und sucht ein Thier durch die Bewegungen
des Pferdes von derselben abzusondern. Hat er es end-
lich zum Schuß gebracht, so giebt er Feuer, und ist
in den meisten Fällen so glücklich, den Büffel sogleich
niederzustrecken, obschon er aus freier Hand schießen
muß und nur im Fluge zielen kann. Bei dieser Art
von Jagd geräth der Jäger nicht selten in große Gefahr,
theils wenn das Pferd in die gefährlichen Löcher fällt,
welche die Dachse gemacht haben, theils wenn der wü-
thend gemachte Büffel sich plötzlich umkehrt, und ent-
weder das Pferd verwundet, oder den Reiter herab-
wirft. Sind die Büffel auf ihrer Hut, so kann diese
Art, sie mit Pferden zu jagen, nicht angewandt wer-
den. Dann steigt der Jäger in einiger Entfernung ab,
und kriecht ganz langsam auf dem Boden zur Heerde
hin, sein Gewehr dabei vorausschiebend. Merkt er,
daß die Büffel seiner ansichtig werden, so hält er still
und bleibt so lange bewegungslos, bis sie beruhigt sind
und wieder wegsehn. Durch diese Vorsicht kann ein ge-
schickter Jäger der Heerde endlich so nahe kommen, daß
[Spaltenumbruch] er zwei bis drei Stück zu tödten vermag. Diese Jagd,
besonders im Winter, ist sehr beschwerlich, da die Kälte
oft auf 28 Grad steigt.



Ueber den Tabak.

Gewiß ist für den gebildeten Menschen nichts an-
ziehender und lehrreicher, als die Geschichte der Bildung
der Menschheit, in ihrem langsamen Fort= und – nur
zu oft! – auch in ihrem Rückschreiten. Hiervon macht
die Geschichte der Erfindungen, das ist, der Bestrebun-
gen der Menschen, die Gaben der Natur zu ihrem Nuz-
zen oder Vergnügen anzuwenden, überhaupt sich das
Leben zu erleichtern und zu erheitern, einen wesentli-
chen Theil aus. Jede Erfindung vermehrt das Arbeits-
Kapital, und wirkt somit wohlthätig bis in die ge-
ringste Hütte.

Den Tabak erhielt Europa aus Amerika. Ade-
lung
schreibt Toback, weil ihm Tabak im Hochdeut-
schen geziert klingt, indem er doch zugiebt, daß das
letztere, nach der Abstammung, die richtige Schreib-
und Sprechart sei. Der Name kommt weder von der
Jnsel Tabago her, noch von der Stadt Tabasko in
Neu=Spanien, sondern von Tabako, dem Namen
des Gefäßes, oder der Pfeife, woraus die Eingebornen
auf Domingo rauchten, als Kolumbus 1492 die Jnsel
entdeckte. Die Spanier nahmen dieses Wort, aus Un-
kunde der Landessprache, für die Pflanze selbst, die
Kohiba oder Kohoba hieß. Jn Brasilien wurde sie
Petun genannt, woher noch jetzt für eine Sorte Ta-
bak der Name Petum vorkommt. Sehr wahrschein-
lich ist in Asien der Tabak lange vor der Entdeckung
Amerika's bekannt gewesen, und von Chinesen und
Mongolen geraucht worden, und noch jetzt ist das Rau-
chen in Asien viel allgemeiner, als selbst in denjenigen
amerikanischen Provinzen, wo die Pflanze wild wächst.
Ursprünglich diente er in seinem Vaterlande nur als
Arzenei, theils innerlich in Extrakt und Aufguß mit
gutem Nutzen, theils äußerlich zu Umschlägen, auch
als Wundkraut; und, wie bekannt, wird er auch bei
uns bisweilen zu Klystiren, zu Umschlägen gegen die
Schaafräude, und sonst, angewendet.

Den ersten Tabakssaamen erhielt Portugal im
Jahr 1530. Von da brachte ihn im Jahr 1559 der
französische Gesandte, Jean Nicot, nach Frankreich,
und beschenkte die Königin Katharina von Medici da-
mit. Daher der, auch wissenschaftliche, Name Nico-
tiana. Anfangs hieß er in Frankreich herbe de la
Reine
, auch herbe du Grand-Prieur, von dem Groß-
Prior, Herzog von Lothringen, der ihn stark
brauchte, auch herbe de Saint-Croix, von Marcel
Corvino,
Kardinal de Sainte=Croix, nachherigen
Pabst Paul III., der ihn von seiner Nuntiatur in Por-
tugal, in Jtalien bekannt gemacht hatte.

[Ende Spaltensatz]
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Ade- lung schreibt Toback, weil ihm Tabak im Hochdeut- schen geziert klingt, indem er doch zugiebt, daß das letztere, nach der Abstammung, die richtige Schreib- und Sprechart sei. Der Name kommt weder von der Jnsel Tabago her, noch von der Stadt Tabasko in Neu=Spanien, sondern von Tabako, dem Namen des Gefäßes, oder der Pfeife, woraus die Eingebornen auf Domingo rauchten, als Kolumbus 1492 die Jnsel entdeckte. Die Spanier nahmen dieses Wort, aus Un- kunde der Landessprache, für die Pflanze selbst, die Kohiba oder Kohoba hieß. Jn Brasilien wurde sie Petun genannt, woher noch jetzt für eine Sorte Ta- bak der Name Petum vorkommt. Sehr wahrschein- lich ist in Asien der Tabak lange vor der Entdeckung Amerika's bekannt gewesen, und von Chinesen und Mongolen geraucht worden, und noch jetzt ist das Rau- chen in Asien viel allgemeiner, als selbst in denjenigen amerikanischen Provinzen, wo die Pflanze wild wächst. Ursprünglich diente er in seinem Vaterlande nur als Arzenei, theils innerlich in Extrakt und Aufguß mit gutem Nutzen, theils äußerlich zu Umschlägen, auch als Wundkraut; und, wie bekannt, wird er auch bei uns bisweilen zu Klystiren, zu Umschlägen gegen die Schaafräude, und sonst, angewendet. Den ersten Tabakssaamen erhielt Portugal im Jahr 1530. Von da brachte ihn im Jahr 1559 der französische Gesandte, Jean Nicot, nach Frankreich, und beschenkte die Königin Katharina von Medici da- mit. Daher der, auch wissenschaftliche, Name Nico- tiana. Anfangs hieß er in Frankreich herbe de la Reine, auch herbe du Grand-Prieur, von dem Groß- Prior, Herzog von Lothringen, der ihn stark brauchte, auch herbe de Saint-Croix, von Marcel Corvino, Kardinal de Sainte=Croix, nachherigen Pabst Paul III., der ihn von seiner Nuntiatur in Por- tugal, in Jtalien bekannt gemacht hatte.

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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 9. Breslau, 29. März 1834, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller13_1834/2>, abgerufen am 21.11.2024.