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Mährisches Tagblatt. Nr. 15, Olmütz, 20.01.1890.

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[Spaltenumbruch]

Seit Kurzem durchfluthet das segenspen-
spendende, krystallklare Naß die Adern der
Stadt, den Bewohnern köstlichen, gesunden und
erfrischenden Trank darbietend, den Haushal-
tungen und den Gewerben tausendfälttgen
Nutzen bringend.

In den herrlichen, schattigen Gängen, in
den lauschigen Hainen des zu vollendeter Schön-
heit erblühten Stadtparkes finden Kinder und
Erwachsene Erholung und Genuß, Leidende
genesungbringende, würzige Luft, Ermüdete
neue Kräftigung.

Aber nicht nur das leibliche, auch das
geistige Wohl der Bevölkerung bildete einen
Gegenstand Ihrer unermüdlichen Fürsorge.

Die ehrwürdige Stadtpfarrkirche zu Sct.
Mauritz -- ein erhaben[e]s Denkmal früherer
Jahrhunderte -- ersteht durch pietätvolle Sorg-
falt in der alten Pracht, im Schmucke der
Vorzeit, wieder.

"Ein Meer des Lichtes" erstrahtt aus den
der Bildung gewidmeten Stätten. Der Pflege
"bürgerlicher Berufsbildung" dient eine Reihe
von Anstalten, in denen die Jugend, der Nach-
wuchs unseres gesinnungstüchtigen Bürgerthums
in trefflicher, Weise Erziehung und Unterricht
empfängt; ein stattlicher Monumentalbau ist
"der Kunst und Wissenschaft" gewidmet. Ein
Theil seiner weiten Gelasse beherbergt Erzeug-
nisse heimischen und auswärtigen Gewerbeflei-
ßes, der bildenden und vervielfältigenden Kunst;
die Erinnerung an unsere Vorfahren wird durch
die Sammlung historischer Schätze wachgerufen
und belebt.

Der für die darstellende Dichtung errich-
tete Tempel fand eine neue, den Zeitverhält-
nissen Rechnung tragende, ebenso schöne als
vornehme Ausstattung und die dem Fortschritte
der Jetztzeit entsprechende Beleuchtung.

Durch diese großartigen Maßnahmen auf
allen öffentlichen Gebieten ist Olmütz in die
erste Reihe der österreichischen Städte eingetre-
ten. Und das verdanken wir in erster Linie
Ihnen, hochverehrter Herr Bürgermeister, Ihrer
hervorragenden Befähigung und Umsicht, Ihrem
idealen, auf die Wahrung der edelsten Güter
der Menschheit gerichteten Streben.

Damit ging die Bethätigung echt deut-
scher Ueberzeugung Hand in Hand.

"Die alte, reichs- und kaisertreue Veste".
Das war seit jeher ein Ehrenname unserer
Stadt. Unter Ihrer bewährten Führung blieb
die Haltung eine gleich loyale, aleich patrio-
tische. Doch paarte sich mit derselben die klare
[Spaltenumbruch] Erkenntniß von dem, was dem deutschen Volke
in Oesterreich noththut, und wir erblickten Euer
Hochwohlgeboren mit Stolz stets an der Spitze,
wenn es galt, die deutschen Interessen durch
Wort und That zu fördern, wenn es galt,
unseren Stammesgenossen zu zeigen, daß Ol-
mütz noch das sei, als was es bisher gegolten:
eine deutsche Stadt!

Dank, unbegrenzten Dank für alles aus
treuen, deutschen Herzen.

Nicht nur die unterzeichneten Mitglieder
der Stadtvertretung, alle einsichtsvollen Be-
wohner sind einig in diesem Gefühle der
Dankbarkeit. Alle würdigen und preisen Euer
Hochwohlgeboren als den ruhmreichen Schöpfer
von "Neu-Olmütz"; alle schätzen sich glücklich,
in dem "ersten Bürger der Stadt" einen nach
jeder Richtung hin so außerordentlichen Führer
einen Mann von Geist, Herz und Character
verehren zu dürfen.

Jahrhunderte mögen vergehen und manche
Schöpfungen durch neue ersetzt werden. Aber
preisend wird einst der Urenkel in der Ge-
schichte der Stadt Ihren Namen lesen und mit
gerechtem Erstaunen das unter Ihrer Leitung
Geschaffene bewundern.

Der Name "Engel" kann nur ersterben,
wenn Olmütz erstirbt.

Mit dem Ausdrucke unserer tiefen Em-
pfindungen und unseres ehrerbietigen Dankes
vereinen wir die herzlichsten, aufrichtigsten
Glückwünsche zu dem heutigen Wiegenfeste.

Möge es einem gütigen Geschicke gefallen,
Sie, hochverehrter Herr Bürgermeister, noch
lange vor den Beschwerden des Alters bewah-
ren zu wollen; mögen Sie selbst auch in fer-
ner Zukunft noch Ihre Freude daran finden,
uns und allen Mitbürgern als leuchtendes
Beispiel echter Bürgertugenden voranzugehen:
als unser aller Stolz und zu unserem ferne-
ren Wohl!

Das walte Gott!

In deutscher Treue und unwandelbarer Anhäng-
lichkeit Euer Hochwohlgeboren
ergebenes
Stadtverordneten-Collegium der königl. Haupt-
stadt Olmütz.

Hierauf fand der Empfang der städt.
Beamtenschaft,
welche von den Herren
Stadtrath Johann Thometschek und Rech-
nungsreserenten Franz Sitta geführt wurde,
statt. --


[Spaltenumbruch]

Herr Rechnungsreferent Sittarichtete an
Herrn Bürgermeister v. Engel folgende treffliche
Ansprache:

Euer Hochwohlgeboren!
Hochgeehrtester Herr Bürgermeister!

Durchdrungen von den Gefühlen der
tiefsten Ergebenheit, erlauben sich auch die
städtischen Communalbeamten, vereint mit den
Beamten der städt. Anstalten Eurer Hochwohlge-
boren die ergebensten und tiefgefühlten Glück-
wünsche zu dem heutigen Feste des vollendeten
60. Lebensjahres darzubringen.

Unsere Wünsche gehen insbesondere dahin,
daß es im Rathschluße der Vorsehung gelegen
sei, Euer Hochwohlgeboren diesen freudigen Tag
des Geburtsfestes noch durch eine lange Reihe
von Jahren im ungetrübten Wohlsein erleben
zu lassen, und daß Euer Hochwohlgeboren geneigt
wären, noch durch viele Jahre als Oberhaupt
der Gemeinde die Geschicke unserer theuern
deutschen Vaterstadt zu deren Wohle und wei-
teren gedeihlichen Entwicklung zu leiten. Zur
Erinnerung an den heutigen freudenvollen Tag
wollen, hochgeehrtester Herr Bürgermeister,
eine Glückwunsch-Adresse als den Ausdruck der
besonderen Hochverehrung der gesammten Be-
amtenschaft, deren Dolmetsch zu sein ich die
Ehre habe, geneigtest entgegennehmen, Zugleich
erlaubt sich die gesammte Beamtenschaft
Euer Hochwohlgeboren den tief gefühlten Dank
für die ihr bereits durch eine lange Reihe von
Jahren erwiesene väterliche Fürsorge auszu-
drücken und hieran die ergebene Bitte zu
knüpfen, der hochgeehrte Herr Bürgermeister
wolle der Beamtenschaft auch noch fernerhin
Ihr gütiges Wohlwollen geneigtest angedeihen
lassen.

Herr Bürgermeister v. Engel dankte der
städt. Beamtenschaft in der herzlichsten Weise; er
sagte, daß er durch ein Unwohlsein leider durch
längere Zeit dem Amte sernzubleiben genöthigt
war, und daß ihm der heutige Geburtstag ein
doppelt freudiger Festtag sei, weil ihn derselbe
wieder in die Mitte der Beamtenschaft zurück-
führe. Indem er der Beamtenschaft für die dar-
gebrachten Glückwünsche den herzlichsten Dank
aussprach, müsse er die Beamten aller Zweige
der städt. Verwaltung als seine erprobten Mit-
arbeiter, deren Tüchtigkeit nach jeder Richtung
er seit langer Zeit zu erproben Gelegenheit hatte,
bitten, ihn auch fernerhin in der bisherigen Weise
zu unterstützen, da nur durch gemeinsames und
einheitliches Zusammenwirken Aller ein wahres
Gemeinwohl erzielt und gefördert und auf die




[Spaltenumbruch]

Augen bohren. Und am folgenden Tage wird es
ebenso sein und auch am nächsten. Dann ist Alles
vorbei.

Das ist das Werk des Cowboys.

Und das hübsche Weibchen in Monterey
wachte und wartete auf die Heimkehr des ge-
liebten Mannes und flehte zur heiligen Jungfran
und betete ihren Rosenkranz ab. Und die düsteren
freudeleeren Tage verbleichten zu langen, dunklen
thränenvollen Nächten und Wochen und Monde
und ein Jahr vergingen, aber das Weib sah
ihren Gatten nicht wieder.

Bei einem jährlichen Zusammentreiben des
Viehes kommt der Cowboy mit einigen Ge-
nossen zu dem Schauplatze des Verbrechens und
sie sinden ein gebleichtes Scelett unter dem losen
Gewinde eines vermoderten Strickes. Der Tod
hat die Fesseln gelöst. Der Cowboy steigt vom
Pferde und versetzt den bleichen Knochen einen
Fußtritt, daß sie klappern. War das Musik für
seine Ohren?




Eine wilde Stampede von Tausenden und
Zehntausenden texanischer Stiere, ein ungeheures
wogendes Meer schwellenden Fleisches und ver-
schlungener Hörner, so enge aneinander bewegt
sich das Rindvieh auf seiner wilden unlenkbaren
Flucht. Was bedeutet es, davon eingeholt zu sein?
Nicht nur Tod, sondern Vernichtung -- Vertil-
gung von der Oberfläche der Erde. Nichts Leben-
diges verbleibt hinter einer solchen Stampede. --
Das unglückliche Thier, das strauchelt und fällt,
ist nicht mehr zu sehen, wenn diese wilde, erbar-
mungslose Woge darüber hinweggegangen ist.
Vor ihnen prangt die Ebene in sammtenem Grün
des Frühlings. Hinter ihnen ist der Boden einer
Wüste, aufgewühlt von den zahllosen Hufen der
[Spaltenumbruch] Heerde und kahl wie eine sandige Düne. Die
Wuth eines Cyclons könnte nicht mehr sichtbare
Spuren ihrer schauerlichen Gewalt hinterlassen,
als der ungestüme Galopp dieser Heerde. Vor-
wärts jagt sie wie die Windesbraut, und eine
Staubwolke bewegt sich wie ein Bahrtuch über ihr.

Mit einem gedämpften Brüllen stürzt das
Vieh blindlings dahin und der Boden erzittert
wie von einem Erdbeben gerüttelt. An den
Flanken dieser wahnsinnigen rasenden Thiermasse
und ebenso wahnsinnig und rasend jagen Reiter
dahin, welche ihren Rossen grausam die Sporen
in die Weichen stoßen und deren schrilles, bar-
barisches Geschrei sich mit dem dumpfen Brüllen
der Rinder vermengt. Wird die Heerde jemals
anha[l]ten? Ja, vor Erschöpfung! keine menschliche
Gewalt vermag ihr gegenwärtig Einhalt zu thun.
Was ist das Schicksal der Schwachen? Vertil-
gung. Die Masse schwankt nun von ihrem Course
ab, in dem sie die schreienden Reiter zu halten
versuchten und kommt einem einsamen Farmhaus
gefährlich nahe. Der Farmer betrachtet das groß-
artige belebte Schauspiel mit neugierigen Blicken.
Sein Weib klammert sich, Schutz suchend, wie
in Gegenwart eines nahenden Gewitters in sei-
nen Arm. Die Colonne fährt fort, einwärts
gegen die Farm zu schwenken, als ob das Fatu[m]
sie leitete. Plötzlich hören der Farmer und sein
Weib einen wilden schrillen Schrei von den
Reitern und ebenso plötzlich erwachen sie wie aus
einem Traum. "Was hat das zu bedeuten?"

"Großer Gott!" Weit draußen auf der
Ebene, gerade im Wege dieses Dämons ist ihr
kleines Mädchen, das, während die Eltern von
der erhabenen Furchtbarkeit der Scene hingerissen
waren, fort irrte. Ohnmächtig sinkt das Weib zu
Boden. Der vor Entsetzen fast wahnsinnige
[Spaltenumbruch] Gatte trägt sie fort -- auch sie müssen fliehen,
weit hinweg von der gefährlichen Bahn und
überlassen ihr Kind einem Tode der den heim-
gesuchten Eltern nicht einmal den Trost gewährt,
einen letzten Kuß auf die todten Lippen der
Kleinen drücken zu können. Nichts als ein letzter
Blick auf die lebende Gestalt bleibt vergönnt und
dann -- ein Andenken.

Schaue südlich auf den fernen Gegenstand
über den Rücken der wallenden See. Es ist einer
der Reiter und er ist Hals an Hals mit der
ersten Reihe der Heerde. Auch er hat das Kind
erblickt und spornt sein Roß und galoppirt den
Rindern voraus. Wenige Ellen von ihnen schwenkt
er ein und direct über ihren Pfad. Wenn sein
Pferd strauchelt, wird er verschlungen wie eine
Brosame von einer Woge. Wenn er die Zeit für
seine Bewegungen nicht richtig berechnet, wird ihn die
Erde nicht mehr kennen. Er kann nicht anhalten, um
das Kind zu bekommen. Das ist auch nicht seine
Absicht. Ermuthigende Zurufe aus den heiseren
Kehlen seiner Gefährten dringen an sein Ohr,
während er über den Rasen hinschwebt. Ein
Hasenloch in dem Pfade seines Rosses würde
das Schicksal des Tages beenden. Näher und
näher kommt er zu dem kleinen Mädchen. Nun
lehnt er sich über die Seite seines Pferdes und
fegt mit seiner Hand dahin, um die Distanz
bis zum Boden zu messen.

Wenn er das Kind das erste Mal vermißt,
sind seine Bemühungen vergeblich. Er kann nicht
umkehren. Er naht der Kleinen und zügelt sein
Roß so sicher, wie der Steuermann sein Schiff
nach dem Compaß hält. In athemloser Seelen-
angst blickt der Vater auf die Scene, deren An-
blick der Mutter eine wohlthätige Ohnmacht er-
spart. Jetzt oder nie.


[Spaltenumbruch]

Seit Kurzem durchfluthet das ſegenſpen-
ſpendende, kryſtallklare Naß die Adern der
Stadt, den Bewohnern köſtlichen, geſunden und
erfriſchenden Trank darbietend, den Haushal-
tungen und den Gewerben tauſendfälttgen
Nutzen bringend.

In den herrlichen, ſchattigen Gängen, in
den lauſchigen Hainen des zu vollendeter Schön-
heit erblühten Stadtparkes finden Kinder und
Erwachſene Erholung und Genuß, Leidende
geneſungbringende, würzige Luft, Ermüdete
neue Kräftigung.

Aber nicht nur das leibliche, auch das
geiſtige Wohl der Bevölkerung bildete einen
Gegenſtand Ihrer unermüdlichen Fürſorge.

Die ehrwürdige Stadtpfarrkirche zu Sct.
Mauritz — ein erhaben[e]s Denkmal früherer
Jahrhunderte — erſteht durch pietätvolle Sorg-
falt in der alten Pracht, im Schmucke der
Vorzeit, wieder.

„Ein Meer des Lichtes“ erſtrahtt aus den
der Bildung gewidmeten Stätten. Der Pflege
„bürgerlicher Berufsbildung“ dient eine Reihe
von Anſtalten, in denen die Jugend, der Nach-
wuchs unſeres geſinnungstüchtigen Bürgerthums
in trefflicher, Weiſe Erziehung und Unterricht
empfängt; ein ſtattlicher Monumentalbau iſt
„der Kunſt und Wiſſenſchaft“ gewidmet. Ein
Theil ſeiner weiten Gelaſſe beherbergt Erzeug-
niſſe heimiſchen und auswärtigen Gewerbeflei-
ßes, der bildenden und vervielfältigenden Kunſt;
die Erinnerung an unſere Vorfahren wird durch
die Sammlung hiſtoriſcher Schätze wachgerufen
und belebt.

Der für die darſtellende Dichtung errich-
tete Tempel fand eine neue, den Zeitverhält-
niſſen Rechnung tragende, ebenſo ſchöne als
vornehme Ausſtattung und die dem Fortſchritte
der Jetztzeit entſprechende Beleuchtung.

Durch dieſe großartigen Maßnahmen auf
allen öffentlichen Gebieten iſt Olmütz in die
erſte Reihe der öſterreichiſchen Städte eingetre-
ten. Und das verdanken wir in erſter Linie
Ihnen, hochverehrter Herr Bürgermeiſter, Ihrer
hervorragenden Befähigung und Umſicht, Ihrem
idealen, auf die Wahrung der edelſten Güter
der Menſchheit gerichteten Streben.

Damit ging die Bethätigung echt deut-
ſcher Ueberzeugung Hand in Hand.

„Die alte, reichs- und kaiſertreue Veſte“.
Das war ſeit jeher ein Ehrenname unſerer
Stadt. Unter Ihrer bewährten Führung blieb
die Haltung eine gleich loyale, aleich patrio-
tiſche. Doch paarte ſich mit derſelben die klare
[Spaltenumbruch] Erkenntniß von dem, was dem deutſchen Volke
in Oeſterreich noththut, und wir erblickten Euer
Hochwohlgeboren mit Stolz ſtets an der Spitze,
wenn es galt, die deutſchen Intereſſen durch
Wort und That zu fördern, wenn es galt,
unſeren Stammesgenoſſen zu zeigen, daß Ol-
mütz noch das ſei, als was es bisher gegolten:
eine deutſche Stadt!

Dank, unbegrenzten Dank für alles aus
treuen, deutſchen Herzen.

Nicht nur die unterzeichneten Mitglieder
der Stadtvertretung, alle einſichtsvollen Be-
wohner ſind einig in dieſem Gefühle der
Dankbarkeit. Alle würdigen und preiſen Euer
Hochwohlgeboren als den ruhmreichen Schöpfer
von „Neu-Olmütz“; alle ſchätzen ſich glücklich,
in dem „erſten Bürger der Stadt“ einen nach
jeder Richtung hin ſo außerordentlichen Führer
einen Mann von Geiſt, Herz und Character
verehren zu dürfen.

Jahrhunderte mögen vergehen und manche
Schöpfungen durch neue erſetzt werden. Aber
preiſend wird einſt der Urenkel in der Ge-
ſchichte der Stadt Ihren Namen leſen und mit
gerechtem Erſtaunen das unter Ihrer Leitung
Geſchaffene bewundern.

Der Name „Engel“ kann nur erſterben,
wenn Olmütz erſtirbt.

Mit dem Ausdrucke unſerer tiefen Em-
pfindungen und unſeres ehrerbietigen Dankes
vereinen wir die herzlichſten, aufrichtigſten
Glückwünſche zu dem heutigen Wiegenfeſte.

Möge es einem gütigen Geſchicke gefallen,
Sie, hochverehrter Herr Bürgermeiſter, noch
lange vor den Beſchwerden des Alters bewah-
ren zu wollen; mögen Sie ſelbſt auch in fer-
ner Zukunft noch Ihre Freude daran finden,
uns und allen Mitbürgern als leuchtendes
Beiſpiel echter Bürgertugenden voranzugehen:
als unſer aller Stolz und zu unſerem ferne-
ren Wohl!

Das walte Gott!

In deutſcher Treue und unwandelbarer Anhäng-
lichkeit Euer Hochwohlgeboren
ergebenes
Stadtverordneten-Collegium der königl. Haupt-
ſtadt Olmütz.

Hierauf fand der Empfang der ſtädt.
Beamtenſchaft,
welche von den Herren
Stadtrath Johann Thometſchek und Rech-
nungsreſerenten Franz Sitta geführt wurde,
ſtatt. —


[Spaltenumbruch]

Herr Rechnungsreferent Sittarichtete an
Herrn Bürgermeiſter v. Engel folgende treffliche
Anſprache:

Euer Hochwohlgeboren!
Hochgeehrteſter Herr Bürgermeiſter!

Durchdrungen von den Gefühlen der
tiefſten Ergebenheit, erlauben ſich auch die
ſtädtiſchen Communalbeamten, vereint mit den
Beamten der ſtädt. Anſtalten Eurer Hochwohlge-
boren die ergebenſten und tiefgefühlten Glück-
wünſche zu dem heutigen Feſte des vollendeten
60. Lebensjahres darzubringen.

Unſere Wünſche gehen insbeſondere dahin,
daß es im Rathſchluße der Vorſehung gelegen
ſei, Euer Hochwohlgeboren dieſen freudigen Tag
des Geburtsfeſtes noch durch eine lange Reihe
von Jahren im ungetrübten Wohlſein erleben
zu laſſen, und daß Euer Hochwohlgeboren geneigt
wären, noch durch viele Jahre als Oberhaupt
der Gemeinde die Geſchicke unſerer theuern
deutſchen Vaterſtadt zu deren Wohle und wei-
teren gedeihlichen Entwicklung zu leiten. Zur
Erinnerung an den heutigen freudenvollen Tag
wollen, hochgeehrteſter Herr Bürgermeiſter,
eine Glückwunſch-Adreſſe als den Ausdruck der
beſonderen Hochverehrung der geſammten Be-
amtenſchaft, deren Dolmetſch zu ſein ich die
Ehre habe, geneigteſt entgegennehmen, Zugleich
erlaubt ſich die geſammte Beamtenſchaft
Euer Hochwohlgeboren den tief gefühlten Dank
für die ihr bereits durch eine lange Reihe von
Jahren erwieſene väterliche Fürſorge auszu-
drücken und hieran die ergebene Bitte zu
knüpfen, der hochgeehrte Herr Bürgermeiſter
wolle der Beamtenſchaft auch noch fernerhin
Ihr gütiges Wohlwollen geneigteſt angedeihen
laſſen.

Herr Bürgermeiſter v. Engel dankte der
ſtädt. Beamtenſchaft in der herzlichſten Weiſe; er
ſagte, daß er durch ein Unwohlſein leider durch
längere Zeit dem Amte ſernzubleiben genöthigt
war, und daß ihm der heutige Geburtstag ein
doppelt freudiger Feſttag ſei, weil ihn derſelbe
wieder in die Mitte der Beamtenſchaft zurück-
führe. Indem er der Beamtenſchaft für die dar-
gebrachten Glückwünſche den herzlichſten Dank
ausſprach, müſſe er die Beamten aller Zweige
der ſtädt. Verwaltung als ſeine erprobten Mit-
arbeiter, deren Tüchtigkeit nach jeder Richtung
er ſeit langer Zeit zu erproben Gelegenheit hatte,
bitten, ihn auch fernerhin in der bisherigen Weiſe
zu unterſtützen, da nur durch gemeinſames und
einheitliches Zuſammenwirken Aller ein wahres
Gemeinwohl erzielt und gefördert und auf die




[Spaltenumbruch]

Augen bohren. Und am folgenden Tage wird es
ebenſo ſein und auch am nächſten. Dann iſt Alles
vorbei.

Das iſt das Werk des Cowboys.

Und das hübſche Weibchen in Monterey
wachte und wartete auf die Heimkehr des ge-
liebten Mannes und flehte zur heiligen Jungfran
und betete ihren Roſenkranz ab. Und die düſteren
freudeleeren Tage verbleichten zu langen, dunklen
thränenvollen Nächten und Wochen und Monde
und ein Jahr vergingen, aber das Weib ſah
ihren Gatten nicht wieder.

Bei einem jährlichen Zuſammentreiben des
Viehes kommt der Cowboy mit einigen Ge-
noſſen zu dem Schauplatze des Verbrechens und
ſie ſinden ein gebleichtes Scelett unter dem loſen
Gewinde eines vermoderten Strickes. Der Tod
hat die Feſſeln gelöſt. Der Cowboy ſteigt vom
Pferde und verſetzt den bleichen Knochen einen
Fußtritt, daß ſie klappern. War das Muſik für
ſeine Ohren?




Eine wilde Stampede von Tauſenden und
Zehntauſenden texaniſcher Stiere, ein ungeheures
wogendes Meer ſchwellenden Fleiſches und ver-
ſchlungener Hörner, ſo enge aneinander bewegt
ſich das Rindvieh auf ſeiner wilden unlenkbaren
Flucht. Was bedeutet es, davon eingeholt zu ſein?
Nicht nur Tod, ſondern Vernichtung — Vertil-
gung von der Oberfläche der Erde. Nichts Leben-
diges verbleibt hinter einer ſolchen Stampede. —
Das unglückliche Thier, das ſtrauchelt und fällt,
iſt nicht mehr zu ſehen, wenn dieſe wilde, erbar-
mungsloſe Woge darüber hinweggegangen iſt.
Vor ihnen prangt die Ebene in ſammtenem Grün
des Frühlings. Hinter ihnen iſt der Boden einer
Wüſte, aufgewühlt von den zahlloſen Hufen der
[Spaltenumbruch] Heerde und kahl wie eine ſandige Düne. Die
Wuth eines Cyclons könnte nicht mehr ſichtbare
Spuren ihrer ſchauerlichen Gewalt hinterlaſſen,
als der ungeſtüme Galopp dieſer Heerde. Vor-
wärts jagt ſie wie die Windesbraut, und eine
Staubwolke bewegt ſich wie ein Bahrtuch über ihr.

Mit einem gedämpften Brüllen ſtürzt das
Vieh blindlings dahin und der Boden erzittert
wie von einem Erdbeben gerüttelt. An den
Flanken dieſer wahnſinnigen raſenden Thiermaſſe
und ebenſo wahnſinnig und raſend jagen Reiter
dahin, welche ihren Roſſen grauſam die Sporen
in die Weichen ſtoßen und deren ſchrilles, bar-
bariſches Geſchrei ſich mit dem dumpfen Brüllen
der Rinder vermengt. Wird die Heerde jemals
anha[l]ten? Ja, vor Erſchöpfung! keine menſchliche
Gewalt vermag ihr gegenwärtig Einhalt zu thun.
Was iſt das Schickſal der Schwachen? Vertil-
gung. Die Maſſe ſchwankt nun von ihrem Courſe
ab, in dem ſie die ſchreienden Reiter zu halten
verſuchten und kommt einem einſamen Farmhaus
gefährlich nahe. Der Farmer betrachtet das groß-
artige belebte Schauſpiel mit neugierigen Blicken.
Sein Weib klammert ſich, Schutz ſuchend, wie
in Gegenwart eines nahenden Gewitters in ſei-
nen Arm. Die Colonne fährt fort, einwärts
gegen die Farm zu ſchwenken, als ob das Fatu[m]
ſie leitete. Plötzlich hören der Farmer und ſein
Weib einen wilden ſchrillen Schrei von den
Reitern und ebenſo plötzlich erwachen ſie wie aus
einem Traum. „Was hat das zu bedeuten?“

„Großer Gott!“ Weit draußen auf der
Ebene, gerade im Wege dieſes Dämons iſt ihr
kleines Mädchen, das, während die Eltern von
der erhabenen Furchtbarkeit der Scene hingeriſſen
waren, fort irrte. Ohnmächtig ſinkt das Weib zu
Boden. Der vor Entſetzen faſt wahnſinnige
[Spaltenumbruch] Gatte trägt ſie fort — auch ſie müſſen fliehen,
weit hinweg von der gefährlichen Bahn und
überlaſſen ihr Kind einem Tode der den heim-
geſuchten Eltern nicht einmal den Troſt gewährt,
einen letzten Kuß auf die todten Lippen der
Kleinen drücken zu können. Nichts als ein letzter
Blick auf die lebende Geſtalt bleibt vergönnt und
dann — ein Andenken.

Schaue ſüdlich auf den fernen Gegenſtand
über den Rücken der wallenden See. Es iſt einer
der Reiter und er iſt Hals an Hals mit der
erſten Reihe der Heerde. Auch er hat das Kind
erblickt und ſpornt ſein Roß und galoppirt den
Rindern voraus. Wenige Ellen von ihnen ſchwenkt
er ein und direct über ihren Pfad. Wenn ſein
Pferd ſtrauchelt, wird er verſchlungen wie eine
Broſame von einer Woge. Wenn er die Zeit für
ſeine Bewegungen nicht richtig berechnet, wird ihn die
Erde nicht mehr kennen. Er kann nicht anhalten, um
das Kind zu bekommen. Das iſt auch nicht ſeine
Abſicht. Ermuthigende Zurufe aus den heiſeren
Kehlen ſeiner Gefährten dringen an ſein Ohr,
während er über den Raſen hinſchwebt. Ein
Haſenloch in dem Pfade ſeines Roſſes würde
das Schickſal des Tages beenden. Näher und
näher kommt er zu dem kleinen Mädchen. Nun
lehnt er ſich über die Seite ſeines Pferdes und
fegt mit ſeiner Hand dahin, um die Diſtanz
bis zum Boden zu meſſen.

Wenn er das Kind das erſte Mal vermißt,
ſind ſeine Bemühungen vergeblich. Er kann nicht
umkehren. Er naht der Kleinen und zügelt ſein
Roß ſo ſicher, wie der Steuermann ſein Schiff
nach dem Compaß hält. In athemloſer Seelen-
angſt blickt der Vater auf die Scene, deren An-
blick der Mutter eine wohlthätige Ohnmacht er-
ſpart. Jetzt oder nie.


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[[3]/0003] Seit Kurzem durchfluthet das ſegenſpen- ſpendende, kryſtallklare Naß die Adern der Stadt, den Bewohnern köſtlichen, geſunden und erfriſchenden Trank darbietend, den Haushal- tungen und den Gewerben tauſendfälttgen Nutzen bringend. In den herrlichen, ſchattigen Gängen, in den lauſchigen Hainen des zu vollendeter Schön- heit erblühten Stadtparkes finden Kinder und Erwachſene Erholung und Genuß, Leidende geneſungbringende, würzige Luft, Ermüdete neue Kräftigung. Aber nicht nur das leibliche, auch das geiſtige Wohl der Bevölkerung bildete einen Gegenſtand Ihrer unermüdlichen Fürſorge. Die ehrwürdige Stadtpfarrkirche zu Sct. Mauritz — ein erhabenes Denkmal früherer Jahrhunderte — erſteht durch pietätvolle Sorg- falt in der alten Pracht, im Schmucke der Vorzeit, wieder. „Ein Meer des Lichtes“ erſtrahtt aus den der Bildung gewidmeten Stätten. Der Pflege „bürgerlicher Berufsbildung“ dient eine Reihe von Anſtalten, in denen die Jugend, der Nach- wuchs unſeres geſinnungstüchtigen Bürgerthums in trefflicher, Weiſe Erziehung und Unterricht empfängt; ein ſtattlicher Monumentalbau iſt „der Kunſt und Wiſſenſchaft“ gewidmet. Ein Theil ſeiner weiten Gelaſſe beherbergt Erzeug- niſſe heimiſchen und auswärtigen Gewerbeflei- ßes, der bildenden und vervielfältigenden Kunſt; die Erinnerung an unſere Vorfahren wird durch die Sammlung hiſtoriſcher Schätze wachgerufen und belebt. Der für die darſtellende Dichtung errich- tete Tempel fand eine neue, den Zeitverhält- niſſen Rechnung tragende, ebenſo ſchöne als vornehme Ausſtattung und die dem Fortſchritte der Jetztzeit entſprechende Beleuchtung. Durch dieſe großartigen Maßnahmen auf allen öffentlichen Gebieten iſt Olmütz in die erſte Reihe der öſterreichiſchen Städte eingetre- ten. Und das verdanken wir in erſter Linie Ihnen, hochverehrter Herr Bürgermeiſter, Ihrer hervorragenden Befähigung und Umſicht, Ihrem idealen, auf die Wahrung der edelſten Güter der Menſchheit gerichteten Streben. Damit ging die Bethätigung echt deut- ſcher Ueberzeugung Hand in Hand. „Die alte, reichs- und kaiſertreue Veſte“. Das war ſeit jeher ein Ehrenname unſerer Stadt. Unter Ihrer bewährten Führung blieb die Haltung eine gleich loyale, aleich patrio- tiſche. Doch paarte ſich mit derſelben die klare Erkenntniß von dem, was dem deutſchen Volke in Oeſterreich noththut, und wir erblickten Euer Hochwohlgeboren mit Stolz ſtets an der Spitze, wenn es galt, die deutſchen Intereſſen durch Wort und That zu fördern, wenn es galt, unſeren Stammesgenoſſen zu zeigen, daß Ol- mütz noch das ſei, als was es bisher gegolten: eine deutſche Stadt! Dank, unbegrenzten Dank für alles aus treuen, deutſchen Herzen. Nicht nur die unterzeichneten Mitglieder der Stadtvertretung, alle einſichtsvollen Be- wohner ſind einig in dieſem Gefühle der Dankbarkeit. Alle würdigen und preiſen Euer Hochwohlgeboren als den ruhmreichen Schöpfer von „Neu-Olmütz“; alle ſchätzen ſich glücklich, in dem „erſten Bürger der Stadt“ einen nach jeder Richtung hin ſo außerordentlichen Führer einen Mann von Geiſt, Herz und Character verehren zu dürfen. Jahrhunderte mögen vergehen und manche Schöpfungen durch neue erſetzt werden. Aber preiſend wird einſt der Urenkel in der Ge- ſchichte der Stadt Ihren Namen leſen und mit gerechtem Erſtaunen das unter Ihrer Leitung Geſchaffene bewundern. Der Name „Engel“ kann nur erſterben, wenn Olmütz erſtirbt. Mit dem Ausdrucke unſerer tiefen Em- pfindungen und unſeres ehrerbietigen Dankes vereinen wir die herzlichſten, aufrichtigſten Glückwünſche zu dem heutigen Wiegenfeſte. Möge es einem gütigen Geſchicke gefallen, Sie, hochverehrter Herr Bürgermeiſter, noch lange vor den Beſchwerden des Alters bewah- ren zu wollen; mögen Sie ſelbſt auch in fer- ner Zukunft noch Ihre Freude daran finden, uns und allen Mitbürgern als leuchtendes Beiſpiel echter Bürgertugenden voranzugehen: als unſer aller Stolz und zu unſerem ferne- ren Wohl! Das walte Gott! In deutſcher Treue und unwandelbarer Anhäng- lichkeit Euer Hochwohlgeboren ergebenes Stadtverordneten-Collegium der königl. Haupt- ſtadt Olmütz. Hierauf fand der Empfang der ſtädt. Beamtenſchaft, welche von den Herren Stadtrath Johann Thometſchek und Rech- nungsreſerenten Franz Sitta geführt wurde, ſtatt. — Herr Rechnungsreferent Sittarichtete an Herrn Bürgermeiſter v. Engel folgende treffliche Anſprache: Euer Hochwohlgeboren! Hochgeehrteſter Herr Bürgermeiſter! Durchdrungen von den Gefühlen der tiefſten Ergebenheit, erlauben ſich auch die ſtädtiſchen Communalbeamten, vereint mit den Beamten der ſtädt. 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Zur Erinnerung an den heutigen freudenvollen Tag wollen, hochgeehrteſter Herr Bürgermeiſter, eine Glückwunſch-Adreſſe als den Ausdruck der beſonderen Hochverehrung der geſammten Be- amtenſchaft, deren Dolmetſch zu ſein ich die Ehre habe, geneigteſt entgegennehmen, Zugleich erlaubt ſich die geſammte Beamtenſchaft Euer Hochwohlgeboren den tief gefühlten Dank für die ihr bereits durch eine lange Reihe von Jahren erwieſene väterliche Fürſorge auszu- drücken und hieran die ergebene Bitte zu knüpfen, der hochgeehrte Herr Bürgermeiſter wolle der Beamtenſchaft auch noch fernerhin Ihr gütiges Wohlwollen geneigteſt angedeihen laſſen. Herr Bürgermeiſter v. Engel dankte der ſtädt. Beamtenſchaft in der herzlichſten Weiſe; er ſagte, daß er durch ein Unwohlſein leider durch längere Zeit dem Amte ſernzubleiben genöthigt war, und daß ihm der heutige Geburtstag ein doppelt freudiger Feſttag ſei, weil ihn derſelbe wieder in die Mitte der Beamtenſchaft zurück- führe. Indem er der Beamtenſchaft für die dar- gebrachten Glückwünſche den herzlichſten Dank ausſprach, müſſe er die Beamten aller Zweige der ſtädt. Verwaltung als ſeine erprobten Mit- arbeiter, deren Tüchtigkeit nach jeder Richtung er ſeit langer Zeit zu erproben Gelegenheit hatte, bitten, ihn auch fernerhin in der bisherigen Weiſe zu unterſtützen, da nur durch gemeinſames und einheitliches Zuſammenwirken Aller ein wahres Gemeinwohl erzielt und gefördert und auf die Augen bohren. Und am folgenden Tage wird es ebenſo ſein und auch am nächſten. Dann iſt Alles vorbei. Das iſt das Werk des Cowboys. Und das hübſche Weibchen in Monterey wachte und wartete auf die Heimkehr des ge- liebten Mannes und flehte zur heiligen Jungfran und betete ihren Roſenkranz ab. Und die düſteren freudeleeren Tage verbleichten zu langen, dunklen thränenvollen Nächten und Wochen und Monde und ein Jahr vergingen, aber das Weib ſah ihren Gatten nicht wieder. Bei einem jährlichen Zuſammentreiben des Viehes kommt der Cowboy mit einigen Ge- noſſen zu dem Schauplatze des Verbrechens und ſie ſinden ein gebleichtes Scelett unter dem loſen Gewinde eines vermoderten Strickes. Der Tod hat die Feſſeln gelöſt. Der Cowboy ſteigt vom Pferde und verſetzt den bleichen Knochen einen Fußtritt, daß ſie klappern. War das Muſik für ſeine Ohren? Eine wilde Stampede von Tauſenden und Zehntauſenden texaniſcher Stiere, ein ungeheures wogendes Meer ſchwellenden Fleiſches und ver- ſchlungener Hörner, ſo enge aneinander bewegt ſich das Rindvieh auf ſeiner wilden unlenkbaren Flucht. Was bedeutet es, davon eingeholt zu ſein? Nicht nur Tod, ſondern Vernichtung — Vertil- gung von der Oberfläche der Erde. Nichts Leben- diges verbleibt hinter einer ſolchen Stampede. — Das unglückliche Thier, das ſtrauchelt und fällt, iſt nicht mehr zu ſehen, wenn dieſe wilde, erbar- mungsloſe Woge darüber hinweggegangen iſt. Vor ihnen prangt die Ebene in ſammtenem Grün des Frühlings. Hinter ihnen iſt der Boden einer Wüſte, aufgewühlt von den zahlloſen Hufen der Heerde und kahl wie eine ſandige Düne. Die Wuth eines Cyclons könnte nicht mehr ſichtbare Spuren ihrer ſchauerlichen Gewalt hinterlaſſen, als der ungeſtüme Galopp dieſer Heerde. Vor- wärts jagt ſie wie die Windesbraut, und eine Staubwolke bewegt ſich wie ein Bahrtuch über ihr. Mit einem gedämpften Brüllen ſtürzt das Vieh blindlings dahin und der Boden erzittert wie von einem Erdbeben gerüttelt. An den Flanken dieſer wahnſinnigen raſenden Thiermaſſe und ebenſo wahnſinnig und raſend jagen Reiter dahin, welche ihren Roſſen grauſam die Sporen in die Weichen ſtoßen und deren ſchrilles, bar- bariſches Geſchrei ſich mit dem dumpfen Brüllen der Rinder vermengt. Wird die Heerde jemals anhalten? Ja, vor Erſchöpfung! keine menſchliche Gewalt vermag ihr gegenwärtig Einhalt zu thun. Was iſt das Schickſal der Schwachen? Vertil- gung. Die Maſſe ſchwankt nun von ihrem Courſe ab, in dem ſie die ſchreienden Reiter zu halten verſuchten und kommt einem einſamen Farmhaus gefährlich nahe. Der Farmer betrachtet das groß- artige belebte Schauſpiel mit neugierigen Blicken. Sein Weib klammert ſich, Schutz ſuchend, wie in Gegenwart eines nahenden Gewitters in ſei- nen Arm. Die Colonne fährt fort, einwärts gegen die Farm zu ſchwenken, als ob das Fatum ſie leitete. Plötzlich hören der Farmer und ſein Weib einen wilden ſchrillen Schrei von den Reitern und ebenſo plötzlich erwachen ſie wie aus einem Traum. „Was hat das zu bedeuten?“ „Großer Gott!“ Weit draußen auf der Ebene, gerade im Wege dieſes Dämons iſt ihr kleines Mädchen, das, während die Eltern von der erhabenen Furchtbarkeit der Scene hingeriſſen waren, fort irrte. Ohnmächtig ſinkt das Weib zu Boden. Der vor Entſetzen faſt wahnſinnige Gatte trägt ſie fort — auch ſie müſſen fliehen, weit hinweg von der gefährlichen Bahn und überlaſſen ihr Kind einem Tode der den heim- geſuchten Eltern nicht einmal den Troſt gewährt, einen letzten Kuß auf die todten Lippen der Kleinen drücken zu können. Nichts als ein letzter Blick auf die lebende Geſtalt bleibt vergönnt und dann — ein Andenken. Schaue ſüdlich auf den fernen Gegenſtand über den Rücken der wallenden See. Es iſt einer der Reiter und er iſt Hals an Hals mit der erſten Reihe der Heerde. Auch er hat das Kind erblickt und ſpornt ſein Roß und galoppirt den Rindern voraus. Wenige Ellen von ihnen ſchwenkt er ein und direct über ihren Pfad. Wenn ſein Pferd ſtrauchelt, wird er verſchlungen wie eine Broſame von einer Woge. Wenn er die Zeit für ſeine Bewegungen nicht richtig berechnet, wird ihn die Erde nicht mehr kennen. Er kann nicht anhalten, um das Kind zu bekommen. Das iſt auch nicht ſeine Abſicht. Ermuthigende Zurufe aus den heiſeren Kehlen ſeiner Gefährten dringen an ſein Ohr, während er über den Raſen hinſchwebt. Ein Haſenloch in dem Pfade ſeines Roſſes würde das Schickſal des Tages beenden. Näher und näher kommt er zu dem kleinen Mädchen. Nun lehnt er ſich über die Seite ſeines Pferdes und fegt mit ſeiner Hand dahin, um die Diſtanz bis zum Boden zu meſſen. Wenn er das Kind das erſte Mal vermißt, ſind ſeine Bemühungen vergeblich. Er kann nicht umkehren. Er naht der Kleinen und zügelt ſein Roß ſo ſicher, wie der Steuermann ſein Schiff nach dem Compaß hält. In athemloſer Seelen- angſt blickt der Vater auf die Scene, deren An- blick der Mutter eine wohlthätige Ohnmacht er- ſpart. Jetzt oder nie.

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 15, Olmütz, 20.01.1890, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches15_1890/3>, abgerufen am 21.11.2024.