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Das Heller-Blatt. Nr. 26. Breslau, 28. Juni 1834.

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Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz]
Der Kirchhof auf dem Oybin.

Eine Meile von der sächsischen Fabrikstadt Zittau
erhebt sich 1597 Fuß über der Meeresfläche, durch
schöne Aussicht und prächtige Ruinen berühmt, pyra-
midenförmig der Berg Oybin. Jm dreizehnten Jahr-
hundert erbaute der Ritter Quahl von Berka auf sei-
nem Scheitel ein Jagdschloß, das aber bald in ein fe-
stes Berg= und Raubschloß umgewandelt wurde, und
den Raubrittern, welche die Umgegend brandschatzten,
zum Aufenthalt diente. Kaiser Karl IV. eroberte und
zerstörte das Raubnest, und schenkte Grund und Boden
den Cölestiner=Mönchen, welche von 1369 bis 84 ein
prächtiges und zugleich festes Kloster auf den Ruinen
erbauten. Die Hussiten stürmten das Kloster verge-
bens, und nur als die Reformation hereinbrach, ver-
ließen die Cölestiner das Kloster, und der Kaiser ver-
kaufte die Gebäude im Jahr 1574 an die Stadt Zittau
für 68,000 Rthlr.

Am 24. März 1577 zog ein fürchterliches Gewit-
ter über Oybin, der Blitz schlug mehrere Mal ein, und
zündete auch das sehr beträchtliche Pulvermagazin an.
Durch die heftige Explosion und die Wuth des Feuers
ward das schöne Kloster zerstört und zur Ruine.

Jm romantischen Thale, das durch Häuser, Fel-
der und Wiesen belebt und von einem klaren Bach durch-
schlängelt wird, hebt sich der Oybin 208 Ellen über
die Thalfläche empor in wunderbar und ergreifender
Gestalt. Er gleicht einem ungeheuern Felskegel mit
abgestumpfter Spitze, oder er bildet eine Riesenglocke,
die ringsum frei dasteht und nur an ihrem südwestlichen
Rande in einigen Zusammenhang mit dem Gebirge tritt,
das ihn umzingelt. Grau, düster und Ehrfurcht ge-
bietend fällt der Berg ins Auge, wenn man nördlich
von Sachsen herauf durchs Thal sich ihm nähert; lich-
ter und heiter wird seine Gestalt, wenn man östlich ihm
gegenüber steht; glänzend und freundlich lacht er ins
Auge wenn man südlich nach Böhmen hin vor ihn tritt.

Will man den Berg besteigen, so hat man sich bei
dem Schullehrer im Dorfe am Fuße des Berges zu mel-
den. Man gelangt auf steinernen Treppen und durch
zwei noch erhaltene Thore in den Raum, den die Rui-
nen einnehmen.

Das Bild zeigt den Kirchhof ( der noch heute be-
nutzt wird ) vor den übrig gebliebenen Mauern der einst
so schönen Kirche.

Es befinden sich außer den Ruinen zwei Häuser von
Holz auf dem Oybin, in denen für die Unterbringung
und Erquickung der Bergbesteiger gesorgt wird.



Das Heimweh.

Nichts beweiset vielleicht mehr den Einfluß psychi-
scher Ursachen auf Krankheitserzeugung, als das Heim-
weh. Diese Krankheit ist vorzüglich den Schweizern
[Spaltenumbruch] eigenthümlich, und wird durch ein heftiges Verlangen,
ihr Vaterland, die Scenen ihrer Jugend wieder zu
sehen, veranlaßt. Sie beginnt mit melancholischem
Trübsinn, Liebe zur Einsamkeit, Hang zum Schwei-
gen, körperliche Schwäche, und kann in der Regel nur
durch Rückkehr in das Vaterland geheilt werden. Bei
der Section der an dieser Krankheit Verstorbenen findet
man in der Regel organische Verletzungen des Herzens.
Jnsbesondere sind es gewisse Lieder, welche, wenn sie
im Auslande unter Schweizern gespielt werden, den
Wunsch, in ihr Vaterland zurückzukehren, heftig er-
regen. Bleibt derselbe unbefriedigt, so entsteht häufig
die Krankheit, genannt Heimweh ( Nostalgia ) . Die
Wirkung dieser Lieder, hauptsächlich des Kuhreigens,
ist so groß, daß es lange Zeit unter Todesstrafe verbo-
ten war, den letztern im französischen Heere zu spielen,
weil er einst einen Aufruhr unter den im Dienste des
Königs von Frankreich stehenden Schweizern veranlaßt
hatte.



Woche.

1. Juli 1677. Die dänische Flotte unter Admiral
Juel schlägt die Schwedische unter Horn bei
Kiöge.

4. Juli 1411. Vergleich des Kaisers Siegismund
mit dem Burggrafen von Nürnberg, Frie-
drich VI. zu Ofen, in welchem er diesem die
Mark für 100,000 Dukaten verpfändet.

4. Juli 1811. Die Russen unter Kutusow werden
von den Türken unter dem Großwessir Achmed
Pascha bei Ruschtschuk geschlagen.



Seltsame Beschlagnahme.

Als der Tragiker Crebillon seinen Catilina
herausgab, benahmen sich seine Gläubiger so unbarm-
herzig gegen ihn, daß sie auf den Ertrag des Stückes
sowohl beim Buchhändler, bei dem es erschien, als
auch bei dem Theater, wo es aufgeführt wurde, Be-
schlag legten. Der Dichter, über dieses Verfahren
äußerst aufgebracht, wandte sich mit einer Bittschrift
an König Ludwig XV., in welcher er auseinander-
setzte, daß es bis dahin etwas Unerhörtes gewesen, die
Erzeugnisse des menschlichen Geistes zu den mit Arrest
belegbaren Sachen zu rechnen, und daß, wollte man
ein solches Verfahren zulassen, die Männer, die bisher
ihren Fleiß literarischen Arbeiten zugewandt, sich nicht
mehr der Herausgabe von Werken unterziehen würden,
die dem Vaterlande oft zum Nutzen und zur Ehre ge-
reichten. Hierzu fügte er noch die Bemerkung: "daß
der größte Theil der Männer, die sich der Literatur
widmen, zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse, der-
gleichen Begünstigungen nöthig hätten, zu denen sie
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Das Heller=Blatt.
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Der Kirchhof auf dem Oybin.

Eine Meile von der sächsischen Fabrikstadt Zittau
erhebt sich 1597 Fuß über der Meeresfläche, durch
schöne Aussicht und prächtige Ruinen berühmt, pyra-
midenförmig der Berg Oybin. Jm dreizehnten Jahr-
hundert erbaute der Ritter Quahl von Berka auf sei-
nem Scheitel ein Jagdschloß, das aber bald in ein fe-
stes Berg= und Raubschloß umgewandelt wurde, und
den Raubrittern, welche die Umgegend brandschatzten,
zum Aufenthalt diente. Kaiser Karl IV. eroberte und
zerstörte das Raubnest, und schenkte Grund und Boden
den Cölestiner=Mönchen, welche von 1369 bis 84 ein
prächtiges und zugleich festes Kloster auf den Ruinen
erbauten. Die Hussiten stürmten das Kloster verge-
bens, und nur als die Reformation hereinbrach, ver-
ließen die Cölestiner das Kloster, und der Kaiser ver-
kaufte die Gebäude im Jahr 1574 an die Stadt Zittau
für 68,000 Rthlr.

Am 24. März 1577 zog ein fürchterliches Gewit-
ter über Oybin, der Blitz schlug mehrere Mal ein, und
zündete auch das sehr beträchtliche Pulvermagazin an.
Durch die heftige Explosion und die Wuth des Feuers
ward das schöne Kloster zerstört und zur Ruine.

Jm romantischen Thale, das durch Häuser, Fel-
der und Wiesen belebt und von einem klaren Bach durch-
schlängelt wird, hebt sich der Oybin 208 Ellen über
die Thalfläche empor in wunderbar und ergreifender
Gestalt. Er gleicht einem ungeheuern Felskegel mit
abgestumpfter Spitze, oder er bildet eine Riesenglocke,
die ringsum frei dasteht und nur an ihrem südwestlichen
Rande in einigen Zusammenhang mit dem Gebirge tritt,
das ihn umzingelt. Grau, düster und Ehrfurcht ge-
bietend fällt der Berg ins Auge, wenn man nördlich
von Sachsen herauf durchs Thal sich ihm nähert; lich-
ter und heiter wird seine Gestalt, wenn man östlich ihm
gegenüber steht; glänzend und freundlich lacht er ins
Auge wenn man südlich nach Böhmen hin vor ihn tritt.

Will man den Berg besteigen, so hat man sich bei
dem Schullehrer im Dorfe am Fuße des Berges zu mel-
den. Man gelangt auf steinernen Treppen und durch
zwei noch erhaltene Thore in den Raum, den die Rui-
nen einnehmen.

Das Bild zeigt den Kirchhof ( der noch heute be-
nutzt wird ) vor den übrig gebliebenen Mauern der einst
so schönen Kirche.

Es befinden sich außer den Ruinen zwei Häuser von
Holz auf dem Oybin, in denen für die Unterbringung
und Erquickung der Bergbesteiger gesorgt wird.



Das Heimweh.

Nichts beweiset vielleicht mehr den Einfluß psychi-
scher Ursachen auf Krankheitserzeugung, als das Heim-
weh. Diese Krankheit ist vorzüglich den Schweizern
[Spaltenumbruch] eigenthümlich, und wird durch ein heftiges Verlangen,
ihr Vaterland, die Scenen ihrer Jugend wieder zu
sehen, veranlaßt. Sie beginnt mit melancholischem
Trübsinn, Liebe zur Einsamkeit, Hang zum Schwei-
gen, körperliche Schwäche, und kann in der Regel nur
durch Rückkehr in das Vaterland geheilt werden. Bei
der Section der an dieser Krankheit Verstorbenen findet
man in der Regel organische Verletzungen des Herzens.
Jnsbesondere sind es gewisse Lieder, welche, wenn sie
im Auslande unter Schweizern gespielt werden, den
Wunsch, in ihr Vaterland zurückzukehren, heftig er-
regen. Bleibt derselbe unbefriedigt, so entsteht häufig
die Krankheit, genannt Heimweh ( Nostalgia ) . Die
Wirkung dieser Lieder, hauptsächlich des Kuhreigens,
ist so groß, daß es lange Zeit unter Todesstrafe verbo-
ten war, den letztern im französischen Heere zu spielen,
weil er einst einen Aufruhr unter den im Dienste des
Königs von Frankreich stehenden Schweizern veranlaßt
hatte.



Woche.

1. Juli 1677. Die dänische Flotte unter Admiral
Juel schlägt die Schwedische unter Horn bei
Kiöge.

4. Juli 1411. Vergleich des Kaisers Siegismund
mit dem Burggrafen von Nürnberg, Frie-
drich VI. zu Ofen, in welchem er diesem die
Mark für 100,000 Dukaten verpfändet.

4. Juli 1811. Die Russen unter Kutusow werden
von den Türken unter dem Großwessir Achmed
Pascha bei Ruschtschuk geschlagen.



Seltsame Beschlagnahme.

Als der Tragiker Crebillon seinen Catilina
herausgab, benahmen sich seine Gläubiger so unbarm-
herzig gegen ihn, daß sie auf den Ertrag des Stückes
sowohl beim Buchhändler, bei dem es erschien, als
auch bei dem Theater, wo es aufgeführt wurde, Be-
schlag legten. Der Dichter, über dieses Verfahren
äußerst aufgebracht, wandte sich mit einer Bittschrift
an König Ludwig XV., in welcher er auseinander-
setzte, daß es bis dahin etwas Unerhörtes gewesen, die
Erzeugnisse des menschlichen Geistes zu den mit Arrest
belegbaren Sachen zu rechnen, und daß, wollte man
ein solches Verfahren zulassen, die Männer, die bisher
ihren Fleiß literarischen Arbeiten zugewandt, sich nicht
mehr der Herausgabe von Werken unterziehen würden,
die dem Vaterlande oft zum Nutzen und zur Ehre ge-
reichten. Hierzu fügte er noch die Bemerkung: „daß
der größte Theil der Männer, die sich der Literatur
widmen, zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse, der-
gleichen Begünstigungen nöthig hätten, zu denen sie
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Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 26. Breslau, 28. Juni 1834, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller26_1834/2>, abgerufen am 03.12.2024.