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Mainzer Journal. Nr. 81. Mainz, 8. September 1848.

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[Beginn Spaltensatz]
Oesterreichische Monarchie.

Pesth 30. August. ( Br. Z. ) Wir erfahren aus guter
Quelle, daß in diesen Tagen im Unterhause der Antrag zur Ueber-
nahme von 200 Millionen Gulden von der österreichischen Staats-
schuld gestellt und durch die ministerielle Majorität zum Beschluß
erhoben werden wird. Dadurch und durch ausgedehnte Ge-
währungen an die Kroaten und die Raizen dürfte der Friede in
Wien zu Stande kommen. Viele behaupten sogar, daß der
König schon am 8. September hier zur Beschließung des Land-
tages eintreffen werde. -- Vom Kriegsschauplatze melden
die neuesten Nachrichten von einem für die Ungarn vortheilhaften,
im Uebrigen aber wenig bedeutenden Treffen bei Oravitza.
Der Hauptangriff auf die feindlichen Schanzen bei St. Thomas
soll von vorgestern auf gestern verschoben worden seyn, weil der
29. August der Jahrestag der unglücklichen Schlacht bei Mohacs ist.

Pesth 31. August. ( Br. Z. ) Es verbreitet sich in der Stadt
die Nachricht von einem bedeutenden Siege, welchen die Ungarn
unter persönlicher Anführung des Kriegsministers Meßaros
bei Temarin über die Jnsurgenten erfochten. Meßaros soll selbst
ins Handgemenge und in die größte Gefahr gerathen, durch die
Tapferkeit seiner Husaren aber gerettet worden seyn. Die Bestä-
tigung dieser ganzen Nachricht, welche ein Courrier überbracht
haben soll, muß noch abgewartet werden. -- Graf Teleki ist
gestern von hier mit einer außerordentlichen diplomatischen Mis-
sion nach Paris abgegangen. Näheres können wir über diese
jetzt noch nicht mittheilen. Nachdem Ungarn vergebens bei Eng-
land und der sogenannten deutschen Centralgewalt kräftigen
Schutz gegen die Unterdrückungstendenzen der österreichischen Re-
gierung ( ! ) gesucht, wird Frankreich sich wohl um so
geneigter zeigen, als bei einer möglichen Jnter-
vention in Jtalien Ungarn einen trefflichen Stütz-
punct bieten würde
1).

Frankreich.

* * * Paris 6. September. Die allgemeine Debatte über die
neue Verfassung, namentlich über den Eingang derselben, wurde
in der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung fortgeführt,
ohne zu irgend einem erheblichen Resultate zu führen. Unter An-
deren hielt Herr Peter Leroux wieder eine lange geschriebene Rede,
in welcher alle seitherigen Verfassungen und Gesetzgebungen kriti-
sirt wurden. Nichts von alle Dem ist, wie Herr Leroux meint,
für die Gegenwart mehr brauchbar, Niemand hat bis jetzt noch
das Princip der politischen Wissenschaft, das große Geheimniß
der Staatsmaschine ergründet, Aristoteles, Plato, Montesquieu,
J. J. Rousseau wurden alle mit einander und einer wie der an-
dere heruntergerissen. Als nun aber die Versammlung in höch-
ster Spannung die Lösung des Räthsels erwartete, schlug Herr
Leroux sein Manuscript zu und verließ den Katheder, worauf der
Abgeordnete de la Rochejaquelein ihm den folgenden Nachruf zu-
schickte: "Aber, Herr Peter Leroux, welcher Art ist denn Eure
Wissenschaft, Eure Staatsmaschine? Theilt uns doch Euer Ge-
heimniß mit! Jhr dürfet versichert seyn, daß wir Eure Jdeen
mit großer Gewissenhaftigkeit benutzen werden, -- wenn Jhr de-
ren habet." Allein Herr Peter Leroux hüllte sich schweigend in
seinen Philosophenmantel ein und die Nationalversammlung brach
in lautes Gelächter aus.

Die Börse ist wieder sehr kriegerisch gestimmt. Wie es dort
hieß sollte General Lamoriciere heute nach Grenoble abreisen und
die Alpenarmee unverzüglich ihren Feldzug eröffnen. Das Kriegs-
ministerium sollte einstweilen, bis zu völliger Wiederherstellung
des Generals Bedeau, Herr Bastide übernehmen. Jn Folge die-
ser Gerüchte sind die Fonds wieder gefallen. Alle größeren Blät-
ter beobachten über den diplomatischen Stand der Frage tiefes
Stillschweigen. Dagegen sagten mehrere Repräsentanten, die
Cavaignac's Ansichten über die jetzige Lage der italienischen Frage
zu kennen behaupten, daß die Unterhandlungen Frankreichs und
Englands mit Oesterreich wahrscheinlich zu einem glücklichen Er-
gebnisse führen würden, daß sie seit der ungünstigen Antwort,
welche die französische Regierung empfangen habe, wieder aufge-
nommen worden seyen und daß die Absichten Oesterreichs, so wie
jene von Frankreich und England, durchaus friedlich wären.

Börse vom 5. September. Die französischen Fonds
waren heute etwas matter, und gingen die 3% auf 44. 25., die
5% auf 72. 50. zurück. -- Wie man sagt, soll der Waffenstillstand
zwischen Piemont und Oesterreich um acht Tage verlängert wor-
den seyn.

Großbritannien.

London 5. September. Prorogation des Parlaments.
Thronrede der Königin.
Die diesjährige Parlamentssession
[Spaltenumbruch] wurde heute von der Königin im Oberhause, wo sie mit dem üb-
lichen Ceremoniel empfangen ward, durch folgende Thronrede
geschlossen:

Mylords und Gentlemen! Jch fühle mich glücklich, Sie der
Pflichten einer arbeitsvollen und verlängerten Session entheben zu
können. Die Acte zur Verhütung von Verbrechen und Gewalt-
that in Jrland, welche im Anfange der Session meine Zustimm-
ung empfing, war von den wohlthätigsten Wirkungen begleitet.
Der offenen Tragung von Waffen, die zu strafbaren Zwecken be-
stimmt waren, wurde Einhalt gethan; der Gang der Justiz ward
nicht länger unterbrochen, und mehrere verruchte Mörder, welche
Schrecken über das Land verbreitet hatten, wurden ergriffen, ab-
geurtheilt und überführt. Die auf wiederholte Ausfälle in der
Lebensmittelerzeugung erfolgte Noth in Jrland ist durch die An-
wendung des Gesetzes zur Unterstützung der Armen und durch den
Betrag der in anderen Theilen des Vereinigten Königreiches auf-
gebrachten milden Beisteuern gelindert worden. Auf der anderen
Seite benutzten organisirte Verbündungen den bestehenden Druck
dazu, meine leidenden Unterthanen zur Empörung aufzureizen.
Hoffnungen auf Plünderung und Confiscation wurden rege ge-
macht, um die Nothleidenden zu verlocken, während den Ehrgei-
zigen die ausschweifendsten Aussichten eröffnet wurden. Unter die-
sen Umständen wandte ich mich an Jhre Loyalität und Weisheit
um Vollmachten, und durch Jhre rasche Mitwirkung gekräftigt
wurde meine Regierung befähigt, in wenigen Tagen Anschläge zu
nichte zu machen, welche während vieler Monate vorbereitet wor-
den waren. Die vom Lordstatthalter von Jrland bei diesem An-
lasse bewiesene Energie und Entschiedenheit verdienen meinen
wärmsten Beifall.

Jnmitten dieser Schwierigkeiten haben Sie Jhre Arbeiten zur
Verbesserung der Gesetze fortgesetzt. Die Acte zur Erleichterung
des Verkaufes verschuldeter Güter wird, wie ich vertraue, ein
Uebel von bedeutender Größe im socialen Zustande Jrlands stu-
fenweise beseitigen. Das in Schottland eingeführte System der
Landfideicommisse erzeugte sehr ernste Uebel, sowohl für die Er-
ben von Fideicommissen, als für das Gemeinwesen, und es hat
mir große Befriedigung gewährt, dasselbe nach Grundsätzen ver-
bessert zu sehen, die schon lange in diesem Theile des Vereinigten
Königreiches als wohlthätig wirkend befunden wurden. Jch habe
meine herzliche Zustimmung zu den Maßregeln ertheilt, welche
die Verbesserung des öffentlichen Gesundheitszustandes bezwecken,
und ich hege die ernstliche Hoffnung, daß ein Grund zu fortwäh-
rendem Weiterschreiten in diesem wohlthätigen Werke gelegt wor-
den ist. Meine Herren vom Unterhause! Jch habe Jhnen für
die Bereitwilligkeit zu danken, womit Sie die für den öffentlichen
Dienst nöthigen Subsidien bewilligt haben. Jch werde jede Ge-
legenheit, wo es die Bedürfnisse des Staates gestattet werden,
zur Durchführung von Ersparnissen benutzen.

Mylords und Gentlemen! Jch habe in förmlicher Weise meine
Beziehungen zu Frankreich erneuert. Das gute Einvernehmen
zwischen den zwei Ländern hat ohne die mindeste Unterbrechung
fortbestanden.

Ereignisse von tiefer Bedeutung haben die innere Ruhe vieler
Staaten von Europa, sowohl im Norden als im Süden, gestört.
Diese Ereignisse haben zu Feindseligkeiten zwischen Nachbarländern
geführt.

Jch biete in Gemeinschaft mit anderen befreundeten Mächten
meine Dienstwilligkeit auf, um diese Differenzen zu einer freund-
schaftlichen Erledigung zu bringen und ich vertraue, daß unsere
Bemühungen erfolgreich seyn werden.

Mit Freuden denke ich, daß ein zunehmendes Gefühl von dem
Werthe des Friedens zu der Hoffnung ermuthigt, daß die Na-
tionen von Europa seine Segnungen zu genießen
fort fahren werden.

Jnmitten dieser Erschütterungen wurde mir die Befriedigung
daß ich im Stande war, den Frieden für meine eigenen Staaten
zu bewahren und unsere heimische Ruhe aufrecht zu halten. Die
Kraft unserer Jnstitutionen ist geprüft und nicht als mangelhaft
befunden worden. Jch habe getrachtet, das meiner Obhut an-
vertraute Volk in dem Genusse jener gemäßigten Freiheit zu be-
wahren, welche es so gerecht werthschätzt. Mein Volk seinerseits
empfindet zu sehr die Vortheile von Ordnung und Sicherheit,
um den Anstiftern von Plünderung und Verwirrung irgend eine
Aussicht auf Erfolg ihrer verruchten Pläne zu lassen. Jch erkenne
mit dankharen Gefühlen die vielen Beweise von Ergebenheit und
Anhänglichkeit, die ich von allen Classen meines Volkes empfan-
gen habe. Es ist meine ernstliche Hoffnung, daß durch Hegung
der Achtung vor dem Gesetze und von Gehorsam gegen die Vor-
schriften der Religion die Freiheiten dieses Volkes durch die Seg-
nungen des allmächtigen Gottes immer fortbestehen werden.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

1) Wie armselig! Uebrigens ist es bemerkenswerth, daß der " Na-
tional " in neuester Zeit der Ungarn mehrfach mit hohem Lobe gedenkt!
[Beginn Spaltensatz]
Oesterreichische Monarchie.

Pesth 30. August. ( Br. Z. ) Wir erfahren aus guter
Quelle, daß in diesen Tagen im Unterhause der Antrag zur Ueber-
nahme von 200 Millionen Gulden von der österreichischen Staats-
schuld gestellt und durch die ministerielle Majorität zum Beschluß
erhoben werden wird. Dadurch und durch ausgedehnte Ge-
währungen an die Kroaten und die Raizen dürfte der Friede in
Wien zu Stande kommen. Viele behaupten sogar, daß der
König schon am 8. September hier zur Beschließung des Land-
tages eintreffen werde. — Vom Kriegsschauplatze melden
die neuesten Nachrichten von einem für die Ungarn vortheilhaften,
im Uebrigen aber wenig bedeutenden Treffen bei Oravitza.
Der Hauptangriff auf die feindlichen Schanzen bei St. Thomas
soll von vorgestern auf gestern verschoben worden seyn, weil der
29. August der Jahrestag der unglücklichen Schlacht bei Mohacs ist.

Pesth 31. August. ( Br. Z. ) Es verbreitet sich in der Stadt
die Nachricht von einem bedeutenden Siege, welchen die Ungarn
unter persönlicher Anführung des Kriegsministers Meßaros
bei Temarin über die Jnsurgenten erfochten. Meßaros soll selbst
ins Handgemenge und in die größte Gefahr gerathen, durch die
Tapferkeit seiner Husaren aber gerettet worden seyn. Die Bestä-
tigung dieser ganzen Nachricht, welche ein Courrier überbracht
haben soll, muß noch abgewartet werden. — Graf Teleki ist
gestern von hier mit einer außerordentlichen diplomatischen Mis-
sion nach Paris abgegangen. Näheres können wir über diese
jetzt noch nicht mittheilen. Nachdem Ungarn vergebens bei Eng-
land und der sogenannten deutschen Centralgewalt kräftigen
Schutz gegen die Unterdrückungstendenzen der österreichischen Re-
gierung ( ! ) gesucht, wird Frankreich sich wohl um so
geneigter zeigen, als bei einer möglichen Jnter-
vention in Jtalien Ungarn einen trefflichen Stütz-
punct bieten würde
1).

Frankreich.

* * * Paris 6. September. Die allgemeine Debatte über die
neue Verfassung, namentlich über den Eingang derselben, wurde
in der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung fortgeführt,
ohne zu irgend einem erheblichen Resultate zu führen. Unter An-
deren hielt Herr Peter Leroux wieder eine lange geschriebene Rede,
in welcher alle seitherigen Verfassungen und Gesetzgebungen kriti-
sirt wurden. Nichts von alle Dem ist, wie Herr Leroux meint,
für die Gegenwart mehr brauchbar, Niemand hat bis jetzt noch
das Princip der politischen Wissenschaft, das große Geheimniß
der Staatsmaschine ergründet, Aristoteles, Plato, Montesquieu,
J. J. Rousseau wurden alle mit einander und einer wie der an-
dere heruntergerissen. Als nun aber die Versammlung in höch-
ster Spannung die Lösung des Räthsels erwartete, schlug Herr
Leroux sein Manuscript zu und verließ den Katheder, worauf der
Abgeordnete de la Rochejaquelein ihm den folgenden Nachruf zu-
schickte: „Aber, Herr Peter Leroux, welcher Art ist denn Eure
Wissenschaft, Eure Staatsmaschine? Theilt uns doch Euer Ge-
heimniß mit! Jhr dürfet versichert seyn, daß wir Eure Jdeen
mit großer Gewissenhaftigkeit benutzen werden, — wenn Jhr de-
ren habet.“ Allein Herr Peter Leroux hüllte sich schweigend in
seinen Philosophenmantel ein und die Nationalversammlung brach
in lautes Gelächter aus.

Die Börse ist wieder sehr kriegerisch gestimmt. Wie es dort
hieß sollte General Lamoricière heute nach Grenoble abreisen und
die Alpenarmee unverzüglich ihren Feldzug eröffnen. Das Kriegs-
ministerium sollte einstweilen, bis zu völliger Wiederherstellung
des Generals Bedeau, Herr Bastide übernehmen. Jn Folge die-
ser Gerüchte sind die Fonds wieder gefallen. Alle größeren Blät-
ter beobachten über den diplomatischen Stand der Frage tiefes
Stillschweigen. Dagegen sagten mehrere Repräsentanten, die
Cavaignac's Ansichten über die jetzige Lage der italienischen Frage
zu kennen behaupten, daß die Unterhandlungen Frankreichs und
Englands mit Oesterreich wahrscheinlich zu einem glücklichen Er-
gebnisse führen würden, daß sie seit der ungünstigen Antwort,
welche die französische Regierung empfangen habe, wieder aufge-
nommen worden seyen und daß die Absichten Oesterreichs, so wie
jene von Frankreich und England, durchaus friedlich wären.

Börse vom 5. September. Die französischen Fonds
waren heute etwas matter, und gingen die 3% auf 44. 25., die
5% auf 72. 50. zurück. — Wie man sagt, soll der Waffenstillstand
zwischen Piemont und Oesterreich um acht Tage verlängert wor-
den seyn.

Großbritannien.

London 5. September. Prorogation des Parlaments.
Thronrede der Königin.
Die diesjährige Parlamentssession
[Spaltenumbruch] wurde heute von der Königin im Oberhause, wo sie mit dem üb-
lichen Ceremoniel empfangen ward, durch folgende Thronrede
geschlossen:

Mylords und Gentlemen! Jch fühle mich glücklich, Sie der
Pflichten einer arbeitsvollen und verlängerten Session entheben zu
können. Die Acte zur Verhütung von Verbrechen und Gewalt-
that in Jrland, welche im Anfange der Session meine Zustimm-
ung empfing, war von den wohlthätigsten Wirkungen begleitet.
Der offenen Tragung von Waffen, die zu strafbaren Zwecken be-
stimmt waren, wurde Einhalt gethan; der Gang der Justiz ward
nicht länger unterbrochen, und mehrere verruchte Mörder, welche
Schrécken über das Land verbreitet hatten, wurden ergriffen, ab-
geurtheilt und überführt. Die auf wiederholte Ausfälle in der
Lebensmittelerzeugung erfolgte Noth in Jrland ist durch die An-
wendung des Gesetzes zur Unterstützung der Armen und durch den
Betrag der in anderen Theilen des Vereinigten Königreiches auf-
gebrachten milden Beisteuern gelindert worden. Auf der anderen
Seite benutzten organisirte Verbündungen den bestehenden Druck
dazu, meine leidenden Unterthanen zur Empörung aufzureizen.
Hoffnungen auf Plünderung und Confiscation wurden rege ge-
macht, um die Nothleidenden zu verlocken, während den Ehrgei-
zigen die ausschweifendsten Aussichten eröffnet wurden. Unter die-
sen Umständen wandte ich mich an Jhre Loyalität und Weisheit
um Vollmachten, und durch Jhre rasche Mitwirkung gekräftigt
wurde meine Regierung befähigt, in wenigen Tagen Anschläge zu
nichte zu machen, welche während vieler Monate vorbereitet wor-
den waren. Die vom Lordstatthalter von Jrland bei diesem An-
lasse bewiesene Energie und Entschiedenheit verdienen meinen
wärmsten Beifall.

Jnmitten dieser Schwierigkeiten haben Sie Jhre Arbeiten zur
Verbesserung der Gesetze fortgesetzt. Die Acte zur Erleichterung
des Verkaufes verschuldeter Güter wird, wie ich vertraue, ein
Uebel von bedeutender Größe im socialen Zustande Jrlands stu-
fenweise beseitigen. Das in Schottland eingeführte System der
Landfideicommisse erzeugte sehr ernste Uebel, sowohl für die Er-
ben von Fideicommissen, als für das Gemeinwesen, und es hat
mir große Befriedigung gewährt, dasselbe nach Grundsätzen ver-
bessert zu sehen, die schon lange in diesem Theile des Vereinigten
Königreiches als wohlthätig wirkend befunden wurden. Jch habe
meine herzliche Zustimmung zu den Maßregeln ertheilt, welche
die Verbesserung des öffentlichen Gesundheitszustandes bezwecken,
und ich hege die ernstliche Hoffnung, daß ein Grund zu fortwäh-
rendem Weiterschreiten in diesem wohlthätigen Werke gelegt wor-
den ist. Meine Herren vom Unterhause! Jch habe Jhnen für
die Bereitwilligkeit zu danken, womit Sie die für den öffentlichen
Dienst nöthigen Subsidien bewilligt haben. Jch werde jede Ge-
legenheit, wo es die Bedürfnisse des Staates gestattet werden,
zur Durchführung von Ersparnissen benutzen.

Mylords und Gentlemen! Jch habe in förmlicher Weise meine
Beziehungen zu Frankreich erneuert. Das gute Einvernehmen
zwischen den zwei Ländern hat ohne die mindeste Unterbrechung
fortbestanden.

Ereignisse von tiefer Bedeutung haben die innere Ruhe vieler
Staaten von Europa, sowohl im Norden als im Süden, gestört.
Diese Ereignisse haben zu Feindseligkeiten zwischen Nachbarländern
geführt.

Jch biete in Gemeinschaft mit anderen befreundeten Mächten
meine Dienstwilligkeit auf, um diese Differenzen zu einer freund-
schaftlichen Erledigung zu bringen und ich vertraue, daß unsere
Bemühungen erfolgreich seyn werden.

Mit Freuden denke ich, daß ein zunehmendes Gefühl von dem
Werthe des Friedens zu der Hoffnung ermuthigt, daß die Na-
tionen von Europa seine Segnungen zu genießen
fort fahren werden.

Jnmitten dieser Erschütterungen wurde mir die Befriedigung
daß ich im Stande war, den Frieden für meine eigenen Staaten
zu bewahren und unsere heimische Ruhe aufrecht zu halten. Die
Kraft unserer Jnstitutionen ist geprüft und nicht als mangelhaft
befunden worden. Jch habe getrachtet, das meiner Obhut an-
vertraute Volk in dem Genusse jener gemäßigten Freiheit zu be-
wahren, welche es so gerecht werthschätzt. Mein Volk seinerseits
empfindet zu sehr die Vortheile von Ordnung und Sicherheit,
um den Anstiftern von Plünderung und Verwirrung irgend eine
Aussicht auf Erfolg ihrer verruchten Pläne zu lassen. Jch erkenne
mit dankharen Gefühlen die vielen Beweise von Ergebenheit und
Anhänglichkeit, die ich von allen Classen meines Volkes empfan-
gen habe. Es ist meine ernstliche Hoffnung, daß durch Hegung
der Achtung vor dem Gesetze und von Gehorsam gegen die Vor-
schriften der Religion die Freiheiten dieses Volkes durch die Seg-
nungen des allmächtigen Gottes immer fortbestehen werden.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

1) Wie armselig! Uebrigens ist es bemerkenswerth, daß der „ Na-
tional “ in neuester Zeit der Ungarn mehrfach mit hohem Lobe gedenkt!
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[0004] Oesterreichische Monarchie. Pesth 30. August. ( Br. Z. ) Wir erfahren aus guter Quelle, daß in diesen Tagen im Unterhause der Antrag zur Ueber- nahme von 200 Millionen Gulden von der österreichischen Staats- schuld gestellt und durch die ministerielle Majorität zum Beschluß erhoben werden wird. Dadurch und durch ausgedehnte Ge- währungen an die Kroaten und die Raizen dürfte der Friede in Wien zu Stande kommen. Viele behaupten sogar, daß der König schon am 8. September hier zur Beschließung des Land- tages eintreffen werde. — Vom Kriegsschauplatze melden die neuesten Nachrichten von einem für die Ungarn vortheilhaften, im Uebrigen aber wenig bedeutenden Treffen bei Oravitza. Der Hauptangriff auf die feindlichen Schanzen bei St. Thomas soll von vorgestern auf gestern verschoben worden seyn, weil der 29. August der Jahrestag der unglücklichen Schlacht bei Mohacs ist. Pesth 31. August. ( Br. Z. ) Es verbreitet sich in der Stadt die Nachricht von einem bedeutenden Siege, welchen die Ungarn unter persönlicher Anführung des Kriegsministers Meßaros bei Temarin über die Jnsurgenten erfochten. Meßaros soll selbst ins Handgemenge und in die größte Gefahr gerathen, durch die Tapferkeit seiner Husaren aber gerettet worden seyn. Die Bestä- tigung dieser ganzen Nachricht, welche ein Courrier überbracht haben soll, muß noch abgewartet werden. — Graf Teleki ist gestern von hier mit einer außerordentlichen diplomatischen Mis- sion nach Paris abgegangen. Näheres können wir über diese jetzt noch nicht mittheilen. Nachdem Ungarn vergebens bei Eng- land und der sogenannten deutschen Centralgewalt kräftigen Schutz gegen die Unterdrückungstendenzen der österreichischen Re- gierung ( ! ) gesucht, wird Frankreich sich wohl um so geneigter zeigen, als bei einer möglichen Jnter- vention in Jtalien Ungarn einen trefflichen Stütz- punct bieten würde 1). Frankreich. * * * Paris 6. September. Die allgemeine Debatte über die neue Verfassung, namentlich über den Eingang derselben, wurde in der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung fortgeführt, ohne zu irgend einem erheblichen Resultate zu führen. Unter An- deren hielt Herr Peter Leroux wieder eine lange geschriebene Rede, in welcher alle seitherigen Verfassungen und Gesetzgebungen kriti- sirt wurden. Nichts von alle Dem ist, wie Herr Leroux meint, für die Gegenwart mehr brauchbar, Niemand hat bis jetzt noch das Princip der politischen Wissenschaft, das große Geheimniß der Staatsmaschine ergründet, Aristoteles, Plato, Montesquieu, J. J. Rousseau wurden alle mit einander und einer wie der an- dere heruntergerissen. Als nun aber die Versammlung in höch- ster Spannung die Lösung des Räthsels erwartete, schlug Herr Leroux sein Manuscript zu und verließ den Katheder, worauf der Abgeordnete de la Rochejaquelein ihm den folgenden Nachruf zu- schickte: „Aber, Herr Peter Leroux, welcher Art ist denn Eure Wissenschaft, Eure Staatsmaschine? Theilt uns doch Euer Ge- heimniß mit! Jhr dürfet versichert seyn, daß wir Eure Jdeen mit großer Gewissenhaftigkeit benutzen werden, — wenn Jhr de- ren habet.“ Allein Herr Peter Leroux hüllte sich schweigend in seinen Philosophenmantel ein und die Nationalversammlung brach in lautes Gelächter aus. Die Börse ist wieder sehr kriegerisch gestimmt. Wie es dort hieß sollte General Lamoricière heute nach Grenoble abreisen und die Alpenarmee unverzüglich ihren Feldzug eröffnen. Das Kriegs- ministerium sollte einstweilen, bis zu völliger Wiederherstellung des Generals Bedeau, Herr Bastide übernehmen. Jn Folge die- ser Gerüchte sind die Fonds wieder gefallen. Alle größeren Blät- ter beobachten über den diplomatischen Stand der Frage tiefes Stillschweigen. Dagegen sagten mehrere Repräsentanten, die Cavaignac's Ansichten über die jetzige Lage der italienischen Frage zu kennen behaupten, daß die Unterhandlungen Frankreichs und Englands mit Oesterreich wahrscheinlich zu einem glücklichen Er- gebnisse führen würden, daß sie seit der ungünstigen Antwort, welche die französische Regierung empfangen habe, wieder aufge- nommen worden seyen und daß die Absichten Oesterreichs, so wie jene von Frankreich und England, durchaus friedlich wären. Börse vom 5. September. Die französischen Fonds waren heute etwas matter, und gingen die 3% auf 44. 25., die 5% auf 72. 50. zurück. — Wie man sagt, soll der Waffenstillstand zwischen Piemont und Oesterreich um acht Tage verlängert wor- den seyn. Großbritannien. London 5. September. Prorogation des Parlaments. Thronrede der Königin. Die diesjährige Parlamentssession wurde heute von der Königin im Oberhause, wo sie mit dem üb- lichen Ceremoniel empfangen ward, durch folgende Thronrede geschlossen: Mylords und Gentlemen! Jch fühle mich glücklich, Sie der Pflichten einer arbeitsvollen und verlängerten Session entheben zu können. Die Acte zur Verhütung von Verbrechen und Gewalt- that in Jrland, welche im Anfange der Session meine Zustimm- ung empfing, war von den wohlthätigsten Wirkungen begleitet. Der offenen Tragung von Waffen, die zu strafbaren Zwecken be- stimmt waren, wurde Einhalt gethan; der Gang der Justiz ward nicht länger unterbrochen, und mehrere verruchte Mörder, welche Schrécken über das Land verbreitet hatten, wurden ergriffen, ab- geurtheilt und überführt. Die auf wiederholte Ausfälle in der Lebensmittelerzeugung erfolgte Noth in Jrland ist durch die An- wendung des Gesetzes zur Unterstützung der Armen und durch den Betrag der in anderen Theilen des Vereinigten Königreiches auf- gebrachten milden Beisteuern gelindert worden. Auf der anderen Seite benutzten organisirte Verbündungen den bestehenden Druck dazu, meine leidenden Unterthanen zur Empörung aufzureizen. Hoffnungen auf Plünderung und Confiscation wurden rege ge- macht, um die Nothleidenden zu verlocken, während den Ehrgei- zigen die ausschweifendsten Aussichten eröffnet wurden. Unter die- sen Umständen wandte ich mich an Jhre Loyalität und Weisheit um Vollmachten, und durch Jhre rasche Mitwirkung gekräftigt wurde meine Regierung befähigt, in wenigen Tagen Anschläge zu nichte zu machen, welche während vieler Monate vorbereitet wor- den waren. Die vom Lordstatthalter von Jrland bei diesem An- lasse bewiesene Energie und Entschiedenheit verdienen meinen wärmsten Beifall. Jnmitten dieser Schwierigkeiten haben Sie Jhre Arbeiten zur Verbesserung der Gesetze fortgesetzt. Die Acte zur Erleichterung des Verkaufes verschuldeter Güter wird, wie ich vertraue, ein Uebel von bedeutender Größe im socialen Zustande Jrlands stu- fenweise beseitigen. Das in Schottland eingeführte System der Landfideicommisse erzeugte sehr ernste Uebel, sowohl für die Er- ben von Fideicommissen, als für das Gemeinwesen, und es hat mir große Befriedigung gewährt, dasselbe nach Grundsätzen ver- bessert zu sehen, die schon lange in diesem Theile des Vereinigten Königreiches als wohlthätig wirkend befunden wurden. Jch habe meine herzliche Zustimmung zu den Maßregeln ertheilt, welche die Verbesserung des öffentlichen Gesundheitszustandes bezwecken, und ich hege die ernstliche Hoffnung, daß ein Grund zu fortwäh- rendem Weiterschreiten in diesem wohlthätigen Werke gelegt wor- den ist. Meine Herren vom Unterhause! Jch habe Jhnen für die Bereitwilligkeit zu danken, womit Sie die für den öffentlichen Dienst nöthigen Subsidien bewilligt haben. Jch werde jede Ge- legenheit, wo es die Bedürfnisse des Staates gestattet werden, zur Durchführung von Ersparnissen benutzen. Mylords und Gentlemen! Jch habe in förmlicher Weise meine Beziehungen zu Frankreich erneuert. Das gute Einvernehmen zwischen den zwei Ländern hat ohne die mindeste Unterbrechung fortbestanden. Ereignisse von tiefer Bedeutung haben die innere Ruhe vieler Staaten von Europa, sowohl im Norden als im Süden, gestört. Diese Ereignisse haben zu Feindseligkeiten zwischen Nachbarländern geführt. Jch biete in Gemeinschaft mit anderen befreundeten Mächten meine Dienstwilligkeit auf, um diese Differenzen zu einer freund- schaftlichen Erledigung zu bringen und ich vertraue, daß unsere Bemühungen erfolgreich seyn werden. Mit Freuden denke ich, daß ein zunehmendes Gefühl von dem Werthe des Friedens zu der Hoffnung ermuthigt, daß die Na- tionen von Europa seine Segnungen zu genießen fort fahren werden. Jnmitten dieser Erschütterungen wurde mir die Befriedigung daß ich im Stande war, den Frieden für meine eigenen Staaten zu bewahren und unsere heimische Ruhe aufrecht zu halten. Die Kraft unserer Jnstitutionen ist geprüft und nicht als mangelhaft befunden worden. Jch habe getrachtet, das meiner Obhut an- vertraute Volk in dem Genusse jener gemäßigten Freiheit zu be- wahren, welche es so gerecht werthschätzt. Mein Volk seinerseits empfindet zu sehr die Vortheile von Ordnung und Sicherheit, um den Anstiftern von Plünderung und Verwirrung irgend eine Aussicht auf Erfolg ihrer verruchten Pläne zu lassen. Jch erkenne mit dankharen Gefühlen die vielen Beweise von Ergebenheit und Anhänglichkeit, die ich von allen Classen meines Volkes empfan- gen habe. Es ist meine ernstliche Hoffnung, daß durch Hegung der Achtung vor dem Gesetze und von Gehorsam gegen die Vor- schriften der Religion die Freiheiten dieses Volkes durch die Seg- nungen des allmächtigen Gottes immer fortbestehen werden. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg. 1) Wie armselig! Uebrigens ist es bemerkenswerth, daß der „ Na- tional “ in neuester Zeit der Ungarn mehrfach mit hohem Lobe gedenkt!

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Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 81. Mainz, 8. September 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal081_1848/4>, abgerufen am 21.11.2024.