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Mährisches Tagblatt. Nr. 17, Olmütz, 21.01.1889.

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[Spaltenumbruch]

dem Patente Wlcek ausgeführten Kasten befindet
sich ein Täfelchen, links oben, worauf die Stunde
angegeben ist, wann die nächste Abholung der
Briefe erfolgt. Wann werden wir endlich auch
in Olmütz solche Briefsammelkasten erhalten, deren
Anschaffung hier eine so große Nothwendigkeit
wie in Brünn wäre? In Olmütz ist obendrein
auf allen Briefkästen dieselbe Aushebezeit bezeichnet,
so daß man niemals weiß, ob die Aushebung
der Briefe bereits stattgefunden hat oder nicht.

(Bestellung von Fahrbetriebsmitteln.)

Die Verwaltung der Ferdinands-Nordbahn hat
die Nachschaffung von sechs Personenzugs- und
vierzehn Lastzugs-Locomotiven beschlossen.

(Trauung.)

Heute Vormittags 10 Uhr fand
in der S[t]. Mauritzkirche die Trauung des Herrn
k. k. Steueramtsadjuncten Josef Kucera mit
Frl. Jenny Groh, Tochter des Herrn kaiserl.
Rathes Dr. Franz Groh statt.

(Ein seltsamer Gast)

besuchte kürzlich meh-
rere hiesige Restaurationen und Gasthäuser. Der-
selbe erschien in dies[e]n Localitäten stets zu einer
Zeit, wo wenig Gäste anwesend waren und ver-
langte, noch ehe er etwas zum Trinken und Essen
angeschafft hat[t]e, mehrere Wiener Blätter zur
Lectüre. Brachte ihm der "Spukerl" die im Lo-
cale anwesenden Wiener Blätter, so wies er die-
selben brüsk zurück und verlangte ein seit Neu-
jahr in Wien erscheinendes antisemitisches Volks-
blatt, widrigens er ohne etwas zu zehren, das
Locale verlasse. Nachdem das betreffende Blatt
nicht vorhanden war, so verduftete der antis[e]mi-
tische Parteigänger sofort aus der betreffenden
Restauration. Wie wir erfahren, soll der betref-
fende Herr von Olmütz hungrig und durstig ge-
schieden sein, nachdem das erwähnte antisemitische
Blatt in keinen einzigen Locale anzutreffen war.

(Ein Dementi des Arztes Zawadil.)

Vor
Kurzem verbreitete sich hier das Gerücht, daß
aus Anlaß der strafgerichtlichen Untersuchung gegen
Josef Chyba, der gleichzeitig mit dem Vilimauer
Arzte Zawadil sich in Untersuchungshaft befand,
das Strafverfahren gegen Letzteren wieder auf-
genommen wurde, weil er dem Ersteren während
der Untersuchung 1000 fl. für eine Mittheilung,
die an seine -- des Zawadil -- Angehörige ge-
langen sollte, gegeben habe. Ein tschechisches Blatt
hatte von diesem Gerüchte Notiz genommen. Herr
Zawadil berichtigt nun diese Notiz, indem er
mittheilt, daß es unwahr sei, daß das Straf-
verfahren gegen ihn wieder aufgenommen wurde.

(Rangserhöhung.)

Die Professoren des
Troppauer Staatsgymnasiums, die Herren Augustin
Glembek, Alois Baierle und Franz Wanick wur-
den in die VIII. Rangsclasse erhoben.

(Zum Eisenbahn-Attentate bei Gruß-
bach.)

Dem Gendarmerie-Wachtmeister Josef Sticha,
welcher, wie bekannt, durch seine Geistesgegenwart
und Unerschrockenheit am 4. December das
Eisenbahn-Attentat bei Grußbach vereitelt hatte,
wurde, wie schon gemeldet, von der Verwaltung der
[Spaltenumbruch] Oesterreichisch-ungarischen Staatseisenbahn-Gesellschaft
ein Geschenk von 3000 fl. zugedacht. Dieses Geschenk,
welches durch Spenden von einigen Privaten auf
5000 fl. erhöht wurde, wird nun, da ihm in Folge
seines Standes die Annahme eines solchen nicht zu-
steht, für die Kinder des wackeren Gendarmerie-
Wachtmeisters in der Sparcassa angelegt werden.

(Das Schießen am heil. Abende.)

In
einzelnen Gemeinden Mährens besteht noch die
Unsitte den Weihnachtsabend durch Abfeuern von
Schüssen zu verherrlichen. Wie leicht dabei Un-
glücksfälle vorkommen können, zeigte sich am letz-
ten Weihnachtsabend in der Gemeinde Großla-
tein, wo durch dieses Schießen ein Taglöhner
derart am Fuße verletzt wurde, daß er mehrere
Wochen darniederlag. Die Behörden sollten der-
artigen sicherheitsgefährlichen Gewohnheiten strenge
entgegentreten.

(Schlesischer Gewerbetag.)

Der Berband
gewerblicher Genossenschaften in Schlesien beab-
sichtigt heuer einen schlesischen Gewerbetag einzu-
berufen, der voraussichtlich in Troppau stattfin-
den dürfte.

(Berein der Brünner Schafwoll-Indu-
striellen.)

Der Verein der Schafwoll-Industriellen
in Brünn beschloß jetzt zum neuen Krankenver-
sicherungsgesetz noch nicht Stellung zu nehmen
und vo[r]erst die Beschlüsse der für mehr als
10.000 Arbeiter bestehenden Centralarbeiter-
Krankencasse der Schafwollfabriken und Lohn-
etablissements in Brünn abzuwarten.

(Fund.)

Am 16. d. M, fand ein hiesiges
Fräulein am Niederringe einen goldenen Siegelring
und kann derselbe vom Verlustträger beim städt.
Polizeiamte behoben werden.

(Wetter.)

Die Zunahme des Luftdruckes dauert
in ganz Mittel-E[u]ropa an, die Vertheilung der Baro-
meterstände wird jedoch eine sehr gleichmäßige; die
Winde sind allgemein nur sehr schwach, unbestimmter
Richtung; der Himmel ist größtentheils bewölkt, die
Temperatur nur wenig verändert. Aus Galizien wird
sehr schwacher Schneefall gemeldet, sonst fanden keine
Niederschläge statt. Bei Triest und Pola ist das Meer
mäßig bewegt. Die Prognose für die nächste Zeit
lautet: Schwache nördliche Winde, leicht bewölkt,
mäßiges Frostwetter anhaltend.

(Das Costümfest des Olmützer Eislauf-
vereines)

lockte gestern Abends eine nach Hun-
derten zählende Menge auf den festlich geschmück-
ten Eislaufplatz vor dem ehemaligen Littauer-
Thore. Wie ein Alp fi[e]l es von der bedrängten
Brust der Eisfest-Arrangeure, als der schöne
Wintertag einen nicht minder prächtigen Abend
im Gefolge hatte und als sich die spiegelglatte,
magisch beleuchtete Eisfläche bald nach 7 Uhr
Abends mit flotten Eisläufern und schmucken
Läuferinnen füllte. Zahlreiche prächtige und ge-
schmackvolle Costüme tummelten sich auf dem
Eise und das trunkene Auge suchte vergeblich
nach einem Fixpunkte, um darauf haften zu
bleiben. Auch unsere Nachbarstädte betheiligten sich
[Spaltenumbruch] an dem Feste und entsendeten namentlich reizende
Vertreterinnen des weiblichen Geschlechtes, die
sich mit solch' graciöser Sicherheit auf den
Naturparquetten bewegten, daß man gerne ihren
Spuren folgte. Als besonders elegante Kunst-
fahrer präsentirten sich die uns schon aus dem
Vorjahre bekannten Herren aus Troppau, deren
ebenmäßig schöne Bewegungen allgemein bewun-
dert wurden. Eingefunden zu dem Feste hatten
sich ferner eine originell costümirte böhmische
Musikcapelle aus Bystritz a. H., welche nicht min-
der originelle Musikprogramme ausgab, die 7
Schwaben in zweifacher Ausgabe, wunderhübsch
costümirte Täubchen aus Littau, picante italie-
nische Fischerinen, eine Gruppe von Pierrots und
Pieretten, eine allerliebste Bebe-Gruppe, ein
Gschnas. Cheruskerfürst, vorzüglich costümirt, eine ur-
komische "Gigerl-Gruppe", reizende Amazonen und
Bretzel-Verkäuferinnen, ein Originalstruwelpeter etc.
Reges und buntes Leben herrschte auf dem Eise,
dessen Geister plötzlich entfesselt schienen, als nach
Vorführung des stattlichen Festzuges, an welchem
wohl an 100 Paare theilgenommen haben, die feen-
hafte Beleuchtung der magisch-schönen Eiskrystall-
grotte das Auge des Beschauers mit seltenem Reize
bestrickte. Wie ein Zauberpalast glitzerte der künstle-
risch geschaffene Eisberg in rasch wechselnden Farben,
ein Bild, das seinesgleichen sucht und dessen
Originalität durch das inzwischen abgebrannte
intensive Feuerwerk noch eigenartiger zur Geltung
kam. Wir kehrten dem schönen Schauspiele fast
schon schlaftrunken den Rücken, und noch wogte
die belebte Menge der Eisfläche entlang und
huldigte solcher Art dem noch ungetauften Gotte
des Eises. Mit Genugthuung dürfen die Arran-
geure, unter ihnen in erster Linie Herrn Wilh.
Mathes auf ihre wolgelungene Arbeit blicken und
in dem schönen Erfolge den besten Dank aber
auch einen neuen Sporn für künftige Thaten
erblicken. Noch sei erwähnt, daß die Anlage
des "Vesuv" und der wunderbaren Grotte Herr
Baumeister V[i]ctor Mader in freundlicher Weise
übernommen hatte und seine Aufgabe, wie sich
alle Festbesucher überzeugen konnten, in trefflicher
Weise löste. Volle Anerkennung sei dem wackeren
Künstler zu Theil.

(Theaternachrichten.)

Die "Liliputaner"
werden, wie uns deren Impresario mittheilt, an
drei Tagen, Freitag, Sonnabend und Sonntag
unsere Bühne occupiren. Unter den kleinen Men-
schen, die wir an diesen Abenden auf unserer
Bühne sehen werden, befinden sich einige, die
recht große Künstler sind, die mit Verve und
Würde spielen und dabei ebenso drollig als in-
teressant sind. Eben jetzt gastiren sie in Graz
vor stets ausverkauften Häusern. Die Gesell-
schaft besteht aus neun Köpfen, deren nähere Cha-
racterisirung wir morgen unseren Lesern bieten.

(Vom Theater.)

Das Lustspiel findet un-
ter allen Arten dramatischer Erzeugnissen auf un-




[Spaltenumbruch]

Der Ueberzeugung nach, der Berechnung sei-
nes Verstandes zufolge, mußte Frau v. Wilde-
nau, wenn nicht die Thäterin, so doch die indi-
recte Urheberin des Brandes gewesen sein; er
begründete diese Ueberzeugung aus dem Umstand,
daß sie unausgesetzt ihrem Luxus und ihrem Pracht-
leben fröhnte, obgleich ihr Ruin vor der Thür
war; die Summen, welche die Versicherungen
ausgezahlt haben würden, hätten ihr vorzüglich
zur Wiederaufrichtung ihres Etats ihre Dienste
geliehen.

So klang die Stimme des Berufsmenschen
in ihm. Es war seine Pflicht, nur dieser Stimme
Rechnung zu tragen; und dennoch hörte er --
und er hörte auf ihn nicht ungern -- noch einen
anderen Ton, der jene Stimme übertönte, der sie,
ob ihr gleich der Schein des Rechtes zur Seite
stand, Lügen zu strafen schien.

Dies war die Sprache des Gefühls in ihm.
Vielleicht war es nur eine Schwäche, die sich die-
ses. Namens anmaßte; er hatte der Baronin
Jahre lang als Freund zur Seite gestanden und
als solcher ihren Aeußerungen, ihren Mienen,
ihren Worten unbedingt glauben gelernt. Es
war ihm unmöglich, diesen Glauben, den er hei-
lig hielt, von sich zu werfen; er kam sich, sobald
diese Sprache des Gefühls in ihm laut ward,
wie ein Judas vor, der den ausdrücklichen Be-
theuerungen ihrer Unschuld, die sie ihm als Freund
gemacht, schimpflichen Verdacht gegenüber hielt.
[Spaltenumbruch] Und je häufiger d[i]eser Ton klang, desto ergrei-
fender wirkte seine Macht auf ihn; das Gefühl
der Freundschaft siegte über die Stimme des be-
r[e]ch[n]enden Verstandes, er sah alle Möglichkeiten,
nur nicht die eine, daß Frau v. Wildenau eine
Schuldige, eine Verbrecherin war. Er stellte sich
in der Phantasie vor den Juden, er führte sich
dies und jenes Gaunerstückchen vor Augen, er
dachte an einen Act der Rache, doch haltlose Bil-
der, wie sie waren, hielt keins von allen einer
prüfenden Betrachtung Widerstand. Je einge-
hender er sich in diese fruchtlose Bemühung ver-
tiefte, desto mehr grollte er dem Schicksal, wel-
ches gerade ihm diese Affaire zur Bearbeitung
übergeben; er haderte mit sich selbst, daß er, der
doch im Gefühl der Freundschaft den Worten der
Baronin glaubte, nicht das richtige Geleise fand.

Noch eine Möglichkeit gab ihm das Geschick
an die Hand. Fräulein Delorme, die, wie es
den Anschein hatte, wichtigste aller Zeugen, hatte
noch nicht vor ihm gestanden; vielleicht, wenn er
sich auch nur einer geringen Hoffnung hingab,
bewirkte ihre Aussage, daß der Verdacht auf eine
andere Person sich als begründet erwiese und
also der Name, den er schätzte, gereinigt ward.

Herr Martinel seufzte, als er sich, vor sei-
nem Arbeitstisch wieder Platz nehmend, dieser
schwanken Hoffnung ergab. Er schien keine be-
sondere Vorahnung der jungen Dame zu haben,
denn seine Miene war finster, als er nach einer
kurzen Weile die Glocke ertönen ließ.


[Spaltenumbruch]

Mit zusammengekniffenen Lippen, die Stirn
in Falten gezogen, musterte er secundenlang den
Beamten, der in's Zimmer trat. Um elf Uhr
hatte er Raoul und Elly, um halb zwölf Uhr
Marion geladen; er ließ die beiden Ersteren war-
ten, da ihr Verhör nicht viel Gewicht haben
konnte, und beorderte Fräulein Delorme herein.

Marion trat ein. Bebend, mit niedergeschla-
genen Augen, schritt sie, nachdem sie eine kurze
Verneigung gemacht, bis zur Mitte des Zimmers
vor. Der Polizeirath notirte mit Unlust die lei-
chenartige Blässe, die ihre Mienen bedeckte; es
lag etwas Finsteres in seinem Ton, als er, auf
einen Stuhl deutend, sagte: "Nehmen Sie Platz,
Fräulein Delorme."

Marion setzte sich; ohne den Blick zu erhe-
ben, erwartete sie, augenscheinlich befangen, das
nun Kommende. Der Polizeirath fixirte sie ohne
Unterlaß; er schien nicht besonderes Wohlgefallen
an der Angst zu haben, die sie zur Schau trug.

"Wie heißen Sie?" fragte er endlich mit
derselben Finsterkeit im Ton, wie vordem.

"Marion Eveline Delorme."

"Und wo sind Sie geboren?"

"In Antwerpen."

"Und wie alt sind Sie?"

"In zwei Monaten neunzehn Jahre."

"Und seit wann haben Sie ihre Heimath
verlassen?

(Fortsetzung folgt.)


[Spaltenumbruch]

dem Patente Wlček ausgeführten Kaſten befindet
ſich ein Täfelchen, links oben, worauf die Stunde
angegeben iſt, wann die nächſte Abholung der
Briefe erfolgt. Wann werden wir endlich auch
in Olmütz ſolche Briefſammelkaſten erhalten, deren
Anſchaffung hier eine ſo große Nothwendigkeit
wie in Brünn wäre? In Olmütz iſt obendrein
auf allen Briefkäſten dieſelbe Aushebezeit bezeichnet,
ſo daß man niemals weiß, ob die Aushebung
der Briefe bereits ſtattgefunden hat oder nicht.

(Beſtellung von Fahrbetriebsmitteln.)

Die Verwaltung der Ferdinands-Nordbahn hat
die Nachſchaffung von ſechs Perſonenzugs- und
vierzehn Laſtzugs-Locomotiven beſchloſſen.

(Trauung.)

Heute Vormittags 10 Uhr fand
in der S[t]. Mauritzkirche die Trauung des Herrn
k. k. Steueramtsadjuncten Joſef Kučera mit
Frl. Jenny Groh, Tochter des Herrn kaiſerl.
Rathes Dr. Franz Groh ſtatt.

(Ein ſeltſamer Gaſt)

beſuchte kürzlich meh-
rere hieſige Reſtaurationen und Gaſthäuſer. Der-
ſelbe erſchien in dieſ[e]n Localitäten ſtets zu einer
Zeit, wo wenig Gäſte anweſend waren und ver-
langte, noch ehe er etwas zum Trinken und Eſſen
angeſchafft hat[t]e, mehrere Wiener Blätter zur
Lectüre. Brachte ihm der „Spukerl“ die im Lo-
cale anweſenden Wiener Blätter, ſo wies er die-
ſelben brüsk zurück und verlangte ein ſeit Neu-
jahr in Wien erſcheinendes antiſemitiſches Volks-
blatt, widrigens er ohne etwas zu zehren, das
Locale verlaſſe. Nachdem das betreffende Blatt
nicht vorhanden war, ſo verduftete der antiſ[e]mi-
tiſche Parteigänger ſofort aus der betreffenden
Reſtauration. Wie wir erfahren, ſoll der betref-
fende Herr von Olmütz hungrig und durſtig ge-
ſchieden ſein, nachdem das erwähnte antiſemitiſche
Blatt in keinen einzigen Locale anzutreffen war.

(Ein Dementi des Arztes Zawadil.)

Vor
Kurzem verbreitete ſich hier das Gerücht, daß
aus Anlaß der ſtrafgerichtlichen Unterſuchung gegen
Joſef Chyba, der gleichzeitig mit dem Vilimauer
Arzte Zawadil ſich in Unterſuchungshaft befand,
das Strafverfahren gegen Letzteren wieder auf-
genommen wurde, weil er dem Erſteren während
der Unterſuchung 1000 fl. für eine Mittheilung,
die an ſeine — des Zawadil — Angehörige ge-
langen ſollte, gegeben habe. Ein tſchechiſches Blatt
hatte von dieſem Gerüchte Notiz genommen. Herr
Zawadil berichtigt nun dieſe Notiz, indem er
mittheilt, daß es unwahr ſei, daß das Straf-
verfahren gegen ihn wieder aufgenommen wurde.

(Rangserhöhung.)

Die Profeſſoren des
Troppauer Staatsgymnaſiums, die Herren Auguſtin
Glembek, Alois Baierle und Franz Wanick wur-
den in die VIII. Rangsclaſſe erhoben.

(Zum Eiſenbahn-Attentate bei Gruß-
bach.)

Dem Gendarmerie-Wachtmeiſter Joſef Sticha,
welcher, wie bekannt, durch ſeine Geiſtesgegenwart
und Unerſchrockenheit am 4. December das
Eiſenbahn-Attentat bei Grußbach vereitelt hatte,
wurde, wie ſchon gemeldet, von der Verwaltung der
[Spaltenumbruch] Oeſterreichiſch-ungariſchen Staatseiſenbahn-Geſellſchaft
ein Geſchenk von 3000 fl. zugedacht. Dieſes Geſchenk,
welches durch Spenden von einigen Privaten auf
5000 fl. erhöht wurde, wird nun, da ihm in Folge
ſeines Standes die Annahme eines ſolchen nicht zu-
ſteht, für die Kinder des wackeren Gendarmerie-
Wachtmeiſters in der Sparcaſſa angelegt werden.

(Das Schießen am heil. Abende.)

In
einzelnen Gemeinden Mährens beſteht noch die
Unſitte den Weihnachtsabend durch Abfeuern von
Schüſſen zu verherrlichen. Wie leicht dabei Un-
glücksfälle vorkommen können, zeigte ſich am letz-
ten Weihnachtsabend in der Gemeinde Großla-
tein, wo durch dieſes Schießen ein Taglöhner
derart am Fuße verletzt wurde, daß er mehrere
Wochen darniederlag. Die Behörden ſollten der-
artigen ſicherheitsgefährlichen Gewohnheiten ſtrenge
entgegentreten.

(Schleſiſcher Gewerbetag.)

Der Berband
gewerblicher Genoſſenſchaften in Schleſien beab-
ſichtigt heuer einen ſchleſiſchen Gewerbetag einzu-
berufen, der vorausſichtlich in Troppau ſtattfin-
den dürfte.

(Berein der Brünner Schafwoll-Indu-
ſtriellen.)

Der Verein der Schafwoll-Induſtriellen
in Brünn beſchloß jetzt zum neuen Krankenver-
ſicherungsgeſetz noch nicht Stellung zu nehmen
und vo[r]erſt die Beſchlüſſe der für mehr als
10.000 Arbeiter beſtehenden Centralarbeiter-
Krankencaſſe der Schafwollfabriken und Lohn-
etabliſſements in Brünn abzuwarten.

(Fund.)

Am 16. d. M, fand ein hieſiges
Fräulein am Niederringe einen goldenen Siegelring
und kann derſelbe vom Verluſtträger beim ſtädt.
Polizeiamte behoben werden.

(Wetter.)

Die Zunahme des Luftdruckes dauert
in ganz Mittel-E[u]ropa an, die Vertheilung der Baro-
meterſtände wird jedoch eine ſehr gleichmäßige; die
Winde ſind allgemein nur ſehr ſchwach, unbeſtimmter
Richtung; der Himmel iſt größtentheils bewölkt, die
Temperatur nur wenig verändert. Aus Galizien wird
ſehr ſchwacher Schneefall gemeldet, ſonſt fanden keine
Niederſchläge ſtatt. Bei Trieſt und Pola iſt das Meer
mäßig bewegt. Die Prognoſe für die nächſte Zeit
lautet: Schwache nördliche Winde, leicht bewölkt,
mäßiges Froſtwetter anhaltend.

(Das Coſtümfeſt des Olmützer Eislauf-
vereines)

lockte geſtern Abends eine nach Hun-
derten zählende Menge auf den feſtlich geſchmück-
ten Eislaufplatz vor dem ehemaligen Littauer-
Thore. Wie ein Alp fi[e]l es von der bedrängten
Bruſt der Eisfeſt-Arrangeure, als der ſchöne
Wintertag einen nicht minder prächtigen Abend
im Gefolge hatte und als ſich die ſpiegelglatte,
magiſch beleuchtete Eisfläche bald nach 7 Uhr
Abends mit flotten Eisläufern und ſchmucken
Läuferinnen füllte. Zahlreiche prächtige und ge-
ſchmackvolle Coſtüme tummelten ſich auf dem
Eiſe und das trunkene Auge ſuchte vergeblich
nach einem Fixpunkte, um darauf haften zu
bleiben. Auch unſere Nachbarſtädte betheiligten ſich
[Spaltenumbruch] an dem Feſte und entſendeten namentlich reizende
Vertreterinnen des weiblichen Geſchlechtes, die
ſich mit ſolch’ graciöſer Sicherheit auf den
Naturparquetten bewegten, daß man gerne ihren
Spuren folgte. Als beſonders elegante Kunſt-
fahrer präſentirten ſich die uns ſchon aus dem
Vorjahre bekannten Herren aus Troppau, deren
ebenmäßig ſchöne Bewegungen allgemein bewun-
dert wurden. Eingefunden zu dem Feſte hatten
ſich ferner eine originell coſtümirte böhmiſche
Muſikcapelle aus Byſtritz a. H., welche nicht min-
der originelle Muſikprogramme ausgab, die 7
Schwaben in zweifacher Ausgabe, wunderhübſch
coſtümirte Täubchen aus Littau, picante italie-
niſche Fiſcherinen, eine Gruppe von Pierrots und
Pieretten, eine allerliebſte Bebé-Gruppe, ein
Gſchnas. Cheruskerfürſt, vorzüglich coſtümirt, eine ur-
komiſche „Gigerl-Gruppe“, reizende Amazonen und
Bretzel-Verkäuferinnen, ein Originalſtruwelpeter ꝛc.
Reges und buntes Leben herrſchte auf dem Eiſe,
deſſen Geiſter plötzlich entfeſſelt ſchienen, als nach
Vorführung des ſtattlichen Feſtzuges, an welchem
wohl an 100 Paare theilgenommen haben, die feen-
hafte Beleuchtung der magiſch-ſchönen Eiskryſtall-
grotte das Auge des Beſchauers mit ſeltenem Reize
beſtrickte. Wie ein Zauberpalaſt glitzerte der künſtle-
riſch geſchaffene Eisberg in raſch wechſelnden Farben,
ein Bild, das ſeinesgleichen ſucht und deſſen
Originalität durch das inzwiſchen abgebrannte
intenſive Feuerwerk noch eigenartiger zur Geltung
kam. Wir kehrten dem ſchönen Schauſpiele faſt
ſchon ſchlaftrunken den Rücken, und noch wogte
die belebte Menge der Eisfläche entlang und
huldigte ſolcher Art dem noch ungetauften Gotte
des Eiſes. Mit Genugthuung dürfen die Arran-
geure, unter ihnen in erſter Linie Herrn Wilh.
Mathes auf ihre wolgelungene Arbeit blicken und
in dem ſchönen Erfolge den beſten Dank aber
auch einen neuen Sporn für künftige Thaten
erblicken. Noch ſei erwähnt, daß die Anlage
des „Veſuv“ und der wunderbaren Grotte Herr
Baumeiſter V[i]ctor Mader in freundlicher Weiſe
übernommen hatte und ſeine Aufgabe, wie ſich
alle Feſtbeſucher überzeugen konnten, in trefflicher
Weiſe löſte. Volle Anerkennung ſei dem wackeren
Künſtler zu Theil.

(Theaternachrichten.)

Die „Liliputaner“
werden, wie uns deren Impreſario mittheilt, an
drei Tagen, Freitag, Sonnabend und Sonntag
unſere Bühne occupiren. Unter den kleinen Men-
ſchen, die wir an dieſen Abenden auf unſerer
Bühne ſehen werden, befinden ſich einige, die
recht große Künſtler ſind, die mit Verve und
Würde ſpielen und dabei ebenſo drollig als in-
tereſſant ſind. Eben jetzt gaſtiren ſie in Graz
vor ſtets ausverkauften Häuſern. Die Geſell-
ſchaft beſteht aus neun Köpfen, deren nähere Cha-
racteriſirung wir morgen unſeren Leſern bieten.

(Vom Theater.)

Das Luſtſpiel findet un-
ter allen Arten dramatiſcher Erzeugniſſen auf un-




[Spaltenumbruch]

Der Ueberzeugung nach, der Berechnung ſei-
nes Verſtandes zufolge, mußte Frau v. Wilde-
nau, wenn nicht die Thäterin, ſo doch die indi-
recte Urheberin des Brandes geweſen ſein; er
begründete dieſe Ueberzeugung aus dem Umſtand,
daß ſie unausgeſetzt ihrem Luxus und ihrem Pracht-
leben fröhnte, obgleich ihr Ruin vor der Thür
war; die Summen, welche die Verſicherungen
ausgezahlt haben würden, hätten ihr vorzüglich
zur Wiederaufrichtung ihres Etats ihre Dienſte
geliehen.

So klang die Stimme des Berufsmenſchen
in ihm. Es war ſeine Pflicht, nur dieſer Stimme
Rechnung zu tragen; und dennoch hörte er —
und er hörte auf ihn nicht ungern — noch einen
anderen Ton, der jene Stimme übertönte, der ſie,
ob ihr gleich der Schein des Rechtes zur Seite
ſtand, Lügen zu ſtrafen ſchien.

Dies war die Sprache des Gefühls in ihm.
Vielleicht war es nur eine Schwäche, die ſich die-
ſes. Namens anmaßte; er hatte der Baronin
Jahre lang als Freund zur Seite geſtanden und
als ſolcher ihren Aeußerungen, ihren Mienen,
ihren Worten unbedingt glauben gelernt. Es
war ihm unmöglich, dieſen Glauben, den er hei-
lig hielt, von ſich zu werfen; er kam ſich, ſobald
dieſe Sprache des Gefühls in ihm laut ward,
wie ein Judas vor, der den ausdrücklichen Be-
theuerungen ihrer Unſchuld, die ſie ihm als Freund
gemacht, ſchimpflichen Verdacht gegenüber hielt.
[Spaltenumbruch] Und je häufiger d[i]eſer Ton klang, deſto ergrei-
fender wirkte ſeine Macht auf ihn; das Gefühl
der Freundſchaft ſiegte über die Stimme des be-
r[e]ch[n]enden Verſtandes, er ſah alle Möglichkeiten,
nur nicht die eine, daß Frau v. Wildenau eine
Schuldige, eine Verbrecherin war. Er ſtellte ſich
in der Phantaſie vor den Juden, er führte ſich
dies und jenes Gaunerſtückchen vor Augen, er
dachte an einen Act der Rache, doch haltloſe Bil-
der, wie ſie waren, hielt keins von allen einer
prüfenden Betrachtung Widerſtand. Je einge-
hender er ſich in dieſe fruchtloſe Bemühung ver-
tiefte, deſto mehr grollte er dem Schickſal, wel-
ches gerade ihm dieſe Affaire zur Bearbeitung
übergeben; er haderte mit ſich ſelbſt, daß er, der
doch im Gefühl der Freundſchaft den Worten der
Baronin glaubte, nicht das richtige Geleiſe fand.

Noch eine Möglichkeit gab ihm das Geſchick
an die Hand. Fräulein Delorme, die, wie es
den Anſchein hatte, wichtigſte aller Zeugen, hatte
noch nicht vor ihm geſtanden; vielleicht, wenn er
ſich auch nur einer geringen Hoffnung hingab,
bewirkte ihre Ausſage, daß der Verdacht auf eine
andere Perſon ſich als begründet erwieſe und
alſo der Name, den er ſchätzte, gereinigt ward.

Herr Martinel ſeufzte, als er ſich, vor ſei-
nem Arbeitstiſch wieder Platz nehmend, dieſer
ſchwanken Hoffnung ergab. Er ſchien keine be-
ſondere Vorahnung der jungen Dame zu haben,
denn ſeine Miene war finſter, als er nach einer
kurzen Weile die Glocke ertönen ließ.


[Spaltenumbruch]

Mit zuſammengekniffenen Lippen, die Stirn
in Falten gezogen, muſterte er ſecundenlang den
Beamten, der in’s Zimmer trat. Um elf Uhr
hatte er Raoul und Elly, um halb zwölf Uhr
Marion geladen; er ließ die beiden Erſteren war-
ten, da ihr Verhör nicht viel Gewicht haben
konnte, und beorderte Fräulein Delorme herein.

Marion trat ein. Bebend, mit niedergeſchla-
genen Augen, ſchritt ſie, nachdem ſie eine kurze
Verneigung gemacht, bis zur Mitte des Zimmers
vor. Der Polizeirath notirte mit Unluſt die lei-
chenartige Bläſſe, die ihre Mienen bedeckte; es
lag etwas Finſteres in ſeinem Ton, als er, auf
einen Stuhl deutend, ſagte: „Nehmen Sie Platz,
Fräulein Delorme.“

Marion ſetzte ſich; ohne den Blick zu erhe-
ben, erwartete ſie, augenſcheinlich befangen, das
nun Kommende. Der Polizeirath fixirte ſie ohne
Unterlaß; er ſchien nicht beſonderes Wohlgefallen
an der Angſt zu haben, die ſie zur Schau trug.

„Wie heißen Sie?“ fragte er endlich mit
derſelben Finſterkeit im Ton, wie vordem.

„Marion Eveline Delorme.“

„Und wo ſind Sie geboren?“

„In Antwerpen.“

„Und wie alt ſind Sie?“

„In zwei Monaten neunzehn Jahre.“

„Und ſeit wann haben Sie ihre Heimath
verlaſſen?

(Fortſetzung folgt.)


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[[5]/0005] dem Patente Wlček ausgeführten Kaſten befindet ſich ein Täfelchen, links oben, worauf die Stunde angegeben iſt, wann die nächſte Abholung der Briefe erfolgt. Wann werden wir endlich auch in Olmütz ſolche Briefſammelkaſten erhalten, deren Anſchaffung hier eine ſo große Nothwendigkeit wie in Brünn wäre? In Olmütz iſt obendrein auf allen Briefkäſten dieſelbe Aushebezeit bezeichnet, ſo daß man niemals weiß, ob die Aushebung der Briefe bereits ſtattgefunden hat oder nicht. (Beſtellung von Fahrbetriebsmitteln.) Die Verwaltung der Ferdinands-Nordbahn hat die Nachſchaffung von ſechs Perſonenzugs- und vierzehn Laſtzugs-Locomotiven beſchloſſen. (Trauung.) Heute Vormittags 10 Uhr fand in der St. Mauritzkirche die Trauung des Herrn k. k. Steueramtsadjuncten Joſef Kučera mit Frl. Jenny Groh, Tochter des Herrn kaiſerl. Rathes Dr. Franz Groh ſtatt. (Ein ſeltſamer Gaſt) beſuchte kürzlich meh- rere hieſige Reſtaurationen und Gaſthäuſer. Der- ſelbe erſchien in dieſen Localitäten ſtets zu einer Zeit, wo wenig Gäſte anweſend waren und ver- langte, noch ehe er etwas zum Trinken und Eſſen angeſchafft hatte, mehrere Wiener Blätter zur Lectüre. Brachte ihm der „Spukerl“ die im Lo- cale anweſenden Wiener Blätter, ſo wies er die- ſelben brüsk zurück und verlangte ein ſeit Neu- jahr in Wien erſcheinendes antiſemitiſches Volks- blatt, widrigens er ohne etwas zu zehren, das Locale verlaſſe. Nachdem das betreffende Blatt nicht vorhanden war, ſo verduftete der antiſemi- tiſche Parteigänger ſofort aus der betreffenden Reſtauration. Wie wir erfahren, ſoll der betref- fende Herr von Olmütz hungrig und durſtig ge- ſchieden ſein, nachdem das erwähnte antiſemitiſche Blatt in keinen einzigen Locale anzutreffen war. (Ein Dementi des Arztes Zawadil.) Vor Kurzem verbreitete ſich hier das Gerücht, daß aus Anlaß der ſtrafgerichtlichen Unterſuchung gegen Joſef Chyba, der gleichzeitig mit dem Vilimauer Arzte Zawadil ſich in Unterſuchungshaft befand, das Strafverfahren gegen Letzteren wieder auf- genommen wurde, weil er dem Erſteren während der Unterſuchung 1000 fl. für eine Mittheilung, die an ſeine — des Zawadil — Angehörige ge- langen ſollte, gegeben habe. Ein tſchechiſches Blatt hatte von dieſem Gerüchte Notiz genommen. Herr Zawadil berichtigt nun dieſe Notiz, indem er mittheilt, daß es unwahr ſei, daß das Straf- verfahren gegen ihn wieder aufgenommen wurde. (Rangserhöhung.) Die Profeſſoren des Troppauer Staatsgymnaſiums, die Herren Auguſtin Glembek, Alois Baierle und Franz Wanick wur- den in die VIII. Rangsclaſſe erhoben. (Zum Eiſenbahn-Attentate bei Gruß- bach.) Dem Gendarmerie-Wachtmeiſter Joſef Sticha, welcher, wie bekannt, durch ſeine Geiſtesgegenwart und Unerſchrockenheit am 4. December das Eiſenbahn-Attentat bei Grußbach vereitelt hatte, wurde, wie ſchon gemeldet, von der Verwaltung der Oeſterreichiſch-ungariſchen Staatseiſenbahn-Geſellſchaft ein Geſchenk von 3000 fl. zugedacht. Dieſes Geſchenk, welches durch Spenden von einigen Privaten auf 5000 fl. erhöht wurde, wird nun, da ihm in Folge ſeines Standes die Annahme eines ſolchen nicht zu- ſteht, für die Kinder des wackeren Gendarmerie- Wachtmeiſters in der Sparcaſſa angelegt werden. (Das Schießen am heil. Abende.) In einzelnen Gemeinden Mährens beſteht noch die Unſitte den Weihnachtsabend durch Abfeuern von Schüſſen zu verherrlichen. Wie leicht dabei Un- glücksfälle vorkommen können, zeigte ſich am letz- ten Weihnachtsabend in der Gemeinde Großla- tein, wo durch dieſes Schießen ein Taglöhner derart am Fuße verletzt wurde, daß er mehrere Wochen darniederlag. Die Behörden ſollten der- artigen ſicherheitsgefährlichen Gewohnheiten ſtrenge entgegentreten. (Schleſiſcher Gewerbetag.) Der Berband gewerblicher Genoſſenſchaften in Schleſien beab- ſichtigt heuer einen ſchleſiſchen Gewerbetag einzu- berufen, der vorausſichtlich in Troppau ſtattfin- den dürfte. (Berein der Brünner Schafwoll-Indu- ſtriellen.) Der Verein der Schafwoll-Induſtriellen in Brünn beſchloß jetzt zum neuen Krankenver- ſicherungsgeſetz noch nicht Stellung zu nehmen und vorerſt die Beſchlüſſe der für mehr als 10.000 Arbeiter beſtehenden Centralarbeiter- Krankencaſſe der Schafwollfabriken und Lohn- etabliſſements in Brünn abzuwarten. (Fund.) Am 16. d. M, fand ein hieſiges Fräulein am Niederringe einen goldenen Siegelring und kann derſelbe vom Verluſtträger beim ſtädt. Polizeiamte behoben werden. (Wetter.) Die Zunahme des Luftdruckes dauert in ganz Mittel-Europa an, die Vertheilung der Baro- meterſtände wird jedoch eine ſehr gleichmäßige; die Winde ſind allgemein nur ſehr ſchwach, unbeſtimmter Richtung; der Himmel iſt größtentheils bewölkt, die Temperatur nur wenig verändert. Aus Galizien wird ſehr ſchwacher Schneefall gemeldet, ſonſt fanden keine Niederſchläge ſtatt. Bei Trieſt und Pola iſt das Meer mäßig bewegt. Die Prognoſe für die nächſte Zeit lautet: Schwache nördliche Winde, leicht bewölkt, mäßiges Froſtwetter anhaltend. (Das Coſtümfeſt des Olmützer Eislauf- vereines) lockte geſtern Abends eine nach Hun- derten zählende Menge auf den feſtlich geſchmück- ten Eislaufplatz vor dem ehemaligen Littauer- Thore. Wie ein Alp fiel es von der bedrängten Bruſt der Eisfeſt-Arrangeure, als der ſchöne Wintertag einen nicht minder prächtigen Abend im Gefolge hatte und als ſich die ſpiegelglatte, magiſch beleuchtete Eisfläche bald nach 7 Uhr Abends mit flotten Eisläufern und ſchmucken Läuferinnen füllte. Zahlreiche prächtige und ge- ſchmackvolle Coſtüme tummelten ſich auf dem Eiſe und das trunkene Auge ſuchte vergeblich nach einem Fixpunkte, um darauf haften zu bleiben. Auch unſere Nachbarſtädte betheiligten ſich an dem Feſte und entſendeten namentlich reizende Vertreterinnen des weiblichen Geſchlechtes, die ſich mit ſolch’ graciöſer Sicherheit auf den Naturparquetten bewegten, daß man gerne ihren Spuren folgte. Als beſonders elegante Kunſt- fahrer präſentirten ſich die uns ſchon aus dem Vorjahre bekannten Herren aus Troppau, deren ebenmäßig ſchöne Bewegungen allgemein bewun- dert wurden. Eingefunden zu dem Feſte hatten ſich ferner eine originell coſtümirte böhmiſche Muſikcapelle aus Byſtritz a. H., welche nicht min- der originelle Muſikprogramme ausgab, die 7 Schwaben in zweifacher Ausgabe, wunderhübſch coſtümirte Täubchen aus Littau, picante italie- niſche Fiſcherinen, eine Gruppe von Pierrots und Pieretten, eine allerliebſte Bebé-Gruppe, ein Gſchnas. Cheruskerfürſt, vorzüglich coſtümirt, eine ur- komiſche „Gigerl-Gruppe“, reizende Amazonen und Bretzel-Verkäuferinnen, ein Originalſtruwelpeter ꝛc. Reges und buntes Leben herrſchte auf dem Eiſe, deſſen Geiſter plötzlich entfeſſelt ſchienen, als nach Vorführung des ſtattlichen Feſtzuges, an welchem wohl an 100 Paare theilgenommen haben, die feen- hafte Beleuchtung der magiſch-ſchönen Eiskryſtall- grotte das Auge des Beſchauers mit ſeltenem Reize beſtrickte. Wie ein Zauberpalaſt glitzerte der künſtle- riſch geſchaffene Eisberg in raſch wechſelnden Farben, ein Bild, das ſeinesgleichen ſucht und deſſen Originalität durch das inzwiſchen abgebrannte intenſive Feuerwerk noch eigenartiger zur Geltung kam. Wir kehrten dem ſchönen Schauſpiele faſt ſchon ſchlaftrunken den Rücken, und noch wogte die belebte Menge der Eisfläche entlang und huldigte ſolcher Art dem noch ungetauften Gotte des Eiſes. Mit Genugthuung dürfen die Arran- geure, unter ihnen in erſter Linie Herrn Wilh. Mathes auf ihre wolgelungene Arbeit blicken und in dem ſchönen Erfolge den beſten Dank aber auch einen neuen Sporn für künftige Thaten erblicken. Noch ſei erwähnt, daß die Anlage des „Veſuv“ und der wunderbaren Grotte Herr Baumeiſter Victor Mader in freundlicher Weiſe übernommen hatte und ſeine Aufgabe, wie ſich alle Feſtbeſucher überzeugen konnten, in trefflicher Weiſe löſte. Volle Anerkennung ſei dem wackeren Künſtler zu Theil. (Theaternachrichten.) Die „Liliputaner“ werden, wie uns deren Impreſario mittheilt, an drei Tagen, Freitag, Sonnabend und Sonntag unſere Bühne occupiren. Unter den kleinen Men- ſchen, die wir an dieſen Abenden auf unſerer Bühne ſehen werden, befinden ſich einige, die recht große Künſtler ſind, die mit Verve und Würde ſpielen und dabei ebenſo drollig als in- tereſſant ſind. Eben jetzt gaſtiren ſie in Graz vor ſtets ausverkauften Häuſern. Die Geſell- ſchaft beſteht aus neun Köpfen, deren nähere Cha- racteriſirung wir morgen unſeren Leſern bieten. (Vom Theater.) Das Luſtſpiel findet un- ter allen Arten dramatiſcher Erzeugniſſen auf un- Der Ueberzeugung nach, der Berechnung ſei- nes Verſtandes zufolge, mußte Frau v. Wilde- nau, wenn nicht die Thäterin, ſo doch die indi- recte Urheberin des Brandes geweſen ſein; er begründete dieſe Ueberzeugung aus dem Umſtand, daß ſie unausgeſetzt ihrem Luxus und ihrem Pracht- leben fröhnte, obgleich ihr Ruin vor der Thür war; die Summen, welche die Verſicherungen ausgezahlt haben würden, hätten ihr vorzüglich zur Wiederaufrichtung ihres Etats ihre Dienſte geliehen. So klang die Stimme des Berufsmenſchen in ihm. Es war ſeine Pflicht, nur dieſer Stimme Rechnung zu tragen; und dennoch hörte er — und er hörte auf ihn nicht ungern — noch einen anderen Ton, der jene Stimme übertönte, der ſie, ob ihr gleich der Schein des Rechtes zur Seite ſtand, Lügen zu ſtrafen ſchien. Dies war die Sprache des Gefühls in ihm. Vielleicht war es nur eine Schwäche, die ſich die- ſes. Namens anmaßte; er hatte der Baronin Jahre lang als Freund zur Seite geſtanden und als ſolcher ihren Aeußerungen, ihren Mienen, ihren Worten unbedingt glauben gelernt. Es war ihm unmöglich, dieſen Glauben, den er hei- lig hielt, von ſich zu werfen; er kam ſich, ſobald dieſe Sprache des Gefühls in ihm laut ward, wie ein Judas vor, der den ausdrücklichen Be- theuerungen ihrer Unſchuld, die ſie ihm als Freund gemacht, ſchimpflichen Verdacht gegenüber hielt. Und je häufiger dieſer Ton klang, deſto ergrei- fender wirkte ſeine Macht auf ihn; das Gefühl der Freundſchaft ſiegte über die Stimme des be- rechnenden Verſtandes, er ſah alle Möglichkeiten, nur nicht die eine, daß Frau v. Wildenau eine Schuldige, eine Verbrecherin war. Er ſtellte ſich in der Phantaſie vor den Juden, er führte ſich dies und jenes Gaunerſtückchen vor Augen, er dachte an einen Act der Rache, doch haltloſe Bil- der, wie ſie waren, hielt keins von allen einer prüfenden Betrachtung Widerſtand. Je einge- hender er ſich in dieſe fruchtloſe Bemühung ver- tiefte, deſto mehr grollte er dem Schickſal, wel- ches gerade ihm dieſe Affaire zur Bearbeitung übergeben; er haderte mit ſich ſelbſt, daß er, der doch im Gefühl der Freundſchaft den Worten der Baronin glaubte, nicht das richtige Geleiſe fand. Noch eine Möglichkeit gab ihm das Geſchick an die Hand. Fräulein Delorme, die, wie es den Anſchein hatte, wichtigſte aller Zeugen, hatte noch nicht vor ihm geſtanden; vielleicht, wenn er ſich auch nur einer geringen Hoffnung hingab, bewirkte ihre Ausſage, daß der Verdacht auf eine andere Perſon ſich als begründet erwieſe und alſo der Name, den er ſchätzte, gereinigt ward. Herr Martinel ſeufzte, als er ſich, vor ſei- nem Arbeitstiſch wieder Platz nehmend, dieſer ſchwanken Hoffnung ergab. Er ſchien keine be- ſondere Vorahnung der jungen Dame zu haben, denn ſeine Miene war finſter, als er nach einer kurzen Weile die Glocke ertönen ließ. Mit zuſammengekniffenen Lippen, die Stirn in Falten gezogen, muſterte er ſecundenlang den Beamten, der in’s Zimmer trat. Um elf Uhr hatte er Raoul und Elly, um halb zwölf Uhr Marion geladen; er ließ die beiden Erſteren war- ten, da ihr Verhör nicht viel Gewicht haben konnte, und beorderte Fräulein Delorme herein. Marion trat ein. Bebend, mit niedergeſchla- genen Augen, ſchritt ſie, nachdem ſie eine kurze Verneigung gemacht, bis zur Mitte des Zimmers vor. Der Polizeirath notirte mit Unluſt die lei- chenartige Bläſſe, die ihre Mienen bedeckte; es lag etwas Finſteres in ſeinem Ton, als er, auf einen Stuhl deutend, ſagte: „Nehmen Sie Platz, Fräulein Delorme.“ Marion ſetzte ſich; ohne den Blick zu erhe- ben, erwartete ſie, augenſcheinlich befangen, das nun Kommende. Der Polizeirath fixirte ſie ohne Unterlaß; er ſchien nicht beſonderes Wohlgefallen an der Angſt zu haben, die ſie zur Schau trug. „Wie heißen Sie?“ fragte er endlich mit derſelben Finſterkeit im Ton, wie vordem. „Marion Eveline Delorme.“ „Und wo ſind Sie geboren?“ „In Antwerpen.“ „Und wie alt ſind Sie?“ „In zwei Monaten neunzehn Jahre.“ „Und ſeit wann haben Sie ihre Heimath verlaſſen? (Fortſetzung folgt.)

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 17, Olmütz, 21.01.1889, S. [5]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches17_1889/5>, abgerufen am 21.11.2024.