Mährisches Tagblatt. Nr. 41, Olmütz, 21.02.1898.[Spaltenumbruch]
Das Telephon Nr. 9. [Spaltenumbruch] Mährisches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Insertionsgebühren Außerhalb Olmütz überneh- men Insertions-Aufträge. Heinrich Schalek, Annon- cen-Exped. in Wien, I. Woll- zeile Nr. 11, Haasenstein & Vogler, in Wien, Buda- pest, Berlin, Frankfurt a. M. Hamburg, Basel und Leipzig. M. Dukes, Nachf. Max Angen- feld & Emerich Lessner. Wien I., Wollzeile 6--8. Rud. Mosse, Wien München u. Berlin. Alois Opeilik, in Wien, G. L. Daube und Co, Frankfurt a. M. Karoly [u] Liebmann's Annoncenbureau in Hamburg, sowie sämmtl. conc. Insertionsbureausdes In- u. Auslandes Mannscripte werden nicht zurückgestellt. Telephon Nr. 9. Nr. 41 Olmütz, Montag, den 21. Februar 1898. 19. Jahrgang [Spaltenumbruch] Hans Kudlich an die Deutschösterreicher. Olmütz, 21. Februar. Der Freiheitsmann Hans Kudlich sendet Alles fließt und wir fließen und verändern Seitdem hatte ich hinlänglich Zeit und Muße Die Stadt Wien ist die eigentlich: Heldin Und doch hat Wien, als ich 1872 zum [Spaltenumbruch] Feuilleton. Winterleben am Genfersee. Von Thea Marion (Lausanne). (Nachdruck verboten.) "Ein Dreigestirn, in einem Glanz vereint, -- hebt Hermann Lingg, der Sänger des "Völker- Und in der That, nur wenige Städte Sie selbst aber, diese prächtige Natur, ist Scheinen sie auch manchmal zu grollen, blicken Kommt ein Fremder während solcher Tage Viel weniger hat unter solcher Unbill Lau- [Spaltenumbruch]
Das Telephon Nr. 9. [Spaltenumbruch] Mähriſches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Inſertionsgebühren Außerhalb Olmütz überneh- men Inſertions-Aufträge. Heinrich Schalek, Annon- cen-Exped. in Wien, I. Woll- zeile Nr. 11, Haasenstein & Vogler, in Wien, Buda- peſt, Berlin, Frankfurt a. M. Hamburg, Baſel und Leipzig. M. Dukes, Nachf. Max Angen- feld & Emerich Leſſner. Wien I., Wollzeile 6—8. Rud. Mosse, Wien München u. Berlin. Alois Opeilik, in Wien, G. L. Daube und Co, Frankfurt a. M. Karoly [u] Liebmann’s Annoncenbureau in Hamburg, ſowie ſämmtl. conc. Inſertionsbureausdes In- u. Auslandes Mannſcripte werden nicht zurückgeſtellt. Telephon Nr. 9. Nr. 41 Olmütz, Montag, den 21. Februar 1898. 19. Jahrgang [Spaltenumbruch] Hans Kudlich an die Deutſchöſterreicher. Olmütz, 21. Februar. Der Freiheitsmann Hans Kudlich ſendet Alles fließt und wir fließen und verändern Seitdem hatte ich hinlänglich Zeit und Muße Die Stadt Wien iſt die eigentlich: Heldin Und doch hat Wien, als ich 1872 zum [Spaltenumbruch] Feuilleton. Winterleben am Genferſee. Von Thea Marion (Lauſanne). (Nachdruck verboten.) „Ein Dreigeſtirn, in einem Glanz vereint, — hebt Hermann Lingg, der Sänger des „Völker- Und in der That, nur wenige Städte Sie ſelbſt aber, dieſe prächtige Natur, iſt Scheinen ſie auch manchmal zu grollen, blicken Kommt ein Fremder während ſolcher Tage Viel weniger hat unter ſolcher Unbill Lau- <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p>Das<lb/><hi rendition="#b">„Mähriſche Tagblatt“</hi><lb/> erſcheint mit Ausnahme der<lb/> Sonn- und Feiertage täglich.<lb/> Ausgabe 2 Uhr Nachmittag<lb/> im Adminiſtrationslocale<lb/><hi rendition="#b">Niederring Nr. 41 neu.<lb/> Abonnement für Olmütz:</hi><lb/> Ganzjährig fl. 10.—<lb/> Halbjährig „ 5.—<lb/> Vierteljährig „ 2.50<lb/> Monatlich „ —.90<lb/> Zuſtellung ins Haus monat-<lb/> lich 10 kr,<lb/><hi rendition="#b">Auswärts durch die Poſt:</hi><lb/> Ganzjährig fl. 14.—<lb/> Halbjährig „ 7.—<lb/> Vierteljährig „ 3.50<lb/> Einzelne Nummern 5 kr.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><hi rendition="#b">Telephon Nr. 9.</hi> </p> </div><lb/> <cb/> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Mähriſches<lb/> Tagblatt.</hi> </titlePart> </titlePage><lb/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p><hi rendition="#b">Inſertionsgebühren</hi><lb/> nach aufliegendem Tarif<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Außerhalb <hi rendition="#b">Olmütz</hi> überneh-<lb/> men Inſertions-Aufträge.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Heinrich Schalek,</hi></hi> Annon-<lb/> cen-Exped. in Wien, <hi rendition="#aq">I.</hi> Woll-<lb/> zeile Nr. 11, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Haasenstein<lb/> & Vogler,</hi></hi> in Wien, Buda-<lb/> peſt, Berlin, Frankfurt a. 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Nicht nur,<lb/> daß ich an den Schulen mich für’s Leben aus-<lb/> bilden durfte, konnte ich auch meinen Lebens-<lb/> unterhalt als Erzieher hoffnungsvoller Wiener<lb/> Sprößlinge leicht und angenehm verdienen.<lb/> Später, als mich der Zorn Gottes und der<lb/> ſouveräne Wille der ſchleſiſchen Bauern in die<lb/> politiſche Carriére geworfen hatte, durfte ich mir<lb/> zwar für meine angeſtammten Bauern einige Ver-<lb/> dienſte erwerben, wofür dieſelben mir — mit Aus-<lb/> nahme des Abgeordneten Grobl oder Rogl von<lb/> Gmunden — auch heute noch dankbar ſind —<lb/> allein für meine gute Stadt Wien habe ich<lb/> eigentlich keine Extra-Arbeit verrichtet. 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Länger als ein paar<lb/> Tage dauert es nicht, dann ſehen die Alten wieder<lb/> freundlich drein, der böſe Nordwind flüchtet mit<lb/> einem letzten mürriſchen Pfeifen, die Wellen legen<lb/> ihre weißen Mützen wieder ab und koſen ſo leiſe<lb/> und zärtlich um die Boote und das Ufer, als<lb/><cb/> wollten ſie all ihren früheren Ungeſtüm damit<lb/> wieder gut machen.</p><lb/> <p>Kommt ein Fremder während ſolcher Tage<lb/> nach Genf, dann wird er ſich verwundert fragen:<lb/> wo iſt das oft gerühmte Leben und Treiben? Die<lb/> Straßen ſcheinen faſt wie ausgekehrt; vor allem<lb/> das weibliche Geſchlecht, das hier völlig franzöſi-<lb/> ſchen Chic entfaltet und darum erſt recht nicht<lb/> liebt, daß ihm Herr Wind die ganze Toilette<lb/> nach ſeinem wilden Geſchmacke zerzauſt und<lb/> modelt, bleibt hübſch zu Hauſe. Der Mann, der<lb/> bekanntlich hinaus muß ins feindliche Leben, wagt<lb/> den Kampf ſchon eher aufzunehmen, wenn er<lb/> auch meiſt den Kürzeren zieht und, des andauern-<lb/> den Streites müde, ſchließlich „mit dem Hute in<lb/> der Hand“ ſeinen Weg macht. Aber die erſte<lb/> freundliche Stunde bringt auch das rege Leben<lb/> zurück, und die Radler und Radlerinnen ſind die<lb/> erſten, die mit dem melodiſchen Klingeln der<lb/> ſogenannten Kuhglöckchen an ihren Rädern —<lb/> einer aus Paris importirten Mode — den Be-<lb/> ginn des ſchöneren Wetters einläuten.</p><lb/> <p>Viel weniger hat unter ſolcher Unbill <hi rendition="#g">Lau-<lb/> ſanne</hi> zu leiden, die Stadt, die faſt den Ein-<lb/> druck erweckt, als ſei ſie gleich Rom auf ſieben<lb/> Hügeln erbaut. 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Das
„Mähriſche Tagblatt“
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Nr. 41 Olmütz, Montag, den 21. Februar 1898. 19. Jahrgang
Hans Kudlich
an die Deutſchöſterreicher.
Olmütz, 21. Februar.
Der Freiheitsmann Hans Kudlich ſendet
dem „Neuen Wiener Tagblatt“ zur Veröffent-
lichung das nachfolgende, von Menſchlichkeits- und
Freiheitsgefühl durchglühte Schreiben, das ſich
als ein beherzigenswerthes Manifeſt an die Deutſch-
öſterreicher darſtellt:
Alles fließt und wir fließen und verändern
uns mit: Menſchen, Städte und Nationen, und
wir dürfen deshalb auch nicht zu ſcharf miteinan-
der ins Gericht gehen. Was für ein Optimiſt
war ich vor fünfzig Jahren, und jetzt bin ich
das Gegentheil ein Peſſimiſt vom dunkelſten
Waſſer. Dieſe Wandlung kommt nur zum kleineren
Theil von der Weisheit, welche die Erfahrung
gibt, zum größeren Theil iſt ſie Folge des Alters.
Schon vor zwei Jahren, während ich mich in
einer peſſimiſtiſch-verdrießlichen Stimmung befand
— wir hatten gerade die unangenehmen Erkran-
kungen der Wiener Volksſeele beſprochen — ſtellte
ein ehemaliger Wiener Legionär an mich die
Anfrage, ob ich geneigt ſei, das nahende fünfzig-
jährige Jubiläum der März-Revolution in Wien
mitzufeiern. Ich erwiderte unbedenklich mit einem
ſcharfen Nein! und ſagte, ich würde deswegen
keine Seereiſe unternehmen, es würde dies auch
eine ſehr traurige Feier ſein. Wenn die liberalen
Wiener und die geringen Ueberreſte der Legion
den hiſtoriſchen Gedenktag feiern wollten, ſo ſollten
ſie es nicht in Wien, ſondern in einer andern,
frei und deutſch geſinnten Stadt, zum Beiſpiel
in Brünn thun. Ich ſelbſt würde an dieſem Tage
nicht feiern, ſondern in Anbetracht der traurigen
Gegenwart Aſche auf mein Haupt ſtreuen und
mich am Ufer des Hudſon unter eine Trauer-
weide ſetzen und den politiſchen, culturellen und
nationalen Niedergang der einſt ſchwarz-roth-
goldenen Donauſtadt beweinen.
Seitdem hatte ich hinlänglich Zeit und Muße
mir die Sache reiflich zu überlegen und ſo kam ich
bald zu einem anderen „second sober thought“
und bin nun der Meinung, daß der Jahrestag
des großen 13. März 1848 gefeiert werden müſſe
und zwar gerade dort, wo vor 50 Jahren der
welthiſtoriſche Sieg erfochten worden iſt, von
allen freigeſinnten Männern und Frauen Wiens
— und ſollten auch nur noch zehn ſolcher Ge-
rechten dort vorhanden ſein.
Die Stadt Wien iſt die eigentlich: Heldin
der deutſchen Revolution von 1848. Erſt der
Sieg in Wien gab das Zeichen der Erhebung
in Berlin, die Vertreibung Metternich’s zerſtörte
ſein Werk, den Bundestag, machte ein Vor-
parlament und Parlament in Frankfurt möglich.
Es geziemt ſich, daß man der Donauſtadt alle
Huldigungen zu ihrem hiſtoriſchen Ehrentage
darbringt. Und wenn ich ſpeciell mich herandränge
und meine aufrichtigen Glückwünſche darbringe,
ſo habe ich auch beſondere Gründe: Wenn ich
eine Heimat im alten deutſchen Lande mein
nennen ſoll, ſo kann dies nur Wien ſein, wo ich
all’ meine geiſtige Entwicklung und Disciplin
durchmachte, meine ſchönſten Jugendtage und
Jugendfreuden — den 13. März mitgerechnet —
durchlebte. Die Stadt Wien war meine Welt,
ich wäre gerne all’ meine Lebetage dort geblieben,
denn „Land und Volk gefiel mir wohl!“ Dieſe
Stadt war immer gütig gegen mich. Nicht nur,
daß ich an den Schulen mich für’s Leben aus-
bilden durfte, konnte ich auch meinen Lebens-
unterhalt als Erzieher hoffnungsvoller Wiener
Sprößlinge leicht und angenehm verdienen.
Später, als mich der Zorn Gottes und der
ſouveräne Wille der ſchleſiſchen Bauern in die
politiſche Carriére geworfen hatte, durfte ich mir
zwar für meine angeſtammten Bauern einige Ver-
dienſte erwerben, wofür dieſelben mir — mit Aus-
nahme des Abgeordneten Grobl oder Rogl von
Gmunden — auch heute noch dankbar ſind —
allein für meine gute Stadt Wien habe ich
eigentlich keine Extra-Arbeit verrichtet. Mein
Plan, die im October von Windiſchgrätz be-
lagerte Stadt mit Hilfe eines aus Bauern be-
ſtehenden Landſturmes zu entſetzen und zu be-
freien, kam leider nicht zur glücklichen Ausführung.
Und doch hat Wien, als ich 1872 zum
erſten Male aus Amerika zurückkehrte, mich feier-
lich und freundlich empfangen. Eine Deputation
des Gemeinderathes, mit dem Vicebürgermeiſter
an der Spitze, begrüßte mich in meinem
Hotel und der Gemeinderath beſchloß mit
allen gegen drei Stimmen, mir das Ehrenbürger-
recht zu ertheilen, und konnte nichts dafür, daß
mein Freund und Collega Miniſter Laſſer
höheren Ortes die Ordre erhielt, dieſen Beſchluß
des Gemeinderathes zu ſiſtiren. Doch war der
Beſchluß gefaßt und ich fühlte mich hochgeehrt,
der ſchönen Stadt verpflichtet und — um ein
Haar wäre ich dort geblieben. Aber — es war
dies zur Zeit des „wirthſchaftlichen Aufſchwunges.“
Jeder dritte Mann war ein Verwaltungsrath,
Feuilleton.
Winterleben am Genferſee.
Von Thea Marion (Lauſanne).
(Nachdruck verboten.)
„Ein Dreigeſtirn, in einem Glanz vereint,
Schmückt dieſes Sees Geländ’ und Fluthen:
Rouſſeau und Voltaire, und zu höchſt erſcheint
Lord Byrons Ruhm in düſtern Gluthen —“
— hebt Hermann Lingg, der Sänger des „Völker-
wanderung“, eine ſchwungvolle Ode zum Preiſe
des Genferſees an. Und wie unter all den großen
Geiſtern, die hier gelebt, gewirkt und die Spur
von ihren Erdentagen hinterlaſſen haben, dieſes
Dreigeſtirn hervorleuchtet, ſo ſtrahlt uns auch
aus der Kette der an den Ufern des Sees ge-
lagerten Städten und Ortſchaften ein Dreige-
ſtirn entgegen: Genf, Lauſanne, Montreux! Drei
Perlen, verſchieden in ihrem Aeußern, verſchieden
in ihrer Faſſung und doch jede ſo ſchimmernd
und prächtig in ihrer Art. Vor allem Genf —
dieſes Klein-Paris, wie es oft und nicht mit
Unrecht genannt wird. Sein Name ſchon wirkt
faſt ſo fascinirend, wie der ſeiner großen be-
rühmten Schweſtern an der Seine.
Und in der That, nur wenige Städte
mögen noch zu finden ſein, die an Lage, Schön-
heit und Eleganz mit ihm rivaliſiren können: in
ſeinen Mauern das regſte Leben, jeder erdenk-
liche Luxus, die modernſten Zerſtreuungen; zu
ſeinen Füßen die blauen Wogen des Sees und
rund herum die unendliche Gebirgswelt, eine
Vereinigung von Schönheiten, ſo hehr und er-
haben, daß man wohl begreifen kann, wie
Jean Jaques Rouſſeau, Genfs größter Bürger,
der hier ſeine entſcheidenden Jugendeindrücke
empfing, dazu gelangen konnte, mit dem Loſungs-
worte: „Revenons á la nature!“ die große
Umwälzung der Geiſter vorzubereiten.
Sie ſelbſt aber, dieſe prächtige Natur, iſt
dieſelbe geblieben; mochten Feinde die Stadt um
ihre Freiheit bedrohen, wie es im Laufe der
Jahrhunderte ſo oft geſchehen, mochten Religions-
kämpfe wüthen, wie zur Zeit Calvins, als er
hier zuerſt ſeine Lehre öffentlich durchſetzte, mögen
Handel und Wandel blühen, wie es jetzt der Fall
iſt, und die Menſchen ſich dem heiteren Lebens-
genuſſe hingeben, mag ſich alles ändern, ſie ſtehen
unverändert feſt, die großen, ſtarken Geſellen rings
umher im weitem Umkreiſe, heute nicht minder
zur Begeiſterung herausfordernd, wie ehedem.
Scheinen ſie auch manchmal zu grollen, blicken
ihre Häupter finſter, und ſchlagen die Wellen des
Sees, der ſtets mit ihnen im Einverſtändniß zu
ſein ſcheint, von der „Biſe“ gepeitſcht, wüthend
über die niedrigen Brücken und Quaimauern
hinweg, — der Genfer kennt das ſchon und
nimmt’s nicht allzuernſt. Länger als ein paar
Tage dauert es nicht, dann ſehen die Alten wieder
freundlich drein, der böſe Nordwind flüchtet mit
einem letzten mürriſchen Pfeifen, die Wellen legen
ihre weißen Mützen wieder ab und koſen ſo leiſe
und zärtlich um die Boote und das Ufer, als
wollten ſie all ihren früheren Ungeſtüm damit
wieder gut machen.
Kommt ein Fremder während ſolcher Tage
nach Genf, dann wird er ſich verwundert fragen:
wo iſt das oft gerühmte Leben und Treiben? Die
Straßen ſcheinen faſt wie ausgekehrt; vor allem
das weibliche Geſchlecht, das hier völlig franzöſi-
ſchen Chic entfaltet und darum erſt recht nicht
liebt, daß ihm Herr Wind die ganze Toilette
nach ſeinem wilden Geſchmacke zerzauſt und
modelt, bleibt hübſch zu Hauſe. Der Mann, der
bekanntlich hinaus muß ins feindliche Leben, wagt
den Kampf ſchon eher aufzunehmen, wenn er
auch meiſt den Kürzeren zieht und, des andauern-
den Streites müde, ſchließlich „mit dem Hute in
der Hand“ ſeinen Weg macht. Aber die erſte
freundliche Stunde bringt auch das rege Leben
zurück, und die Radler und Radlerinnen ſind die
erſten, die mit dem melodiſchen Klingeln der
ſogenannten Kuhglöckchen an ihren Rädern —
einer aus Paris importirten Mode — den Be-
ginn des ſchöneren Wetters einläuten.
Viel weniger hat unter ſolcher Unbill Lau-
ſanne zu leiden, die Stadt, die faſt den Ein-
druck erweckt, als ſei ſie gleich Rom auf ſieben
Hügeln erbaut. Nach allen Seiten dehnt ſie ſich
aus, und mitten zwiſchen den modernen Mieths-
kaſernen, die unglaublich raſch emporwachſen, liegt,
wie eine Nuß in der Schale, das alte Lauſanne
mit ſeinen pittoresken Gaſſen und Gäßchen, das
Ganze gekrönt und beherrſcht von der im gothiſchen
Stil erbauten prächtigen Kathedrale. Die Stadt Lau-
ſanne ſelbſt iſt wohl ſchöner, feſſelnder und intereſ-
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(2018-01-26T15:49:55Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T15:49:55Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T15:49:55Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
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