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Mainzer Journal. Nr. 58. Mainz, 13. August 1848.

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[Beginn Spaltensatz] vor nunmehr gerade 200 Jahren ( der westphälische Friede ist
1648 geschlossen ) nach dreißig Kriegsjahren getroffen wurden...
Wir fürchten, heißt es weiter, daß der jetzt in Frankfurt zu stif-
tende Frieden, der Beginn eines ähnlichen dreißig-
jährigen deutschen Krieges seyn wird.
" ( S. 27. )
"Der Pommer und der Tyroler, der Ostpreuße und der Steyer-
märker, was hätten sie wohl gemein? Sie verstehen sich nicht --
stehen sich nach religiöser Seite schroff entgegen." ( S. 28. )

Also da steht es klar geschrieben: keine Einigung kann statt-
finden zwischen dem hochgebildeten protestantischen Norden und
dem ungebildeten katholischen Süden Deutschlands; das ist der
Rede kurzer Sinn, alles Andere die Nebensache. Aber hat denn
nicht der König das große Wort gesprochen: " Preußen
soll in Deutschland aufgehen!
" Allein der Berliner
kommt über diese Schwierigkeit leicht hinüber. "Jenes Wort, sagt
er, war zwar ein großer Gedanke, aber in der Uebereilung
ausgesprochen; und andererseits war es nur unter einer
Bedingung
ausgesprochen, unter der Bedingung nämlich, daß
Preußen sich an die Spitze Deutschland stelle.
Da
Süddeutschland diese Bedingung verschmäht hat, so kann von
keiner Einheit mehr, sondern höchstens nur noch von einem drei-
ßigjährigen Kriege die Rede seyn." ( S. 30. ) Also trotz dem, daß
Einheit der deutschen Volksstämme nur unter der Bedingung
gleicher Bildung und Religion und daher eigentlich nur unter den
norddeutschen Brüdern möglich seyn soll, so sehen wir hier den-
noch unter Einer Bedingung eine Einheit für möglich erklärt,
unter der Bedingung nämlich, daß Preußen, resp. Altpreußen --
denn die Neupreußen scheinen ja von derselben Race wie die
Süddeutschen zu seyn -- an der Spitze stehe. Daß ein solcher
Mann es unerträglich und einem "Selbstmord" gleich erachtet,
wenn das Heer einem nicht preußischen Reichsverweser, der noch
obendrein österreichischer Prinz ist, huldigte, versteht sich von
selbst. Darum beschwört er die preußische Regierung, einen
solchen Act, wie er am 6. August gefordert war, nicht vorzuneh-
men. "Möge, heißt es, die preußische Regierung einen solchen
Act nicht vornehmen, wir beschwören sie, einen Act, durch den
das Heer an sich selbst, an der Regierung, an seinem Könige
irre werden würde. Zu einem Selbstmorde drängt uns noch
nichts, -- der König und die Regierung können frei an das stolze
Gefühl im Volk und im Heere appelliren, damit diese Frank-
furter
( ! ) begreifen lernen, daß der König von
Preußen, daß die 16 Millionen des preußischen
Volkes
( es wären jedoch an diesen 16 Millionen nach des Ver-
fassers eigener Ansicht wenigstens alle "Neupreußen" abzurech-
nen ) mit einem anderen Maßstabe gemessen werden
müssen, wie etwa der Fürst von Lichtenstein.
"

Nach diesen Beweisstellen wird man es gewiß nicht zu hart
finden, wenn der Verfasser des Frankfurter Flugblattes die
Grundsätze jenes falschen Stockpreußenthums in folgenden Wor-
ten zusammenfaßt: "Preußen ist Altpreußen. -- Preußen ist
Soldatenstaat, bleibt Soldatenstaat. -- Seine Soldaten werden
der Einheits= und Freiheitsbestrebungen Meister werden. -- Kö-
nigliche Worte? Uebereilungen! Man bricht das Versprechen,
stellt die alte Ordnung her. -- Einheit mit Altpreußen ist nur
möglich bei gleicher Sitte, Bildung und Religion. -- Fremde
bleiben Fremde, Knechte. -- Deutschland mag in Preußen auf-
gehen, getheilt in herrschende und beherrschte Lande; allmäh-
lig erhebt man vielleicht die beherrschten zu gleicher Sitte, Bil-
dung und Religion." Uns aber drängten sich hiebei so inhalt-
schwere Betrachtungen auf, daß wir in einem dritten Artikel
denselben noch einige Worte verleihen müssen.



Deutschland.

Wien 7. August. ( N. C. ) Jn der heutigen Sitzung der
Reichsversammlung wurde ein Antrag des Ministeriums über
die vorläufig bis zur Feststellung des Staatsvoran-
schlages für 1849 erforderlichen Finanzmaßregeln

vorgelegt. Dieser Antrag besteht in Folgendem: Die Reichsver-
sammlung wolle beschließen: "1 ) Das Ministerium wird ermäch-
tigt, zur Bestreitung des durch die laufenden Einnahmen nicht
gedeckten, unaufschieblichen Aufwandes, insbesondere aber zur
genauen Erfüllung der gegen die Staatsgläubiger übernommenen
Verpflichtung bis zur Feststellung des Staatsvoranschlages für
das Verwaltungsjahr 1849 durch die Ausgabe verzinslicher
Kassenanweisungen oder die Aufnahme eines Staatsanlehens oder
die Benutzung des Credits der Nationalbank zur Leistung eines
weiteren Vorschusses diejenigen Maßregeln zu ergreifen, welche
nach den obwaltenden Umständen dem Staatsschatze die mindeste
Belastung verursachen und eine Störung in den Verhältnissen des
Geldumlaufes nicht hervorbringen. 2 ) Das Ministerium erhält
[Spaltenumbruch] zugleich die Ermachtigung, für den Fall, wenn es bei der Ab-
schließung eines Anlehens erforderlich oder von Nutzen wäre,
dasselbe mit einer Spezialhypothek zu verbinden und zu dieser
Hypothek Staatsgüter oder geistliche Güter zu verwen-
den. 3 ) Ueber die Art, in welcher das Ministerium diese Er-
mächtigung vollführen wird, und das Ergebniß der ergriffenen
Maßregeln ist der Reichsversammlung seiner Zeit in kürzester
Frist eine ausführliche wohlbegründete Darstellung vorzulegen."
Löhner stellte die Frage: ob dem Ministerium die Gerüchte be-
kannt seyen, die seit einiger Zeit kursiren und nach welchen es sich
die geistlichen Korporationen angelegen seyn lassen, auf
ihre Besitzthümer Schulden zu machen. Er wünscht ein genaues
Verzeichniß ( Jnventarium ) aller in den Schatzkammern dieser
Corporationen befindlichen Reichthümer und eine Verfügung,
kraft welcher geistliche Corporationen gehalten wären, keine Be-
lastung ihres unbeweglichen Eigenthumes ohne ausdrückliche Er-
mächtigung "der obersten Behörden" vorzunehmen. Doblhoff
weiß, seit er an der Spitze der Geschäfte, nur von Einem solchen
Falle mit dem Kloster St. Peter bei Salzburg; glaubt sagen zu
sollen: daß keine ähnliche Bewilligung mehr ertheilt werden wird.
Löhner fügt seiner Frage hinzu: daß einem sicheren Gerüchte
nach ganz in der Nähe von Wien eine geistliche Corporation da-
mit umgehe, ihr Besitzthum mit Aufnahme von 80,000 fl. zu be-
schweren. Minister Bach ergänzt: ohne Genehmigung "der höch-
sten Behörden" könne keine geistliche Corporation ihr wirklich un-
bewegliches Besitzthum mit Schuldinstrumenten belasten, es
liege Dieß schon in den "bestehenden Gesetzen," da die Kloster-
vorstände dafür verantwortlich seyen. [ Man sieht, es handelt sich
um nichts mehr und nichts weniger als um einen großartigen
Diebstahl, der von den "höchsten Behörden" am Kirchengute
praktizirt werden soll. Jst Das verbraucht, so geht es hinter die
Kaufleute und Grundeigenthümer, überhaupt gegen Alle, die noch
etwas haben, denn wenn der "Staat" das Privateigenthum der
Kirche ungestraft stiehlt, so ist es der rothen Republik nicht übel
zu nehmen, wenn sie sich an der Bourgeoisie erholen will. ]

Berlin 8. August. Die Adresse der hiesigen Bürgerwehr an
die Schweidnitzer lautet: "Kameraden! Den zu einem die Kräf-
tigung und Einigung unsers deutschen Vaterlandes bezweckenden
Beschlusse versammelten Abgeordneten der Berliner Bürgerwehr
ward die schreckliche Kunde Dessen, was sich vor drei Tagen inner-
halb der Mauern unserer deutschen Bruderstadt Schweidnitz bege-
ben hat. Entsetzen und Entrüstung durchdrangen unsere Seele, als
wir vernahmen, welche theuern Opfer dort dem blinden Götzen
des alten Soldatenthums gefallen sind. Seyd überzeugt, Ka-
meraden, daß Euer Schmerz auch der unsere ist und daß wir
entschieden in den Kampf treten werden, wenn und wo es gilt,
diesem überwunden geglaubten Terrorismus mit aller Kraft
zu begegnen. Möge aus der Asche Eurer geliebten Todten
eine neue Blume für den Strauß der Freiheit und Gesetzlich-
keit erblühen! Euch aber, Kameraden, die Versicherung, daß
die Berliner Bürgerwehr die tiefe Trauer theilt, die Euch in
diesem Augenblick erfüllt. Die Berliner Bürgerwehr." ( Die
Collecte für die Hinterbliebenen der Verunglückten hat hier einen
günstigen Fortgang. )

? Aus Bayern 10. August. Die Räder der Zeit treiben
gegenwärtig mit solcher ungestümen Schnelle um, daß sich die
Zähne des Triebwerks in schauderhafter Kürze abnutzen. Thon-
Dittmar!
Welch einen Klang hatte der Name noch vor einem
halben Jahre, vor drei Monaten! Und jetzt? -- Jn München
spricht man schon davon, das Ministerium, namentlich aber
Ton=Dittmar, den Minister des Jnnern in Anklagezustand zu
versetzen, weil das bekannte zurückgenommene Verbot der Theil-
nahme der Münchner Landwehr und der Freikorps an dem Hul-
digungsakte des sechsten August ergangen, und dadurch der
Rechtsboden der jungen deutschen Verfassung verlassen worden
sey. Eine seltsame Sache ist es jedenfalls um das Verbot. Ent-
weder war das Motiv dazu die Befürchtung, es möchte eine
Demonstration zu Gunsten der fantastischen Einheit gegen den ge-
sunden und vernünftigen Partikularismus der deutschen Stämme
erfolgen. Dann aber war die Verfügung, so gut sie gemeint
war, eine sehr unzeitige; denn was kam, war vorauszusehen.
Oder aber das Ministerium glaubte sich berufen, für die unge-
schmählerte Souveränetät eines deutschen Fürsten eine Lanze zu
brechen, nachdem die Nationalversammlung zu Frankfurt als
die constituirende anerkannt, und die Centralgewalt bestellt ist.
Das Letztere wird wahrscheinlicher, wenn man erfährt, daß bei
dem militärischen Huldigungsakte in Gemäßheit der ergangenen
Weisung, ein Hoch auf den König die erste Stelle einnahm, eine
Thatsache, die bereits in den öffentlichen Blättern die verdiente
Würdigung erhalten hat. Dann aber hat sich das bayerische
Ministerium selbst gerichtet. Jhm, wie allen anderen Regierun-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] vor nunmehr gerade 200 Jahren ( der westphälische Friede ist
1648 geschlossen ) nach dreißig Kriegsjahren getroffen wurden...
Wir fürchten, heißt es weiter, daß der jetzt in Frankfurt zu stif-
tende Frieden, der Beginn eines ähnlichen dreißig-
jährigen deutschen Krieges seyn wird.
“ ( S. 27. )
„Der Pommer und der Tyroler, der Ostpreuße und der Steyer-
märker, was hätten sie wohl gemein? Sie verstehen sich nicht —
stehen sich nach religiöser Seite schroff entgegen.“ ( S. 28. )

Also da steht es klar geschrieben: keine Einigung kann statt-
finden zwischen dem hochgebildeten protestantischen Norden und
dem ungebildeten katholischen Süden Deutschlands; das ist der
Rede kurzer Sinn, alles Andere die Nebensache. Aber hat denn
nicht der König das große Wort gesprochen: „ Preußen
soll in Deutschland aufgehen!
“ Allein der Berliner
kommt über diese Schwierigkeit leicht hinüber. „Jenes Wort, sagt
er, war zwar ein großer Gedanke, aber in der Uebereilung
ausgesprochen; und andererseits war es nur unter einer
Bedingung
ausgesprochen, unter der Bedingung nämlich, daß
Preußen sich an die Spitze Deutschland stelle.
Da
Süddeutschland diese Bedingung verschmäht hat, so kann von
keiner Einheit mehr, sondern höchstens nur noch von einem drei-
ßigjährigen Kriege die Rede seyn.“ ( S. 30. ) Also trotz dem, daß
Einheit der deutschen Volksstämme nur unter der Bedingung
gleicher Bildung und Religion und daher eigentlich nur unter den
norddeutschen Brüdern möglich seyn soll, so sehen wir hier den-
noch unter Einer Bedingung eine Einheit für möglich erklärt,
unter der Bedingung nämlich, daß Preußen, resp. Altpreußen —
denn die Neupreußen scheinen ja von derselben Race wie die
Süddeutschen zu seyn — an der Spitze stehe. Daß ein solcher
Mann es unerträglich und einem „Selbstmord“ gleich erachtet,
wenn das Heer einem nicht preußischen Reichsverweser, der noch
obendrein österreichischer Prinz ist, huldigte, versteht sich von
selbst. Darum beschwört er die preußische Regierung, einen
solchen Act, wie er am 6. August gefordert war, nicht vorzuneh-
men. „Möge, heißt es, die preußische Regierung einen solchen
Act nicht vornehmen, wir beschwören sie, einen Act, durch den
das Heer an sich selbst, an der Regierung, an seinem Könige
irre werden würde. Zu einem Selbstmorde drängt uns noch
nichts, — der König und die Regierung können frei an das stolze
Gefühl im Volk und im Heere appelliren, damit diese Frank-
furter
( ! ) begreifen lernen, daß der König von
Preußen, daß die 16 Millionen des preußischen
Volkes
( es wären jedoch an diesen 16 Millionen nach des Ver-
fassers eigener Ansicht wenigstens alle „Neupreußen“ abzurech-
nen ) mit einem anderen Maßstabe gemessen werden
müssen, wie etwa der Fürst von Lichtenstein.

Nach diesen Beweisstellen wird man es gewiß nicht zu hart
finden, wenn der Verfasser des Frankfurter Flugblattes die
Grundsätze jenes falschen Stockpreußenthums in folgenden Wor-
ten zusammenfaßt: „Preußen ist Altpreußen. — Preußen ist
Soldatenstaat, bleibt Soldatenstaat. — Seine Soldaten werden
der Einheits= und Freiheitsbestrebungen Meister werden. — Kö-
nigliche Worte? Uebereilungen! Man bricht das Versprechen,
stellt die alte Ordnung her. — Einheit mit Altpreußen ist nur
möglich bei gleicher Sitte, Bildung und Religion. — Fremde
bleiben Fremde, Knechte. — Deutschland mag in Preußen auf-
gehen, getheilt in herrschende und beherrschte Lande; allmäh-
lig erhebt man vielleicht die beherrschten zu gleicher Sitte, Bil-
dung und Religion.“ Uns aber drängten sich hiebei so inhalt-
schwere Betrachtungen auf, daß wir in einem dritten Artikel
denselben noch einige Worte verleihen müssen.



Deutschland.

Wien 7. August. ( N. C. ) Jn der heutigen Sitzung der
Reichsversammlung wurde ein Antrag des Ministeriums über
die vorläufig bis zur Feststellung des Staatsvoran-
schlages für 1849 erforderlichen Finanzmaßregeln

vorgelegt. Dieser Antrag besteht in Folgendem: Die Reichsver-
sammlung wolle beschließen: „1 ) Das Ministerium wird ermäch-
tigt, zur Bestreitung des durch die laufenden Einnahmen nicht
gedeckten, unaufschieblichen Aufwandes, insbesondere aber zur
genauen Erfüllung der gegen die Staatsgläubiger übernommenen
Verpflichtung bis zur Feststellung des Staatsvoranschlages für
das Verwaltungsjahr 1849 durch die Ausgabe verzinslicher
Kassenanweisungen oder die Aufnahme eines Staatsanlehens oder
die Benutzung des Credits der Nationalbank zur Leistung eines
weiteren Vorschusses diejenigen Maßregeln zu ergreifen, welche
nach den obwaltenden Umständen dem Staatsschatze die mindeste
Belastung verursachen und eine Störung in den Verhältnissen des
Geldumlaufes nicht hervorbringen. 2 ) Das Ministerium erhält
[Spaltenumbruch] zugleich die Ermachtigung, für den Fall, wenn es bei der Ab-
schließung eines Anlehens erforderlich oder von Nutzen wäre,
dasselbe mit einer Spezialhypothek zu verbinden und zu dieser
Hypothek Staatsgüter oder geistliche Güter zu verwen-
den. 3 ) Ueber die Art, in welcher das Ministerium diese Er-
mächtigung vollführen wird, und das Ergebniß der ergriffenen
Maßregeln ist der Reichsversammlung seiner Zeit in kürzester
Frist eine ausführliche wohlbegründete Darstellung vorzulegen.“
Löhner stellte die Frage: ob dem Ministerium die Gerüchte be-
kannt seyen, die seit einiger Zeit kursiren und nach welchen es sich
die geistlichen Korporationen angelegen seyn lassen, auf
ihre Besitzthümer Schulden zu machen. Er wünscht ein genaues
Verzeichniß ( Jnventarium ) aller in den Schatzkammern dieser
Corporationen befindlichen Reichthümer und eine Verfügung,
kraft welcher geistliche Corporationen gehalten wären, keine Be-
lastung ihres unbeweglichen Eigenthumes ohne ausdrückliche Er-
mächtigung „der obersten Behörden“ vorzunehmen. Doblhoff
weiß, seit er an der Spitze der Geschäfte, nur von Einem solchen
Falle mit dem Kloster St. Peter bei Salzburg; glaubt sagen zu
sollen: daß keine ähnliche Bewilligung mehr ertheilt werden wird.
Löhner fügt seiner Frage hinzu: daß einem sicheren Gerüchte
nach ganz in der Nähe von Wien eine geistliche Corporation da-
mit umgehe, ihr Besitzthum mit Aufnahme von 80,000 fl. zu be-
schweren. Minister Bach ergänzt: ohne Genehmigung „der höch-
sten Behörden“ könne keine geistliche Corporation ihr wirklich un-
bewegliches Besitzthum mit Schuldinstrumenten belasten, es
liege Dieß schon in den „bestehenden Gesetzen,“ da die Kloster-
vorstände dafür verantwortlich seyen. [ Man sieht, es handelt sich
um nichts mehr und nichts weniger als um einen großartigen
Diebstahl, der von den „höchsten Behörden“ am Kirchengute
praktizirt werden soll. Jst Das verbraucht, so geht es hinter die
Kaufleute und Grundeigenthümer, überhaupt gegen Alle, die noch
etwas haben, denn wenn der „Staat“ das Privateigenthum der
Kirche ungestraft stiehlt, so ist es der rothen Republik nicht übel
zu nehmen, wenn sie sich an der Bourgeoisie erholen will. ]

Berlin 8. August. Die Adresse der hiesigen Bürgerwehr an
die Schweidnitzer lautet: „Kameraden! Den zu einem die Kräf-
tigung und Einigung unsers deutschen Vaterlandes bezweckenden
Beschlusse versammelten Abgeordneten der Berliner Bürgerwehr
ward die schreckliche Kunde Dessen, was sich vor drei Tagen inner-
halb der Mauern unserer deutschen Bruderstadt Schweidnitz bege-
ben hat. Entsetzen und Entrüstung durchdrangen unsere Seele, als
wir vernahmen, welche theuern Opfer dort dem blinden Götzen
des alten Soldatenthums gefallen sind. Seyd überzeugt, Ka-
meraden, daß Euer Schmerz auch der unsere ist und daß wir
entschieden in den Kampf treten werden, wenn und wo es gilt,
diesem überwunden geglaubten Terrorismus mit aller Kraft
zu begegnen. Möge aus der Asche Eurer geliebten Todten
eine neue Blume für den Strauß der Freiheit und Gesetzlich-
keit erblühen! Euch aber, Kameraden, die Versicherung, daß
die Berliner Bürgerwehr die tiefe Trauer theilt, die Euch in
diesem Augenblick erfüllt. Die Berliner Bürgerwehr.“ ( Die
Collecte für die Hinterbliebenen der Verunglückten hat hier einen
günstigen Fortgang. )

? Aus Bayern 10. August. Die Räder der Zeit treiben
gegenwärtig mit solcher ungestümen Schnelle um, daß sich die
Zähne des Triebwerks in schauderhafter Kürze abnutzen. Thon-
Dittmar!
Welch einen Klang hatte der Name noch vor einem
halben Jahre, vor drei Monaten! Und jetzt? — Jn München
spricht man schon davon, das Ministerium, namentlich aber
Ton=Dittmar, den Minister des Jnnern in Anklagezustand zu
versetzen, weil das bekannte zurückgenommene Verbot der Theil-
nahme der Münchner Landwehr und der Freikorps an dem Hul-
digungsakte des sechsten August ergangen, und dadurch der
Rechtsboden der jungen deutschen Verfassung verlassen worden
sey. Eine seltsame Sache ist es jedenfalls um das Verbot. Ent-
weder war das Motiv dazu die Befürchtung, es möchte eine
Demonstration zu Gunsten der fantastischen Einheit gegen den ge-
sunden und vernünftigen Partikularismus der deutschen Stämme
erfolgen. Dann aber war die Verfügung, so gut sie gemeint
war, eine sehr unzeitige; denn was kam, war vorauszusehen.
Oder aber das Ministerium glaubte sich berufen, für die unge-
schmählerte Souveränetät eines deutschen Fürsten eine Lanze zu
brechen, nachdem die Nationalversammlung zu Frankfurt als
die constituirende anerkannt, und die Centralgewalt bestellt ist.
Das Letztere wird wahrscheinlicher, wenn man erfährt, daß bei
dem militärischen Huldigungsakte in Gemäßheit der ergangenen
Weisung, ein Hoch auf den König die erste Stelle einnahm, eine
Thatsache, die bereits in den öffentlichen Blättern die verdiente
Würdigung erhalten hat. Dann aber hat sich das bayerische
Ministerium selbst gerichtet. Jhm, wie allen anderen Regierun-
[Ende Spaltensatz]

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[0002] vor nunmehr gerade 200 Jahren ( der westphälische Friede ist 1648 geschlossen ) nach dreißig Kriegsjahren getroffen wurden... Wir fürchten, heißt es weiter, daß der jetzt in Frankfurt zu stif- tende Frieden, der Beginn eines ähnlichen dreißig- jährigen deutschen Krieges seyn wird. “ ( S. 27. ) „Der Pommer und der Tyroler, der Ostpreuße und der Steyer- märker, was hätten sie wohl gemein? Sie verstehen sich nicht — stehen sich nach religiöser Seite schroff entgegen.“ ( S. 28. ) Also da steht es klar geschrieben: keine Einigung kann statt- finden zwischen dem hochgebildeten protestantischen Norden und dem ungebildeten katholischen Süden Deutschlands; das ist der Rede kurzer Sinn, alles Andere die Nebensache. Aber hat denn nicht der König das große Wort gesprochen: „ Preußen soll in Deutschland aufgehen! “ Allein der Berliner kommt über diese Schwierigkeit leicht hinüber. „Jenes Wort, sagt er, war zwar ein großer Gedanke, aber in der Uebereilung ausgesprochen; und andererseits war es nur unter einer Bedingung ausgesprochen, unter der Bedingung nämlich, daß Preußen sich an die Spitze Deutschland stelle. Da Süddeutschland diese Bedingung verschmäht hat, so kann von keiner Einheit mehr, sondern höchstens nur noch von einem drei- ßigjährigen Kriege die Rede seyn.“ ( S. 30. ) Also trotz dem, daß Einheit der deutschen Volksstämme nur unter der Bedingung gleicher Bildung und Religion und daher eigentlich nur unter den norddeutschen Brüdern möglich seyn soll, so sehen wir hier den- noch unter Einer Bedingung eine Einheit für möglich erklärt, unter der Bedingung nämlich, daß Preußen, resp. Altpreußen — denn die Neupreußen scheinen ja von derselben Race wie die Süddeutschen zu seyn — an der Spitze stehe. Daß ein solcher Mann es unerträglich und einem „Selbstmord“ gleich erachtet, wenn das Heer einem nicht preußischen Reichsverweser, der noch obendrein österreichischer Prinz ist, huldigte, versteht sich von selbst. Darum beschwört er die preußische Regierung, einen solchen Act, wie er am 6. August gefordert war, nicht vorzuneh- men. „Möge, heißt es, die preußische Regierung einen solchen Act nicht vornehmen, wir beschwören sie, einen Act, durch den das Heer an sich selbst, an der Regierung, an seinem Könige irre werden würde. Zu einem Selbstmorde drängt uns noch nichts, — der König und die Regierung können frei an das stolze Gefühl im Volk und im Heere appelliren, damit diese Frank- furter ( ! ) begreifen lernen, daß der König von Preußen, daß die 16 Millionen des preußischen Volkes ( es wären jedoch an diesen 16 Millionen nach des Ver- fassers eigener Ansicht wenigstens alle „Neupreußen“ abzurech- nen ) mit einem anderen Maßstabe gemessen werden müssen, wie etwa der Fürst von Lichtenstein. “ Nach diesen Beweisstellen wird man es gewiß nicht zu hart finden, wenn der Verfasser des Frankfurter Flugblattes die Grundsätze jenes falschen Stockpreußenthums in folgenden Wor- ten zusammenfaßt: „Preußen ist Altpreußen. — Preußen ist Soldatenstaat, bleibt Soldatenstaat. — Seine Soldaten werden der Einheits= und Freiheitsbestrebungen Meister werden. — Kö- nigliche Worte? Uebereilungen! Man bricht das Versprechen, stellt die alte Ordnung her. — Einheit mit Altpreußen ist nur möglich bei gleicher Sitte, Bildung und Religion. — Fremde bleiben Fremde, Knechte. — Deutschland mag in Preußen auf- gehen, getheilt in herrschende und beherrschte Lande; allmäh- lig erhebt man vielleicht die beherrschten zu gleicher Sitte, Bil- dung und Religion.“ Uns aber drängten sich hiebei so inhalt- schwere Betrachtungen auf, daß wir in einem dritten Artikel denselben noch einige Worte verleihen müssen. Deutschland. Wien 7. August. ( N. C. ) Jn der heutigen Sitzung der Reichsversammlung wurde ein Antrag des Ministeriums über die vorläufig bis zur Feststellung des Staatsvoran- schlages für 1849 erforderlichen Finanzmaßregeln vorgelegt. Dieser Antrag besteht in Folgendem: Die Reichsver- sammlung wolle beschließen: „1 ) Das Ministerium wird ermäch- tigt, zur Bestreitung des durch die laufenden Einnahmen nicht gedeckten, unaufschieblichen Aufwandes, insbesondere aber zur genauen Erfüllung der gegen die Staatsgläubiger übernommenen Verpflichtung bis zur Feststellung des Staatsvoranschlages für das Verwaltungsjahr 1849 durch die Ausgabe verzinslicher Kassenanweisungen oder die Aufnahme eines Staatsanlehens oder die Benutzung des Credits der Nationalbank zur Leistung eines weiteren Vorschusses diejenigen Maßregeln zu ergreifen, welche nach den obwaltenden Umständen dem Staatsschatze die mindeste Belastung verursachen und eine Störung in den Verhältnissen des Geldumlaufes nicht hervorbringen. 2 ) Das Ministerium erhält zugleich die Ermachtigung, für den Fall, wenn es bei der Ab- schließung eines Anlehens erforderlich oder von Nutzen wäre, dasselbe mit einer Spezialhypothek zu verbinden und zu dieser Hypothek Staatsgüter oder geistliche Güter zu verwen- den. 3 ) Ueber die Art, in welcher das Ministerium diese Er- mächtigung vollführen wird, und das Ergebniß der ergriffenen Maßregeln ist der Reichsversammlung seiner Zeit in kürzester Frist eine ausführliche wohlbegründete Darstellung vorzulegen.“ Löhner stellte die Frage: ob dem Ministerium die Gerüchte be- kannt seyen, die seit einiger Zeit kursiren und nach welchen es sich die geistlichen Korporationen angelegen seyn lassen, auf ihre Besitzthümer Schulden zu machen. Er wünscht ein genaues Verzeichniß ( Jnventarium ) aller in den Schatzkammern dieser Corporationen befindlichen Reichthümer und eine Verfügung, kraft welcher geistliche Corporationen gehalten wären, keine Be- lastung ihres unbeweglichen Eigenthumes ohne ausdrückliche Er- mächtigung „der obersten Behörden“ vorzunehmen. Doblhoff weiß, seit er an der Spitze der Geschäfte, nur von Einem solchen Falle mit dem Kloster St. Peter bei Salzburg; glaubt sagen zu sollen: daß keine ähnliche Bewilligung mehr ertheilt werden wird. Löhner fügt seiner Frage hinzu: daß einem sicheren Gerüchte nach ganz in der Nähe von Wien eine geistliche Corporation da- mit umgehe, ihr Besitzthum mit Aufnahme von 80,000 fl. zu be- schweren. Minister Bach ergänzt: ohne Genehmigung „der höch- sten Behörden“ könne keine geistliche Corporation ihr wirklich un- bewegliches Besitzthum mit Schuldinstrumenten belasten, es liege Dieß schon in den „bestehenden Gesetzen,“ da die Kloster- vorstände dafür verantwortlich seyen. [ Man sieht, es handelt sich um nichts mehr und nichts weniger als um einen großartigen Diebstahl, der von den „höchsten Behörden“ am Kirchengute praktizirt werden soll. Jst Das verbraucht, so geht es hinter die Kaufleute und Grundeigenthümer, überhaupt gegen Alle, die noch etwas haben, denn wenn der „Staat“ das Privateigenthum der Kirche ungestraft stiehlt, so ist es der rothen Republik nicht übel zu nehmen, wenn sie sich an der Bourgeoisie erholen will. ] Berlin 8. August. Die Adresse der hiesigen Bürgerwehr an die Schweidnitzer lautet: „Kameraden! Den zu einem die Kräf- tigung und Einigung unsers deutschen Vaterlandes bezweckenden Beschlusse versammelten Abgeordneten der Berliner Bürgerwehr ward die schreckliche Kunde Dessen, was sich vor drei Tagen inner- halb der Mauern unserer deutschen Bruderstadt Schweidnitz bege- ben hat. Entsetzen und Entrüstung durchdrangen unsere Seele, als wir vernahmen, welche theuern Opfer dort dem blinden Götzen des alten Soldatenthums gefallen sind. Seyd überzeugt, Ka- meraden, daß Euer Schmerz auch der unsere ist und daß wir entschieden in den Kampf treten werden, wenn und wo es gilt, diesem überwunden geglaubten Terrorismus mit aller Kraft zu begegnen. Möge aus der Asche Eurer geliebten Todten eine neue Blume für den Strauß der Freiheit und Gesetzlich- keit erblühen! Euch aber, Kameraden, die Versicherung, daß die Berliner Bürgerwehr die tiefe Trauer theilt, die Euch in diesem Augenblick erfüllt. Die Berliner Bürgerwehr.“ ( Die Collecte für die Hinterbliebenen der Verunglückten hat hier einen günstigen Fortgang. ) ? Aus Bayern 10. August. Die Räder der Zeit treiben gegenwärtig mit solcher ungestümen Schnelle um, daß sich die Zähne des Triebwerks in schauderhafter Kürze abnutzen. Thon- Dittmar! Welch einen Klang hatte der Name noch vor einem halben Jahre, vor drei Monaten! Und jetzt? — Jn München spricht man schon davon, das Ministerium, namentlich aber Ton=Dittmar, den Minister des Jnnern in Anklagezustand zu versetzen, weil das bekannte zurückgenommene Verbot der Theil- nahme der Münchner Landwehr und der Freikorps an dem Hul- digungsakte des sechsten August ergangen, und dadurch der Rechtsboden der jungen deutschen Verfassung verlassen worden sey. Eine seltsame Sache ist es jedenfalls um das Verbot. Ent- weder war das Motiv dazu die Befürchtung, es möchte eine Demonstration zu Gunsten der fantastischen Einheit gegen den ge- sunden und vernünftigen Partikularismus der deutschen Stämme erfolgen. Dann aber war die Verfügung, so gut sie gemeint war, eine sehr unzeitige; denn was kam, war vorauszusehen. Oder aber das Ministerium glaubte sich berufen, für die unge- schmählerte Souveränetät eines deutschen Fürsten eine Lanze zu brechen, nachdem die Nationalversammlung zu Frankfurt als die constituirende anerkannt, und die Centralgewalt bestellt ist. Das Letztere wird wahrscheinlicher, wenn man erfährt, daß bei dem militärischen Huldigungsakte in Gemäßheit der ergangenen Weisung, ein Hoch auf den König die erste Stelle einnahm, eine Thatsache, die bereits in den öffentlichen Blättern die verdiente Würdigung erhalten hat. Dann aber hat sich das bayerische Ministerium selbst gerichtet. Jhm, wie allen anderen Regierun-

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 58. Mainz, 13. August 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal058_1848/2>, abgerufen am 21.11.2024.