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Mainzer Journal. Nr. 158. Mainz, 7. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz] den Aemtern Hünfeld, Burghaun, Eiterfeld und Großenlüder ge-
wählt. Den Wahlmännern aus diesen Aemtern empfehlen wir
außer den bereits in Nr. 154 dieser Blätter Genannten, noch
folgende Männer als zu Bezirksräthen ganz besonders geeignet:
1 ) Actuar Dippel in Hünfeld, 2 ) Dompräbendat Dr. Malk-
mus
in Fulda, 3 ) Advocat Kaufholz in Burghaun, 4 ) Kauf-
mann Keßler in Hünfeld, 5 ) Stadtkämmerer Bruno Vogt
daselbst, 6 ) Gastwirth Huneck daselbst, 7 ) Gutsbesitzer Hillen-
brand
in Molzbach. Möchten die Wahlmänner aus oben ge-
nannten Aemtern ihre Aufmerksamkeit auf die von uns bezeichneten
Candidaten lenken, es sind die Männer, zu welchen das Volk im
alten Buchenlande Vertrauen hat, die seine Sprache verstehen,
seinen Glauben, Sitten und Gewohnheiten wie die alten Weis-
tümer seines heimathlichen Privatrechtes kennen [unleserliches Material - 3 Zeichen fehlen]uud achten, die
vor Allen aber mit seinen Wünschen und Bedürfnissen innig
vertraut sind.
Diese Männer wird das Volk gern an der
Spitze seiner Angelegenheiten sehen und wir haben das Vertrauen
zu ihnen, daß sie mit aller Kraft und Sorgfalt die Jnteressen
eines Landestheiles fördern werden, den eine zweiunddreißigjährige
unwürdige Behandlung Seitens des hessischen Regierung und
ihrer dienstbeflissenen, mit althessischen Vorurtheilen erfüllter
Diener so sehr vernachläßigt und gedrückt hat.

Altenburg 2. December. ( Schw. M. ) Der Tod unserer
Herzogin und die Abdankung unseres Herzogs zu Gunsten seines
Bruders Georg sind um so betrübender, weil deren Ursachen
keine andere sind, als die künstlich erregte und herbeigeführte Auf-
lehnung gegen Obrigkeit und Gesetze und die erbärmliche Miß-
achtung und Verhöhnung des herzoglichen Hauses. Sie dürften
aber in ihren Folgen für das ganze Land einen Wendepunkt zum
Bessern herbeiführen, indem viele Verführte schon zur Besinnung
gekommen sind, viele andere in Kürze zur Besinnung kommen
werden. Man wird auch höhern Orts, ohne die Errungenschaf-
ten der Neuzeit zu verletzen, die Zügel straffer fassen und gegen
alle Wühlerei und Gesetzlosigkeit mit aller Strenge einschreiten.
Der Anfang dazu ist bereits gemacht, und erfreulich ist es, berich-
ten zu können, daß jetzt die Regierung ohne ihr weiteres Zuthun
eine Mehrheit in der Landschaft hat, während sie noch bis vor
Kurzem in fast allen Fällen in der Minderheit blieb. Der dem
Herzoge und dem Lande aufgedrungene Barricaden=Minister Cru-
ciger
ist aus dem Ministerium entfernt worden. Dasselbe wurde
ergänzt durch Herrn v. Gabelentz, der, an der [unleserliches Material - 6 Zeichen fehlen]Spitze der Re-
gierung stehend, dem Lande die längst ersehnte Ruhe und Ord-
nung wieder bringen wird. -- Der Aufwiegler Erbe, welcher
jetzt durch Steckbriefe verfolgt wird, soll sich in die Schweiz ge-
flüchtet haben.

Jtalien.

Neapel 26. November. Ungeheuere Bewegung herrscht heute
in der Hauptstadt. Diesen Morgen verkündete ein außerordent-
liches Bulletin der Staatszeitung mit kurzen, aber fast triumphi-
renden Worten, Pius IX. sey "in unserer Mitte" und habe
seinen Wohnsitz in Gaeta ( neapolitanische Festung am
Mittelmeere, nördlich von Neapel ) aufgeschlagen. Seit
mehreren Tagen allgemeine Gebete im ganzen Königreiche für
seine Befreiung. Schon gestern Abend kam die Nachricht ins
Schloß; noch in der Nacht wurden einige Bataillone mit Dampf-
booten hingeschickt. Der König mit seiner ganzen Familie ist
ebenfalls in aller Frühe hingegangen, um Sr. Heiligkeit seine
Ehrfurcht zu bezeugen. -- Vom 27. November. Die Flucht des
Papstes ist vorerst Tagesgespräch. Wir hören, er sey zu Land
( also nicht an Bord eines französischen Dampfbootes ) durch Ver-
mittelung des königl. bayerischen Gesandten v. Spaur, in der
Livree eines der Gesandtschaftsbedienten entkommen, nachdem
man die Wachen der Nationalgarde in der Nacht vom 24. auf
den 25. berauscht oder eingeschläfert hatte. An der äußersten
Grenze des Staates habe das Volk den Papst erkannt und ange-
halten; erst ein herbeigerufenes Bataillon neapolitanischer Trup-
pen habe ihn über die Grenze gebracht. -- Vorgestern Abend
erfuhr man die weitere Verschiebung des Zusammen-
trittes der Kammern
bis zum 1. Februar. Jn einer kurzen
Einleitung, welche dem k. Decrete in der Staatszeitung voraus-
geht, sind die seit der letzten Vertagung eingetretenen politischen
Verwickelungen, der noch immer schwebende Zwist mit Sicilien
und ganz besonders die blutigen allerneuesten Umwälzungen ( um
so mehr gefahrdrohend, weil im Nachbarstaate vorgefallen ) als
Beweggründe angeführt, welche die Regierung zu diesem Schritte
nöthigten. Jn der Hauptstadt ist die große Mehrzahl der Bürger
[Spaltenumbruch] unverkennbar der Maßregel froh, denn ein Losbruch der Militär-
partei gegen die Kammer, gegen Alles, was jene Herren unter
dem Titel "Liberali" begreifen, war fast unvermeidlich. Zu einer
auf gestern erwarteten royalistischen Demonstration kam es nicht.
Der König soll den Officieren seiner Garderegimenter mit un-
mittelbarer Auflösung des Corps gedroht haben.

Der berühmte Philosoph Gioberti, auch ein "Reactionär,"
für den der Dolch vielleicht schon geschliffen ist, drückte sich jetzt
bitter über den Gang der italienischen Angelegenheiten im Allge-
meinen aus, namentlich auch über die vorparlamentarischen Ver-
handlungen, denen er in der letzten Zeit gar nicht mehr beiwohnte
und deren Resultat, "den Verfassungsentwurf der italienischen
Bundesstaaten," er geradezu mit "Kinderei" bezeichnete. Die
entschieden demokratische Grundlage der neuentworfenen Consti-
tution dünkt ihm nicht nur für die Fürsten unannehmbar und
deren Gegenstreben "leider nur zu gewiß," sondern selbst den
Gefühlen der erleuchteten Mehrzahl der Bevölkerung gerade
zuwider. Was die Verhandlungen der italienischen Cabinette
betrifft, um einen Fürstenbund zu erwirken, so ist ihm dieser
kaum wünschenswerth, nun die Befreiung Oberitaliens von öster-
reichischer Herrschaft nicht mehr die erste Bedingung desselben seyn
zu sollen scheint. Eine Hegemonie Sardiniens, ein allmäliges
Aufgehen der übrigen Staaten der Halbinsel in das nord-
italienische Reich, war Herrn Gioberti's Grundidee, die er zwar
öffentlich nie unumwunden aussprach, aber in vertrauten Cirkeln
hinlänglich andeutete. Nun hat die Vertreibung der Piemontesen
aus der Lombardei und der moralische Einfluß dieses Ereignisses,
insbesondere das neuerregte Mißtrauen der Lombardei gegen Carlo
Alberto sein Ziel verrückt, seine Hoffnungen vernichtet, nun fühlt
er, daß die jetzige Gestaltung der Dinge seine Versprechungen,
seine Prophezeiungen als die eines Unerfahrenen, mit der nackten
Wirklichkeit wenig Vertrauten, seine Popularität zum Theil als
usurpirt, ja seine Endabsichten vielleicht als wenig ehrenvoll er-
scheinen läßt, und wünscht sich, voll Ueberdruß, "aus den unbän-
digen Fluthen der Politik zurück nach der friedlich stillen Heimath
wissenschaftlicher Meditationen." Wahrscheinlich wird er auch
die Kammerpräsidentenstelle aufgeben. -- Während meines Auf-
haltes in Savoyen hatte ich hinlängliche Gelegenheit, mich zu
überzeugen, daß die Behauptung, die republikanische Partei sey
da überwiegend, durchaus ungegründet ist. Westlich vom Mont-
Cenis klagt man viel über das Zwangsanlehen auf Hypotheken,
über die in der Lombardei gefallenen Landeskinder, über die neuen
Aushebungen; aber man wünscht im Allgemeinen deshalb so
wenig eine republikanische Regierung, daß eben Abneigung gegen
dieselbe die frühere Sympathie für Frankreich bedeutend ver-
minderte. Nicht demokratische Gelüste drohen Savoyen von
Piemont abzulösen; andere, durch geographische Verhältnisse
bedingte ethnographische Zustände drängen das höchst interessante
Land zu einem Anschlusse an Frankreich. Savoyen ist von Pie-
mont durch eine hohe Alpenkette getrennt, die allen Handelsverkehr
erschwert, vertheuert und zum Theil unzulässig macht; durch die
Sprache, die intimen Beziehungen " avec les italiens " hemmend
entgegentritt. Zu Frankreich gehörig wäre beinahe jeder Aus-
tausch leichter und vertheilhafter; mit französischen Capitalien
könnten die reichen Mineralgruben des Landes weit nachdrücklicher
und umfassender ausgebeutet werden. Mit den Franzosen haben
die Savoyarden Sprache, Sitten und Gebräuche gemein; nur in
Frankreich bereichern sich die armen Thalbewohner; mit der
französischen Armee vereint würden die braven Soldaten Sa-
voyens noch weit freudiger und muthiger kämpfen.

Frankreich.

* * * Paris 5. December. Noch immer hat man keine be-
stimmten Nachrichten, wo der heilige Vater sich befindet und die
Minister sprachen gestern nur die Muthmaßung aus, der Papst
befinde sich wahrscheinlich in Corsika, weil der "Tenarus" des
stürmischen Wetters wegen die französische Küste noch nicht habe
erreichen können. Es waren drei Fregatten ausgeschickt worden,
um dieses Dampfboot und den hohen Reisenden aufzusuchen.
Nach Briefen aus Genua soll der "Tenarus" dort auf der Höhe
gesehen worden seyn. Nach einem anderen Gerüchte soll der
Papst sich in Gaeta gar nicht eingeschifft, sondern nach Neapel
sich begeben haben, was insofern innere Wahrscheinlichkeit hat,
als der heilige Vater nur im äußersten Nothfalle Jtalien ver-
lassen wird. Wie es hier allgemein heißt, soll der König
von Sardinien vergiftet worden seyn,
die Bestäti-
gung dieser Nachricht müssen wir noch abwarten.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] den Aemtern Hünfeld, Burghaun, Eiterfeld und Großenlüder ge-
wählt. Den Wahlmännern aus diesen Aemtern empfehlen wir
außer den bereits in Nr. 154 dieser Blätter Genannten, noch
folgende Männer als zu Bezirksräthen ganz besonders geeignet:
1 ) Actuar Dippel in Hünfeld, 2 ) Dompräbendat Dr. Malk-
mus
in Fulda, 3 ) Advocat Kaufholz in Burghaun, 4 ) Kauf-
mann Keßler in Hünfeld, 5 ) Stadtkämmerer Bruno Vogt
daselbst, 6 ) Gastwirth Huneck daselbst, 7 ) Gutsbesitzer Hillen-
brand
in Molzbach. Möchten die Wahlmänner aus oben ge-
nannten Aemtern ihre Aufmerksamkeit auf die von uns bezeichneten
Candidaten lenken, es sind die Männer, zu welchen das Volk im
alten Buchenlande Vertrauen hat, die seine Sprache verstehen,
seinen Glauben, Sitten und Gewohnheiten wie die alten Weis-
tümer seines heimathlichen Privatrechtes kennen [unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]uud achten, die
vor Allen aber mit seinen Wünschen und Bedürfnissen innig
vertraut sind.
Diese Männer wird das Volk gern an der
Spitze seiner Angelegenheiten sehen und wir haben das Vertrauen
zu ihnen, daß sie mit aller Kraft und Sorgfalt die Jnteressen
eines Landestheiles fördern werden, den eine zweiunddreißigjährige
unwürdige Behandlung Seitens des hessischen Regierung und
ihrer dienstbeflissenen, mit althessischen Vorurtheilen erfüllter
Diener so sehr vernachläßigt und gedrückt hat.

Altenburg 2. December. ( Schw. M. ) Der Tod unserer
Herzogin und die Abdankung unseres Herzogs zu Gunsten seines
Bruders Georg sind um so betrübender, weil deren Ursachen
keine andere sind, als die künstlich erregte und herbeigeführte Auf-
lehnung gegen Obrigkeit und Gesetze und die erbärmliche Miß-
achtung und Verhöhnung des herzoglichen Hauses. Sie dürften
aber in ihren Folgen für das ganze Land einen Wendepunkt zum
Bessern herbeiführen, indem viele Verführte schon zur Besinnung
gekommen sind, viele andere in Kürze zur Besinnung kommen
werden. Man wird auch höhern Orts, ohne die Errungenschaf-
ten der Neuzeit zu verletzen, die Zügel straffer fassen und gegen
alle Wühlerei und Gesetzlosigkeit mit aller Strenge einschreiten.
Der Anfang dazu ist bereits gemacht, und erfreulich ist es, berich-
ten zu können, daß jetzt die Regierung ohne ihr weiteres Zuthun
eine Mehrheit in der Landschaft hat, während sie noch bis vor
Kurzem in fast allen Fällen in der Minderheit blieb. Der dem
Herzoge und dem Lande aufgedrungene Barricaden=Minister Cru-
ciger
ist aus dem Ministerium entfernt worden. Dasselbe wurde
ergänzt durch Herrn v. Gabelentz, der, an der [unleserliches Material – 6 Zeichen fehlen]Spitze der Re-
gierung stehend, dem Lande die längst ersehnte Ruhe und Ord-
nung wieder bringen wird. — Der Aufwiegler Erbe, welcher
jetzt durch Steckbriefe verfolgt wird, soll sich in die Schweiz ge-
flüchtet haben.

Jtalien.

Neapel 26. November. Ungeheuere Bewegung herrscht heute
in der Hauptstadt. Diesen Morgen verkündete ein außerordent-
liches Bulletin der Staatszeitung mit kurzen, aber fast triumphi-
renden Worten, Pius IX. sey „in unserer Mitte“ und habe
seinen Wohnsitz in Gaeta ( neapolitanische Festung am
Mittelmeere, nördlich von Neapel ) aufgeschlagen. Seit
mehreren Tagen allgemeine Gebete im ganzen Königreiche für
seine Befreiung. Schon gestern Abend kam die Nachricht ins
Schloß; noch in der Nacht wurden einige Bataillone mit Dampf-
booten hingeschickt. Der König mit seiner ganzen Familie ist
ebenfalls in aller Frühe hingegangen, um Sr. Heiligkeit seine
Ehrfurcht zu bezeugen. — Vom 27. November. Die Flucht des
Papstes ist vorerst Tagesgespräch. Wir hören, er sey zu Land
( also nicht an Bord eines französischen Dampfbootes ) durch Ver-
mittelung des königl. bayerischen Gesandten v. Spaur, in der
Livree eines der Gesandtschaftsbedienten entkommen, nachdem
man die Wachen der Nationalgarde in der Nacht vom 24. auf
den 25. berauscht oder eingeschläfert hatte. An der äußersten
Grenze des Staates habe das Volk den Papst erkannt und ange-
halten; erst ein herbeigerufenes Bataillon neapolitanischer Trup-
pen habe ihn über die Grenze gebracht. — Vorgestern Abend
erfuhr man die weitere Verschiebung des Zusammen-
trittes der Kammern
bis zum 1. Februar. Jn einer kurzen
Einleitung, welche dem k. Decrete in der Staatszeitung voraus-
geht, sind die seit der letzten Vertagung eingetretenen politischen
Verwickelungen, der noch immer schwebende Zwist mit Sicilien
und ganz besonders die blutigen allerneuesten Umwälzungen ( um
so mehr gefahrdrohend, weil im Nachbarstaate vorgefallen ) als
Beweggründe angeführt, welche die Regierung zu diesem Schritte
nöthigten. Jn der Hauptstadt ist die große Mehrzahl der Bürger
[Spaltenumbruch] unverkennbar der Maßregel froh, denn ein Losbruch der Militär-
partei gegen die Kammer, gegen Alles, was jene Herren unter
dem Titel „Liberali“ begreifen, war fast unvermeidlich. Zu einer
auf gestern erwarteten royalistischen Demonstration kam es nicht.
Der König soll den Officieren seiner Garderegimenter mit un-
mittelbarer Auflösung des Corps gedroht haben.

Der berühmte Philosoph Gioberti, auch ein „Reactionär,“
für den der Dolch vielleicht schon geschliffen ist, drückte sich jetzt
bitter über den Gang der italienischen Angelegenheiten im Allge-
meinen aus, namentlich auch über die vorparlamentarischen Ver-
handlungen, denen er in der letzten Zeit gar nicht mehr beiwohnte
und deren Resultat, „den Verfassungsentwurf der italienischen
Bundesstaaten,“ er geradezu mit „Kinderei“ bezeichnete. Die
entschieden demokratische Grundlage der neuentworfenen Consti-
tution dünkt ihm nicht nur für die Fürsten unannehmbar und
deren Gegenstreben „leider nur zu gewiß,“ sondern selbst den
Gefühlen der erleuchteten Mehrzahl der Bevölkerung gerade
zuwider. Was die Verhandlungen der italienischen Cabinette
betrifft, um einen Fürstenbund zu erwirken, so ist ihm dieser
kaum wünschenswerth, nun die Befreiung Oberitaliens von öster-
reichischer Herrschaft nicht mehr die erste Bedingung desselben seyn
zu sollen scheint. Eine Hegemonie Sardiniens, ein allmäliges
Aufgehen der übrigen Staaten der Halbinsel in das nord-
italienische Reich, war Herrn Gioberti's Grundidee, die er zwar
öffentlich nie unumwunden aussprach, aber in vertrauten Cirkeln
hinlänglich andeutete. Nun hat die Vertreibung der Piemontesen
aus der Lombardei und der moralische Einfluß dieses Ereignisses,
insbesondere das neuerregte Mißtrauen der Lombardei gegen Carlo
Alberto sein Ziel verrückt, seine Hoffnungen vernichtet, nun fühlt
er, daß die jetzige Gestaltung der Dinge seine Versprechungen,
seine Prophezeiungen als die eines Unerfahrenen, mit der nackten
Wirklichkeit wenig Vertrauten, seine Popularität zum Theil als
usurpirt, ja seine Endabsichten vielleicht als wenig ehrenvoll er-
scheinen läßt, und wünscht sich, voll Ueberdruß, „aus den unbän-
digen Fluthen der Politik zurück nach der friedlich stillen Heimath
wissenschaftlicher Meditationen.“ Wahrscheinlich wird er auch
die Kammerpräsidentenstelle aufgeben. — Während meines Auf-
haltes in Savoyen hatte ich hinlängliche Gelegenheit, mich zu
überzeugen, daß die Behauptung, die republikanische Partei sey
da überwiegend, durchaus ungegründet ist. Westlich vom Mont-
Cenis klagt man viel über das Zwangsanlehen auf Hypotheken,
über die in der Lombardei gefallenen Landeskinder, über die neuen
Aushebungen; aber man wünscht im Allgemeinen deshalb so
wenig eine republikanische Regierung, daß eben Abneigung gegen
dieselbe die frühere Sympathie für Frankreich bedeutend ver-
minderte. Nicht demokratische Gelüste drohen Savoyen von
Piemont abzulösen; andere, durch geographische Verhältnisse
bedingte ethnographische Zustände drängen das höchst interessante
Land zu einem Anschlusse an Frankreich. Savoyen ist von Pie-
mont durch eine hohe Alpenkette getrennt, die allen Handelsverkehr
erschwert, vertheuert und zum Theil unzulässig macht; durch die
Sprache, die intimen Beziehungen „ avec les italiens “ hemmend
entgegentritt. Zu Frankreich gehörig wäre beinahe jeder Aus-
tausch leichter und vertheilhafter; mit französischen Capitalien
könnten die reichen Mineralgruben des Landes weit nachdrücklicher
und umfassender ausgebeutet werden. Mit den Franzosen haben
die Savoyarden Sprache, Sitten und Gebräuche gemein; nur in
Frankreich bereichern sich die armen Thalbewohner; mit der
französischen Armee vereint würden die braven Soldaten Sa-
voyens noch weit freudiger und muthiger kämpfen.

Frankreich.

* * * Paris 5. December. Noch immer hat man keine be-
stimmten Nachrichten, wo der heilige Vater sich befindet und die
Minister sprachen gestern nur die Muthmaßung aus, der Papst
befinde sich wahrscheinlich in Corsika, weil der „Tenarus“ des
stürmischen Wetters wegen die französische Küste noch nicht habe
erreichen können. Es waren drei Fregatten ausgeschickt worden,
um dieses Dampfboot und den hohen Reisenden aufzusuchen.
Nach Briefen aus Genua soll der „Tenarus“ dort auf der Höhe
gesehen worden seyn. Nach einem anderen Gerüchte soll der
Papst sich in Gaeta gar nicht eingeschifft, sondern nach Neapel
sich begeben haben, was insofern innere Wahrscheinlichkeit hat,
als der heilige Vater nur im äußersten Nothfalle Jtalien ver-
lassen wird. Wie es hier allgemein heißt, soll der König
von Sardinien vergiftet worden seyn,
die Bestäti-
gung dieser Nachricht müssen wir noch abwarten.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0004] den Aemtern Hünfeld, Burghaun, Eiterfeld und Großenlüder ge- wählt. Den Wahlmännern aus diesen Aemtern empfehlen wir außer den bereits in Nr. 154 dieser Blätter Genannten, noch folgende Männer als zu Bezirksräthen ganz besonders geeignet: 1 ) Actuar Dippel in Hünfeld, 2 ) Dompräbendat Dr. Malk- mus in Fulda, 3 ) Advocat Kaufholz in Burghaun, 4 ) Kauf- mann Keßler in Hünfeld, 5 ) Stadtkämmerer Bruno Vogt daselbst, 6 ) Gastwirth Huneck daselbst, 7 ) Gutsbesitzer Hillen- brand in Molzbach. Möchten die Wahlmänner aus oben ge- nannten Aemtern ihre Aufmerksamkeit auf die von uns bezeichneten Candidaten lenken, es sind die Männer, zu welchen das Volk im alten Buchenlande Vertrauen hat, die seine Sprache verstehen, seinen Glauben, Sitten und Gewohnheiten wie die alten Weis- tümer seines heimathlichen Privatrechtes kennen ___uud achten, die vor Allen aber mit seinen Wünschen und Bedürfnissen innig vertraut sind. Diese Männer wird das Volk gern an der Spitze seiner Angelegenheiten sehen und wir haben das Vertrauen zu ihnen, daß sie mit aller Kraft und Sorgfalt die Jnteressen eines Landestheiles fördern werden, den eine zweiunddreißigjährige unwürdige Behandlung Seitens des hessischen Regierung und ihrer dienstbeflissenen, mit althessischen Vorurtheilen erfüllter Diener so sehr vernachläßigt und gedrückt hat. Altenburg 2. December. ( Schw. M. ) Der Tod unserer Herzogin und die Abdankung unseres Herzogs zu Gunsten seines Bruders Georg sind um so betrübender, weil deren Ursachen keine andere sind, als die künstlich erregte und herbeigeführte Auf- lehnung gegen Obrigkeit und Gesetze und die erbärmliche Miß- achtung und Verhöhnung des herzoglichen Hauses. Sie dürften aber in ihren Folgen für das ganze Land einen Wendepunkt zum Bessern herbeiführen, indem viele Verführte schon zur Besinnung gekommen sind, viele andere in Kürze zur Besinnung kommen werden. Man wird auch höhern Orts, ohne die Errungenschaf- ten der Neuzeit zu verletzen, die Zügel straffer fassen und gegen alle Wühlerei und Gesetzlosigkeit mit aller Strenge einschreiten. Der Anfang dazu ist bereits gemacht, und erfreulich ist es, berich- ten zu können, daß jetzt die Regierung ohne ihr weiteres Zuthun eine Mehrheit in der Landschaft hat, während sie noch bis vor Kurzem in fast allen Fällen in der Minderheit blieb. Der dem Herzoge und dem Lande aufgedrungene Barricaden=Minister Cru- ciger ist aus dem Ministerium entfernt worden. Dasselbe wurde ergänzt durch Herrn v. Gabelentz, der, an der ______Spitze der Re- gierung stehend, dem Lande die längst ersehnte Ruhe und Ord- nung wieder bringen wird. — Der Aufwiegler Erbe, welcher jetzt durch Steckbriefe verfolgt wird, soll sich in die Schweiz ge- flüchtet haben. Jtalien. Neapel 26. November. Ungeheuere Bewegung herrscht heute in der Hauptstadt. Diesen Morgen verkündete ein außerordent- liches Bulletin der Staatszeitung mit kurzen, aber fast triumphi- renden Worten, Pius IX. sey „in unserer Mitte“ und habe seinen Wohnsitz in Gaeta ( neapolitanische Festung am Mittelmeere, nördlich von Neapel ) aufgeschlagen. Seit mehreren Tagen allgemeine Gebete im ganzen Königreiche für seine Befreiung. Schon gestern Abend kam die Nachricht ins Schloß; noch in der Nacht wurden einige Bataillone mit Dampf- booten hingeschickt. Der König mit seiner ganzen Familie ist ebenfalls in aller Frühe hingegangen, um Sr. Heiligkeit seine Ehrfurcht zu bezeugen. — Vom 27. November. Die Flucht des Papstes ist vorerst Tagesgespräch. Wir hören, er sey zu Land ( also nicht an Bord eines französischen Dampfbootes ) durch Ver- mittelung des königl. bayerischen Gesandten v. Spaur, in der Livree eines der Gesandtschaftsbedienten entkommen, nachdem man die Wachen der Nationalgarde in der Nacht vom 24. auf den 25. berauscht oder eingeschläfert hatte. An der äußersten Grenze des Staates habe das Volk den Papst erkannt und ange- halten; erst ein herbeigerufenes Bataillon neapolitanischer Trup- pen habe ihn über die Grenze gebracht. — Vorgestern Abend erfuhr man die weitere Verschiebung des Zusammen- trittes der Kammern bis zum 1. Februar. Jn einer kurzen Einleitung, welche dem k. Decrete in der Staatszeitung voraus- geht, sind die seit der letzten Vertagung eingetretenen politischen Verwickelungen, der noch immer schwebende Zwist mit Sicilien und ganz besonders die blutigen allerneuesten Umwälzungen ( um so mehr gefahrdrohend, weil im Nachbarstaate vorgefallen ) als Beweggründe angeführt, welche die Regierung zu diesem Schritte nöthigten. Jn der Hauptstadt ist die große Mehrzahl der Bürger unverkennbar der Maßregel froh, denn ein Losbruch der Militär- partei gegen die Kammer, gegen Alles, was jene Herren unter dem Titel „Liberali“ begreifen, war fast unvermeidlich. Zu einer auf gestern erwarteten royalistischen Demonstration kam es nicht. Der König soll den Officieren seiner Garderegimenter mit un- mittelbarer Auflösung des Corps gedroht haben. Der berühmte Philosoph Gioberti, auch ein „Reactionär,“ für den der Dolch vielleicht schon geschliffen ist, drückte sich jetzt bitter über den Gang der italienischen Angelegenheiten im Allge- meinen aus, namentlich auch über die vorparlamentarischen Ver- handlungen, denen er in der letzten Zeit gar nicht mehr beiwohnte und deren Resultat, „den Verfassungsentwurf der italienischen Bundesstaaten,“ er geradezu mit „Kinderei“ bezeichnete. Die entschieden demokratische Grundlage der neuentworfenen Consti- tution dünkt ihm nicht nur für die Fürsten unannehmbar und deren Gegenstreben „leider nur zu gewiß,“ sondern selbst den Gefühlen der erleuchteten Mehrzahl der Bevölkerung gerade zuwider. Was die Verhandlungen der italienischen Cabinette betrifft, um einen Fürstenbund zu erwirken, so ist ihm dieser kaum wünschenswerth, nun die Befreiung Oberitaliens von öster- reichischer Herrschaft nicht mehr die erste Bedingung desselben seyn zu sollen scheint. Eine Hegemonie Sardiniens, ein allmäliges Aufgehen der übrigen Staaten der Halbinsel in das nord- italienische Reich, war Herrn Gioberti's Grundidee, die er zwar öffentlich nie unumwunden aussprach, aber in vertrauten Cirkeln hinlänglich andeutete. Nun hat die Vertreibung der Piemontesen aus der Lombardei und der moralische Einfluß dieses Ereignisses, insbesondere das neuerregte Mißtrauen der Lombardei gegen Carlo Alberto sein Ziel verrückt, seine Hoffnungen vernichtet, nun fühlt er, daß die jetzige Gestaltung der Dinge seine Versprechungen, seine Prophezeiungen als die eines Unerfahrenen, mit der nackten Wirklichkeit wenig Vertrauten, seine Popularität zum Theil als usurpirt, ja seine Endabsichten vielleicht als wenig ehrenvoll er- scheinen läßt, und wünscht sich, voll Ueberdruß, „aus den unbän- digen Fluthen der Politik zurück nach der friedlich stillen Heimath wissenschaftlicher Meditationen.“ Wahrscheinlich wird er auch die Kammerpräsidentenstelle aufgeben. — Während meines Auf- haltes in Savoyen hatte ich hinlängliche Gelegenheit, mich zu überzeugen, daß die Behauptung, die republikanische Partei sey da überwiegend, durchaus ungegründet ist. Westlich vom Mont- Cenis klagt man viel über das Zwangsanlehen auf Hypotheken, über die in der Lombardei gefallenen Landeskinder, über die neuen Aushebungen; aber man wünscht im Allgemeinen deshalb so wenig eine republikanische Regierung, daß eben Abneigung gegen dieselbe die frühere Sympathie für Frankreich bedeutend ver- minderte. Nicht demokratische Gelüste drohen Savoyen von Piemont abzulösen; andere, durch geographische Verhältnisse bedingte ethnographische Zustände drängen das höchst interessante Land zu einem Anschlusse an Frankreich. Savoyen ist von Pie- mont durch eine hohe Alpenkette getrennt, die allen Handelsverkehr erschwert, vertheuert und zum Theil unzulässig macht; durch die Sprache, die intimen Beziehungen „ avec les italiens “ hemmend entgegentritt. Zu Frankreich gehörig wäre beinahe jeder Aus- tausch leichter und vertheilhafter; mit französischen Capitalien könnten die reichen Mineralgruben des Landes weit nachdrücklicher und umfassender ausgebeutet werden. Mit den Franzosen haben die Savoyarden Sprache, Sitten und Gebräuche gemein; nur in Frankreich bereichern sich die armen Thalbewohner; mit der französischen Armee vereint würden die braven Soldaten Sa- voyens noch weit freudiger und muthiger kämpfen. Frankreich. * * * Paris 5. December. Noch immer hat man keine be- stimmten Nachrichten, wo der heilige Vater sich befindet und die Minister sprachen gestern nur die Muthmaßung aus, der Papst befinde sich wahrscheinlich in Corsika, weil der „Tenarus“ des stürmischen Wetters wegen die französische Küste noch nicht habe erreichen können. Es waren drei Fregatten ausgeschickt worden, um dieses Dampfboot und den hohen Reisenden aufzusuchen. Nach Briefen aus Genua soll der „Tenarus“ dort auf der Höhe gesehen worden seyn. Nach einem anderen Gerüchte soll der Papst sich in Gaeta gar nicht eingeschifft, sondern nach Neapel sich begeben haben, was insofern innere Wahrscheinlichkeit hat, als der heilige Vater nur im äußersten Nothfalle Jtalien ver- lassen wird. Wie es hier allgemein heißt, soll der König von Sardinien vergiftet worden seyn, die Bestäti- gung dieser Nachricht müssen wir noch abwarten. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 158. Mainz, 7. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal158_1848/4>, abgerufen am 01.06.2024.