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Mährisches Tagblatt. Nr. 266, Olmütz, 21.11.1892.

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[Spaltenumbruch]

ausgezeichneter forensischer Redner die Geschwor-
nen aufgefordert, nicht als "Tschechen" zu ur-
theilen. --

Abg. Dr. Groß: Er kennt seine Landsleute.

Abg. Dr. Menger: Wenn Vertheidigung
und Staatsverwaltung es für nöthig erachten,
die Geschwornen aufzufordern, nicht als Tschechen,
sondern als Menschen zu urtheilen, dann beweist
das eine tiefgehende Krankheit.

Redner bespricht schließlich das Budget
selbst und begründet in politischer Hinsicht das
Votum seiner Partei. Wir haben, sagt er, durch
lange Beobachtung der Verhältnisse die Ueber-
zeugung gewonnen, daß das Ministerium viel
gegen unser Interesse gethan habe, und wir sind
daher durchaus nicht in der Lage, das Ministerium
zu lieben, wie ein Redner gesagt. Ich selbst bin
keine politisch versative Natur, und was ich be-
kämpft und für irrig gehalten habe, das halte
ich auch jetzt für irrig. Aber die Ueberzeugung
haben wir gewonnen, daß die Deutschen in
Oesterreich von der Regierung nicht entfernt so
gehaßt werden, wie von verschiedenen Gegenpar-
teien hier im Hause dies leider geschieht. Die
Regierung hat uns oft sehr weh gethan, aber
warum? Weil sie gewisse Dinge durchsetzen
wollte, und um sie durchzuführen unseren Geg-
nern verschiedene Concessionen machen mußte, die
uns noch in der Erinnerung wehe thun. Unter
solchen Umständen stehen wir vor der Aufgabe,
uns zu entscheiden, sollen wir zulassen, daß das
Budget votirt werde und dabei auf unsere Kosten
Concessionen erzwungen werden, oder sollen wir
für das Budget stimmen? Unsere Lage wird viel-
fach beneidet, aber sie ist gerade im Ge-
gentheil, eine überaus entsagungsvolle, sie ist voll
von Selbstverleugnung und nur die Liebe zu
unserem Volke und die Liebe zu ganz Oesterreich-
hat uns bewogen, diese Entsagung und Selbst-
verleugnung zu üben. Wir haben die Ueberzeugung
daß das Ministerium nicht entfernt unser Gegner
in dem Maße war und noch weniger jetzt ist,
wie es gewisse Parteien im Hause sind. Unter
solchen Umständen glauben wir verpflichtet zu
sein, für das Budget zu stimmen im Interesse unseres
Volkes und des ganzen Staates. (Lebhafter
Beifall und Händeklatschen links.)

Abg. Dr. Kaizl gibt die Erklärung ab,
welche von sämmtlichen jungtschechischen Abgeord-
neten und Abgeordneten Dr. Zucker unterfertigt ist.

Abg. Graf Deym: Abgeordneter Menger
hat, wie das durch Se. Excellenz den Präsiden-
ten aus dem Originale des stenographischen Pro-
tocolles constatirt wurde, in seiner gestrigen Rede
gesagt: "Wir kennen kein böhmisches Staatsrecht,
von einem böhmischen Staatsrecht zu sprechen, ist
Hochverrath, Sie sind Hochverräther." Durch
diesen Ausspruch mußte sich Jedermann verletzt
fühlen, der sich des Entstehens der österreichischen
[Spaltenumbruch] Monarchie aus selbständigen Staaten bewußt, für
die Festigung und Entwicklung dieses Reiches ge-
mäß seinem Entstehen auf Grund historischer
Rechte eingestanden ist und auch weiterhin in
gleicher Weise einsteht, wobei jedoch die Verthei-
digung des böhmischen Staatsrechtes dem Be-
streben nach Schaffung eines innerhalb der Gren-
zen dieser Monarchie neuen selbstständigen, mit
der Einheit des Reiches unvereinbaren Staates
nicht gleichkommt. Obwohl Abgeordneter Menger
wegen seines Ausspruches, der eine parlamenta-
rische Verhandlung unmöglich macht und das
Verhältniß der Parteien vergiften muß, bereits
zur Ordnung gerufen wurde, bin ich dennoch von
den conservativen Großgrundbesitzern und den uns
befreundeten Abgeordneten aus Böhmen und
Mähren beauftragt, gegen jenen unerhörten Anwurf
Verwahrung einzulegen, denn unsere Kaisertreue und
unser Patriotismus können von Niemandem in
Zweifel gezogen werden; dies umsoweniger, als die
von uns vertheidigten Landesrechte enge mit der
böhmischen Königskrone verknüpft sind, dieses von
uns gewahrte, in den das Reich bildenden Ländern
lebendige Rechtsgefühl wiederholt seitens der
Monarchen volle Würdigung erfahren hat und
wir selbst in Folge einer allerhöchsten Thronrede
in diesem Hause anwesend sind, in welcher unserer
Rechtsüberzeugung Achtung zugesichert wird. (Bei-
fall im Centrum.)

Abg. Masaryk erklärt gegenüber den Aus-
führungen des Abg. Menger, daß er den Deut-
schenhaß mit keinem Worte gepredigt, gegen das
deutsche Volk, die deutsche Cultur und die Deut-
schen in Oesterreich kein Wort gesprochen habe.
Er habe die nationale Politik des Fürsten
Bismarck vom tschechischen Standpuncte aus be-
urtheilt, und er müsse darauf beharren, daß die
öffentliche Meinung durch diese Politik in Deutsch-
land arg geschädigt und die europäische Politik
demoralisirt wurde. Das deutsche Volk sei von
ihm nicht im geringsten angegriffen worden. Es
werde ihm doch erlaubt sein, über Bismarck ein
Urtheil zu fällen. Bismarck würde nicht so
kleinlich sein, daß er es nicht vertragen würde,
daß über seine Leistungen öffentlich und männlich
gesprochen wird. Welchen Eindruck hat es auf
jeden rechtlich denkenden Menschen gemacht, was
Bismarck selbst über die Redaction der Emser
Depesche gesagt hat.

Redner bedauert es, daß die Wiener Presse
mit wenigen Ausnahmen ihm, um, wie es
scheine, dem Abg. Menger eine Lection zu geben,
mit eine zweite und stärkere Lection gegeben
habe. Er bedauere dies, hoffe aber, es werde
mit der Zeit auch in der öffentlichen Presse und
in diesem Hause möglich sein, über Thatsachen
sachlich zu sprechen. Der Abg. Menger habe auch
an das österreichische Problem erinnert, das hier
zu lösen sei. Dieses Problem sollte thatsächlich
[Spaltenumbruch] Allen ein liebes Problem sein, und erinnere er
an das Wort eines großen Denkers, der gesagt
habe, daß, wenn Goldgräber bei ihrer Arbeit an
einander gerathen, eben weil sie Großes im
Auge haben, sie kleinlichen Zank und Streit nicht
aufkommen lassen werden. Redner schließt mit
der Versicherung, er sei sich dessen bewußt, daß
er in der gestrigen Discussion nichts Anderes
vorgebracht habe, als was von allen Parteien
auf gleiche Weise ebenso sachlich und ruhig be-
handelt werden sollte. (Beifall bei den Jung-
tschechen.)

Abg. Dr. Bareuther: Im Namen meiner,
der Deutschen Nationalpartei angehörigen Ge-
sinnungsgenossen erkläre ich, daß wir ein böhmi-
sches Staatsrecht nie und nimmer anerkennen
(Lebhafter Beifall links), und daß wir die Ver-
wirklichung eines solchen Wahngebildes, welches
gegen die nationale und wirthschaftliche Existenz
unseres Volkes in Böhmen, Mähren und Schlesien
gerichtet ist (Lebhafter Beifall links), mit allen
uns zu Gebote stehenden Mitteln bekämpfen wer-
den. (Lebhafter Beifall links.) Was die Aeußerung
des Abgeordneten Dr. Masarik über den eisernen
Reichskanzler betrifft, so sei Jedem die Kritik
unbenommen, aber der Name dieses unvergleich-
lichen deutschen Mannes steht uns so hoch, daß
solche nergelnde Bemerkungen, wie wir sie ge-
hört haben, niemals den Ruhm dieses Namens
verringern können. (Lebhafter Beifall links.)

Abg. Dr. Menger polemisirt unter An-
führung von Citaten aus der gestrigen Rede
Masarik's sehr glücklich gegen den genannten Ab-
geordneten und betont wiederholt, es sei die
Hauptaufgabe des Parlaments, einen modus
vivendi
zu finden; es sei zu wünschen, daß die
Unsicherheit der Verhältnisse durch ein gerechtes
Nationalitätengesetz beseitigt werde. Wenn dies ge-
schehen solle, dann müsse aber jener Ton der Debatte
eingehalten werden, den der Abg. v. Plener in
seiner Rede angeschlagen habe. Man dürfe auch die
heiligsten und innersten Gefühle der Deutschen
nicht auf das Schärfste verletzen. Die Tschechen
dürfen nicht glauben, hier einen Freibrief zu
haben, Andere zu verletzen, während, wenn die
Deutschen sich nur die Abwehr erlauben, dies
tiefste Entrüstung hervorruft. Wenn dieses Prin-
cip der Behandlung gegen die Deutschen ange-
wendet merden wird, so werde es auch seitens der
Deutschen gegen die Tschechen angewendet werden,
und die Tschechen werden sich über die Deutschen
nicht zu beklagen haben, außer wenn sie Dinge
vorbringen, die ein Deutscher unmöglich über sich
ergehen lassen kann. (Beifall links.)

Abg. Freiherr v. Scharschmid wendet sich
in einer thatsächlichen Berichtigung gegen eine
Bemerkung des Abg. Dr. Geßmann, bezüglich
Schaffung der Dienstespragmatik. Den Initiativen
des Gesetzentwurfes sei es darum zu thun, daß




[Spaltenumbruch]

-- man kommt dabei sowohl um das Geld, wie
um den Freund -- -- --"

"Lieber Eck, Dir sind 3000 Mark eine
Kleinigkeit -- --"

Er strich sich den wohlgepflegten Schnurrbart.

"Wenn auch," meinte er. "Aber ich kann
es nicht -- -- ich thue es nicht!"

Jäh fuhr da Harry empor.

"So bin ich am Ende!" rief er leidenschaft-
lich und griff nach seinem Hut.

"Die Angelegenheit," sagte Eck wieder, "wird
sich ja anderweitig arrangiren lassen! Ich habe
auch gar nicht so viel Geld im Hause!"

"Damit trösten wir uns," entgegnete ich,
"ein Wechsel von Dir genügt vollständig!"

"Ich darf es nicht," gab er zurück. "Meine
Grundsätze erlauben mir kein Abweichen! Die
Sache läßt sich doch wohl anders zum Austrag
bringen!"

"O ja," rief der Andere wild, "o ja, --
durch die Pistole!"

Und dann trat er dicht an Eck heran und
seine Stimme sank zum Flüstern herab, während
dicke Schweißtropfen über seine Stirn perlten:

"Und nicht mich allein wird's treffen --
noch eine Andere --"

"Harry," schrie ich auf, "bist Du rasend?"

"Ja, noch eine Andere!" wiederholte er.

Und ehe ich oder Eck ihn halten konnten,
war er zur Thür hinaus. Ich eilte nach. Noch
einmal wandte ich mich an Eck.

"Hast Du Dein letztes Wort gesprochen?"

"Ich -- -- kann's nicht, Kinder! Nehmt
[Spaltenumbruch] mir's nicht übel! Meine Grundsätze -- -- --"

Donnernd warf ich die Thür in's Schloß
und stürzte auf die Straße. Von Harry war
keine Spur zu sehen. -- -- -- -- -- -- --
-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --

Ich wußte. wen er mit jener "Andern" ge-
meint hatte: seine Braut. Sie war ein armes,
elternloses Mädchen, das er irgendwo kennen ge-
lernt hatte und zu dem er sich in aufrichtiger, tiefer
Liebe hingezogen fühlte. Wenn er heute zur Pistole
griff, so würde sein Tod ihr das Herz brechen. Das
hat er doch wohl gemeint mit jenen Worten:

"Und mich nicht allein wird's treffen --
noch eine Andere."

Oder -- -- -- --

Und wieder schoß mir wie vorhin, ein furcht-
barer Gedanke durch den Kopf.

Ich fuhr in Harry's Wohnung. "Er sei den
ganzen Tag nicht dagewesen!" wurde mir auf
meine Frage nach ihm zur Antwort.

Im Galopp fuhr ich in Käthe's Wohnung,
so hieß Harry's Braut.

"Herr Wolfgang und Fräulein Käthe sind
vor zehn Minuten ausgegangen", sagte mir die
alte Tante, die mir öffnete.

"Wohin?" fragte ich athemlos.

"Sie wollten, glaube ich, einige Einkäufe
machen!"

Ich stürzte fort -- hinunter -- -- zur
Droschke -- --

"Wohin?" fragte der Kutscher.

Ja, wohin? Wohin? -- -- -- -- -- --
-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --


[Spaltenumbruch]

Still ist die Nacht.

In einem kleinen Zimmer eines kleinen
Hotels sitzen zwei junge Leute -- ein Jüngling
und ein Mädchen -- sie halten sich umschlungen,
keins von Beiden spricht ein Wort.

Langsam fällt draußen der Regen und hin
und wieder schlägt ein schwerer Tropfen auf die
Blechbeschläge des Fensters, daß die Beiden er-
schrocken aufsehen und horchen ob sie etwa Jemand
belauscht.

Einige Briefe lagen wohlverschlossen auf dem
Tisch. Und daneben blitzt ein zierlicher, kleiner
Revolver, auf dem die Strahlen des unstät
flackernden Lichtes unheimlich zittern -- --

Nichts ist vernehmbar, wie das eintönige
Tick-Tack der Uhr an der Wand -- --

"Das Licht geht zu Ende!" flüsterte das
junge Mödchen.

"Dann wird unsere Stunde gekommen sein!"
entgegnete der Andere.

Er schaut ihr tief in die schönen braunen
Augen.

"Fürchtest Du Dich, Geliebte?"

"Ich? Wie sollte ich mich fürchten! Gehst
Du doch mit mir jenen dunklen Weg!"

Er nickte nur, dann küßte er ihre rothen
Lippen.

"Und gibt es keine Rettung mehr?"

"Keine, Geliebte, keine! Ich bin entehrt,
wenn der Morgen graut!"

Sie umschlingt ihn fest und zieht sein Haupt
an ihre Brust und streicht von der hohen, weißen
Stirn die üppigen Locken.


[Spaltenumbruch]

ausgezeichneter forenſiſcher Redner die Geſchwor-
nen aufgefordert, nicht als „Tſchechen“ zu ur-
theilen. —

Abg. Dr. Groß: Er kennt ſeine Landsleute.

Abg. Dr. Menger: Wenn Vertheidigung
und Staatsverwaltung es für nöthig erachten,
die Geſchwornen aufzufordern, nicht als Tſchechen,
ſondern als Menſchen zu urtheilen, dann beweiſt
das eine tiefgehende Krankheit.

Redner beſpricht ſchließlich das Budget
ſelbſt und begründet in politiſcher Hinſicht das
Votum ſeiner Partei. Wir haben, ſagt er, durch
lange Beobachtung der Verhältniſſe die Ueber-
zeugung gewonnen, daß das Miniſterium viel
gegen unſer Intereſſe gethan habe, und wir ſind
daher durchaus nicht in der Lage, das Miniſterium
zu lieben, wie ein Redner geſagt. Ich ſelbſt bin
keine politiſch verſative Natur, und was ich be-
kämpft und für irrig gehalten habe, das halte
ich auch jetzt für irrig. Aber die Ueberzeugung
haben wir gewonnen, daß die Deutſchen in
Oeſterreich von der Regierung nicht entfernt ſo
gehaßt werden, wie von verſchiedenen Gegenpar-
teien hier im Hauſe dies leider geſchieht. Die
Regierung hat uns oft ſehr weh gethan, aber
warum? Weil ſie gewiſſe Dinge durchſetzen
wollte, und um ſie durchzuführen unſeren Geg-
nern verſchiedene Conceſſionen machen mußte, die
uns noch in der Erinnerung wehe thun. Unter
ſolchen Umſtänden ſtehen wir vor der Aufgabe,
uns zu entſcheiden, ſollen wir zulaſſen, daß das
Budget votirt werde und dabei auf unſere Koſten
Conceſſionen erzwungen werden, oder ſollen wir
für das Budget ſtimmen? Unſere Lage wird viel-
fach beneidet, aber ſie iſt gerade im Ge-
gentheil, eine überaus entſagungsvolle, ſie iſt voll
von Selbſtverleugnung und nur die Liebe zu
unſerem Volke und die Liebe zu ganz Oeſterreich-
hat uns bewogen, dieſe Entſagung und Selbſt-
verleugnung zu üben. Wir haben die Ueberzeugung
daß das Miniſterium nicht entfernt unſer Gegner
in dem Maße war und noch weniger jetzt iſt,
wie es gewiſſe Parteien im Hauſe ſind. Unter
ſolchen Umſtänden glauben wir verpflichtet zu
ſein, für das Budget zu ſtimmen im Intereſſe unſeres
Volkes und des ganzen Staates. (Lebhafter
Beifall und Händeklatſchen links.)

Abg. Dr. Kaizl gibt die Erklärung ab,
welche von ſämmtlichen jungtſchechiſchen Abgeord-
neten und Abgeordneten Dr. Zucker unterfertigt iſt.

Abg. Graf Deym: Abgeordneter Menger
hat, wie das durch Se. Excellenz den Präſiden-
ten aus dem Originale des ſtenographiſchen Pro-
tocolles conſtatirt wurde, in ſeiner geſtrigen Rede
geſagt: „Wir kennen kein böhmiſches Staatsrecht,
von einem böhmiſchen Staatsrecht zu ſprechen, iſt
Hochverrath, Sie ſind Hochverräther.“ Durch
dieſen Ausſpruch mußte ſich Jedermann verletzt
fühlen, der ſich des Entſtehens der öſterreichiſchen
[Spaltenumbruch] Monarchie aus ſelbſtändigen Staaten bewußt, für
die Feſtigung und Entwicklung dieſes Reiches ge-
mäß ſeinem Entſtehen auf Grund hiſtoriſcher
Rechte eingeſtanden iſt und auch weiterhin in
gleicher Weiſe einſteht, wobei jedoch die Verthei-
digung des böhmiſchen Staatsrechtes dem Be-
ſtreben nach Schaffung eines innerhalb der Gren-
zen dieſer Monarchie neuen ſelbſtſtändigen, mit
der Einheit des Reiches unvereinbaren Staates
nicht gleichkommt. Obwohl Abgeordneter Menger
wegen ſeines Ausſpruches, der eine parlamenta-
riſche Verhandlung unmöglich macht und das
Verhältniß der Parteien vergiften muß, bereits
zur Ordnung gerufen wurde, bin ich dennoch von
den conſervativen Großgrundbeſitzern und den uns
befreundeten Abgeordneten aus Böhmen und
Mähren beauftragt, gegen jenen unerhörten Anwurf
Verwahrung einzulegen, denn unſere Kaiſertreue und
unſer Patriotismus können von Niemandem in
Zweifel gezogen werden; dies umſoweniger, als die
von uns vertheidigten Landesrechte enge mit der
böhmiſchen Königskrone verknüpft ſind, dieſes von
uns gewahrte, in den das Reich bildenden Ländern
lebendige Rechtsgefühl wiederholt ſeitens der
Monarchen volle Würdigung erfahren hat und
wir ſelbſt in Folge einer allerhöchſten Thronrede
in dieſem Hauſe anweſend ſind, in welcher unſerer
Rechtsüberzeugung Achtung zugeſichert wird. (Bei-
fall im Centrum.)

Abg. Maſařyk erklärt gegenüber den Aus-
führungen des Abg. Menger, daß er den Deut-
ſchenhaß mit keinem Worte gepredigt, gegen das
deutſche Volk, die deutſche Cultur und die Deut-
ſchen in Oeſterreich kein Wort geſprochen habe.
Er habe die nationale Politik des Fürſten
Bismarck vom tſchechiſchen Standpuncte aus be-
urtheilt, und er müſſe darauf beharren, daß die
öffentliche Meinung durch dieſe Politik in Deutſch-
land arg geſchädigt und die europäiſche Politik
demoraliſirt wurde. Das deutſche Volk ſei von
ihm nicht im geringſten angegriffen worden. Es
werde ihm doch erlaubt ſein, über Bismarck ein
Urtheil zu fällen. Bismarck würde nicht ſo
kleinlich ſein, daß er es nicht vertragen würde,
daß über ſeine Leiſtungen öffentlich und männlich
geſprochen wird. Welchen Eindruck hat es auf
jeden rechtlich denkenden Menſchen gemacht, was
Bismarck ſelbſt über die Redaction der Emſer
Depeſche geſagt hat.

Redner bedauert es, daß die Wiener Preſſe
mit wenigen Ausnahmen ihm, um, wie es
ſcheine, dem Abg. Menger eine Lection zu geben,
mit eine zweite und ſtärkere Lection gegeben
habe. Er bedauere dies, hoffe aber, es werde
mit der Zeit auch in der öffentlichen Preſſe und
in dieſem Hauſe möglich ſein, über Thatſachen
ſachlich zu ſprechen. Der Abg. Menger habe auch
an das öſterreichiſche Problem erinnert, das hier
zu löſen ſei. Dieſes Problem ſollte thatſächlich
[Spaltenumbruch] Allen ein liebes Problem ſein, und erinnere er
an das Wort eines großen Denkers, der geſagt
habe, daß, wenn Goldgräber bei ihrer Arbeit an
einander gerathen, eben weil ſie Großes im
Auge haben, ſie kleinlichen Zank und Streit nicht
aufkommen laſſen werden. Redner ſchließt mit
der Verſicherung, er ſei ſich deſſen bewußt, daß
er in der geſtrigen Discuſſion nichts Anderes
vorgebracht habe, als was von allen Parteien
auf gleiche Weiſe ebenſo ſachlich und ruhig be-
handelt werden ſollte. (Beifall bei den Jung-
tſchechen.)

Abg. Dr. Bareuther: Im Namen meiner,
der Deutſchen Nationalpartei angehörigen Ge-
ſinnungsgenoſſen erkläre ich, daß wir ein böhmi-
ſches Staatsrecht nie und nimmer anerkennen
(Lebhafter Beifall links), und daß wir die Ver-
wirklichung eines ſolchen Wahngebildes, welches
gegen die nationale und wirthſchaftliche Exiſtenz
unſeres Volkes in Böhmen, Mähren und Schleſien
gerichtet iſt (Lebhafter Beifall links), mit allen
uns zu Gebote ſtehenden Mitteln bekämpfen wer-
den. (Lebhafter Beifall links.) Was die Aeußerung
des Abgeordneten Dr. Maſařik über den eiſernen
Reichskanzler betrifft, ſo ſei Jedem die Kritik
unbenommen, aber der Name dieſes unvergleich-
lichen deutſchen Mannes ſteht uns ſo hoch, daß
ſolche nergelnde Bemerkungen, wie wir ſie ge-
hört haben, niemals den Ruhm dieſes Namens
verringern können. (Lebhafter Beifall links.)

Abg. Dr. Menger polemiſirt unter An-
führung von Citaten aus der geſtrigen Rede
Maſařik’s ſehr glücklich gegen den genannten Ab-
geordneten und betont wiederholt, es ſei die
Hauptaufgabe des Parlaments, einen modus
vivendi
zu finden; es ſei zu wünſchen, daß die
Unſicherheit der Verhältniſſe durch ein gerechtes
Nationalitätengeſetz beſeitigt werde. Wenn dies ge-
ſchehen ſolle, dann müſſe aber jener Ton der Debatte
eingehalten werden, den der Abg. v. Plener in
ſeiner Rede angeſchlagen habe. Man dürfe auch die
heiligſten und innerſten Gefühle der Deutſchen
nicht auf das Schärfſte verletzen. Die Tſchechen
dürfen nicht glauben, hier einen Freibrief zu
haben, Andere zu verletzen, während, wenn die
Deutſchen ſich nur die Abwehr erlauben, dies
tiefſte Entrüſtung hervorruft. Wenn dieſes Prin-
cip der Behandlung gegen die Deutſchen ange-
wendet merden wird, ſo werde es auch ſeitens der
Deutſchen gegen die Tſchechen angewendet werden,
und die Tſchechen werden ſich über die Deutſchen
nicht zu beklagen haben, außer wenn ſie Dinge
vorbringen, die ein Deutſcher unmöglich über ſich
ergehen laſſen kann. (Beifall links.)

Abg. Freiherr v. Scharſchmid wendet ſich
in einer thatſächlichen Berichtigung gegen eine
Bemerkung des Abg. Dr. Geßmann, bezüglich
Schaffung der Dienſtespragmatik. Den Initiativen
des Geſetzentwurfes ſei es darum zu thun, daß




[Spaltenumbruch]

— man kommt dabei ſowohl um das Geld, wie
um den Freund — — —“

„Lieber Eck, Dir ſind 3000 Mark eine
Kleinigkeit — —“

Er ſtrich ſich den wohlgepflegten Schnurrbart.

„Wenn auch,“ meinte er. „Aber ich kann
es nicht — — ich thue es nicht!“

Jäh fuhr da Harry empor.

„So bin ich am Ende!“ rief er leidenſchaft-
lich und griff nach ſeinem Hut.

„Die Angelegenheit,“ ſagte Eck wieder, „wird
ſich ja anderweitig arrangiren laſſen! Ich habe
auch gar nicht ſo viel Geld im Hauſe!“

„Damit tröſten wir uns,“ entgegnete ich,
„ein Wechſel von Dir genügt vollſtändig!“

„Ich darf es nicht,“ gab er zurück. „Meine
Grundſätze erlauben mir kein Abweichen! Die
Sache läßt ſich doch wohl anders zum Austrag
bringen!“

„O ja,“ rief der Andere wild, „o ja, —
durch die Piſtole!“

Und dann trat er dicht an Eck heran und
ſeine Stimme ſank zum Flüſtern herab, während
dicke Schweißtropfen über ſeine Stirn perlten:

„Und nicht mich allein wird’s treffen —
noch eine Andere —“

„Harry,“ ſchrie ich auf, „biſt Du raſend?“

„Ja, noch eine Andere!“ wiederholte er.

Und ehe ich oder Eck ihn halten konnten,
war er zur Thür hinaus. Ich eilte nach. Noch
einmal wandte ich mich an Eck.

„Haſt Du Dein letztes Wort geſprochen?“

„Ich — — kann’s nicht, Kinder! Nehmt
[Spaltenumbruch] mir’s nicht übel! Meine Grundſätze — — —“

Donnernd warf ich die Thür in’s Schloß
und ſtürzte auf die Straße. Von Harry war
keine Spur zu ſehen. — — — — — — —
— — — — — — — — — — — — —

Ich wußte. wen er mit jener „Andern“ ge-
meint hatte: ſeine Braut. Sie war ein armes,
elternloſes Mädchen, das er irgendwo kennen ge-
lernt hatte und zu dem er ſich in aufrichtiger, tiefer
Liebe hingezogen fühlte. Wenn er heute zur Piſtole
griff, ſo würde ſein Tod ihr das Herz brechen. Das
hat er doch wohl gemeint mit jenen Worten:

„Und mich nicht allein wird’s treffen —
noch eine Andere.“

Oder — — — —

Und wieder ſchoß mir wie vorhin, ein furcht-
barer Gedanke durch den Kopf.

Ich fuhr in Harry’s Wohnung. „Er ſei den
ganzen Tag nicht dageweſen!“ wurde mir auf
meine Frage nach ihm zur Antwort.

Im Galopp fuhr ich in Käthe’s Wohnung,
ſo hieß Harry’s Braut.

„Herr Wolfgang und Fräulein Käthe ſind
vor zehn Minuten ausgegangen“, ſagte mir die
alte Tante, die mir öffnete.

„Wohin?“ fragte ich athemlos.

„Sie wollten, glaube ich, einige Einkäufe
machen!“

Ich ſtürzte fort — hinunter — — zur
Droſchke — —

„Wohin?“ fragte der Kutſcher.

Ja, wohin? Wohin? — — — — — —
— — — — — — — — — — — — —


[Spaltenumbruch]

Still iſt die Nacht.

In einem kleinen Zimmer eines kleinen
Hotels ſitzen zwei junge Leute — ein Jüngling
und ein Mädchen — ſie halten ſich umſchlungen,
keins von Beiden ſpricht ein Wort.

Langſam fällt draußen der Regen und hin
und wieder ſchlägt ein ſchwerer Tropfen auf die
Blechbeſchläge des Fenſters, daß die Beiden er-
ſchrocken aufſehen und horchen ob ſie etwa Jemand
belauſcht.

Einige Briefe lagen wohlverſchloſſen auf dem
Tiſch. Und daneben blitzt ein zierlicher, kleiner
Revolver, auf dem die Strahlen des unſtät
flackernden Lichtes unheimlich zittern — —

Nichts iſt vernehmbar, wie das eintönige
Tick-Tack der Uhr an der Wand — —

„Das Licht geht zu Ende!“ flüſterte das
junge Mödchen.

„Dann wird unſere Stunde gekommen ſein!“
entgegnete der Andere.

Er ſchaut ihr tief in die ſchönen braunen
Augen.

„Fürchteſt Du Dich, Geliebte?“

„Ich? Wie ſollte ich mich fürchten! Gehſt
Du doch mit mir jenen dunklen Weg!“

Er nickte nur, dann küßte er ihre rothen
Lippen.

„Und gibt es keine Rettung mehr?“

„Keine, Geliebte, keine! Ich bin entehrt,
wenn der Morgen graut!“

Sie umſchlingt ihn feſt und zieht ſein Haupt
an ihre Bruſt und ſtreicht von der hohen, weißen
Stirn die üppigen Locken.


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</TEI>
[[3]/0003] ausgezeichneter forenſiſcher Redner die Geſchwor- nen aufgefordert, nicht als „Tſchechen“ zu ur- theilen. — Abg. Dr. Groß: Er kennt ſeine Landsleute. Abg. Dr. Menger: Wenn Vertheidigung und Staatsverwaltung es für nöthig erachten, die Geſchwornen aufzufordern, nicht als Tſchechen, ſondern als Menſchen zu urtheilen, dann beweiſt das eine tiefgehende Krankheit. Redner beſpricht ſchließlich das Budget ſelbſt und begründet in politiſcher Hinſicht das Votum ſeiner Partei. Wir haben, ſagt er, durch lange Beobachtung der Verhältniſſe die Ueber- zeugung gewonnen, daß das Miniſterium viel gegen unſer Intereſſe gethan habe, und wir ſind daher durchaus nicht in der Lage, das Miniſterium zu lieben, wie ein Redner geſagt. Ich ſelbſt bin keine politiſch verſative Natur, und was ich be- kämpft und für irrig gehalten habe, das halte ich auch jetzt für irrig. Aber die Ueberzeugung haben wir gewonnen, daß die Deutſchen in Oeſterreich von der Regierung nicht entfernt ſo gehaßt werden, wie von verſchiedenen Gegenpar- teien hier im Hauſe dies leider geſchieht. Die Regierung hat uns oft ſehr weh gethan, aber warum? Weil ſie gewiſſe Dinge durchſetzen wollte, und um ſie durchzuführen unſeren Geg- nern verſchiedene Conceſſionen machen mußte, die uns noch in der Erinnerung wehe thun. Unter ſolchen Umſtänden ſtehen wir vor der Aufgabe, uns zu entſcheiden, ſollen wir zulaſſen, daß das Budget votirt werde und dabei auf unſere Koſten Conceſſionen erzwungen werden, oder ſollen wir für das Budget ſtimmen? Unſere Lage wird viel- fach beneidet, aber ſie iſt gerade im Ge- gentheil, eine überaus entſagungsvolle, ſie iſt voll von Selbſtverleugnung und nur die Liebe zu unſerem Volke und die Liebe zu ganz Oeſterreich- hat uns bewogen, dieſe Entſagung und Selbſt- verleugnung zu üben. Wir haben die Ueberzeugung daß das Miniſterium nicht entfernt unſer Gegner in dem Maße war und noch weniger jetzt iſt, wie es gewiſſe Parteien im Hauſe ſind. Unter ſolchen Umſtänden glauben wir verpflichtet zu ſein, für das Budget zu ſtimmen im Intereſſe unſeres Volkes und des ganzen Staates. (Lebhafter Beifall und Händeklatſchen links.) Abg. Dr. Kaizl gibt die Erklärung ab, welche von ſämmtlichen jungtſchechiſchen Abgeord- neten und Abgeordneten Dr. Zucker unterfertigt iſt. Abg. Graf Deym: Abgeordneter Menger hat, wie das durch Se. Excellenz den Präſiden- ten aus dem Originale des ſtenographiſchen Pro- tocolles conſtatirt wurde, in ſeiner geſtrigen Rede geſagt: „Wir kennen kein böhmiſches Staatsrecht, von einem böhmiſchen Staatsrecht zu ſprechen, iſt Hochverrath, Sie ſind Hochverräther.“ Durch dieſen Ausſpruch mußte ſich Jedermann verletzt fühlen, der ſich des Entſtehens der öſterreichiſchen Monarchie aus ſelbſtändigen Staaten bewußt, für die Feſtigung und Entwicklung dieſes Reiches ge- mäß ſeinem Entſtehen auf Grund hiſtoriſcher Rechte eingeſtanden iſt und auch weiterhin in gleicher Weiſe einſteht, wobei jedoch die Verthei- digung des böhmiſchen Staatsrechtes dem Be- ſtreben nach Schaffung eines innerhalb der Gren- zen dieſer Monarchie neuen ſelbſtſtändigen, mit der Einheit des Reiches unvereinbaren Staates nicht gleichkommt. Obwohl Abgeordneter Menger wegen ſeines Ausſpruches, der eine parlamenta- riſche Verhandlung unmöglich macht und das Verhältniß der Parteien vergiften muß, bereits zur Ordnung gerufen wurde, bin ich dennoch von den conſervativen Großgrundbeſitzern und den uns befreundeten Abgeordneten aus Böhmen und Mähren beauftragt, gegen jenen unerhörten Anwurf Verwahrung einzulegen, denn unſere Kaiſertreue und unſer Patriotismus können von Niemandem in Zweifel gezogen werden; dies umſoweniger, als die von uns vertheidigten Landesrechte enge mit der böhmiſchen Königskrone verknüpft ſind, dieſes von uns gewahrte, in den das Reich bildenden Ländern lebendige Rechtsgefühl wiederholt ſeitens der Monarchen volle Würdigung erfahren hat und wir ſelbſt in Folge einer allerhöchſten Thronrede in dieſem Hauſe anweſend ſind, in welcher unſerer Rechtsüberzeugung Achtung zugeſichert wird. (Bei- fall im Centrum.) Abg. Maſařyk erklärt gegenüber den Aus- führungen des Abg. Menger, daß er den Deut- ſchenhaß mit keinem Worte gepredigt, gegen das deutſche Volk, die deutſche Cultur und die Deut- ſchen in Oeſterreich kein Wort geſprochen habe. Er habe die nationale Politik des Fürſten Bismarck vom tſchechiſchen Standpuncte aus be- urtheilt, und er müſſe darauf beharren, daß die öffentliche Meinung durch dieſe Politik in Deutſch- land arg geſchädigt und die europäiſche Politik demoraliſirt wurde. Das deutſche Volk ſei von ihm nicht im geringſten angegriffen worden. Es werde ihm doch erlaubt ſein, über Bismarck ein Urtheil zu fällen. Bismarck würde nicht ſo kleinlich ſein, daß er es nicht vertragen würde, daß über ſeine Leiſtungen öffentlich und männlich geſprochen wird. Welchen Eindruck hat es auf jeden rechtlich denkenden Menſchen gemacht, was Bismarck ſelbſt über die Redaction der Emſer Depeſche geſagt hat. Redner bedauert es, daß die Wiener Preſſe mit wenigen Ausnahmen ihm, um, wie es ſcheine, dem Abg. Menger eine Lection zu geben, mit eine zweite und ſtärkere Lection gegeben habe. Er bedauere dies, hoffe aber, es werde mit der Zeit auch in der öffentlichen Preſſe und in dieſem Hauſe möglich ſein, über Thatſachen ſachlich zu ſprechen. Der Abg. Menger habe auch an das öſterreichiſche Problem erinnert, das hier zu löſen ſei. Dieſes Problem ſollte thatſächlich Allen ein liebes Problem ſein, und erinnere er an das Wort eines großen Denkers, der geſagt habe, daß, wenn Goldgräber bei ihrer Arbeit an einander gerathen, eben weil ſie Großes im Auge haben, ſie kleinlichen Zank und Streit nicht aufkommen laſſen werden. Redner ſchließt mit der Verſicherung, er ſei ſich deſſen bewußt, daß er in der geſtrigen Discuſſion nichts Anderes vorgebracht habe, als was von allen Parteien auf gleiche Weiſe ebenſo ſachlich und ruhig be- handelt werden ſollte. (Beifall bei den Jung- tſchechen.) Abg. Dr. Bareuther: Im Namen meiner, der Deutſchen Nationalpartei angehörigen Ge- ſinnungsgenoſſen erkläre ich, daß wir ein böhmi- ſches Staatsrecht nie und nimmer anerkennen (Lebhafter Beifall links), und daß wir die Ver- wirklichung eines ſolchen Wahngebildes, welches gegen die nationale und wirthſchaftliche Exiſtenz unſeres Volkes in Böhmen, Mähren und Schleſien gerichtet iſt (Lebhafter Beifall links), mit allen uns zu Gebote ſtehenden Mitteln bekämpfen wer- den. (Lebhafter Beifall links.) Was die Aeußerung des Abgeordneten Dr. Maſařik über den eiſernen Reichskanzler betrifft, ſo ſei Jedem die Kritik unbenommen, aber der Name dieſes unvergleich- lichen deutſchen Mannes ſteht uns ſo hoch, daß ſolche nergelnde Bemerkungen, wie wir ſie ge- hört haben, niemals den Ruhm dieſes Namens verringern können. (Lebhafter Beifall links.) Abg. Dr. Menger polemiſirt unter An- führung von Citaten aus der geſtrigen Rede Maſařik’s ſehr glücklich gegen den genannten Ab- geordneten und betont wiederholt, es ſei die Hauptaufgabe des Parlaments, einen modus vivendi zu finden; es ſei zu wünſchen, daß die Unſicherheit der Verhältniſſe durch ein gerechtes Nationalitätengeſetz beſeitigt werde. Wenn dies ge- ſchehen ſolle, dann müſſe aber jener Ton der Debatte eingehalten werden, den der Abg. v. Plener in ſeiner Rede angeſchlagen habe. Man dürfe auch die heiligſten und innerſten Gefühle der Deutſchen nicht auf das Schärfſte verletzen. Die Tſchechen dürfen nicht glauben, hier einen Freibrief zu haben, Andere zu verletzen, während, wenn die Deutſchen ſich nur die Abwehr erlauben, dies tiefſte Entrüſtung hervorruft. Wenn dieſes Prin- cip der Behandlung gegen die Deutſchen ange- wendet merden wird, ſo werde es auch ſeitens der Deutſchen gegen die Tſchechen angewendet werden, und die Tſchechen werden ſich über die Deutſchen nicht zu beklagen haben, außer wenn ſie Dinge vorbringen, die ein Deutſcher unmöglich über ſich ergehen laſſen kann. (Beifall links.) Abg. Freiherr v. Scharſchmid wendet ſich in einer thatſächlichen Berichtigung gegen eine Bemerkung des Abg. Dr. Geßmann, bezüglich Schaffung der Dienſtespragmatik. Den Initiativen des Geſetzentwurfes ſei es darum zu thun, daß — man kommt dabei ſowohl um das Geld, wie um den Freund — — —“ „Lieber Eck, Dir ſind 3000 Mark eine Kleinigkeit — —“ Er ſtrich ſich den wohlgepflegten Schnurrbart. „Wenn auch,“ meinte er. „Aber ich kann es nicht — — ich thue es nicht!“ Jäh fuhr da Harry empor. „So bin ich am Ende!“ rief er leidenſchaft- lich und griff nach ſeinem Hut. „Die Angelegenheit,“ ſagte Eck wieder, „wird ſich ja anderweitig arrangiren laſſen! Ich habe auch gar nicht ſo viel Geld im Hauſe!“ „Damit tröſten wir uns,“ entgegnete ich, „ein Wechſel von Dir genügt vollſtändig!“ „Ich darf es nicht,“ gab er zurück. „Meine Grundſätze erlauben mir kein Abweichen! Die Sache läßt ſich doch wohl anders zum Austrag bringen!“ „O ja,“ rief der Andere wild, „o ja, — durch die Piſtole!“ Und dann trat er dicht an Eck heran und ſeine Stimme ſank zum Flüſtern herab, während dicke Schweißtropfen über ſeine Stirn perlten: „Und nicht mich allein wird’s treffen — noch eine Andere —“ „Harry,“ ſchrie ich auf, „biſt Du raſend?“ „Ja, noch eine Andere!“ wiederholte er. Und ehe ich oder Eck ihn halten konnten, war er zur Thür hinaus. Ich eilte nach. Noch einmal wandte ich mich an Eck. „Haſt Du Dein letztes Wort geſprochen?“ „Ich — — kann’s nicht, Kinder! Nehmt mir’s nicht übel! Meine Grundſätze — — —“ Donnernd warf ich die Thür in’s Schloß und ſtürzte auf die Straße. Von Harry war keine Spur zu ſehen. — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — Ich wußte. wen er mit jener „Andern“ ge- meint hatte: ſeine Braut. Sie war ein armes, elternloſes Mädchen, das er irgendwo kennen ge- lernt hatte und zu dem er ſich in aufrichtiger, tiefer Liebe hingezogen fühlte. Wenn er heute zur Piſtole griff, ſo würde ſein Tod ihr das Herz brechen. Das hat er doch wohl gemeint mit jenen Worten: „Und mich nicht allein wird’s treffen — noch eine Andere.“ Oder — — — — Und wieder ſchoß mir wie vorhin, ein furcht- barer Gedanke durch den Kopf. Ich fuhr in Harry’s Wohnung. „Er ſei den ganzen Tag nicht dageweſen!“ wurde mir auf meine Frage nach ihm zur Antwort. Im Galopp fuhr ich in Käthe’s Wohnung, ſo hieß Harry’s Braut. „Herr Wolfgang und Fräulein Käthe ſind vor zehn Minuten ausgegangen“, ſagte mir die alte Tante, die mir öffnete. „Wohin?“ fragte ich athemlos. „Sie wollten, glaube ich, einige Einkäufe machen!“ Ich ſtürzte fort — hinunter — — zur Droſchke — — „Wohin?“ fragte der Kutſcher. Ja, wohin? Wohin? — — — — — — — — — — — — — — — — — — — Still iſt die Nacht. In einem kleinen Zimmer eines kleinen Hotels ſitzen zwei junge Leute — ein Jüngling und ein Mädchen — ſie halten ſich umſchlungen, keins von Beiden ſpricht ein Wort. Langſam fällt draußen der Regen und hin und wieder ſchlägt ein ſchwerer Tropfen auf die Blechbeſchläge des Fenſters, daß die Beiden er- ſchrocken aufſehen und horchen ob ſie etwa Jemand belauſcht. Einige Briefe lagen wohlverſchloſſen auf dem Tiſch. Und daneben blitzt ein zierlicher, kleiner Revolver, auf dem die Strahlen des unſtät flackernden Lichtes unheimlich zittern — — Nichts iſt vernehmbar, wie das eintönige Tick-Tack der Uhr an der Wand — — „Das Licht geht zu Ende!“ flüſterte das junge Mödchen. „Dann wird unſere Stunde gekommen ſein!“ entgegnete der Andere. Er ſchaut ihr tief in die ſchönen braunen Augen. „Fürchteſt Du Dich, Geliebte?“ „Ich? Wie ſollte ich mich fürchten! Gehſt Du doch mit mir jenen dunklen Weg!“ Er nickte nur, dann küßte er ihre rothen Lippen. „Und gibt es keine Rettung mehr?“ „Keine, Geliebte, keine! Ich bin entehrt, wenn der Morgen graut!“ Sie umſchlingt ihn feſt und zieht ſein Haupt an ihre Bruſt und ſtreicht von der hohen, weißen Stirn die üppigen Locken.

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 266, Olmütz, 21.11.1892, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches266_1892/3>, abgerufen am 23.11.2024.