Mährisches Tagblatt. Nr. 118, Olmütz, 22.05.1896.[Spaltenumbruch]
Zeche zahlen könnte. Ich fürchte, daß dieser Abg. Svozil erklärt, am Niedergange der Es spricht noch der Abg. Baron Hackel- Abg. Dr. Vasaty stellt einen Dringlich- Locales und Provinzielles. Olmütz, 22. Mai. (Frauergottesdienst für weil. Sr. kais. Hoheit, Erzherzog Carl Ludwig.) Heute Voe- (Trauergottesdienst im israel. Bethanse.) Aus Anlaß des Hinscheidens Sr. kaiserl. Hoheit (Beileidskundgebung der Handels- und Gewerbekammer in Olmütz.) Die Olmützer (Evangelischer Gottesdienst.) Am 24. d., (Personales.) Der Obmann der hiesigen [Spaltenumbruch] (Festausschuß des Nordmährerbundes- festes.) In den Festausschuß des Nordmährer- (Aus dem Staatseisenbahnrathe.) In [Spaltenumbruch] nicht, zu reden. Weiß ich denn, ob das liebe Da ist ein Doctor Neiding in Gießen, mit Berlin, nach Pfingsten. Ihr Götter, wie ist mir zu Muth! So Und wie ist das alles so schnell gekommen? Als wir selbander gestern Früh aus Mar- "Aha!" dachte ich bitter, "die Aufregung, Als dann der Zug in Gießen in die Halle "Ich steig' nit aus! Nein, ganz gewiß nit! "Aber Fräulein Mareile," wollte ich sie [Spaltenumbruch] "So isch's recht, Herr Doctor! Sie haben's "Aber -- Mareile, um Gotteswillen! Ich "Isch das auch wahr?" sagt sie und sieht Draußen stand der Doctor mit dem Blumen- Mareile war aufgestanden und lugte hinter "Macht' er nit grad' e G'sicht wie e Pfingst- "Mareile, Mareile," -- sie wehrte sich gar Sie antwortete nichts, aber sie reichte mir "Aber was machen wir nun in Frankfurt?" [Spaltenumbruch] "In Frankfurt haben wir auch eine Tante!" "Hör', süßer Schatz, werde ich denn aber "Ja -- weißt denn Du nit, daß wir zwei "Und bist doch mit mir gefahren, heute Früh?" "Jesses, was sollt' ich denn sonst mache? "Also deshalb warst Du heut Früh so "Wird wohl so sein. Ich hab' Dich ja gleich "So, Du Blitzmädel? -- Aber dann hast "Du bischt aber Einer! Erst recht hab ich "Nun, Du kleines, erschrockenes Mareile, Sie nickte glücklich. Und weiter fuhren wir [Spaltenumbruch]
Zeche zahlen könnte. Ich fürchte, daß dieſer Abg. Svozil erklärt, am Niedergange der Es ſpricht noch der Abg. Baron Hackel- Abg. Dr. Vašaty ſtellt einen Dringlich- Locales und Provinzielles. Olmütz, 22. Mai. (Frauergottesdienſt für weil. Sr. kaiſ. Hoheit, Erzherzog Carl Ludwig.) Heute Voe- (Trauergottesdienſt im iſrael. Bethanſe.) Aus Anlaß des Hinſcheidens Sr. kaiſerl. Hoheit (Beileidskundgebung der Handels- und Gewerbekammer in Olmütz.) Die Olmützer (Evangeliſcher Gottesdienſt.) Am 24. d., (Perſonales.) Der Obmann der hieſigen [Spaltenumbruch] (Feſtausſchuß des Nordmährerbundes- feſtes.) In den Feſtausſchuß des Nordmährer- (Aus dem Staatseiſenbahnrathe.) In [Spaltenumbruch] nicht, zu reden. Weiß ich denn, ob das liebe Da iſt ein Doctor Neiding in Gießen, mit Berlin, nach Pfingſten. Ihr Götter, wie iſt mir zu Muth! So Und wie iſt das alles ſo ſchnell gekommen? Als wir ſelbander geſtern Früh aus Mar- „Aha!“ dachte ich bitter, „die Aufregung, Als dann der Zug in Gießen in die Halle „Ich ſteig’ nit aus! Nein, ganz gewiß nit! „Aber Fräulein Mareile,“ wollte ich ſie [Spaltenumbruch] „So iſch’s recht, Herr Doctor! Sie haben’s „Aber — Mareile, um Gotteswillen! Ich „Iſch das auch wahr?“ ſagt ſie und ſieht Draußen ſtand der Doctor mit dem Blumen- Mareile war aufgeſtanden und lugte hinter „Macht’ er nit grad’ e G’ſicht wie e Pfingſt- „Mareile, Mareile,“ — ſie wehrte ſich gar Sie antwortete nichts, aber ſie reichte mir „Aber was machen wir nun in Frankfurt?“ [Spaltenumbruch] „In Frankfurt haben wir auch eine Tante!“ „Hör’, ſüßer Schatz, werde ich denn aber „Ja — weißt denn Du nit, daß wir zwei „Und biſt doch mit mir gefahren, heute Früh?“ „Jeſſes, was ſollt’ ich denn ſonſt mache? „Alſo deshalb warſt Du heut Früh ſo „Wird wohl ſo ſein. Ich hab’ Dich ja gleich „So, Du Blitzmädel? — Aber dann haſt „Du biſcht aber Einer! Erſt recht hab ich „Nun, Du kleines, erſchrockenes Mareile, Sie nickte glücklich. Und weiter fuhren wir <TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div next="#f1d" xml:id="f1c" prev="#f1b" type="jArticle" n="2"> <pb facs="#f0004" n="[4]"/> <cb/> </div> </div> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="a3b" prev="#a3a" type="jArticle" n="2"> <p>Zeche zahlen könnte. Ich fürchte, daß dieſer<lb/> Feldzug gegen Galizien die Koſten nicht decken<lb/> wird. Es wäre das ein Feldzug der Italiener<lb/> um Tigré. Aus Galizien wandern jährlich<lb/> 15.000 Bauern nach Amerika aus: ſie würden ihre<lb/> Scholle gewiß nicht verlaſſen, wenn der Ertrag der<lb/> Landwirthſchaft ein ſo guter wäre. Zahlungsfähige<lb/> Pächter gehören in Galizien zu den Ausnahmen. Es<lb/> wurde auch von den Cavalieren in Galizien geſpro-<lb/> chen. Die Hypothekarſchulden dieſer Cavaliere ſind in<lb/> den letzten Decennien um 55 Millionen angewachſen.<lb/> Man ſagt, ſie ſollen ihre Plätze Kräftigeren<lb/> überlaſſen; mit dem Uebergange des mittleren<lb/> Grundbeſitzes in die Hand des Großcapitals<lb/> werde aber eine große ſocialpolitiſche Gefahr<lb/> heraufbeſchworen, deren Folgen unabſehbar ſind.<lb/> (Beifall bei den Polen.)</p><lb/> <p>Abg. <hi rendition="#g">Svozil</hi> erklärt, am Niedergange der<lb/> Landwirthſchaft in Mähren ſei die deutſchliberale<lb/> Partei ſchuld. Redner werde aus politiſchen<lb/> Gründen dieſer Regierung nichts bewilligen, denn<lb/> einer Regierung, welche es noch zuläßt, daß in<lb/> Mähren die übergroße Mehrheit des Volkes von<lb/> einer kleinen Minorität beherrſcht und bedrückt<lb/> werde, könne er nie einen Kreuzer bewilligen,<lb/> umſoweniger, als die Regierung dann die bewil-<lb/> ligten Mittel gegen die Tſchechen anwenden würde.</p><lb/> <p>Es ſpricht noch der Abg. Baron <hi rendition="#g">Hackel-<lb/> berg,</hi> worauf die Verhandlung abgebrochen wird.</p><lb/> <p>Abg. Dr. <hi rendition="#g">Vašaty</hi> ſtellt einen Dringlich-<lb/> keitsantrag, betreffend die vorhandenen Caſſen-<lb/> beſtände und ihre Verwendung, welchen er in<lb/> längerer Rede begründet. Hierauf ergreift Finanz-<lb/> miniſter Dr. v. <hi rendition="#g">Bilinski</hi> das Wort.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jLocal" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Locales und Provinzielles.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Olmütz,</hi> 22. Mai.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Frauergottesdienſt für weil. Sr. kaiſ.<lb/> Hoheit, Erzherzog Carl Ludwig.)</hi> </head> <p>Heute Voe-<lb/> mittags 9 Uhr fand in der Metropolitankirche zu<lb/> „St. Wenzel“ anläßlich des Ablebens Sr. kaiſ.<lb/> Hoheit, des Herrn Erzherzogs <hi rendition="#g">Carl Ludwig</hi><lb/> ein feierlicher Trauergottesdienſt ſtatt. Dem Gottes-<lb/> dienſte, welchen der hochw. Domprälat und Archi-<lb/> diacon Dr. Anton <hi rendition="#g">Klug</hi> im Beiſein des hochw.<lb/> getreuen Metropolitancapitels celebrirte, wohnten<lb/> Se. 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Bethanſe.)</hi> </head><lb/> <p>Aus Anlaß des Hinſcheidens Sr. kaiſerl. Hoheit<lb/> des Herrn Erzherzogs <hi rendition="#g">Carl Ludwig</hi> findet<lb/> morgen <hi rendition="#g">Samſtag,</hi> den 23. <hi rendition="#g">Mail.</hi> J., um<lb/> 11 Uhr Vormittags, im hieſigen iſrael. Bethhauſe<lb/> ein feierlicher <hi rendition="#g">Trauergottes dienſt</hi> ſtatt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Beileidskundgebung der Handels- und<lb/> Gewerbekammer in Olmütz.)</hi> </head> <p>Die Olmützer<lb/> Kammer richtete an das Statthalterei-Präſidium<lb/> in Brünn nachſtehendes Telegramm: „Tief er-<lb/> ſchüttert von dem unerſetzlichen, ſchmerzlichen Ver-<lb/> luſte, welchen Se. Majeſtät unſer allergnädigſter<lb/> Kaiſer und Herr, das Allerhöchſte Kaiſerhaus und<lb/> die an deſſen Geſchicken ſtets loyalen und leb-<lb/> haften Antheil nehmenden Völker Oeſterreichs<lb/> durch den Tod weiland Sr. k. u. k. Hoheit des<lb/> durchlauchtigſten Herrn Erzherzogs <hi rendition="#g">Carl Lud-<lb/> wig</hi> erlitten haben, bittet die ergebenſt unter-<lb/> zeichnete Kammer, deren ehrerbietigſten, unter-<lb/> thänigſten Ausdruck warm empfundenen Beileides<lb/> an die Stufen des Allerhöchſten Thrones leiten<lb/> zu wollen. Oeſterreichs Induſtrie, Handel und<lb/> Gewerbe werden dem hohen Verewigten immerdar<lb/> das dankbarſte Andenken ehrfurchtsvoll bewahren<lb/> und in der Wirthſchaftsgeſchichte Oeſterreichs<lb/> bleibt der Name des huldreichen kaiſerlichen Prin-<lb/> zen, höchſtwelcher in Wahrheit ein mächtiger För-<lb/> derer induſtriellen gewerblichen Schaffens war,<lb/> mit unvergänglichem Glanze umgeben.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Evangeliſcher Gottesdienſt.)</hi> </head> <p>Am 24. d.,<lb/> als am <hi rendition="#g">Pfingſtſonntage,</hi> findet in der hie-<lb/> ſigen <hi rendition="#g">evangeliſchen Kirche</hi> um <hi rendition="#g">10 Uhr</hi><lb/> Vormittags ein <hi rendition="#g">feierlicher Gottesdienſt</hi><lb/> ſtatt. Die für dieſen Tag in Ausſicht genommene<lb/> Jahresverſammlung des hieſigen <hi rendition="#g">Ortsver-<lb/> eines</hi> der evangeliſchen Guſtav-Adolf-Stiftung<lb/> wird erſt am Dienſtag, den 26. <hi rendition="#g">Mai, 8 Uhr<lb/> Abends</hi> im <hi rendition="#g">deutſchen Caſino</hi> abge-<lb/> halten werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Perſonales.)</hi> </head> <p>Der Obmann der hieſigen<lb/> Männerortsgruppe des Deutſchen Schulvereines,<lb/> Herr Landtagsabgeordneter Robert <hi rendition="#g">Primaveſ’i</hi><lb/> wird in Vertretung dieſer Gruppe an den Ver-<lb/> handlungen der am Pfingſtmontag in Brünn<lb/> ſtattfindenden Hauptverſammlung des Schulver-<lb/> eines theilnehmen.</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Feſtausſchuß des Nordmährerbundes-<lb/> feſtes.)</hi> </head> <p>In den Feſtausſchuß des Nordmährer-<lb/> bundesfeſtes iſt, u. zw. in das Finanzcomité<lb/> der ſtädt. Caſſier Herr Franz Xaver <hi rendition="#g">Parſch</hi><lb/> eingetreten.</p> </div><lb/> <div xml:id="a4a" next="#a4b" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Aus dem Staatseiſenbahnrathe.)</hi> </head> <p>In<lb/> der vorgeſtern abgehaltenen Sitzung des Staats-<lb/> eiſenbahnrathes ſtellte das Herrenhausmitglied,<lb/> Handelskammer-Präſident Julius Ritter v. <hi rendition="#g">Gom-<lb/> perz,</hi> folgende Anträge: 1. Die Regierung<lb/> wird erſucht, Einfluß auf die priv. öſterr.-ungar.<lb/> Staatseiſenbahn-Geſellſchaft zu nehmen, damit<lb/> im Anſchluſſe an den in <hi rendition="#g">Böhm.-Trübau</hi><lb/> um 6 Uhr Abends aus Prag eintreffenden Schnell-<lb/> zug Nr. 4 und an den in <hi rendition="#g">Böhm.-Trübau</hi><lb/> um 6 Uhr 42 Minuten Abends aus Wien ein-<lb/> treffenden Schnellzug Nr. 3 in der Richtung<lb/> gegen <hi rendition="#g">Olmütz</hi> ein Anſchluß geſchaffen werde.<lb/> 2. Das k. k. Eiſenbahn-Miniſterium wird erſucht,<lb/> auf der im Betriebe des Staates ſtehenden<lb/><hi rendition="#g">Mähriſchen Weſtbahn</hi> in der Richtung<lb/> gegen <hi rendition="#g">Proßnitz</hi> einen Anſchluß an den von<lb/> Proßnitz um 6 Uhr 46 Minuten Früh in der<lb/> Richtung nach Nezamislitz—Brünn abgehenden<lb/> Perſonenzug Nr. 1020 der Kaiſer Ferdinands-<lb/> Nordbahn zu ſchaffen. 3. Die k. k. Regierung<lb/> wird erſucht, den endlichen Ausbau des Flügels<lb/><hi rendition="#g">Kornitz—Gr.-Oppatowitz</hi> der Mähriſchen<lb/> Weſtbahn an die Staatseiſenbahnlinie Brünn-<lb/> Zwittau veranlaſſen zu wollen. 4. Die k. k.<lb/> Regierung wird weiters erſucht, Einfluß auf die<lb/> Verbeſſerung der Zugsverbindung <hi rendition="#g">Brünn-<lb/> Budapeſt</hi> und umgekehrt, namentlich auf<lb/> die Erſtellung einer das ganze Jahr hindurch<lb/> beſtehenden Eilzugsverbindung mit möglichſt<lb/> kurzer Wartezeit in Gänſerndorf, beziehungsweiſe<lb/> Marchegg zu nehmen. Dieſe Anträge wurden<lb/> vom Staatseiſenbahnrathe nach vorhergehender<lb/> Befürwortung durch den Antragſteller als dring-<lb/> lich anerkannt und der Regierung zur eingehendſten<lb/> Berückſichtigung überwieſen. Aus dem Verlaufe<lb/> der Sitzung verdient weiters beſondere Hervor-<lb/> hebung die Erklärung des Verkehrsdirectors Hof-<lb/> rathes <hi rendition="#g">Gerſtel</hi> bezüglich der <hi rendition="#g">dritten Wagen-<lb/> claſſe bei Schnellzügen der Staats-<lb/> bahnen.</hi> Die Staatsbahnverwaltung plant die<lb/> Auflaſſung der dritten Wagenclaſſe bei Schnell-<lb/> zügen und hat dieſe Maßregel zum Theile auch<lb/> ſchon durchgeführt. Mehrere Mitglieder des<lb/> Staatseiſenbahnrathes erklärten ſich gegen dieſe<lb/> Neuerung, worauf Verkehrsdirector Gerſtel darauf<lb/> hinwies, daß ein großer Theil der Staatsbahnen<lb/> Gebirgsbahnen ſind, bei welchen andere Bedin-<lb/> gungen für den Betrieb vorherrſchen, als bei</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="f1d" prev="#f1c" type="jArticle" n="2"> <p>nicht, zu reden. Weiß ich denn, ob das liebe<lb/> Geſchöpf mich überhaupt leiden mag? Ob ſie<lb/> nicht ſchon längſt ein anderes Bild im Herzen<lb/> trägt?</p><lb/> <p>Da iſt ein Doctor Neiding in Gießen, mit<lb/> dem ſie immerfort geneckt wird. Wenn der<lb/> Kunde vielleicht wirklich ein bevorzugter Bewer-<lb/> ber wäre?“</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Berlin, nach Pfingſten.</hi> </p><lb/> <p>Ihr Götter, wie iſt mir zu Muth! So<lb/> muß dem Helden zu Muth ſein, der eine Schlacht<lb/> gewonnen hat! — Vor mir auf dem Schreibtiſch<lb/> ſteht Mareiles Bild, und an ſie ſelbſt habe ich<lb/> eben einen langen, für meine Gefühle aber noch<lb/> viel zu kurzen Brief geſchrieben.</p><lb/> <p>Und wie iſt das alles ſo ſchnell gekommen?<lb/> Nun, meine ganze Seligkeit habe ich nur<lb/> Mareiles unbezahlbarer Offenherzigkeit zu danken.</p><lb/> <p>Als wir ſelbander geſtern Früh aus Mar-<lb/> burg abdampften, kam ſie mir ſchon merkwürdig<lb/> ernſt und blaß vor; und je mehr wir uns<lb/> Gießen näherten, um ſo blaſſer und einſilbiger<lb/> wurde ſie.</p><lb/> <p>„Aha!“ dachte ich bitter, „die Aufregung,<lb/> den heimlich Geliebten wiederzuſehen macht das!“<lb/> Und unwillkürlich wurde auch ich reſervirter.</p><lb/> <p>Als dann der Zug in Gießen in die Halle<lb/> fährt, guckt Mareile durch die Scheiben verſtoh-<lb/> len auf den Perron hinaus, fährt plötzlich zurück<lb/> und ſinkt in die entgegengeſetzte Ecke des Coupes<lb/> auf den Sitz nieder.</p><lb/> <p>„Ich ſteig’ nit aus! Nein, ganz gewiß nit!<lb/> Da ſteht ja richtig der fade Doctor Neiding mit<lb/> ’n Blumenſtrauß! So en zudringlicher Menſch!<lb/> Nein, nein, ich ſteig’ nit aus, ich will e’malnit!“</p><lb/> <p>„Aber Fräulein Mareile,“ wollte ich ſie<lb/> beruhigen, „Ihre Tante wird Sie erwarten.“<lb/> Da fährt ſie auf wie ein kleiner Kampfhahn.</p><lb/> <cb/> <p>„So iſch’s recht, Herr Doctor! Sie haben’s<lb/> auch gar ſehr nöthig, mich zum ausſteige zwinge’<lb/> zu wolln! Wenn Sie nit bis Frankfurt mit mir<lb/> fahren wolle, da könnte Sie ſich ja wo anders<lb/> hinſetze’. Freilich hab’ ich nit g’wußt, daß Ihne<lb/> meine G’ſellſchaft ſo ſchnell z’viel werde könnt.’“</p><lb/> <p>„Aber — Mareile, um Gotteswillen! Ich<lb/> bin ja glückſelig, wenn Sie nichts von dem Doctor<lb/> da draußen wiſſen wollen! Und ich würde mit<lb/> Ihnen bis an’s Ende der Welt fahren ...“</p><lb/> <p>„Iſch das auch wahr?“ ſagt ſie und ſieht<lb/> mich ganz grad und treuherzig an ... Und ich,<lb/> ohne eine Secunde zu zögern ſchmettere die Thür,<lb/> die ein wenig geöffnet war, vollends zu, ſage dem<lb/> Schaffner, die Dame fahre mit bis Frankfurt,<lb/> er ſolle ein Billet beſorgen und lehne mich dann<lb/> breit aus dem Fenſter, bis der Zug ſich<lb/> wieder in Bewegung ſetzt.</p><lb/> <p>Draußen ſtand der Doctor mit dem Blumen-<lb/> ſträußchen in der glacébedeckten Hand und ſchaute<lb/> dem Zug mit einem ſo urdummen Geſicht nach,<lb/> daß ich laut auflachen mußt.</p><lb/> <p>Mareile war aufgeſtanden und lugte hinter<lb/> der Gardine nach dem verſpotteten Freier.</p><lb/> <p>„Macht’ er nit grad’ e G’ſicht wie e Pfingſt-<lb/> öchſele?“ ſagte ſie. Und ſo ſchelmiſch lachten ihre<lb/> rothen Lippen dabei, daß ich mich umwandte<lb/> und ſie jählings in die Arme ſchloß.</p><lb/> <p>„Mareile, Mareile,“ — ſie wehrte ſich gar<lb/> nicht — „willſt Du denn meine kleine Baum-<lb/> königin ſein mein Lebenlang?“</p><lb/> <p>Sie antwortete nichts, aber ſie reichte mir<lb/> nur die feuchten, friſchen Mädchenlippen zum küſſen<lb/> dar. Und auch mit dieſer Antwort war ich zu-<lb/> frieden. — —</p><lb/> <p>„Aber was machen wir nun in Frankfurt?“<lb/> fragte ich nach fünf Minuten, die ich mit beſ-<lb/> ſerem als mit Sprechen ausgefüllt hatte.</p><lb/> <cb/> <p>„In Frankfurt haben wir auch eine Tante!“<lb/> ſagte Mareile ſtolz; „bei der werde ich ein paar<lb/> Stunden bleiben und dann gleich wieder nach<lb/> Marburg heimfahren.“</p><lb/> <p>„Hör’, ſüßer Schatz, werde ich denn aber<lb/> auch Helmers recht ſein, als Dein Bräutigam?“<lb/> Sie ſah mich ganz mitleidig an.</p><lb/> <p>„Ja — weißt denn Du nit, daß wir zwei<lb/> Beide ganz mit Fleiß z’ſammengebracht worden<lb/> ſind? Ich hab’s meiner Schweſter gleich am<lb/> erſten Tag geſagt, daß ich der ihren Kriegsplan<lb/> durchſchau’.“</p><lb/> <p>„Und biſt doch mit mir gefahren, heute Früh?“</p><lb/> <p>„Jeſſes, was ſollt’ ich denn ſonſt mache?<lb/> Aber eine Angſt hab’ ich gehabt, Du könnteſt mir<lb/> entwiſchen!“</p><lb/> <p>„Alſo deshalb warſt Du heut Früh ſo<lb/> blaß und ſtill?“</p><lb/> <p>„Wird wohl ſo ſein. Ich hab’ Dich ja gleich<lb/> gern gemocht, wie Du mir biſt in Kaſſel ſo auf<lb/> die Füß’ getrete und dabei geflucht haft. Und<lb/> daß ich Dir auch nit übel gefallen hab’, das hab’<lb/> ich gleich g’merkt.“</p><lb/> <p>„So, Du Blitzmädel? — Aber dann haſt<lb/> Du vielleicht gar keinen ſo großen Schreck be-<lb/> kommen, als Du Deinen Vielliebchen-Irrthum<lb/> entdeckteſt?“ Sie ſah mich mit erſtaunten<lb/> Augen an.</p><lb/> <p>„Du biſcht aber Einer! Erſt recht hab ich<lb/> mich erſchreckt!“ —</p><lb/> <p>„Nun, Du kleines, erſchrockenes Mareile,<lb/> da iſt’s nur gut, daß Du jetzt wirklich mein<lb/> Viel—liebchen geworden biſt, nicht wahr?“</p><lb/> <p>Sie nickte glücklich. Und weiter fuhren wir<lb/> in den lachenden Frühling hinaus, dem Süden zu.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[4]/0004]
Zeche zahlen könnte. Ich fürchte, daß dieſer
Feldzug gegen Galizien die Koſten nicht decken
wird. Es wäre das ein Feldzug der Italiener
um Tigré. Aus Galizien wandern jährlich
15.000 Bauern nach Amerika aus: ſie würden ihre
Scholle gewiß nicht verlaſſen, wenn der Ertrag der
Landwirthſchaft ein ſo guter wäre. Zahlungsfähige
Pächter gehören in Galizien zu den Ausnahmen. Es
wurde auch von den Cavalieren in Galizien geſpro-
chen. Die Hypothekarſchulden dieſer Cavaliere ſind in
den letzten Decennien um 55 Millionen angewachſen.
Man ſagt, ſie ſollen ihre Plätze Kräftigeren
überlaſſen; mit dem Uebergange des mittleren
Grundbeſitzes in die Hand des Großcapitals
werde aber eine große ſocialpolitiſche Gefahr
heraufbeſchworen, deren Folgen unabſehbar ſind.
(Beifall bei den Polen.)
Abg. Svozil erklärt, am Niedergange der
Landwirthſchaft in Mähren ſei die deutſchliberale
Partei ſchuld. Redner werde aus politiſchen
Gründen dieſer Regierung nichts bewilligen, denn
einer Regierung, welche es noch zuläßt, daß in
Mähren die übergroße Mehrheit des Volkes von
einer kleinen Minorität beherrſcht und bedrückt
werde, könne er nie einen Kreuzer bewilligen,
umſoweniger, als die Regierung dann die bewil-
ligten Mittel gegen die Tſchechen anwenden würde.
Es ſpricht noch der Abg. Baron Hackel-
berg, worauf die Verhandlung abgebrochen wird.
Abg. Dr. Vašaty ſtellt einen Dringlich-
keitsantrag, betreffend die vorhandenen Caſſen-
beſtände und ihre Verwendung, welchen er in
längerer Rede begründet. Hierauf ergreift Finanz-
miniſter Dr. v. Bilinski das Wort.
Locales und Provinzielles.
Olmütz, 22. Mai.
(Frauergottesdienſt für weil. Sr. kaiſ.
Hoheit, Erzherzog Carl Ludwig.) Heute Voe-
mittags 9 Uhr fand in der Metropolitankirche zu
„St. Wenzel“ anläßlich des Ablebens Sr. kaiſ.
Hoheit, des Herrn Erzherzogs Carl Ludwig
ein feierlicher Trauergottesdienſt ſtatt. Dem Gottes-
dienſte, welchen der hochw. Domprälat und Archi-
diacon Dr. Anton Klug im Beiſein des hochw.
getreuen Metropolitancapitels celebrirte, wohnten
Se. Excellenz der Herr Truppen-Diviſion FML.
Ritter v. Grivičić mit den dienſtfreien Offi-
ciere der Garniſon, Herr Kreisgerichtspräſident
Dr. Rodr, Herr Statthaltereirath Freiherr von
Pillerstorff, Herr Vicebürgermeiſter Carl
Brandhuber mit mehreren Herren Gemeinde-
räthen, Herr Oberfinanzrath Sporner, Herr
Staatsanwalt Roeder, die Herren Directoren
der hieſigen Mittelſchulen, eine Officiers-Abord-
nung des k. k. priv. Bürger- und Schützencorps
ſowie zahlreiche Andächtige bei. Mit einem Gebete
des hochw. Herrn Domprälaten vor dem im
Kirchenſchiffe aufgeſtellten, mit der Erzherzogs-
krone geſchmückten Katafalke wurde die Trauer-
feierlichkeit um ¾10 Uhr Vormittags beendet.
(Trauergottesdienſt im iſrael. Bethanſe.)
Aus Anlaß des Hinſcheidens Sr. kaiſerl. Hoheit
des Herrn Erzherzogs Carl Ludwig findet
morgen Samſtag, den 23. Mail. J., um
11 Uhr Vormittags, im hieſigen iſrael. Bethhauſe
ein feierlicher Trauergottes dienſt ſtatt.
(Beileidskundgebung der Handels- und
Gewerbekammer in Olmütz.) Die Olmützer
Kammer richtete an das Statthalterei-Präſidium
in Brünn nachſtehendes Telegramm: „Tief er-
ſchüttert von dem unerſetzlichen, ſchmerzlichen Ver-
luſte, welchen Se. Majeſtät unſer allergnädigſter
Kaiſer und Herr, das Allerhöchſte Kaiſerhaus und
die an deſſen Geſchicken ſtets loyalen und leb-
haften Antheil nehmenden Völker Oeſterreichs
durch den Tod weiland Sr. k. u. k. Hoheit des
durchlauchtigſten Herrn Erzherzogs Carl Lud-
wig erlitten haben, bittet die ergebenſt unter-
zeichnete Kammer, deren ehrerbietigſten, unter-
thänigſten Ausdruck warm empfundenen Beileides
an die Stufen des Allerhöchſten Thrones leiten
zu wollen. Oeſterreichs Induſtrie, Handel und
Gewerbe werden dem hohen Verewigten immerdar
das dankbarſte Andenken ehrfurchtsvoll bewahren
und in der Wirthſchaftsgeſchichte Oeſterreichs
bleibt der Name des huldreichen kaiſerlichen Prin-
zen, höchſtwelcher in Wahrheit ein mächtiger För-
derer induſtriellen gewerblichen Schaffens war,
mit unvergänglichem Glanze umgeben.“
(Evangeliſcher Gottesdienſt.) Am 24. d.,
als am Pfingſtſonntage, findet in der hie-
ſigen evangeliſchen Kirche um 10 Uhr
Vormittags ein feierlicher Gottesdienſt
ſtatt. Die für dieſen Tag in Ausſicht genommene
Jahresverſammlung des hieſigen Ortsver-
eines der evangeliſchen Guſtav-Adolf-Stiftung
wird erſt am Dienſtag, den 26. Mai, 8 Uhr
Abends im deutſchen Caſino abge-
halten werden.
(Perſonales.) Der Obmann der hieſigen
Männerortsgruppe des Deutſchen Schulvereines,
Herr Landtagsabgeordneter Robert Primaveſ’i
wird in Vertretung dieſer Gruppe an den Ver-
handlungen der am Pfingſtmontag in Brünn
ſtattfindenden Hauptverſammlung des Schulver-
eines theilnehmen.
(Feſtausſchuß des Nordmährerbundes-
feſtes.) In den Feſtausſchuß des Nordmährer-
bundesfeſtes iſt, u. zw. in das Finanzcomité
der ſtädt. Caſſier Herr Franz Xaver Parſch
eingetreten.
(Aus dem Staatseiſenbahnrathe.) In
der vorgeſtern abgehaltenen Sitzung des Staats-
eiſenbahnrathes ſtellte das Herrenhausmitglied,
Handelskammer-Präſident Julius Ritter v. Gom-
perz, folgende Anträge: 1. Die Regierung
wird erſucht, Einfluß auf die priv. öſterr.-ungar.
Staatseiſenbahn-Geſellſchaft zu nehmen, damit
im Anſchluſſe an den in Böhm.-Trübau
um 6 Uhr Abends aus Prag eintreffenden Schnell-
zug Nr. 4 und an den in Böhm.-Trübau
um 6 Uhr 42 Minuten Abends aus Wien ein-
treffenden Schnellzug Nr. 3 in der Richtung
gegen Olmütz ein Anſchluß geſchaffen werde.
2. Das k. k. Eiſenbahn-Miniſterium wird erſucht,
auf der im Betriebe des Staates ſtehenden
Mähriſchen Weſtbahn in der Richtung
gegen Proßnitz einen Anſchluß an den von
Proßnitz um 6 Uhr 46 Minuten Früh in der
Richtung nach Nezamislitz—Brünn abgehenden
Perſonenzug Nr. 1020 der Kaiſer Ferdinands-
Nordbahn zu ſchaffen. 3. Die k. k. Regierung
wird erſucht, den endlichen Ausbau des Flügels
Kornitz—Gr.-Oppatowitz der Mähriſchen
Weſtbahn an die Staatseiſenbahnlinie Brünn-
Zwittau veranlaſſen zu wollen. 4. Die k. k.
Regierung wird weiters erſucht, Einfluß auf die
Verbeſſerung der Zugsverbindung Brünn-
Budapeſt und umgekehrt, namentlich auf
die Erſtellung einer das ganze Jahr hindurch
beſtehenden Eilzugsverbindung mit möglichſt
kurzer Wartezeit in Gänſerndorf, beziehungsweiſe
Marchegg zu nehmen. Dieſe Anträge wurden
vom Staatseiſenbahnrathe nach vorhergehender
Befürwortung durch den Antragſteller als dring-
lich anerkannt und der Regierung zur eingehendſten
Berückſichtigung überwieſen. Aus dem Verlaufe
der Sitzung verdient weiters beſondere Hervor-
hebung die Erklärung des Verkehrsdirectors Hof-
rathes Gerſtel bezüglich der dritten Wagen-
claſſe bei Schnellzügen der Staats-
bahnen. Die Staatsbahnverwaltung plant die
Auflaſſung der dritten Wagenclaſſe bei Schnell-
zügen und hat dieſe Maßregel zum Theile auch
ſchon durchgeführt. Mehrere Mitglieder des
Staatseiſenbahnrathes erklärten ſich gegen dieſe
Neuerung, worauf Verkehrsdirector Gerſtel darauf
hinwies, daß ein großer Theil der Staatsbahnen
Gebirgsbahnen ſind, bei welchen andere Bedin-
gungen für den Betrieb vorherrſchen, als bei
nicht, zu reden. Weiß ich denn, ob das liebe
Geſchöpf mich überhaupt leiden mag? Ob ſie
nicht ſchon längſt ein anderes Bild im Herzen
trägt?
Da iſt ein Doctor Neiding in Gießen, mit
dem ſie immerfort geneckt wird. Wenn der
Kunde vielleicht wirklich ein bevorzugter Bewer-
ber wäre?“
Berlin, nach Pfingſten.
Ihr Götter, wie iſt mir zu Muth! So
muß dem Helden zu Muth ſein, der eine Schlacht
gewonnen hat! — Vor mir auf dem Schreibtiſch
ſteht Mareiles Bild, und an ſie ſelbſt habe ich
eben einen langen, für meine Gefühle aber noch
viel zu kurzen Brief geſchrieben.
Und wie iſt das alles ſo ſchnell gekommen?
Nun, meine ganze Seligkeit habe ich nur
Mareiles unbezahlbarer Offenherzigkeit zu danken.
Als wir ſelbander geſtern Früh aus Mar-
burg abdampften, kam ſie mir ſchon merkwürdig
ernſt und blaß vor; und je mehr wir uns
Gießen näherten, um ſo blaſſer und einſilbiger
wurde ſie.
„Aha!“ dachte ich bitter, „die Aufregung,
den heimlich Geliebten wiederzuſehen macht das!“
Und unwillkürlich wurde auch ich reſervirter.
Als dann der Zug in Gießen in die Halle
fährt, guckt Mareile durch die Scheiben verſtoh-
len auf den Perron hinaus, fährt plötzlich zurück
und ſinkt in die entgegengeſetzte Ecke des Coupes
auf den Sitz nieder.
„Ich ſteig’ nit aus! Nein, ganz gewiß nit!
Da ſteht ja richtig der fade Doctor Neiding mit
’n Blumenſtrauß! So en zudringlicher Menſch!
Nein, nein, ich ſteig’ nit aus, ich will e’malnit!“
„Aber Fräulein Mareile,“ wollte ich ſie
beruhigen, „Ihre Tante wird Sie erwarten.“
Da fährt ſie auf wie ein kleiner Kampfhahn.
„So iſch’s recht, Herr Doctor! Sie haben’s
auch gar ſehr nöthig, mich zum ausſteige zwinge’
zu wolln! Wenn Sie nit bis Frankfurt mit mir
fahren wolle, da könnte Sie ſich ja wo anders
hinſetze’. Freilich hab’ ich nit g’wußt, daß Ihne
meine G’ſellſchaft ſo ſchnell z’viel werde könnt.’“
„Aber — Mareile, um Gotteswillen! Ich
bin ja glückſelig, wenn Sie nichts von dem Doctor
da draußen wiſſen wollen! Und ich würde mit
Ihnen bis an’s Ende der Welt fahren ...“
„Iſch das auch wahr?“ ſagt ſie und ſieht
mich ganz grad und treuherzig an ... Und ich,
ohne eine Secunde zu zögern ſchmettere die Thür,
die ein wenig geöffnet war, vollends zu, ſage dem
Schaffner, die Dame fahre mit bis Frankfurt,
er ſolle ein Billet beſorgen und lehne mich dann
breit aus dem Fenſter, bis der Zug ſich
wieder in Bewegung ſetzt.
Draußen ſtand der Doctor mit dem Blumen-
ſträußchen in der glacébedeckten Hand und ſchaute
dem Zug mit einem ſo urdummen Geſicht nach,
daß ich laut auflachen mußt.
Mareile war aufgeſtanden und lugte hinter
der Gardine nach dem verſpotteten Freier.
„Macht’ er nit grad’ e G’ſicht wie e Pfingſt-
öchſele?“ ſagte ſie. Und ſo ſchelmiſch lachten ihre
rothen Lippen dabei, daß ich mich umwandte
und ſie jählings in die Arme ſchloß.
„Mareile, Mareile,“ — ſie wehrte ſich gar
nicht — „willſt Du denn meine kleine Baum-
königin ſein mein Lebenlang?“
Sie antwortete nichts, aber ſie reichte mir
nur die feuchten, friſchen Mädchenlippen zum küſſen
dar. Und auch mit dieſer Antwort war ich zu-
frieden. — —
„Aber was machen wir nun in Frankfurt?“
fragte ich nach fünf Minuten, die ich mit beſ-
ſerem als mit Sprechen ausgefüllt hatte.
„In Frankfurt haben wir auch eine Tante!“
ſagte Mareile ſtolz; „bei der werde ich ein paar
Stunden bleiben und dann gleich wieder nach
Marburg heimfahren.“
„Hör’, ſüßer Schatz, werde ich denn aber
auch Helmers recht ſein, als Dein Bräutigam?“
Sie ſah mich ganz mitleidig an.
„Ja — weißt denn Du nit, daß wir zwei
Beide ganz mit Fleiß z’ſammengebracht worden
ſind? Ich hab’s meiner Schweſter gleich am
erſten Tag geſagt, daß ich der ihren Kriegsplan
durchſchau’.“
„Und biſt doch mit mir gefahren, heute Früh?“
„Jeſſes, was ſollt’ ich denn ſonſt mache?
Aber eine Angſt hab’ ich gehabt, Du könnteſt mir
entwiſchen!“
„Alſo deshalb warſt Du heut Früh ſo
blaß und ſtill?“
„Wird wohl ſo ſein. Ich hab’ Dich ja gleich
gern gemocht, wie Du mir biſt in Kaſſel ſo auf
die Füß’ getrete und dabei geflucht haft. Und
daß ich Dir auch nit übel gefallen hab’, das hab’
ich gleich g’merkt.“
„So, Du Blitzmädel? — Aber dann haſt
Du vielleicht gar keinen ſo großen Schreck be-
kommen, als Du Deinen Vielliebchen-Irrthum
entdeckteſt?“ Sie ſah mich mit erſtaunten
Augen an.
„Du biſcht aber Einer! Erſt recht hab ich
mich erſchreckt!“ —
„Nun, Du kleines, erſchrockenes Mareile,
da iſt’s nur gut, daß Du jetzt wirklich mein
Viel—liebchen geworden biſt, nicht wahr?“
Sie nickte glücklich. Und weiter fuhren wir
in den lachenden Frühling hinaus, dem Süden zu.
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