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Mainzer Journal. Nr. 167. Mainz, 18. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz] lung willigen 1). ( Wiederholter Zuruf und Applaus. ) Reitter
von Prag stimmt mit Venedey's Ansicht überein, verlangt aber
doch Begutachtung der Sache durch einen Ausschuß. Dann
wollte man sehen, ob Deutschland ein zweites Polen und Oester-
reich an Rußland ausgeliefert werden solle. Plathner
warnt vor einer Entscheidung inmitten solcher Gefühlsauf-
regungen. Wesendonck kehrt zu der Frage zurück, an
welchen Ausschuß das Programm gehöre. Der Biedermannsche
Ausschuß sey seinen Bericht über die preußischen Angelegen-
heiten noch schuldig und besitze das Vertrauen des Hauses
nicht. Dagegen schlägt Wesendonck vor, den combinirten Ver-
fassungs- und österreichischen Ausschuß über das Programm be-
richten zu lassen. Rüder aus Oldenburg will die Sache dem
Ausschusse für staatsrechtliche und internationale Verhältnisse
übergeben sehen. Hartmann aus Leitmeritz: Es wäre ein
Verbrechen, auf den Antrag des Ministerpräsidenten einzuge-
hen. Zur Tagesordnung darüber, sogleich und ohne Motivirung!
Reichensperger: Vor den österreichischen Ausschuß gehört die
Frage. v. Vincke: An mir und meinen politischen Freunden liegt
es nicht, daß §. 2. und 3. der Verfassung zu diesem Dilemma
Veranlassung gegeben. Wir haben uns nur der Majorität der
österreichischen Abgeordneten in diesem Hause unterworfen. Der
competente Ausschuß ist der Biedermannsche. Buß will den
österreichischen Ausschuß, Löwe von Kalbe einen neu zu erwäh-
lenden mit der Angelegenheit beauftragten, denn die Stellung der
Parteien im Hause sey eine andere geworden. Während Wich-
mann
und G. Beseler ( dieser für Ueberweisung an den Bie-
dermannschen Ausschuß ) sprechen, herrscht eine kaum zu bewäl-
tigende Unruhe, besonders auf der linken tief aufgeregten Seite
des Hauses. Giskra: Noch ist Oesterreich nicht verloren von
Deutschland und ich hoffe es soll dabei bleiben! Also wenigstens
nicht vor den völkerrechtlichen Ausschuß gehört die Sache. Graf
Deym: Was hier vorliegt, sind thatsächliche Verhältnisse.
Oesterreich schließt sich nicht aus, es hat immer zu Deutschland
gehört und soll dabei bleiben, aber lassen Sie uns die viel ver-
wickelten Verhältnisse mit Ruhe betrachten und einen neuen Aus-
schuß sich mit ihrer Lösung beschäftigen.

Hier endlich wird die unfruchtbare Debatte abgebrochen und
zur Abstimmung geschritten. Jhr Ergebniß ist, daß die Vorlage
des Ministeriums an keinen der vorgeschlagenen bestehenden Aus-
schüsse verwiesen, sondern daß ein neuer Ausschuß dafür
durch die Abtheilungen gewählt werde. Die morgende Sitzung
wird auf Schoders dringendes Verlangen der zweiten Lesung der
Grundrechte gewidmet.



Deutschland.

Wien 12. December. ( Weser=Z. ) So eben treffen ganz ver-
läßliche Mittheilungen ein, daß sich die Politik des österreichischen
Ministeriums bestimmt dahin geändert hat, daß es nicht allein die
§§. 2. und 3. annimmt, sondern auch alle ihre Consequenzen hin-
sichtlich seiner deutschen Provinzen anerkennt, unter der Beding-
ung, daß dem Kaiser Franz Joseph die deutsche
Kaiserkrone übertragen wird.
Auch diese Aussicht, für
deren Verwirklichung sich schon eine starke Majorität in Frankfurt
sindet, soll den Thronwechsel mit veranlaßt haben.

Berlin 16. December. ( D. Z. ) Der Justizminister hat durch
Circularschreiben die verschiedenen Staatsanwalte angewiesen, ge-
gen alle Die mit gerichtlicher Untersuchung vorzuschreiten, welche
in letzter Zeit zur Auflehnung gegen die gesetzliche Ordnung aufge-
fordert u. s. w. Bereits werden auch aus den verschiedensten
Landestheilen zahlreiche Verhaftungen von namhaften Personen
gemeldet. Vor dem Einreißen der Gesetzlosigkeit wäre eine solche
Thatkraft der Regierung gewiß höchst anerkennungswerth gewesen.
Jetzt nach Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung und dem
Siege der Regierung erscheint die Gerechtigkeit selbst beinahe als
Rache. Von einzelnen Fällen erwähnen wir, daß in Münster
der Justizcommissarius Gierse, der Stadtverordnete Hartmann
und der ehemalige Lieutenant a. D. Stricker, der erste Präsident,
die anderen Mitglieder eines sich hier gebildeten demokratischen
Sicherheitausschusses, verhaftet wurden. Einige haben sich der
Verhaftung durch die Flucht entzogen, wie die Referendarien
Reinharz und Stierlein. Auch in Warendorf hat man mehrere
Demokraten zur Untersuchung gezogen, unter ihnen den Justiz-
commissarius Thüssing und einen Herrn Matz. Der Steuerem-
[Spaltenumbruch] pfänger Landrath a. D. Brast zu Recklinghausen, welcher sich
nicht nur weigerte, die bereits erhobenen Steuern abzuführen,
sondern auch die fälligen zu erheben, wurde vom Dienste suspen-
dirt und über ihn die Untersuchung verhängt. Jn Dortmund fan-
den am 11. December tumultuarische Auftritte statt. Zwei Mit-
glieder des Volksvereines, v. Mirbach und Graumann, waren
wegen Reden und Handlungen auf dem zur Unterstützung der Na-
tionalversammlung unlängst zu Münster abgehaltenen Congresse
auf Requisition des dortigen Stadtgerichtes verhaftet worden und
eine ziemlich zahlreiche Menge vor dem Rathhause brachte den
Verhafteten ein Hoch und Einige machten Miene, in das Ge-
fängniß einzudringen. Dies gelang nicht, die Bürgerwehr zer-
streute den Haufen, wie man sagt, mit allzugroßer Leidenschaft-
lichkeit. Aehnliches wird Jhnen sonst berichtet seyn. Die Anklage
gegen die Abgeordneten, welche die Ausführung der Steuerver-
weigerung zu fördern versucht haben, ist ausgearbeitet, um nach
Umständen aufgenommen zu werden. Suspensionen von Amte
kommen in Menge vor; wir erinnern an Düsseldorf, Merseburg,
Stettin. Auch der interimistische Bürgermeister von Cöslin,
Oberlandesgerichtsassessor Mollinghaus, ist von seinem Amte
suspendirt. Ohne über irgend einen besondern Fall ein Urtheil
aussprechen zu wollen, darf man doch wünschen, daß die so glück-
lich beruhigten Leidenschaften nicht ohne Noth durch politische
Processe wieder aufgeweckt werden.

Die "Constitutionelle Correspondenz" enthält folgende Mit-
theilung: Es gehen hier dunkele Gerüchte um über eine am ver-
gangenen Sonntage stattgefundene Vertreibung oder Verscheuchung
eines republikanischen Clubs aus einem in der Nähe der Georgen-
kirch e belegenen noch nicht vollständig ausgebauten Hause. Ein
Attache einer fremden Gesandtschaft soll der Sache nicht fremd
seyn und die plötzliche Ausweisung d'Esters damit im Zusammen-
hange stehen. -- Der Justizminister hat durch Circularschreiben
die verschiedenen Staatsanwälte angewiesen, gegen alle die mit
gerichtlicher Untersuchung vorzuschreiten, welche in letzter Zeit zur
Auflehnung gegen die gesetzliche Ordnung aufgefordert --
Von den noch hier weilenden Demokraten hört man vielfach die
Absicht aussprechen, sich nach Breslau übersiedeln zu wollen,
um von da aus als Wahlcandidaten sich empfehlen und präsenti-
ren zu lassen.

Aus Neu-Vor-Pommern 13. December. ( D. Z. ) Man
berichtet aus Kopenhagen vom 7. d., daß dänischer Seits mili-
tärische Rüstungen eifrig betrieben werden; dies beunruhigt hier
sehr, da schon jetzt die Besorgniß einer neuen Störung unserer
Schifffahrt im Frühjahre von nachtheiligem Einflusse ist auf die
Entschlüsse der Schiffsrheder, die keine Frachten, und der Getreide-
händler, die keine Ausfuhrcontracte mit einiger Sicherheit ab-
schließen können. Es wird beklagt, daß hier noch immer kein
wirklicher Anfang mit Schiffsbau für die deutsche Kriegsflotte ge-
macht worden ist, womit jenen dänischen Rüstungen gegenüber
wenigstens ein gleicher Ernst diesseits gezeigt werden könnte, jeder
ungebührlichen Anmaßung kräftigst entgegentreten zu wollen. Jn
den königlichen Forsten steht genügender Vorrath von Schiffsbau-
holz, um da von die zahlreichen Werfte Neu=Vor=Pommerns mit dem
Nöthigen versorgen zu können, wenn die Lager von trockenem
Holze nicht schon hinreichen sollten, mehr als die nothwendigsten
Kanonenboote zu erbauen; nur muß allerdings mit dem Fällen des
Holzes nicht so lange gezögert werden, bis es für den Zweck zu spat
ist. -- Auch in diesem Theile Preußens, wo seit längerer Zeit die
Demokraten ein wüstes Wesen trieben, und selbst die Steuerver-
weigerung durch reitende Boten Propaganda zu machen versuchte,
kommt man nach den jüngsten Schritten des Königs mehr zur
Besinnung und es wächst die Hoffnung, daß wahre Freiheit auf
geregeltem Wege sicher zu stellen seyn werde. Jene reitenden Bo-
ten haben übrigens kein sonderliches Glück gemacht und einer ist
ohne Pferd wieder zurückgekommen, zur großen Betrübniß der
Casse, woraus dasselbe bezahlt werden mußte.

Köln 13. December. Auf der "Neuen Rheinischen Zeitung"
prangt noch immer in unermeßlichen Buchstaben die Ueberschrift:
"Keine Steuern mehr!" Deshalb vor Gericht gezogen, hat der
Redacteur dieses Blattes die Erläuterung gegeben, das Wort
mehr sey zu betonen; er warne vor mehr Steuern, als den jetzt
gesetzlich bestehenden.

Frankfurt 18. December. ( D. Z. ) Die österreichischen Ab-
geordneten zur deutschen Reichsversammlung sind zum größten
Theile aus den verschiedenen Parlamentsclubs, denen sie bisher
angehörten, ausgetreten, um sich zu einer rein österreichisch=lands-
mannschaftlichen Partei im Hotel Schröter um v. Schmerling zu
vereinigen. Diese Fraction soll bereits 74 Mitglieder zählen.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

1) Herr Venedey könnte von seiner Manie wahrhaftig nicht besser
geheilt werden, als wenn man ihn zum Reichsminister machte. Mit
seinem Programm würde er sich keine zwei Sitzungen halten!

[Beginn Spaltensatz] lung willigen 1). ( Wiederholter Zuruf und Applaus. ) Reitter
von Prag stimmt mit Venedey's Ansicht überein, verlangt aber
doch Begutachtung der Sache durch einen Ausschuß. Dann
wollte man sehen, ob Deutschland ein zweites Polen und Oester-
reich an Rußland ausgeliefert werden solle. Plathner
warnt vor einer Entscheidung inmitten solcher Gefühlsauf-
regungen. Wesendonck kehrt zu der Frage zurück, an
welchen Ausschuß das Programm gehöre. Der Biedermannsche
Ausschuß sey seinen Bericht über die preußischen Angelegen-
heiten noch schuldig und besitze das Vertrauen des Hauses
nicht. Dagegen schlägt Wesendonck vor, den combinirten Ver-
fassungs- und österreichischen Ausschuß über das Programm be-
richten zu lassen. Rüder aus Oldenburg will die Sache dem
Ausschusse für staatsrechtliche und internationale Verhältnisse
übergeben sehen. Hartmann aus Leitmeritz: Es wäre ein
Verbrechen, auf den Antrag des Ministerpräsidenten einzuge-
hen. Zur Tagesordnung darüber, sogleich und ohne Motivirung!
Reichensperger: Vor den österreichischen Ausschuß gehört die
Frage. v. Vincke: An mir und meinen politischen Freunden liegt
es nicht, daß §. 2. und 3. der Verfassung zu diesem Dilemma
Veranlassung gegeben. Wir haben uns nur der Majorität der
österreichischen Abgeordneten in diesem Hause unterworfen. Der
competente Ausschuß ist der Biedermannsche. Buß will den
österreichischen Ausschuß, Löwe von Kalbe einen neu zu erwäh-
lenden mit der Angelegenheit beauftragten, denn die Stellung der
Parteien im Hause sey eine andere geworden. Während Wich-
mann
und G. Beseler ( dieser für Ueberweisung an den Bie-
dermannschen Ausschuß ) sprechen, herrscht eine kaum zu bewäl-
tigende Unruhe, besonders auf der linken tief aufgeregten Seite
des Hauses. Giskra: Noch ist Oesterreich nicht verloren von
Deutschland und ich hoffe es soll dabei bleiben! Also wenigstens
nicht vor den völkerrechtlichen Ausschuß gehört die Sache. Graf
Deym: Was hier vorliegt, sind thatsächliche Verhältnisse.
Oesterreich schließt sich nicht aus, es hat immer zu Deutschland
gehört und soll dabei bleiben, aber lassen Sie uns die viel ver-
wickelten Verhältnisse mit Ruhe betrachten und einen neuen Aus-
schuß sich mit ihrer Lösung beschäftigen.

Hier endlich wird die unfruchtbare Debatte abgebrochen und
zur Abstimmung geschritten. Jhr Ergebniß ist, daß die Vorlage
des Ministeriums an keinen der vorgeschlagenen bestehenden Aus-
schüsse verwiesen, sondern daß ein neuer Ausschuß dafür
durch die Abtheilungen gewählt werde. Die morgende Sitzung
wird auf Schoders dringendes Verlangen der zweiten Lesung der
Grundrechte gewidmet.



Deutschland.

Wien 12. December. ( Weser=Z. ) So eben treffen ganz ver-
läßliche Mittheilungen ein, daß sich die Politik des österreichischen
Ministeriums bestimmt dahin geändert hat, daß es nicht allein die
§§. 2. und 3. annimmt, sondern auch alle ihre Consequenzen hin-
sichtlich seiner deutschen Provinzen anerkennt, unter der Beding-
ung, daß dem Kaiser Franz Joseph die deutsche
Kaiserkrone übertragen wird.
Auch diese Aussicht, für
deren Verwirklichung sich schon eine starke Majorität in Frankfurt
sindet, soll den Thronwechsel mit veranlaßt haben.

Berlin 16. December. ( D. Z. ) Der Justizminister hat durch
Circularschreiben die verschiedenen Staatsanwalte angewiesen, ge-
gen alle Die mit gerichtlicher Untersuchung vorzuschreiten, welche
in letzter Zeit zur Auflehnung gegen die gesetzliche Ordnung aufge-
fordert u. s. w. Bereits werden auch aus den verschiedensten
Landestheilen zahlreiche Verhaftungen von namhaften Personen
gemeldet. Vor dem Einreißen der Gesetzlosigkeit wäre eine solche
Thatkraft der Regierung gewiß höchst anerkennungswerth gewesen.
Jetzt nach Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung und dem
Siege der Regierung erscheint die Gerechtigkeit selbst beinahe als
Rache. Von einzelnen Fällen erwähnen wir, daß in Münster
der Justizcommissarius Gierse, der Stadtverordnete Hartmann
und der ehemalige Lieutenant a. D. Stricker, der erste Präsident,
die anderen Mitglieder eines sich hier gebildeten demokratischen
Sicherheitausschusses, verhaftet wurden. Einige haben sich der
Verhaftung durch die Flucht entzogen, wie die Referendarien
Reinharz und Stierlein. Auch in Warendorf hat man mehrere
Demokraten zur Untersuchung gezogen, unter ihnen den Justiz-
commissarius Thüssing und einen Herrn Matz. Der Steuerem-
[Spaltenumbruch] pfänger Landrath a. D. Brast zu Recklinghausen, welcher sich
nicht nur weigerte, die bereits erhobenen Steuern abzuführen,
sondern auch die fälligen zu erheben, wurde vom Dienste suspen-
dirt und über ihn die Untersuchung verhängt. Jn Dortmund fan-
den am 11. December tumultuarische Auftritte statt. Zwei Mit-
glieder des Volksvereines, v. Mirbach und Graumann, waren
wegen Reden und Handlungen auf dem zur Unterstützung der Na-
tionalversammlung unlängst zu Münster abgehaltenen Congresse
auf Requisition des dortigen Stadtgerichtes verhaftet worden und
eine ziemlich zahlreiche Menge vor dem Rathhause brachte den
Verhafteten ein Hoch und Einige machten Miene, in das Ge-
fängniß einzudringen. Dies gelang nicht, die Bürgerwehr zer-
streute den Haufen, wie man sagt, mit allzugroßer Leidenschaft-
lichkeit. Aehnliches wird Jhnen sonst berichtet seyn. Die Anklage
gegen die Abgeordneten, welche die Ausführung der Steuerver-
weigerung zu fördern versucht haben, ist ausgearbeitet, um nach
Umständen aufgenommen zu werden. Suspensionen von Amte
kommen in Menge vor; wir erinnern an Düsseldorf, Merseburg,
Stettin. Auch der interimistische Bürgermeister von Cöslin,
Oberlandesgerichtsassessor Mollinghaus, ist von seinem Amte
suspendirt. Ohne über irgend einen besondern Fall ein Urtheil
aussprechen zu wollen, darf man doch wünschen, daß die so glück-
lich beruhigten Leidenschaften nicht ohne Noth durch politische
Processe wieder aufgeweckt werden.

Die „Constitutionelle Correspondenz“ enthält folgende Mit-
theilung: Es gehen hier dunkele Gerüchte um über eine am ver-
gangenen Sonntage stattgefundene Vertreibung oder Verscheuchung
eines republikanischen Clubs aus einem in der Nähe der Georgen-
kirch é belegenen noch nicht vollständig ausgebauten Hause. Ein
Attache einer fremden Gesandtschaft soll der Sache nicht fremd
seyn und die plötzliche Ausweisung d'Esters damit im Zusammen-
hange stehen. — Der Justizminister hat durch Circularschreiben
die verschiedenen Staatsanwälte angewiesen, gegen alle die mit
gerichtlicher Untersuchung vorzuschreiten, welche in letzter Zeit zur
Auflehnung gegen die gesetzliche Ordnung aufgefordert
Von den noch hier weilenden Demokraten hört man vielfach die
Absicht aussprechen, sich nach Breslau übersiedeln zu wollen,
um von da aus als Wahlcandidaten sich empfehlen und präsenti-
ren zu lassen.

Aus Neu-Vor-Pommern 13. December. ( D. Z. ) Man
berichtet aus Kopenhagen vom 7. d., daß dänischer Seits mili-
tärische Rüstungen eifrig betrieben werden; dies beunruhigt hier
sehr, da schon jetzt die Besorgniß einer neuen Störung unserer
Schifffahrt im Frühjahre von nachtheiligem Einflusse ist auf die
Entschlüsse der Schiffsrheder, die keine Frachten, und der Getreide-
händler, die keine Ausfuhrcontracte mit einiger Sicherheit ab-
schließen können. Es wird beklagt, daß hier noch immer kein
wirklicher Anfang mit Schiffsbau für die deutsche Kriegsflotte ge-
macht worden ist, womit jenen dänischen Rüstungen gegenüber
wenigstens ein gleicher Ernst diesseits gezeigt werden könnte, jeder
ungebührlichen Anmaßung kräftigst entgegentreten zu wollen. Jn
den königlichen Forsten steht genügender Vorrath von Schiffsbau-
holz, um da von die zahlreichen Werfte Neu=Vor=Pommerns mit dem
Nöthigen versorgen zu können, wenn die Lager von trockenem
Holze nicht schon hinreichen sollten, mehr als die nothwendigsten
Kanonenboote zu erbauen; nur muß allerdings mit dem Fällen des
Holzes nicht so lange gezögert werden, bis es für den Zweck zu spat
ist. — Auch in diesem Theile Preußens, wo seit längerer Zeit die
Demokraten ein wüstes Wesen trieben, und selbst die Steuerver-
weigerung durch reitende Boten Propaganda zu machen versuchte,
kommt man nach den jüngsten Schritten des Königs mehr zur
Besinnung und es wächst die Hoffnung, daß wahre Freiheit auf
geregeltem Wege sicher zu stellen seyn werde. Jene reitenden Bo-
ten haben übrigens kein sonderliches Glück gemacht und einer ist
ohne Pferd wieder zurückgekommen, zur großen Betrübniß der
Casse, woraus dasselbe bezahlt werden mußte.

Köln 13. December. Auf der „Neuen Rheinischen Zeitung“
prangt noch immer in unermeßlichen Buchstaben die Ueberschrift:
„Keine Steuern mehr!“ Deshalb vor Gericht gezogen, hat der
Redacteur dieses Blattes die Erläuterung gegeben, das Wort
mehr sey zu betonen; er warne vor mehr Steuern, als den jetzt
gesetzlich bestehenden.

Frankfurt 18. December. ( D. Z. ) Die österreichischen Ab-
geordneten zur deutschen Reichsversammlung sind zum größten
Theile aus den verschiedenen Parlamentsclubs, denen sie bisher
angehörten, ausgetreten, um sich zu einer rein österreichisch=lands-
mannschaftlichen Partei im Hotel Schröter um v. Schmerling zu
vereinigen. Diese Fraction soll bereits 74 Mitglieder zählen.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

1) Herr Venedey könnte von seiner Manie wahrhaftig nicht besser
geheilt werden, als wenn man ihn zum Reichsminister machte. Mit
seinem Programm würde er sich keine zwei Sitzungen halten!
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[0006] lung willigen 1). ( Wiederholter Zuruf und Applaus. ) Reitter von Prag stimmt mit Venedey's Ansicht überein, verlangt aber doch Begutachtung der Sache durch einen Ausschuß. Dann wollte man sehen, ob Deutschland ein zweites Polen und Oester- reich an Rußland ausgeliefert werden solle. Plathner warnt vor einer Entscheidung inmitten solcher Gefühlsauf- regungen. Wesendonck kehrt zu der Frage zurück, an welchen Ausschuß das Programm gehöre. Der Biedermannsche Ausschuß sey seinen Bericht über die preußischen Angelegen- heiten noch schuldig und besitze das Vertrauen des Hauses nicht. Dagegen schlägt Wesendonck vor, den combinirten Ver- fassungs- und österreichischen Ausschuß über das Programm be- richten zu lassen. Rüder aus Oldenburg will die Sache dem Ausschusse für staatsrechtliche und internationale Verhältnisse übergeben sehen. Hartmann aus Leitmeritz: Es wäre ein Verbrechen, auf den Antrag des Ministerpräsidenten einzuge- hen. Zur Tagesordnung darüber, sogleich und ohne Motivirung! Reichensperger: Vor den österreichischen Ausschuß gehört die Frage. v. Vincke: An mir und meinen politischen Freunden liegt es nicht, daß §. 2. und 3. der Verfassung zu diesem Dilemma Veranlassung gegeben. Wir haben uns nur der Majorität der österreichischen Abgeordneten in diesem Hause unterworfen. Der competente Ausschuß ist der Biedermannsche. Buß will den österreichischen Ausschuß, Löwe von Kalbe einen neu zu erwäh- lenden mit der Angelegenheit beauftragten, denn die Stellung der Parteien im Hause sey eine andere geworden. Während Wich- mann und G. Beseler ( dieser für Ueberweisung an den Bie- dermannschen Ausschuß ) sprechen, herrscht eine kaum zu bewäl- tigende Unruhe, besonders auf der linken tief aufgeregten Seite des Hauses. Giskra: Noch ist Oesterreich nicht verloren von Deutschland und ich hoffe es soll dabei bleiben! Also wenigstens nicht vor den völkerrechtlichen Ausschuß gehört die Sache. Graf Deym: Was hier vorliegt, sind thatsächliche Verhältnisse. Oesterreich schließt sich nicht aus, es hat immer zu Deutschland gehört und soll dabei bleiben, aber lassen Sie uns die viel ver- wickelten Verhältnisse mit Ruhe betrachten und einen neuen Aus- schuß sich mit ihrer Lösung beschäftigen. Hier endlich wird die unfruchtbare Debatte abgebrochen und zur Abstimmung geschritten. Jhr Ergebniß ist, daß die Vorlage des Ministeriums an keinen der vorgeschlagenen bestehenden Aus- schüsse verwiesen, sondern daß ein neuer Ausschuß dafür durch die Abtheilungen gewählt werde. Die morgende Sitzung wird auf Schoders dringendes Verlangen der zweiten Lesung der Grundrechte gewidmet. Deutschland. Wien 12. December. ( Weser=Z. ) So eben treffen ganz ver- läßliche Mittheilungen ein, daß sich die Politik des österreichischen Ministeriums bestimmt dahin geändert hat, daß es nicht allein die §§. 2. und 3. annimmt, sondern auch alle ihre Consequenzen hin- sichtlich seiner deutschen Provinzen anerkennt, unter der Beding- ung, daß dem Kaiser Franz Joseph die deutsche Kaiserkrone übertragen wird. Auch diese Aussicht, für deren Verwirklichung sich schon eine starke Majorität in Frankfurt sindet, soll den Thronwechsel mit veranlaßt haben. Berlin 16. December. ( D. Z. ) Der Justizminister hat durch Circularschreiben die verschiedenen Staatsanwalte angewiesen, ge- gen alle Die mit gerichtlicher Untersuchung vorzuschreiten, welche in letzter Zeit zur Auflehnung gegen die gesetzliche Ordnung aufge- fordert u. s. w. Bereits werden auch aus den verschiedensten Landestheilen zahlreiche Verhaftungen von namhaften Personen gemeldet. Vor dem Einreißen der Gesetzlosigkeit wäre eine solche Thatkraft der Regierung gewiß höchst anerkennungswerth gewesen. Jetzt nach Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung und dem Siege der Regierung erscheint die Gerechtigkeit selbst beinahe als Rache. Von einzelnen Fällen erwähnen wir, daß in Münster der Justizcommissarius Gierse, der Stadtverordnete Hartmann und der ehemalige Lieutenant a. D. Stricker, der erste Präsident, die anderen Mitglieder eines sich hier gebildeten demokratischen Sicherheitausschusses, verhaftet wurden. Einige haben sich der Verhaftung durch die Flucht entzogen, wie die Referendarien Reinharz und Stierlein. Auch in Warendorf hat man mehrere Demokraten zur Untersuchung gezogen, unter ihnen den Justiz- commissarius Thüssing und einen Herrn Matz. Der Steuerem- pfänger Landrath a. D. Brast zu Recklinghausen, welcher sich nicht nur weigerte, die bereits erhobenen Steuern abzuführen, sondern auch die fälligen zu erheben, wurde vom Dienste suspen- dirt und über ihn die Untersuchung verhängt. Jn Dortmund fan- den am 11. December tumultuarische Auftritte statt. Zwei Mit- glieder des Volksvereines, v. Mirbach und Graumann, waren wegen Reden und Handlungen auf dem zur Unterstützung der Na- tionalversammlung unlängst zu Münster abgehaltenen Congresse auf Requisition des dortigen Stadtgerichtes verhaftet worden und eine ziemlich zahlreiche Menge vor dem Rathhause brachte den Verhafteten ein Hoch und Einige machten Miene, in das Ge- fängniß einzudringen. Dies gelang nicht, die Bürgerwehr zer- streute den Haufen, wie man sagt, mit allzugroßer Leidenschaft- lichkeit. Aehnliches wird Jhnen sonst berichtet seyn. Die Anklage gegen die Abgeordneten, welche die Ausführung der Steuerver- weigerung zu fördern versucht haben, ist ausgearbeitet, um nach Umständen aufgenommen zu werden. Suspensionen von Amte kommen in Menge vor; wir erinnern an Düsseldorf, Merseburg, Stettin. Auch der interimistische Bürgermeister von Cöslin, Oberlandesgerichtsassessor Mollinghaus, ist von seinem Amte suspendirt. Ohne über irgend einen besondern Fall ein Urtheil aussprechen zu wollen, darf man doch wünschen, daß die so glück- lich beruhigten Leidenschaften nicht ohne Noth durch politische Processe wieder aufgeweckt werden. Die „Constitutionelle Correspondenz“ enthält folgende Mit- theilung: Es gehen hier dunkele Gerüchte um über eine am ver- gangenen Sonntage stattgefundene Vertreibung oder Verscheuchung eines republikanischen Clubs aus einem in der Nähe der Georgen- kirch é belegenen noch nicht vollständig ausgebauten Hause. Ein Attache einer fremden Gesandtschaft soll der Sache nicht fremd seyn und die plötzliche Ausweisung d'Esters damit im Zusammen- hange stehen. — Der Justizminister hat durch Circularschreiben die verschiedenen Staatsanwälte angewiesen, gegen alle die mit gerichtlicher Untersuchung vorzuschreiten, welche in letzter Zeit zur Auflehnung gegen die gesetzliche Ordnung aufgefordert — Von den noch hier weilenden Demokraten hört man vielfach die Absicht aussprechen, sich nach Breslau übersiedeln zu wollen, um von da aus als Wahlcandidaten sich empfehlen und präsenti- ren zu lassen. Aus Neu-Vor-Pommern 13. December. ( D. Z. ) Man berichtet aus Kopenhagen vom 7. d., daß dänischer Seits mili- tärische Rüstungen eifrig betrieben werden; dies beunruhigt hier sehr, da schon jetzt die Besorgniß einer neuen Störung unserer Schifffahrt im Frühjahre von nachtheiligem Einflusse ist auf die Entschlüsse der Schiffsrheder, die keine Frachten, und der Getreide- händler, die keine Ausfuhrcontracte mit einiger Sicherheit ab- schließen können. Es wird beklagt, daß hier noch immer kein wirklicher Anfang mit Schiffsbau für die deutsche Kriegsflotte ge- macht worden ist, womit jenen dänischen Rüstungen gegenüber wenigstens ein gleicher Ernst diesseits gezeigt werden könnte, jeder ungebührlichen Anmaßung kräftigst entgegentreten zu wollen. Jn den königlichen Forsten steht genügender Vorrath von Schiffsbau- holz, um da von die zahlreichen Werfte Neu=Vor=Pommerns mit dem Nöthigen versorgen zu können, wenn die Lager von trockenem Holze nicht schon hinreichen sollten, mehr als die nothwendigsten Kanonenboote zu erbauen; nur muß allerdings mit dem Fällen des Holzes nicht so lange gezögert werden, bis es für den Zweck zu spat ist. — Auch in diesem Theile Preußens, wo seit längerer Zeit die Demokraten ein wüstes Wesen trieben, und selbst die Steuerver- weigerung durch reitende Boten Propaganda zu machen versuchte, kommt man nach den jüngsten Schritten des Königs mehr zur Besinnung und es wächst die Hoffnung, daß wahre Freiheit auf geregeltem Wege sicher zu stellen seyn werde. Jene reitenden Bo- ten haben übrigens kein sonderliches Glück gemacht und einer ist ohne Pferd wieder zurückgekommen, zur großen Betrübniß der Casse, woraus dasselbe bezahlt werden mußte. Köln 13. December. Auf der „Neuen Rheinischen Zeitung“ prangt noch immer in unermeßlichen Buchstaben die Ueberschrift: „Keine Steuern mehr!“ Deshalb vor Gericht gezogen, hat der Redacteur dieses Blattes die Erläuterung gegeben, das Wort mehr sey zu betonen; er warne vor mehr Steuern, als den jetzt gesetzlich bestehenden. Frankfurt 18. December. ( D. Z. ) Die österreichischen Ab- geordneten zur deutschen Reichsversammlung sind zum größten Theile aus den verschiedenen Parlamentsclubs, denen sie bisher angehörten, ausgetreten, um sich zu einer rein österreichisch=lands- mannschaftlichen Partei im Hotel Schröter um v. Schmerling zu vereinigen. Diese Fraction soll bereits 74 Mitglieder zählen. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg. 1) Herr Venedey könnte von seiner Manie wahrhaftig nicht besser geheilt werden, als wenn man ihn zum Reichsminister machte. Mit seinem Programm würde er sich keine zwei Sitzungen halten!

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 167. Mainz, 18. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal167_1848/6>, abgerufen am 21.11.2024.