Mährisches Tagblatt. Nr. 1, Olmütz, 02.01.1893.[Spaltenumbruch]
Militärs mit dem Kaiser in Sachen der Militär- (Der Panamascandal.) Samstag wurden Locales und Provinzielles. Olmütz, 2. Jänner. (Kaiserliche Spenden.) Der Kaiser hat (Gratulationscour.) Gestern Vormit- (Personales.) Herr Generalmajor Ritter (Leichenbegängniß.) Gestern Nachmittags (Patriotischer Frauenhilfsverein.) Der (Aus dem Stadtverordneten-Collegium.) Die Tagesordnung der heutigen Sitzung des (Todesfall.) Gestern Vormittags verstarb (Die erste Hälfte der Theatersaison) ist (Vom Theater.) Die Strauß'sche Operette: [Spaltenumbruch] Am Millionen. Roman von A. K. Green. (Nachdruck verboten.) Erstes Capitel. Der Brief. Auf dem obersten Treppenabsatz eines New- Drinnen saß der junge Künstler dieses "Herr Degraw wird gebeten, das Beifol- Sollte Herr Degraw verhindert sein, so Das "Beifolgende" war eine Banknote von "Sonderbar", murmelte der junge Mann, "Erst um acht Uhr", wiederholte er nach Mit einem leisen Seufzer wandte er sich Wie es in der Seele dieses Mannes aus- [Spaltenumbruch]
Militärs mit dem Kaiſer in Sachen der Militär- (Der Panamaſcandal.) Samſtag wurden Locales und Provinzielles. Olmütz, 2. Jänner. (Kaiſerliche Spenden.) Der Kaiſer hat (Gratulationscour.) Geſtern Vormit- (Perſonales.) Herr Generalmajor Ritter (Leichenbegängniß.) Geſtern Nachmittags (Patriotiſcher Frauenhilfsverein.) Der (Aus dem Stadtverordneten-Collegium.) Die Tagesordnung der heutigen Sitzung des (Todesfall.) Geſtern Vormittags verſtarb (Die erſte Hälfte der Theaterſaiſon) iſt (Vom Theater.) Die Strauß’ſche Operette: [Spaltenumbruch] Am Millionen. Roman von A. K. Green. (Nachdruck verboten.) Erſtes Capitel. Der Brief. Auf dem oberſten Treppenabſatz eines New- Drinnen ſaß der junge Künſtler dieſes „Herr Degraw wird gebeten, das Beifol- Sollte Herr Degraw verhindert ſein, ſo Das „Beifolgende“ war eine Banknote von „Sonderbar“, murmelte der junge Mann, „Erſt um acht Uhr“, wiederholte er nach Mit einem leiſen Seufzer wandte er ſich Wie es in der Seele dieſes Mannes aus- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <pb facs="#f0004" n="[4]"/> <cb/> <p>Militärs mit dem Kaiſer in Sachen der Militär-<lb/> vorlage hätten nicht ſtattgefunden. Der Kaiſer<lb/> hege die Abſicht, falls der Reichstag die Militär-<lb/> vorlage in der Hauptſache nicht genehmige, die<lb/> geſetzlich beſtehende dreijährige Dienſtzeit in vollem<lb/> Umfange zur Ausführung zu bringen. Es ſei<lb/> verbürgt, daß die entſcheidenden Stellen einen<lb/> Conflict vermeiden und mit dem jetzigen Reichs-<lb/> tage auskommen möchten, auch wenn die Vorlage<lb/> ſcheitern ſollte.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Der Panamaſcandal.)</hi> </head> <p>Samſtag wurden<lb/> an zahlreichen Straßenecken von Paris Placate an-<lb/> geheftet, unterzeichnet mit <hi rendition="#aq">„Suffrage universel“,</hi><lb/> worin Carnot aufgefordert wird, ein Ausnahme-<lb/> decret zu erlaſſen, wonach alle irgendwie den<lb/> Ruin der Panama-Geſellſchaft verſchuldenden oder<lb/> mit Geld betheiligten Perſonen verhaftet und ihr<lb/> ganzes Vermögen bis zu einer Milliarde confis-<lb/> cirt werden ſoll behufs Entſchädigung der Actio-<lb/> näre und der Prioritätenbeſitzer.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jLocal" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Locales und Provinzielles.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Olmütz,</hi> 2. 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Nach der Einſegnung<lb/> der Leiche wurde der mit Kränzen reich geſchmückte<lb/> Sarg auf den vierſpännigen Gala-Leichenwagen<lb/> der „Pietät“ gehoben, worauf ſich der impoſante<lb/> Trauerzug zum ſtädt. Friedhofe in Bewegung<lb/> ſetzte. Dem Sarge folgten die trauernden Hinter-<lb/> bliebenen, Herr Bürgermeiſter Joſef v. <hi rendition="#g">Engel,</hi><lb/> Herr Handelskammerprädent Moritz <hi rendition="#g">Prima-<lb/> veſi,</hi> Mitglieder des Gemeinderathes, des Stadt-<lb/><cb/> verordneten-Collegiums, der Olmützer Handels-<lb/> und Gewerbekammer, der Genoſſenſchaft der<lb/> Preßgewerbe, Vertreter des Beamtenſtandes, der<lb/> Lehrerſchaft, der Advocatie, des Handels<supplied>-</supplied> und<lb/> Gewerbeſtandes, ſowie zahlreiche Leidtragende.<lb/> Auf dem Friedhofe fand die nochmalige Einſeg-<lb/> nung der Leiche ſtatt, worauf dieſelbe in der<lb/> Familiengruft beigeſetzt wurde.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Patriotiſcher Frauenhilfsverein.)</hi> </head> <p>Der<lb/> hieſige Zweigverein des patr. Frauenhilfsvereins<lb/> hat bereits ſeinen Rechnungsabſchluß für das<lb/> Jahr 1892 dem Präſidium in Brünn vorgelegt.<lb/> Wir entnehmen demſelben, daß das Vereinsver-<lb/> mögen, welches mit Schluß 1891 die Höhe von<lb/> 7834 fl. 84 kr. erreicht hatte, im abgelaufenen<lb/> Jahre den anſehnlichen Zuwachs von 1736 fl.<lb/> 89 kr. erfahren hat und ſomit gegenwärtig ſich<lb/> auf 9571 fl. 73 kr. beläuft. Auch die Zahl der Ver-<lb/> einsmitglieder iſt Dank der eifrigen Thätigkeit der<lb/> Präſidentin, Gräfin Erneſtine Zierotin im verfloſſe-<lb/> nen Jahre um 38 geſtiegen, ſo daß der Verein gegen-<lb/> wärtig 298 Mitglieder zählt, die höchſte Mit-<lb/> gliederzahl ſeit ſeinem Beſtehen. Die Jahresbei-<lb/> träge der Mitglieder betrugen im Jahre 1892<lb/> die Summe von 638 fl. An Spenden gingen<lb/> ein 32 fl., an Erträgniß für die lebenden Bilder<lb/> 1049 fl. 10 kr. An den Stammverein wurden<lb/> abgeführt 315 fl. Die Auslagen für den Verein<lb/> beliefen ſich auf 8 fl., eine gewiß unbedeutende<lb/> Summe, die nur dadurch erklärlich iſt, daß die<lb/> Präſidentin, Gräfin Zierotin, eifrigſt befliſſen iſt,<lb/> dem Vereine jede Auslage zu erſparen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Aus dem Stadtverordneten-Collegium.)</hi> </head><lb/> <p>Die Tagesordnung der heutigen Sitzung des<lb/> Stadtverordneten-Collegiums iſt folgende: Ge-<lb/> meinderäthlicher Antrag auf den Beitritt der im<lb/> Parke beſchäftigten Arbeiter in die Bezirks-<lb/> krankencaſſa. — Eingabe des hieſigen Vereines<lb/> der Hausbeſitzer zur Frage der Kehricht-Ausfuhr<lb/> aus den Häuſern. — Bauämtlicher Bericht über<lb/> die Beleuchtung der Bahnhofſtraße mit electriſchem<lb/> Lichte. — Bauämtlicher Bericht über einige Ab-<lb/> änderungen zu der neuen Landwehrkaſerne zur<lb/> volleren Ausnützung derſelben. — Geſuch des<lb/> Central-Vereines zur Erhaltung der Krieger-<lb/> denkmale in Böhmen vom Jahre 1866 um<lb/> Förderung ſeiner Zwecke. — Bericht der ſtädt.<lb/> Rechnungsabtheilung über den Erlös für ab-<lb/> geſetzte Hundemarken im Jahre 1892. —<lb/> Bericht der ſtädt. Rechnungsabtheilung über die<lb/> Einnahme von Bürgerrechtstaxen im Jahre 1892.<lb/> — Bericht der ſtädt. Rechnungs-Abtheilung über<lb/> die Einnahme von Heimathrechtstaxen im Jahre<lb/> 1892. — Geſuch der Franziska Galle, Witwe<lb/> des verſtorbenen ſtädt. Wachinſpicienten Johann<lb/> Galle, um einen Beitrag zu den Krankheits-<lb/> und Begräbnißkoſten. — Eingabe des Curatoriums<lb/> der ſtädt. Pfandleihanſtalt in Betreff der Wahl<lb/> zweier Stadtverordneten zur Prüfung des Rech-<lb/> nungsabſchlußes der Anſtalt. — Bericht des<lb/> Theater-Comités mit Bezug auf den Ablauf des<lb/> beſtehenden Theatervertrages. (2. Leſung.) —<lb/><cb/> Bericht der 3. Section über ein Geſuch um das<lb/> Heimathrecht. (2 Leſung.) — Bericht der 3.<lb/> Section über die Beſetzung von forſtämtlichen<lb/> Dienſtesſtellen. (2. Leſung.) — Bericht der 3.<lb/> Section über das Geſuch des Revierförſters A.<lb/> Dwořak um Vorrückung in die höhere Gehalts-<lb/> ſtufe. (2. Leſung.) — Bericht der 3. Section<lb/> über das Geſuch eines ſtädt. Beamten über die<lb/> Umwandlung der Caution durch ratenweiſe Ein-<lb/> zahlung. (2. Leſung) — Bericht der 3. Section<lb/> über das Geſuch des ſtädt. Thierarztes Herrn<lb/> Franz Sallinger um Aufbeſſerung ſeiner Bezüge.<lb/> (2. Leſung) — Bericht der 3. Section über ein<lb/> Geſuch um Wiederzuerkennung des Bürgerrechtes.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Todesfall.)</hi> </head> <p>Geſtern Vormittags verſtarb<lb/> hier Frau Anna <hi rendition="#g">Zähntner,</hi> Reſtaurateursgattin<lb/> aus Wien. Die Verſtorbene war die Schwieger-<lb/> mutter des Herrn Reſtaurateurs Emanuel<lb/> Krejcik. Das Leichenbegängniß findet morgen<lb/> Dienſtag um 3 Uhr Nachmittags vom Trauer-<lb/> hauſe, Oberring Nr. 24, aus ſtatt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Die erſte Hälfte der Theaterſaiſon)</hi> </head> <p>iſt<lb/> vorüber. In derſelben gelangten 14 verſchiedene<lb/> Opern, („Martha“, „Maskenball“, „Waffen-<lb/> ſchmied“, „Hugenotten“, „Fauſt“, „Lohengrin“,<lb/> „Rigoletto“, „Nachtlager“, „Troubadour“, „Frei-<lb/> ſchütz“, „Tell“, Undine“, „Carmen“, <hi rendition="#aq">„Caval-<lb/> leria“</hi>) auf unſerer Bühne zur Aufführung.<lb/> Operetten wurden zwölf verſchiedene aufgeführt<lb/> und zwar: „Methuſalem“, „Micado“, „Des<lb/> Löwen Erwachen“, „Vogelhändler“, „Penſionat“,<lb/> „Sonntagskind“, „Die Glocken“, „Zigeuner-<lb/> baron“, Fatinitza“, „Der arme Jonathan“,<lb/> „Verwunſchenes Schloß“ und „Die ſchöne Gala-<lb/> thea“. Die übrigen Aufführungen gehören dem<lb/> recitirenden Drama an. Das Reperioire war<lb/> ein ſehr abwechslungsreiches und brachte<lb/> eilf Novitäten, darunter Ibſens „Nora“ Anzen-<lb/> grubers „Der Fleck auf der Ehr’“, Blumenthals<lb/> „Orientreiſe.“ An Gäſten von Bedeutung ſahen<lb/> wir Herrn Baumeiſter, Frau Baudius und<lb/> Herrn Bonn. Von claſſiſchen Stücken wurde<lb/> Goethes „Egmont“, Schillers „Braut von Meſ-<lb/> ſina“, Shakeſpeares „Hamlet“ aufgeführt. Auf<lb/> dem Gebiete des claſſiſchen Repertoires wäre ſo-<lb/> mit noch Manches in der zweiten Saiſonhälfte<lb/> nachzuholen. Die Oper rüſtet für dieſe Saiſon-<lb/> hälfte zur „Walküre“ Richard Wagners und zu<lb/> deſſen „Taunhäuſer.“ Das Schauſpiel ſoll uns<lb/> eine ſorgfältige Vorführung von Goethes „Fauſt“<lb/> bringen.</p> </div><lb/> <div xml:id="a4a" next="#a4b" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">(Vom Theater.)</hi> </head> <p>Die Strauß’ſche Operette:<lb/><hi rendition="#g">„Carneval in Rom“</hi> hat bei ihrer geſtern<lb/> ſtattgefundenen Aufführung ſeht gefallen und<lb/> waren ſämmtliche in derſelben beſchäftigt geweſe-<lb/> nen Darſteller bemüht ihre Parthicen zur vollen<lb/> Geltung zu bringen. In erſter Linie gilt dieß<lb/> von den Damen <hi rendition="#g">Koleit</hi> und <hi rendition="#g">Kronthal,</hi><lb/> von welchen erſtere die „Marie“ und letztere die<lb/> „Gräfin Falkoni“ ſpielte. Frl. Koleit ſang ihre<lb/> Parthie mit ſchöner Stimme und fand<lb/> ſich auch ſchauſpieleriſch mit derſelben gut ab.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#b">Am Millionen.<lb/> Roman von</hi><bibl><hi rendition="#b">A. 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Er ſtand auf,<lb/> bückte ſich danach, betrachtete ihn flüchtig und<lb/> öffnete ihn. Erſtaunt las er folgende Worte:</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">„Herr Degraw wird gebeten, das Beifol-<lb/> gende gütigſt anzunehmen und in Erwiderung<lb/> dafür ſich heute Abend um acht Uhr mit Pa-<lb/> pier und Bleiſtift nach Nummer 391 der<lb/> Eaſt—Straße zu begeben. Es handelt ſich für<lb/> jetzt nur um Aufnahme einer einfachen Skizze.<lb/><cb/> Später würde vielleicht ein größeres Gemälde<lb/> beſtellt werden. Durch den Gegenſtand der<lb/> Skizze ſelbſt wird es ſich erklären, warum die<lb/> Arbeit zu ſo ungewöhnlicher Stande und bei<lb/> aller Eile doch mit der größten Genauigkeit<lb/> ausgeführt werden muß.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Sollte Herr Degraw verhindert ſein, ſo<lb/> bitten wir um ſofortige Benachrichtigung.“</hi> </p><lb/> <p>Das „Beifolgende“ war eine Banknote von<lb/> nicht unbedeutendem Werth und die Unterſchrift<lb/> ſah aus wie Andrea Montelli, ſoweit ſie ſich<lb/> entziffern ließ.</p><lb/> <p>„Sonderbar“, murmelte der junge Mann,<lb/> nachdem er den Brief geleſen und die Banknote<lb/> entfaltet hatte. „Der Ton der Forderung iſt<lb/> etwas gebieteriſch, aber der Auftrag vielleicht<lb/> gerade deßwegen intereſſant. Soll ich mich auf<lb/> das Abenteuer einlaſſen? Um einer ſolchen<lb/> Summe willen iſt es wohl der Mühe werth und<lb/> zudem —“ Er ließ den Satz unvollendet, aber<lb/> auf ſeinem Geſicht ſtand geſchrieben, daß er ſich<lb/> gerade in einer Stimmung befand, bei welcher<lb/> ihm ein etwas aufregendes oder ungewöhnliches<lb/> Erlebniß ſehr willkommen war.</p><lb/> <p>„Erſt um acht Uhr“, wiederholte er nach<lb/> einigen Minuten, „um ſechs Uhr wäre mir<lb/> lieber.“</p><lb/> <p>Mit einem leiſen Seufzer wandte er ſich<lb/> wieder dem Bilde auf ſeiner Staffelei zu. Wäh-<lb/> rend er es betrachtet, wollen wir <hi rendition="#g">ihn</hi> in Au-<lb/><cb/> genſchein nehmen. Obgleich ſein Geſicht jetzt einen<lb/> mißvergnügten Ausdruck trägt, (er iſt offenbar<lb/> mit ſeinem Tagewerk unzufrieden) ſo liegt doch<lb/> in ſeiner ganzen Erſcheinung etwas unwiderſteh-<lb/> lich Anziehendes für Auge und Gemüth; ſeine<lb/> feinen Geſichtszüge, ſein Blick, ſein Lächeln,<lb/> feſſeln wie mit Zaubergewalt. Wer ſo als Menſch<lb/> und Künſtler nicht nur durch äußere Wohlgeſtalt,<lb/> ſondern auch durch einen höheren geiſtigen Reiz<lb/> das Intereſſe wecken und die Herzen für ſich<lb/> einnehmen kann, der hat einen großen Einfluß,<lb/> zum Guten oder Böſen, je nachdem Selbſtliebe<lb/> oder Edelmuth die Triebfeder ſeiner Hand-<lb/> lungen iſt.</p><lb/> <p>Wie es in der Seele dieſes Mannes aus-<lb/> ſieht, wird uns ſein künftiges Thun offenbaren.<lb/> Einflweilen laſſen uns die Blumenſtöcke an ſei-<lb/> nem Fenſter und der ſingende Vogel im Bauer<lb/> darauf ſchließen, daß er ſanften Neigungen zu-<lb/> gänglich iſt, während die Schwerter und Flinten,<lb/> die auf rothem Hintergrund über dem Kamin-<lb/> ſims prangen, kundthun, daß auch kraftvollere,<lb/> männliche Züge ſeinem Charakter nicht fremd<lb/> find. Er iſt groß und hat graue Augen, Haar<lb/> und Bart ſind ſchwarz. Wir halten ihn bis auf<lb/> weiteres für einen ſtarken, begeiſterungsvollen,<lb/> liebenswerthen Menſchen. Es wird ſich bald<lb/> herausſtellen, ob wir nur ein allzugünſtiges Vor-<lb/> urtheil für ihn gefaßt haben oder ob er wirklich<lb/> unſere Hochachtung verdient.</p> </div> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [[4]/0004]
Militärs mit dem Kaiſer in Sachen der Militär-
vorlage hätten nicht ſtattgefunden. Der Kaiſer
hege die Abſicht, falls der Reichstag die Militär-
vorlage in der Hauptſache nicht genehmige, die
geſetzlich beſtehende dreijährige Dienſtzeit in vollem
Umfange zur Ausführung zu bringen. Es ſei
verbürgt, daß die entſcheidenden Stellen einen
Conflict vermeiden und mit dem jetzigen Reichs-
tage auskommen möchten, auch wenn die Vorlage
ſcheitern ſollte.
(Der Panamaſcandal.) Samſtag wurden
an zahlreichen Straßenecken von Paris Placate an-
geheftet, unterzeichnet mit „Suffrage universel“,
worin Carnot aufgefordert wird, ein Ausnahme-
decret zu erlaſſen, wonach alle irgendwie den
Ruin der Panama-Geſellſchaft verſchuldenden oder
mit Geld betheiligten Perſonen verhaftet und ihr
ganzes Vermögen bis zu einer Milliarde confis-
cirt werden ſoll behufs Entſchädigung der Actio-
näre und der Prioritätenbeſitzer.
Locales und Provinzielles.
Olmütz, 2. Jänner.
(Kaiſerliche Spenden.) Der Kaiſer hat
dem Franziskaner-Kloſter in Ung.-Hradiſch
zur Reſtaurirung des Thurmes der Kloſterkirche
als Unterſtützung den Betrag von 100 fl., der
Gemeinde Počitek zur Wiederſtellung der ab-
gebrannten Capelle den Betrag von 50 fl., der
Gemeinde Laſchkau für Feuerwehrzwecke, dann
der Feuerwehr in Drinau, Hangenſtein,
Neufang, Spieglitz und Zeſchau je eine
Unterſtützung von 50 fl. aus Privatmitteln be-
willigt.
(Gratulationscour.) Geſtern Vormit-
tags 11½ Uhr empfing der hochw. Herr Fürſt-
erzbiſchof Dr. Theodor Kohn das Metro-
politancapitel, den Domclerus, ſowie den
übrigen Clerus von Olmütz um die Neu-
jahrsglückwünſche entgegenzunehmen. Der hochw.
Prälat Capitel-Vicar Dr. Joſef Hanel brachte
Namens der Erſchienenen die Glückwünſche dar,
worauf der Herr Fürſterzbiſchof mit herzlichen
Dankesworten erwiderte.
(Perſonales.) Herr Generalmajor Ritter
v. Benkiſer iſt von ſeinem Urlaube zurückge-
kehrt. —
(Leichenbegängniß.) Geſtern Nachmittags
½5 Uhr fand vom Trauerhauſe, Oberring, das
Leichenbegängniß des verſtorbenen Haus- und
Buchdruckereibeſitzers Herrn Guſtav Slawik unter
äußerſt ſtarker Betheiligung ſtatt. Nach der Einſegnung
der Leiche wurde der mit Kränzen reich geſchmückte
Sarg auf den vierſpännigen Gala-Leichenwagen
der „Pietät“ gehoben, worauf ſich der impoſante
Trauerzug zum ſtädt. Friedhofe in Bewegung
ſetzte. Dem Sarge folgten die trauernden Hinter-
bliebenen, Herr Bürgermeiſter Joſef v. Engel,
Herr Handelskammerprädent Moritz Prima-
veſi, Mitglieder des Gemeinderathes, des Stadt-
verordneten-Collegiums, der Olmützer Handels-
und Gewerbekammer, der Genoſſenſchaft der
Preßgewerbe, Vertreter des Beamtenſtandes, der
Lehrerſchaft, der Advocatie, des Handels- und
Gewerbeſtandes, ſowie zahlreiche Leidtragende.
Auf dem Friedhofe fand die nochmalige Einſeg-
nung der Leiche ſtatt, worauf dieſelbe in der
Familiengruft beigeſetzt wurde.
(Patriotiſcher Frauenhilfsverein.) Der
hieſige Zweigverein des patr. Frauenhilfsvereins
hat bereits ſeinen Rechnungsabſchluß für das
Jahr 1892 dem Präſidium in Brünn vorgelegt.
Wir entnehmen demſelben, daß das Vereinsver-
mögen, welches mit Schluß 1891 die Höhe von
7834 fl. 84 kr. erreicht hatte, im abgelaufenen
Jahre den anſehnlichen Zuwachs von 1736 fl.
89 kr. erfahren hat und ſomit gegenwärtig ſich
auf 9571 fl. 73 kr. beläuft. Auch die Zahl der Ver-
einsmitglieder iſt Dank der eifrigen Thätigkeit der
Präſidentin, Gräfin Erneſtine Zierotin im verfloſſe-
nen Jahre um 38 geſtiegen, ſo daß der Verein gegen-
wärtig 298 Mitglieder zählt, die höchſte Mit-
gliederzahl ſeit ſeinem Beſtehen. Die Jahresbei-
träge der Mitglieder betrugen im Jahre 1892
die Summe von 638 fl. An Spenden gingen
ein 32 fl., an Erträgniß für die lebenden Bilder
1049 fl. 10 kr. An den Stammverein wurden
abgeführt 315 fl. Die Auslagen für den Verein
beliefen ſich auf 8 fl., eine gewiß unbedeutende
Summe, die nur dadurch erklärlich iſt, daß die
Präſidentin, Gräfin Zierotin, eifrigſt befliſſen iſt,
dem Vereine jede Auslage zu erſparen.
(Aus dem Stadtverordneten-Collegium.)
Die Tagesordnung der heutigen Sitzung des
Stadtverordneten-Collegiums iſt folgende: Ge-
meinderäthlicher Antrag auf den Beitritt der im
Parke beſchäftigten Arbeiter in die Bezirks-
krankencaſſa. — Eingabe des hieſigen Vereines
der Hausbeſitzer zur Frage der Kehricht-Ausfuhr
aus den Häuſern. — Bauämtlicher Bericht über
die Beleuchtung der Bahnhofſtraße mit electriſchem
Lichte. — Bauämtlicher Bericht über einige Ab-
änderungen zu der neuen Landwehrkaſerne zur
volleren Ausnützung derſelben. — Geſuch des
Central-Vereines zur Erhaltung der Krieger-
denkmale in Böhmen vom Jahre 1866 um
Förderung ſeiner Zwecke. — Bericht der ſtädt.
Rechnungsabtheilung über den Erlös für ab-
geſetzte Hundemarken im Jahre 1892. —
Bericht der ſtädt. Rechnungsabtheilung über die
Einnahme von Bürgerrechtstaxen im Jahre 1892.
— Bericht der ſtädt. Rechnungs-Abtheilung über
die Einnahme von Heimathrechtstaxen im Jahre
1892. — Geſuch der Franziska Galle, Witwe
des verſtorbenen ſtädt. Wachinſpicienten Johann
Galle, um einen Beitrag zu den Krankheits-
und Begräbnißkoſten. — Eingabe des Curatoriums
der ſtädt. Pfandleihanſtalt in Betreff der Wahl
zweier Stadtverordneten zur Prüfung des Rech-
nungsabſchlußes der Anſtalt. — Bericht des
Theater-Comités mit Bezug auf den Ablauf des
beſtehenden Theatervertrages. (2. Leſung.) —
Bericht der 3. Section über ein Geſuch um das
Heimathrecht. (2 Leſung.) — Bericht der 3.
Section über die Beſetzung von forſtämtlichen
Dienſtesſtellen. (2. Leſung.) — Bericht der 3.
Section über das Geſuch des Revierförſters A.
Dwořak um Vorrückung in die höhere Gehalts-
ſtufe. (2. Leſung.) — Bericht der 3. Section
über das Geſuch eines ſtädt. Beamten über die
Umwandlung der Caution durch ratenweiſe Ein-
zahlung. (2. Leſung) — Bericht der 3. Section
über das Geſuch des ſtädt. Thierarztes Herrn
Franz Sallinger um Aufbeſſerung ſeiner Bezüge.
(2. Leſung) — Bericht der 3. Section über ein
Geſuch um Wiederzuerkennung des Bürgerrechtes.
(Todesfall.) Geſtern Vormittags verſtarb
hier Frau Anna Zähntner, Reſtaurateursgattin
aus Wien. Die Verſtorbene war die Schwieger-
mutter des Herrn Reſtaurateurs Emanuel
Krejcik. Das Leichenbegängniß findet morgen
Dienſtag um 3 Uhr Nachmittags vom Trauer-
hauſe, Oberring Nr. 24, aus ſtatt.
(Die erſte Hälfte der Theaterſaiſon) iſt
vorüber. In derſelben gelangten 14 verſchiedene
Opern, („Martha“, „Maskenball“, „Waffen-
ſchmied“, „Hugenotten“, „Fauſt“, „Lohengrin“,
„Rigoletto“, „Nachtlager“, „Troubadour“, „Frei-
ſchütz“, „Tell“, Undine“, „Carmen“, „Caval-
leria“) auf unſerer Bühne zur Aufführung.
Operetten wurden zwölf verſchiedene aufgeführt
und zwar: „Methuſalem“, „Micado“, „Des
Löwen Erwachen“, „Vogelhändler“, „Penſionat“,
„Sonntagskind“, „Die Glocken“, „Zigeuner-
baron“, Fatinitza“, „Der arme Jonathan“,
„Verwunſchenes Schloß“ und „Die ſchöne Gala-
thea“. Die übrigen Aufführungen gehören dem
recitirenden Drama an. Das Reperioire war
ein ſehr abwechslungsreiches und brachte
eilf Novitäten, darunter Ibſens „Nora“ Anzen-
grubers „Der Fleck auf der Ehr’“, Blumenthals
„Orientreiſe.“ An Gäſten von Bedeutung ſahen
wir Herrn Baumeiſter, Frau Baudius und
Herrn Bonn. Von claſſiſchen Stücken wurde
Goethes „Egmont“, Schillers „Braut von Meſ-
ſina“, Shakeſpeares „Hamlet“ aufgeführt. Auf
dem Gebiete des claſſiſchen Repertoires wäre ſo-
mit noch Manches in der zweiten Saiſonhälfte
nachzuholen. Die Oper rüſtet für dieſe Saiſon-
hälfte zur „Walküre“ Richard Wagners und zu
deſſen „Taunhäuſer.“ Das Schauſpiel ſoll uns
eine ſorgfältige Vorführung von Goethes „Fauſt“
bringen.
(Vom Theater.) Die Strauß’ſche Operette:
„Carneval in Rom“ hat bei ihrer geſtern
ſtattgefundenen Aufführung ſeht gefallen und
waren ſämmtliche in derſelben beſchäftigt geweſe-
nen Darſteller bemüht ihre Parthicen zur vollen
Geltung zu bringen. In erſter Linie gilt dieß
von den Damen Koleit und Kronthal,
von welchen erſtere die „Marie“ und letztere die
„Gräfin Falkoni“ ſpielte. Frl. Koleit ſang ihre
Parthie mit ſchöner Stimme und fand
ſich auch ſchauſpieleriſch mit derſelben gut ab.
Am Millionen.
Roman von A. K. Green.
(Nachdruck verboten.)
Erſtes Capitel.
Der Brief.
Auf dem oberſten Treppenabſatz eines New-
Yorker Ateliergebäudes ſtand ein altes Weib.
Sie hielt einen Brief in der Hand, deſſen Auf-
ſchrift ſie eifrig ſtudierte und dann auf das ſorg-
fältigſte mit dem Namen auf dem Thürſchild
verglich. Hamilton Degraw las ſie hier, Hamil-
ton Degraw las ſie dort. Verſtohlen blickte ſie
nach allen Seiten, ſchob raſch den Brief unter
die Thür und floh eileuds davon.
Drinnen ſaß der junge Künſtler dieſes
Namens allein. Er malte nicht, er war nur in
das Anſchauen eines faſt vollendeten Bildes auf
ſeiner Staffelei verſunken. Beim Geräuſch der
ſich draußen haſtig entfernenden Fußtritte ſah er
ſich um und bemerkte den Brief. Er ſtand auf,
bückte ſich danach, betrachtete ihn flüchtig und
öffnete ihn. Erſtaunt las er folgende Worte:
„Herr Degraw wird gebeten, das Beifol-
gende gütigſt anzunehmen und in Erwiderung
dafür ſich heute Abend um acht Uhr mit Pa-
pier und Bleiſtift nach Nummer 391 der
Eaſt—Straße zu begeben. Es handelt ſich für
jetzt nur um Aufnahme einer einfachen Skizze.
Später würde vielleicht ein größeres Gemälde
beſtellt werden. Durch den Gegenſtand der
Skizze ſelbſt wird es ſich erklären, warum die
Arbeit zu ſo ungewöhnlicher Stande und bei
aller Eile doch mit der größten Genauigkeit
ausgeführt werden muß.
Sollte Herr Degraw verhindert ſein, ſo
bitten wir um ſofortige Benachrichtigung.“
Das „Beifolgende“ war eine Banknote von
nicht unbedeutendem Werth und die Unterſchrift
ſah aus wie Andrea Montelli, ſoweit ſie ſich
entziffern ließ.
„Sonderbar“, murmelte der junge Mann,
nachdem er den Brief geleſen und die Banknote
entfaltet hatte. „Der Ton der Forderung iſt
etwas gebieteriſch, aber der Auftrag vielleicht
gerade deßwegen intereſſant. Soll ich mich auf
das Abenteuer einlaſſen? Um einer ſolchen
Summe willen iſt es wohl der Mühe werth und
zudem —“ Er ließ den Satz unvollendet, aber
auf ſeinem Geſicht ſtand geſchrieben, daß er ſich
gerade in einer Stimmung befand, bei welcher
ihm ein etwas aufregendes oder ungewöhnliches
Erlebniß ſehr willkommen war.
„Erſt um acht Uhr“, wiederholte er nach
einigen Minuten, „um ſechs Uhr wäre mir
lieber.“
Mit einem leiſen Seufzer wandte er ſich
wieder dem Bilde auf ſeiner Staffelei zu. Wäh-
rend er es betrachtet, wollen wir ihn in Au-
genſchein nehmen. Obgleich ſein Geſicht jetzt einen
mißvergnügten Ausdruck trägt, (er iſt offenbar
mit ſeinem Tagewerk unzufrieden) ſo liegt doch
in ſeiner ganzen Erſcheinung etwas unwiderſteh-
lich Anziehendes für Auge und Gemüth; ſeine
feinen Geſichtszüge, ſein Blick, ſein Lächeln,
feſſeln wie mit Zaubergewalt. Wer ſo als Menſch
und Künſtler nicht nur durch äußere Wohlgeſtalt,
ſondern auch durch einen höheren geiſtigen Reiz
das Intereſſe wecken und die Herzen für ſich
einnehmen kann, der hat einen großen Einfluß,
zum Guten oder Böſen, je nachdem Selbſtliebe
oder Edelmuth die Triebfeder ſeiner Hand-
lungen iſt.
Wie es in der Seele dieſes Mannes aus-
ſieht, wird uns ſein künftiges Thun offenbaren.
Einflweilen laſſen uns die Blumenſtöcke an ſei-
nem Fenſter und der ſingende Vogel im Bauer
darauf ſchließen, daß er ſanften Neigungen zu-
gänglich iſt, während die Schwerter und Flinten,
die auf rothem Hintergrund über dem Kamin-
ſims prangen, kundthun, daß auch kraftvollere,
männliche Züge ſeinem Charakter nicht fremd
find. Er iſt groß und hat graue Augen, Haar
und Bart ſind ſchwarz. Wir halten ihn bis auf
weiteres für einen ſtarken, begeiſterungsvollen,
liebenswerthen Menſchen. Es wird ſich bald
herausſtellen, ob wir nur ein allzugünſtiges Vor-
urtheil für ihn gefaßt haben oder ob er wirklich
unſere Hochachtung verdient.
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