Mainzer Journal. Nr. 8. Mainz, 22. Juni 1848.[Beginn Spaltensatz]
Jn Posen ist der commandirende General von Colomb Schweiz. Jn der Schweiz sind die großen Räthe in Bern, Zürich Aargau. Der kieine Rath hatte sich vor einiger Zeit auf Jtalien. Vom Fuße des Brenner 17. Juni. Treviso ist von Aus Verona vom 16. Juni erhalten wir die Bestätigung Frankreich. *** Paris 19. Juni. Laut einer heute eingetroffenen telegra- Jn Folge der neuen republikanischen Einrichtung, daß die Die Beamten kosten jetzt die französische Republik 74 Millio- Die kleineren Aufläufe und Verhaftungen dauern in der Haupt- Das 25 Centimes=Festessen soll nun am 14. Juli stattfinden. Bis zum 20. wird eine allgemeine Untersuchung der soge- Eine Probe von Zeitungspolemik! Die Democratie pacifi- Jn Nantes herrscht in den Nationalwerkstätten große Anzeige. Unterzeichneter empfiehlt sich in Verfertigung aller Arten von Daniel Kunz, Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim, Schott und Thielmann in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg. 1) Auch ein Theil der neapolitanischen Flotte hat sich bereits von
Venedig entfernt. [Beginn Spaltensatz]
Jn Posen ist der commandirende General von Colomb Schweiz. Jn der Schweiz sind die großen Räthe in Bern, Zürich Aargau. Der kieine Rath hatte sich vor einiger Zeit auf Jtalien. Vom Fuße des Brenner 17. Juni. Treviso ist von Aus Verona vom 16. Juni erhalten wir die Bestätigung Frankreich. *** Paris 19. Juni. Laut einer heute eingetroffenen telegra- Jn Folge der neuen republikanischen Einrichtung, daß die Die Beamten kosten jetzt die französische Republik 74 Millio- Die kleineren Aufläufe und Verhaftungen dauern in der Haupt- Das 25 Centimes=Festessen soll nun am 14. Juli stattfinden. Bis zum 20. wird eine allgemeine Untersuchung der soge- Eine Probe von Zeitungspolemik! Die Démocratie pacifi- Jn Nantes herrscht in den Nationalwerkstätten große Anzeige. Unterzeichneter empfiehlt sich in Verfertigung aller Arten von Daniel Kunz, Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim, Schott und Thielmann in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg. 1) Auch ein Theil der neapolitanischen Flotte hat sich bereits von
Venedig entfernt. <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <pb facs="#f0004"/> <cb type="start"/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Jn Posen ist der commandirende General <hi rendition="#g">von Colomb</hi><lb/> entfernt und als Gouverneur von Königsberg in den Ruhestand<lb/> versetzt worden. Da <hi rendition="#g">Steinäcker</hi> bleibt, so ist das jedenfalls<lb/> keine Satisfaction für die Polen. — Jn Berlin ist der Bürger<lb/><hi rendition="#g">Held,</hi> um uns eines Ausdruckes der Magdeburger Zeitung zu<lb/> bedienen, „wie verschwunden.“ — Jn Nassau soll die republi-<lb/> kanische Partei immer mehr an Mitgliedern zunehmen. Auf den<lb/> 9. Juli ist bereits eine große Versammlung der Republikaner<lb/> nach Limburg an der Lahn angesagt. — Auch die Hei-<lb/> delberger „Deutsche Zeitung“ soll nach Frankfurt übersiedeln<lb/> wollen. — Jn Breslau ist die „Oderzeitung,“ nachdem ihr<lb/> die Katholiken mit ihrem guten Gelde auf die Beine geholfen, auf<lb/> die Seite des gemeinsten Radicalismus übergetreten. Professor<lb/><hi rendition="#g">Kutzen</hi> hat schon seit drei Monaten keinen Antheil mehr an der<lb/> Redaction. Erfreulicher ist, daß sich dort auch <hi rendition="#g">ein Central-<lb/> verein für religiöse und kirchliche Freiheit</hi> gebildet<lb/> und im Ganzen das Programm des Mainzer Piusvereines an-<lb/> genommen hat. — Jn Preußen wird großen und durch-<lb/> greifenden Reformen in dem eigentlichen Verwaltungswesen ent-<lb/> gegengesehen. Einige Bestimmungen über Pensionirungen und<lb/> Zahlung von Wartegeldern bilden gleichsam die Vorläufer. Um<lb/> ein Beispiel anzuführen, so bezog der Minister <hi rendition="#g">von Werther</hi><lb/> unter dem Titel eines Staatsministers für das Fürstenthum Neuf-<lb/> chatel 18,000 Thlr., worunter 6000 Thlr. Repräsentationsgel-<lb/> der. Derselbe ist nunmehr mit 3000 Thlr. pensionirt worden.<lb/> Das waren die Misbräuche, welche unter dem alten Regimente<lb/> das viele böse Blut gemacht haben. Der Minister des Jnnern<lb/> will auch die Polizei in Berlin reorganisiren und sie den Polizei-<lb/> männern in London „nachbilden.“ Ohne den Muth und die Ge-<lb/> sinnung der Engländer werden hier alle äusserlichen Nachbildungen<lb/> nichts helfen. — Für das provisorische Bundesdirectorium sollen<lb/> Erzherzog <hi rendition="#g">Johann,</hi> Prinz <hi rendition="#g">Wilhelm</hi> von Preußen und Prinz<lb/><hi rendition="#g">Karl</hi> ( nach Andern Prinz <hi rendition="#g">Luitpold</hi> ) von Bayern von den<lb/> Regierungen in Aussicht genommen seyn. Auch hat Preußen<lb/> zugesagt, seine Diplomatie unter gewissen Bedingungen sofort in<lb/> Frankfurt zu centralisiren. — Jn Berlin liegen das neue Mi-<lb/> nisterium <hi rendition="#g">und ein neuer Verfassungsentwurf</hi> bis zur<lb/> Stunde noch in den Geburtswehen.</p> </div> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#g">Schweiz.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Jn der Schweiz sind die großen Räthe in <hi rendition="#g">Bern, Zürich</hi><lb/> und <hi rendition="#g">Luzern</hi> eben mit ihrer ordentlichen Sommersitzung beschäf-<lb/> tigt und wählen die Gesandten zur nächsten Tagsatzung, die in-<lb/> dessen auch nicht von Bedeutung seyn wird, wenn während der<lb/> Zeit nicht ganz ausserordentliche Ereignisse eintreten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p><hi rendition="#g">Aargau.</hi> Der kieine Rath hatte sich vor einiger Zeit auf<lb/> den Bericht, daß viele aargauische Fabrikarbeiter aus Bayern,<lb/> namentlich <hi rendition="#g">aus Augsburg</hi> in ihre Heimath gewiesen worden<lb/> seyen, beschwerend an den Vorort gewendet und dessen Dazwi-<lb/> schenkunft nachgesucht. Am 16. Juni ist nun durch den Vorort<lb/> die Erwiederung des k. bayer.'schen Ministers der auswärtigen<lb/> Angelegenheiten angekommen, aus der es sich ergibt, daß eine<lb/> Fortweisung schweizerischer Arbeiter nicht stattgefunden habe,<lb/> wohl aber hätten bei dem schlechten Gange der Geschäfte mehrere<lb/> Fabrikbesitzer sich genöthigt gesehen, die Zahl ihrer Arbeiter zu<lb/> reduziren, und dabei, was natürlich sey, zuerst die Ausländer<lb/> verabschiedet. Diese hätten es nun unter Umständen vorgezogen,<lb/> sich in ihre Heimath zu begeben, anstatt brodlos im Auslande<lb/> auf spätern unsichern Verdienst zu warten.</p> </div> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#g">Jtalien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Vom Fuße des Brenner 17. Juni. <hi rendition="#g">Treviso</hi> ist von<lb/> Welden besetzt, und zwar ohne Verlust von unserer Seite. Die<lb/> Garnison von 5000 Mann ist mittelst einer unglaublich milden<lb/> Capitulation abgezogen. Daß diese nicht von Weldens Philan-<lb/> tropie zugestanden worden, wird jeder glauben, der Welden kennt.<lb/> Dieses, sowie Radetzky's mildes Verfahren bei Vicenza scheint<lb/> durch höhere Jnstruktion veranlaßt und möchte zu der Meinung<lb/> berechtigen, <hi rendition="#g">daß man das venezianische Königreich<lb/> im Frieden zu behalten meint</hi> und daher die Schonung<lb/> der verlornen Söhne bei ihrer Rückkehr ins Vaterland vorwalten<lb/> lassen wolle. <hi rendition="#right">( A. Z. )</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Aus <hi rendition="#g">Verona</hi> vom 16. Juni erhalten wir die Bestätigung<lb/> der gestrigen Nachricht, daß <hi rendition="#g">Padua</hi> ohne Schwertstreich sich<lb/> unterworfen, und bereits die Brigade des Fürsten Friedrich von<lb/> Liechtenstein dort eingerückt sey. Es befanden sich folglich von den<lb/> venezianischen Provinzen <hi rendition="#g">alle bedeutende Städte,</hi> mit<lb/> Ausnahme der Lagunenstadt selbst, <hi rendition="#g">in den Händen der kai-<lb/> serlichen Truppen,</hi> was die Stellung Oesterreichs bei den<lb/><cb n="2"/> vorgehenden Friedensverhandlungen bedeutend günstiger machte,<lb/> als sie noch vor acht Tagen war. Radetzky und Welden hatten<lb/> durch ihre Manöver vom 30. Mai bis 14. Juni die Aufstellung<lb/> der Neapolitaner und Toscaner — zehntausend Mann — bei<lb/> Mantua gesprengt und vernichtet, die gesammte päpstliche Streit-<lb/> macht in Vicenza — 15,000 Mann — aufgelöst und für drei<lb/> Monate unthätig gemacht, ebenso die Besatzung von Treviso —<lb/> 4000 Mann. Karl Albert auf seinen Höhen unfern von Verona<lb/> schien sich wenig zu rühren. Aus <hi rendition="#g">Rom</hi> wird uns vom 9. Juni<lb/> berichtet, daß die neapolitanischen Truppen, die man in Bologna<lb/> zurückgehalten hatte, nun doch <hi rendition="#g">den Rückmarsch nach Nea-<lb/> pel</hi> angetreten haben <note place="foot" n="1)">Auch ein Theil der neapolitanischen Flotte hat sich bereits von<lb/> Venedig entfernt.</note>. <hi rendition="#right">( A. Z. )</hi> </p> </div> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#g">Frankreich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p><hi rendition="#sup">***</hi> Paris 19. Juni. Laut einer heute eingetroffenen telegra-<lb/> phischen Depesche ist die Ruhe in <hi rendition="#g">Nimes</hi> vollkommen wieder-<lb/> hergestellt. Die Bewegung hat durchaus keinen politischen Cha-<lb/> rakter. Zur größern Vorsicht sind indessen bedeutende Truppen-<lb/> massen von Avignon und Tarascon nach Nimes gezogen worden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Jn Folge der neuen republikanischen Einrichtung, daß die<lb/> Gefangenen in den Zuchthäusern nichts mehr zu arbeiten brau-<lb/> chen, ist auch dort allgemeine Anarchie und Demoralisation ein-<lb/> gerissen. Die bewaffnete Macht in den Provinzialstädten hat fort-<lb/> während nichts weiter zu thun, als Tumulte in den Gefängnissen<lb/> zu unterdrücken, und wenn das noch eine Weile so fortgeht, so<lb/> wird dort eine faule unsittliche Race sich ausbilden, die bei ihrem<lb/> Austritte der Gesellschaft zur wahren Geißel und Plage wird.<lb/> Auch die Selbstmorde unter den Gefangenen nehmen jetzt in Folge<lb/> des Müßigganges, zu welchem sie verurtheilt sind, bedeutend<lb/> überhand.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Die Beamten kosten jetzt die französische Republik 74 Millio-<lb/> nen mehr, als dieses im Jahre 1830 der Fall war. Die Frage<lb/> über die wohlfeilste Regierungsform scheint sich sonach immer<lb/> noch zu Gunsten der Monarchie zu entscheiden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Die kleineren Aufläufe und Verhaftungen dauern in der Haupt-<lb/> stadt immer noch fort. Es spricht sich jedoch in denselben kein be-<lb/> stimmter Charakter aus, denn während die Einen <hi rendition="#aq">vive Louis-<lb/> Napoléon</hi>! rufen, schreien die Anderen: <hi rendition="#aq">vive Henri V</hi>.! und ein<lb/> dritter Haufen läßt sich trotz des fürchterlichsten Regens eine<lb/> Vorlesung über das System der demokratisch=socialen Republik<lb/> halten. Mehrere Ladendiebe, die sich für den Prinzen Louis Na-<lb/> poleon ausgegeben und die guten Boutiquiers gebeten hatten, das<lb/> Jncognito Sr. Hoheit ja nicht zu verrathen, sind von der Poli-<lb/> zei eingesteckt worden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Das 25 Centimes=Festessen soll nun am 14. Juli stattfinden.<lb/> Als bemerkenswerth verdient noch hervorgehoben zu werden, daß<lb/> der seit einiger Zeit wie verschollene Herr <hi rendition="#g">von Rothschild</hi><lb/> im Finanzministerium wieder sichtbar geworden ist und dort be-<lb/> deutend mit der Regierung conferirt. Gute Aussichten für die<lb/> Geschäftswelt!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Bis zum 20. wird eine allgemeine Untersuchung der soge-<lb/> nannten „Nationalwerkstätten“ stattfinden. Sie sollen von allen<lb/> unberufenen und verdächtigen Subjecten gesäubert werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Eine Probe von Zeitungspolemik! Die <hi rendition="#aq">Démocratie pacifi-<lb/> que</hi> hat einem neuen bonapartistischen Blatte, dem <hi rendition="#aq">Napoléonien</hi><lb/> vorgeworfen, daß er wissentlich sechsmal die Wahrheit entstellt<lb/> und gelogen habe. Was erwidert der <hi rendition="#aq">Napoléonien</hi>? 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Jn Posen ist der commandirende General von Colomb
entfernt und als Gouverneur von Königsberg in den Ruhestand
versetzt worden. Da Steinäcker bleibt, so ist das jedenfalls
keine Satisfaction für die Polen. — Jn Berlin ist der Bürger
Held, um uns eines Ausdruckes der Magdeburger Zeitung zu
bedienen, „wie verschwunden.“ — Jn Nassau soll die republi-
kanische Partei immer mehr an Mitgliedern zunehmen. Auf den
9. Juli ist bereits eine große Versammlung der Republikaner
nach Limburg an der Lahn angesagt. — Auch die Hei-
delberger „Deutsche Zeitung“ soll nach Frankfurt übersiedeln
wollen. — Jn Breslau ist die „Oderzeitung,“ nachdem ihr
die Katholiken mit ihrem guten Gelde auf die Beine geholfen, auf
die Seite des gemeinsten Radicalismus übergetreten. Professor
Kutzen hat schon seit drei Monaten keinen Antheil mehr an der
Redaction. Erfreulicher ist, daß sich dort auch ein Central-
verein für religiöse und kirchliche Freiheit gebildet
und im Ganzen das Programm des Mainzer Piusvereines an-
genommen hat. — Jn Preußen wird großen und durch-
greifenden Reformen in dem eigentlichen Verwaltungswesen ent-
gegengesehen. Einige Bestimmungen über Pensionirungen und
Zahlung von Wartegeldern bilden gleichsam die Vorläufer. Um
ein Beispiel anzuführen, so bezog der Minister von Werther
unter dem Titel eines Staatsministers für das Fürstenthum Neuf-
chatel 18,000 Thlr., worunter 6000 Thlr. Repräsentationsgel-
der. Derselbe ist nunmehr mit 3000 Thlr. pensionirt worden.
Das waren die Misbräuche, welche unter dem alten Regimente
das viele böse Blut gemacht haben. Der Minister des Jnnern
will auch die Polizei in Berlin reorganisiren und sie den Polizei-
männern in London „nachbilden.“ Ohne den Muth und die Ge-
sinnung der Engländer werden hier alle äusserlichen Nachbildungen
nichts helfen. — Für das provisorische Bundesdirectorium sollen
Erzherzog Johann, Prinz Wilhelm von Preußen und Prinz
Karl ( nach Andern Prinz Luitpold ) von Bayern von den
Regierungen in Aussicht genommen seyn. Auch hat Preußen
zugesagt, seine Diplomatie unter gewissen Bedingungen sofort in
Frankfurt zu centralisiren. — Jn Berlin liegen das neue Mi-
nisterium und ein neuer Verfassungsentwurf bis zur
Stunde noch in den Geburtswehen.
Schweiz.
Jn der Schweiz sind die großen Räthe in Bern, Zürich
und Luzern eben mit ihrer ordentlichen Sommersitzung beschäf-
tigt und wählen die Gesandten zur nächsten Tagsatzung, die in-
dessen auch nicht von Bedeutung seyn wird, wenn während der
Zeit nicht ganz ausserordentliche Ereignisse eintreten.
Aargau. Der kieine Rath hatte sich vor einiger Zeit auf
den Bericht, daß viele aargauische Fabrikarbeiter aus Bayern,
namentlich aus Augsburg in ihre Heimath gewiesen worden
seyen, beschwerend an den Vorort gewendet und dessen Dazwi-
schenkunft nachgesucht. Am 16. Juni ist nun durch den Vorort
die Erwiederung des k. bayer.'schen Ministers der auswärtigen
Angelegenheiten angekommen, aus der es sich ergibt, daß eine
Fortweisung schweizerischer Arbeiter nicht stattgefunden habe,
wohl aber hätten bei dem schlechten Gange der Geschäfte mehrere
Fabrikbesitzer sich genöthigt gesehen, die Zahl ihrer Arbeiter zu
reduziren, und dabei, was natürlich sey, zuerst die Ausländer
verabschiedet. Diese hätten es nun unter Umständen vorgezogen,
sich in ihre Heimath zu begeben, anstatt brodlos im Auslande
auf spätern unsichern Verdienst zu warten.
Jtalien.
Vom Fuße des Brenner 17. Juni. Treviso ist von
Welden besetzt, und zwar ohne Verlust von unserer Seite. Die
Garnison von 5000 Mann ist mittelst einer unglaublich milden
Capitulation abgezogen. Daß diese nicht von Weldens Philan-
tropie zugestanden worden, wird jeder glauben, der Welden kennt.
Dieses, sowie Radetzky's mildes Verfahren bei Vicenza scheint
durch höhere Jnstruktion veranlaßt und möchte zu der Meinung
berechtigen, daß man das venezianische Königreich
im Frieden zu behalten meint und daher die Schonung
der verlornen Söhne bei ihrer Rückkehr ins Vaterland vorwalten
lassen wolle. ( A. Z. )
Aus Verona vom 16. Juni erhalten wir die Bestätigung
der gestrigen Nachricht, daß Padua ohne Schwertstreich sich
unterworfen, und bereits die Brigade des Fürsten Friedrich von
Liechtenstein dort eingerückt sey. Es befanden sich folglich von den
venezianischen Provinzen alle bedeutende Städte, mit
Ausnahme der Lagunenstadt selbst, in den Händen der kai-
serlichen Truppen, was die Stellung Oesterreichs bei den
vorgehenden Friedensverhandlungen bedeutend günstiger machte,
als sie noch vor acht Tagen war. Radetzky und Welden hatten
durch ihre Manöver vom 30. Mai bis 14. Juni die Aufstellung
der Neapolitaner und Toscaner — zehntausend Mann — bei
Mantua gesprengt und vernichtet, die gesammte päpstliche Streit-
macht in Vicenza — 15,000 Mann — aufgelöst und für drei
Monate unthätig gemacht, ebenso die Besatzung von Treviso —
4000 Mann. Karl Albert auf seinen Höhen unfern von Verona
schien sich wenig zu rühren. Aus Rom wird uns vom 9. Juni
berichtet, daß die neapolitanischen Truppen, die man in Bologna
zurückgehalten hatte, nun doch den Rückmarsch nach Nea-
pel angetreten haben 1). ( A. Z. )
Frankreich.
*** Paris 19. Juni. Laut einer heute eingetroffenen telegra-
phischen Depesche ist die Ruhe in Nimes vollkommen wieder-
hergestellt. Die Bewegung hat durchaus keinen politischen Cha-
rakter. Zur größern Vorsicht sind indessen bedeutende Truppen-
massen von Avignon und Tarascon nach Nimes gezogen worden.
Jn Folge der neuen republikanischen Einrichtung, daß die
Gefangenen in den Zuchthäusern nichts mehr zu arbeiten brau-
chen, ist auch dort allgemeine Anarchie und Demoralisation ein-
gerissen. Die bewaffnete Macht in den Provinzialstädten hat fort-
während nichts weiter zu thun, als Tumulte in den Gefängnissen
zu unterdrücken, und wenn das noch eine Weile so fortgeht, so
wird dort eine faule unsittliche Race sich ausbilden, die bei ihrem
Austritte der Gesellschaft zur wahren Geißel und Plage wird.
Auch die Selbstmorde unter den Gefangenen nehmen jetzt in Folge
des Müßigganges, zu welchem sie verurtheilt sind, bedeutend
überhand.
Die Beamten kosten jetzt die französische Republik 74 Millio-
nen mehr, als dieses im Jahre 1830 der Fall war. Die Frage
über die wohlfeilste Regierungsform scheint sich sonach immer
noch zu Gunsten der Monarchie zu entscheiden.
Die kleineren Aufläufe und Verhaftungen dauern in der Haupt-
stadt immer noch fort. Es spricht sich jedoch in denselben kein be-
stimmter Charakter aus, denn während die Einen vive Louis-
Napoléon! rufen, schreien die Anderen: vive Henri V.! und ein
dritter Haufen läßt sich trotz des fürchterlichsten Regens eine
Vorlesung über das System der demokratisch=socialen Republik
halten. Mehrere Ladendiebe, die sich für den Prinzen Louis Na-
poleon ausgegeben und die guten Boutiquiers gebeten hatten, das
Jncognito Sr. Hoheit ja nicht zu verrathen, sind von der Poli-
zei eingesteckt worden.
Das 25 Centimes=Festessen soll nun am 14. Juli stattfinden.
Als bemerkenswerth verdient noch hervorgehoben zu werden, daß
der seit einiger Zeit wie verschollene Herr von Rothschild
im Finanzministerium wieder sichtbar geworden ist und dort be-
deutend mit der Regierung conferirt. Gute Aussichten für die
Geschäftswelt!
Bis zum 20. wird eine allgemeine Untersuchung der soge-
nannten „Nationalwerkstätten“ stattfinden. Sie sollen von allen
unberufenen und verdächtigen Subjecten gesäubert werden.
Eine Probe von Zeitungspolemik! Die Démocratie pacifi-
que hat einem neuen bonapartistischen Blatte, dem Napoléonien
vorgeworfen, daß er wissentlich sechsmal die Wahrheit entstellt
und gelogen habe. Was erwidert der Napoléonien? Die Sache,
für welche er gelogen, sey zu großartig und edel, als daß er sich
zu entschuldigen brauche!
Jn Nantes herrscht in den Nationalwerkstätten große
Aufregung, weil die Nationalversammlung beschlossen hat, daß
die Arbeiter künftig nicht mehr per Tag, sondern per Stück be-
zahlt werden sollen. Die Freunde der Organisation der Faul-
heit fühlen sich seit dieser neuen Einrichtung sehr unbehaglich und
haben schon Lust zu revolutioniren.
Anzeige.
Unterzeichneter empfiehlt sich in Verfertigung aller Arten von
Blasbälgen für Metzger, Küfer und Feuerarbeiter, auch werden
allda alte Blasbälge reparirt.
Daniel Kunz,
am Graben in Mainz.
Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim, Schott und Thielmann in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.
1) Auch ein Theil der neapolitanischen Flotte hat sich bereits von
Venedig entfernt.
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