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Mainzer Journal. Nr. 50. Mainz, 4. August 1848.

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[Beginn Spaltensatz] dieses Recht sey aber eine Unmöglichkeit, so lange es überhaupt
noch ein Eigenthum gebe. Der Geldwirthschaft, der Herrschaft
des Kapitals müsse ein Ende gemacht und zu dem Zwecke eine Na-
tionalbank gegründet werden, welche Geld ohne Zinsen ausleihe, auf
diese Weise werden wir Credit, Grundstücke und Häuser umsonst
bekommen, schrankenlos wird sich eine Welt von Genüssen vor uns
aufthun und es wird dann kein Eigenthum mehr geben. Das ist der
wahre, das ist "unser Socialismus," wer kein Socialist ist, der
ist auch kein Republikaner und das Eigenthum muß entweder von
der Republik verschlungen werden oder es wird die Republik ver-
schlingen. Zu diesem und keinem anderen Zwecke ist die Februar-
revolution gemacht worden, mit dieser Revolution hat der Ban-
kerott der alten Societät begonnen. Der Anfang davon ist die
von mir beantragte Maasregel, daß von allen Hypothek=, Haus-
und Pachtzinsen, sowie von den Renten der Staatspapiere ein
Drittheil von Staatswegen mit Beschlag belegt werden soll, was
allerdings für die Eigenthümer ärgerlich seyn mag. Wenn Jhr
indessen euer Eigenthum nicht freiwillig hergeben wollet, so wird
man auch ohne euch damit fertig werden! Jn dem Staate, wie
er jetzt besteht, gibt es gar keine Rechte mehr, sondern nur noch
Thatsachen. Eine solche Thatsache war der 16. April, war der 15.
Mai, waren die Junitage; Jhr selbst, zur Nationalversammlung
gewandt, seyd auch nur eine Thatsache, ja Jhr seyd gar nichts,
denn das allgemeine Stimmrecht hat durchaus keine vernünftige
Grundlage, sondern beruht einzig und allein auf der rohen Kraft,
und auch ihr erkennet nichts weiter an als euere Stärke. Trotz
alle Dem werdet ihr das Vertrauen nicht zurückführen, wer
seine eingegangenen Verbindlichkeiten nicht halten will, hat Recht,
wer bezahlen will, mag es thuen, wer nicht zahlen will, hat
seit dem Februar auch das Recht dazu. ( Jn diesem Augenblicke
wurde es dem Finanzminister so übel, daß er den Saal verlassen
mußte. ) Was wollet ihr machen? Sehet ihr denn nicht die po-
litische und religiöse Jndifferenz und Lauheit, die euch von allen
Seiten umgibt? Die Masse aber erhebt den Ruf: Jch will nicht
mehr arm seyn! und der Socialismus verliert die Geldsäcke der
Capitalisten nie aus dem Auge. -- So ohngefähr Herr Proudhon
der hier wirklich ein Evangelium aller Lumpen und Ohnehosen
verkündigt hat. Die Kammer war, wie gesagt, aufs Höchste
entrüstet; solche Gräuel, hieß es, verdienten keine Antwort, und
die Kammer faßte, statt einfach zur Tagesordnung überzu-
gehen, den folgenden in den Annalen des französischen Par-
lamentes unerhörten Beschluß, der einer Brandmarkung Proud-
hons vor dem ganzen Lande gleich zu achten ist: "Jn Betracht,
daß der Vorschlag des Bürgers Proudhon eine gehäßige Ver-
letzung der Grundsätze der öffentlichen Moral und ein schreiender
Eingriff in das Recht des Eigenthums, der Grundlage der socia-
len Ordnnng ist, daß er die Angeberei ermuthigter und an die
schlechtesten Leidenschaften appellirt; in Betracht ferner, daß
der Verfasser die Februarrevolution geschmäht hat, indem
er ihr die Theorien aufbürden will, die er auf der Tribüne
entwickelt hat -- geht die Nationalversammlung zur Tagesordnung
über." Von 693 anwesenden Mitgliedern stimmten nur zwei
gegen diesen Beschluß. Ein Theil des Berges war vor der Ab-
stimmung weggegangen, was diese Leute hinlänglich charakterisirt.
Schmerzlich bleibt es immerhin, daß solche Dinge in einer
Nationalversammlung nur ernstlich zur Sprache kommen können,
und es wird nicht eher besser werden, als bis die Leute an die zehn
Gebote glauben gelernt haben, in welchen es heißt: Du sollst
nicht stehlen, du sollst nicht begehren deines Nächsten Gut! Wie
indessen einmal die Weltläufte gehen, so werden die Proletarier
nicht eher glauben lernen, als bis das Elend bergehoch über ihren
Häuptern zusammenschlägt und unsere Wohldenkenden werden, in
ihrem festen Vertrauen auf Polizei= und Militärgewalt, den
Werth der zehen Gebote nicht eher begreifen, als bis sie gehörig
ausgeplündert worden sind.

Nach dem römischen "Contemporaneo" vom 23. soll der Her-
zog von Genua die sicilianische Krone angenommen haben. Fran-
zösische Blätter dagegen stellen es in Abrede.

Jn Algier gährt es wieder und es ist nicht unwahrscheinlich,
daß der vielfach bearbeitete Kaiser von Marokko bis zum Sep-
tember einen neuen Feldzug in die Provinz Oran unternehmen
wird.

Börse vom 31. Juli. Jn Folge der italienischen Angelegen-
heiten war die heutige Börse wieder flau und gingen die Rente
abermals zurück. 5% 71. -- 3% 44. 40. -- Die Certificate
des alten Anlehens fielen von 4,300 auf 3,800. Bankaktien 1640.
Schatzscheine 21% Verlust.

Großbritannien.

London 31. Juli. Es ist in Jrland nicht ohne
[Spaltenumbruch] Blutvergießen abgegangen, aber der Aufstand
scheint im Keime erstickt.
Die neuesten Nachrichten der
"Times", welche sie um 10 Uhr Vormittags erhielt, sind fol-
gende:

"Unser Berichterstatter schreibt Sonnabend Nachts von
Willmount bei Ballinghy, daß die Rebellion, welche am Mor-
gen jenes Tages wirklich anfing durch 50 bis 60 Polizeidiener
völlig unterdrückt ist. Auf der Gemeinde=Weide von Bonlagh
fand ein Zusammentreffen statt; drei der Aufständischen wurden
erschossen und mehrere verwundet. Smith O'Brien, der in
Person anführte, ist völlig verlassen von den Rebellen nach Ur-
lingford geflohen, und man erwartete, daß er vor Anbruch der
Nacht gefangen genommen werden würde. Doheny, Reilly und
Dillon waren gleichfalls auf dem Plan; der letzte ist getödtet
worden. Beim Abgange unseres Couriers aus Dublin war
Alles ruhig in der Stadt. Ueber Smith O'Brien's Verhaftung
war noch keine Nachricht eingegangen."

Gestern Morgen 6 Uhr ward aus Dublin durch den elektri-
schen Telegraphen gemeldet, daß das Land auf der ganzen Strecke
der quer durch das Land laufenden Eisenbahn ruhig gewesen.

Briefe, die heute Morgen aus Dublin ankamen, melden:
Ohne Kampf kann es nicht abgehen. Meagher und O'Brien ha-
ben die unzufriedene Partei bis an den Rand des Verderbens ge-
führt und können nicht mehr zurück; das Ergebniß ist der gewisse
Sieg der Regierung. Jeden Augenblick treffen schlimme Gerüchte
von allen Seiten ein; aber in keinem Falle haben die Nach-
richten von einem Ausbruche sich bestätigt. Wir beunruhigen
uns über jene Gerüchte daher nicht. Der Aufruf des Lord-
Statthalters ( wegen Auflösung der Clubs ) ward gestern an den
Straßenecken angeschlagen und eifrig gelesen. Der Erfolg ist ge-
wesen, daß die Mehrheit der Mitglieder der localen Clubs frei-
willig ihr Zurücktreten anzeigten und in manchen Fällen die Leute
ihr Bedauern ausdrückten, sich unvorsichtiger Weise bei der unge-
setzlichen Verbindung betheiligt zu haben. Eine große Zahl der
angeseheneren Verbündeten hat sich aus Furcht vor Verhaftung
versteckt oder ist geflohen. Die Clubhäuser sind geschlossen.
Es sind eine Menge Verhaftsbefehle und Steckbriefe gegen zwölf
Personen erlassen, deren Beherbergung mit lebenslänglicher
Transportation bestraft werden kann. General=Major Napier
und Oberst Doyle sind am Sonnabend von Limerick abgegangen,
um sich in Thurles an die Spitze vom 74. Regiment Hoch-
länder, 2 Kanonen, 200 Scharfschützen und 200 Husaren zu
stellen. Sie haben den Auftrag, O'Brien und Maegher zu
verfolgen, die in der Umgegend von Thurles sich befin-
den sollen. Jn Jrland stehen jetzt bereits 49,000 Mann,
in Dubin allein 9,310; fortwährend werden von Eng-
land neue Truppen und Schiffe abgesandt. Lord Hardingee, der
ausgezeichnete Feldherr, ist heute Morgen nach einer Unterredung
mit dem Premierminister und mit Wellington von London nach
Dublin abgereis't, um nöthigen Falls den Oberbefehl gegen die
Jnsurgenten zu übernehmen. Diese rechtfertigten ihre Drohungen
und Prahlereien bis jetzt sehr übel. Unsere Vermuthung, daß
die letzte vorgestrige Nachricht, das Aussetzen eines Preises auf
Smith O'Brien, auf ein bereits Statt gefundenes Zusammen-
treffen zu deuten, bestätigt sich. O'Brien erschien mit 3000 Mann
in Mullinahone, einem kleinen Dorfe in der Grafschaft Tippe-
rary, an der Gränze von Kilkenny, und forderte die im Wachthause
befindliche Polizeimannschaft zur Uebergabe ihrer Waffen auf.
Diese aber, nur fünf bis sechs Mann, weigerte sich standhaft,
und zwei Geistliche, Dr. Corcoran und Hr. Cahil, eilten herbei
und ließen nicht ab, das Volk auf das eindringlichste zu beschwö-
ren, von Gewaltthaten abzustehen, und endlich zerstreute sich der
größte Theil. O'Brien zog in sichtlicher Unruhe weiter. Sein
Bruder, Sir Lucius O'Brien, ein Gutsbesitzer, sitzt im Parla-
ment, verabscheut die Grundsätze seines jüngeren Bruders und
hat für das Gesetz gestimmt, wodurch dieser vogelfrei wird.

Daß nach der äußeren "Pacifikation" Jrlands durchgreifende
Maßregeln der Regierung zur inneren Pacifikation durch He-
bung der unleugbaren sozialen ( nicht politischen ) Bedrängnisse
und trostlosen Stellung, insbesondere der ländlichen Bevöl-
kerung Jrlands ungesäumt und unumgänglich erforderlich sind,
ist allen unbefangenen englischen Staatsmännern klar. An der
Erkenntniß und am guten Willen hierzu fehlt es auch dem gegen-
wärtigen Ministerium nicht; allein die nachhaltige eigene Kraft
und die Unterstützung einer überwiegenden starken Partei im
Parlament mangelt ihm leider, und am Ende wird wieder ein
Sir R. Peel mit einem halbtorystischen Ministerium Das durch-
setzen müssen, was, wie z. B. bei der Korn=Zollfrage ein Whig-
ministerium zwar gewollt, aber nicht selbst auszuführen vermocht
hat.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] dieses Recht sey aber eine Unmöglichkeit, so lange es überhaupt
noch ein Eigenthum gebe. Der Geldwirthschaft, der Herrschaft
des Kapitals müsse ein Ende gemacht und zu dem Zwecke eine Na-
tionalbank gegründet werden, welche Geld ohne Zinsen ausleihe, auf
diese Weise werden wir Credit, Grundstücke und Häuser umsonst
bekommen, schrankenlos wird sich eine Welt von Genüssen vor uns
aufthun und es wird dann kein Eigenthum mehr geben. Das ist der
wahre, das ist „unser Socialismus,“ wer kein Socialist ist, der
ist auch kein Republikaner und das Eigenthum muß entweder von
der Republik verschlungen werden oder es wird die Republik ver-
schlingen. Zu diesem und keinem anderen Zwecke ist die Februar-
revolution gemacht worden, mit dieser Revolution hat der Ban-
kerott der alten Societät begonnen. Der Anfang davon ist die
von mir beantragte Maasregel, daß von allen Hypothek=, Haus-
und Pachtzinsen, sowie von den Renten der Staatspapiere ein
Drittheil von Staatswegen mit Beschlag belegt werden soll, was
allerdings für die Eigenthümer ärgerlich seyn mag. Wenn Jhr
indessen euer Eigenthum nicht freiwillig hergeben wollet, so wird
man auch ohne euch damit fertig werden! Jn dem Staate, wie
er jetzt besteht, gibt es gar keine Rechte mehr, sondern nur noch
Thatsachen. Eine solche Thatsache war der 16. April, war der 15.
Mai, waren die Junitage; Jhr selbst, zur Nationalversammlung
gewandt, seyd auch nur eine Thatsache, ja Jhr seyd gar nichts,
denn das allgemeine Stimmrecht hat durchaus keine vernünftige
Grundlage, sondern beruht einzig und allein auf der rohen Kraft,
und auch ihr erkennet nichts weiter an als euere Stärke. Trotz
alle Dem werdet ihr das Vertrauen nicht zurückführen, wer
seine eingegangenen Verbindlichkeiten nicht halten will, hat Recht,
wer bezahlen will, mag es thuen, wer nicht zahlen will, hat
seit dem Februar auch das Recht dazu. ( Jn diesem Augenblicke
wurde es dem Finanzminister so übel, daß er den Saal verlassen
mußte. ) Was wollet ihr machen? Sehet ihr denn nicht die po-
litische und religiöse Jndifferenz und Lauheit, die euch von allen
Seiten umgibt? Die Masse aber erhebt den Ruf: Jch will nicht
mehr arm seyn! und der Socialismus verliert die Geldsäcke der
Capitalisten nie aus dem Auge. — So ohngefähr Herr Proudhon
der hier wirklich ein Evangelium aller Lumpen und Ohnehosen
verkündigt hat. Die Kammer war, wie gesagt, aufs Höchste
entrüstet; solche Gräuel, hieß es, verdienten keine Antwort, und
die Kammer faßte, statt einfach zur Tagesordnung überzu-
gehen, den folgenden in den Annalen des französischen Par-
lamentes unerhörten Beschluß, der einer Brandmarkung Proud-
hons vor dem ganzen Lande gleich zu achten ist: „Jn Betracht,
daß der Vorschlag des Bürgers Proudhon eine gehäßige Ver-
letzung der Grundsätze der öffentlichen Moral und ein schreiender
Eingriff in das Recht des Eigenthums, der Grundlage der socia-
len Ordnnng ist, daß er die Angeberei ermuthigter und an die
schlechtesten Leidenschaften appellirt; in Betracht ferner, daß
der Verfasser die Februarrevolution geschmäht hat, indem
er ihr die Theorien aufbürden will, die er auf der Tribüne
entwickelt hat — geht die Nationalversammlung zur Tagesordnung
über.“ Von 693 anwesenden Mitgliedern stimmten nur zwei
gegen diesen Beschluß. Ein Theil des Berges war vor der Ab-
stimmung weggegangen, was diese Leute hinlänglich charakterisirt.
Schmerzlich bleibt es immerhin, daß solche Dinge in einer
Nationalversammlung nur ernstlich zur Sprache kommen können,
und es wird nicht eher besser werden, als bis die Leute an die zehn
Gebote glauben gelernt haben, in welchen es heißt: Du sollst
nicht stehlen, du sollst nicht begehren deines Nächsten Gut! Wie
indessen einmal die Weltläufte gehen, so werden die Proletarier
nicht eher glauben lernen, als bis das Elend bergehoch über ihren
Häuptern zusammenschlägt und unsere Wohldenkenden werden, in
ihrem festen Vertrauen auf Polizei= und Militärgewalt, den
Werth der zehen Gebote nicht eher begreifen, als bis sie gehörig
ausgeplündert worden sind.

Nach dem römischen „Contemporaneo“ vom 23. soll der Her-
zog von Genua die sicilianische Krone angenommen haben. Fran-
zösische Blätter dagegen stellen es in Abrede.

Jn Algier gährt es wieder und es ist nicht unwahrscheinlich,
daß der vielfach bearbeitete Kaiser von Marokko bis zum Sep-
tember einen neuen Feldzug in die Provinz Oran unternehmen
wird.

Börse vom 31. Juli. Jn Folge der italienischen Angelegen-
heiten war die heutige Börse wieder flau und gingen die Rente
abermals zurück. 5% 71. — 3% 44. 40. — Die Certificate
des alten Anlehens fielen von 4,300 auf 3,800. Bankaktien 1640.
Schatzscheine 21% Verlust.

Großbritannien.

London 31. Juli. Es ist in Jrland nicht ohne
[Spaltenumbruch] Blutvergießen abgegangen, aber der Aufstand
scheint im Keime erstickt.
Die neuesten Nachrichten der
„Times“, welche sie um 10 Uhr Vormittags erhielt, sind fol-
gende:

„Unser Berichterstatter schreibt Sonnabend Nachts von
Willmount bei Ballinghy, daß die Rebellion, welche am Mor-
gen jenes Tages wirklich anfing durch 50 bis 60 Polizeidiener
völlig unterdrückt ist. Auf der Gemeinde=Weide von Bonlagh
fand ein Zusammentreffen statt; drei der Aufständischen wurden
erschossen und mehrere verwundet. Smith O'Brien, der in
Person anführte, ist völlig verlassen von den Rebellen nach Ur-
lingford geflohen, und man erwartete, daß er vor Anbruch der
Nacht gefangen genommen werden würde. Doheny, Reilly und
Dillon waren gleichfalls auf dem Plan; der letzte ist getödtet
worden. Beim Abgange unseres Couriers aus Dublin war
Alles ruhig in der Stadt. Ueber Smith O'Brien's Verhaftung
war noch keine Nachricht eingegangen.“

Gestern Morgen 6 Uhr ward aus Dublin durch den elektri-
schen Telegraphen gemeldet, daß das Land auf der ganzen Strecke
der quer durch das Land laufenden Eisenbahn ruhig gewesen.

Briefe, die heute Morgen aus Dublin ankamen, melden:
Ohne Kampf kann es nicht abgehen. Meagher und O'Brien ha-
ben die unzufriedene Partei bis an den Rand des Verderbens ge-
führt und können nicht mehr zurück; das Ergebniß ist der gewisse
Sieg der Regierung. Jeden Augenblick treffen schlimme Gerüchte
von allen Seiten ein; aber in keinem Falle haben die Nach-
richten von einem Ausbruche sich bestätigt. Wir beunruhigen
uns über jene Gerüchte daher nicht. Der Aufruf des Lord-
Statthalters ( wegen Auflösung der Clubs ) ward gestern an den
Straßenecken angeschlagen und eifrig gelesen. Der Erfolg ist ge-
wesen, daß die Mehrheit der Mitglieder der localen Clubs frei-
willig ihr Zurücktreten anzeigten und in manchen Fällen die Leute
ihr Bedauern ausdrückten, sich unvorsichtiger Weise bei der unge-
setzlichen Verbindung betheiligt zu haben. Eine große Zahl der
angeseheneren Verbündeten hat sich aus Furcht vor Verhaftung
versteckt oder ist geflohen. Die Clubhäuser sind geschlossen.
Es sind eine Menge Verhaftsbefehle und Steckbriefe gegen zwölf
Personen erlassen, deren Beherbergung mit lebenslänglicher
Transportation bestraft werden kann. General=Major Napier
und Oberst Doyle sind am Sonnabend von Limerick abgegangen,
um sich in Thurles an die Spitze vom 74. Regiment Hoch-
länder, 2 Kanonen, 200 Scharfschützen und 200 Husaren zu
stellen. Sie haben den Auftrag, O'Brien und Maegher zu
verfolgen, die in der Umgegend von Thurles sich befin-
den sollen. Jn Jrland stehen jetzt bereits 49,000 Mann,
in Dubin allein 9,310; fortwährend werden von Eng-
land neue Truppen und Schiffe abgesandt. Lord Hardingee, der
ausgezeichnete Feldherr, ist heute Morgen nach einer Unterredung
mit dem Premierminister und mit Wellington von London nach
Dublin abgereis't, um nöthigen Falls den Oberbefehl gegen die
Jnsurgenten zu übernehmen. Diese rechtfertigten ihre Drohungen
und Prahlereien bis jetzt sehr übel. Unsere Vermuthung, daß
die letzte vorgestrige Nachricht, das Aussetzen eines Preises auf
Smith O'Brien, auf ein bereits Statt gefundenes Zusammen-
treffen zu deuten, bestätigt sich. O'Brien erschien mit 3000 Mann
in Mullinahone, einem kleinen Dorfe in der Grafschaft Tippe-
rary, an der Gränze von Kilkenny, und forderte die im Wachthause
befindliche Polizeimannschaft zur Uebergabe ihrer Waffen auf.
Diese aber, nur fünf bis sechs Mann, weigerte sich standhaft,
und zwei Geistliche, Dr. Corcoran und Hr. Cahil, eilten herbei
und ließen nicht ab, das Volk auf das eindringlichste zu beschwö-
ren, von Gewaltthaten abzustehen, und endlich zerstreute sich der
größte Theil. O'Brien zog in sichtlicher Unruhe weiter. Sein
Bruder, Sir Lucius O'Brien, ein Gutsbesitzer, sitzt im Parla-
ment, verabscheut die Grundsätze seines jüngeren Bruders und
hat für das Gesetz gestimmt, wodurch dieser vogelfrei wird.

Daß nach der äußeren „Pacifikation“ Jrlands durchgreifende
Maßregeln der Regierung zur inneren Pacifikation durch He-
bung der unleugbaren sozialen ( nicht politischen ) Bedrängnisse
und trostlosen Stellung, insbesondere der ländlichen Bevöl-
kerung Jrlands ungesäumt und unumgänglich erforderlich sind,
ist allen unbefangenen englischen Staatsmännern klar. An der
Erkenntniß und am guten Willen hierzu fehlt es auch dem gegen-
wärtigen Ministerium nicht; allein die nachhaltige eigene Kraft
und die Unterstützung einer überwiegenden starken Partei im
Parlament mangelt ihm leider, und am Ende wird wieder ein
Sir R. Peel mit einem halbtorystischen Ministerium Das durch-
setzen müssen, was, wie z. B. bei der Korn=Zollfrage ein Whig-
ministerium zwar gewollt, aber nicht selbst auszuführen vermocht
hat.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0004] dieses Recht sey aber eine Unmöglichkeit, so lange es überhaupt noch ein Eigenthum gebe. Der Geldwirthschaft, der Herrschaft des Kapitals müsse ein Ende gemacht und zu dem Zwecke eine Na- tionalbank gegründet werden, welche Geld ohne Zinsen ausleihe, auf diese Weise werden wir Credit, Grundstücke und Häuser umsonst bekommen, schrankenlos wird sich eine Welt von Genüssen vor uns aufthun und es wird dann kein Eigenthum mehr geben. Das ist der wahre, das ist „unser Socialismus,“ wer kein Socialist ist, der ist auch kein Republikaner und das Eigenthum muß entweder von der Republik verschlungen werden oder es wird die Republik ver- schlingen. Zu diesem und keinem anderen Zwecke ist die Februar- revolution gemacht worden, mit dieser Revolution hat der Ban- kerott der alten Societät begonnen. Der Anfang davon ist die von mir beantragte Maasregel, daß von allen Hypothek=, Haus- und Pachtzinsen, sowie von den Renten der Staatspapiere ein Drittheil von Staatswegen mit Beschlag belegt werden soll, was allerdings für die Eigenthümer ärgerlich seyn mag. Wenn Jhr indessen euer Eigenthum nicht freiwillig hergeben wollet, so wird man auch ohne euch damit fertig werden! Jn dem Staate, wie er jetzt besteht, gibt es gar keine Rechte mehr, sondern nur noch Thatsachen. Eine solche Thatsache war der 16. April, war der 15. Mai, waren die Junitage; Jhr selbst, zur Nationalversammlung gewandt, seyd auch nur eine Thatsache, ja Jhr seyd gar nichts, denn das allgemeine Stimmrecht hat durchaus keine vernünftige Grundlage, sondern beruht einzig und allein auf der rohen Kraft, und auch ihr erkennet nichts weiter an als euere Stärke. Trotz alle Dem werdet ihr das Vertrauen nicht zurückführen, wer seine eingegangenen Verbindlichkeiten nicht halten will, hat Recht, wer bezahlen will, mag es thuen, wer nicht zahlen will, hat seit dem Februar auch das Recht dazu. ( Jn diesem Augenblicke wurde es dem Finanzminister so übel, daß er den Saal verlassen mußte. ) Was wollet ihr machen? Sehet ihr denn nicht die po- litische und religiöse Jndifferenz und Lauheit, die euch von allen Seiten umgibt? Die Masse aber erhebt den Ruf: Jch will nicht mehr arm seyn! und der Socialismus verliert die Geldsäcke der Capitalisten nie aus dem Auge. — So ohngefähr Herr Proudhon der hier wirklich ein Evangelium aller Lumpen und Ohnehosen verkündigt hat. Die Kammer war, wie gesagt, aufs Höchste entrüstet; solche Gräuel, hieß es, verdienten keine Antwort, und die Kammer faßte, statt einfach zur Tagesordnung überzu- gehen, den folgenden in den Annalen des französischen Par- lamentes unerhörten Beschluß, der einer Brandmarkung Proud- hons vor dem ganzen Lande gleich zu achten ist: „Jn Betracht, daß der Vorschlag des Bürgers Proudhon eine gehäßige Ver- letzung der Grundsätze der öffentlichen Moral und ein schreiender Eingriff in das Recht des Eigenthums, der Grundlage der socia- len Ordnnng ist, daß er die Angeberei ermuthigter und an die schlechtesten Leidenschaften appellirt; in Betracht ferner, daß der Verfasser die Februarrevolution geschmäht hat, indem er ihr die Theorien aufbürden will, die er auf der Tribüne entwickelt hat — geht die Nationalversammlung zur Tagesordnung über.“ Von 693 anwesenden Mitgliedern stimmten nur zwei gegen diesen Beschluß. Ein Theil des Berges war vor der Ab- stimmung weggegangen, was diese Leute hinlänglich charakterisirt. Schmerzlich bleibt es immerhin, daß solche Dinge in einer Nationalversammlung nur ernstlich zur Sprache kommen können, und es wird nicht eher besser werden, als bis die Leute an die zehn Gebote glauben gelernt haben, in welchen es heißt: Du sollst nicht stehlen, du sollst nicht begehren deines Nächsten Gut! Wie indessen einmal die Weltläufte gehen, so werden die Proletarier nicht eher glauben lernen, als bis das Elend bergehoch über ihren Häuptern zusammenschlägt und unsere Wohldenkenden werden, in ihrem festen Vertrauen auf Polizei= und Militärgewalt, den Werth der zehen Gebote nicht eher begreifen, als bis sie gehörig ausgeplündert worden sind. Nach dem römischen „Contemporaneo“ vom 23. soll der Her- zog von Genua die sicilianische Krone angenommen haben. Fran- zösische Blätter dagegen stellen es in Abrede. Jn Algier gährt es wieder und es ist nicht unwahrscheinlich, daß der vielfach bearbeitete Kaiser von Marokko bis zum Sep- tember einen neuen Feldzug in die Provinz Oran unternehmen wird. Börse vom 31. Juli. Jn Folge der italienischen Angelegen- heiten war die heutige Börse wieder flau und gingen die Rente abermals zurück. 5% 71. — 3% 44. 40. — Die Certificate des alten Anlehens fielen von 4,300 auf 3,800. Bankaktien 1640. Schatzscheine 21% Verlust. Großbritannien. London 31. Juli. Es ist in Jrland nicht ohne Blutvergießen abgegangen, aber der Aufstand scheint im Keime erstickt. Die neuesten Nachrichten der „Times“, welche sie um 10 Uhr Vormittags erhielt, sind fol- gende: „Unser Berichterstatter schreibt Sonnabend Nachts von Willmount bei Ballinghy, daß die Rebellion, welche am Mor- gen jenes Tages wirklich anfing durch 50 bis 60 Polizeidiener völlig unterdrückt ist. Auf der Gemeinde=Weide von Bonlagh fand ein Zusammentreffen statt; drei der Aufständischen wurden erschossen und mehrere verwundet. Smith O'Brien, der in Person anführte, ist völlig verlassen von den Rebellen nach Ur- lingford geflohen, und man erwartete, daß er vor Anbruch der Nacht gefangen genommen werden würde. Doheny, Reilly und Dillon waren gleichfalls auf dem Plan; der letzte ist getödtet worden. Beim Abgange unseres Couriers aus Dublin war Alles ruhig in der Stadt. Ueber Smith O'Brien's Verhaftung war noch keine Nachricht eingegangen.“ Gestern Morgen 6 Uhr ward aus Dublin durch den elektri- schen Telegraphen gemeldet, daß das Land auf der ganzen Strecke der quer durch das Land laufenden Eisenbahn ruhig gewesen. Briefe, die heute Morgen aus Dublin ankamen, melden: Ohne Kampf kann es nicht abgehen. Meagher und O'Brien ha- ben die unzufriedene Partei bis an den Rand des Verderbens ge- führt und können nicht mehr zurück; das Ergebniß ist der gewisse Sieg der Regierung. Jeden Augenblick treffen schlimme Gerüchte von allen Seiten ein; aber in keinem Falle haben die Nach- richten von einem Ausbruche sich bestätigt. Wir beunruhigen uns über jene Gerüchte daher nicht. Der Aufruf des Lord- Statthalters ( wegen Auflösung der Clubs ) ward gestern an den Straßenecken angeschlagen und eifrig gelesen. Der Erfolg ist ge- wesen, daß die Mehrheit der Mitglieder der localen Clubs frei- willig ihr Zurücktreten anzeigten und in manchen Fällen die Leute ihr Bedauern ausdrückten, sich unvorsichtiger Weise bei der unge- setzlichen Verbindung betheiligt zu haben. Eine große Zahl der angeseheneren Verbündeten hat sich aus Furcht vor Verhaftung versteckt oder ist geflohen. Die Clubhäuser sind geschlossen. Es sind eine Menge Verhaftsbefehle und Steckbriefe gegen zwölf Personen erlassen, deren Beherbergung mit lebenslänglicher Transportation bestraft werden kann. General=Major Napier und Oberst Doyle sind am Sonnabend von Limerick abgegangen, um sich in Thurles an die Spitze vom 74. Regiment Hoch- länder, 2 Kanonen, 200 Scharfschützen und 200 Husaren zu stellen. Sie haben den Auftrag, O'Brien und Maegher zu verfolgen, die in der Umgegend von Thurles sich befin- den sollen. Jn Jrland stehen jetzt bereits 49,000 Mann, in Dubin allein 9,310; fortwährend werden von Eng- land neue Truppen und Schiffe abgesandt. Lord Hardingee, der ausgezeichnete Feldherr, ist heute Morgen nach einer Unterredung mit dem Premierminister und mit Wellington von London nach Dublin abgereis't, um nöthigen Falls den Oberbefehl gegen die Jnsurgenten zu übernehmen. Diese rechtfertigten ihre Drohungen und Prahlereien bis jetzt sehr übel. Unsere Vermuthung, daß die letzte vorgestrige Nachricht, das Aussetzen eines Preises auf Smith O'Brien, auf ein bereits Statt gefundenes Zusammen- treffen zu deuten, bestätigt sich. O'Brien erschien mit 3000 Mann in Mullinahone, einem kleinen Dorfe in der Grafschaft Tippe- rary, an der Gränze von Kilkenny, und forderte die im Wachthause befindliche Polizeimannschaft zur Uebergabe ihrer Waffen auf. Diese aber, nur fünf bis sechs Mann, weigerte sich standhaft, und zwei Geistliche, Dr. Corcoran und Hr. Cahil, eilten herbei und ließen nicht ab, das Volk auf das eindringlichste zu beschwö- ren, von Gewaltthaten abzustehen, und endlich zerstreute sich der größte Theil. O'Brien zog in sichtlicher Unruhe weiter. Sein Bruder, Sir Lucius O'Brien, ein Gutsbesitzer, sitzt im Parla- ment, verabscheut die Grundsätze seines jüngeren Bruders und hat für das Gesetz gestimmt, wodurch dieser vogelfrei wird. Daß nach der äußeren „Pacifikation“ Jrlands durchgreifende Maßregeln der Regierung zur inneren Pacifikation durch He- bung der unleugbaren sozialen ( nicht politischen ) Bedrängnisse und trostlosen Stellung, insbesondere der ländlichen Bevöl- kerung Jrlands ungesäumt und unumgänglich erforderlich sind, ist allen unbefangenen englischen Staatsmännern klar. An der Erkenntniß und am guten Willen hierzu fehlt es auch dem gegen- wärtigen Ministerium nicht; allein die nachhaltige eigene Kraft und die Unterstützung einer überwiegenden starken Partei im Parlament mangelt ihm leider, und am Ende wird wieder ein Sir R. Peel mit einem halbtorystischen Ministerium Das durch- setzen müssen, was, wie z. B. bei der Korn=Zollfrage ein Whig- ministerium zwar gewollt, aber nicht selbst auszuführen vermocht hat. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 50. Mainz, 4. August 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal050_1848/4>, abgerufen am 24.11.2024.