Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das Heller-Blatt. Nr. 32. Breslau, 9. August 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] Stücke und legte ihnen dieselben vor. Als sie bemerkte,
daß die Jungen nicht mehr fressen wollten, legte sie ihre
Tatzen erst auf das Eine, dann auf das Andere, und
versuchte sie aufzurichten. Dabei stieß sie ein klägliches
Geschrei aus. Als sie fand, daß ihre Bemühung ver-
gebens war, ging sie weiter, sah sich aber in einiger
Entfernung um und wehklagte von neuem, dann kam
sie zurück, beroch ihre Jungen und begann ihre Wun-
den zu lecken. Sie schleppte sich wieder ein Paar
Schritte fort, sah wieder um sich und jammerte.
[Spaltenumbruch] Allein die Jungen wollten ihr auch jetzt nicht nachkom-
men; sie kroch zurück, umging beide mit Zeichen der
rührendsten Zärtlichkeit, betastete sie und fuhr fort, zu
wehklagen. Als sie endlich bemerkte, daß ihre Kinder
kalt und leblos seyen, richtete sie ihren Kopf gegen das
Schiff und brummte die Mörder an, welche mit einer
Ladung Flintenkugeln antworteten. Sie fiel zwischen
ihre beiden Jungen, deren Wunden sie noch sterbend
beleckte.

[Ende Spaltensatz] [Abbildung]

Der große Ameisenfresser.


[Beginn Spaltensatz]
Der große Ameisenfresser.

Das Vaterland der Ameisenfresser ist die heiße
Zone von Südamerika und das heiße Afrika. Jhre
Nahrung besteht blos in Ameisen, indem sie ihre lange
klebrichte Zunge in die Straße der Ameisen=Völker le-
gen, sie ganz vollkriechen lassen, sie dann zurückziehn
und die Ameisen verschlingen. Sie klettern auch ver-
möge ihrer großen Krallen sehr leicht auf die Bäume,
und suchen die Nester der Ameisen auf, welche sie
zerstören.

Es giebt nur drei Arten Ameisenfresser. Von
der größten Art ( siehe das Bild ) ist ein ausgewachse-
nes Exemplar 4 Fuß lang, ohne den Schwanz, und
hat 4 Krallen an jedem Fuße. Er ist langhaarig gelb,
weiß und schwarz, und wehrt sich, auf den Rücken sich
werfend, gegen seine Feinde, selbst gegen den amerika-
nischen Tiger mit Erfolg.



[Spaltenumbruch]
Die Engelsburg in Rom.

Um das Jahr 129 nach Christi errichtete Kaiser
Hadrian, gloreichen Andenkens, zu Rom an dem Ufer
der Tiber ein Mausoleum, welches die Asche der Kaiser
und ihrer Familienglieder aufnehmen sollte. Das
überaus prachtvolle mit Statuen von Bronze reich ge-
schmückte Gebäude hatte die Form einer abgerundeten
Pyramide und war mit parischem Marmor bedeckt.
Die Säulen waren von Granit und Porphyr und bilde-
ten prächtige Gallerien. Auf der Spitze war ein unge-
heurer vergoldeter Pinien=Apfel von Erz, der noch
jetzt im Vatikan aufbewahrt wird, und in welchem die
Asche Hadrians, so wie vieler folgender Kaiser zu ruhen
kam. Ein breiter Schneckenweg, auf dem man ganz
bequem fahren konnte, lief im Jnnern bis zum Gipfel.
Als die Gothen Rom eroberten, fefestigten sie das
Mausoleum und schleuderten später die schönen Bild-
säulen auf ihre Feinde. Papst Bonifazius IX. richtete
des Grabmal endlich ganz zur Festung ein und ließ
[Ende Spaltensatz]

Das Heller=Blatt.
[Beginn Spaltensatz] Stücke und legte ihnen dieselben vor. Als sie bemerkte,
daß die Jungen nicht mehr fressen wollten, legte sie ihre
Tatzen erst auf das Eine, dann auf das Andere, und
versuchte sie aufzurichten. Dabei stieß sie ein klägliches
Geschrei aus. Als sie fand, daß ihre Bemühung ver-
gebens war, ging sie weiter, sah sich aber in einiger
Entfernung um und wehklagte von neuem, dann kam
sie zurück, beroch ihre Jungen und begann ihre Wun-
den zu lecken. Sie schleppte sich wieder ein Paar
Schritte fort, sah wieder um sich und jammerte.
[Spaltenumbruch] Allein die Jungen wollten ihr auch jetzt nicht nachkom-
men; sie kroch zurück, umging beide mit Zeichen der
rührendsten Zärtlichkeit, betastete sie und fuhr fort, zu
wehklagen. Als sie endlich bemerkte, daß ihre Kinder
kalt und leblos seyen, richtete sie ihren Kopf gegen das
Schiff und brummte die Mörder an, welche mit einer
Ladung Flintenkugeln antworteten. Sie fiel zwischen
ihre beiden Jungen, deren Wunden sie noch sterbend
beleckte.

[Ende Spaltensatz] [Abbildung]

Der große Ameisenfresser.


[Beginn Spaltensatz]
Der große Ameisenfresser.

Das Vaterland der Ameisenfresser ist die heiße
Zone von Südamerika und das heiße Afrika. Jhre
Nahrung besteht blos in Ameisen, indem sie ihre lange
klebrichte Zunge in die Straße der Ameisen=Völker le-
gen, sie ganz vollkriechen lassen, sie dann zurückziehn
und die Ameisen verschlingen. Sie klettern auch ver-
möge ihrer großen Krallen sehr leicht auf die Bäume,
und suchen die Nester der Ameisen auf, welche sie
zerstören.

Es giebt nur drei Arten Ameisenfresser. Von
der größten Art ( siehe das Bild ) ist ein ausgewachse-
nes Exemplar 4 Fuß lang, ohne den Schwanz, und
hat 4 Krallen an jedem Fuße. Er ist langhaarig gelb,
weiß und schwarz, und wehrt sich, auf den Rücken sich
werfend, gegen seine Feinde, selbst gegen den amerika-
nischen Tiger mit Erfolg.



[Spaltenumbruch]
Die Engelsburg in Rom.

Um das Jahr 129 nach Christi errichtete Kaiser
Hadrian, gloreichen Andenkens, zu Rom an dem Ufer
der Tiber ein Mausoleum, welches die Asche der Kaiser
und ihrer Familienglieder aufnehmen sollte. Das
überaus prachtvolle mit Statuen von Bronze reich ge-
schmückte Gebäude hatte die Form einer abgerundeten
Pyramide und war mit parischem Marmor bedeckt.
Die Säulen waren von Granit und Porphyr und bilde-
ten prächtige Gallerien. Auf der Spitze war ein unge-
heurer vergoldeter Pinien=Apfel von Erz, der noch
jetzt im Vatikan aufbewahrt wird, und in welchem die
Asche Hadrians, so wie vieler folgender Kaiser zu ruhen
kam. Ein breiter Schneckenweg, auf dem man ganz
bequem fahren konnte, lief im Jnnern bis zum Gipfel.
Als die Gothen Rom eroberten, fefestigten sie das
Mausoleum und schleuderten später die schönen Bild-
säulen auf ihre Feinde. Papst Bonifazius IX. richtete
des Grabmal endlich ganz zur Festung ein und ließ
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0004" n="252"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Das Heller=Blatt.</hi></fw><cb type="start"/>
Stücke und legte ihnen dieselben vor. Als sie bemerkte,<lb/>
daß die Jungen nicht mehr fressen wollten, legte sie ihre<lb/>
Tatzen erst auf das Eine, dann auf das Andere, und<lb/>
versuchte sie aufzurichten. Dabei stieß sie ein klägliches<lb/>
Geschrei aus. Als sie fand, daß ihre Bemühung ver-<lb/>
gebens war, ging sie weiter, sah sich aber in einiger<lb/>
Entfernung um und wehklagte von neuem, dann kam<lb/>
sie zurück, beroch ihre Jungen und begann ihre Wun-<lb/>
den zu lecken. Sie schleppte sich wieder ein Paar<lb/>
Schritte fort, sah wieder um sich und jammerte.<lb/><cb n="2"/>
Allein die Jungen wollten ihr auch jetzt nicht nachkom-<lb/>
men; sie kroch zurück, umging beide mit Zeichen der<lb/>
rührendsten Zärtlichkeit, betastete sie und fuhr fort, zu<lb/>
wehklagen. Als sie endlich bemerkte, daß ihre Kinder<lb/>
kalt und leblos seyen, richtete sie ihren Kopf gegen das<lb/>
Schiff und brummte die Mörder an, welche mit einer<lb/>
Ladung Flintenkugeln antworteten. Sie fiel zwischen<lb/>
ihre beiden Jungen, deren Wunden sie noch sterbend<lb/>
beleckte.</p>
      </div><lb/>
      <cb type="end"/>
      <figure>
        <p> <hi rendition="#c #g">Der große Ameisenfresser.</hi> </p>
      </figure><lb/>
      <cb type="start"/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Der große Ameisenfresser</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p>Das Vaterland der Ameisenfresser ist die heiße<lb/>
Zone von Südamerika und das heiße Afrika. Jhre<lb/>
Nahrung besteht blos in Ameisen, indem sie ihre lange<lb/>
klebrichte Zunge in die Straße der Ameisen=Völker le-<lb/>
gen, sie ganz vollkriechen lassen, sie dann zurückziehn<lb/>
und die Ameisen verschlingen. Sie klettern auch ver-<lb/>
möge ihrer großen Krallen sehr leicht auf die Bäume,<lb/>
und suchen die Nester der Ameisen auf, welche sie<lb/>
zerstören.</p><lb/>
        <p>Es giebt nur drei Arten Ameisenfresser. Von<lb/>
der größten Art ( siehe das Bild ) ist ein ausgewachse-<lb/>
nes Exemplar 4 Fuß lang, ohne den Schwanz, und<lb/>
hat 4 Krallen an jedem Fuße. Er ist langhaarig gelb,<lb/>
weiß und schwarz, und wehrt sich, auf den Rücken sich<lb/>
werfend, gegen seine Feinde, selbst gegen den amerika-<lb/>
nischen Tiger mit Erfolg.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <cb n="2"/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Die Engelsburg in Rom</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p>Um das Jahr 129 nach Christi errichtete Kaiser<lb/>
Hadrian, gloreichen Andenkens, zu Rom an dem Ufer<lb/>
der Tiber ein Mausoleum, welches die Asche der Kaiser<lb/>
und ihrer Familienglieder aufnehmen sollte. Das<lb/>
überaus prachtvolle mit Statuen von Bronze reich ge-<lb/>
schmückte Gebäude hatte die Form einer abgerundeten<lb/>
Pyramide und war mit parischem Marmor bedeckt.<lb/>
Die Säulen waren von Granit und Porphyr und bilde-<lb/>
ten prächtige Gallerien. Auf der Spitze war ein unge-<lb/>
heurer vergoldeter Pinien=Apfel von Erz, der noch<lb/>
jetzt im Vatikan aufbewahrt wird, und in welchem die<lb/>
Asche Hadrians, so wie vieler folgender Kaiser zu ruhen<lb/>
kam. Ein breiter Schneckenweg, auf dem man ganz<lb/>
bequem fahren konnte, lief im Jnnern bis zum Gipfel.<lb/>
Als die Gothen Rom eroberten, fefestigten sie das<lb/>
Mausoleum und schleuderten später die schönen Bild-<lb/>
säulen auf ihre Feinde. Papst Bonifazius <hi rendition="#aq">IX</hi>. richtete<lb/>
des Grabmal endlich ganz zur Festung ein und ließ<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0004] Das Heller=Blatt. Stücke und legte ihnen dieselben vor. Als sie bemerkte, daß die Jungen nicht mehr fressen wollten, legte sie ihre Tatzen erst auf das Eine, dann auf das Andere, und versuchte sie aufzurichten. Dabei stieß sie ein klägliches Geschrei aus. Als sie fand, daß ihre Bemühung ver- gebens war, ging sie weiter, sah sich aber in einiger Entfernung um und wehklagte von neuem, dann kam sie zurück, beroch ihre Jungen und begann ihre Wun- den zu lecken. Sie schleppte sich wieder ein Paar Schritte fort, sah wieder um sich und jammerte. Allein die Jungen wollten ihr auch jetzt nicht nachkom- men; sie kroch zurück, umging beide mit Zeichen der rührendsten Zärtlichkeit, betastete sie und fuhr fort, zu wehklagen. Als sie endlich bemerkte, daß ihre Kinder kalt und leblos seyen, richtete sie ihren Kopf gegen das Schiff und brummte die Mörder an, welche mit einer Ladung Flintenkugeln antworteten. Sie fiel zwischen ihre beiden Jungen, deren Wunden sie noch sterbend beleckte. [Abbildung Der große Ameisenfresser. ] Der große Ameisenfresser. Das Vaterland der Ameisenfresser ist die heiße Zone von Südamerika und das heiße Afrika. Jhre Nahrung besteht blos in Ameisen, indem sie ihre lange klebrichte Zunge in die Straße der Ameisen=Völker le- gen, sie ganz vollkriechen lassen, sie dann zurückziehn und die Ameisen verschlingen. Sie klettern auch ver- möge ihrer großen Krallen sehr leicht auf die Bäume, und suchen die Nester der Ameisen auf, welche sie zerstören. Es giebt nur drei Arten Ameisenfresser. Von der größten Art ( siehe das Bild ) ist ein ausgewachse- nes Exemplar 4 Fuß lang, ohne den Schwanz, und hat 4 Krallen an jedem Fuße. Er ist langhaarig gelb, weiß und schwarz, und wehrt sich, auf den Rücken sich werfend, gegen seine Feinde, selbst gegen den amerika- nischen Tiger mit Erfolg. Die Engelsburg in Rom. Um das Jahr 129 nach Christi errichtete Kaiser Hadrian, gloreichen Andenkens, zu Rom an dem Ufer der Tiber ein Mausoleum, welches die Asche der Kaiser und ihrer Familienglieder aufnehmen sollte. Das überaus prachtvolle mit Statuen von Bronze reich ge- schmückte Gebäude hatte die Form einer abgerundeten Pyramide und war mit parischem Marmor bedeckt. Die Säulen waren von Granit und Porphyr und bilde- ten prächtige Gallerien. Auf der Spitze war ein unge- heurer vergoldeter Pinien=Apfel von Erz, der noch jetzt im Vatikan aufbewahrt wird, und in welchem die Asche Hadrians, so wie vieler folgender Kaiser zu ruhen kam. Ein breiter Schneckenweg, auf dem man ganz bequem fahren konnte, lief im Jnnern bis zum Gipfel. Als die Gothen Rom eroberten, fefestigten sie das Mausoleum und schleuderten später die schönen Bild- säulen auf ihre Feinde. Papst Bonifazius IX. richtete des Grabmal endlich ganz zur Festung ein und ließ

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller32_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller32_1834/4
Zitationshilfe: Das Heller-Blatt. Nr. 32. Breslau, 9. August 1834, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_heller32_1834/4>, abgerufen am 01.06.2024.