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Mährisches Tagblatt. Nr. 134, Olmütz, 14.06.1897.

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geben nicht nach, sie lassen sich durch officiöse
Kundgebungen weder einschüchtern, noch beschwich-
tigen. Zuerst müssen die Verordnungen ver-
schwinden, dann kann über das Weitere gesprochen
werden.




Politische Nachrichten.
(Taaffe und Badeni.)

Unter dem Mini-
sterium Taaffe wurde mit der Politik der
Sprachenverordnungen begonnen, und
man sagte dem Ministerpräsidenten schon damals
voraus, daß diese Verordnungen nur der erste
Schritt auf dem Wege seien, auf welchem man
zu der inneren tschechischen Dienstsprache gelangen
werde. Graf Taaffe widersprach entschieden; aus
seiner am 13. October 1885 abgegebenen Er-
klärung läßt sich vernehmen, daß er die unter
seinem Regime hinausgegebenen Verordnungen
als das äußerste Zugeständniß an die Tschechen
betrachte. Der damalige Ministerpräsident sagte
nämlich: "Die Regierung erkennt die Nothwen-
digkeit an, daß die deutsche Sprache eine beson-
dere Stellung in Oesterreich haben muß, als
Vermittlungssprache und als Sprache, die von
den Meisten in Oesterreich verstanden wird. Die
Regierung wird sich daher in solchen Dingen nie
auf einen einseitigen nationalen Standpunkt
stellen, sondern sich immer die Bedürfnisse der
Länder vor Augen halten. Daher ist auch die
Besorgniß unbegründet, daß der Erlaß meines
Collegen nur eine Etappe sei, auf welcher man zur
tschechischen Dienstsprache in Böhmen gelangen will.
Dazu wird es nicht kommen, da die Verhältnisse
in Böhmen ganz andere sind als in Galizien....
Ich kann erklären, daß die Verhältnisse in Böhmen
nicht derart sind, um eine Verordnung wie die
von 1869 (für Galzien) einzuführen." Seither
sind etwa zehn Jahre vergangen, und schon wurden
neue Verordnungen hinausgegeben, welche die
Taaffe'schen weit überholen, Verordnungen, die
zwar noch nicht die ganze innere tschechische Dienst-
sprache anordnen, aber immerhin einen beträcht-
lichen Anfang hiezu enthalten. Graf Taaffe ver-
wahrte sich nachdrücklich dagegen, daß den Tsche-
chen in der Sprachenfrage nationale Zugeständ-
nisse gemacht werden sollen; die jüngsten Ver-
ordnungen sind aber ein ganz offenkundiges na-
tionales Zugeständniß der bedeutendsten Art.
Wundert man sich unter solchen Umständen noch,
daß die Deutschen von der schwersten Sorge er-
füllt sind und mit einem entschiedenen: "Bis hieher
und nicht weiter" antworten?

(Zur politischen Lage.)

In der am 11. d.
stattgefundenen Sitzung des Gemeinderathes
der autonomen Stadt Steyr wurde ein Statt-
haltereierlaß verlesen, worin es heißt, daß der
Gemeinderath durch die Anfangs Mai erfolgte
einstimmige Fassung einer Resolution gegen die
[Spaltenumbruch] Sprachenverorbnungen sich auf den Parteistand-
punct gestellt habe und daß insbesondere nicht
angenommen werden könne, daß die Gemeinde-
vertretung bei Versammlungen, in denen die
fraglichen Sprachenverordnungen besprochen wer-
den, die Gesetze über das Vereins- und Ver-
sammlungsrecht mit voller Unbefangenheit zu
handhaben imstande sein werde. Der Statthalter
finde sich daher im Grunde des Gemeinde-
statutes Sterr, sowie des Gesetzes über das
Vereinsrecht bestimmt, die Handhabung des Ge-
setzes über das Vereins-, respective Versammlungs-
recht hinsichtlich jener im Stadtgebiete Steyr
stattfindenden Vereins- und sonstigen Versamm-
lungen, in welchen voraussichtlich die fraglichen
Sprachenverordnungen oder die derzeitige par-
lamentarische Lage überhaupt besprochen werden
könnten, bis auf weiteres der Bezirkshauptmann-
schaft Steyr zu übertragen. -- Der Gemeinde-
rath hat sofort einstimmig und ohne Debatte
eine Resolution angenommen, wonach der Erlaß
zur Kenntniß genommen, aber mit aller Ent-
schiedenheit der darin enthaltene Vorwurf zurück-
gewiesen und tief beklagt wird, daß durch die
Form der getroffenen Verfügung des Statthalters
dem Gemeinderathe die Möglichkeit, seine staats-
grundgesetzlich gewährleistete Berechtigung zur
Beschließung von Petitionen im gesetzlichen In-
stanzenzuge zu erhärten und gegen diese indirecte
Maßregelung Schutz zu suchen, benommen wurde.

("Nicht nachgeben.")

Die deutschfortschritt-
liche "Reichenberger Zeitung" schreibt: "Gewiß
sind die Deutschböhmen auch jetzt wieder zu einem
Ausgleiche bereit; allein vor Allem beharren sie
darauf, daß zuvor die Sprachenverordnungen
vom 5. April 1897 zurückgezogen und die Be-
stimmungen der Wiener Vereinbarungen vom
Jahre 1899 stricte durchgeführt werden. Bevor
man uns daher mit neuen Ausgleichsverhand-
lungen kommen darf, muß man zuerst die Wiener
Vereinbarungen in ihrer Gänze durchführen, und
in diesen war auch der Weg vorgezeichnet, auf
welchem die Sprachenfrage in Böhmen gelöst
werden könnte. Nach den damaligen Verein-
barungen sollte nach der Abgrenzung der Gerichts-
sprengel die Verordnung vom 19. April 1880,
betreffend den Gebrauch der Landessprachen im
Verkehre der Gerichts- und staatsanwaltschaftichen
Behörden in Böhmen mit den Parteien und
autonomen Behörden, einer Revision unterzogen
werden. Da man aber die Wiener Punctation
nicht einhielt, fiel diese "Revision" weg und Graf
Badeni suchte in einseitiger Weise die Sprachen-
frage in Böhmen durch eine neue Verordnung
zu lösen. Mit welchem Erfolg, ist bekannt! Wohin
man auch immer hören mag, es herrscht in allen
Kreisen des deutschen Volkes in Böhmen über
die durch die jüngsten Vorkommnisse geschaffene
Lage nur eine Stimme, und die lautet: Nicht
[Spaltenumbruch] nachgeben! Man kann in Oesterreich wohl ohne
die Deutschen, nicht aber ohne schwere Schädigung
der Staatsinteressen gegen die Deutschen regieren!"

(Aus dem tschechischen Lager.)

In
tschechischen Kreisen wird für die Einberufung
eines tschechischen Abgeordnetentages agitirt, der
am Cyrill- und Methud-Feste in den Räumen
des Prager Stadthauses stattfinden soll. Wie ein
von den Odmännern der tschechischen Vereine in
Brünn unterfertigter Aufruf vorschlägt, sollen zu
dieser Versammlung sämmtliche tschechischen Volks-
vertreter geladen werden, um eine Adresse an
an den Kaiser zu beschließen, in welcher alle
tschechischen Forderungen und ein Protest gegen
das Vorgehen der deutschen Minorität Aufnahme
finden sollen. Ferner wird berichtet, daß in
tschechischen Kreisen das Gerücht verbreitet sei,
die Ernennung Dr. Kaizl's zum böhmischen
Landsmannminister sei vom Ministerrathe bereits
in Vorschlag gebracht und vom Kaiser bestätigt
worden. Nur die Zeit der Veröffentlichung dieser
Ernennung sei noch offen gelassen.




Die Lemberg-Krakauer Spionage-
Affaire.


(Original-Bericht des "Mähr. Tagbl.")

Vor dem Wiener Schwurgerichte haben sich
heute und morgen die beiden ehemaligen Officiere
Paul Bartmann und Josef Waniczek
wegen Verbrechens des Hochverrathes zu verant-
worten und zwar Ersterer begangen durch Aus-
spähung als unmittelbarer Urheber und strafbar
mit dem Tode durch den Strang, Letzterer als
auf entferntere Weise betheiligt, jedoch bei be-
sonderer Gefährlichkeit des Unternehmens mit
lebenslänglichem Kerker strafbar. Beiden liegt zur
Last, daß sie militärische Geheimnisse als Festungs-
und Eisenbahnpläne, Mobilisirungsbefehle, Nach-
richten über Heeresverpflegung u. dgl. an einen
"fremden Staat" gegen hohes Entgelt verriethen.
Die Uebergabe aller dieser Pläne und Aufzeich-
nungen erfolgte in Wien zu Handen eines
fremden Militärbevollmächtigten. Soviel erwiesen
ist, hat Bartmann von dem fremden Staate für
seine Dienste mindestens 42.000 fl. erhalten.
Bemerkenswerth ist, daß die Anklageschrift es
sorgfältig vermeidet, den fremden Staat und
dessen in Wien lebenden Militärbevollmächtigten
zu nennen; dieß geht soweit, daß es in einem
sonst wörtlich aufgenommenen Briefe Bartmanns
stets anstatt des Namens des ausländischen
Staates heißt: "Ihr Reich."

Bartmann war früher Oberlieutenant und
Kriegskamerad des seinerzeit vielgenannten Haupt-
mannes Hussanowsky; aus gleichem Anlasse wurde
auch dieser des Officierscharacters verlustig. Später




[Spaltenumbruch]

gefürchtete Raufer, der Rofner, hatte einen schlechten
Tag, denn Hans, frisch und keck angreifend,
schmiß ihn, nach kurzem Ringen, daß ihm die
Rippen krachten. Himmelhoch stieg das Ansehen
des sonst nur verspotteten Hans nach diesem
Siege; aber er sollte sich dessen nicht lange
erfreuen.

Zeternd und jammernd durchbrach seine Mutter
den Kreis und stürzte auf ihren Sohn hin.
Willenlos ließ sich dieser hinausführen, und lautes
Gelächter folgte ihm. Aus dem Fenster wurde
ihm Hut und Joppe nachgeworfen und der Rofner-
Sepp sang ihm als Trutzlied:

"Du Stockfisch, bist nit g'wassert,
Bist längst schon truck'n,
Mußt ja Deiner Muater
Auf'n Kitt'l huck'n!"

Nun war es allerdings mit dem Ansehen
des armen Gatterle-Hans aus für alle Zeiten.
Er wagte sich nie mehr auf einen Tanzboden
und schlich an Sonn- und Feiertagen scheu von
und zur Kirche. Der kräftige Bursche, zum Mann
herangereift, selbst in den kleinsten Kleinigkeiten
jeder Selbstständigkeit durch die Hätschelei seiner
Mutter entfremdet, konnte sich von dem Gängel-
band derselben nicht frei machen.

Da lebte unten im Dorfe ein Zimmermann
und der hatte eine Tochter mit einem Mundwerk
so scharf, wie ein frisch geschliffenes Messer und
einer Energie, wie ein Wachtmeister. Der Vater
dieses Dirndls lebte von seiner Hände Arbeit,
die manches Jahr mehr, manches Jahr weniger
abwarf, je nach dem es im Thale zu bauen gab.
[Spaltenumbruch] Verdiente er viel, brauchte er viel, und seine
Tochter half ihm redlich dabei. Waren die Ein-
nahmen mager, trank der Zimmermann Brannt-
wein, und die Tochter war so unverträglich, wie
"die geborene Zuwidrigkeit."

Des Zimmermann's Annele hatte nun einen
Plan entworfen, um aus diesen ärmlichen Ver-
hältnissen herauszukommen, und der Gatterle-
Hans erlebte zu seiner größten Verwunderung,
daß er von dem nicht unschönen, wegen seiner
Schneid aber etwas gefürchteten Zimmermanns-
Dirndl angeworben wurde, wie sonst ein Bursche
ein Mädchen freit. Und das kam so:

An einem Sonntag Nachmittag lag der Hans
auf der Waldwiese unter einer Fichte und rauchte
heimlich sein Pfeifchen. Seine Mutter hielt das
Rauchen für schädlich. Da krachte plötzlich hinter
ihm der Zaun und als er aufblickte, bemerkte er
das Zimmermann-Annele, wie sie flink die
Spälter emporkletterte und mit einem Satz neben
ihn auf den Rasen sprang.

"Weißt, Hans, auf was ich heut' ausgeh'?"
Haus schwieg und schaute verwundert auf das
Dirndl, welches, mit den Enden der beiden
mächtigen Zöpfe spielend, neben ihm saß. "An
Schatz will i mir auffangen, Hans, und gut
ist's, daß i Di g'sund'n hab', denn an andern
hätt' i nit mögn."

Nun begann das Mädchen eindringlich und
schmeichelnd auf den Burschen einzureden, wie er
auf allen Orten verspottet werde, wie schade es
um so einen sauberen Buben sei, der einer der
Ersten im Dorfe sein müsse, als einziger Sohn
[Spaltenumbruch] des Gatterle-Hofes und dann als der Einzige, der
den Rofner-Sepp geschmissen habe. Hans mußte
dem Mädchen eigentlich recht geben und es
brauchte gar keine große Ueberredung, ihn zu
bewegen, mit dem Zimmermanns-Annele heute
Abend noch den Kirchtag von Grabling zu
besuchen.

"Teufel," sagte Hans aber bedenklich, "was
werd' die Mutter sag'n?" "Die Mutter? Sell
werd' schon i übernehmen! Bist ja a g'wachsener
Bua, den der Bart aus 'n G'sicht sticht, wie
frisch g'sahnter Klee im Langes (Frühjahr) aus
einer Wies'n. Und nachher, Einer, den Rofner-
Sepp fragt, ob's ihn g'fällig sei 's Schmeißen,
und der'n nachher a wirft, so Einer, mei lieber
Hans, fragt nit erst sein' Mutter, ob er mit
'n Schatz auf 'n Kirchtag darf."

"Mit 'n Schatz?" fragte vor sich hinsinnend
der Gatterle-Hans. "Na freili, mit 'n Schatz!"
eiferte nun Anna, schlug ihre Arme um seinen
Hals und küßte den Burschen herzhaft ab. Hans
fand Gefallen an dieser Liebeswerbung so gegen
den Brauch, und gab bald die Küsse doppelt und
dreifach zurück. "Oha, Du bist ein leichtlerniger
Bua," lachte Annele, sich verschnaufend. "Kimm
lei, mit der Mutter red' i."

Die alte Gatterle-Bäuerin saß in der aus-
getäfelten Stube, und da es ihr zu beschwerlich
wurde, auch zum Rosenkranz hinunter in die
Dorfkirche zu steigen, pflegte sie an Sonntagen
in der heiligen Schrift zu lesen.

Als sie den Hans, etwas verlegen allerdings,
mit dem Zimmermann-Annele eintreten sah,


geben nicht nach, ſie laſſen ſich durch officiöſe
Kundgebungen weder einſchüchtern, noch beſchwich-
tigen. Zuerſt müſſen die Verordnungen ver-
ſchwinden, dann kann über das Weitere geſprochen
werden.




Politiſche Nachrichten.
(Taaffe und Badeni.)

Unter dem Mini-
ſterium Taaffe wurde mit der Politik der
Sprachenverordnungen begonnen, und
man ſagte dem Miniſterpräſidenten ſchon damals
voraus, daß dieſe Verordnungen nur der erſte
Schritt auf dem Wege ſeien, auf welchem man
zu der inneren tſchechiſchen Dienſtſprache gelangen
werde. Graf Taaffe widerſprach entſchieden; aus
ſeiner am 13. October 1885 abgegebenen Er-
klärung läßt ſich vernehmen, daß er die unter
ſeinem Regime hinausgegebenen Verordnungen
als das äußerſte Zugeſtändniß an die Tſchechen
betrachte. Der damalige Miniſterpräſident ſagte
nämlich: „Die Regierung erkennt die Nothwen-
digkeit an, daß die deutſche Sprache eine beſon-
dere Stellung in Oeſterreich haben muß, als
Vermittlungsſprache und als Sprache, die von
den Meiſten in Oeſterreich verſtanden wird. Die
Regierung wird ſich daher in ſolchen Dingen nie
auf einen einſeitigen nationalen Standpunkt
ſtellen, ſondern ſich immer die Bedürfniſſe der
Länder vor Augen halten. Daher iſt auch die
Beſorgniß unbegründet, daß der Erlaß meines
Collegen nur eine Etappe ſei, auf welcher man zur
tſchechiſchen Dienſtſprache in Böhmen gelangen will.
Dazu wird es nicht kommen, da die Verhältniſſe
in Böhmen ganz andere ſind als in Galizien....
Ich kann erklären, daß die Verhältniſſe in Böhmen
nicht derart ſind, um eine Verordnung wie die
von 1869 (für Galzien) einzuführen.“ Seither
ſind etwa zehn Jahre vergangen, und ſchon wurden
neue Verordnungen hinausgegeben, welche die
Taaffe’ſchen weit überholen, Verordnungen, die
zwar noch nicht die ganze innere tſchechiſche Dienſt-
ſprache anordnen, aber immerhin einen beträcht-
lichen Anfang hiezu enthalten. Graf Taaffe ver-
wahrte ſich nachdrücklich dagegen, daß den Tſche-
chen in der Sprachenfrage nationale Zugeſtänd-
niſſe gemacht werden ſollen; die jüngſten Ver-
ordnungen ſind aber ein ganz offenkundiges na-
tionales Zugeſtändniß der bedeutendſten Art.
Wundert man ſich unter ſolchen Umſtänden noch,
daß die Deutſchen von der ſchwerſten Sorge er-
füllt ſind und mit einem entſchiedenen: „Bis hieher
und nicht weiter“ antworten?

(Zur politiſchen Lage.)

In der am 11. d.
ſtattgefundenen Sitzung des Gemeinderathes
der autonomen Stadt Steyr wurde ein Statt-
haltereierlaß verleſen, worin es heißt, daß der
Gemeinderath durch die Anfangs Mai erfolgte
einſtimmige Faſſung einer Reſolution gegen die
[Spaltenumbruch] Sprachenverorbnungen ſich auf den Parteiſtand-
punct geſtellt habe und daß insbeſondere nicht
angenommen werden könne, daß die Gemeinde-
vertretung bei Verſammlungen, in denen die
fraglichen Sprachenverordnungen beſprochen wer-
den, die Geſetze über das Vereins- und Ver-
ſammlungsrecht mit voller Unbefangenheit zu
handhaben imſtande ſein werde. Der Statthalter
finde ſich daher im Grunde des Gemeinde-
ſtatutes Sterr, ſowie des Geſetzes über das
Vereinsrecht beſtimmt, die Handhabung des Ge-
ſetzes über das Vereins-, reſpective Verſammlungs-
recht hinſichtlich jener im Stadtgebiete Steyr
ſtattfindenden Vereins- und ſonſtigen Verſamm-
lungen, in welchen vorausſichtlich die fraglichen
Sprachenverordnungen oder die derzeitige par-
lamentariſche Lage überhaupt beſprochen werden
könnten, bis auf weiteres der Bezirkshauptmann-
ſchaft Steyr zu übertragen. — Der Gemeinde-
rath hat ſofort einſtimmig und ohne Debatte
eine Reſolution angenommen, wonach der Erlaß
zur Kenntniß genommen, aber mit aller Ent-
ſchiedenheit der darin enthaltene Vorwurf zurück-
gewieſen und tief beklagt wird, daß durch die
Form der getroffenen Verfügung des Statthalters
dem Gemeinderathe die Möglichkeit, ſeine ſtaats-
grundgeſetzlich gewährleiſtete Berechtigung zur
Beſchließung von Petitionen im geſetzlichen In-
ſtanzenzuge zu erhärten und gegen dieſe indirecte
Maßregelung Schutz zu ſuchen, benommen wurde.

(„Nicht nachgeben.“)

Die deutſchfortſchritt-
liche „Reichenberger Zeitung“ ſchreibt: „Gewiß
ſind die Deutſchböhmen auch jetzt wieder zu einem
Ausgleiche bereit; allein vor Allem beharren ſie
darauf, daß zuvor die Sprachenverordnungen
vom 5. April 1897 zurückgezogen und die Be-
ſtimmungen der Wiener Vereinbarungen vom
Jahre 1899 ſtricte durchgeführt werden. Bevor
man uns daher mit neuen Ausgleichsverhand-
lungen kommen darf, muß man zuerſt die Wiener
Vereinbarungen in ihrer Gänze durchführen, und
in dieſen war auch der Weg vorgezeichnet, auf
welchem die Sprachenfrage in Böhmen gelöſt
werden könnte. Nach den damaligen Verein-
barungen ſollte nach der Abgrenzung der Gerichts-
ſprengel die Verordnung vom 19. April 1880,
betreffend den Gebrauch der Landesſprachen im
Verkehre der Gerichts- und ſtaatsanwaltſchaftichen
Behörden in Böhmen mit den Parteien und
autonomen Behörden, einer Reviſion unterzogen
werden. Da man aber die Wiener Punctation
nicht einhielt, fiel dieſe „Reviſion“ weg und Graf
Badeni ſuchte in einſeitiger Weiſe die Sprachen-
frage in Böhmen durch eine neue Verordnung
zu löſen. Mit welchem Erfolg, iſt bekannt! Wohin
man auch immer hören mag, es herrſcht in allen
Kreiſen des deutſchen Volkes in Böhmen über
die durch die jüngſten Vorkommniſſe geſchaffene
Lage nur eine Stimme, und die lautet: Nicht
[Spaltenumbruch] nachgeben! Man kann in Oeſterreich wohl ohne
die Deutſchen, nicht aber ohne ſchwere Schädigung
der Staatsintereſſen gegen die Deutſchen regieren!“

(Aus dem tſchechiſchen Lager.)

In
tſchechiſchen Kreiſen wird für die Einberufung
eines tſchechiſchen Abgeordnetentages agitirt, der
am Cyrill- und Methud-Feſte in den Räumen
des Prager Stadthauſes ſtattfinden ſoll. Wie ein
von den Odmännern der tſchechiſchen Vereine in
Brünn unterfertigter Aufruf vorſchlägt, ſollen zu
dieſer Verſammlung ſämmtliche tſchechiſchen Volks-
vertreter geladen werden, um eine Adreſſe an
an den Kaiſer zu beſchließen, in welcher alle
tſchechiſchen Forderungen und ein Proteſt gegen
das Vorgehen der deutſchen Minorität Aufnahme
finden ſollen. Ferner wird berichtet, daß in
tſchechiſchen Kreiſen das Gerücht verbreitet ſei,
die Ernennung Dr. Kaizl’s zum böhmiſchen
Landsmannminiſter ſei vom Miniſterrathe bereits
in Vorſchlag gebracht und vom Kaiſer beſtätigt
worden. Nur die Zeit der Veröffentlichung dieſer
Ernennung ſei noch offen gelaſſen.




Die Lemberg-Krakauer Spionage-
Affaire.


(Original-Bericht des „Mähr. Tagbl.“)

Vor dem Wiener Schwurgerichte haben ſich
heute und morgen die beiden ehemaligen Officiere
Paul Bartmann und Joſef Waniczek
wegen Verbrechens des Hochverrathes zu verant-
worten und zwar Erſterer begangen durch Aus-
ſpähung als unmittelbarer Urheber und ſtrafbar
mit dem Tode durch den Strang, Letzterer als
auf entferntere Weiſe betheiligt, jedoch bei be-
ſonderer Gefährlichkeit des Unternehmens mit
lebenslänglichem Kerker ſtrafbar. Beiden liegt zur
Laſt, daß ſie militäriſche Geheimniſſe als Feſtungs-
und Eiſenbahnpläne, Mobiliſirungsbefehle, Nach-
richten über Heeresverpflegung u. dgl. an einen
„fremden Staat“ gegen hohes Entgelt verriethen.
Die Uebergabe aller dieſer Pläne und Aufzeich-
nungen erfolgte in Wien zu Handen eines
fremden Militärbevollmächtigten. Soviel erwieſen
iſt, hat Bartmann von dem fremden Staate für
ſeine Dienſte mindeſtens 42.000 fl. erhalten.
Bemerkenswerth iſt, daß die Anklageſchrift es
ſorgfältig vermeidet, den fremden Staat und
deſſen in Wien lebenden Militärbevollmächtigten
zu nennen; dieß geht ſoweit, daß es in einem
ſonſt wörtlich aufgenommenen Briefe Bartmanns
ſtets anſtatt des Namens des ausländiſchen
Staates heißt: „Ihr Reich.“

Bartmann war früher Oberlieutenant und
Kriegskamerad des ſeinerzeit vielgenannten Haupt-
mannes Huſſanowsky; aus gleichem Anlaſſe wurde
auch dieſer des Officierscharacters verluſtig. Später




[Spaltenumbruch]

gefürchtete Raufer, der Rofner, hatte einen ſchlechten
Tag, denn Hans, friſch und keck angreifend,
ſchmiß ihn, nach kurzem Ringen, daß ihm die
Rippen krachten. Himmelhoch ſtieg das Anſehen
des ſonſt nur verſpotteten Hans nach dieſem
Siege; aber er ſollte ſich deſſen nicht lange
erfreuen.

Zeternd und jammernd durchbrach ſeine Mutter
den Kreis und ſtürzte auf ihren Sohn hin.
Willenlos ließ ſich dieſer hinausführen, und lautes
Gelächter folgte ihm. Aus dem Fenſter wurde
ihm Hut und Joppe nachgeworfen und der Rofner-
Sepp ſang ihm als Trutzlied:

„Du Stockfiſch, biſt nit g’waſſert,
Biſt längſt ſchon truck’n,
Mußt ja Deiner Muater
Auf’n Kitt’l huck’n!“

Nun war es allerdings mit dem Anſehen
des armen Gatterle-Hans aus für alle Zeiten.
Er wagte ſich nie mehr auf einen Tanzboden
und ſchlich an Sonn- und Feiertagen ſcheu von
und zur Kirche. Der kräftige Burſche, zum Mann
herangereift, ſelbſt in den kleinſten Kleinigkeiten
jeder Selbſtſtändigkeit durch die Hätſchelei ſeiner
Mutter entfremdet, konnte ſich von dem Gängel-
band derſelben nicht frei machen.

Da lebte unten im Dorfe ein Zimmermann
und der hatte eine Tochter mit einem Mundwerk
ſo ſcharf, wie ein friſch geſchliffenes Meſſer und
einer Energie, wie ein Wachtmeiſter. Der Vater
dieſes Dirndls lebte von ſeiner Hände Arbeit,
die manches Jahr mehr, manches Jahr weniger
abwarf, je nach dem es im Thale zu bauen gab.
[Spaltenumbruch] Verdiente er viel, brauchte er viel, und ſeine
Tochter half ihm redlich dabei. Waren die Ein-
nahmen mager, trank der Zimmermann Brannt-
wein, und die Tochter war ſo unverträglich, wie
„die geborene Zuwidrigkeit.“

Des Zimmermann’s Annele hatte nun einen
Plan entworfen, um aus dieſen ärmlichen Ver-
hältniſſen herauszukommen, und der Gatterle-
Hans erlebte zu ſeiner größten Verwunderung,
daß er von dem nicht unſchönen, wegen ſeiner
Schneid aber etwas gefürchteten Zimmermanns-
Dirndl angeworben wurde, wie ſonſt ein Burſche
ein Mädchen freit. Und das kam ſo:

An einem Sonntag Nachmittag lag der Hans
auf der Waldwieſe unter einer Fichte und rauchte
heimlich ſein Pfeifchen. Seine Mutter hielt das
Rauchen für ſchädlich. Da krachte plötzlich hinter
ihm der Zaun und als er aufblickte, bemerkte er
das Zimmermann-Annele, wie ſie flink die
Spälter emporkletterte und mit einem Satz neben
ihn auf den Raſen ſprang.

„Weißt, Hans, auf was ich heut’ ausgeh’?“
Haus ſchwieg und ſchaute verwundert auf das
Dirndl, welches, mit den Enden der beiden
mächtigen Zöpfe ſpielend, neben ihm ſaß. „An
Schatz will i mir auffangen, Hans, und gut
iſt’s, daß i Di g’ſund’n hab’, denn an andern
hätt’ i nit mögn.“

Nun begann das Mädchen eindringlich und
ſchmeichelnd auf den Burſchen einzureden, wie er
auf allen Orten verſpottet werde, wie ſchade es
um ſo einen ſauberen Buben ſei, der einer der
Erſten im Dorfe ſein müſſe, als einziger Sohn
[Spaltenumbruch] des Gatterle-Hofes und dann als der Einzige, der
den Rofner-Sepp geſchmiſſen habe. Hans mußte
dem Mädchen eigentlich recht geben und es
brauchte gar keine große Ueberredung, ihn zu
bewegen, mit dem Zimmermanns-Annele heute
Abend noch den Kirchtag von Grabling zu
beſuchen.

„Teufel,“ ſagte Hans aber bedenklich, „was
werd’ die Mutter ſag’n?“ „Die Mutter? Sell
werd’ ſchon i übernehmen! Biſt ja a g’wachſener
Bua, den der Bart aus ’n G’ſicht ſticht, wie
friſch g’ſahnter Klee im Langes (Frühjahr) aus
einer Wieſ’n. Und nachher, Einer, den Rofner-
Sepp fragt, ob’s ihn g’fällig ſei ’s Schmeißen,
und der’n nachher a wirft, ſo Einer, mei lieber
Hans, fragt nit erſt ſein’ Mutter, ob er mit
’n Schatz auf ’n Kirchtag darf.“

„Mit ’n Schatz?“ fragte vor ſich hinſinnend
der Gatterle-Hans. „Na freili, mit ’n Schatz!“
eiferte nun Anna, ſchlug ihre Arme um ſeinen
Hals und küßte den Burſchen herzhaft ab. Hans
fand Gefallen an dieſer Liebeswerbung ſo gegen
den Brauch, und gab bald die Küſſe doppelt und
dreifach zurück. „Oha, Du biſt ein leichtlerniger
Bua,“ lachte Annele, ſich verſchnaufend. „Kimm
lei, mit der Mutter red’ i.“

Die alte Gatterle-Bäuerin ſaß in der aus-
getäfelten Stube, und da es ihr zu beſchwerlich
wurde, auch zum Roſenkranz hinunter in die
Dorfkirche zu ſteigen, pflegte ſie an Sonntagen
in der heiligen Schrift zu leſen.

Als ſie den Hans, etwas verlegen allerdings,
mit dem Zimmermann-Annele eintreten ſah,


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[[2]/0002] geben nicht nach, ſie laſſen ſich durch officiöſe Kundgebungen weder einſchüchtern, noch beſchwich- tigen. Zuerſt müſſen die Verordnungen ver- ſchwinden, dann kann über das Weitere geſprochen werden. Politiſche Nachrichten. (Taaffe und Badeni.) Unter dem Mini- ſterium Taaffe wurde mit der Politik der Sprachenverordnungen begonnen, und man ſagte dem Miniſterpräſidenten ſchon damals voraus, daß dieſe Verordnungen nur der erſte Schritt auf dem Wege ſeien, auf welchem man zu der inneren tſchechiſchen Dienſtſprache gelangen werde. Graf Taaffe widerſprach entſchieden; aus ſeiner am 13. October 1885 abgegebenen Er- klärung läßt ſich vernehmen, daß er die unter ſeinem Regime hinausgegebenen Verordnungen als das äußerſte Zugeſtändniß an die Tſchechen betrachte. Der damalige Miniſterpräſident ſagte nämlich: „Die Regierung erkennt die Nothwen- digkeit an, daß die deutſche Sprache eine beſon- dere Stellung in Oeſterreich haben muß, als Vermittlungsſprache und als Sprache, die von den Meiſten in Oeſterreich verſtanden wird. Die Regierung wird ſich daher in ſolchen Dingen nie auf einen einſeitigen nationalen Standpunkt ſtellen, ſondern ſich immer die Bedürfniſſe der Länder vor Augen halten. Daher iſt auch die Beſorgniß unbegründet, daß der Erlaß meines Collegen nur eine Etappe ſei, auf welcher man zur tſchechiſchen Dienſtſprache in Böhmen gelangen will. Dazu wird es nicht kommen, da die Verhältniſſe in Böhmen ganz andere ſind als in Galizien.... Ich kann erklären, daß die Verhältniſſe in Böhmen nicht derart ſind, um eine Verordnung wie die von 1869 (für Galzien) einzuführen.“ Seither ſind etwa zehn Jahre vergangen, und ſchon wurden neue Verordnungen hinausgegeben, welche die Taaffe’ſchen weit überholen, Verordnungen, die zwar noch nicht die ganze innere tſchechiſche Dienſt- ſprache anordnen, aber immerhin einen beträcht- lichen Anfang hiezu enthalten. Graf Taaffe ver- wahrte ſich nachdrücklich dagegen, daß den Tſche- chen in der Sprachenfrage nationale Zugeſtänd- niſſe gemacht werden ſollen; die jüngſten Ver- ordnungen ſind aber ein ganz offenkundiges na- tionales Zugeſtändniß der bedeutendſten Art. Wundert man ſich unter ſolchen Umſtänden noch, daß die Deutſchen von der ſchwerſten Sorge er- füllt ſind und mit einem entſchiedenen: „Bis hieher und nicht weiter“ antworten? (Zur politiſchen Lage.) In der am 11. d. ſtattgefundenen Sitzung des Gemeinderathes der autonomen Stadt Steyr wurde ein Statt- haltereierlaß verleſen, worin es heißt, daß der Gemeinderath durch die Anfangs Mai erfolgte einſtimmige Faſſung einer Reſolution gegen die Sprachenverorbnungen ſich auf den Parteiſtand- punct geſtellt habe und daß insbeſondere nicht angenommen werden könne, daß die Gemeinde- vertretung bei Verſammlungen, in denen die fraglichen Sprachenverordnungen beſprochen wer- den, die Geſetze über das Vereins- und Ver- ſammlungsrecht mit voller Unbefangenheit zu handhaben imſtande ſein werde. Der Statthalter finde ſich daher im Grunde des Gemeinde- ſtatutes Sterr, ſowie des Geſetzes über das Vereinsrecht beſtimmt, die Handhabung des Ge- ſetzes über das Vereins-, reſpective Verſammlungs- recht hinſichtlich jener im Stadtgebiete Steyr ſtattfindenden Vereins- und ſonſtigen Verſamm- lungen, in welchen vorausſichtlich die fraglichen Sprachenverordnungen oder die derzeitige par- lamentariſche Lage überhaupt beſprochen werden könnten, bis auf weiteres der Bezirkshauptmann- ſchaft Steyr zu übertragen. — Der Gemeinde- rath hat ſofort einſtimmig und ohne Debatte eine Reſolution angenommen, wonach der Erlaß zur Kenntniß genommen, aber mit aller Ent- ſchiedenheit der darin enthaltene Vorwurf zurück- gewieſen und tief beklagt wird, daß durch die Form der getroffenen Verfügung des Statthalters dem Gemeinderathe die Möglichkeit, ſeine ſtaats- grundgeſetzlich gewährleiſtete Berechtigung zur Beſchließung von Petitionen im geſetzlichen In- ſtanzenzuge zu erhärten und gegen dieſe indirecte Maßregelung Schutz zu ſuchen, benommen wurde. („Nicht nachgeben.“) Die deutſchfortſchritt- liche „Reichenberger Zeitung“ ſchreibt: „Gewiß ſind die Deutſchböhmen auch jetzt wieder zu einem Ausgleiche bereit; allein vor Allem beharren ſie darauf, daß zuvor die Sprachenverordnungen vom 5. April 1897 zurückgezogen und die Be- ſtimmungen der Wiener Vereinbarungen vom Jahre 1899 ſtricte durchgeführt werden. Bevor man uns daher mit neuen Ausgleichsverhand- lungen kommen darf, muß man zuerſt die Wiener Vereinbarungen in ihrer Gänze durchführen, und in dieſen war auch der Weg vorgezeichnet, auf welchem die Sprachenfrage in Böhmen gelöſt werden könnte. Nach den damaligen Verein- barungen ſollte nach der Abgrenzung der Gerichts- ſprengel die Verordnung vom 19. April 1880, betreffend den Gebrauch der Landesſprachen im Verkehre der Gerichts- und ſtaatsanwaltſchaftichen Behörden in Böhmen mit den Parteien und autonomen Behörden, einer Reviſion unterzogen werden. Da man aber die Wiener Punctation nicht einhielt, fiel dieſe „Reviſion“ weg und Graf Badeni ſuchte in einſeitiger Weiſe die Sprachen- frage in Böhmen durch eine neue Verordnung zu löſen. Mit welchem Erfolg, iſt bekannt! Wohin man auch immer hören mag, es herrſcht in allen Kreiſen des deutſchen Volkes in Böhmen über die durch die jüngſten Vorkommniſſe geſchaffene Lage nur eine Stimme, und die lautet: Nicht nachgeben! Man kann in Oeſterreich wohl ohne die Deutſchen, nicht aber ohne ſchwere Schädigung der Staatsintereſſen gegen die Deutſchen regieren!“ (Aus dem tſchechiſchen Lager.) In tſchechiſchen Kreiſen wird für die Einberufung eines tſchechiſchen Abgeordnetentages agitirt, der am Cyrill- und Methud-Feſte in den Räumen des Prager Stadthauſes ſtattfinden ſoll. Wie ein von den Odmännern der tſchechiſchen Vereine in Brünn unterfertigter Aufruf vorſchlägt, ſollen zu dieſer Verſammlung ſämmtliche tſchechiſchen Volks- vertreter geladen werden, um eine Adreſſe an an den Kaiſer zu beſchließen, in welcher alle tſchechiſchen Forderungen und ein Proteſt gegen das Vorgehen der deutſchen Minorität Aufnahme finden ſollen. Ferner wird berichtet, daß in tſchechiſchen Kreiſen das Gerücht verbreitet ſei, die Ernennung Dr. Kaizl’s zum böhmiſchen Landsmannminiſter ſei vom Miniſterrathe bereits in Vorſchlag gebracht und vom Kaiſer beſtätigt worden. Nur die Zeit der Veröffentlichung dieſer Ernennung ſei noch offen gelaſſen. Die Lemberg-Krakauer Spionage- Affaire. Wien, 14. Junii. (Original-Bericht des „Mähr. Tagbl.“) Vor dem Wiener Schwurgerichte haben ſich heute und morgen die beiden ehemaligen Officiere Paul Bartmann und Joſef Waniczek wegen Verbrechens des Hochverrathes zu verant- worten und zwar Erſterer begangen durch Aus- ſpähung als unmittelbarer Urheber und ſtrafbar mit dem Tode durch den Strang, Letzterer als auf entferntere Weiſe betheiligt, jedoch bei be- ſonderer Gefährlichkeit des Unternehmens mit lebenslänglichem Kerker ſtrafbar. Beiden liegt zur Laſt, daß ſie militäriſche Geheimniſſe als Feſtungs- und Eiſenbahnpläne, Mobiliſirungsbefehle, Nach- richten über Heeresverpflegung u. dgl. an einen „fremden Staat“ gegen hohes Entgelt verriethen. Die Uebergabe aller dieſer Pläne und Aufzeich- nungen erfolgte in Wien zu Handen eines fremden Militärbevollmächtigten. Soviel erwieſen iſt, hat Bartmann von dem fremden Staate für ſeine Dienſte mindeſtens 42.000 fl. erhalten. Bemerkenswerth iſt, daß die Anklageſchrift es ſorgfältig vermeidet, den fremden Staat und deſſen in Wien lebenden Militärbevollmächtigten zu nennen; dieß geht ſoweit, daß es in einem ſonſt wörtlich aufgenommenen Briefe Bartmanns ſtets anſtatt des Namens des ausländiſchen Staates heißt: „Ihr Reich.“ Bartmann war früher Oberlieutenant und Kriegskamerad des ſeinerzeit vielgenannten Haupt- mannes Huſſanowsky; aus gleichem Anlaſſe wurde auch dieſer des Officierscharacters verluſtig. Später gefürchtete Raufer, der Rofner, hatte einen ſchlechten Tag, denn Hans, friſch und keck angreifend, ſchmiß ihn, nach kurzem Ringen, daß ihm die Rippen krachten. Himmelhoch ſtieg das Anſehen des ſonſt nur verſpotteten Hans nach dieſem Siege; aber er ſollte ſich deſſen nicht lange erfreuen. Zeternd und jammernd durchbrach ſeine Mutter den Kreis und ſtürzte auf ihren Sohn hin. Willenlos ließ ſich dieſer hinausführen, und lautes Gelächter folgte ihm. Aus dem Fenſter wurde ihm Hut und Joppe nachgeworfen und der Rofner- Sepp ſang ihm als Trutzlied: „Du Stockfiſch, biſt nit g’waſſert, Biſt längſt ſchon truck’n, Mußt ja Deiner Muater Auf’n Kitt’l huck’n!“ Nun war es allerdings mit dem Anſehen des armen Gatterle-Hans aus für alle Zeiten. Er wagte ſich nie mehr auf einen Tanzboden und ſchlich an Sonn- und Feiertagen ſcheu von und zur Kirche. Der kräftige Burſche, zum Mann herangereift, ſelbſt in den kleinſten Kleinigkeiten jeder Selbſtſtändigkeit durch die Hätſchelei ſeiner Mutter entfremdet, konnte ſich von dem Gängel- band derſelben nicht frei machen. Da lebte unten im Dorfe ein Zimmermann und der hatte eine Tochter mit einem Mundwerk ſo ſcharf, wie ein friſch geſchliffenes Meſſer und einer Energie, wie ein Wachtmeiſter. Der Vater dieſes Dirndls lebte von ſeiner Hände Arbeit, die manches Jahr mehr, manches Jahr weniger abwarf, je nach dem es im Thale zu bauen gab. Verdiente er viel, brauchte er viel, und ſeine Tochter half ihm redlich dabei. Waren die Ein- nahmen mager, trank der Zimmermann Brannt- wein, und die Tochter war ſo unverträglich, wie „die geborene Zuwidrigkeit.“ Des Zimmermann’s Annele hatte nun einen Plan entworfen, um aus dieſen ärmlichen Ver- hältniſſen herauszukommen, und der Gatterle- Hans erlebte zu ſeiner größten Verwunderung, daß er von dem nicht unſchönen, wegen ſeiner Schneid aber etwas gefürchteten Zimmermanns- Dirndl angeworben wurde, wie ſonſt ein Burſche ein Mädchen freit. Und das kam ſo: An einem Sonntag Nachmittag lag der Hans auf der Waldwieſe unter einer Fichte und rauchte heimlich ſein Pfeifchen. Seine Mutter hielt das Rauchen für ſchädlich. Da krachte plötzlich hinter ihm der Zaun und als er aufblickte, bemerkte er das Zimmermann-Annele, wie ſie flink die Spälter emporkletterte und mit einem Satz neben ihn auf den Raſen ſprang. „Weißt, Hans, auf was ich heut’ ausgeh’?“ Haus ſchwieg und ſchaute verwundert auf das Dirndl, welches, mit den Enden der beiden mächtigen Zöpfe ſpielend, neben ihm ſaß. „An Schatz will i mir auffangen, Hans, und gut iſt’s, daß i Di g’ſund’n hab’, denn an andern hätt’ i nit mögn.“ Nun begann das Mädchen eindringlich und ſchmeichelnd auf den Burſchen einzureden, wie er auf allen Orten verſpottet werde, wie ſchade es um ſo einen ſauberen Buben ſei, der einer der Erſten im Dorfe ſein müſſe, als einziger Sohn des Gatterle-Hofes und dann als der Einzige, der den Rofner-Sepp geſchmiſſen habe. Hans mußte dem Mädchen eigentlich recht geben und es brauchte gar keine große Ueberredung, ihn zu bewegen, mit dem Zimmermanns-Annele heute Abend noch den Kirchtag von Grabling zu beſuchen. „Teufel,“ ſagte Hans aber bedenklich, „was werd’ die Mutter ſag’n?“ „Die Mutter? Sell werd’ ſchon i übernehmen! Biſt ja a g’wachſener Bua, den der Bart aus ’n G’ſicht ſticht, wie friſch g’ſahnter Klee im Langes (Frühjahr) aus einer Wieſ’n. Und nachher, Einer, den Rofner- Sepp fragt, ob’s ihn g’fällig ſei ’s Schmeißen, und der’n nachher a wirft, ſo Einer, mei lieber Hans, fragt nit erſt ſein’ Mutter, ob er mit ’n Schatz auf ’n Kirchtag darf.“ „Mit ’n Schatz?“ fragte vor ſich hinſinnend der Gatterle-Hans. „Na freili, mit ’n Schatz!“ eiferte nun Anna, ſchlug ihre Arme um ſeinen Hals und küßte den Burſchen herzhaft ab. Hans fand Gefallen an dieſer Liebeswerbung ſo gegen den Brauch, und gab bald die Küſſe doppelt und dreifach zurück. „Oha, Du biſt ein leichtlerniger Bua,“ lachte Annele, ſich verſchnaufend. „Kimm lei, mit der Mutter red’ i.“ Die alte Gatterle-Bäuerin ſaß in der aus- getäfelten Stube, und da es ihr zu beſchwerlich wurde, auch zum Roſenkranz hinunter in die Dorfkirche zu ſteigen, pflegte ſie an Sonntagen in der heiligen Schrift zu leſen. Als ſie den Hans, etwas verlegen allerdings, mit dem Zimmermann-Annele eintreten ſah,

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 134, Olmütz, 14.06.1897, S. [2]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches134_1897/2>, abgerufen am 21.11.2024.