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Mainzer Journal. Nr. 107. Mainz, 9. Oktober 1848.

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[Beginn Spaltensatz] keit ihrer Worte, die aber bei jenen in die Wunden nicht Linder-
ung träuflen, sondern aufreizendes Gift. Wir müssen durchaus
gute Bücher und Zeitungen unterstützen und verbreiten, nicht blos
mit materiellen Mitteln, mit geistigen auch, wir müssen schreiben.
Meine Herren! Mein Herz ist tief bewegt über die Einmüthig-
keit dieser Versammlung, über dieses natürliche Einverständniß.
Wir werden Gefühle mitbringen nach Tyrol, die gewiß über-
all Begeisterung und Hoffnung verbreiten. Besonders ehren-
werth ist uns aber auch dieser Kranz von Frauen. Viele
wissen nicht, wie viel Gutes wir den frommen, heiligen Frauen
der Vorzeit in Tyrol, und was wir überall auch den Frau-
en der Gegenwart verdanken, die im Stillen den Glauben pflegen.
Das ist der letzte Wunsch, der herzlichste Scheidegruß, den ich
Jhnen zurufen kann: Einheit im Glauben, in Wahrheit und Liebe!

Dr. Sepp von München: Wenn ich in diesem ereignißwich-
tigen Momente noch ein kurzes Wort reden soll, so kann ich nicht,
wie meine Vorgänger, frohe Botschaft bringen vom fröhlichen
Aufblühen dieses Vereines in Bayern, das als das katholische
doch sonst gepriesen war. Jch stehe da als ein Hülfeflehender, der
seinem Vaterland diese Vereine anzueignen wünschte. Jch habe
die Piusvereine wenig gekannt, ich wußte nur, daß der erste in
Mainz gegründet worden. Jn Mainz -- das genügte mir, gab
mir Vertrauen und Zuversicht. Das ist ja die apostolische Stadt
Deutschlands! Mag Köln mit seinem Dom, mit seinen Heilig-
thümern, sich die heilige nennen, mag Trier den Ruhm behaup-
ten, die ältste Stadt des Abendlandes zu seyn, Mainz ist die apo-
stolische, die Wiege der apostolisch=deutschen Kirche. Von hier aus
ist durch Bonifacius die kirchliche Verfassung Deutschlands ausge-
gangen, lange vor der politischen Karls des Großen. Nein, nicht
über Deutschland; Deutschland war damals noch nicht; erst von
Mainz aus ist unserer Nation ihr Name gegeben worden. Eine
Diöcese nach der andern, ein Volksstamm nach dem andern, ist
von hier aus in die deutsche Volkskörperschaft hereingezogen
worden. Allen, welche die lingua tiudisca reden, hat erst Boni-
facius den Namen deutsches Volk, deutsches Land, gegeben. Da-
rum empfand ich große Freude schon über den Ort der Vereinigung.
Es scheint, die alten Franken haben eine Selbstständigkeit sich ge-
wahrt, wie die neuen, sie haben vor den deutschen Stämmen den
Vortritt geübt, wie damals der kirchlich=politische Bau Deutsch-
lands von ihnen ausgegangen, so heute der Gedanke des Wieder-
aufbaues. Bald wird die deutsche Geschichte Ein Morgen, Ein
Tag seyn, ausgegangen von Einem Ost. Möchte doch diese neue
Völkervereinigung über das ganze Deutschland ihre Wohlthaten
verbreiten!

Unsere Zeit verlangt Reform an Haupt und Gliedern, aber
diesmal für den Staat. Da meinen nun Einige, man solle blos
die Glieder walten lassen, Andere glauben, die Häupter gehörten
doch auch noch zum ganzen Leibe. Doch auch im kirchlichen Ge-
biet erschallt der Ruf nach Reformen, aber nicht von der Seite,
woher er schallen sollte. Die da vorgeben, die Kirche reformiren
zu wollen an Haupt und Gliedern, die möchten sie lieber -- ent-
haupten. Die Kirche bedarf sie nicht, sie hat sich immer aus sich
selbst heraus reformirt durch Männer wie Bernardus, wie Karl
Borromäus gewesen. Diesmal nun tritt die Gemeinde selbst ein
für Erneuerung ihrer Gesundheit, ihrer Lebenskraft. Aber nicht
in Entfremdung und Trennung vom Haupte, nicht in Losschälung
vom Weinstocke, vom großen Baume der heiligen Kirche. Wir
bedürfen dieser Reform, es schien das kirchliche Leben in den Herz-
punkt der Seelen sich zurückgezogen zu haben. Da mußten starke
Stürme kommen, um es herauszufodern. Sie sind gekommen und
sie stehen uns wieder bevor. Wenn in dieser anarchischen Ver-
wirrung der Zeit die Religion nicht unser Vaterland rettet, dann
weiß ich keine andere Rettung. Diese Vereine, ich hoffe, einstige
Stützpunkte der erschütterten Ordnung, ich nehme sie in meinem
Herzen mit nach Bayern, wo ich sie einpflanzen will.

Hier ist die richtige Freiheit, hier ist die politische Stellung be-
zeichnet worden, für die ich auch dort einstehen, die ich den
dortigen Gemeinden ans Herz legen, bei ihnen ei ürgern
möchte, damit nicht das Wohl des Volkes ausschließlich abhänge
von der Anwendbarkeit der Beschlüsse, welche in kirchlicher Be-
ziehung die deutsche Nationalversammlung gefaßt hat. Wer nicht
sammelt, der zerstreut! Darum sammeln wir uns, damit wir
nicht zerstreut werden. So biete das katholische Deutschland die
Grundlagen dar zu Dem, was wir Alle herbeisehnen. Gebe
Gott Seinen Segen zum heiligen, römischen Reiche deutscher
Nation! Jst dieses wieder erstanden, dann mag auch Mainz
wieder eintreten in seine alten Ehren und Reichswürden! Treffend
sind als Rettungsmittel Wohlthätigkeit, christliche, demüthige Wohl-
thätigkeit bezeichnet worden. Jch glaube, es fehlt nicht an Wohl-
thätigkeitssinn in unserer Zeit, auch nicht an Demuth, aber an
[Spaltenumbruch] Muth fehlt es: Muth thut uns vor Allem Noth; meine Herren,
haben wir Muth!

( Fortsetzung folgt. )



Deutschland.

Wien 4. Oktober. ( A. Z. ) Die Vermuthung, welche ich in
meinem gestrigen Briefe ausgesprochen, daß sich Jellachich in der
Absicht gegen Raab zurückgezogen habe, um Hülfe von österrei-
chischer Seite zu erwarten, geht in Erfüllung. Bereits ist ein
Corps organisirt, welches ihm zu Hülfe zieht. Es besteht aus
20 Bataillons, 2 Batterien und einem Regiment Cavallerie. Ein
Manifest sollte gestern nach Ungarn abgehen, welches alle Mili-
tär- und Civilgewalt in Jellachichs Hände legt und alle nicht vom
König sanctionirten Gesetze für ungültig erklärt. Ein Privatbrief,
welcher heute Morgen aus Pesth hier eingelangt, meldet, daß die
einzelnen Vortheile, welche die Ungarn über Jellachich errungen,
eine höchst kriegerische Stimmung in Pesth hervorgerufen, und
daß alles zu den Waffen greife, selbst die Verzagtesten. Er meldet
ferner, daß Jellachich durch die äußerst schwierige Stellung, in
welche er durch das allseitige Erheben des magyarischen Land-
sturmes in den Comitaten, die er hinter sich gelassen, versetzt
worden sey, wie durch die ungeheure Macht, welche den Magyaren
zu Gebote stehe, gezwungen worden sey, seine Stellung aufzuge-
ben, und daß seine Mannschaft in der größten Verwirrung sich
zurückziehe. Bestimmt ist, daß die magyarischen Bauern sich aller-
wärts erheben aus Furcht, von den Croaten geplündert zu wer-
den. Man schlägt die Zahl der im Lande bewaffneten Bauern auf
einige hunderttausend an. Jellachich leidet Mangel an Lebens-
mitteln. Der Graf Georg Zichy ist auf der Donauinsel Chapel
aufgehängt worden, Eugen Zichy ist in Gefangenschaft bei den
Magyaren. Man beschuldigt sie, mit Jellachich in Einverständniß
gehandelt zu haben. Graf Edmund Zichy, welcher vogelfrei er-
klärt wurde, ist gestern Abend in Wien angekommen. -- Die hie-
sigen Gemeindewahlen nehmen einen guten Fortgang. Bezeichnend
ist es für die Vorstädte, daß man in ihnen viele radicale Mit-
glieder des ehemaligen Sicherheitsausschusses gewählt hat.

Wien 4. Oktober. ( A. Z. ) Diese Nacht hatte der Kaiser das
Manifest gezeichnet, welches Jellachich zum Civil= und Militär-
gouverneur von Ungarn ernannte, die Kammern auflöste und
das ganze Königreich dem Kriegsgesetze unterwarf. Es war strenge
Vorsorge getroffen, daß keine Exemplare aus der kaiserlichen
Druckerei entfernt würden, ehe dieß Manifest in Jellachichs Hände
gekommen. Da kamen diesen Morgen sehr schlechte Nachrichten
von Jellachichs Armee. Sein Centrum war zersprengt; 6000
Gränzer hatten sich auf Raab zurückgezogen. Außerdem kam ein
hoher österreichischer Officier an, es soll der Commandant von
Comorn gewesen seyn, der seine Relation mit den Worten begann:
Wäre Jellachich selbst ein Feldherr wie Napoleon, er entginge
dem Verderben dennoch nicht, denn es umzingelt ihn ein Land-
sturm, wie er noch niemals gesehen wurde; wenn zehn fielen,
stünden hundert dafür auf. Alle Marodeurs werden niederge-
macht, es ist ein Kampf des Einzelnen gegen den Einzelnen
Auf diese Nachrichten hin ward das Manifest zurückgenommen.
Was man in dieser Lage thun will, das wissen die Götter.

Wien 4. Oktober. ( A. Z. ) Jn Pesth sind alle Läden ge-
schlossen, die Nationalgarde Tag und Nacht unter den Waffen
und jeder Wehrfähige gehalten, sich einzureihen. Vom Kriegs-
schauplatze selbst noch immer keine officielen Berichte. Eine heute
aus Raab hier eingetroffene Estaffette brachte die überraschende
Nachricht, daß ein Corps der croatischen Armee von 8000 Mann
daselbst eingerückt ist. Ueber die Absicht, welche Jellachich mit
dieser Bewegung verbindet, oder ob er sie, was jedoch unwahr-
scheinlich ist, nothgedrungen unternommen hat, darüber herrschen
nur unsichere Vermuthungen. Jndessen sollen mehrere kleinere
Truppenabtheilungen von Mähren aus, auf dem Marsch nach
Ungarn begriffen seyn. Vielleicht sollen diese sich mit Jellachich
vereinigen.

Prag 4. Oktober. ( A. Z. ) Die Ereignisse in Ungarn beschäf-
tigen alle Gemüther; jeder fühlt, daß wir an einem Wendepunkte
im neuen Staatsleben Oesterreichs angekommen sind. Eine heute
früh angekommene Nachricht verkündet die Niederlage der Croaten
bei Ofen, eine andere läßt das Treffen unentschieden und spricht
von einem zweitägigen Waffenstillstand. Gewiß ist, daß die öster-
reichische Regierung sich auf alle Fälle vorbereitet; Nachts kam
der telegraphische Befehl hierher, daß das Regiment Wellington
auf der Eisenbahn abgehen soll, da es aber nicht ganz adjustirt
ist, so werde heute Abends zwei Bataillone von Khevenhüller auf
der Eisenbahn befördert werden, wohin zunächst wissen die Offi-
ciere selbst nicht anzugeben.

Berlin 4. October. ( N. C. ) Schon die letzten Kammerver-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] keit ihrer Worte, die aber bei jenen in die Wunden nicht Linder-
ung träuflen, sondern aufreizendes Gift. Wir müssen durchaus
gute Bücher und Zeitungen unterstützen und verbreiten, nicht blos
mit materiellen Mitteln, mit geistigen auch, wir müssen schreiben.
Meine Herren! Mein Herz ist tief bewegt über die Einmüthig-
keit dieser Versammlung, über dieses natürliche Einverständniß.
Wir werden Gefühle mitbringen nach Tyrol, die gewiß über-
all Begeisterung und Hoffnung verbreiten. Besonders ehren-
werth ist uns aber auch dieser Kranz von Frauen. Viele
wissen nicht, wie viel Gutes wir den frommen, heiligen Frauen
der Vorzeit in Tyrol, und was wir überall auch den Frau-
en der Gegenwart verdanken, die im Stillen den Glauben pflegen.
Das ist der letzte Wunsch, der herzlichste Scheidegruß, den ich
Jhnen zurufen kann: Einheit im Glauben, in Wahrheit und Liebe!

Dr. Sepp von München: Wenn ich in diesem ereignißwich-
tigen Momente noch ein kurzes Wort reden soll, so kann ich nicht,
wie meine Vorgänger, frohe Botschaft bringen vom fröhlichen
Aufblühen dieses Vereines in Bayern, das als das katholische
doch sonst gepriesen war. Jch stehe da als ein Hülfeflehender, der
seinem Vaterland diese Vereine anzueignen wünschte. Jch habe
die Piusvereine wenig gekannt, ich wußte nur, daß der erste in
Mainz gegründet worden. Jn Mainz — das genügte mir, gab
mir Vertrauen und Zuversicht. Das ist ja die apostolische Stadt
Deutschlands! Mag Köln mit seinem Dom, mit seinen Heilig-
thümern, sich die heilige nennen, mag Trier den Ruhm behaup-
ten, die ältste Stadt des Abendlandes zu seyn, Mainz ist die apo-
stolische, die Wiege der apostolisch=deutschen Kirche. Von hier aus
ist durch Bonifacius die kirchliche Verfassung Deutschlands ausge-
gangen, lange vor der politischen Karls des Großen. Nein, nicht
über Deutschland; Deutschland war damals noch nicht; erst von
Mainz aus ist unserer Nation ihr Name gegeben worden. Eine
Diöcese nach der andern, ein Volksstamm nach dem andern, ist
von hier aus in die deutsche Volkskörperschaft hereingezogen
worden. Allen, welche die lingua tiudisca reden, hat erst Boni-
facius den Namen deutsches Volk, deutsches Land, gegeben. Da-
rum empfand ich große Freude schon über den Ort der Vereinigung.
Es scheint, die alten Franken haben eine Selbstständigkeit sich ge-
wahrt, wie die neuen, sie haben vor den deutschen Stämmen den
Vortritt geübt, wie damals der kirchlich=politische Bau Deutsch-
lands von ihnen ausgegangen, so heute der Gedanke des Wieder-
aufbaues. Bald wird die deutsche Geschichte Ein Morgen, Ein
Tag seyn, ausgegangen von Einem Ost. Möchte doch diese neue
Völkervereinigung über das ganze Deutschland ihre Wohlthaten
verbreiten!

Unsere Zeit verlangt Reform an Haupt und Gliedern, aber
diesmal für den Staat. Da meinen nun Einige, man solle blos
die Glieder walten lassen, Andere glauben, die Häupter gehörten
doch auch noch zum ganzen Leibe. Doch auch im kirchlichen Ge-
biet erschallt der Ruf nach Reformen, aber nicht von der Seite,
woher er schallen sollte. Die da vorgeben, die Kirche reformiren
zu wollen an Haupt und Gliedern, die möchten sie lieber — ent-
haupten. Die Kirche bedarf sie nicht, sie hat sich immer aus sich
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Borromäus gewesen. Diesmal nun tritt die Gemeinde selbst ein
für Erneuerung ihrer Gesundheit, ihrer Lebenskraft. Aber nicht
in Entfremdung und Trennung vom Haupte, nicht in Losschälung
vom Weinstocke, vom großen Baume der heiligen Kirche. Wir
bedürfen dieser Reform, es schien das kirchliche Leben in den Herz-
punkt der Seelen sich zurückgezogen zu haben. Da mußten starke
Stürme kommen, um es herauszufodern. Sie sind gekommen und
sie stehen uns wieder bevor. Wenn in dieser anarchischen Ver-
wirrung der Zeit die Religion nicht unser Vaterland rettet, dann
weiß ich keine andere Rettung. Diese Vereine, ich hoffe, einstige
Stützpunkte der erschütterten Ordnung, ich nehme sie in meinem
Herzen mit nach Bayern, wo ich sie einpflanzen will.

Hier ist die richtige Freiheit, hier ist die politische Stellung be-
zeichnet worden, für die ich auch dort einstehen, die ich den
dortigen Gemeinden ans Herz legen, bei ihnen ei ürgern
möchte, damit nicht das Wohl des Volkes ausschließlich abhänge
von der Anwendbarkeit der Beschlüsse, welche in kirchlicher Be-
ziehung die deutsche Nationalversammlung gefaßt hat. Wer nicht
sammelt, der zerstreut! Darum sammeln wir uns, damit wir
nicht zerstreut werden. So biete das katholische Deutschland die
Grundlagen dar zu Dem, was wir Alle herbeisehnen. Gebe
Gott Seinen Segen zum heiligen, römischen Reiche deutscher
Nation! Jst dieses wieder erstanden, dann mag auch Mainz
wieder eintreten in seine alten Ehren und Reichswürden! Treffend
sind als Rettungsmittel Wohlthätigkeit, christliche, demüthige Wohl-
thätigkeit bezeichnet worden. Jch glaube, es fehlt nicht an Wohl-
thätigkeitssinn in unserer Zeit, auch nicht an Demuth, aber an
[Spaltenumbruch] Muth fehlt es: Muth thut uns vor Allem Noth; meine Herren,
haben wir Muth!

( Fortsetzung folgt. )



Deutschland.

Wien 4. Oktober. ( A. Z. ) Die Vermuthung, welche ich in
meinem gestrigen Briefe ausgesprochen, daß sich Jellachich in der
Absicht gegen Raab zurückgezogen habe, um Hülfe von österrei-
chischer Seite zu erwarten, geht in Erfüllung. Bereits ist ein
Corps organisirt, welches ihm zu Hülfe zieht. Es besteht aus
20 Bataillons, 2 Batterien und einem Regiment Cavallerie. Ein
Manifest sollte gestern nach Ungarn abgehen, welches alle Mili-
tär- und Civilgewalt in Jellachichs Hände legt und alle nicht vom
König sanctionirten Gesetze für ungültig erklärt. Ein Privatbrief,
welcher heute Morgen aus Pesth hier eingelangt, meldet, daß die
einzelnen Vortheile, welche die Ungarn über Jellachich errungen,
eine höchst kriegerische Stimmung in Pesth hervorgerufen, und
daß alles zu den Waffen greife, selbst die Verzagtesten. Er meldet
ferner, daß Jellachich durch die äußerst schwierige Stellung, in
welche er durch das allseitige Erheben des magyarischen Land-
sturmes in den Comitaten, die er hinter sich gelassen, versetzt
worden sey, wie durch die ungeheure Macht, welche den Magyaren
zu Gebote stehe, gezwungen worden sey, seine Stellung aufzuge-
ben, und daß seine Mannschaft in der größten Verwirrung sich
zurückziehe. Bestimmt ist, daß die magyarischen Bauern sich aller-
wärts erheben aus Furcht, von den Croaten geplündert zu wer-
den. Man schlägt die Zahl der im Lande bewaffneten Bauern auf
einige hunderttausend an. Jellachich leidet Mangel an Lebens-
mitteln. Der Graf Georg Zichy ist auf der Donauinsel Chapel
aufgehängt worden, Eugen Zichy ist in Gefangenschaft bei den
Magyaren. Man beschuldigt sie, mit Jellachich in Einverständniß
gehandelt zu haben. Graf Edmund Zichy, welcher vogelfrei er-
klärt wurde, ist gestern Abend in Wien angekommen. — Die hie-
sigen Gemeindewahlen nehmen einen guten Fortgang. Bezeichnend
ist es für die Vorstädte, daß man in ihnen viele radicale Mit-
glieder des ehemaligen Sicherheitsausschusses gewählt hat.

Wien 4. Oktober. ( A. Z. ) Diese Nacht hatte der Kaiser das
Manifest gezeichnet, welches Jellachich zum Civil= und Militär-
gouverneur von Ungarn ernannte, die Kammern auflöste und
das ganze Königreich dem Kriegsgesetze unterwarf. Es war strenge
Vorsorge getroffen, daß keine Exemplare aus der kaiserlichen
Druckerei entfernt würden, ehe dieß Manifest in Jellachichs Hände
gekommen. Da kamen diesen Morgen sehr schlechte Nachrichten
von Jellachichs Armee. Sein Centrum war zersprengt; 6000
Gränzer hatten sich auf Raab zurückgezogen. Außerdem kam ein
hoher österreichischer Officier an, es soll der Commandant von
Comorn gewesen seyn, der seine Relation mit den Worten begann:
Wäre Jellachich selbst ein Feldherr wie Napoleon, er entginge
dem Verderben dennoch nicht, denn es umzingelt ihn ein Land-
sturm, wie er noch niemals gesehen wurde; wenn zehn fielen,
stünden hundert dafür auf. Alle Marodeurs werden niederge-
macht, es ist ein Kampf des Einzelnen gegen den Einzelnen
Auf diese Nachrichten hin ward das Manifest zurückgenommen.
Was man in dieser Lage thun will, das wissen die Götter.

Wien 4. Oktober. ( A. Z. ) Jn Pesth sind alle Läden ge-
schlossen, die Nationalgarde Tag und Nacht unter den Waffen
und jeder Wehrfähige gehalten, sich einzureihen. Vom Kriegs-
schauplatze selbst noch immer keine officielen Berichte. Eine heute
aus Raab hier eingetroffene Estaffette brachte die überraschende
Nachricht, daß ein Corps der croatischen Armee von 8000 Mann
daselbst eingerückt ist. Ueber die Absicht, welche Jellachich mit
dieser Bewegung verbindet, oder ob er sie, was jedoch unwahr-
scheinlich ist, nothgedrungen unternommen hat, darüber herrschen
nur unsichere Vermuthungen. Jndessen sollen mehrere kleinere
Truppenabtheilungen von Mähren aus, auf dem Marsch nach
Ungarn begriffen seyn. Vielleicht sollen diese sich mit Jellachich
vereinigen.

Prag 4. Oktober. ( A. Z. ) Die Ereignisse in Ungarn beschäf-
tigen alle Gemüther; jeder fühlt, daß wir an einem Wendepunkte
im neuen Staatsleben Oesterreichs angekommen sind. Eine heute
früh angekommene Nachricht verkündet die Niederlage der Croaten
bei Ofen, eine andere läßt das Treffen unentschieden und spricht
von einem zweitägigen Waffenstillstand. Gewiß ist, daß die öster-
reichische Regierung sich auf alle Fälle vorbereitet; Nachts kam
der telegraphische Befehl hierher, daß das Regiment Wellington
auf der Eisenbahn abgehen soll, da es aber nicht ganz adjustirt
ist, so werde heute Abends zwei Bataillone von Khevenhüller auf
der Eisenbahn befördert werden, wohin zunächst wissen die Offi-
ciere selbst nicht anzugeben.

Berlin 4. October. ( N. C. ) Schon die letzten Kammerver-
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[0002] keit ihrer Worte, die aber bei jenen in die Wunden nicht Linder- ung träuflen, sondern aufreizendes Gift. Wir müssen durchaus gute Bücher und Zeitungen unterstützen und verbreiten, nicht blos mit materiellen Mitteln, mit geistigen auch, wir müssen schreiben. Meine Herren! Mein Herz ist tief bewegt über die Einmüthig- keit dieser Versammlung, über dieses natürliche Einverständniß. Wir werden Gefühle mitbringen nach Tyrol, die gewiß über- all Begeisterung und Hoffnung verbreiten. Besonders ehren- werth ist uns aber auch dieser Kranz von Frauen. Viele wissen nicht, wie viel Gutes wir den frommen, heiligen Frauen der Vorzeit in Tyrol, und was wir überall auch den Frau- en der Gegenwart verdanken, die im Stillen den Glauben pflegen. Das ist der letzte Wunsch, der herzlichste Scheidegruß, den ich Jhnen zurufen kann: Einheit im Glauben, in Wahrheit und Liebe! Dr. Sepp von München: Wenn ich in diesem ereignißwich- tigen Momente noch ein kurzes Wort reden soll, so kann ich nicht, wie meine Vorgänger, frohe Botschaft bringen vom fröhlichen Aufblühen dieses Vereines in Bayern, das als das katholische doch sonst gepriesen war. Jch stehe da als ein Hülfeflehender, der seinem Vaterland diese Vereine anzueignen wünschte. Jch habe die Piusvereine wenig gekannt, ich wußte nur, daß der erste in Mainz gegründet worden. Jn Mainz — das genügte mir, gab mir Vertrauen und Zuversicht. Das ist ja die apostolische Stadt Deutschlands! Mag Köln mit seinem Dom, mit seinen Heilig- thümern, sich die heilige nennen, mag Trier den Ruhm behaup- ten, die ältste Stadt des Abendlandes zu seyn, Mainz ist die apo- stolische, die Wiege der apostolisch=deutschen Kirche. Von hier aus ist durch Bonifacius die kirchliche Verfassung Deutschlands ausge- gangen, lange vor der politischen Karls des Großen. Nein, nicht über Deutschland; Deutschland war damals noch nicht; erst von Mainz aus ist unserer Nation ihr Name gegeben worden. Eine Diöcese nach der andern, ein Volksstamm nach dem andern, ist von hier aus in die deutsche Volkskörperschaft hereingezogen worden. Allen, welche die lingua tiudisca reden, hat erst Boni- facius den Namen deutsches Volk, deutsches Land, gegeben. Da- rum empfand ich große Freude schon über den Ort der Vereinigung. Es scheint, die alten Franken haben eine Selbstständigkeit sich ge- wahrt, wie die neuen, sie haben vor den deutschen Stämmen den Vortritt geübt, wie damals der kirchlich=politische Bau Deutsch- lands von ihnen ausgegangen, so heute der Gedanke des Wieder- aufbaues. Bald wird die deutsche Geschichte Ein Morgen, Ein Tag seyn, ausgegangen von Einem Ost. Möchte doch diese neue Völkervereinigung über das ganze Deutschland ihre Wohlthaten verbreiten! Unsere Zeit verlangt Reform an Haupt und Gliedern, aber diesmal für den Staat. Da meinen nun Einige, man solle blos die Glieder walten lassen, Andere glauben, die Häupter gehörten doch auch noch zum ganzen Leibe. Doch auch im kirchlichen Ge- biet erschallt der Ruf nach Reformen, aber nicht von der Seite, woher er schallen sollte. Die da vorgeben, die Kirche reformiren zu wollen an Haupt und Gliedern, die möchten sie lieber — ent- haupten. Die Kirche bedarf sie nicht, sie hat sich immer aus sich selbst heraus reformirt durch Männer wie Bernardus, wie Karl Borromäus gewesen. Diesmal nun tritt die Gemeinde selbst ein für Erneuerung ihrer Gesundheit, ihrer Lebenskraft. Aber nicht in Entfremdung und Trennung vom Haupte, nicht in Losschälung vom Weinstocke, vom großen Baume der heiligen Kirche. Wir bedürfen dieser Reform, es schien das kirchliche Leben in den Herz- punkt der Seelen sich zurückgezogen zu haben. Da mußten starke Stürme kommen, um es herauszufodern. Sie sind gekommen und sie stehen uns wieder bevor. Wenn in dieser anarchischen Ver- wirrung der Zeit die Religion nicht unser Vaterland rettet, dann weiß ich keine andere Rettung. Diese Vereine, ich hoffe, einstige Stützpunkte der erschütterten Ordnung, ich nehme sie in meinem Herzen mit nach Bayern, wo ich sie einpflanzen will. Hier ist die richtige Freiheit, hier ist die politische Stellung be- zeichnet worden, für die ich auch dort einstehen, die ich den dortigen Gemeinden ans Herz legen, bei ihnen ei ürgern möchte, damit nicht das Wohl des Volkes ausschließlich abhänge von der Anwendbarkeit der Beschlüsse, welche in kirchlicher Be- ziehung die deutsche Nationalversammlung gefaßt hat. Wer nicht sammelt, der zerstreut! Darum sammeln wir uns, damit wir nicht zerstreut werden. So biete das katholische Deutschland die Grundlagen dar zu Dem, was wir Alle herbeisehnen. Gebe Gott Seinen Segen zum heiligen, römischen Reiche deutscher Nation! Jst dieses wieder erstanden, dann mag auch Mainz wieder eintreten in seine alten Ehren und Reichswürden! Treffend sind als Rettungsmittel Wohlthätigkeit, christliche, demüthige Wohl- thätigkeit bezeichnet worden. Jch glaube, es fehlt nicht an Wohl- thätigkeitssinn in unserer Zeit, auch nicht an Demuth, aber an Muth fehlt es: Muth thut uns vor Allem Noth; meine Herren, haben wir Muth! ( Fortsetzung folgt. ) Deutschland. Wien 4. Oktober. ( A. Z. ) Die Vermuthung, welche ich in meinem gestrigen Briefe ausgesprochen, daß sich Jellachich in der Absicht gegen Raab zurückgezogen habe, um Hülfe von österrei- chischer Seite zu erwarten, geht in Erfüllung. Bereits ist ein Corps organisirt, welches ihm zu Hülfe zieht. Es besteht aus 20 Bataillons, 2 Batterien und einem Regiment Cavallerie. Ein Manifest sollte gestern nach Ungarn abgehen, welches alle Mili- tär- und Civilgewalt in Jellachichs Hände legt und alle nicht vom König sanctionirten Gesetze für ungültig erklärt. Ein Privatbrief, welcher heute Morgen aus Pesth hier eingelangt, meldet, daß die einzelnen Vortheile, welche die Ungarn über Jellachich errungen, eine höchst kriegerische Stimmung in Pesth hervorgerufen, und daß alles zu den Waffen greife, selbst die Verzagtesten. Er meldet ferner, daß Jellachich durch die äußerst schwierige Stellung, in welche er durch das allseitige Erheben des magyarischen Land- sturmes in den Comitaten, die er hinter sich gelassen, versetzt worden sey, wie durch die ungeheure Macht, welche den Magyaren zu Gebote stehe, gezwungen worden sey, seine Stellung aufzuge- ben, und daß seine Mannschaft in der größten Verwirrung sich zurückziehe. Bestimmt ist, daß die magyarischen Bauern sich aller- wärts erheben aus Furcht, von den Croaten geplündert zu wer- den. Man schlägt die Zahl der im Lande bewaffneten Bauern auf einige hunderttausend an. Jellachich leidet Mangel an Lebens- mitteln. Der Graf Georg Zichy ist auf der Donauinsel Chapel aufgehängt worden, Eugen Zichy ist in Gefangenschaft bei den Magyaren. Man beschuldigt sie, mit Jellachich in Einverständniß gehandelt zu haben. Graf Edmund Zichy, welcher vogelfrei er- klärt wurde, ist gestern Abend in Wien angekommen. — Die hie- sigen Gemeindewahlen nehmen einen guten Fortgang. Bezeichnend ist es für die Vorstädte, daß man in ihnen viele radicale Mit- glieder des ehemaligen Sicherheitsausschusses gewählt hat. Wien 4. Oktober. ( A. Z. ) Diese Nacht hatte der Kaiser das Manifest gezeichnet, welches Jellachich zum Civil= und Militär- gouverneur von Ungarn ernannte, die Kammern auflöste und das ganze Königreich dem Kriegsgesetze unterwarf. Es war strenge Vorsorge getroffen, daß keine Exemplare aus der kaiserlichen Druckerei entfernt würden, ehe dieß Manifest in Jellachichs Hände gekommen. Da kamen diesen Morgen sehr schlechte Nachrichten von Jellachichs Armee. Sein Centrum war zersprengt; 6000 Gränzer hatten sich auf Raab zurückgezogen. Außerdem kam ein hoher österreichischer Officier an, es soll der Commandant von Comorn gewesen seyn, der seine Relation mit den Worten begann: Wäre Jellachich selbst ein Feldherr wie Napoleon, er entginge dem Verderben dennoch nicht, denn es umzingelt ihn ein Land- sturm, wie er noch niemals gesehen wurde; wenn zehn fielen, stünden hundert dafür auf. Alle Marodeurs werden niederge- macht, es ist ein Kampf des Einzelnen gegen den Einzelnen Auf diese Nachrichten hin ward das Manifest zurückgenommen. Was man in dieser Lage thun will, das wissen die Götter. Wien 4. Oktober. ( A. Z. ) Jn Pesth sind alle Läden ge- schlossen, die Nationalgarde Tag und Nacht unter den Waffen und jeder Wehrfähige gehalten, sich einzureihen. Vom Kriegs- schauplatze selbst noch immer keine officielen Berichte. Eine heute aus Raab hier eingetroffene Estaffette brachte die überraschende Nachricht, daß ein Corps der croatischen Armee von 8000 Mann daselbst eingerückt ist. Ueber die Absicht, welche Jellachich mit dieser Bewegung verbindet, oder ob er sie, was jedoch unwahr- scheinlich ist, nothgedrungen unternommen hat, darüber herrschen nur unsichere Vermuthungen. Jndessen sollen mehrere kleinere Truppenabtheilungen von Mähren aus, auf dem Marsch nach Ungarn begriffen seyn. Vielleicht sollen diese sich mit Jellachich vereinigen. Prag 4. Oktober. ( A. Z. ) Die Ereignisse in Ungarn beschäf- tigen alle Gemüther; jeder fühlt, daß wir an einem Wendepunkte im neuen Staatsleben Oesterreichs angekommen sind. Eine heute früh angekommene Nachricht verkündet die Niederlage der Croaten bei Ofen, eine andere läßt das Treffen unentschieden und spricht von einem zweitägigen Waffenstillstand. Gewiß ist, daß die öster- reichische Regierung sich auf alle Fälle vorbereitet; Nachts kam der telegraphische Befehl hierher, daß das Regiment Wellington auf der Eisenbahn abgehen soll, da es aber nicht ganz adjustirt ist, so werde heute Abends zwei Bataillone von Khevenhüller auf der Eisenbahn befördert werden, wohin zunächst wissen die Offi- ciere selbst nicht anzugeben. Berlin 4. October. ( N. C. ) Schon die letzten Kammerver-

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 107. Mainz, 9. Oktober 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal107_1848/2>, abgerufen am 14.08.2024.