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Mainzer Journal. Nr. 107. Mainz, 9. Oktober 1848.

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[Beginn Spaltensatz] handlungen liefern den Beweis, daß Preußens schönste Provinz,
daß Schlesien sich in einem Zustande so tiefer und allseitiger
Gährung befindet, daß man alle Tage den offenen Aufruhr dort
erwarten kann. Aus dieser Thatsache erklären sich auch die excep-
tionellen Maßregeln, welche die Regierung in Betreff Schlesiens
bereits getroffen hat und noch treffen wird. Die Privatberichte aus
Schlesien lauten aber noch weit beunruhigender, als die officiellen.
Jn den Städten ist die Bewegung großentheils nur politischer
Natur; auf dem flachen Lande ist sie weit fürchterlicher, denn es
ist, mit Einem Worte, die Bewegung des armen Konrad, wel-
cher wüst und wild, wie im Traume, um sich zu schlagen droht.
Die Regierung scheint die große Krisis Schlesiens zu begreifen,
denn außer den außerordentlichen Subsidien, welche sie der Pro-
vinz gewährt, hat sie erst in diesen Tagen unbefangene Männer,
ohne amtlichen Charakter, in die Provinz entsendet, um über die
Zustände derselben Bericht zu erstatten. Besonders auffallend ist
es, daß jetzt in Schlesien wieder große Sympathien für Oester-
reich angeregt werden, Sympathien, welche man lange als erlo-
schen ansehen durfte und die bei der ländlichen Bevölkerung sich
wohl darauf gründen, daß die Reichsversammlung in Wien mit
kühnen Schlägen die ganze feudale Belastung des Bauernstandes
aufgehoben hat, während die Berliner Versammlung in dieser
wichtigen Frage bekannter Weise einen sehr langsamen Weg
nimmt. Von dem Ministerium wird noch mehr, als aus der Mitte
der Versammlung, auf die Erledigung dieser Frage gedrungen.
Jn dem Ministerium scheinen sich schon wieder einige Verän-
derungen vorzubereiten. Der Graf Dönhoff, welcher nur interi-
mistisch die auswärtigen Angelegenheiten führt, hat den Wunsch
ausgesprochen, von dieser Funktion entbunden zu werden; zugleich
wird in gut unterrichteten Kreisen erzählt, daß Hr. Milde einige
Aussicht habe, in das neue Kabinet als Handelsminister wieder
einzutreten. Vorläufig besucht Hr. Milde die demokratischen Clubs
der Hauptstadt, um die Redner und die Stimmung derselben ken-
nen zu lernen.

Berlin 5. October. ( W. Z. ) Auf Anregung einiger Oppo-
sitions mitglieder der Ständeversammlung des Königreichs Sach-
sens, welche sich zu diesem Zwecke kürzlich hier befanden, ist von
den Mitgliedern der Linken unserer constituirenden Versammlung
der Beschluß gefaßt worden, sich über die Nichtanerkennung
des Frankfurter Parlaments mit den oppositionellen Fractionen
aller deutschen Ständeversammlungen zu vereinigen und durch
ein gemeinsam zu erlassendes Manifest die Constituirung eines
neuen deutschen Parlaments anzubahnen, dessen Sitz
Berlin ( ! ) seyn soll.

Berlin 6. October. ( Z. H. ) Wie wir aus zuverlässiger
Quelle erfahren, ist der preußischen Regierung ein Schreiben von
der Centralgewalt zugegangen, in welcher die erstere aufgefor-
dert wird, ihre Vertreter und diplomatischen Agenten
im Auslande zurückzuziehen, da es ferner nicht statthaft
seyn könne, daß eine Vertretung der einzelnen deutschen Staaten
im Auslande bestehe. Jm Falle Preußen Anstand nehmen würde,
dieser Aufforderung nachzukommen, so ist dabei die Weisung ge-
geben, daß die preußische Regierung ihren Vertretern im Aus-
lande sofort Jnstructionen ertheile, wonach dieselben sich voll-
ständig
und in jeder Beziehung den Anweisungen der
auswärtigen Vertreter der Centralgewalt [unleserliches Material - 11 Zeichen fehlen]unterzuonen hätten.
Dasselbe Rundschreiben ist von Seite der Centralgewalt an die
Regierungen aller deutschen Staaten ergangen. Die preußische
Regierung hat hierauf in einem Schreiben, das am 4. d. an die
Centralgewalt abgeschickt wurde, die Antwort ertheilt, daß sie
eine Folgeleistung dieser Aufforderung nicht zusagen könne ( ? ) .

München 5. October. ( N. C. ) Die in neuerer Zeit so viel-
seitig angeregte und erörterte Frage über Freigebung der
ärztlichen Praxis
in Bayern ist von Seite der Aerzte ent-
schieden. Der ärztliche Congreß hat heute nach einer dreistündi-
gen gründlichen Diskussion beschlossen: "Die ärztliche Praxis
werde nicht freigegeben." Für Freigebung stimmten unter An-
deren Bettinger, Dick und Kunst aus der Rheinpfalz.

Die "N. Münch. Ztg." meldelt amtlich: "Zur Aufrechthal-
tung der Ruhe und Ordnung in Nürnberg wird die dortige
Garnison mit einer 6 Pfd. Batterie Artillerie vermehrt."

Aus dem Wiesenthal 5. October. ( Fr. Z. ) Ein sehr acht-
barer Schweizer Bürger versichert als Augenzeuge, die vier Mit-
glieder der provisorischen Regierung in Lörrach, welche bald nach
dem Gefechte von Staufen entflohen maren, hätten im Wirths-
haus zu Möchenstein, Kanton Baselland, einen schweren Sack
voll Geld unter sich getheilt und seyen dann nach dem Kanton So-
lothurn abgezogen.

Konstanz 6. October. ( Schw. M. ) Von den österreichischen
Truppen hat sich gestern ein Drittheil in Ludwigshafen wieder
eingeschifft, um nach Bregenz zurückzukehren; es wird jedoch
[Spaltenumbruch] dafür neuer Zuzug von Bayern erwartet. Der Reichskommissär
Graf v. Keller hat sich einen Tag dahier aufgehalten und von
den Ortsverhältnissen, namentlich von Gebäulichkeiten, die zur
Aufnahme einer größeren Zahl von Truppen geeignet wären,
Einsicht genommen. Man schließt daraus, daß hierher eben-
falls eine ständige Besatzung verlegt werden möchte. -- Der
Fürst von Sigmaringen soll von seinen Unterthanen wie-
derholt um Rückkehr gebeten worden seyn, indem gleichzeitig die
Auslieferung Würths u. A. angeboten worden seyn solle; der
Fürst soll jedoch den bisherigen Abordnungen derselben ablehnende
Antwort ertheilt haben. Uebrigens sind wir dahier, so nahe wir
dem Schauplatze jenes Krawalls waren, von den Vorgängen sehr
mangelhaft unterrichtet. Nur so viel scheint sich vollständig zu be-
stätigen, daß Würth von seinen Leuten mit Argusaugen bewacht
wird, und daß diese wieder gerne gut Wetter haben möchten. --
Auf den Gränzposten der Baiern wurde in verflossener Nacht
wieder mit Steinen geworfen, worauf die Wache Feuer gab und
einen der drei Bursche, die eiligen Fußes davon liefen, noch am
Ohr traf. Der Schrecken lähmte dessen Glieder: er wurde ein-
geholt, und man vernimmt jetzt, daß es drei Schneider waren, die
jene nächtlichen Heldenthaten verübten.

Frankfurt a. M. 4. October. ( A. Z. ) Die Thätigkeit des
Reichsministeriums scheint, trotz aller ihm bereiteten Schwierig-
keiten, ihre Früchte zu tragen. Mit London, Paris, Nord-
amerika, dem Haag, Brüssel, Kopenhagen, Stockholm, der
Schweiz, Turin und Neapel ist der völkerrechtliche Verkehr her-
gestellt, das einheitliche Deutschland also, obschon einstweilen
nur provisorisch gebildet, in die europäische Völkerfamilie auf-
genommen, wenn auch die Vertretung in Rußland, Spanien
und der Türkei noch fehlt. Konstantinopel und Madrid sollen,
wie ich höre, mit nächstem ebenfalls beschickt werden; in St.
Petersburg aber scheint man sich mit Anknüpfung diplomatischer
Verbindung nicht beeilen zu wollen, und der Reichsverweser hat
gewiß Recht,nur dann eine Beschickung vornehmen zu wollen,
wenn er des besten Empfangs seines Gesandten gewiß seyn
wird. Rußland, welchem die Vereinigung und Erstarkung
Deutschlands unerwünscht kommt, scheint noch auf die Wühler
in Deutschland zu hoffen, deren Sieg eine Spaltung herbeiführen
müßte, da man sich ja in Preußen natürlich den Decreten der
Frankfurter Linken niemals fügen würde. Mit welchem Vergnü-
gen mögen die russischen Minister die Reden der Hrn. Vogt,
Blum
und Consorten lesen! Wie mögen ihre Wünsche die Be-
mühungen aller derer begleiten, welche das Reichsministerium zu
stören und zu stürzen suchen! Unsere "Rothen" sind wohl für den
östlichen Absolutismus das Morgenroth wiederkehrender Herr-
schaft. Wenn Rußland in dem dänischen Handel den willkomme-
nen Anlaß zu finden hoffte, seine Plane gegen Deutschland zu
vollführen, so scheint nun auch diese Hoffnung zu scheitern. Des
Reichsgesandten Welker Mission am schwedischen Hofe ist voll-
ständig gelungen, Englands Note ist bekannt, und so fand denn,
wie ich aus guter Quelle höre, Dänemark für gut, in eine
Modification des Waffenstillstandes zu willigen,

welche alle Vernünftigen in den Herzogthümern befriedigen muß.
Die veränderte Stimmung zu Kopenhagen ist wohl auch daran
erkennbar, daß der König, sobald ihm die bevorstehende Ankunft
des deutschen Reichsgesandten, Hrn. Banks, angezeigt worden,
diesem sofort ein eigenes Dampfboot nach Sonderburg entgegen-
sandte, um ihn nach Kopenhagen abzuholen.

Oesterreichische Monarchie.

Ofen 2. Oktober. ( A. Z. ) Jch schreibe Jhnen unter dem
fürchterlichsten Gewirre, das die Nähe eines Lagers von zwei
feindlichen Armeen hervorbringt. Freitag den 29. griff Jellachich,
der Stuhlweißenburg im Rücken hat, das ungarische Heer bei Ve-
lence viermal an, ohne etwas auszurichten. Nach Aussage der
Ungarn soll er einen Verlust von 300 Todten haben, die Ungarn
behaupten, auf ihrer Seite seyen nur 10 Mann gefallen. Sam-
stag den 30. sollte die Fortsetzung und die Hauptschlacht seyn, aber
um 12 Uhr Mittags wurde ein dreitägtiger Waffenstillstand ge-
schlossen. So eben kommt ein Bote, der aussagt, daß Jellachich in
verflossener Nacht nach Stuhlweißenburg zurückmarschirt sey. Ver-
muthlich hat er sich mit General Roth, der von Fünfkirchen mit
etwa 8000 Mann kam, vereinigt. Jm Augenblicke weiß man nicht,
ob Jellachich sich auf demselben Weg, woher er gekommen, zurück
oder nach Fünfkirchen, oder, was das Wahrscheinlichste, nach
Mor und Raab hinzieht und von daher aus Oesterreich Ver-
stärkung erwartet. An einen Sieg kann er nicht mehr denken,
denn er fand auf ungarischem Boden keine Sympathie, wohl aber
überall Landsturm, so daß er von Glück sagen kann, wenn er
mit heiler Haut davon kommt. Der Zuzug ins ungarische
Heer ist furchtbar stark,
und die Leute sind vom besten Muthe
beseelt. Der größere Theil der Ofener und Pesther National-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] handlungen liefern den Beweis, daß Preußens schönste Provinz,
daß Schlesien sich in einem Zustande so tiefer und allseitiger
Gährung befindet, daß man alle Tage den offenen Aufruhr dort
erwarten kann. Aus dieser Thatsache erklären sich auch die excep-
tionellen Maßregeln, welche die Regierung in Betreff Schlesiens
bereits getroffen hat und noch treffen wird. Die Privatberichte aus
Schlesien lauten aber noch weit beunruhigender, als die officiellen.
Jn den Städten ist die Bewegung großentheils nur politischer
Natur; auf dem flachen Lande ist sie weit fürchterlicher, denn es
ist, mit Einem Worte, die Bewegung des armen Konrad, wel-
cher wüst und wild, wie im Traume, um sich zu schlagen droht.
Die Regierung scheint die große Krisis Schlesiens zu begreifen,
denn außer den außerordentlichen Subsidien, welche sie der Pro-
vinz gewährt, hat sie erst in diesen Tagen unbefangene Männer,
ohne amtlichen Charakter, in die Provinz entsendet, um über die
Zustände derselben Bericht zu erstatten. Besonders auffallend ist
es, daß jetzt in Schlesien wieder große Sympathien für Oester-
reich angeregt werden, Sympathien, welche man lange als erlo-
schen ansehen durfte und die bei der ländlichen Bevölkerung sich
wohl darauf gründen, daß die Reichsversammlung in Wien mit
kühnen Schlägen die ganze feudale Belastung des Bauernstandes
aufgehoben hat, während die Berliner Versammlung in dieser
wichtigen Frage bekannter Weise einen sehr langsamen Weg
nimmt. Von dem Ministerium wird noch mehr, als aus der Mitte
der Versammlung, auf die Erledigung dieser Frage gedrungen.
Jn dem Ministerium scheinen sich schon wieder einige Verän-
derungen vorzubereiten. Der Graf Dönhoff, welcher nur interi-
mistisch die auswärtigen Angelegenheiten führt, hat den Wunsch
ausgesprochen, von dieser Funktion entbunden zu werden; zugleich
wird in gut unterrichteten Kreisen erzählt, daß Hr. Milde einige
Aussicht habe, in das neue Kabinet als Handelsminister wieder
einzutreten. Vorläufig besucht Hr. Milde die demokratischen Clubs
der Hauptstadt, um die Redner und die Stimmung derselben ken-
nen zu lernen.

Berlin 5. October. ( W. Z. ) Auf Anregung einiger Oppo-
sitions mitglieder der Ständeversammlung des Königreichs Sach-
sens, welche sich zu diesem Zwecke kürzlich hier befanden, ist von
den Mitgliedern der Linken unserer constituirenden Versammlung
der Beschluß gefaßt worden, sich über die Nichtanerkennung
des Frankfurter Parlaments mit den oppositionellen Fractionen
aller deutschen Ständeversammlungen zu vereinigen und durch
ein gemeinsam zu erlassendes Manifest die Constituirung eines
neuen deutschen Parlaments anzubahnen, dessen Sitz
Berlin ( ! ) seyn soll.

Berlin 6. October. ( Z. H. ) Wie wir aus zuverlässiger
Quelle erfahren, ist der preußischen Regierung ein Schreiben von
der Centralgewalt zugegangen, in welcher die erstere aufgefor-
dert wird, ihre Vertreter und diplomatischen Agenten
im Auslande zurückzuziehen, da es ferner nicht statthaft
seyn könne, daß eine Vertretung der einzelnen deutschen Staaten
im Auslande bestehe. Jm Falle Preußen Anstand nehmen würde,
dieser Aufforderung nachzukommen, so ist dabei die Weisung ge-
geben, daß die preußische Regierung ihren Vertretern im Aus-
lande sofort Jnstructionen ertheile, wonach dieselben sich voll-
ständig
und in jeder Beziehung den Anweisungen der
auswärtigen Vertreter der Centralgewalt [unleserliches Material – 11 Zeichen fehlen]unterzuonen hätten.
Dasselbe Rundschreiben ist von Seite der Centralgewalt an die
Regierungen aller deutschen Staaten ergangen. Die preußische
Regierung hat hierauf in einem Schreiben, das am 4. d. an die
Centralgewalt abgeschickt wurde, die Antwort ertheilt, daß sie
eine Folgeleistung dieser Aufforderung nicht zusagen könne ( ? ) .

München 5. October. ( N. C. ) Die in neuerer Zeit so viel-
seitig angeregte und erörterte Frage über Freigebung der
ärztlichen Praxis
in Bayern ist von Seite der Aerzte ent-
schieden. Der ärztliche Congreß hat heute nach einer dreistündi-
gen gründlichen Diskussion beschlossen: „Die ärztliche Praxis
werde nicht freigegeben.“ Für Freigebung stimmten unter An-
deren Bettinger, Dick und Kunst aus der Rheinpfalz.

Die „N. Münch. Ztg.“ meldelt amtlich: „Zur Aufrechthal-
tung der Ruhe und Ordnung in Nürnberg wird die dortige
Garnison mit einer 6 Pfd. Batterie Artillerie vermehrt.“

Aus dem Wiesenthal 5. October. ( Fr. Z. ) Ein sehr acht-
barer Schweizer Bürger versichert als Augenzeuge, die vier Mit-
glieder der provisorischen Regierung in Lörrach, welche bald nach
dem Gefechte von Staufen entflohen maren, hätten im Wirths-
haus zu Möchenstein, Kanton Baselland, einen schweren Sack
voll Geld unter sich getheilt und seyen dann nach dem Kanton So-
lothurn abgezogen.

Konstanz 6. October. ( Schw. M. ) Von den österreichischen
Truppen hat sich gestern ein Drittheil in Ludwigshafen wieder
eingeschifft, um nach Bregenz zurückzukehren; es wird jedoch
[Spaltenumbruch] dafür neuer Zuzug von Bayern erwartet. Der Reichskommissär
Graf v. Keller hat sich einen Tag dahier aufgehalten und von
den Ortsverhältnissen, namentlich von Gebäulichkeiten, die zur
Aufnahme einer größeren Zahl von Truppen geeignet wären,
Einsicht genommen. Man schließt daraus, daß hierher eben-
falls eine ständige Besatzung verlegt werden möchte. — Der
Fürst von Sigmaringen soll von seinen Unterthanen wie-
derholt um Rückkehr gebeten worden seyn, indem gleichzeitig die
Auslieferung Würths u. A. angeboten worden seyn solle; der
Fürst soll jedoch den bisherigen Abordnungen derselben ablehnende
Antwort ertheilt haben. Uebrigens sind wir dahier, so nahe wir
dem Schauplatze jenes Krawalls waren, von den Vorgängen sehr
mangelhaft unterrichtet. Nur so viel scheint sich vollständig zu be-
stätigen, daß Würth von seinen Leuten mit Argusaugen bewacht
wird, und daß diese wieder gerne gut Wetter haben möchten. —
Auf den Gränzposten der Baiern wurde in verflossener Nacht
wieder mit Steinen geworfen, worauf die Wache Feuer gab und
einen der drei Bursche, die eiligen Fußes davon liefen, noch am
Ohr traf. Der Schrecken lähmte dessen Glieder: er wurde ein-
geholt, und man vernimmt jetzt, daß es drei Schneider waren, die
jene nächtlichen Heldenthaten verübten.

Frankfurt a. M. 4. October. ( A. Z. ) Die Thätigkeit des
Reichsministeriums scheint, trotz aller ihm bereiteten Schwierig-
keiten, ihre Früchte zu tragen. Mit London, Paris, Nord-
amerika, dem Haag, Brüssel, Kopenhagen, Stockholm, der
Schweiz, Turin und Neapel ist der völkerrechtliche Verkehr her-
gestellt, das einheitliche Deutschland also, obschon einstweilen
nur provisorisch gebildet, in die europäische Völkerfamilie auf-
genommen, wenn auch die Vertretung in Rußland, Spanien
und der Türkei noch fehlt. Konstantinopel und Madrid sollen,
wie ich höre, mit nächstem ebenfalls beschickt werden; in St.
Petersburg aber scheint man sich mit Anknüpfung diplomatischer
Verbindung nicht beeilen zu wollen, und der Reichsverweser hat
gewiß Recht,nur dann eine Beschickung vornehmen zu wollen,
wenn er des besten Empfangs seines Gesandten gewiß seyn
wird. Rußland, welchem die Vereinigung und Erstarkung
Deutschlands unerwünscht kommt, scheint noch auf die Wühler
in Deutschland zu hoffen, deren Sieg eine Spaltung herbeiführen
müßte, da man sich ja in Preußen natürlich den Decreten der
Frankfurter Linken niemals fügen würde. Mit welchem Vergnü-
gen mögen die russischen Minister die Reden der Hrn. Vogt,
Blum
und Consorten lesen! Wie mögen ihre Wünsche die Be-
mühungen aller derer begleiten, welche das Reichsministerium zu
stören und zu stürzen suchen! Unsere „Rothen“ sind wohl für den
östlichen Absolutismus das Morgenroth wiederkehrender Herr-
schaft. Wenn Rußland in dem dänischen Handel den willkomme-
nen Anlaß zu finden hoffte, seine Plane gegen Deutschland zu
vollführen, so scheint nun auch diese Hoffnung zu scheitern. Des
Reichsgesandten Welker Mission am schwedischen Hofe ist voll-
ständig gelungen, Englands Note ist bekannt, und so fand denn,
wie ich aus guter Quelle höre, Dänemark für gut, in eine
Modification des Waffenstillstandes zu willigen,

welche alle Vernünftigen in den Herzogthümern befriedigen muß.
Die veränderte Stimmung zu Kopenhagen ist wohl auch daran
erkennbar, daß der König, sobald ihm die bevorstehende Ankunft
des deutschen Reichsgesandten, Hrn. Banks, angezeigt worden,
diesem sofort ein eigenes Dampfboot nach Sonderburg entgegen-
sandte, um ihn nach Kopenhagen abzuholen.

Oesterreichische Monarchie.

Ofen 2. Oktober. ( A. Z. ) Jch schreibe Jhnen unter dem
fürchterlichsten Gewirre, das die Nähe eines Lagers von zwei
feindlichen Armeen hervorbringt. Freitag den 29. griff Jellachich,
der Stuhlweißenburg im Rücken hat, das ungarische Heer bei Ve-
lence viermal an, ohne etwas auszurichten. Nach Aussage der
Ungarn soll er einen Verlust von 300 Todten haben, die Ungarn
behaupten, auf ihrer Seite seyen nur 10 Mann gefallen. Sam-
stag den 30. sollte die Fortsetzung und die Hauptschlacht seyn, aber
um 12 Uhr Mittags wurde ein dreitägtiger Waffenstillstand ge-
schlossen. So eben kommt ein Bote, der aussagt, daß Jellachich in
verflossener Nacht nach Stuhlweißenburg zurückmarschirt sey. Ver-
muthlich hat er sich mit General Roth, der von Fünfkirchen mit
etwa 8000 Mann kam, vereinigt. Jm Augenblicke weiß man nicht,
ob Jellachich sich auf demselben Weg, woher er gekommen, zurück
oder nach Fünfkirchen, oder, was das Wahrscheinlichste, nach
Mór und Raab hinzieht und von daher aus Oesterreich Ver-
stärkung erwartet. An einen Sieg kann er nicht mehr denken,
denn er fand auf ungarischem Boden keine Sympathie, wohl aber
überall Landsturm, so daß er von Glück sagen kann, wenn er
mit heiler Haut davon kommt. Der Zuzug ins ungarische
Heer ist furchtbar stark,
und die Leute sind vom besten Muthe
beseelt. Der größere Theil der Ofener und Pesther National-
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[0003] handlungen liefern den Beweis, daß Preußens schönste Provinz, daß Schlesien sich in einem Zustande so tiefer und allseitiger Gährung befindet, daß man alle Tage den offenen Aufruhr dort erwarten kann. Aus dieser Thatsache erklären sich auch die excep- tionellen Maßregeln, welche die Regierung in Betreff Schlesiens bereits getroffen hat und noch treffen wird. Die Privatberichte aus Schlesien lauten aber noch weit beunruhigender, als die officiellen. Jn den Städten ist die Bewegung großentheils nur politischer Natur; auf dem flachen Lande ist sie weit fürchterlicher, denn es ist, mit Einem Worte, die Bewegung des armen Konrad, wel- cher wüst und wild, wie im Traume, um sich zu schlagen droht. Die Regierung scheint die große Krisis Schlesiens zu begreifen, denn außer den außerordentlichen Subsidien, welche sie der Pro- vinz gewährt, hat sie erst in diesen Tagen unbefangene Männer, ohne amtlichen Charakter, in die Provinz entsendet, um über die Zustände derselben Bericht zu erstatten. Besonders auffallend ist es, daß jetzt in Schlesien wieder große Sympathien für Oester- reich angeregt werden, Sympathien, welche man lange als erlo- schen ansehen durfte und die bei der ländlichen Bevölkerung sich wohl darauf gründen, daß die Reichsversammlung in Wien mit kühnen Schlägen die ganze feudale Belastung des Bauernstandes aufgehoben hat, während die Berliner Versammlung in dieser wichtigen Frage bekannter Weise einen sehr langsamen Weg nimmt. Von dem Ministerium wird noch mehr, als aus der Mitte der Versammlung, auf die Erledigung dieser Frage gedrungen. Jn dem Ministerium scheinen sich schon wieder einige Verän- derungen vorzubereiten. Der Graf Dönhoff, welcher nur interi- mistisch die auswärtigen Angelegenheiten führt, hat den Wunsch ausgesprochen, von dieser Funktion entbunden zu werden; zugleich wird in gut unterrichteten Kreisen erzählt, daß Hr. Milde einige Aussicht habe, in das neue Kabinet als Handelsminister wieder einzutreten. Vorläufig besucht Hr. Milde die demokratischen Clubs der Hauptstadt, um die Redner und die Stimmung derselben ken- nen zu lernen. Berlin 5. October. ( W. Z. ) Auf Anregung einiger Oppo- sitions mitglieder der Ständeversammlung des Königreichs Sach- sens, welche sich zu diesem Zwecke kürzlich hier befanden, ist von den Mitgliedern der Linken unserer constituirenden Versammlung der Beschluß gefaßt worden, sich über die Nichtanerkennung des Frankfurter Parlaments mit den oppositionellen Fractionen aller deutschen Ständeversammlungen zu vereinigen und durch ein gemeinsam zu erlassendes Manifest die Constituirung eines neuen deutschen Parlaments anzubahnen, dessen Sitz Berlin ( ! ) seyn soll. Berlin 6. October. ( Z. H. ) Wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren, ist der preußischen Regierung ein Schreiben von der Centralgewalt zugegangen, in welcher die erstere aufgefor- dert wird, ihre Vertreter und diplomatischen Agenten im Auslande zurückzuziehen, da es ferner nicht statthaft seyn könne, daß eine Vertretung der einzelnen deutschen Staaten im Auslande bestehe. Jm Falle Preußen Anstand nehmen würde, dieser Aufforderung nachzukommen, so ist dabei die Weisung ge- geben, daß die preußische Regierung ihren Vertretern im Aus- lande sofort Jnstructionen ertheile, wonach dieselben sich voll- ständig und in jeder Beziehung den Anweisungen der auswärtigen Vertreter der Centralgewalt ___________unterzuonen hätten. Dasselbe Rundschreiben ist von Seite der Centralgewalt an die Regierungen aller deutschen Staaten ergangen. Die preußische Regierung hat hierauf in einem Schreiben, das am 4. d. an die Centralgewalt abgeschickt wurde, die Antwort ertheilt, daß sie eine Folgeleistung dieser Aufforderung nicht zusagen könne ( ? ) . München 5. October. ( N. C. ) Die in neuerer Zeit so viel- seitig angeregte und erörterte Frage über Freigebung der ärztlichen Praxis in Bayern ist von Seite der Aerzte ent- schieden. Der ärztliche Congreß hat heute nach einer dreistündi- gen gründlichen Diskussion beschlossen: „Die ärztliche Praxis werde nicht freigegeben.“ Für Freigebung stimmten unter An- deren Bettinger, Dick und Kunst aus der Rheinpfalz. Die „N. Münch. Ztg.“ meldelt amtlich: „Zur Aufrechthal- tung der Ruhe und Ordnung in Nürnberg wird die dortige Garnison mit einer 6 Pfd. Batterie Artillerie vermehrt.“ Aus dem Wiesenthal 5. October. ( Fr. Z. ) Ein sehr acht- barer Schweizer Bürger versichert als Augenzeuge, die vier Mit- glieder der provisorischen Regierung in Lörrach, welche bald nach dem Gefechte von Staufen entflohen maren, hätten im Wirths- haus zu Möchenstein, Kanton Baselland, einen schweren Sack voll Geld unter sich getheilt und seyen dann nach dem Kanton So- lothurn abgezogen. Konstanz 6. October. ( Schw. M. ) Von den österreichischen Truppen hat sich gestern ein Drittheil in Ludwigshafen wieder eingeschifft, um nach Bregenz zurückzukehren; es wird jedoch dafür neuer Zuzug von Bayern erwartet. Der Reichskommissär Graf v. Keller hat sich einen Tag dahier aufgehalten und von den Ortsverhältnissen, namentlich von Gebäulichkeiten, die zur Aufnahme einer größeren Zahl von Truppen geeignet wären, Einsicht genommen. Man schließt daraus, daß hierher eben- falls eine ständige Besatzung verlegt werden möchte. — Der Fürst von Sigmaringen soll von seinen Unterthanen wie- derholt um Rückkehr gebeten worden seyn, indem gleichzeitig die Auslieferung Würths u. A. angeboten worden seyn solle; der Fürst soll jedoch den bisherigen Abordnungen derselben ablehnende Antwort ertheilt haben. Uebrigens sind wir dahier, so nahe wir dem Schauplatze jenes Krawalls waren, von den Vorgängen sehr mangelhaft unterrichtet. Nur so viel scheint sich vollständig zu be- stätigen, daß Würth von seinen Leuten mit Argusaugen bewacht wird, und daß diese wieder gerne gut Wetter haben möchten. — Auf den Gränzposten der Baiern wurde in verflossener Nacht wieder mit Steinen geworfen, worauf die Wache Feuer gab und einen der drei Bursche, die eiligen Fußes davon liefen, noch am Ohr traf. Der Schrecken lähmte dessen Glieder: er wurde ein- geholt, und man vernimmt jetzt, daß es drei Schneider waren, die jene nächtlichen Heldenthaten verübten. Frankfurt a. M. 4. October. ( A. Z. ) Die Thätigkeit des Reichsministeriums scheint, trotz aller ihm bereiteten Schwierig- keiten, ihre Früchte zu tragen. Mit London, Paris, Nord- amerika, dem Haag, Brüssel, Kopenhagen, Stockholm, der Schweiz, Turin und Neapel ist der völkerrechtliche Verkehr her- gestellt, das einheitliche Deutschland also, obschon einstweilen nur provisorisch gebildet, in die europäische Völkerfamilie auf- genommen, wenn auch die Vertretung in Rußland, Spanien und der Türkei noch fehlt. Konstantinopel und Madrid sollen, wie ich höre, mit nächstem ebenfalls beschickt werden; in St. Petersburg aber scheint man sich mit Anknüpfung diplomatischer Verbindung nicht beeilen zu wollen, und der Reichsverweser hat gewiß Recht,nur dann eine Beschickung vornehmen zu wollen, wenn er des besten Empfangs seines Gesandten gewiß seyn wird. Rußland, welchem die Vereinigung und Erstarkung Deutschlands unerwünscht kommt, scheint noch auf die Wühler in Deutschland zu hoffen, deren Sieg eine Spaltung herbeiführen müßte, da man sich ja in Preußen natürlich den Decreten der Frankfurter Linken niemals fügen würde. Mit welchem Vergnü- gen mögen die russischen Minister die Reden der Hrn. Vogt, Blum und Consorten lesen! Wie mögen ihre Wünsche die Be- mühungen aller derer begleiten, welche das Reichsministerium zu stören und zu stürzen suchen! Unsere „Rothen“ sind wohl für den östlichen Absolutismus das Morgenroth wiederkehrender Herr- schaft. Wenn Rußland in dem dänischen Handel den willkomme- nen Anlaß zu finden hoffte, seine Plane gegen Deutschland zu vollführen, so scheint nun auch diese Hoffnung zu scheitern. Des Reichsgesandten Welker Mission am schwedischen Hofe ist voll- ständig gelungen, Englands Note ist bekannt, und so fand denn, wie ich aus guter Quelle höre, Dänemark für gut, in eine Modification des Waffenstillstandes zu willigen, welche alle Vernünftigen in den Herzogthümern befriedigen muß. Die veränderte Stimmung zu Kopenhagen ist wohl auch daran erkennbar, daß der König, sobald ihm die bevorstehende Ankunft des deutschen Reichsgesandten, Hrn. Banks, angezeigt worden, diesem sofort ein eigenes Dampfboot nach Sonderburg entgegen- sandte, um ihn nach Kopenhagen abzuholen. Oesterreichische Monarchie. Ofen 2. Oktober. ( A. Z. ) Jch schreibe Jhnen unter dem fürchterlichsten Gewirre, das die Nähe eines Lagers von zwei feindlichen Armeen hervorbringt. Freitag den 29. griff Jellachich, der Stuhlweißenburg im Rücken hat, das ungarische Heer bei Ve- lence viermal an, ohne etwas auszurichten. Nach Aussage der Ungarn soll er einen Verlust von 300 Todten haben, die Ungarn behaupten, auf ihrer Seite seyen nur 10 Mann gefallen. Sam- stag den 30. sollte die Fortsetzung und die Hauptschlacht seyn, aber um 12 Uhr Mittags wurde ein dreitägtiger Waffenstillstand ge- schlossen. So eben kommt ein Bote, der aussagt, daß Jellachich in verflossener Nacht nach Stuhlweißenburg zurückmarschirt sey. Ver- muthlich hat er sich mit General Roth, der von Fünfkirchen mit etwa 8000 Mann kam, vereinigt. Jm Augenblicke weiß man nicht, ob Jellachich sich auf demselben Weg, woher er gekommen, zurück oder nach Fünfkirchen, oder, was das Wahrscheinlichste, nach Mór und Raab hinzieht und von daher aus Oesterreich Ver- stärkung erwartet. An einen Sieg kann er nicht mehr denken, denn er fand auf ungarischem Boden keine Sympathie, wohl aber überall Landsturm, so daß er von Glück sagen kann, wenn er mit heiler Haut davon kommt. Der Zuzug ins ungarische Heer ist furchtbar stark, und die Leute sind vom besten Muthe beseelt. Der größere Theil der Ofener und Pesther National-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 107. Mainz, 9. Oktober 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal107_1848/3>, abgerufen am 03.12.2024.