Das Heller-Blatt. Nr. 14. Breslau, 5. April 1834.Das Heller=Blatt. [Beginn Spaltensatz]
Das Kolosseum liegt zwischen dem Esquilinischen Die auf den Titus folgenden römischen Kaiser, tru- Das Kolosseum in Rom. Expedition des Heller=Blattes zu Breslau, Ring Nr. 51. Verantwortlicher Redacteur: Theodor Brand. Steindruck von Wilhelm Steinmetz. Buchdruck von Heinrich Richter. Das Heller=Blatt. [Beginn Spaltensatz]
Das Kolosseum liegt zwischen dem Esquilinischen Die auf den Titus folgenden römischen Kaiser, tru- Das Kolosseum in Rom. Expedition des Heller=Blattes zu Breslau, Ring Nr. 51. Verantwortlicher Redacteur: Theodor Brand. Steindruck von Wilhelm Steinmetz. Buchdruck von Heinrich Richter. <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <pb facs="#f0008" n="112"/> <fw type="header" place="top"> <hi rendition="#g">Das Heller=Blatt.</hi> </fw> <cb type="start"/> <p>Das Kolosseum liegt zwischen dem Esquilinischen<lb/> und Cölischen Verge, und steigt, ein Riesenskelett,<lb/> unter Trümmern noch jetzt 150 Fuß hoch empor. Es<lb/> stand noch in seiner Herrlichkeit im achten Jahrhundert,<lb/> als die ersten nordischen Pilgrime Rom besuchten. Hin-<lb/> gerissen von dem großen Anblicke, riefen sie aus: „so<lb/> lange das Kolosseum steht, wird Rom stehen, und<lb/> wenn dies Gebäude fällt, wird Rom fallen, und fällt<lb/> Rom, so geht die Welt unter!“</p><lb/> <p>Die auf den Titus folgenden römischen Kaiser, tru-<lb/> gen große Sorgfalt für die Erhaltung dieses pracht-<lb/> vollen Werks. Die rohen <hi rendition="#g">Gothen,</hi> als sie die Stadt<lb/><hi rendition="#g">Rom</hi> eroberten, begnügten sich damit, ihm seinen in-<lb/> nern Schmuck zu rauben, nnd ließen das Gebäude un-<lb/> angetastet. Die Christen machten es in ihrem Reli-<lb/> gionseifer anders. Pabst Paul <hi rendition="#aq">II</hi>. ließ von demselben<lb/><cb n="2"/> einen Theil wegreißen, und baute damit den St. <hi rendition="#g">Mar-<lb/> kuspallast.</hi> Pabst Paul <hi rendition="#aq">III</hi>. folgte seinem Beispiel<lb/> und baute von demselben Material den Pallast <hi rendition="#g">Far-<lb/> nese.</hi> Aber trotz diesen Verwüstungen steht noch im-<lb/> mer ein Ehrfurcht gebietender Theil. Ungeheure Mas-<lb/> sen sieht man gegen= und aufeinander gestützt, ohne<lb/> Mörtel oder andere Bindung, sie sind blos durch ihren<lb/> Bau und durch ihre Lage geschickt, mehrere Jahrtau-<lb/> sende hindurch zu dauern. Hier und da, wo die ver-<lb/> wüstende Hand ihren Zweck nicht völlig erreicht hat,<lb/> sieht man die halb gelösten Massen gleichsam in der<lb/> Luft schweben, wie gehalten durch eine unsichtbare<lb/> Kraft; denn die weitern Leeren zwischen denselben ge-<lb/> währen ihnen keine Unterstützung, als in den Bin-<lb/> dungspunkten, welche jeden Augenblick im Begriff schei-<lb/> nen, unvermeidlich dem von oben herab auf sie drücken- <cb type="end"/> <figure><p><hi rendition="#c #g">Das Kolosseum in Rom.</hi></p></figure><lb/><cb type="start"/> den Gewicht nachgeben zu müssen. „Sie werden fal-<lb/> len – sie müssen fallen – sind im Begriff zu fallen!“<lb/> Dies ist und war die Sprache aller, die es beschauten,<lb/><cb n="2"/> durch die ungeheuern Zeiträume hindurch, während wel-<lb/> cher dieses staunenerregende Gebäude gleichsam in der<lb/> Luft zusammenhängt.</p> </div><lb/> <cb type="end"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> <back> <div type="imprint" n="1"> <p> <hi rendition="#c #g">Expedition des Heller=Blattes zu Breslau, Ring Nr. 51.<lb/> ( Heinrich Richter. )</hi> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p> <hi rendition="#c">Verantwortlicher Redacteur: <hi rendition="#g">Theodor Brand.</hi></hi> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Steindruck von <hi rendition="#g">Wilhelm Steinmetz.</hi> <space dim="horizontal"/> Buchdruck von <hi rendition="#g">Heinrich Richter.</hi></p> </div><lb/> </back> </text> </TEI> [112/0008]
Das Heller=Blatt.
Das Kolosseum liegt zwischen dem Esquilinischen
und Cölischen Verge, und steigt, ein Riesenskelett,
unter Trümmern noch jetzt 150 Fuß hoch empor. Es
stand noch in seiner Herrlichkeit im achten Jahrhundert,
als die ersten nordischen Pilgrime Rom besuchten. Hin-
gerissen von dem großen Anblicke, riefen sie aus: „so
lange das Kolosseum steht, wird Rom stehen, und
wenn dies Gebäude fällt, wird Rom fallen, und fällt
Rom, so geht die Welt unter!“
Die auf den Titus folgenden römischen Kaiser, tru-
gen große Sorgfalt für die Erhaltung dieses pracht-
vollen Werks. Die rohen Gothen, als sie die Stadt
Rom eroberten, begnügten sich damit, ihm seinen in-
nern Schmuck zu rauben, nnd ließen das Gebäude un-
angetastet. Die Christen machten es in ihrem Reli-
gionseifer anders. Pabst Paul II. ließ von demselben
einen Theil wegreißen, und baute damit den St. Mar-
kuspallast. Pabst Paul III. folgte seinem Beispiel
und baute von demselben Material den Pallast Far-
nese. Aber trotz diesen Verwüstungen steht noch im-
mer ein Ehrfurcht gebietender Theil. Ungeheure Mas-
sen sieht man gegen= und aufeinander gestützt, ohne
Mörtel oder andere Bindung, sie sind blos durch ihren
Bau und durch ihre Lage geschickt, mehrere Jahrtau-
sende hindurch zu dauern. Hier und da, wo die ver-
wüstende Hand ihren Zweck nicht völlig erreicht hat,
sieht man die halb gelösten Massen gleichsam in der
Luft schweben, wie gehalten durch eine unsichtbare
Kraft; denn die weitern Leeren zwischen denselben ge-
währen ihnen keine Unterstützung, als in den Bin-
dungspunkten, welche jeden Augenblick im Begriff schei-
nen, unvermeidlich dem von oben herab auf sie drücken-
[Abbildung Das Kolosseum in Rom. ]
den Gewicht nachgeben zu müssen. „Sie werden fal-
len – sie müssen fallen – sind im Begriff zu fallen!“
Dies ist und war die Sprache aller, die es beschauten,
durch die ungeheuern Zeiträume hindurch, während wel-
cher dieses staunenerregende Gebäude gleichsam in der
Luft zusammenhängt.
Expedition des Heller=Blattes zu Breslau, Ring Nr. 51.
( Heinrich Richter. )
Verantwortlicher Redacteur: Theodor Brand.
Steindruck von Wilhelm Steinmetz. Buchdruck von Heinrich Richter.
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