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Mährisches Tagblatt. Nr. 166, Olmütz, 24.07.1893.

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ragenden Waffenthat. Es gelang ihm durch kluge
Verwendung seiner Truppen, trotz der überle-
genen Anzahl der feindlichen Truppen, die do-
minirende und für das Schicksal des Tages
hochwichtige Höhe von Jese zu behaupten, die
Offensive der Gegner zu brechen und dieselben
dermaßen zu werfen, daß sich die feindlichen
Bataillone in völliger Unordnung über den
Tione zurückziehen mußten. Auch an der Er-
stürmung von Santa Lucia nahmen Bauers
Truppen rühmlichen Antheil. Bauers Verdienste
in der Schlacht von Custozza wurden durch
Verleihung des Ritterkreuzes des Leopold-
Ordens mit der Kriegsdecoration anerkannt.
1868 wurde Oberst Bauer zum Generalmajor
ernannt, und als solcher fungirte er im Jahre
1873 als Leiter der Uebungen im Bruckner Lager.
Im October desselben Jahres wurde ihm das
Commando der 2. Truppen-Division übertragen,
und dieser Betrauung folgte im Mai 1874 seine
Ernennung zum Feldmarschall-Lieutenant. FML.
Bauer wurde noch im Herbste 1874 Commandant
des Stabsofficiers-Curses, und zwei Jahre später
wurde ihm die Oberleitung der Schützenschule
im Brucker Lager übergeben. Im Jahre 1881
ward FML. Bauer zum Feldzeugmeister ernannt
und ein Jahr später erfolgte seine Berufung auf
den Posten des commandirenden Generals in
Wien, auf welchem Freiherr von Maroicsics sein
Vorgänger war. Am 18. März 1888 erfolgte
seine Ernennung zum Reichskriegsminister.




Die Winisteranklage in Serbien.


Bevor Serbien eine Verfassung gehabt und
der Fürst des Landes den Titel König geführt
hat, war es die Rivalität der Häuser Obrenowitsch
und Karageorgjewitsch, die das Land nicht zur
Ruhe kommen ließ. Aufruhr und Mord waren
das Vorrecht der abwechselnd ihr Recht von
Gottes Gnaden verkündeten Höchstgeborenen, und
diesen zuliebe schnitten die guten Unterthanen ein-
ander die Hälse ab. Als Milan, nachdem sein
Oheim Michael ermordet worden, den serbischen
Thron bestieg, zunächst unter Vormundschaft,
war der politische Meinungskampf in Serbien
schon ziemlich entwickelt und das Verlangen nach
einer freisinnigen Verfassung äußerte sich lebhaft.
Milan war ein eitler und hoffärtiger junger
Mann, der nach erlangter Großjährigkeit ein
übermüthiges Spiel mit den Parteien als Sport
betrieben, bei seiner Abdankung 1889 aber dem
Lande eine radicale Verfassung hinterlassen hat,
für welche den Serben die Reise fehlte. Milan
hat geglaubt, den Thron seines Sohnes am
sichersten zu schützen, indem er dem radicalen
Ministerium liberale Regenten auf die Nase
setzte; er nahm an, daß die beiden Gewalten in
ihrem Zusammenwirken sich nützlich machen
und in ihren Gegensätzen einander aufheben
[Spaltenumbruch] würden, so daß keine der Krone gefährlich
würde.

Der radicalen Partei, der stärksten im Lande,
hat Milan Vertrauen bewiesen, obwohl sie 1883
einen Aufstand versucht hat, niedergeworfen und
einiger ihrer Häupter beraubt worden ist. Aber
die Rebellion ist so schwächlich gewesen und so
leicht erstickt worden, daß sie dauerndes Miß-
trauen und Befürchtungen zu erregen kaum ge-
eignet erschien, zumal da die Partei zu jener
Erhebung durch viele Kränkungen gereizt war,
während sie 1889 durch die Verfassung und durch
die Berufung der Minister aus ihrer Mitte ihre
Wünsche erfüllt sah. Aber bald traten Reibungen
zwischen den Regenten und den Ministern ein,
und den offenen Conflict führte nach dem Tode
des einen der Triumvirn, Prositsch, die Weige-
rung der beiden anderen, die Skupschtina zur
Wahl des Ersatzmannes aufzufordern, herbei.
Ristitsch und Belimarkowitsch wollten diesen An-
trag nicht bei der radicalen Kammer, sondern bei
der nach dem Ablaufe der Session neu zu wäh-
lenden Kammer stellen, welche, wie sie hofften,
eine andere Mehrheit aufweisen würde. Diese
Verzögerung widersprach der Anordnung der Ver-
fassung. Als das Ministerium Pasitsch, der Win-
kelzüge der Regenten müde, mit seinem Rücktritte
drohte, wurde dieser zu seiner Ueberraschung so-
fort angenommen. Die Regenten beriefen ein
Ministerium ihrer Partei, und bei den Neu-
wahlen zur Skupschtina, welche dasselbe leitete,
sind viele Ausschreitungen ärgster Art, Wahlfäl-
schung, Freiheitsentziehung, Todtschlag und Mord
begangen worden. Gegen das liberale Ministe-
tium Avakumovitsch, welches bis zum Staats-
streiche des Königs Alexander am 13. April d. J.
im Amte gewesen, ist von der neugewählten radi-
calen Kammer die Anklage vor dem Staats-
gerichtshof wegen jener Verfassungsverletzung und
wegen der bei den Wahlen vorgekommenen Ge-
waltthaten und anderen Ungesetzlichkeiten beschlossen
worden. Die Einleitung des Verfahrens erfolgt
durch eine Commission, welche die Kammer aus
ihrer Mitte einsetzt.

In der Sitzung am Mittwoch ist auch der
Antrag auf Verbannung der beiden ehemaligen
Regenten aus Serbien gestellt worden. Haß und
Rachedurst sind bei den Verhandlungen in wil-
dester Weise hervorgetreten, so daß der Ausruf
eines der beschuldigten Minister, er fühle sich
gegenüber dem "Nationalconvent" (1793) und
es sei nur gut, daß der Weg vom Capitol zum
tarpejischen Felsen nicht weit sei, erklärlich ist.
Kein Mittel wurde gescheut, um die Leidenschaft
der Bauern in der Kammer zu erhitzen, so ist
ein blutbeflecktes und von Kugeln durchlöchertes
Actenstück herumgereicht worden, welches angeblich
ein Radicaler in der Hand gehalten hat, als der
von den Liberalen gedungene Mörder ihn
meuchlerisch niederstreckte.

Anscheinend gehört nur die Zögerung der
[Spaltenumbruch] Minister mit der Herbeiführung der Ersatzwahl
für Prositsch vor den Staatsgerichtshof, und bei
diesem Punkte fragt es sich, ob den Angeschuldigten
nicht der Staatsstreich des Königs zugute kommt,
welcher sie verhindert hat, das Versäumte nach-
zuholen. Daß die Minister die Gewaltthaten
gegen Personen veranlaßt haben, ist sehr un-
wahrscheinlich. In Serbien geht keine Wahl ohne
Mord und Todtschlag ab. Gerade die radicalen
Bauern stehen wegen ihrer Brutalität im schlimm-
sten Rufe. Wäre aber ein Minister in einem
bestimmten Falle verdächtig, der Anstifter einer
Gewaltthat zu sein, so muß er vor den ordent-
lichen Richter gestellt werden, denn es macht
keinen Unterschied, ob das Motiv zu einem
Morde mit der Politik zusammenhängt und ob
der Anstifter des Verbrechens Minister war.

Die Radicalen sollten nicht durch Thaten
der Rache die Saat neuer Racht auswerfen. Der
"Convent" wird bei der Ministeranklage vielleicht
nicht stehen bleiben, sondern neue Opfer suchen.
Der Eifer, mit welchem Garaschanin, der Führer
der Fortschrittspartei, sich gegen die Anklage er-
klärt hat, scheint seiner Ahnung, daß auch an
ihn die Reihe kommen kann, zu entstammen.
Garaschanin trägt die Verantwortung für den
Krieg mit Bulgarien, und die Niederlage bei
Sliwnitza 1885. Auch Christic, der Minister,
welcher 1883 über die besiegten Radicalen strenges
Gericht gehalten hat, mag gegenwärtig etwas
unruhig sein. Und der junge König wird bald
gewahren, daß in der Kammer republikanische
Tendenzen stark vertreten sind neben der Sym-
pathie für den Prinzen Peter Karageorgjewitsch,
den Schwiegersohn des Fürsten von Montenegro
und Schwager eines russischen Thronfürsten.
Jetzt fehlt nur noch, daß Milan und Natalie
nach Belgrad kommen, um das Schicksal ihres
Sohnes zu besiegeln.

Das "Wiener Fremdenblatt" sagt über die
Vorgänge in Serbien, nirgend seien die politischen
Rekriminationen gefährlicher, als in einem Staate
wie Serbien, wo sich die Systeme und Gewalten
so rasch abnützen und ablösen und wo diese
politischen Wandlungen einen so starken Einfluß
auf das ganze innere Leben des Landes, auf
Behörden und Beamtenschaft ausüben. Wie viel
von kostbarer Volkskraft werde in diesem leiden-
schaftlichen und unfruchtbaren Kampfe aufgerieben,
anstatt daß sie dienstbar gemacht würde dem
wirklichen Wohle der Nation.




Politische Nachrichten.
(Clericale Hetze gegen einen Bezirks-
hauptmann.)

Die clericale Presse ist selbstver-
ständlich von der Enthüllung des Hasner-Denk-
mals und den dabei gehaltenen Reden nicht sehr
erbaut. Man kann dieß auch von ihr nicht ver-
langen, und würde sie sich auf eine Kritik dieser
Reden im allgemeinen beschränken, so ließe sich




[Spaltenumbruch]

licherweise widersetzt sich der Geist des Islams
diesen Vorbeugungsmaßregeln. "Inschallah" und
"Kismet" (wenns Gott gefällt und Schicksals
Wille) wird an die Stelle von Vorbeugung und
Sorgfalt gesetzt, und in Mekka, dem Haupt-
quartier des Glaubens, wird eine trostlose Cho-
leraseuche vorgezogen dem Schlag ins Antlitz der
Vorsehung sowie der Thorheit unausbleibliche Be-
stimmungen Gottes abwenden zu wollen."

So spricht der sehr gewissenhafte englische
Reisende Burton, der die Stätten des Glaubens
und Fanatismus Mekka und Medina aus eige-
ner Anschauung schildert, und ebenso u[r]theilt
der deutsche Reisende v. Maltzan, der Mekka im
Anfang der 60er Jahre besuchte: "Einige zehn-
tausend Pilger, von denen jedoch nur etwa der
dritte Theil Hämmel vor sich hatten, standen auf
einem freien, unebenen, steinigen Felde nahe bei
Menaa (das englische Muna.) Der Kadi von
Mekka, der an der Spitze dieser Pilgerschaaren
stand, hatte gleichfalls einen Hammel vor sich,
der über und über bunt bemalt war. Nach einem
kurzen Gebet gab dieser Würdenträger das Signal
zum Schlachten, indem er seinem Hammel den
Kopf in der Richtung nach dem heiligen Hause
stellte und ihm dann die Kehle mit einem krum-
men Messer durchschnitt. Seinem Beispiel folg-
ten alle diejenigen Pilger, welche der theuren
Preise ungeachtet Hämmel gekauft hatten. Auf
einmal sanken über dreitausend Opfer auf den
Boden, der sich plötzlich in ein wahres Blutmeer
[Spaltenumbruch] verwandelte, ein Anblik, der mich so anekelte, daß
ich ihn schnell mit Ssadan floh, um nach Mekka
zurückkehren, während wir Hassan, Ssadans
Sohn, bei meinen beiden, von ihm und seinem
Vater eben geschlachteten Hämmeln mit der An-
weisung zurückließen, dieselben zu waschen und
Abends nach Mekka zu bringen, wo sie im Hause
Hamdans feierlich verzehrt werden sollten." Man
ersieht aus den Worten Maltzans, daß es sich
nicht eigentlich um ein Opfer handelt, sondern
um eine Massenschlächterei; denn alle Thiere
werden -- und das ist stets die Hauptsache
bei den Mohamedanern -- immer verspeist.

Man kann nun über diese Massenabschläch-
terei denken wie man will, aber das wird kein
vernünftiger Mensch leugnen, daß diese Ansamm-
lung von Blut im höchsten Grade gefährlich ist.
Es entwickeln sich daher auch alljährlich die
schlimmsten Krankheiten aus diesen Zuständen, und
je nach der Jahreszeit sind sie gefährlicher. Die
Mohamedaner haben bekanntlich Mondjahre, so
daß ihre Monate stets wechseln. Da nun der
Diul-Hadi, der Monat ist, in welchem der große
Pilgerzug gemacht werden muß, und dieser in
den Sommer fällt, so kann man sich denken, wie
entsetzlich ein solches Blutbad in der heißesten
Jahreszeit wirken muß. Dazu kommt die un-
vorsichtige Art und Weise, wie diese Pilger nach
Mekka hin und von dort zurückgebracht werden.
Der bei weitem größte Theil derselben wird
heute durch die Engländer und Franzosen auf
[Spaltenumbruch] Dampfschiffen befördert. Die alte Art und Weise
die früher üblich war, daß man barfuß von
Marokko und Algerien, vom Senegal und den
Haussa-Ländern oder auch auf Erbsen oder klei-
nen Kieselchen gehend nach jahrelangem Wan-
dern die heiligen Stätten zu erreichen suchte,
diese Art und Weise hat längst den viel beque-
mern Dampfschiffsreisen weichen müssen. Freilich
sagen sich die Pilger, daß sie hierbei unendlich
viel an ihrem Verdienst einbüßen andererseits
sind nun aber gerade die Pilger auf den Dampf-
schiffen so eingepfercht, daß wenigstens die drei-
fache Zahl von Personen eingeschifft wird, als
das Schiff eigentlich fassen kann, und diese Un-
annehmlichkeit rechnen sich die Pilger doch auch
als ein Verdienst an.

Am 5. Juli d. J. schrieb ein marokkani-
sches Blatt: "Man läßt im allgemeinen dreimal
so viele Reisende als Pilger zu, als die Schiffe
für gewöhnlich aufnehmen, andererseits kehren
alle marokkanischen Pilger, welche ihre Rolle
ernst auffassen, nach Marokko zurück, ohne auch
nur ein einziges Mal ihr Hemd gewechselt zu
haben, das sie seit ihrer Abreise trugen, das heißt
seit ungefähr sechs oder acht Monaten. Sie zer-
schneiden es bei ihrer Zurückkunft in ganz kleine
Stücke und vertheilen diese innerhalb ihrer Fa-
milie, die sie sodann als Amulette weiterträgt.
Das, was sich während der Ueberfahrt ereignet,
ist noch verhängnißvoller. Dank der Einschachte-
lung der Pilger können sich die Capitäne der


[Spaltenumbruch]

ragenden Waffenthat. Es gelang ihm durch kluge
Verwendung ſeiner Truppen, trotz der überle-
genen Anzahl der feindlichen Truppen, die do-
minirende und für das Schickſal des Tages
hochwichtige Höhe von Jeſe zu behaupten, die
Offenſive der Gegner zu brechen und dieſelben
dermaßen zu werfen, daß ſich die feindlichen
Bataillone in völliger Unordnung über den
Tione zurückziehen mußten. Auch an der Er-
ſtürmung von Santa Lucia nahmen Bauers
Truppen rühmlichen Antheil. Bauers Verdienſte
in der Schlacht von Cuſtozza wurden durch
Verleihung des Ritterkreuzes des Leopold-
Ordens mit der Kriegsdecoration anerkannt.
1868 wurde Oberſt Bauer zum Generalmajor
ernannt, und als ſolcher fungirte er im Jahre
1873 als Leiter der Uebungen im Bruckner Lager.
Im October desſelben Jahres wurde ihm das
Commando der 2. Truppen-Diviſion übertragen,
und dieſer Betrauung folgte im Mai 1874 ſeine
Ernennung zum Feldmarſchall-Lieutenant. FML.
Bauer wurde noch im Herbſte 1874 Commandant
des Stabsofficiers-Curſes, und zwei Jahre ſpäter
wurde ihm die Oberleitung der Schützenſchule
im Brucker Lager übergeben. Im Jahre 1881
ward FML. Bauer zum Feldzeugmeiſter ernannt
und ein Jahr ſpäter erfolgte ſeine Berufung auf
den Poſten des commandirenden Generals in
Wien, auf welchem Freiherr von Maroicsics ſein
Vorgänger war. Am 18. März 1888 erfolgte
ſeine Ernennung zum Reichskriegsminiſter.




Die Winiſteranklage in Serbien.


Bevor Serbien eine Verfaſſung gehabt und
der Fürſt des Landes den Titel König geführt
hat, war es die Rivalität der Häuſer Obrenowitſch
und Karageorgjewitſch, die das Land nicht zur
Ruhe kommen ließ. Aufruhr und Mord waren
das Vorrecht der abwechſelnd ihr Recht von
Gottes Gnaden verkündeten Höchſtgeborenen, und
dieſen zuliebe ſchnitten die guten Unterthanen ein-
ander die Hälſe ab. Als Milan, nachdem ſein
Oheim Michael ermordet worden, den ſerbiſchen
Thron beſtieg, zunächſt unter Vormundſchaft,
war der politiſche Meinungskampf in Serbien
ſchon ziemlich entwickelt und das Verlangen nach
einer freiſinnigen Verfaſſung äußerte ſich lebhaft.
Milan war ein eitler und hoffärtiger junger
Mann, der nach erlangter Großjährigkeit ein
übermüthiges Spiel mit den Parteien als Sport
betrieben, bei ſeiner Abdankung 1889 aber dem
Lande eine radicale Verfaſſung hinterlaſſen hat,
für welche den Serben die Reiſe fehlte. Milan
hat geglaubt, den Thron ſeines Sohnes am
ſicherſten zu ſchützen, indem er dem radicalen
Miniſterium liberale Regenten auf die Naſe
ſetzte; er nahm an, daß die beiden Gewalten in
ihrem Zuſammenwirken ſich nützlich machen
und in ihren Gegenſätzen einander aufheben
[Spaltenumbruch] würden, ſo daß keine der Krone gefährlich
würde.

Der radicalen Partei, der ſtärkſten im Lande,
hat Milan Vertrauen bewieſen, obwohl ſie 1883
einen Aufſtand verſucht hat, niedergeworfen und
einiger ihrer Häupter beraubt worden iſt. Aber
die Rebellion iſt ſo ſchwächlich geweſen und ſo
leicht erſtickt worden, daß ſie dauerndes Miß-
trauen und Befürchtungen zu erregen kaum ge-
eignet erſchien, zumal da die Partei zu jener
Erhebung durch viele Kränkungen gereizt war,
während ſie 1889 durch die Verfaſſung und durch
die Berufung der Miniſter aus ihrer Mitte ihre
Wünſche erfüllt ſah. Aber bald traten Reibungen
zwiſchen den Regenten und den Miniſtern ein,
und den offenen Conflict führte nach dem Tode
des einen der Triumvirn, Proſitſch, die Weige-
rung der beiden anderen, die Skupſchtina zur
Wahl des Erſatzmannes aufzufordern, herbei.
Riſtitſch und Belimarkowitſch wollten dieſen An-
trag nicht bei der radicalen Kammer, ſondern bei
der nach dem Ablaufe der Seſſion neu zu wäh-
lenden Kammer ſtellen, welche, wie ſie hofften,
eine andere Mehrheit aufweiſen würde. Dieſe
Verzögerung widerſprach der Anordnung der Ver-
faſſung. Als das Miniſterium Paſitſch, der Win-
kelzüge der Regenten müde, mit ſeinem Rücktritte
drohte, wurde dieſer zu ſeiner Ueberraſchung ſo-
fort angenommen. Die Regenten beriefen ein
Miniſterium ihrer Partei, und bei den Neu-
wahlen zur Skupſchtina, welche daſſelbe leitete,
ſind viele Ausſchreitungen ärgſter Art, Wahlfäl-
ſchung, Freiheitsentziehung, Todtſchlag und Mord
begangen worden. Gegen das liberale Miniſte-
tium Avakumovitſch, welches bis zum Staats-
ſtreiche des Königs Alexander am 13. April d. J.
im Amte geweſen, iſt von der neugewählten radi-
calen Kammer die Anklage vor dem Staats-
gerichtshof wegen jener Verfaſſungsverletzung und
wegen der bei den Wahlen vorgekommenen Ge-
waltthaten und anderen Ungeſetzlichkeiten beſchloſſen
worden. Die Einleitung des Verfahrens erfolgt
durch eine Commiſſion, welche die Kammer aus
ihrer Mitte einſetzt.

In der Sitzung am Mittwoch iſt auch der
Antrag auf Verbannung der beiden ehemaligen
Regenten aus Serbien geſtellt worden. Haß und
Rachedurſt ſind bei den Verhandlungen in wil-
deſter Weiſe hervorgetreten, ſo daß der Ausruf
eines der beſchuldigten Miniſter, er fühle ſich
gegenüber dem „Nationalconvent“ (1793) und
es ſei nur gut, daß der Weg vom Capitol zum
tarpejiſchen Felſen nicht weit ſei, erklärlich iſt.
Kein Mittel wurde geſcheut, um die Leidenſchaft
der Bauern in der Kammer zu erhitzen, ſo iſt
ein blutbeflecktes und von Kugeln durchlöchertes
Actenſtück herumgereicht worden, welches angeblich
ein Radicaler in der Hand gehalten hat, als der
von den Liberalen gedungene Mörder ihn
meuchleriſch niederſtreckte.

Anſcheinend gehört nur die Zögerung der
[Spaltenumbruch] Miniſter mit der Herbeiführung der Erſatzwahl
für Proſitſch vor den Staatsgerichtshof, und bei
dieſem Punkte fragt es ſich, ob den Angeſchuldigten
nicht der Staatsſtreich des Königs zugute kommt,
welcher ſie verhindert hat, das Verſäumte nach-
zuholen. Daß die Miniſter die Gewaltthaten
gegen Perſonen veranlaßt haben, iſt ſehr un-
wahrſcheinlich. In Serbien geht keine Wahl ohne
Mord und Todtſchlag ab. Gerade die radicalen
Bauern ſtehen wegen ihrer Brutalität im ſchlimm-
ſten Rufe. Wäre aber ein Miniſter in einem
beſtimmten Falle verdächtig, der Anſtifter einer
Gewaltthat zu ſein, ſo muß er vor den ordent-
lichen Richter geſtellt werden, denn es macht
keinen Unterſchied, ob das Motiv zu einem
Morde mit der Politik zuſammenhängt und ob
der Anſtifter des Verbrechens Miniſter war.

Die Radicalen ſollten nicht durch Thaten
der Rache die Saat neuer Racht auswerfen. Der
„Convent“ wird bei der Miniſteranklage vielleicht
nicht ſtehen bleiben, ſondern neue Opfer ſuchen.
Der Eifer, mit welchem Garaſchanin, der Führer
der Fortſchrittspartei, ſich gegen die Anklage er-
klärt hat, ſcheint ſeiner Ahnung, daß auch an
ihn die Reihe kommen kann, zu entſtammen.
Garaſchanin trägt die Verantwortung für den
Krieg mit Bulgarien, und die Niederlage bei
Sliwnitza 1885. Auch Chriſtic, der Miniſter,
welcher 1883 über die beſiegten Radicalen ſtrenges
Gericht gehalten hat, mag gegenwärtig etwas
unruhig ſein. Und der junge König wird bald
gewahren, daß in der Kammer republikaniſche
Tendenzen ſtark vertreten ſind neben der Sym-
pathie für den Prinzen Peter Karageorgjewitſch,
den Schwiegerſohn des Fürſten von Montenegro
und Schwager eines ruſſiſchen Thronfürſten.
Jetzt fehlt nur noch, daß Milan und Natalie
nach Belgrad kommen, um das Schickſal ihres
Sohnes zu beſiegeln.

Das „Wiener Fremdenblatt“ ſagt über die
Vorgänge in Serbien, nirgend ſeien die politiſchen
Rekriminationen gefährlicher, als in einem Staate
wie Serbien, wo ſich die Syſteme und Gewalten
ſo raſch abnützen und ablöſen und wo dieſe
politiſchen Wandlungen einen ſo ſtarken Einfluß
auf das ganze innere Leben des Landes, auf
Behörden und Beamtenſchaft ausüben. Wie viel
von koſtbarer Volkskraft werde in dieſem leiden-
ſchaftlichen und unfruchtbaren Kampfe aufgerieben,
anſtatt daß ſie dienſtbar gemacht würde dem
wirklichen Wohle der Nation.




Politiſche Nachrichten.
(Clericale Hetze gegen einen Bezirks-
hauptmann.)

Die clericale Preſſe iſt ſelbſtver-
ſtändlich von der Enthüllung des Haſner-Denk-
mals und den dabei gehaltenen Reden nicht ſehr
erbaut. Man kann dieß auch von ihr nicht ver-
langen, und würde ſie ſich auf eine Kritik dieſer
Reden im allgemeinen beſchränken, ſo ließe ſich




[Spaltenumbruch]

licherweiſe widerſetzt ſich der Geiſt des Islams
dieſen Vorbeugungsmaßregeln. „Inſchallah“ und
„Kismet“ (wenns Gott gefällt und Schickſals
Wille) wird an die Stelle von Vorbeugung und
Sorgfalt geſetzt, und in Mekka, dem Haupt-
quartier des Glaubens, wird eine troſtloſe Cho-
leraſeuche vorgezogen dem Schlag ins Antlitz der
Vorſehung ſowie der Thorheit unausbleibliche Be-
ſtimmungen Gottes abwenden zu wollen.“

So ſpricht der ſehr gewiſſenhafte engliſche
Reiſende Burton, der die Stätten des Glaubens
und Fanatismus Mekka und Medina aus eige-
ner Anſchauung ſchildert, und ebenſo u[r]theilt
der deutſche Reiſende v. Maltzan, der Mekka im
Anfang der 60er Jahre beſuchte: „Einige zehn-
tauſend Pilger, von denen jedoch nur etwa der
dritte Theil Hämmel vor ſich hatten, ſtanden auf
einem freien, unebenen, ſteinigen Felde nahe bei
Menaa (das engliſche Muna.) Der Kadi von
Mekka, der an der Spitze dieſer Pilgerſchaaren
ſtand, hatte gleichfalls einen Hammel vor ſich,
der über und über bunt bemalt war. Nach einem
kurzen Gebet gab dieſer Würdenträger das Signal
zum Schlachten, indem er ſeinem Hammel den
Kopf in der Richtung nach dem heiligen Hauſe
ſtellte und ihm dann die Kehle mit einem krum-
men Meſſer durchſchnitt. Seínem Beiſpiel folg-
ten alle diejenigen Pilger, welche der theuren
Preiſe ungeachtet Hämmel gekauft hatten. Auf
einmal ſanken über dreitauſend Opfer auf den
Boden, der ſich plötzlich in ein wahres Blutmeer
[Spaltenumbruch] verwandelte, ein Anblik, der mich ſo anekelte, daß
ich ihn ſchnell mit Sſadan floh, um nach Mekka
zurückkehren, während wir Haſſan, Sſadans
Sohn, bei meinen beiden, von ihm und ſeinem
Vater eben geſchlachteten Hämmeln mit der An-
weiſung zurückließen, dieſelben zu waſchen und
Abends nach Mekka zu bringen, wo ſie im Hauſe
Hamdans feierlich verzehrt werden ſollten.“ Man
erſieht aus den Worten Maltzans, daß es ſich
nicht eigentlich um ein Opfer handelt, ſondern
um eine Maſſenſchlächterei; denn alle Thiere
werden — und das iſt ſtets die Hauptſache
bei den Mohamedanern — immer verſpeiſt.

Man kann nun über dieſe Maſſenabſchläch-
terei denken wie man will, aber das wird kein
vernünftiger Menſch leugnen, daß dieſe Anſamm-
lung von Blut im höchſten Grade gefährlich iſt.
Es entwickeln ſich daher auch alljährlich die
ſchlimmſten Krankheiten aus dieſen Zuſtänden, und
je nach der Jahreszeit ſind ſie gefährlicher. Die
Mohamedaner haben bekanntlich Mondjahre, ſo
daß ihre Monate ſtets wechſeln. Da nun der
Diul-Hadi, der Monat iſt, in welchem der große
Pilgerzug gemacht werden muß, und dieſer in
den Sommer fällt, ſo kann man ſich denken, wie
entſetzlich ein ſolches Blutbad in der heißeſten
Jahreszeit wirken muß. Dazu kommt die un-
vorſichtige Art und Weiſe, wie dieſe Pilger nach
Mekka hin und von dort zurückgebracht werden.
Der bei weitem größte Theil derſelben wird
heute durch die Engländer und Franzoſen auf
[Spaltenumbruch] Dampfſchiffen befördert. Die alte Art und Weiſe
die früher üblich war, daß man barfuß von
Marokko und Algerien, vom Senegal und den
Hauſſa-Ländern oder auch auf Erbſen oder klei-
nen Kieſelchen gehend nach jahrelangem Wan-
dern die heiligen Stätten zu erreichen ſuchte,
dieſe Art und Weiſe hat längſt den viel beque-
mern Dampfſchiffsreiſen weichen müſſen. Freilich
ſagen ſich die Pilger, daß ſie hierbei unendlich
viel an ihrem Verdienſt einbüßen andererſeits
ſind nun aber gerade die Pilger auf den Dampf-
ſchiffen ſo eingepfercht, daß wenigſtens die drei-
fache Zahl von Perſonen eingeſchifft wird, als
das Schiff eigentlich faſſen kann, und dieſe Un-
annehmlichkeit rechnen ſich die Pilger doch auch
als ein Verdienſt an.

Am 5. Juli d. J. ſchrieb ein marokkani-
ſches Blatt: „Man läßt im allgemeinen dreimal
ſo viele Reiſende als Pilger zu, als die Schiffe
für gewöhnlich aufnehmen, andererſeits kehren
alle marokkaniſchen Pilger, welche ihre Rolle
ernſt auffaſſen, nach Marokko zurück, ohne auch
nur ein einziges Mal ihr Hemd gewechſelt zu
haben, das ſie ſeit ihrer Abreiſe trugen, das heißt
ſeit ungefähr ſechs oder acht Monaten. Sie zer-
ſchneiden es bei ihrer Zurückkunft in ganz kleine
Stücke und vertheilen dieſe innerhalb ihrer Fa-
milie, die ſie ſodann als Amulette weiterträgt.
Das, was ſich während der Ueberfahrt ereignet,
iſt noch verhängnißvoller. Dank der Einſchachte-
lung der Pilger können ſich die Capitäne der


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[[2]/0002] ragenden Waffenthat. Es gelang ihm durch kluge Verwendung ſeiner Truppen, trotz der überle- genen Anzahl der feindlichen Truppen, die do- minirende und für das Schickſal des Tages hochwichtige Höhe von Jeſe zu behaupten, die Offenſive der Gegner zu brechen und dieſelben dermaßen zu werfen, daß ſich die feindlichen Bataillone in völliger Unordnung über den Tione zurückziehen mußten. Auch an der Er- ſtürmung von Santa Lucia nahmen Bauers Truppen rühmlichen Antheil. Bauers Verdienſte in der Schlacht von Cuſtozza wurden durch Verleihung des Ritterkreuzes des Leopold- Ordens mit der Kriegsdecoration anerkannt. 1868 wurde Oberſt Bauer zum Generalmajor ernannt, und als ſolcher fungirte er im Jahre 1873 als Leiter der Uebungen im Bruckner Lager. Im October desſelben Jahres wurde ihm das Commando der 2. Truppen-Diviſion übertragen, und dieſer Betrauung folgte im Mai 1874 ſeine Ernennung zum Feldmarſchall-Lieutenant. FML. Bauer wurde noch im Herbſte 1874 Commandant des Stabsofficiers-Curſes, und zwei Jahre ſpäter wurde ihm die Oberleitung der Schützenſchule im Brucker Lager übergeben. Im Jahre 1881 ward FML. Bauer zum Feldzeugmeiſter ernannt und ein Jahr ſpäter erfolgte ſeine Berufung auf den Poſten des commandirenden Generals in Wien, auf welchem Freiherr von Maroicsics ſein Vorgänger war. Am 18. März 1888 erfolgte ſeine Ernennung zum Reichskriegsminiſter. Die Winiſteranklage in Serbien. Olmütz, 24. Juli. Bevor Serbien eine Verfaſſung gehabt und der Fürſt des Landes den Titel König geführt hat, war es die Rivalität der Häuſer Obrenowitſch und Karageorgjewitſch, die das Land nicht zur Ruhe kommen ließ. Aufruhr und Mord waren das Vorrecht der abwechſelnd ihr Recht von Gottes Gnaden verkündeten Höchſtgeborenen, und dieſen zuliebe ſchnitten die guten Unterthanen ein- ander die Hälſe ab. Als Milan, nachdem ſein Oheim Michael ermordet worden, den ſerbiſchen Thron beſtieg, zunächſt unter Vormundſchaft, war der politiſche Meinungskampf in Serbien ſchon ziemlich entwickelt und das Verlangen nach einer freiſinnigen Verfaſſung äußerte ſich lebhaft. Milan war ein eitler und hoffärtiger junger Mann, der nach erlangter Großjährigkeit ein übermüthiges Spiel mit den Parteien als Sport betrieben, bei ſeiner Abdankung 1889 aber dem Lande eine radicale Verfaſſung hinterlaſſen hat, für welche den Serben die Reiſe fehlte. Milan hat geglaubt, den Thron ſeines Sohnes am ſicherſten zu ſchützen, indem er dem radicalen Miniſterium liberale Regenten auf die Naſe ſetzte; er nahm an, daß die beiden Gewalten in ihrem Zuſammenwirken ſich nützlich machen und in ihren Gegenſätzen einander aufheben würden, ſo daß keine der Krone gefährlich würde. Der radicalen Partei, der ſtärkſten im Lande, hat Milan Vertrauen bewieſen, obwohl ſie 1883 einen Aufſtand verſucht hat, niedergeworfen und einiger ihrer Häupter beraubt worden iſt. Aber die Rebellion iſt ſo ſchwächlich geweſen und ſo leicht erſtickt worden, daß ſie dauerndes Miß- trauen und Befürchtungen zu erregen kaum ge- eignet erſchien, zumal da die Partei zu jener Erhebung durch viele Kränkungen gereizt war, während ſie 1889 durch die Verfaſſung und durch die Berufung der Miniſter aus ihrer Mitte ihre Wünſche erfüllt ſah. Aber bald traten Reibungen zwiſchen den Regenten und den Miniſtern ein, und den offenen Conflict führte nach dem Tode des einen der Triumvirn, Proſitſch, die Weige- rung der beiden anderen, die Skupſchtina zur Wahl des Erſatzmannes aufzufordern, herbei. Riſtitſch und Belimarkowitſch wollten dieſen An- trag nicht bei der radicalen Kammer, ſondern bei der nach dem Ablaufe der Seſſion neu zu wäh- lenden Kammer ſtellen, welche, wie ſie hofften, eine andere Mehrheit aufweiſen würde. Dieſe Verzögerung widerſprach der Anordnung der Ver- faſſung. Als das Miniſterium Paſitſch, der Win- kelzüge der Regenten müde, mit ſeinem Rücktritte drohte, wurde dieſer zu ſeiner Ueberraſchung ſo- fort angenommen. Die Regenten beriefen ein Miniſterium ihrer Partei, und bei den Neu- wahlen zur Skupſchtina, welche daſſelbe leitete, ſind viele Ausſchreitungen ärgſter Art, Wahlfäl- ſchung, Freiheitsentziehung, Todtſchlag und Mord begangen worden. Gegen das liberale Miniſte- tium Avakumovitſch, welches bis zum Staats- ſtreiche des Königs Alexander am 13. April d. J. im Amte geweſen, iſt von der neugewählten radi- calen Kammer die Anklage vor dem Staats- gerichtshof wegen jener Verfaſſungsverletzung und wegen der bei den Wahlen vorgekommenen Ge- waltthaten und anderen Ungeſetzlichkeiten beſchloſſen worden. Die Einleitung des Verfahrens erfolgt durch eine Commiſſion, welche die Kammer aus ihrer Mitte einſetzt. In der Sitzung am Mittwoch iſt auch der Antrag auf Verbannung der beiden ehemaligen Regenten aus Serbien geſtellt worden. Haß und Rachedurſt ſind bei den Verhandlungen in wil- deſter Weiſe hervorgetreten, ſo daß der Ausruf eines der beſchuldigten Miniſter, er fühle ſich gegenüber dem „Nationalconvent“ (1793) und es ſei nur gut, daß der Weg vom Capitol zum tarpejiſchen Felſen nicht weit ſei, erklärlich iſt. Kein Mittel wurde geſcheut, um die Leidenſchaft der Bauern in der Kammer zu erhitzen, ſo iſt ein blutbeflecktes und von Kugeln durchlöchertes Actenſtück herumgereicht worden, welches angeblich ein Radicaler in der Hand gehalten hat, als der von den Liberalen gedungene Mörder ihn meuchleriſch niederſtreckte. Anſcheinend gehört nur die Zögerung der Miniſter mit der Herbeiführung der Erſatzwahl für Proſitſch vor den Staatsgerichtshof, und bei dieſem Punkte fragt es ſich, ob den Angeſchuldigten nicht der Staatsſtreich des Königs zugute kommt, welcher ſie verhindert hat, das Verſäumte nach- zuholen. Daß die Miniſter die Gewaltthaten gegen Perſonen veranlaßt haben, iſt ſehr un- wahrſcheinlich. In Serbien geht keine Wahl ohne Mord und Todtſchlag ab. Gerade die radicalen Bauern ſtehen wegen ihrer Brutalität im ſchlimm- ſten Rufe. Wäre aber ein Miniſter in einem beſtimmten Falle verdächtig, der Anſtifter einer Gewaltthat zu ſein, ſo muß er vor den ordent- lichen Richter geſtellt werden, denn es macht keinen Unterſchied, ob das Motiv zu einem Morde mit der Politik zuſammenhängt und ob der Anſtifter des Verbrechens Miniſter war. Die Radicalen ſollten nicht durch Thaten der Rache die Saat neuer Racht auswerfen. Der „Convent“ wird bei der Miniſteranklage vielleicht nicht ſtehen bleiben, ſondern neue Opfer ſuchen. Der Eifer, mit welchem Garaſchanin, der Führer der Fortſchrittspartei, ſich gegen die Anklage er- klärt hat, ſcheint ſeiner Ahnung, daß auch an ihn die Reihe kommen kann, zu entſtammen. Garaſchanin trägt die Verantwortung für den Krieg mit Bulgarien, und die Niederlage bei Sliwnitza 1885. Auch Chriſtic, der Miniſter, welcher 1883 über die beſiegten Radicalen ſtrenges Gericht gehalten hat, mag gegenwärtig etwas unruhig ſein. Und der junge König wird bald gewahren, daß in der Kammer republikaniſche Tendenzen ſtark vertreten ſind neben der Sym- pathie für den Prinzen Peter Karageorgjewitſch, den Schwiegerſohn des Fürſten von Montenegro und Schwager eines ruſſiſchen Thronfürſten. Jetzt fehlt nur noch, daß Milan und Natalie nach Belgrad kommen, um das Schickſal ihres Sohnes zu beſiegeln. Das „Wiener Fremdenblatt“ ſagt über die Vorgänge in Serbien, nirgend ſeien die politiſchen Rekriminationen gefährlicher, als in einem Staate wie Serbien, wo ſich die Syſteme und Gewalten ſo raſch abnützen und ablöſen und wo dieſe politiſchen Wandlungen einen ſo ſtarken Einfluß auf das ganze innere Leben des Landes, auf Behörden und Beamtenſchaft ausüben. Wie viel von koſtbarer Volkskraft werde in dieſem leiden- ſchaftlichen und unfruchtbaren Kampfe aufgerieben, anſtatt daß ſie dienſtbar gemacht würde dem wirklichen Wohle der Nation. Politiſche Nachrichten. (Clericale Hetze gegen einen Bezirks- hauptmann.) Die clericale Preſſe iſt ſelbſtver- ſtändlich von der Enthüllung des Haſner-Denk- mals und den dabei gehaltenen Reden nicht ſehr erbaut. Man kann dieß auch von ihr nicht ver- langen, und würde ſie ſich auf eine Kritik dieſer Reden im allgemeinen beſchränken, ſo ließe ſich licherweiſe widerſetzt ſich der Geiſt des Islams dieſen Vorbeugungsmaßregeln. „Inſchallah“ und „Kismet“ (wenns Gott gefällt und Schickſals Wille) wird an die Stelle von Vorbeugung und Sorgfalt geſetzt, und in Mekka, dem Haupt- quartier des Glaubens, wird eine troſtloſe Cho- leraſeuche vorgezogen dem Schlag ins Antlitz der Vorſehung ſowie der Thorheit unausbleibliche Be- ſtimmungen Gottes abwenden zu wollen.“ So ſpricht der ſehr gewiſſenhafte engliſche Reiſende Burton, der die Stätten des Glaubens und Fanatismus Mekka und Medina aus eige- ner Anſchauung ſchildert, und ebenſo urtheilt der deutſche Reiſende v. Maltzan, der Mekka im Anfang der 60er Jahre beſuchte: „Einige zehn- tauſend Pilger, von denen jedoch nur etwa der dritte Theil Hämmel vor ſich hatten, ſtanden auf einem freien, unebenen, ſteinigen Felde nahe bei Menaa (das engliſche Muna.) Der Kadi von Mekka, der an der Spitze dieſer Pilgerſchaaren ſtand, hatte gleichfalls einen Hammel vor ſich, der über und über bunt bemalt war. Nach einem kurzen Gebet gab dieſer Würdenträger das Signal zum Schlachten, indem er ſeinem Hammel den Kopf in der Richtung nach dem heiligen Hauſe ſtellte und ihm dann die Kehle mit einem krum- men Meſſer durchſchnitt. Seínem Beiſpiel folg- ten alle diejenigen Pilger, welche der theuren Preiſe ungeachtet Hämmel gekauft hatten. Auf einmal ſanken über dreitauſend Opfer auf den Boden, der ſich plötzlich in ein wahres Blutmeer verwandelte, ein Anblik, der mich ſo anekelte, daß ich ihn ſchnell mit Sſadan floh, um nach Mekka zurückkehren, während wir Haſſan, Sſadans Sohn, bei meinen beiden, von ihm und ſeinem Vater eben geſchlachteten Hämmeln mit der An- weiſung zurückließen, dieſelben zu waſchen und Abends nach Mekka zu bringen, wo ſie im Hauſe Hamdans feierlich verzehrt werden ſollten.“ Man erſieht aus den Worten Maltzans, daß es ſich nicht eigentlich um ein Opfer handelt, ſondern um eine Maſſenſchlächterei; denn alle Thiere werden — und das iſt ſtets die Hauptſache bei den Mohamedanern — immer verſpeiſt. Man kann nun über dieſe Maſſenabſchläch- terei denken wie man will, aber das wird kein vernünftiger Menſch leugnen, daß dieſe Anſamm- lung von Blut im höchſten Grade gefährlich iſt. Es entwickeln ſich daher auch alljährlich die ſchlimmſten Krankheiten aus dieſen Zuſtänden, und je nach der Jahreszeit ſind ſie gefährlicher. Die Mohamedaner haben bekanntlich Mondjahre, ſo daß ihre Monate ſtets wechſeln. Da nun der Diul-Hadi, der Monat iſt, in welchem der große Pilgerzug gemacht werden muß, und dieſer in den Sommer fällt, ſo kann man ſich denken, wie entſetzlich ein ſolches Blutbad in der heißeſten Jahreszeit wirken muß. Dazu kommt die un- vorſichtige Art und Weiſe, wie dieſe Pilger nach Mekka hin und von dort zurückgebracht werden. Der bei weitem größte Theil derſelben wird heute durch die Engländer und Franzoſen auf Dampfſchiffen befördert. Die alte Art und Weiſe die früher üblich war, daß man barfuß von Marokko und Algerien, vom Senegal und den Hauſſa-Ländern oder auch auf Erbſen oder klei- nen Kieſelchen gehend nach jahrelangem Wan- dern die heiligen Stätten zu erreichen ſuchte, dieſe Art und Weiſe hat längſt den viel beque- mern Dampfſchiffsreiſen weichen müſſen. Freilich ſagen ſich die Pilger, daß ſie hierbei unendlich viel an ihrem Verdienſt einbüßen andererſeits ſind nun aber gerade die Pilger auf den Dampf- ſchiffen ſo eingepfercht, daß wenigſtens die drei- fache Zahl von Perſonen eingeſchifft wird, als das Schiff eigentlich faſſen kann, und dieſe Un- annehmlichkeit rechnen ſich die Pilger doch auch als ein Verdienſt an. Am 5. Juli d. J. ſchrieb ein marokkani- ſches Blatt: „Man läßt im allgemeinen dreimal ſo viele Reiſende als Pilger zu, als die Schiffe für gewöhnlich aufnehmen, andererſeits kehren alle marokkaniſchen Pilger, welche ihre Rolle ernſt auffaſſen, nach Marokko zurück, ohne auch nur ein einziges Mal ihr Hemd gewechſelt zu haben, das ſie ſeit ihrer Abreiſe trugen, das heißt ſeit ungefähr ſechs oder acht Monaten. Sie zer- ſchneiden es bei ihrer Zurückkunft in ganz kleine Stücke und vertheilen dieſe innerhalb ihrer Fa- milie, die ſie ſodann als Amulette weiterträgt. Das, was ſich während der Ueberfahrt ereignet, iſt noch verhängnißvoller. Dank der Einſchachte- lung der Pilger können ſich die Capitäne der

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 166, Olmütz, 24.07.1893, S. [2]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches166_1893/2>, abgerufen am 28.03.2024.