Mährisches Tagblatt. Nr. 133, Olmütz, 10.06.1884.[Spaltenumbruch]
Das Abonnement für Olmütz: Zustellung ins Haus monat- Auswärts durch die Post: Einzelne Nummer 5 Kreuzer. [Spaltenumbruch] Mährisches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Insertionsgebuhren Außerhalb Olmütz überueh- Manuscripte werden nicht Nr. 133. Olmütz, Dienstag den 10. Juni 1884 5. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Zwei Ehrenbürger der Stadt Olmütz. Olmütz, 10. Juni. Einen Act schuldiger Dankbarkeit hat gestern Und sie haben diese Sympathie, die Gefühle Im Nachstehenden bringen wir die biogra- [Spaltenumbruch] FML. Ritter von Fröhlich von Elmbach-Groara. F.-M.-L. Ludwig Ritter v. Fröhlich [Spaltenumbruch] Feuilleton. Der Stil und der Mensch. Der Stil ist der Mensch. Ist der Satz wahr, Aber, offen gesagt, es scheint mir einmal [Spaltenumbruch] Im Reiche des Stils regiert bekanntlich die Ich gehe weiter und behaupte, der Stil ist Darauf erwidere ich, daß eben aus dieser [Spaltenumbruch]
Das Abonnement für Olmütz: Zuſtellung ins Haus monat- Auswärts durch die Poſt: Einzelne Nummer 5 Kreuzer. [Spaltenumbruch] Mähriſches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Inſertionsgebuhren Außerhalb Olmütz überueh- Manuſcripte werden nicht Nr. 133. Olmütz, Dienſtag den 10. Juni 1884 5. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Zwei Ehrenbürger der Stadt Olmütz. Olmütz, 10. Juni. Einen Act ſchuldiger Dankbarkeit hat geſtern Und ſie haben dieſe Sympathie, die Gefühle Im Nachſtehenden bringen wir die biogra- [Spaltenumbruch] FML. Ritter von Fröhlich von Elmbach-Groara. F.-M.-L. Ludwig Ritter v. Fröhlich [Spaltenumbruch] Feuilleton. Der Stil und der Menſch. Der Stil iſt der Menſch. Iſt der Satz wahr, Aber, offen geſagt, es ſcheint mir einmal [Spaltenumbruch] Im Reiche des Stils regiert bekanntlich die Ich gehe weiter und behaupte, der Stil iſt Darauf erwidere ich, daß eben aus dieſer <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p>Das<lb/><hi rendition="#b">„Mähriſche Tagblatt“</hi><lb/> mit der illuſtr. Wochenbeilage<lb/><hi rendition="#b">„Illuſtrirt. 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Man denkt<lb/> wohl, der Stil, welcher nicht blos die Verkörperung<lb/> der Gedanken, ſondern auch die genetiſche Darſtellung<lb/> ihres Entſtehens enthält, alſo einen directen Einblick<lb/> in die Gedankenfabrik gewährt, müſſe doch minde-<lb/> ſtens ſo viel Licht über die Eigenart eines<lb/> Menſchen verbreiten, wie das Geſpräch, mit dem<lb/> Unterſchiede, daß die ſchriftliche Sprechweiſe<lb/> größeres und zuſammenhängenderes Material<lb/> bietet und gleichſam eine ſyſtematiſche Prüfung<lb/> ermöglicht. Nun erſcheint uns die Art und Weiſe<lb/> eines Menſchen, die individuelle Färbung ſeines<lb/> Geiſtes bei längerer Unterredung, wenn er ſich<lb/> aufrichtig gehen läßt, bekanntlich ſchon in ſo be-<lb/> ſtimmten Farben, daß wir, wenn es halbwegs<lb/> die Mühe der Beobachtung lohnt, nach einſtüdi-<lb/> gem Geſpräch unfehlbar ein beſonderes, eigen-<lb/> thümliches und nicht leicht verlöſchbares Bild<lb/> ſeiner Art und Weiſe mit uns nehmen. 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Das
„Mähriſche Tagblatt“
mit der illuſtr. Wochenbeilage
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Exped., in Wien, I., Woll-
zeile Nr. 12, Haasenstein &
Vogler in Wien, Prag. Buda-
peſt, Berlin, Frankfurt a/M.,
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Alois Opellik, in Wien, Rud.
Mosse in Wien, München u.
Berlin, G. L. Daube & Ce.
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Nr. 133. Olmütz, Dienſtag den 10. Juni 1884 5. Jahrgang.
Zwei Ehrenbürger der Stadt
Olmütz.
Olmütz, 10. Juni.
Einen Act ſchuldiger Dankbarkeit hat geſtern
unſere Stadtvertretung geübt, indem ſie in die
Reihe der Ehrenbürger dieſer königl. Hauptſtadt
zwei Männer aufnahm, deren Verdienſte um das
Gedeihen und Aufblühen derſelben hellleuchtend
ſtrahlen. Seine Excell. FML. Ritter v. Fröhlich,
der Gouverneur von Olmütz und der k. k. Genie-
Director, Herr Oberſtlieutenant v. Tilzer ſind
es, die geſtern einhellig zu Ehrenbürgern dieſer
Stadt ernannt wurden. Selten wol dürfte ein
Beſchluß der Stadtvertretung ſo einmüthige Zu-
ſtimmung in den Kreiſen der Bevölkerung finden,
wie dieſer geſtern gefaßte Beſchluß, in welchem
ſich die Sympathie kundgibt und die Hochachtung
ausdrückt, welche die genannten Männer in unſerer
Stadt genießen.
Und ſie haben dieſe Sympathie, die Gefühle
der Hochachtung voll verdient. In ihrer ſoldatiſchen
Bruſt ſchlägt das Herz warm für das Bedürfniß der
Bürgerſchaft, und mit ganzer Seele haben ſie
beigetragen die Stadt von der beengenden Schnür-
bruſt zu befreien, die ihr Licht und Luft benahm,
die ihre Entwicklung, ihr Aufblühen ſeit einem Jahr-
hundert hemmte. In beiden Männern wohnt
ein reger Sinn für Fortſchritt auf allen Ge-
bieten. Nicht Stillſtand, ſondern Entwicklung
wollen ſie und mit dieſem für unſere Stadt un-
ſchätzbaren Wollen fördern ſie hier unſer ſtädti-
ſches Gemeinweſen in ſo außerordentlicher Weiſe,
ſie kommen dem tiefgefühlten Bedürfniſſe nach
Erbreiterung und Ausdehnung der ſeit einem
Jahrhunderte eingeengten Stadt mit ſo viel Ernſt
und ſoviel Energie entgegen, daß jeder, dem die
Heimath lieb und werth, ihnen dankbaren
Herzens ſeine Sympathie entgegenbringen und
Jeder auch ſtolz auf die Männer blicken muß,
welche heute die Reihe unſerer Ehrenbürger ver-
mehren. Die Stadt hat ſich ſelbſt geehrt, indem
ſie dieſe beiden Männer zu Ehren-Bürgern von
Olmütz erwählte, und ſie hat damit gleichzeitig
damit jenen freundlichen und innigen Beziehun-
gen Ausdruck gegeben, welche die deutſche Bürger-
ſchaft dieſer Stadt mit der Garniſon und dadurch
mit unſerer geſammten tapferen Armee aufs
Engſte vereint. Wir ſind durchdrungen von
der Ueberzeugung, daß die Zukunft unſerer
Stadt eine um ſo gedeihlichere ſein wird, wenn
unſere neueſten Ehrenbürger auch in kommen-
den Tagen derſelben wie bisher ihre Neigung
und Förderung nicht entziehen. Ihre Thatkraft,
und ihr feſtes und freundliches Wollen iſt uns
neben dem offenen Sinne der geſammten deut-
ſchen Bürgerſchaft dieſer Stadt eine Bürgſchaft
für kommende Blüthe der alten Reichsveſte
Olmütz.
Im Nachſtehenden bringen wir die biogra-
phiſchen Skizzen der beiden neuernannten Ehren-
bürger der Stadt Olmütz.
FML. Ritter von Fröhlich von
Elmbach-Groara.
F.-M.-L. Ludwig Ritter v. Fröhlich
von Elmbach und Groara wurde in Neu-
titſchein, wo ſein Vater, ein k. k. Officier, in
Garniſon lag, am 24. Februar 1823 geboren.
Im Alter von 6 Jahren bereits zur vaterloſen
Waiſe geworden, zeigte er ſchon im zarteſten
Knabenalter eine entſchiedene Vorliebe für den
Soldatenſtand, dem ſeine drei älteſten Brüder
bereits angehörten. Er kam im Jahre 1834 in
die Wiener-Neuſtädter Militär-Akademie, von
welcher er am 19. September 1841 als Lieute-
nant zum Infanterie-Regimente Nr. 21 ausge-
muftert wurde, das damals in Mailand dislo-
cirt war. Hier entwickelte ſich in dem jungen
Officier ein reger Sinn für ernſte Studien,
insbeſondere eine große Vorliebe für die Kriegs-
geſchichte, wie für moderne Sprachen und ſuchte
ſich derſelbe mit allem Eifer für ſeinen Beruf
und das geſtellte Ziel, den Generalſtabs-Dienſt,
beſtens auszubilden. Am 10. Jänner 1844 wurde
Fröhlich dem Generalſtabe in Mailand zugetheilt;
im Jahre 1845 legte er die Prüfung für den
Generalſtab mit ſehr gutem Erfolge ab, wurde
hierauf der Brigade Generalmajor Wolgemuth
als Generalſtabs-Officier, noch im ſelben Jahre
dem beim k. k. Hofkriegsrathe ein Referat füh-
renden Generalmajor Rouſſeau zugetheilt, wo er
vom Ende October 1846 bis Mitte Februar
1848 in Verwendnng blieb. Als der Krieg 1848
in Italien ausbrach, bat Fröhlich, der inzwiſchen
Feuilleton.
Der Stil und der Menſch.
Der Stil iſt der Menſch. Iſt der Satz wahr,
dann haben wir Oeſterreicher vor allen Völkern
viel voraus. Unſer Kronprinz iſt ein Stiliſt, und
zwar ein ganz ausgezeichneter. Wir erfreuen
uns alſo nicht blos gegenwärtig eines geliebten
Monarchen, ſondern wir können auch im Vor-
aus wiſſen, daß unſere Enkel ausgezeichnet wer-
den regiert werden. Unſer Kronprinz iſt ein
Schriftſteller. Wenn der Stil in der That der
Menſch iſt, ſo wäre es doch wirklich von Intereſſe,
wenn ein wahrhaft Sachverſtändiger ſich der
Arbeit unterzöge, aus den gedruckten Schriften
des jungen Erzherzogs ſein Characterbild zuſammen-
zuſtellen, den künftigen Generationen gleichſam
im Spiegel zu zeigen, welche Art von Regent
ihnen heranblühe.
Aber, offen geſagt, es ſcheint mir einmal
nicht möglich, daß der Prinz heute ſchon in
Urtheil und Character ſo fertig und gereift ſei,
wie er es in Stil und Darſtellung iſt. Schon
dies beweiſt mir, daß der Satz: „Der Stil iſt
der Menſch“ in ſo vollem Umfange nicht leicht
verfochten werden kann. Ich wiederſtehe alſo der
Verſuchung, mir den Kronprinzen, den wir Alle
aus der Ferne ſo ſehr lieben, aus ſeinen Büchern
leibhaftig herauszuconſtruiren. Ich werde mich,
anſtatt mit dem Stil Sr. k. k. Hoheit, mit dem
Stil im Allgemeinen beſchäftigen und die Hoheit
bei Seite laſſen.
Im Reiche des Stils regiert bekanntlich die
weltliche Hoheit nicht. Aber es regiert allerdings auch
eine Hoheit von Gottes Gnaden, ein angeborener
Rang, der ſich ohne Stammbaum und Documente
auf den erſten Anblick geltend macht. Man hat Bei-
ſpiele, daß Fürſten von Geblüt die Zeichen ihres
Ranges beiſeite legen und unerkannt unter den
anderen Sterblichen wandeln; es ſollen ihnen
dabei ſchon allerhand artige Abenteuer und ko-
miſche Widerwärtigkeiten paſſirt ſein. Im Reiche
des Stils aber gibt es kein Incognito.
Ein Fürſt des Stils mag ſich kleiden wie er
will, er kann ſich in Scherz und Ernſt ſeiner
Eigenheit nicht begeben. Es gibt höhere und ge-
ringere Ausflüſſe desſelben Talents; das Genie
hat gute und ſchwache Stunden, namentlich was
den Inhalt ſeiner Emanationen betrifft. In der
Form aber kann der Stiliſt, der einmal ſeine
Geſtaltung gewonnen hat, weder über ſich hinaus,
noch unter ſich herunter. Keiner kann beſſer ſchrei-
ben, als er eben kann — aber auch Keiner ſchlech-
ter. Man leſe Goethe’s Groß-Kophta, gegenſtändlich
wohl ein ebenſo flaches Ding, wie irgend ein Stück
von Kotzebue, mit welchem Göthe hier auf deſſen
eigenem Terrain zu ringen ſcheint, und man
wird finden, das der Dialog ſo gut Göthe iſt,
wie ein Clavigo und ein Götz. In dieſem Sinne
iſt der Stil der Menſch, inſoferne er nämlich
vom Menſchen iſt und nicht cus ihm heraus kann.
Daß er der ganze Menſch ſei, möchte ich be-
zweifeln, denn der Menſch und ſein ganzes We-
ſen hat im Stil, der nur eine Art der Aeußerung
iſt, keinen Platz. Der Stil iſt Können, der Menſch
iſt Wollen. Jener iſt Form, dieſer iſt Gehalt.
Die Beiden müſſen ſich einander anpaſſen, um
zu einer gewiſſen Erſcheinung zu gelangen; aber
daß ſie ein und dasſelbe ſeien, daß läßt ſich nur
im Scherze ſagen.
Ich gehe weiter und behaupte, der Stil iſt
nicht nur nicht der Menſch ſelbſt, er iſt nicht
einmal das Abvild ſeiner Manier. Man denkt
wohl, der Stil, welcher nicht blos die Verkörperung
der Gedanken, ſondern auch die genetiſche Darſtellung
ihres Entſtehens enthält, alſo einen directen Einblick
in die Gedankenfabrik gewährt, müſſe doch minde-
ſtens ſo viel Licht über die Eigenart eines
Menſchen verbreiten, wie das Geſpräch, mit dem
Unterſchiede, daß die ſchriftliche Sprechweiſe
größeres und zuſammenhängenderes Material
bietet und gleichſam eine ſyſtematiſche Prüfung
ermöglicht. Nun erſcheint uns die Art und Weiſe
eines Menſchen, die individuelle Färbung ſeines
Geiſtes bei längerer Unterredung, wenn er ſich
aufrichtig gehen läßt, bekanntlich ſchon in ſo be-
ſtimmten Farben, daß wir, wenn es halbwegs
die Mühe der Beobachtung lohnt, nach einſtüdi-
gem Geſpräch unfehlbar ein beſonderes, eigen-
thümliches und nicht leicht verlöſchbares Bild
ſeiner Art und Weiſe mit uns nehmen. Sollte
eine directe abſichtliche, durch Gegenrede nicht
unterbrochene Aeußerung, wie ſie in der Schreib-
weiſe eines Menſchen gegeben iſt, einen weniger
klaren und lebhaften Einblick gewähren?
Darauf erwidere ich, daß eben aus dieſer
Parallele die große Kluft erſichtlich iſt, die den
Menſchen mit der Feder von dem Menſchen in
Fleiſch und Blut trennt. Wie der Menſch und
was er ſpricht, das iſt wohl für ſeine innere
Eigenthümlichkeit in hohem Grade bezeichnend.
Er zeigt darin ſo Vielerlei auf einmal, daß ſich
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