Mährisches Tagblatt. Nr. 198, Olmütz, 31.08.1885.[Spaltenumbruch]
Das Abonnement für Olmütz Zustellung ins Haus monat- Auswärts durch die Post Einzelne Nummer 5 Kreuzer. [Spaltenumbruch] Mährisches Tagblatt [Spaltenumbruch] Insertionsgebüh[r]en Außerhalb Olmütz überneh- Manuscripte werden nicht Nr. 198. Olmütz, Montag den 31. August 1885. 6. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Königinhof. Olmütz, 31. August. Königinhof! Der Name dieser Stadt ist viel- Fürwahr, sagt die "Reichenb. Ztg." es ist Selbstverständlich haben nach Auffassung Welches sind aber die nächsten Folgen dieses Der Eindruck, den die Königinhofer Blut- Politische Nachrichten. (Russische Journalstimmen über die Kremsierer Kaiser-Entrevue.) Die Mehrzahl [Spaltenumbruch] Feuilleton. Frau Wolter und der König von Baiern. Von den Separatvorstellungen des Königs [Spaltenumbruch] Frau Wolter spricht von dieser mysteriösen Man kann von diesen Separatvorstellungen So sollte denn auch "Narciß" mit beson- [Spaltenumbruch]
Das Abonnement für Olmütz Zuſtellung ins Haus monat- Auswärts durch die Poſt Einzelne Nummer 5 Kreuzer. [Spaltenumbruch] Mähriſches Tagblatt [Spaltenumbruch] Inſertionsgebüh[r]en Außerhalb Olmütz überneh- Manuſcripte werden nicht Nr. 198. Olmütz, Montag den 31. Auguſt 1885. 6. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Königinhof. Olmütz, 31. Auguſt. Königinhof! Der Name dieſer Stadt iſt viel- Fürwahr, ſagt die „Reichenb. Ztg.“ es iſt Selbſtverſtändlich haben nach Auffaſſung Welches ſind aber die nächſten Folgen dieſes Der Eindruck, den die Königinhofer Blut- Politiſche Nachrichten. (Ruſſiſche Journalſtimmen über die Kremſierer Kaiſer-Entrevue.) Die Mehrzahl [Spaltenumbruch] Feuilleton. Frau Wolter und der König von Baiern. Von den Separatvorſtellungen des Königs [Spaltenumbruch] Frau Wolter ſpricht von dieſer myſteriöſen Man kann von dieſen Separatvorſtellungen So ſollte denn auch „Narciß“ mit beſon- <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p>Das<lb/><hi rendition="#b">„Mähriſche Tagblatt“</hi><lb/> mit der illuſtr. Wochenbeilage<lb/><hi rendition="#b">„Illuſtrirt. 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Das
„Mähriſche Tagblatt“
mit der illuſtr. Wochenbeilage
„Illuſtrirt. Sonntagsblatt“
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Vogler in Wien, Prag, Buda-
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Nr. 198. Olmütz, Montag den 31. Auguſt 1885. 6. Jahrgang.
Königinhof.
Olmütz, 31. Auguſt.
Königinhof! Der Name dieſer Stadt iſt viel-
fach bekannt. In ihr ſpielte ſich vor mehr denn
50 Jahren jener ſeuſationelle Fälſchungsproceß
ab, durch welchen Hanka, der „große Patriot“,
in die ſpärliche Literatur ſeines Volkes ein „alt-
böhmiſches poetiſches Kunſtwerk“ einſchmuggeln
wollte. Heute ſchwebt der Name „Königinhof“
auf den Lippen des geſammten deutſchen Volkes
in Oeſterreich; ja, ſelbſt über der Grenze des
Reiches, in dem benachbarten Deutſchland iſt der
Name in aller Munde. Nach allen Richtungen
der Windroſe hat der Telegraph die Kunde von
der blutigen Affaire getragen, welche am Sonn-
tage in dem Auffindungsorte der gefälſchten „Kö-
niginhofer Handſchrift“ ſich zugetragen hat. Wehr-
loſe Deutſche wurden mißhandelt, weil ſie ein
deutſches Feſt feierten, Gäſte aus den nahen Dör-
fern und Städten durch Steinwürfe und Meſſer-
ſtiche verwundet, weil ſie ſich erkühnten, inner-
halb der vier Mauern eines Turnlocales deutſche
Worte zu ſprechen, deutſche Lieder zu ſingen. Die
Gensdarmerie mußte von der Schußwaffe Ge-
brauch machen, um den fanatiſchen tſchechiſchen
Pöbel, unter dem diesmal nicht die rohe Menge
allein zu verſtehen iſt, zu hindern, ein förmliches
Blutbad unter den verfolgten deutſchen Turnern
anzurichten.
Fürwahr, ſagt die „Reichenb. Ztg.“ es iſt
weit gekommen im Lande Böhmen! Mit Mühe
kämpfen wir die berechtigte Entrüſtung nieder,
welche uns verleiten könnte, jenen Anklagen Aus-
druck zu geben, über welche heute das ganze deutſche
Volk in Oeſterreich ſich vollſtändig im Klaren iſt.
Die öſterreichiſchen Preßverhältniſſe geſtatten es
leider nicht, die letzten Conſequenzen zu ziehen
aus einer Affaire, mit welcher der gebildete und
ungebildete Mob von Königinhof der Geſchichte
des tſchechiſchen Volkes in Böhmen ein bleiben-
des Schandmal aufgedrückt hat. Empörender
aber noch als dieſe Schandthat iſt die Art und
Weiſe, mit welcher die tſchechiſche Lügenpreſſe
dieſe Vorfälle zu verdrehen, die blutigen That-
ſachen wegleugnen will. So Großes die offi-
ciöſe Preſſe Oeſterreichs auch leiſtet in
ſcharfen und hämiſchen Angriffen auf un-
ſer Volk, Alles dies wird in Schatten ge-
ſtellt durch jene impertinente Schreibweiſe,
mit welcher die geſammte tſchechiſche Preſſe das
Königinhofer Attentat gloſſirt. In heuchleriſcher
Weiſe ſchreibt z. B. die „Politik“: „Wenn es je
aus Rückſichten des politiſchen Anſtandes ge-
boten erſchien, daß die inneren Zwiſtigkeiten für
einen Augenblick völlig zur Ruhe gebracht
werden, ſo war dies ſicherlich der Fall in dem
Augenblicke, da Kaiſer Franz Joſef einen frem-
den Souverain auf ſeinem Gebiete als Gaſt be-
grüßte“. Und dieſe Mahnung erfrecht ſich Rieger’s
Organ an die Deutſchen zu richten in demſelben
Momente, wo nach dem „Zwiſchenfall von Köni-
ginhof“ eine erhebliche Auzahl mit Steinwürfen
und Stockhieben tractirter Deutſchen ſchwer krank
darniederliegt!
Selbſtverſtändlich haben nach Auffaſſung
der tſchechiſchen Blätter die Deutſchen in Köni-
ginhof wieder die Veranlaſſung zu den blutigen
Exceſſen gegeben, ebenſo wie dies bei der Kuchel-
bader Affaire der Fall ſein mußte. Die deut-
ſchen Turner haben provocirt — ſo heißt es
in den tſchechiſchen Lügenberichten. Haben viel-
leicht auch, ſo fragen wir, die deutſchen Frauen
und Mädchen provocatoriſche Aeußerungen ge-
than, welche die Taubennatur der Königinhofer
Tſchechen derart in Harniſch brachten, daß man
deutſchen Mädchen und Frauen in’s Geſicht
ſpeien mußte? Solche Acte gemeinſter Rohheit
noch entſchuldigen wollen, zeigt von der boden-
loſen Niedrigkeit der Geſinnung, welche die fana-
tiſirte tſchechiſche Preſſe beherrſcht.
Welches ſind aber die nächſten Folgen dieſes
Exceſſes? Eine unbeſchreibliche Aufregung hat
die deutſche Bevölkerung des Landes ergriffen,
die in einer Weiſe ſich kundgibt, durch welche
die „Verſöhnungsära“ gekennzeichnet erſcheint. Aus
Trautenau kommt unterm 28. d. Mts. die Meldung
daß die Erbitterung über die Rohheit der Köni-
ginhofer Tſchechen, trotz aller mäßigenden Ein-
flüſſe, gewaltſam zu Repreſſalien ihre Zuflucht
nimmt. Der Bürgermeiſter von Reichenberg muß
der Bevölkerung die bekannten Geſetzesparagraphen
in Betreff von Anſammlungen in Erinnerung
bringen. Wir können wohl die ſichere Hoffnung
hegen, daß alle Kreiſe jener Stadt zuſammen-
wirken werden, um naheliegenden Revanchegelüſten
ſofort zu begegnen.
Der Eindruck, den die Königinhofer Blut-
affaire unter dem ganzen deutſchen Volke, ſelbſt
im Auslande, hervorgebracht hat, darf und ſoll
nicht abgeſchwächt werden durch nutz- und zweck-
loſe Gegendemonſtrationen, auf die man tſchechi-
ſcherſeits vielleicht warten mag. Die ſtramme
Erfüllung nationaler Pflichten erſcheint uns An-
geſichts der tſchechiſchen Rohheit in Königinhof
angezeigter als fruchtloſe Demonſtrationen.
Politiſche Nachrichten.
(Ruſſiſche Journalſtimmen über die
Kremſierer Kaiſer-Entrevue.) Die Mehrzahl
Feuilleton.
Frau Wolter und der König von
Baiern.
Von den Separatvorſtellungen des Königs
Ludwig von Baiern, bei denen er ſelbſt zum
Director und Regiſſeur wird, die Stücke aus-
wählt, die Vertheilung der Rollen vornimmt und
ſich ſelbſt die Modelle der Decorationen und
Coſtüme zur Genehmigung vorlegen läßt, um
dann als alleiniger Zuſchauer das Spiel der
Künſtler zu genießen, von dieſer Laune des extra-
vaganten Baiernkönigs iſt ſchon viel erzählt wor-
den, aber ſo viel Ungereimtes und Unzureimendes,
daß man thatſächlich nicht weiß, wo die Wahr-
heit endigt und wo die Phantaſie ihre Clown-
ſprünge beginnt. Es iſt daher intereſſant, über
dieſen um ſeine Originalität willen anziehenden
Gegenſtand endlich durch die Mittheilungen einer
betheiligten und höchſt glaubwürdigen Perſönlich-
keit ins Klare zu kommen, durch die Schilderung
der berühmten Wiener Tragödin Charlotte Wolter
(Gräfin O’Sullivan), welche dieſelbe, da ſie an
einer der Separatvorſtellungen mitwirkte, dem
Redacteur des „Figaro“, Albert Wolff, entwarf.
Wir entnehmen der auf Grund dieſer Mitthei-
lungen veröffentlichten feſſelnden Darſtellung des
geiſtreichen franzöſiſchen Journaliſten das Nach-
ſtehende:
Frau Wolter ſpricht von dieſer myſteriöſen
Vorſtellung vor dem launenreichen Monarchen als
von dem eigenartigſten Ereigniſſe ihrer künſt-
leriſchen Laufbahn. König Ludwig hatte ſeinem
Intendanten befohlen, für die große Künſtlerin
Sardou’s „Theodora“ in Scene zu ſetzen, eine
Rolle, welche ſie im nächſten Winter im Burg-
theater darſtellen wird; allein Frau Wolter
wußte noch kein Wort von der Rolle und em-
pfand durchaus nicht den Drang oder die Luſt,
ſie direct für Se. Majeſtät zu ſtudiren. Sie
machte dies dem Intendanten klar, und der
König, welcher vom frühen Morgen bis zum
ſpäten Abend nicht zu befehlen aufhört, befahl
denn, der Künſtlerin mitzutheilen, daß „ſie
die Ehre haben werde, vor Ihm in Brach-
vogel’s Drama „Narciß“ die Madame de Pompa-
dour zu ſpielen“ — und befahl weiter, das alte
Stück mit neuen, prachtvollen Decorationen
und der Zeit, in welcher es ſpielt, ent-
ſprechenden, echten Möbeln auszuſtatten, welche
ſeinen Sammlungen zu entnehmen ſeien.
Man kann von dieſen Separatvorſtellungen
füglich behaupten, daß ſie die größte Leidenſchaft
des Königs bilden. Alles, was in denſelben ver-
wendet wird, darf niemals das Publicum er-
blicken. Der König hat daher für jedes Stück
ſein beſonderes Decorationsmaterial und er ge-
ſtattet nicht, daß ihm ein Bühnenwerk in der-
ſelben Geſtalt vorgeführt werde, in welcher es
„die große Maſſe“ ſieht. So wurde z. B. Theo-
dora für den Monarchen mit allem Pomp und
Luxus des Theaters de la Porte-Saint-Martin
ausgeſtattet; damit der Intendant nicht zu wenig
thue, reiſte König Ludwig incognito nach Paris,
ſah dort das Drama und ordnete für die Mün-
chener Separat-Aufführung noch einige koſtbare
Verſchönerungen an, mit denen Paris übertrumpft
werden ſollte. So koſtete die misse-en-scene
hundertfünfzigtauſend Francs und — das Stück
wurde zweimal aufgeführt, das erſte Mal um
9 Uhr Vormittags, das zweite Mal um 6 Uhr
Nachmittags. Dann wanderten Decorationen und
Coſtüme in die Garderobe und gegenwärtig wird
für die öffentlichen Aufführungen desſelben Stückes
eine neue, weitaus beſcheidenere Ausſtattung her-
geſtellt. Ein noch fabelhafterer Luxus wird in
den Feerien entwickelt, welche ſich der König von
Zeit zu Zeit von einem ſeiner Hofdichter ver-
faſſen und einmal vorſpielen läßt; dieſe Dich-
tungen gelangen niemals zur Kenntniß der
Oeffentlichkeit und die Poeten begnügen ſich mit
— dem Honorare.
So ſollte denn auch „Narciß“ mit beſon-
derem, des Genies der gaſtirenden Künſtlerin
würdigen Glanze — wie es in der königlichen
Ordre hieß — in Scene gehen. Der König hatte
die Vorarbeiten mit größter Sorgfalt bewacht,
gewohnheitsgemäß die Modelle der Decorationen
geprüft und die Coſtümſkizzen höchſt eigenhändig
corrigirt; er wollte ſich dieſe Vorſtellung zu einem
beſonderen Feſte geſtalten.
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(2018-01-26T15:49:55Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T15:49:55Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
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