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Mainzer Journal. Nr. 106. Mainz, 7. Oktober 1848.

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Erste Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 106. Sonntag, den 8. October. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.

Wien 3. October. ( Sten. C. ) Die Gerüchte über die unga-
rischen Vorgänge durchkreuzen und widersprechen sich. Der Ken-
ner strategischer Bewegungen kann sich nur an unleugbare That-
sachen halten. Und da erscheint es unbegreiflich, weßhalb die un-
garische Armee, wenn sie wirklich im Siegen begriffen war, sich
um volle zwei Meilen von dem trefflich gelegenen Velencze nach
Marosvasar zurückgezogen haben sollte. Dies aber ist das
letzte zuverläßige Ergebniß der taktischen Bewegungen beider
Heere. Es wird hier ebenfalls ausgesprengt, Jellachich habe sich
mit seinen Truppen bis nach Raab geworfen, und es sey dieses
Ergebniß die Folge eines bedeutenden Siegs. Wir haben aus gu-
ter Quelle erfahren, das es den Croaten gelungen ist, sich nicht
blos der Stuhlweißenburger, sondern auch der Wien=Ofener
Straße zu bemächtigen. Die Haltung des "Pesther Bülletins"
verräth deutlich, daß die Operation gegen den linken Flügel der
croatischen Armee, auf welche man sich zu Pesth so viel zu gute
thut, im Ganzen genommen nur eine sehr unbedeutende ist.
Gestern Nachmittags kamen noch vier Schiffe mit Flüchtlingen
von Pesth hier an. Aus den Mittheilungen der letzteren erhellt,
daß zwar das auf der gestrigen Börse verbreitete Gerücht hin-
sichtlich der Einnahme Ofens voreilig war, daß aber die
Angst und Besorgniß dieserhalb groß und allgemein war.
Nach eben eingehenden Nachrichten brach vorgestern aus Pesth
der Landsturm auf, um nach dem Lager bei Marosvasar zu ziehen.
Es war in der Nationalversammlung auf Antrag des Landesver-
theidigungsausschusses gesagt worden, daß das Heer vorzugs-
weise der Verstärkung durch Massen bedürfe, und der Patriotis-
mus setzte sofort große Menschenhaufen in Bewegung. Ob sie
bei ihrer Kriegsunkundigkeit im offenen Felde zu brauchen seyn
werden, ist sehr zu bezweifeln. Neuestes. Am Schlusse unseres
Berichts sind noch keine entscheidenden Nachrichten aus Ungarn
hier eingetroffen. Doch ward mit vieler Bestimmtheit versichert,
ein dreitägiger Waffenstillstand sey abgeschlossen wor-
den. Auch erzählt man, Graf Edmund Zichy sey nach seiner
Gefangennehmung vom Volke aufgehängt worden. [ Es ist nicht
wahr! ] Hier erwartet man das neue contrasignirte Manifest an
die Ungarn.

Wien 3. October. ( O. P. A. Z. ) Von hier aus sind heute
Nachts österreichische Truppen nach Ungarn geschickt worden.
Man erwartet jeden Augenblick kaiserliche Manifeste, vermöge
welcher die Magyaren, die mit denselben vereinigten Soldaten
und vor Allen Kossuth als Rebellen erklärt werden. -- Die
obern Comitate in Ungarn sollen sich größtentheils für die Ma-
gyaren erklärt haben. -- Jn Lemberg, wo es jetzt von polnischen
Offizieren, die in französischen Diensten gestanden haben, wim-
melt, haben sich Freischaaren gebildet, welche aus Studenten und
Handwerkern bestehen. Sie ziehen unter Anführung der zurückge-
kehrten polnischen Offiziere den Magyaren zu Hülfe.

Auch die Berichte der "Allgemeinen Zeitung" vom 3. melden
noch nichts Entscheidendes. Zwischen Wien und Pesth waren alle
Postverbindungen abgebrochen. Esunterliegt übrigens keinem Zwei-
fel, daß Jellachich am 30. im Nachtheil war. Sein linker
Flügel war, laut Nachrichten, die im Kriegsministerium einge-
troffen waren, vollkommen aufgelöst. Auch wurden Truppen
von Wien zu Jellachichs Verstärkung hinabgeschickt. Doch ist
sehr zweifelhaft, ob sie das Gros der Armee erreichen werden.
Ein ins croatische Hauptquartier vorgestern aus dem hiesigen
Kriegsministerium mit Depeschen abgeschickter Capitän kam heute
früh mit denselben wieder zurück -- er hatte es umsonst versucht
an vier verschiedenen Stellen zur Armee zu gelangen, es war
ihm unmöglich! Ueberall waren die Bauern aufgestanden.

sqrt Mainz 8. October. Der Bericht über die Rede Balzers
in Nr. 102. dieser Blätter bedarf einer Berichtigung. Es ist dort
"von einem kirchlichen Sturme aus den zwanziger Jahren, von
dem Blendlicht einer falschen Wissenschaft" die Rede, welches der
Referent in einer Parenthese als "Hermesianismus" bezeichnet.
Professor Balzer dachte indessen nur an die Theinerschen
Wühlereien,
da ja der Hermesianismus, welcher Breslar
überhaupt wenig berührt hat, erst nach dem Jahre 1836 zum
Aergerniß geworden ist. Von Hermesianismus war in den Ver-
handlungen nirgends die Rede.

[Spaltenumbruch]
Frankreich.

* * * Paris 5. October. Jn der gestrigen Sitzung votirte die
Kammer eine ganze Reihe von Artikeln der neuen Constitution,
der bedeutendste ist jedenfalls derjenige, durch welchen die schon so
lange obschwebende Frage der Jncompatibilitäten gelöst worden
ist: es kann künftig kein Beamter mehr Abgeordne-
ter werden.
Tiefer blickende Männer wünschen, man hätte
blos die Verwaltungsbeamten, die bekanntlich in Frankreich jeden
Augenblick abgesetzt werden können, aus der Kammer ausgeschlos-
sen, während jetzt dieses Schicksal mit wenigen Ausnahmen auch
die Justizbeamten trifft, die völlig unabhängig sind und in ihren
Reihen sehr viele Männer zählen, deren Einsicht und Bürger-
tugend für die Kammer sehr heilsame Elemente wären. Jch lasse
nun die Artikel aufeinander folgen, wie sie der Reihe nach erle-
digt worden sind. Art. 28. Jedes bezahlte öffentliche Amt ist unver-
traglich mit dem Mandate eines Repräsentanten. Die Ausnahmen
werden durch das Wahlgesetz näher bestimmt werden. Kein Mit-
glied der Nationalversammlung kann während der Dauer seiner
gesetzgeberischen Thätigkeit zu einem öffentlichen Amte befördert
werden, dessen Jnhaber von der öffentlichen Gewalt nach ihrem
Gutdünken gewählt wird. Art. 29. Die Bestimmungen des vor-
hergehenden Artikels sind auf die zur Revision der Verfassung
gewählten Versammlungen nicht anwendbar. Art. 30. Die Na-
tionalversammlung wird auf drei Jahre gewählt und erneuert sich
jedesmal vollständig. [ Der Artikel war schon früher genehmigt
worden. ] Art. 31. Sie ist permanent, kann sich aber auf eine von
ihr zu bestimmende Zeit vertagen. Während der Dauer dieser
Vertagung hat eine aus den Mitgliedern des Bureaus und fünf-
undzwanzig von der Nationalversammlung gewählten Repräsen-
tanten bestehende Commission das Recht, sie in dringenden Fällen
wieder zusammenzuberufen. Auch der Präsident der Republik hat
das Recht, die Versammlung zu berufen. Die Nationalversamm-
lung bestimmt den Ort ihrer Sitzungen; sie bestimmt die Zahl
und Bedeutung der militärischen Kräfte, die zu ihrer Sicherheit
und zur Aufrechthaltung der ihr gebührenden Ehrfurcht an dem
Orte, wo sie ihre Sitzungen hält, und wo sie über diese Streit-
kräfte verfügen kann, aufgestellt werden sollen. Art. 32. Die Ab-
geordneten sind stets wieder wählbar. Art. 33. Die Mitglieder
der Nationalversammlung sind nicht die Repräsentanten des De-
partements, welches sie ernennt, sondern von ganz Frankreich.
Art. 34. Sie können [ von ihren Wählern ] kein imperatives Man-
dat empfangen [ so daß sie nach Vorschrift derselben stimmen müß-
ten ] . Art. 35. Die Repräsentanten des Volkes sind unverletzlich.
Sie können zu keiner Zeit aufgesucht, angeklagt und verurtheilt
werden wegen der Ansichten, die sie im Schooße der Nationalver-
sammlung ausgesprochen haben. Art. 36. Jn criminellen Fällen
können sie, mit Ausnahme des Ertappens auf frischer That, nur dann
verhaftet und verfolgt werden, wenn die Versammlung die gerichtli-
che Verfolgung gestattet hat. Das Ertappen auf frischer That soll
der Versammlung sofort gemeldet werden, welche die Verhaft-
nehmung aufrecht erhalten oder anulliren wird. Art. 37. Jeder
Volksrepräsentant empfängt eine Entschädigung, auf welche er
nicht verzichten kann. Art. 38. Die Sitzungen der Versammlung
sind öffentlich. Die Versammlung kann sich indessen, auf Ver-
langen der durch das Reglement bestimmten Anzahl von Reprä-
sentanten, als geheimes Comit e constituiren. Art. 39. Zur Gül-
tigkeit einer Abstimmung über Gesetze ist die Anwesenheit der Hälfte
der Mitglieder und Eines darüber nothwendig. Art. 40. Gesetze kön-
nen, mit Ausnahme dringlicher Fälle, nur nach dreimaliger Berath-
ung definitiv votirt werden und zwar in Zwischenräumen, die nicht ge-
ringer seyn dürfen als fünf Tage. Art. 41. bezieht sich auf die Ge-
schäftsordnung, auf die Behandlung der für dringlich erklärten Vor-
schläge. So weit kam die Kammer in einer einzigen Sitzung, was
freilich darin seine Erklärung findet, daß in allen diesen Artikeln
Dinge erledigt werden, die früher schon Jahrelang verhandelt
worden sind und jetzt nur kurz formulirt zu werden brauchten. Vor
der Thüre steht nun Art. 42., welcher die Wahl des Präsi-
denten
der Nationalversammlung regeln soll. Die Debatte
darüber wird wenigstens drei Tage dauern.

Wie es jetzt heißt, soll Oesterreich das Anerbieten der englisch-
französischen Vermittlung in Jtalien völlig abgelehnt ha-
ben.
Man erklärt sich diese überraschende Neuigkeit damit, daß
[Ende Spaltensatz]

Erste Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 106. Sonntag, den 8. October. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.

Wien 3. October. ( Sten. C. ) Die Gerüchte über die unga-
rischen Vorgänge durchkreuzen und widersprechen sich. Der Ken-
ner strategischer Bewegungen kann sich nur an unleugbare That-
sachen halten. Und da erscheint es unbegreiflich, weßhalb die un-
garische Armee, wenn sie wirklich im Siegen begriffen war, sich
um volle zwei Meilen von dem trefflich gelegenen Velencze nach
Marosvasar zurückgezogen haben sollte. Dies aber ist das
letzte zuverläßige Ergebniß der taktischen Bewegungen beider
Heere. Es wird hier ebenfalls ausgesprengt, Jellachich habe sich
mit seinen Truppen bis nach Raab geworfen, und es sey dieses
Ergebniß die Folge eines bedeutenden Siegs. Wir haben aus gu-
ter Quelle erfahren, das es den Croaten gelungen ist, sich nicht
blos der Stuhlweißenburger, sondern auch der Wien=Ofener
Straße zu bemächtigen. Die Haltung des „Pesther Bülletins“
verräth deutlich, daß die Operation gegen den linken Flügel der
croatischen Armee, auf welche man sich zu Pesth so viel zu gute
thut, im Ganzen genommen nur eine sehr unbedeutende ist.
Gestern Nachmittags kamen noch vier Schiffe mit Flüchtlingen
von Pesth hier an. Aus den Mittheilungen der letzteren erhellt,
daß zwar das auf der gestrigen Börse verbreitete Gerücht hin-
sichtlich der Einnahme Ofens voreilig war, daß aber die
Angst und Besorgniß dieserhalb groß und allgemein war.
Nach eben eingehenden Nachrichten brach vorgestern aus Pesth
der Landsturm auf, um nach dem Lager bei Marosvasar zu ziehen.
Es war in der Nationalversammlung auf Antrag des Landesver-
theidigungsausschusses gesagt worden, daß das Heer vorzugs-
weise der Verstärkung durch Massen bedürfe, und der Patriotis-
mus setzte sofort große Menschenhaufen in Bewegung. Ob sie
bei ihrer Kriegsunkundigkeit im offenen Felde zu brauchen seyn
werden, ist sehr zu bezweifeln. Neuestes. Am Schlusse unseres
Berichts sind noch keine entscheidenden Nachrichten aus Ungarn
hier eingetroffen. Doch ward mit vieler Bestimmtheit versichert,
ein dreitägiger Waffenstillstand sey abgeschlossen wor-
den. Auch erzählt man, Graf Edmund Zichy sey nach seiner
Gefangennehmung vom Volke aufgehängt worden. [ Es ist nicht
wahr! ] Hier erwartet man das neue contrasignirte Manifest an
die Ungarn.

Wien 3. October. ( O. P. A. Z. ) Von hier aus sind heute
Nachts österreichische Truppen nach Ungarn geschickt worden.
Man erwartet jeden Augenblick kaiserliche Manifeste, vermöge
welcher die Magyaren, die mit denselben vereinigten Soldaten
und vor Allen Kossuth als Rebellen erklärt werden. — Die
obern Comitate in Ungarn sollen sich größtentheils für die Ma-
gyaren erklärt haben. — Jn Lemberg, wo es jetzt von polnischen
Offizieren, die in französischen Diensten gestanden haben, wim-
melt, haben sich Freischaaren gebildet, welche aus Studenten und
Handwerkern bestehen. Sie ziehen unter Anführung der zurückge-
kehrten polnischen Offiziere den Magyaren zu Hülfe.

Auch die Berichte der „Allgemeinen Zeitung“ vom 3. melden
noch nichts Entscheidendes. Zwischen Wien und Pesth waren alle
Postverbindungen abgebrochen. Esunterliegt übrigens keinem Zwei-
fel, daß Jellachich am 30. im Nachtheil war. Sein linker
Flügel war, laut Nachrichten, die im Kriegsministerium einge-
troffen waren, vollkommen aufgelöst. Auch wurden Truppen
von Wien zu Jellachichs Verstärkung hinabgeschickt. Doch ist
sehr zweifelhaft, ob sie das Gros der Armee erreichen werden.
Ein ins croatische Hauptquartier vorgestern aus dem hiesigen
Kriegsministerium mit Depeschen abgeschickter Capitän kam heute
früh mit denselben wieder zurück — er hatte es umsonst versucht
an vier verschiedenen Stellen zur Armee zu gelangen, es war
ihm unmöglich! Ueberall waren die Bauern aufgestanden.

√ Mainz 8. October. Der Bericht über die Rede Balzers
in Nr. 102. dieser Blätter bedarf einer Berichtigung. Es ist dort
„von einem kirchlichen Sturme aus den zwanziger Jahren, von
dem Blendlicht einer falschen Wissenschaft“ die Rede, welches der
Referent in einer Parenthese als „Hermesianismus“ bezeichnet.
Professor Balzer dachte indessen nur an die Theinerschen
Wühlereien,
da ja der Hermesianismus, welcher Breslar
überhaupt wenig berührt hat, erst nach dem Jahre 1836 zum
Aergerniß geworden ist. Von Hermesianismus war in den Ver-
handlungen nirgends die Rede.

[Spaltenumbruch]
Frankreich.

* * * Paris 5. October. Jn der gestrigen Sitzung votirte die
Kammer eine ganze Reihe von Artikeln der neuen Constitution,
der bedeutendste ist jedenfalls derjenige, durch welchen die schon so
lange obschwebende Frage der Jncompatibilitäten gelöst worden
ist: es kann künftig kein Beamter mehr Abgeordne-
ter werden.
Tiefer blickende Männer wünschen, man hätte
blos die Verwaltungsbeamten, die bekanntlich in Frankreich jeden
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sen, während jetzt dieses Schicksal mit wenigen Ausnahmen auch
die Justizbeamten trifft, die völlig unabhängig sind und in ihren
Reihen sehr viele Männer zählen, deren Einsicht und Bürger-
tugend für die Kammer sehr heilsame Elemente wären. Jch lasse
nun die Artikel aufeinander folgen, wie sie der Reihe nach erle-
digt worden sind. Art. 28. Jedes bezahlte öffentliche Amt ist unver-
traglich mit dem Mandate eines Repräsentanten. Die Ausnahmen
werden durch das Wahlgesetz näher bestimmt werden. Kein Mit-
glied der Nationalversammlung kann während der Dauer seiner
gesetzgeberischen Thätigkeit zu einem öffentlichen Amte befördert
werden, dessen Jnhaber von der öffentlichen Gewalt nach ihrem
Gutdünken gewählt wird. Art. 29. Die Bestimmungen des vor-
hergehenden Artikels sind auf die zur Revision der Verfassung
gewählten Versammlungen nicht anwendbar. Art. 30. Die Na-
tionalversammlung wird auf drei Jahre gewählt und erneuert sich
jedesmal vollständig. [ Der Artikel war schon früher genehmigt
worden. ] Art. 31. Sie ist permanent, kann sich aber auf eine von
ihr zu bestimmende Zeit vertagen. Während der Dauer dieser
Vertagung hat eine aus den Mitgliedern des Bureaus und fünf-
undzwanzig von der Nationalversammlung gewählten Repräsen-
tanten bestehende Commission das Recht, sie in dringenden Fällen
wieder zusammenzuberufen. Auch der Präsident der Republik hat
das Recht, die Versammlung zu berufen. Die Nationalversamm-
lung bestimmt den Ort ihrer Sitzungen; sie bestimmt die Zahl
und Bedeutung der militärischen Kräfte, die zu ihrer Sicherheit
und zur Aufrechthaltung der ihr gebührenden Ehrfurcht an dem
Orte, wo sie ihre Sitzungen hält, und wo sie über diese Streit-
kräfte verfügen kann, aufgestellt werden sollen. Art. 32. Die Ab-
geordneten sind stets wieder wählbar. Art. 33. Die Mitglieder
der Nationalversammlung sind nicht die Repräsentanten des De-
partements, welches sie ernennt, sondern von ganz Frankreich.
Art. 34. Sie können [ von ihren Wählern ] kein imperatives Man-
dat empfangen [ so daß sie nach Vorschrift derselben stimmen müß-
ten ] . Art. 35. Die Repräsentanten des Volkes sind unverletzlich.
Sie können zu keiner Zeit aufgesucht, angeklagt und verurtheilt
werden wegen der Ansichten, die sie im Schooße der Nationalver-
sammlung ausgesprochen haben. Art. 36. Jn criminellen Fällen
können sie, mit Ausnahme des Ertappens auf frischer That, nur dann
verhaftet und verfolgt werden, wenn die Versammlung die gerichtli-
che Verfolgung gestattet hat. Das Ertappen auf frischer That soll
der Versammlung sofort gemeldet werden, welche die Verhaft-
nehmung aufrecht erhalten oder anulliren wird. Art. 37. Jeder
Volksrepräsentant empfängt eine Entschädigung, auf welche er
nicht verzichten kann. Art. 38. Die Sitzungen der Versammlung
sind öffentlich. Die Versammlung kann sich indessen, auf Ver-
langen der durch das Reglement bestimmten Anzahl von Reprä-
sentanten, als geheimes Comit é constituiren. Art. 39. Zur Gül-
tigkeit einer Abstimmung über Gesetze ist die Anwesenheit der Hälfte
der Mitglieder und Eines darüber nothwendig. Art. 40. Gesetze kön-
nen, mit Ausnahme dringlicher Fälle, nur nach dreimaliger Berath-
ung definitiv votirt werden und zwar in Zwischenräumen, die nicht ge-
ringer seyn dürfen als fünf Tage. Art. 41. bezieht sich auf die Ge-
schäftsordnung, auf die Behandlung der für dringlich erklärten Vor-
schläge. So weit kam die Kammer in einer einzigen Sitzung, was
freilich darin seine Erklärung findet, daß in allen diesen Artikeln
Dinge erledigt werden, die früher schon Jahrelang verhandelt
worden sind und jetzt nur kurz formulirt zu werden brauchten. Vor
der Thüre steht nun Art. 42., welcher die Wahl des Präsi-
denten
der Nationalversammlung regeln soll. Die Debatte
darüber wird wenigstens drei Tage dauern.

Wie es jetzt heißt, soll Oesterreich das Anerbieten der englisch-
französischen Vermittlung in Jtalien völlig abgelehnt ha-
ben.
Man erklärt sich diese überraschende Neuigkeit damit, daß
[Ende Spaltensatz]

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[0005] Erste Beilage zum Mainzer Journal. Nro 106. Sonntag, den 8. October. 1848. Deutschland. Wien 3. October. ( Sten. C. ) Die Gerüchte über die unga- rischen Vorgänge durchkreuzen und widersprechen sich. Der Ken- ner strategischer Bewegungen kann sich nur an unleugbare That- sachen halten. Und da erscheint es unbegreiflich, weßhalb die un- garische Armee, wenn sie wirklich im Siegen begriffen war, sich um volle zwei Meilen von dem trefflich gelegenen Velencze nach Marosvasar zurückgezogen haben sollte. Dies aber ist das letzte zuverläßige Ergebniß der taktischen Bewegungen beider Heere. Es wird hier ebenfalls ausgesprengt, Jellachich habe sich mit seinen Truppen bis nach Raab geworfen, und es sey dieses Ergebniß die Folge eines bedeutenden Siegs. Wir haben aus gu- ter Quelle erfahren, das es den Croaten gelungen ist, sich nicht blos der Stuhlweißenburger, sondern auch der Wien=Ofener Straße zu bemächtigen. Die Haltung des „Pesther Bülletins“ verräth deutlich, daß die Operation gegen den linken Flügel der croatischen Armee, auf welche man sich zu Pesth so viel zu gute thut, im Ganzen genommen nur eine sehr unbedeutende ist. Gestern Nachmittags kamen noch vier Schiffe mit Flüchtlingen von Pesth hier an. Aus den Mittheilungen der letzteren erhellt, daß zwar das auf der gestrigen Börse verbreitete Gerücht hin- sichtlich der Einnahme Ofens voreilig war, daß aber die Angst und Besorgniß dieserhalb groß und allgemein war. Nach eben eingehenden Nachrichten brach vorgestern aus Pesth der Landsturm auf, um nach dem Lager bei Marosvasar zu ziehen. Es war in der Nationalversammlung auf Antrag des Landesver- theidigungsausschusses gesagt worden, daß das Heer vorzugs- weise der Verstärkung durch Massen bedürfe, und der Patriotis- mus setzte sofort große Menschenhaufen in Bewegung. Ob sie bei ihrer Kriegsunkundigkeit im offenen Felde zu brauchen seyn werden, ist sehr zu bezweifeln. Neuestes. Am Schlusse unseres Berichts sind noch keine entscheidenden Nachrichten aus Ungarn hier eingetroffen. Doch ward mit vieler Bestimmtheit versichert, ein dreitägiger Waffenstillstand sey abgeschlossen wor- den. Auch erzählt man, Graf Edmund Zichy sey nach seiner Gefangennehmung vom Volke aufgehängt worden. [ Es ist nicht wahr! ] Hier erwartet man das neue contrasignirte Manifest an die Ungarn. Wien 3. October. ( O. P. A. Z. ) Von hier aus sind heute Nachts österreichische Truppen nach Ungarn geschickt worden. Man erwartet jeden Augenblick kaiserliche Manifeste, vermöge welcher die Magyaren, die mit denselben vereinigten Soldaten und vor Allen Kossuth als Rebellen erklärt werden. — Die obern Comitate in Ungarn sollen sich größtentheils für die Ma- gyaren erklärt haben. — Jn Lemberg, wo es jetzt von polnischen Offizieren, die in französischen Diensten gestanden haben, wim- melt, haben sich Freischaaren gebildet, welche aus Studenten und Handwerkern bestehen. Sie ziehen unter Anführung der zurückge- kehrten polnischen Offiziere den Magyaren zu Hülfe. Auch die Berichte der „Allgemeinen Zeitung“ vom 3. melden noch nichts Entscheidendes. Zwischen Wien und Pesth waren alle Postverbindungen abgebrochen. Esunterliegt übrigens keinem Zwei- fel, daß Jellachich am 30. im Nachtheil war. Sein linker Flügel war, laut Nachrichten, die im Kriegsministerium einge- troffen waren, vollkommen aufgelöst. Auch wurden Truppen von Wien zu Jellachichs Verstärkung hinabgeschickt. Doch ist sehr zweifelhaft, ob sie das Gros der Armee erreichen werden. Ein ins croatische Hauptquartier vorgestern aus dem hiesigen Kriegsministerium mit Depeschen abgeschickter Capitän kam heute früh mit denselben wieder zurück — er hatte es umsonst versucht an vier verschiedenen Stellen zur Armee zu gelangen, es war ihm unmöglich! Ueberall waren die Bauern aufgestanden. √ Mainz 8. October. Der Bericht über die Rede Balzers in Nr. 102. dieser Blätter bedarf einer Berichtigung. Es ist dort „von einem kirchlichen Sturme aus den zwanziger Jahren, von dem Blendlicht einer falschen Wissenschaft“ die Rede, welches der Referent in einer Parenthese als „Hermesianismus“ bezeichnet. Professor Balzer dachte indessen nur an die Theinerschen Wühlereien, da ja der Hermesianismus, welcher Breslar überhaupt wenig berührt hat, erst nach dem Jahre 1836 zum Aergerniß geworden ist. Von Hermesianismus war in den Ver- handlungen nirgends die Rede. Frankreich. * * * Paris 5. October. Jn der gestrigen Sitzung votirte die Kammer eine ganze Reihe von Artikeln der neuen Constitution, der bedeutendste ist jedenfalls derjenige, durch welchen die schon so lange obschwebende Frage der Jncompatibilitäten gelöst worden ist: es kann künftig kein Beamter mehr Abgeordne- ter werden. Tiefer blickende Männer wünschen, man hätte blos die Verwaltungsbeamten, die bekanntlich in Frankreich jeden Augenblick abgesetzt werden können, aus der Kammer ausgeschlos- sen, während jetzt dieses Schicksal mit wenigen Ausnahmen auch die Justizbeamten trifft, die völlig unabhängig sind und in ihren Reihen sehr viele Männer zählen, deren Einsicht und Bürger- tugend für die Kammer sehr heilsame Elemente wären. Jch lasse nun die Artikel aufeinander folgen, wie sie der Reihe nach erle- digt worden sind. Art. 28. Jedes bezahlte öffentliche Amt ist unver- traglich mit dem Mandate eines Repräsentanten. Die Ausnahmen werden durch das Wahlgesetz näher bestimmt werden. Kein Mit- glied der Nationalversammlung kann während der Dauer seiner gesetzgeberischen Thätigkeit zu einem öffentlichen Amte befördert werden, dessen Jnhaber von der öffentlichen Gewalt nach ihrem Gutdünken gewählt wird. Art. 29. Die Bestimmungen des vor- hergehenden Artikels sind auf die zur Revision der Verfassung gewählten Versammlungen nicht anwendbar. Art. 30. Die Na- tionalversammlung wird auf drei Jahre gewählt und erneuert sich jedesmal vollständig. [ Der Artikel war schon früher genehmigt worden. ] Art. 31. Sie ist permanent, kann sich aber auf eine von ihr zu bestimmende Zeit vertagen. Während der Dauer dieser Vertagung hat eine aus den Mitgliedern des Bureaus und fünf- undzwanzig von der Nationalversammlung gewählten Repräsen- tanten bestehende Commission das Recht, sie in dringenden Fällen wieder zusammenzuberufen. Auch der Präsident der Republik hat das Recht, die Versammlung zu berufen. Die Nationalversamm- lung bestimmt den Ort ihrer Sitzungen; sie bestimmt die Zahl und Bedeutung der militärischen Kräfte, die zu ihrer Sicherheit und zur Aufrechthaltung der ihr gebührenden Ehrfurcht an dem Orte, wo sie ihre Sitzungen hält, und wo sie über diese Streit- kräfte verfügen kann, aufgestellt werden sollen. Art. 32. Die Ab- geordneten sind stets wieder wählbar. Art. 33. Die Mitglieder der Nationalversammlung sind nicht die Repräsentanten des De- partements, welches sie ernennt, sondern von ganz Frankreich. Art. 34. Sie können [ von ihren Wählern ] kein imperatives Man- dat empfangen [ so daß sie nach Vorschrift derselben stimmen müß- ten ] . Art. 35. Die Repräsentanten des Volkes sind unverletzlich. Sie können zu keiner Zeit aufgesucht, angeklagt und verurtheilt werden wegen der Ansichten, die sie im Schooße der Nationalver- sammlung ausgesprochen haben. Art. 36. Jn criminellen Fällen können sie, mit Ausnahme des Ertappens auf frischer That, nur dann verhaftet und verfolgt werden, wenn die Versammlung die gerichtli- che Verfolgung gestattet hat. Das Ertappen auf frischer That soll der Versammlung sofort gemeldet werden, welche die Verhaft- nehmung aufrecht erhalten oder anulliren wird. Art. 37. Jeder Volksrepräsentant empfängt eine Entschädigung, auf welche er nicht verzichten kann. Art. 38. Die Sitzungen der Versammlung sind öffentlich. Die Versammlung kann sich indessen, auf Ver- langen der durch das Reglement bestimmten Anzahl von Reprä- sentanten, als geheimes Comit é constituiren. Art. 39. Zur Gül- tigkeit einer Abstimmung über Gesetze ist die Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder und Eines darüber nothwendig. Art. 40. Gesetze kön- nen, mit Ausnahme dringlicher Fälle, nur nach dreimaliger Berath- ung definitiv votirt werden und zwar in Zwischenräumen, die nicht ge- ringer seyn dürfen als fünf Tage. Art. 41. bezieht sich auf die Ge- schäftsordnung, auf die Behandlung der für dringlich erklärten Vor- schläge. So weit kam die Kammer in einer einzigen Sitzung, was freilich darin seine Erklärung findet, daß in allen diesen Artikeln Dinge erledigt werden, die früher schon Jahrelang verhandelt worden sind und jetzt nur kurz formulirt zu werden brauchten. Vor der Thüre steht nun Art. 42., welcher die Wahl des Präsi- denten der Nationalversammlung regeln soll. Die Debatte darüber wird wenigstens drei Tage dauern. Wie es jetzt heißt, soll Oesterreich das Anerbieten der englisch- französischen Vermittlung in Jtalien völlig abgelehnt ha- ben. Man erklärt sich diese überraschende Neuigkeit damit, daß

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 106. Mainz, 7. Oktober 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal106_1848/5>, abgerufen am 21.11.2024.