Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mainzer Journal. Nr. 46. Mainz, 31. Juli 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] solche Freiheitsbestrebungen nirgends Anklang finden. Voraus-
sichtlich bleibt der Ruhm wieder unserer Pfalz, solche abenteuer-
lich freisinnige Gedanken ausgeboren und von mancher Seite mit
Enthusiasmus begrüßt zu haben. Ein Erfolg kann einem solchen
Unternehmen nicht werden, oder wir müßten gänzlich daran ver-
zweifeln, daß es je ein freies Deutschland geben werde. Denn
dann hätten wir höchstens Aussicht, statt etlichen dreißig ziemlich
schülerhaften Polizeistaaten ein deutsches Polizeireich
zu bekommen, welches ein Meisterwerk wäre von papiernen Frei-
heiten und lebendiger Knutenherrschaft. Sehr ersprießlich bleibt
es aber immer zu erfahren, wo jene Leute hinaus wollen, die
dreimal nach Freiheit rufen, ehe sie einmal athmen; wenn es
jedoch darauf ankömmt freisinnig zu handeln, an den Tag
geben, wie unfrei sie sind. Sie fühlen es wohl: die Freiheit
des Unterrichtes, die angestrebt und erlangt werden muß, ist der
Kampfplatz, darauf die Wahrheit endlich den Sieg erfechten muß
über die Lüge. Vor diesem Kampfe beben sie zurück. Sie geben
das Wahlfeld vor der Schlacht feige auf, und verschanzen sich
auf's Neue schimpflich hinter den traurigen Trümmern des von
Grund aus zerstörten Polizeistaates.

== Speyer 29. Juli. So eben verbreitet sich die Nachricht,
daß die Dekorationsmalereien im Kaiserdom eingestellt seyen, weil
kein Geld mehr disponibel ist.

# # Von der Haardt 29. Juli. Jn dem Kaiserslauterer
Wochenblatte lesen wir eine entschiedene Abfertigung des Abge-
ordneten Schmitt, welcher bei Begründung seines vielbespro-
chenen Antrages auf Beschleunigung der Gesetzesvorlage über die
persönliche Sicherheit der Mitglieder der Nationalversammlung
jüngst in der Paulskirche von 500 Bürgern sprach, die zu Kai-
serslautern vor der Wohnung des Staatsprocurators eine Ka-
tzenmusik gebracht hätten. Es gehört allerdings eine starke Stirne
dazu, Solches vor den versammelten Vertretern des Volkes vor-
zubringen, nachdem doch männiglich bekannt ist, aus welchen Leu-
ten jene ambulanten nächtlichen Orchester bestehen, wobei hono-
rirte Straßenjungen auf den Fäusten die ersten Stimmen pfeifen
und die Hefe des Pöbels den Baß mit obligatem Grunzen zu
übernehmen pflegt. Unter solcher Sachlage klingt es fast wie eine
Fabel, daß Abgeordnete zur Nationalversammlung die Tribüne
mit diesen offenbaren Unwahrheiten entweihen. Aber die Sache
erklärt sich, wenn man bedenkt, wie tonangebend eine gewisse
Partei nicht nur in der Paulskirche für die Gallerie, sondern lei-
der auch in ganz Deutschland bezüglich der Tagesmeinung in der
jüngsten Zeit gewesen. So Vieles ist diesen Herren ungeahndet
gelungen, so Manches ihnen nachgesehen worden. Das macht
keck, nnd der Krug geht eben so lange zum Brunnen, bis er bricht.
Von den schlimmen Dingen und trüben Nachrichten aus der Pfalz,
die der Abgeordnete Schmitt bei derselben Gelegenheit prophe-
zeite, ist bis jetzt noch nichts eingetroffen. Die Pfalz ist so ruhig,
oder wenn man will, so bewegt, als sie vor drei Monaten war.
Eine "trübe Nachricht aus der Pfalz" wird allerdings die öffent-
liche Entgegnung des Staatsprocurators zu Kaiserslautern seyn,
der die bekannte Haussuchung unternommen, die Abfertigung des
Abgeordneten Schmitt darin soll vortrefflich seyn. Uns ist sie lei-
der noch nicht zu Gesichte gekommen.

Neustadt an der Hardt 29. Juli. Es steht uns ein großer
Verlust bevor. Dem Vernehmen nach soll Herr Subrector
Bruckner am 25. d. Mts. zum Director der Musterschule in
Frankfurt a. M. ernannt worden seyn. So sehr wir auch Ursache
haben, diesen Verlust zu beklagen und den Abgang dieses allge-
mein geachteten Mannes zu bedauern, so müssen wir in Hinsicht
der neuen Verhältnisse ihm dennoch Glück wünschen, denn in
Bayern hat sich das Sprichwort auf's vollkommenste bewährt:
"wen die Götter hassen, den machen sie zum Schulmeister." Auch
die Stadt Frankfurt hat für ihre Schule einen Mann erworben,
wozu man ihr nur Glück wünschen kann, denn nicht leicht hätte
sie eine bessere Wahl treffen können.

Frankfurt 24. Juli. ( W. Z. ) [ Die Berathung über
Handels= und Zollangelegenheiten.
] Die Bevollmäch-
tigten der deutschen Landesregierungen, welche abgeordnet sind,
um auf Einladung des volkswirthschaftlichen Ausschusses mit die-
sem und dem Reichsministerium des Jnnern über die Handels=,
Gewerbe= und Zollangelegenheiten in Benehmen zu treten, treffen
nach und nach ein. Man hört von Einzelnen derselben, daß die
Anträge, welche, z. B. von Eisenstuck und Genossen, gemacht
werden, Besorgnisse erregt haben, daß auch die Discussion über
den ersten Artikel der "Grundrechte" beunruhige. Es ist begreiflich,
daß bei so wichtigen, tief eingreifenden Dingen die Sorge, die
Nationalversammlung werde die particulären Bedürfnisse nicht
genügend berücksichtigen, sich geltend macht. Allein unbegreiflich
ist, wenn diese Sorge die Bevölkerungen in den Einzelnstaaten
veranlaßt, ihr Vertrauen denjenigen Regierungsmännern oder
geheimen Cabinetsräthen zuzuwenden, die wahrlich nicht aus
volksfreundlichen Zwecken auf Schwächung der provisorischen
[Spaltenumbruch] Centralgewalt ausgehen. Vertrauen soll man der Mehrheit
der Repräsentation des deutschen Volkes, und wo das Ver-
trauen wankend wird, jene zu corrigiren und zu epuriren suchen.
Die Süddeutschen sind in dieser Hinsicht den Norddeutschen voraus.
Wenn die Nationalversammlung in der hannöverischen Angele-
genheit rücksichtsloser vorgegangen ist, als in irgend einer ande-
ren, so ist davon gewiß nicht Mißachtung der Jnteressen des
Volks in Hannover die mitwirkende Ursache gewesen, wohl aber
Mißtrauen in die hannöverische Cabinetspolitik. Man weiß hier
sehr gut, daß von Hannover aus auch andere Staats-
regierungen
zur Renitenz gegen die Art und Weise aufge-
stachelt sind, wie die Nationalversammlung das anstrebt, was
seit zwanzig Jahren in den Wünschen aller deutschen Patrioten
liegt, -- die deutsche Einheit.

Frankfurt 26. Juli. ( A. Z. ) Die wichtige Wahl des
Reichs=Handelsministers scheint entschieden: dem Vernehmen
nach wäre Senator Duckwitz aus Bremen dazu berufen. Eine
glückliche Wahl. Zum Finanzminister soll Staatsrath Mathy
bestimmt seyn. Für das auswärtige Portefeuille werden drei
Namen genannt: Beckerath, Bunsen ( ! ) und -- Stock-
mar.
Zu dem Unterstaatssecretär der Justiz soll Robert
Mohl
designirt seyn, der die auf ihn einstimmig gefallene Wahl
zum Vertreter der Universität Heidelberg in der ersten badischen
Kammer, wie Sie wissen, abgelehnt hat.

Jtalien.

Rom 18. Juli. ( A. Z. ) Ein panischer Schrecken hat sich der
niederen Bevölkerung bemächtigt bei Verbreitung der Kunde von
dem Einrücken österreichischer Truppen in Ferrara. Die Fama
vergrößert natürlich alle Zahlen und erweitert alle Verhältnisse
zu einem Entsetzen erregenden Zerrbild. Mir sind wohlhabende
Bürgersleute bekannt, die bereits ihre Schätze vergraben, und
es sich nicht ausreden lassen, daß der Feind in 8 bis 14 Tagen
in Rom einrücken und das kaiserliche Wappen an dem veneziani-
schen Palast wieder aufhängen werde. Gleichzeitig übertreibt
man die Nachrichten von dem Mißvergnügen, welches die Pro-
vinzen seit dem Eintreffen der geharnischten Adreßantwort des
Papstes erfaßt, und an vielen Orten die Jdee von Abfall und
Einsetzung provisorischer Regierungen rege gemacht hat. Daß die
piemontesische Partei in Bologna starken Anhang gefunden habe,
daß man von da aus die südlich gelegenen Orte für Karl Albert
bearbeiten lasse, ist wahr; auch kann nicht geläugnet werden,
daß Ancona und Jesi enthusiastisch erregt sind, allein nirgends
scheint man über Drohungen hinausgegangen zu seyn. Sehr be-
greiflich aber ist es, daß hier die ministerielle Partei alles thut,
um die Stimmung und die Bewegung in den Provinzen recht
gräßlich zu schildern, sowie die von Mamiani neu eingesetzten
Beamten, fast ausschließlich Amnestirte und revolutionär gesinnte
Meinungsgenossen, die Gährung eher befördern als unterdrücken
helfen.

Rom 20. Juli. ( A. Z. ) Das Ministerium hat seine Ent-
lassung nun wirklich verlangt und erhalten.

Frankreich.

* * * Paris 28. Juli. Jn der gestrigen Sitzung der Natio-
nalversammlung wurde der vielbestrittene Art. 13. des Gesetzes
über die Clubbs in bedeutend veränderter Fassung endlich ange-
nommen und lautet jetzt wie folgt: "Geheime Gesellschaften sind
untersagt. Wer überführt wird, daß er einer geheimen Gesell-
schaft angehört, wird mit einer Geldbuße von 100--500 Francs,
Gefängniß von sechs Monaten bis zwei Jahre und Verlust der
bürgerlichen Rechte von fünf bis zehn Jahre bestraft. Gegen die
Vorstände oder Stifter solcher Gesellschaften können die Strafen
verdoppelt werden." Die Berathung nahm fast die ganze Sitzung
in Anspruch und so werden die folgenden Artikel erst in den näch-
sten Tagen an die Reihe kommen. Mehr als dieses Gesetz wird
Sie jedoch der Umstand interessiren, daß am Schlusse der Sitz-
ung Mauguin ( schon unter der früheren Regierung ein gewal-
tiger Jnterpellationsrath ) erklärte, er werde bis Montag den
Minister über die auswärtigen Angelegenheiten

( s. unten ) interpelliren. Herr Mauguin bemerkte bei der Ge-
legenheit: "Jch möchte die Aufmerksamkeit der Versammlung auf die
auswärtigen Verhältnisse des Landes hinlenken. Die neuesten
Ereignisse sind zwar
meiner Ansicht nach nicht beson-
ders beunruhigend
-- ich bemerke dieses ausdrücklich, um
jede Mißdeutung zu vermeiden, -- indessen sind doch sehr ernste
Dinge vorgefallen und es ist hohe Zeit, daß die Republik und die
Nationalversammlung selbst darüber aufgeklärt werden." Nun,
wenn Republik und Nationalversammlung darüber noch nicht
aufgeklärt sind, so werden sie durch die Mauguinschen Phrasen
nicht viel gescheidter werden. Jedenfalls werden wir aus dieser
Discussion erfahren, wessen wir uns von den Franken zu versehen
haben.

Die italienischen Angelegenheiten liefern gegenwärtig den Stoff
zu langen und stürmischen Erörterungen im Schooße des soge-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] solche Freiheitsbestrebungen nirgends Anklang finden. Voraus-
sichtlich bleibt der Ruhm wieder unserer Pfalz, solche abenteuer-
lich freisinnige Gedanken ausgeboren und von mancher Seite mit
Enthusiasmus begrüßt zu haben. Ein Erfolg kann einem solchen
Unternehmen nicht werden, oder wir müßten gänzlich daran ver-
zweifeln, daß es je ein freies Deutschland geben werde. Denn
dann hätten wir höchstens Aussicht, statt etlichen dreißig ziemlich
schülerhaften Polizeistaaten ein deutsches Polizeireich
zu bekommen, welches ein Meisterwerk wäre von papiernen Frei-
heiten und lebendiger Knutenherrschaft. Sehr ersprießlich bleibt
es aber immer zu erfahren, wo jene Leute hinaus wollen, die
dreimal nach Freiheit rufen, ehe sie einmal athmen; wenn es
jedoch darauf ankömmt freisinnig zu handeln, an den Tag
geben, wie unfrei sie sind. Sie fühlen es wohl: die Freiheit
des Unterrichtes, die angestrebt und erlangt werden muß, ist der
Kampfplatz, darauf die Wahrheit endlich den Sieg erfechten muß
über die Lüge. Vor diesem Kampfe beben sie zurück. Sie geben
das Wahlfeld vor der Schlacht feige auf, und verschanzen sich
auf's Neue schimpflich hinter den traurigen Trümmern des von
Grund aus zerstörten Polizeistaates.

== Speyer 29. Juli. So eben verbreitet sich die Nachricht,
daß die Dekorationsmalereien im Kaiserdom eingestellt seyen, weil
kein Geld mehr disponibel ist.

# # Von der Haardt 29. Juli. Jn dem Kaiserslauterer
Wochenblatte lesen wir eine entschiedene Abfertigung des Abge-
ordneten Schmitt, welcher bei Begründung seines vielbespro-
chenen Antrages auf Beschleunigung der Gesetzesvorlage über die
persönliche Sicherheit der Mitglieder der Nationalversammlung
jüngst in der Paulskirche von 500 Bürgern sprach, die zu Kai-
serslautern vor der Wohnung des Staatsprocurators eine Ka-
tzenmusik gebracht hätten. Es gehört allerdings eine starke Stirne
dazu, Solches vor den versammelten Vertretern des Volkes vor-
zubringen, nachdem doch männiglich bekannt ist, aus welchen Leu-
ten jene ambulanten nächtlichen Orchester bestehen, wobei hono-
rirte Straßenjungen auf den Fäusten die ersten Stimmen pfeifen
und die Hefe des Pöbels den Baß mit obligatem Grunzen zu
übernehmen pflegt. Unter solcher Sachlage klingt es fast wie eine
Fabel, daß Abgeordnete zur Nationalversammlung die Tribüne
mit diesen offenbaren Unwahrheiten entweihen. Aber die Sache
erklärt sich, wenn man bedenkt, wie tonangebend eine gewisse
Partei nicht nur in der Paulskirche für die Gallerie, sondern lei-
der auch in ganz Deutschland bezüglich der Tagesmeinung in der
jüngsten Zeit gewesen. So Vieles ist diesen Herren ungeahndet
gelungen, so Manches ihnen nachgesehen worden. Das macht
keck, nnd der Krug geht eben so lange zum Brunnen, bis er bricht.
Von den schlimmen Dingen und trüben Nachrichten aus der Pfalz,
die der Abgeordnete Schmitt bei derselben Gelegenheit prophe-
zeite, ist bis jetzt noch nichts eingetroffen. Die Pfalz ist so ruhig,
oder wenn man will, so bewegt, als sie vor drei Monaten war.
Eine „trübe Nachricht aus der Pfalz“ wird allerdings die öffent-
liche Entgegnung des Staatsprocurators zu Kaiserslautern seyn,
der die bekannte Haussuchung unternommen, die Abfertigung des
Abgeordneten Schmitt darin soll vortrefflich seyn. Uns ist sie lei-
der noch nicht zu Gesichte gekommen.

Neustadt an der Hardt 29. Juli. Es steht uns ein großer
Verlust bevor. Dem Vernehmen nach soll Herr Subrector
Bruckner am 25. d. Mts. zum Director der Musterschule in
Frankfurt a. M. ernannt worden seyn. So sehr wir auch Ursache
haben, diesen Verlust zu beklagen und den Abgang dieses allge-
mein geachteten Mannes zu bedauern, so müssen wir in Hinsicht
der neuen Verhältnisse ihm dennoch Glück wünschen, denn in
Bayern hat sich das Sprichwort auf's vollkommenste bewährt:
„wen die Götter hassen, den machen sie zum Schulmeister.“ Auch
die Stadt Frankfurt hat für ihre Schule einen Mann erworben,
wozu man ihr nur Glück wünschen kann, denn nicht leicht hätte
sie eine bessere Wahl treffen können.

Frankfurt 24. Juli. ( W. Z. ) [ Die Berathung über
Handels= und Zollangelegenheiten.
] Die Bevollmäch-
tigten der deutschen Landesregierungen, welche abgeordnet sind,
um auf Einladung des volkswirthschaftlichen Ausschusses mit die-
sem und dem Reichsministerium des Jnnern über die Handels=,
Gewerbe= und Zollangelegenheiten in Benehmen zu treten, treffen
nach und nach ein. Man hört von Einzelnen derselben, daß die
Anträge, welche, z. B. von Eisenstuck und Genossen, gemacht
werden, Besorgnisse erregt haben, daß auch die Discussion über
den ersten Artikel der „Grundrechte“ beunruhige. Es ist begreiflich,
daß bei so wichtigen, tief eingreifenden Dingen die Sorge, die
Nationalversammlung werde die particulären Bedürfnisse nicht
genügend berücksichtigen, sich geltend macht. Allein unbegreiflich
ist, wenn diese Sorge die Bevölkerungen in den Einzelnstaaten
veranlaßt, ihr Vertrauen denjenigen Regierungsmännern oder
geheimen Cabinetsräthen zuzuwenden, die wahrlich nicht aus
volksfreundlichen Zwecken auf Schwächung der provisorischen
[Spaltenumbruch] Centralgewalt ausgehen. Vertrauen soll man der Mehrheit
der Repräsentation des deutschen Volkes, und wo das Ver-
trauen wankend wird, jene zu corrigiren und zu epuriren suchen.
Die Süddeutschen sind in dieser Hinsicht den Norddeutschen voraus.
Wenn die Nationalversammlung in der hannöverischen Angele-
genheit rücksichtsloser vorgegangen ist, als in irgend einer ande-
ren, so ist davon gewiß nicht Mißachtung der Jnteressen des
Volks in Hannover die mitwirkende Ursache gewesen, wohl aber
Mißtrauen in die hannöverische Cabinetspolitik. Man weiß hier
sehr gut, daß von Hannover aus auch andere Staats-
regierungen
zur Renitenz gegen die Art und Weise aufge-
stachelt sind, wie die Nationalversammlung das anstrebt, was
seit zwanzig Jahren in den Wünschen aller deutschen Patrioten
liegt, — die deutsche Einheit.

Frankfurt 26. Juli. ( A. Z. ) Die wichtige Wahl des
Reichs=Handelsministers scheint entschieden: dem Vernehmen
nach wäre Senator Duckwitz aus Bremen dazu berufen. Eine
glückliche Wahl. Zum Finanzminister soll Staatsrath Mathy
bestimmt seyn. Für das auswärtige Portefeuille werden drei
Namen genannt: Beckerath, Bunsen ( ! ) und — Stock-
mar.
Zu dem Unterstaatssecretär der Justiz soll Robert
Mohl
designirt seyn, der die auf ihn einstimmig gefallene Wahl
zum Vertreter der Universität Heidelberg in der ersten badischen
Kammer, wie Sie wissen, abgelehnt hat.

Jtalien.

Rom 18. Juli. ( A. Z. ) Ein panischer Schrecken hat sich der
niederen Bevölkerung bemächtigt bei Verbreitung der Kunde von
dem Einrücken österreichischer Truppen in Ferrara. Die Fama
vergrößert natürlich alle Zahlen und erweitert alle Verhältnisse
zu einem Entsetzen erregenden Zerrbild. Mir sind wohlhabende
Bürgersleute bekannt, die bereits ihre Schätze vergraben, und
es sich nicht ausreden lassen, daß der Feind in 8 bis 14 Tagen
in Rom einrücken und das kaiserliche Wappen an dem veneziani-
schen Palast wieder aufhängen werde. Gleichzeitig übertreibt
man die Nachrichten von dem Mißvergnügen, welches die Pro-
vinzen seit dem Eintreffen der geharnischten Adreßantwort des
Papstes erfaßt, und an vielen Orten die Jdee von Abfall und
Einsetzung provisorischer Regierungen rege gemacht hat. Daß die
piemontesische Partei in Bologna starken Anhang gefunden habe,
daß man von da aus die südlich gelegenen Orte für Karl Albert
bearbeiten lasse, ist wahr; auch kann nicht geläugnet werden,
daß Ancona und Jesi enthusiastisch erregt sind, allein nirgends
scheint man über Drohungen hinausgegangen zu seyn. Sehr be-
greiflich aber ist es, daß hier die ministerielle Partei alles thut,
um die Stimmung und die Bewegung in den Provinzen recht
gräßlich zu schildern, sowie die von Mamiani neu eingesetzten
Beamten, fast ausschließlich Amnestirte und revolutionär gesinnte
Meinungsgenossen, die Gährung eher befördern als unterdrücken
helfen.

Rom 20. Juli. ( A. Z. ) Das Ministerium hat seine Ent-
lassung nun wirklich verlangt und erhalten.

Frankreich.

* * * Paris 28. Juli. Jn der gestrigen Sitzung der Natio-
nalversammlung wurde der vielbestrittene Art. 13. des Gesetzes
über die Clubbs in bedeutend veränderter Fassung endlich ange-
nommen und lautet jetzt wie folgt: „Geheime Gesellschaften sind
untersagt. Wer überführt wird, daß er einer geheimen Gesell-
schaft angehört, wird mit einer Geldbuße von 100—500 Francs,
Gefängniß von sechs Monaten bis zwei Jahre und Verlust der
bürgerlichen Rechte von fünf bis zehn Jahre bestraft. Gegen die
Vorstände oder Stifter solcher Gesellschaften können die Strafen
verdoppelt werden.“ Die Berathung nahm fast die ganze Sitzung
in Anspruch und so werden die folgenden Artikel erst in den näch-
sten Tagen an die Reihe kommen. Mehr als dieses Gesetz wird
Sie jedoch der Umstand interessiren, daß am Schlusse der Sitz-
ung Mauguin ( schon unter der früheren Regierung ein gewal-
tiger Jnterpellationsrath ) erklärte, er werde bis Montag den
Minister über die auswärtigen Angelegenheiten

( s. unten ) interpelliren. Herr Mauguin bemerkte bei der Ge-
legenheit: „Jch möchte die Aufmerksamkeit der Versammlung auf die
auswärtigen Verhältnisse des Landes hinlenken. Die neuesten
Ereignisse sind zwar
meiner Ansicht nach nicht beson-
ders beunruhigend
— ich bemerke dieses ausdrücklich, um
jede Mißdeutung zu vermeiden, — indessen sind doch sehr ernste
Dinge vorgefallen und es ist hohe Zeit, daß die Republik und die
Nationalversammlung selbst darüber aufgeklärt werden.“ Nun,
wenn Republik und Nationalversammlung darüber noch nicht
aufgeklärt sind, so werden sie durch die Mauguinschen Phrasen
nicht viel gescheidter werden. Jedenfalls werden wir aus dieser
Discussion erfahren, wessen wir uns von den Franken zu versehen
haben.

Die italienischen Angelegenheiten liefern gegenwärtig den Stoff
zu langen und stürmischen Erörterungen im Schooße des soge-
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0003"/><cb type="start"/>
solche Freiheitsbestrebungen nirgends Anklang finden. Voraus-<lb/>
sichtlich bleibt der Ruhm wieder unserer Pfalz, solche abenteuer-<lb/>
lich freisinnige Gedanken ausgeboren und von mancher Seite mit<lb/>
Enthusiasmus begrüßt zu haben. Ein Erfolg kann einem solchen<lb/>
Unternehmen nicht werden, oder wir müßten gänzlich daran ver-<lb/>
zweifeln, daß es je ein <hi rendition="#g">freies</hi> Deutschland geben werde. Denn<lb/>
dann hätten wir höchstens Aussicht, statt etlichen dreißig ziemlich<lb/>
schülerhaften <hi rendition="#g">Polizeistaaten ein</hi> deutsches <hi rendition="#g">Polizeireich</hi><lb/>
zu bekommen, welches ein Meisterwerk wäre von papiernen Frei-<lb/>
heiten und lebendiger Knutenherrschaft. Sehr ersprießlich bleibt<lb/>
es aber immer zu erfahren, wo jene Leute hinaus wollen, die<lb/>
dreimal nach Freiheit rufen, ehe sie einmal athmen; wenn es<lb/>
jedoch darauf ankömmt freisinnig zu <hi rendition="#g">handeln,</hi> an den Tag<lb/>
geben, wie <hi rendition="#g">unfrei</hi> sie sind. Sie fühlen es wohl: die Freiheit<lb/>
des Unterrichtes, die angestrebt und erlangt werden muß, ist der<lb/>
Kampfplatz, darauf die Wahrheit endlich den Sieg erfechten muß<lb/>
über die Lüge. Vor diesem Kampfe beben sie zurück. Sie geben<lb/>
das Wahlfeld vor der Schlacht feige auf, und verschanzen sich<lb/>
auf's Neue schimpflich hinter den traurigen Trümmern des von<lb/>
Grund aus zerstörten Polizeistaates.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>== Speyer 29. Juli. So eben verbreitet sich die Nachricht,<lb/>
daß die Dekorationsmalereien im Kaiserdom eingestellt seyen, weil<lb/>
kein Geld mehr disponibel ist.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p># # Von der Haardt 29. Juli. Jn dem Kaiserslauterer<lb/>
Wochenblatte lesen wir eine entschiedene Abfertigung des Abge-<lb/>
ordneten <hi rendition="#g">Schmitt,</hi> welcher bei Begründung seines vielbespro-<lb/>
chenen Antrages auf Beschleunigung der Gesetzesvorlage über die<lb/>
persönliche Sicherheit der Mitglieder der Nationalversammlung<lb/>
jüngst in der Paulskirche von 500 Bürgern sprach, die zu Kai-<lb/>
serslautern vor der Wohnung des Staatsprocurators eine Ka-<lb/>
tzenmusik gebracht hätten. Es gehört allerdings eine starke Stirne<lb/>
dazu, Solches vor den versammelten Vertretern des Volkes vor-<lb/>
zubringen, nachdem doch männiglich bekannt ist, aus welchen Leu-<lb/>
ten jene ambulanten nächtlichen Orchester bestehen, wobei hono-<lb/>
rirte Straßenjungen auf den Fäusten die ersten Stimmen pfeifen<lb/>
und die Hefe des Pöbels den Baß mit obligatem Grunzen zu<lb/>
übernehmen pflegt. Unter solcher Sachlage klingt es fast wie eine<lb/>
Fabel, daß Abgeordnete zur Nationalversammlung die Tribüne<lb/>
mit diesen offenbaren Unwahrheiten entweihen. Aber die Sache<lb/>
erklärt sich, wenn man bedenkt, wie <hi rendition="#g">tonangebend</hi> eine gewisse<lb/>
Partei nicht nur in der Paulskirche für die Gallerie, sondern lei-<lb/>
der auch in ganz Deutschland bezüglich der Tagesmeinung in der<lb/>
jüngsten Zeit gewesen. So Vieles ist diesen Herren ungeahndet<lb/>
gelungen, so Manches ihnen nachgesehen worden. Das macht<lb/>
keck, nnd der Krug geht eben so lange zum Brunnen, bis er bricht.<lb/>
Von den schlimmen Dingen und trüben Nachrichten aus der Pfalz,<lb/>
die der Abgeordnete Schmitt bei derselben Gelegenheit prophe-<lb/>
zeite, ist bis jetzt noch nichts eingetroffen. Die Pfalz ist so ruhig,<lb/>
oder wenn man will, so bewegt, als sie vor drei Monaten war.<lb/>
Eine &#x201E;trübe Nachricht aus der Pfalz&#x201C; wird allerdings die öffent-<lb/>
liche Entgegnung des Staatsprocurators zu Kaiserslautern seyn,<lb/>
der die bekannte Haussuchung unternommen, die Abfertigung des<lb/>
Abgeordneten Schmitt darin soll vortrefflich seyn. Uns ist sie lei-<lb/>
der noch nicht zu Gesichte gekommen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Neustadt an der Hardt 29. Juli. Es steht uns ein großer<lb/>
Verlust bevor. Dem Vernehmen nach soll Herr Subrector<lb/><hi rendition="#g">Bruckner</hi> am 25. d. Mts. zum Director der Musterschule in<lb/>
Frankfurt a. M. ernannt worden seyn. So sehr wir auch Ursache<lb/>
haben, diesen Verlust zu beklagen und den Abgang dieses allge-<lb/>
mein geachteten Mannes zu bedauern, so müssen wir in Hinsicht<lb/>
der neuen Verhältnisse ihm dennoch Glück wünschen, denn in<lb/>
Bayern hat sich das Sprichwort auf's vollkommenste bewährt:<lb/>
&#x201E;wen die Götter hassen, den machen sie zum Schulmeister.&#x201C; Auch<lb/>
die Stadt Frankfurt hat für ihre Schule einen Mann erworben,<lb/>
wozu man ihr nur Glück wünschen kann, denn nicht leicht hätte<lb/>
sie eine bessere Wahl treffen können.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Frankfurt 24. Juli. ( W. Z. ) [ <hi rendition="#g">Die Berathung über<lb/>
Handels= und Zollangelegenheiten.</hi> ] Die Bevollmäch-<lb/>
tigten der deutschen Landesregierungen, welche abgeordnet sind,<lb/>
um auf Einladung des volkswirthschaftlichen Ausschusses mit die-<lb/>
sem und dem Reichsministerium des Jnnern über die Handels=,<lb/>
Gewerbe= und Zollangelegenheiten in Benehmen zu treten, treffen<lb/>
nach und nach ein. Man hört von Einzelnen derselben, daß die<lb/>
Anträge, welche, z. B. von <hi rendition="#g">Eisenstuck</hi> und Genossen, gemacht<lb/>
werden, Besorgnisse erregt haben, daß auch die Discussion über<lb/>
den ersten Artikel der &#x201E;Grundrechte&#x201C; beunruhige. Es ist begreiflich,<lb/>
daß bei so wichtigen, tief eingreifenden Dingen die Sorge, die<lb/>
Nationalversammlung werde die particulären Bedürfnisse nicht<lb/>
genügend berücksichtigen, sich geltend macht. Allein unbegreiflich<lb/>
ist, wenn diese Sorge die Bevölkerungen in den Einzelnstaaten<lb/>
veranlaßt, ihr Vertrauen denjenigen Regierungsmännern oder<lb/><hi rendition="#g">geheimen</hi> Cabinetsräthen zuzuwenden, die wahrlich nicht aus<lb/>
volksfreundlichen Zwecken auf Schwächung der provisorischen<lb/><cb n="2"/>
Centralgewalt ausgehen. Vertrauen soll man der Mehrheit<lb/>
der Repräsentation des deutschen Volkes, und wo das Ver-<lb/>
trauen wankend wird, jene zu corrigiren und zu epuriren suchen.<lb/>
Die Süddeutschen sind in dieser Hinsicht den Norddeutschen voraus.<lb/>
Wenn die Nationalversammlung in der hannöverischen Angele-<lb/>
genheit rücksichtsloser vorgegangen ist, als in irgend einer ande-<lb/>
ren, so ist davon gewiß nicht Mißachtung der Jnteressen des<lb/>
Volks in Hannover die mitwirkende Ursache gewesen, wohl aber<lb/>
Mißtrauen in die hannöverische Cabinetspolitik. Man weiß hier<lb/>
sehr gut, daß <hi rendition="#g">von Hannover aus auch andere Staats-<lb/>
regierungen</hi> zur Renitenz gegen die Art und Weise aufge-<lb/>
stachelt sind, wie die Nationalversammlung das anstrebt, was<lb/>
seit zwanzig Jahren in den Wünschen aller deutschen Patrioten<lb/>
liegt, &#x2014; die deutsche Einheit.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Frankfurt 26. Juli. ( A. Z. ) Die wichtige Wahl des<lb/>
Reichs=Handelsministers scheint entschieden: dem Vernehmen<lb/>
nach wäre Senator <hi rendition="#g">Duckwitz</hi> aus Bremen dazu berufen. Eine<lb/>
glückliche Wahl. Zum Finanzminister soll Staatsrath <hi rendition="#g">Mathy</hi><lb/>
bestimmt seyn. Für das auswärtige Portefeuille werden drei<lb/>
Namen genannt: <hi rendition="#g">Beckerath, Bunsen</hi> ( ! ) und &#x2014; <hi rendition="#g">Stock-<lb/>
mar.</hi> Zu dem Unterstaatssecretär der Justiz soll <hi rendition="#g">Robert<lb/>
Mohl</hi> designirt seyn, der die auf ihn einstimmig gefallene Wahl<lb/>
zum Vertreter der Universität Heidelberg in der ersten badischen<lb/>
Kammer, wie Sie wissen, abgelehnt hat.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Jtalien.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Rom 18. Juli. ( A. Z. ) Ein panischer Schrecken hat sich der<lb/>
niederen Bevölkerung bemächtigt bei Verbreitung der Kunde von<lb/>
dem Einrücken österreichischer Truppen in Ferrara. Die Fama<lb/>
vergrößert natürlich alle Zahlen und erweitert alle Verhältnisse<lb/>
zu einem Entsetzen erregenden Zerrbild. Mir sind wohlhabende<lb/>
Bürgersleute bekannt, die bereits ihre Schätze vergraben, und<lb/>
es sich nicht ausreden lassen, daß der Feind in 8 bis 14 Tagen<lb/>
in Rom einrücken und das kaiserliche Wappen an dem veneziani-<lb/>
schen Palast wieder aufhängen werde. Gleichzeitig übertreibt<lb/>
man die Nachrichten von dem Mißvergnügen, welches die Pro-<lb/>
vinzen seit dem Eintreffen der geharnischten Adreßantwort des<lb/>
Papstes erfaßt, und an vielen Orten die Jdee von Abfall und<lb/>
Einsetzung provisorischer Regierungen rege gemacht hat. Daß die<lb/>
piemontesische Partei in Bologna starken Anhang gefunden habe,<lb/>
daß man von da aus die südlich gelegenen Orte für Karl Albert<lb/>
bearbeiten lasse, ist wahr; auch kann nicht geläugnet werden,<lb/>
daß Ancona und Jesi enthusiastisch erregt sind, allein nirgends<lb/>
scheint man über Drohungen hinausgegangen zu seyn. Sehr be-<lb/>
greiflich aber ist es, daß hier die ministerielle Partei alles thut,<lb/>
um die Stimmung und die Bewegung in den Provinzen recht<lb/>
gräßlich zu schildern, sowie die von Mamiani neu eingesetzten<lb/>
Beamten, fast ausschließlich Amnestirte und revolutionär gesinnte<lb/>
Meinungsgenossen, die Gährung eher befördern als unterdrücken<lb/>
helfen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Rom 20. Juli. ( A. Z. ) Das Ministerium hat seine Ent-<lb/>
lassung nun wirklich verlangt und erhalten.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Frankreich.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><hi rendition="#sup">* * *</hi> Paris 28. Juli. Jn der gestrigen Sitzung der Natio-<lb/>
nalversammlung wurde der vielbestrittene Art. 13. des Gesetzes<lb/>
über die Clubbs in bedeutend veränderter Fassung endlich ange-<lb/>
nommen und lautet jetzt wie folgt: &#x201E;Geheime Gesellschaften sind<lb/>
untersagt. Wer überführt wird, daß er einer geheimen Gesell-<lb/>
schaft angehört, wird mit einer Geldbuße von 100&#x2014;500 Francs,<lb/>
Gefängniß von sechs Monaten bis zwei Jahre und Verlust der<lb/>
bürgerlichen Rechte von fünf bis zehn Jahre bestraft. Gegen die<lb/>
Vorstände oder Stifter solcher Gesellschaften können die Strafen<lb/>
verdoppelt werden.&#x201C; Die Berathung nahm fast die ganze Sitzung<lb/>
in Anspruch und so werden die folgenden Artikel erst in den näch-<lb/>
sten Tagen an die Reihe kommen. Mehr als dieses Gesetz wird<lb/>
Sie jedoch der Umstand interessiren, daß am Schlusse der Sitz-<lb/>
ung <hi rendition="#g">Mauguin</hi> ( schon unter der früheren Regierung ein gewal-<lb/>
tiger Jnterpellationsrath ) erklärte, <hi rendition="#g">er werde</hi> bis Montag <hi rendition="#g">den<lb/>
Minister über die auswärtigen Angelegenheiten</hi><lb/>
( s. unten ) <hi rendition="#g">interpelliren.</hi> Herr Mauguin bemerkte bei der Ge-<lb/>
legenheit: &#x201E;Jch möchte die Aufmerksamkeit der Versammlung auf die<lb/>
auswärtigen Verhältnisse des Landes hinlenken. <hi rendition="#g">Die neuesten<lb/>
Ereignisse sind zwar</hi> meiner Ansicht nach <hi rendition="#g">nicht beson-<lb/>
ders beunruhigend</hi> &#x2014; ich bemerke dieses ausdrücklich, um<lb/>
jede Mißdeutung zu vermeiden, &#x2014; indessen sind doch sehr ernste<lb/>
Dinge vorgefallen und es ist hohe Zeit, daß die Republik und die<lb/>
Nationalversammlung selbst darüber aufgeklärt werden.&#x201C; Nun,<lb/>
wenn Republik und Nationalversammlung darüber noch nicht<lb/>
aufgeklärt sind, so werden sie durch die Mauguinschen Phrasen<lb/>
nicht viel gescheidter werden. Jedenfalls werden wir aus dieser<lb/>
Discussion erfahren, wessen wir uns von den Franken zu versehen<lb/>
haben.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Die italienischen Angelegenheiten liefern gegenwärtig den Stoff<lb/>
zu langen und stürmischen Erörterungen im Schooße des soge-<lb/><cb type="end"/>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0003] solche Freiheitsbestrebungen nirgends Anklang finden. Voraus- sichtlich bleibt der Ruhm wieder unserer Pfalz, solche abenteuer- lich freisinnige Gedanken ausgeboren und von mancher Seite mit Enthusiasmus begrüßt zu haben. Ein Erfolg kann einem solchen Unternehmen nicht werden, oder wir müßten gänzlich daran ver- zweifeln, daß es je ein freies Deutschland geben werde. Denn dann hätten wir höchstens Aussicht, statt etlichen dreißig ziemlich schülerhaften Polizeistaaten ein deutsches Polizeireich zu bekommen, welches ein Meisterwerk wäre von papiernen Frei- heiten und lebendiger Knutenherrschaft. Sehr ersprießlich bleibt es aber immer zu erfahren, wo jene Leute hinaus wollen, die dreimal nach Freiheit rufen, ehe sie einmal athmen; wenn es jedoch darauf ankömmt freisinnig zu handeln, an den Tag geben, wie unfrei sie sind. Sie fühlen es wohl: die Freiheit des Unterrichtes, die angestrebt und erlangt werden muß, ist der Kampfplatz, darauf die Wahrheit endlich den Sieg erfechten muß über die Lüge. Vor diesem Kampfe beben sie zurück. Sie geben das Wahlfeld vor der Schlacht feige auf, und verschanzen sich auf's Neue schimpflich hinter den traurigen Trümmern des von Grund aus zerstörten Polizeistaates. == Speyer 29. Juli. So eben verbreitet sich die Nachricht, daß die Dekorationsmalereien im Kaiserdom eingestellt seyen, weil kein Geld mehr disponibel ist. # # Von der Haardt 29. Juli. Jn dem Kaiserslauterer Wochenblatte lesen wir eine entschiedene Abfertigung des Abge- ordneten Schmitt, welcher bei Begründung seines vielbespro- chenen Antrages auf Beschleunigung der Gesetzesvorlage über die persönliche Sicherheit der Mitglieder der Nationalversammlung jüngst in der Paulskirche von 500 Bürgern sprach, die zu Kai- serslautern vor der Wohnung des Staatsprocurators eine Ka- tzenmusik gebracht hätten. Es gehört allerdings eine starke Stirne dazu, Solches vor den versammelten Vertretern des Volkes vor- zubringen, nachdem doch männiglich bekannt ist, aus welchen Leu- ten jene ambulanten nächtlichen Orchester bestehen, wobei hono- rirte Straßenjungen auf den Fäusten die ersten Stimmen pfeifen und die Hefe des Pöbels den Baß mit obligatem Grunzen zu übernehmen pflegt. Unter solcher Sachlage klingt es fast wie eine Fabel, daß Abgeordnete zur Nationalversammlung die Tribüne mit diesen offenbaren Unwahrheiten entweihen. Aber die Sache erklärt sich, wenn man bedenkt, wie tonangebend eine gewisse Partei nicht nur in der Paulskirche für die Gallerie, sondern lei- der auch in ganz Deutschland bezüglich der Tagesmeinung in der jüngsten Zeit gewesen. So Vieles ist diesen Herren ungeahndet gelungen, so Manches ihnen nachgesehen worden. Das macht keck, nnd der Krug geht eben so lange zum Brunnen, bis er bricht. Von den schlimmen Dingen und trüben Nachrichten aus der Pfalz, die der Abgeordnete Schmitt bei derselben Gelegenheit prophe- zeite, ist bis jetzt noch nichts eingetroffen. Die Pfalz ist so ruhig, oder wenn man will, so bewegt, als sie vor drei Monaten war. Eine „trübe Nachricht aus der Pfalz“ wird allerdings die öffent- liche Entgegnung des Staatsprocurators zu Kaiserslautern seyn, der die bekannte Haussuchung unternommen, die Abfertigung des Abgeordneten Schmitt darin soll vortrefflich seyn. Uns ist sie lei- der noch nicht zu Gesichte gekommen. Neustadt an der Hardt 29. Juli. Es steht uns ein großer Verlust bevor. Dem Vernehmen nach soll Herr Subrector Bruckner am 25. d. Mts. zum Director der Musterschule in Frankfurt a. M. ernannt worden seyn. So sehr wir auch Ursache haben, diesen Verlust zu beklagen und den Abgang dieses allge- mein geachteten Mannes zu bedauern, so müssen wir in Hinsicht der neuen Verhältnisse ihm dennoch Glück wünschen, denn in Bayern hat sich das Sprichwort auf's vollkommenste bewährt: „wen die Götter hassen, den machen sie zum Schulmeister.“ Auch die Stadt Frankfurt hat für ihre Schule einen Mann erworben, wozu man ihr nur Glück wünschen kann, denn nicht leicht hätte sie eine bessere Wahl treffen können. Frankfurt 24. Juli. ( W. Z. ) [ Die Berathung über Handels= und Zollangelegenheiten. ] Die Bevollmäch- tigten der deutschen Landesregierungen, welche abgeordnet sind, um auf Einladung des volkswirthschaftlichen Ausschusses mit die- sem und dem Reichsministerium des Jnnern über die Handels=, Gewerbe= und Zollangelegenheiten in Benehmen zu treten, treffen nach und nach ein. Man hört von Einzelnen derselben, daß die Anträge, welche, z. B. von Eisenstuck und Genossen, gemacht werden, Besorgnisse erregt haben, daß auch die Discussion über den ersten Artikel der „Grundrechte“ beunruhige. Es ist begreiflich, daß bei so wichtigen, tief eingreifenden Dingen die Sorge, die Nationalversammlung werde die particulären Bedürfnisse nicht genügend berücksichtigen, sich geltend macht. Allein unbegreiflich ist, wenn diese Sorge die Bevölkerungen in den Einzelnstaaten veranlaßt, ihr Vertrauen denjenigen Regierungsmännern oder geheimen Cabinetsräthen zuzuwenden, die wahrlich nicht aus volksfreundlichen Zwecken auf Schwächung der provisorischen Centralgewalt ausgehen. Vertrauen soll man der Mehrheit der Repräsentation des deutschen Volkes, und wo das Ver- trauen wankend wird, jene zu corrigiren und zu epuriren suchen. Die Süddeutschen sind in dieser Hinsicht den Norddeutschen voraus. Wenn die Nationalversammlung in der hannöverischen Angele- genheit rücksichtsloser vorgegangen ist, als in irgend einer ande- ren, so ist davon gewiß nicht Mißachtung der Jnteressen des Volks in Hannover die mitwirkende Ursache gewesen, wohl aber Mißtrauen in die hannöverische Cabinetspolitik. Man weiß hier sehr gut, daß von Hannover aus auch andere Staats- regierungen zur Renitenz gegen die Art und Weise aufge- stachelt sind, wie die Nationalversammlung das anstrebt, was seit zwanzig Jahren in den Wünschen aller deutschen Patrioten liegt, — die deutsche Einheit. Frankfurt 26. Juli. ( A. Z. ) Die wichtige Wahl des Reichs=Handelsministers scheint entschieden: dem Vernehmen nach wäre Senator Duckwitz aus Bremen dazu berufen. Eine glückliche Wahl. Zum Finanzminister soll Staatsrath Mathy bestimmt seyn. Für das auswärtige Portefeuille werden drei Namen genannt: Beckerath, Bunsen ( ! ) und — Stock- mar. Zu dem Unterstaatssecretär der Justiz soll Robert Mohl designirt seyn, der die auf ihn einstimmig gefallene Wahl zum Vertreter der Universität Heidelberg in der ersten badischen Kammer, wie Sie wissen, abgelehnt hat. Jtalien. Rom 18. Juli. ( A. Z. ) Ein panischer Schrecken hat sich der niederen Bevölkerung bemächtigt bei Verbreitung der Kunde von dem Einrücken österreichischer Truppen in Ferrara. Die Fama vergrößert natürlich alle Zahlen und erweitert alle Verhältnisse zu einem Entsetzen erregenden Zerrbild. Mir sind wohlhabende Bürgersleute bekannt, die bereits ihre Schätze vergraben, und es sich nicht ausreden lassen, daß der Feind in 8 bis 14 Tagen in Rom einrücken und das kaiserliche Wappen an dem veneziani- schen Palast wieder aufhängen werde. Gleichzeitig übertreibt man die Nachrichten von dem Mißvergnügen, welches die Pro- vinzen seit dem Eintreffen der geharnischten Adreßantwort des Papstes erfaßt, und an vielen Orten die Jdee von Abfall und Einsetzung provisorischer Regierungen rege gemacht hat. Daß die piemontesische Partei in Bologna starken Anhang gefunden habe, daß man von da aus die südlich gelegenen Orte für Karl Albert bearbeiten lasse, ist wahr; auch kann nicht geläugnet werden, daß Ancona und Jesi enthusiastisch erregt sind, allein nirgends scheint man über Drohungen hinausgegangen zu seyn. Sehr be- greiflich aber ist es, daß hier die ministerielle Partei alles thut, um die Stimmung und die Bewegung in den Provinzen recht gräßlich zu schildern, sowie die von Mamiani neu eingesetzten Beamten, fast ausschließlich Amnestirte und revolutionär gesinnte Meinungsgenossen, die Gährung eher befördern als unterdrücken helfen. Rom 20. Juli. ( A. Z. ) Das Ministerium hat seine Ent- lassung nun wirklich verlangt und erhalten. Frankreich. * * * Paris 28. Juli. Jn der gestrigen Sitzung der Natio- nalversammlung wurde der vielbestrittene Art. 13. des Gesetzes über die Clubbs in bedeutend veränderter Fassung endlich ange- nommen und lautet jetzt wie folgt: „Geheime Gesellschaften sind untersagt. Wer überführt wird, daß er einer geheimen Gesell- schaft angehört, wird mit einer Geldbuße von 100—500 Francs, Gefängniß von sechs Monaten bis zwei Jahre und Verlust der bürgerlichen Rechte von fünf bis zehn Jahre bestraft. Gegen die Vorstände oder Stifter solcher Gesellschaften können die Strafen verdoppelt werden.“ Die Berathung nahm fast die ganze Sitzung in Anspruch und so werden die folgenden Artikel erst in den näch- sten Tagen an die Reihe kommen. Mehr als dieses Gesetz wird Sie jedoch der Umstand interessiren, daß am Schlusse der Sitz- ung Mauguin ( schon unter der früheren Regierung ein gewal- tiger Jnterpellationsrath ) erklärte, er werde bis Montag den Minister über die auswärtigen Angelegenheiten ( s. unten ) interpelliren. Herr Mauguin bemerkte bei der Ge- legenheit: „Jch möchte die Aufmerksamkeit der Versammlung auf die auswärtigen Verhältnisse des Landes hinlenken. Die neuesten Ereignisse sind zwar meiner Ansicht nach nicht beson- ders beunruhigend — ich bemerke dieses ausdrücklich, um jede Mißdeutung zu vermeiden, — indessen sind doch sehr ernste Dinge vorgefallen und es ist hohe Zeit, daß die Republik und die Nationalversammlung selbst darüber aufgeklärt werden.“ Nun, wenn Republik und Nationalversammlung darüber noch nicht aufgeklärt sind, so werden sie durch die Mauguinschen Phrasen nicht viel gescheidter werden. Jedenfalls werden wir aus dieser Discussion erfahren, wessen wir uns von den Franken zu versehen haben. Die italienischen Angelegenheiten liefern gegenwärtig den Stoff zu langen und stürmischen Erörterungen im Schooße des soge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal046_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal046_1848/3
Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 46. Mainz, 31. Juli 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal046_1848/3>, abgerufen am 13.06.2024.