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Mainzer Journal. Nr. 168. Mainz, 19. Dezember 1848.

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Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den "Rheinischen Unterhaltungs-
blättern " schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 168. Dienstag, den 19. December. 1848.


[Beginn Spaltensatz] Bestellungen auf das mit dem 1. Januar 1849
beginnende neue Quartal des Mainzer Journals neh-
men alle Postämter an und wir ersuchen die resp.
Abonnenten, dieselben möglichst bald machen zu
wollen, damit wir die Größe der Auflage bestimmen
können. Eben so bitten wir alle Freunde sich nach
Kräften für die Verbreitung unseres Blattes zu in-
teressiren.

Der Präsident der Republik.

## Die bisher bekannt gewordenen Ergebnisse der Präsidenten-
wahl in Frankreich haben wohl viele Erwartungen getäuscht, viele
Leute in großes Erstaunen gesetzt. Also dennoch dieser Bonaparte,
der nichts für sich zu haben scheint, als seinen Namen, und mit
einer so ungeheuren Majorität! Und Cavaignac, noch vor Kur-
zem der Abgott der honetten Republikaner, für welchen noch kürz-
lich die Nationalversammlung eingetreten ist, dem sie ein so im-
posantes Vertrauensvotum gegeben, mit all' seinen Verdiensten,
und mit der Sympathie fast aller casinomäßigen Leute in ganz
Europa, er scheint durchgefallen! Sein Stern erlischt, nachdem
er ein paar Monate geleuchtet, wie früher der Stern Lamartine's.
Die Minoritäten, welche Ledru=Rollin und Raspail von ihren
treuen Anhängern empfangen, verschwinden in dem Meere der
Stimmen, welche freilich sehr ungleich dem honetten Republikaner
und dem Neffen seines Onkels zufallen.

Wie schnell, das ist der erste Gedanke, der sich uns darbietet,
verbraucht die Revolution ihre Leute, verschlingt sie ihre Kinder.
Heute roth, morgen todt! Gestern unbekannt, heute ein großer
Mann, morgen altes Eisen! Und doch ist die Natur nicht so ver-
schwenderisch. Bringt ein Jahrhundert in einem Lande zwei oder
drei große, oder nur bedeutende Staatsmänner und öffentliche
Charaktere hervor, es ist genug. Heute aber thäte es noth, daß
alle Monate ein paar staatsmännische Genie's geboren würden.
Allein die Natur läßt sich nichts abnöthigen, und wenn dann ein
hervorragendes Haupt nach dem andern im rasch wechselnden
Parteienspiele gefällt werden soll, so bleibt nichts übrig als die
Herrschaft der Mittelmäßigkeit, wenn nicht gar Gecken= und Bu-
benherrschaft, wie man auch zu erleben das Glück hatte. Ob
Cavaignac seine Niederlage, die vor der Hand unzweifelhaft
scheint -- verdient hat oder nicht, wollen wir nicht unter-
suchen, -- aber es ist doch ein charakteristischer und wenig erfreu-
licher Zug der modernen Franzosen, daß sie ihrer hervorragenden
Männer so schnell überdrüssig werden, so daß eine Neid sie
zu drängen scheint, jede Höhe alsbald zu erniedrigen, ge-
gerade wie bei jenen eiteln Athenern nur ein Mann sich auszu-
zeichnen brauchte, um alsbald dem Ostracismus zu verfallen.
Allein es wäre ungerecht, den Franzosen allein solche Vorwürfe
zu machen, da es doch nur die revolutionäre Krankheit des gan-
zen modernen Europa ist. Hatte ja kaum unser Vaterland z. B.
einen Gagern, als gleich Viele das Gelüste fühlten, sich seiner
zu entledigen, als ob diese Generation der kleinen Gerngroßen
einen recht verbissenen Grimm gegen solche hätte, die einen Kopf
hoch über die Anderen hervorragen!

Aber wie ist es möglich, daß dieser Bonaparte, dessen Prä-
tendentenschaft vor Kurzem die ausgemachteste Lächerlichkeit zu
seyn schien, nun eine solche Majorität von Stimmen auf sich
vereinigt? Sollte das wirklich die Frucht einer Jntrigue, etwa
der ehemalichen dynastischen Linken, sollte es ein Werk des
[Spaltenumbruch] schlauen Thiers seyn, der selbst seiner Zeit so gern einen kleinen
Napoleon gespielt hätte, und der jetzt vielleicht eines echten Bo-
naparte als Puppe sich bedienen will? Es wäre Thorheit, so
etwas zu glauben. Jntriguen und politische Künste können Kam-
mermajoritäten und Ministercombinationen zu Stande bringen,
können auch in einzelnen Städten eine Wahl entscheiden, -- aber
die Abstimmung einer ganzen Nation, bei allgemeinem Stimm-
rechte zu leiten, das vermögen sie nicht.

Was ist es aber, das das französische Volk treibt, dem Louis
Napoleon seine Stimme zu geben? Nach der Julirevolution
schrieb ein ausgezeichneter französischer Denker die Behauptung nie-
der, das französische Volk sey das am meisten monarchisch gesinnte
auf der ganzen Welt, und er hatte bei dieser seiner Behauptung
die Geschichte für sich: denn seit Chlodwig hat in keinem Lande
der Erde das monarchische Prinzip so vorgewaltet als in
Frankreich, und als die -- wahrlich nicht ohne Mitwirkung
des Volkes -- zu einem fast abgöttischen Absolutismus ausgeartete
Monarchie urplötzlich in die absoluteste Demokratie umschlug, war
letztere nur wie ein vorübergehender Rausch und der Kaiser,
der sich so gern als den Nachfolger Karls des Großen und Träger
des alten mit dem imperium mundi ausgerüsteten Kaiserthumes
darstellte, fand die Herzen der Franzosen zur Huldigung bereit.
Seit dem Februar mußten wir das gerade Umgekehrte hören:
die Franzosen seyen das demokratischste Volk, die Republik die
einzige, Frankreich zusagende Regierungsform. Und siehe da,
noch vor Ende des Jahres 1848 sind die Franzosen in ihrer
Mehrheit der Republik überdrüssig, daß sie den Louis Napoleon
wählen, nicht wegen seiner Verdienste, denn er hat keine, nicht
wegen seiner Fähigkeiten, denn er hat bisher nur gar geringe be-
wiesen, auch nicht etwa aus kluger Berechnung, um in ihm einen
künstlichen Uebergang zur Monarchie zu haben, denn das Volk
berechnet nicht, sondern aus dunkelem Triebe wählen sie ihn, weil
er Napoleon heißt und der Neffe seines Onkels ist. Die Orleans
zurückzurufen, verbietet noch der point d'honneur, man müßte
eingestehen, daß man im Februar einen dummen Streich gemacht,
oder, wie es auch die Wahrheit ist, von einer an sich kleinen Par-
tei, von derselben Partei, welche jetzt mit ihrem Ledru=Rollin und
Raspail in so winziger Minorität bleibt, die aber auf die Barri-
caden und die Künste der Revolution sich trefflich versteht, -- über-
rumpelt worden sey. Gar zu den Bourbons zu greifen, dazu ist
man doch auch noch viel zu revolutionär. Und doch will das
Volk ein Oberhaupt, -- denn jenes Wort des alten Homer ist ihm
noch heut' ins Herz geschrieben: "Einer muß Haupt, Einer Kö-
nig seyn."

Da scheint es denn freilich, als ob man zu diesem Behufe
auch einen Andern als den Louis Napoleon sich hätte erkiesen
können; wäre denn Cavaignac nicht besser dazu gewesen? Aber
das Volk mag keinen neuen Namen, keinen Emporkömmling von
gestern, es will einen Sprößling aus hohem Geschlechte, einen
Göttersohn, und da es zu keinem Sohne des heiligen Ludwigs
sich verstehen konnte, so greift es, kein Anderer bleibt ihm übrig,
zu dem Neffen des Kaisers, dem der Ruhm von hundert Siegen
den Glanz von hundert Ahnen ersetzt und der zum Ueberflusse
wenigstens der Jdee nach auf Karl den Großen sich stützte. Und
damit: Vivat Napoleon! Mehr als alle Verdienste, als alle
Fähigkeiten, als alle Staatskünste, als alle Beredtsamkeit, gilt
ihm der Name. Wir sind fest überzeugt, daß dies allein aus-
reichend das psychologische Räthsel -- denn ein solches ist es --
der Wahl Louis Napoleons erklärt; der weitere Erfolg wird es
noch mehr bestätigen. Dabei leugnen wir natürlich nicht den Ein-
fluß kluger Berechnung und der Parteiintrigue, -- aber diese
[Ende Spaltensatz]

Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den „Rheinischen Unterhaltungs-
blättern “ schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 168. Dienstag, den 19. December. 1848.


[Beginn Spaltensatz] Bestellungen auf das mit dem 1. Januar 1849
beginnende neue Quartal des Mainzer Journals neh-
men alle Postämter an und wir ersuchen die resp.
Abonnenten, dieselben möglichst bald machen zu
wollen, damit wir die Größe der Auflage bestimmen
können. Eben so bitten wir alle Freunde sich nach
Kräften für die Verbreitung unseres Blattes zu in-
teressiren.

Der Präsident der Republik.

## Die bisher bekannt gewordenen Ergebnisse der Präsidenten-
wahl in Frankreich haben wohl viele Erwartungen getäuscht, viele
Leute in großes Erstaunen gesetzt. Also dennoch dieser Bonaparte,
der nichts für sich zu haben scheint, als seinen Namen, und mit
einer so ungeheuren Majorität! Und Cavaignac, noch vor Kur-
zem der Abgott der honetten Republikaner, für welchen noch kürz-
lich die Nationalversammlung eingetreten ist, dem sie ein so im-
posantes Vertrauensvotum gegeben, mit all' seinen Verdiensten,
und mit der Sympathie fast aller casinomäßigen Leute in ganz
Europa, er scheint durchgefallen! Sein Stern erlischt, nachdem
er ein paar Monate geleuchtet, wie früher der Stern Lamartine's.
Die Minoritäten, welche Ledru=Rollin und Raspail von ihren
treuen Anhängern empfangen, verschwinden in dem Meere der
Stimmen, welche freilich sehr ungleich dem honetten Republikaner
und dem Neffen seines Onkels zufallen.

Wie schnell, das ist der erste Gedanke, der sich uns darbietet,
verbraucht die Revolution ihre Leute, verschlingt sie ihre Kinder.
Heute roth, morgen todt! Gestern unbekannt, heute ein großer
Mann, morgen altes Eisen! Und doch ist die Natur nicht so ver-
schwenderisch. Bringt ein Jahrhundert in einem Lande zwei oder
drei große, oder nur bedeutende Staatsmänner und öffentliche
Charaktere hervor, es ist genug. Heute aber thäte es noth, daß
alle Monate ein paar staatsmännische Genie's geboren würden.
Allein die Natur läßt sich nichts abnöthigen, und wenn dann ein
hervorragendes Haupt nach dem andern im rasch wechselnden
Parteienspiele gefällt werden soll, so bleibt nichts übrig als die
Herrschaft der Mittelmäßigkeit, wenn nicht gar Gecken= und Bu-
benherrschaft, wie man auch zu erleben das Glück hatte. Ob
Cavaignac seine Niederlage, die vor der Hand unzweifelhaft
scheint — verdient hat oder nicht, wollen wir nicht unter-
suchen, — aber es ist doch ein charakteristischer und wenig erfreu-
licher Zug der modernen Franzosen, daß sie ihrer hervorragenden
Männer so schnell überdrüssig werden, so daß eine Neid sie
zu drängen scheint, jede Höhe alsbald zu erniedrigen, ge-
gerade wie bei jenen eiteln Athenern nur ein Mann sich auszu-
zeichnen brauchte, um alsbald dem Ostracismus zu verfallen.
Allein es wäre ungerecht, den Franzosen allein solche Vorwürfe
zu machen, da es doch nur die revolutionäre Krankheit des gan-
zen modernen Europa ist. Hatte ja kaum unser Vaterland z. B.
einen Gagern, als gleich Viele das Gelüste fühlten, sich seiner
zu entledigen, als ob diese Generation der kleinen Gerngroßen
einen recht verbissenen Grimm gegen solche hätte, die einen Kopf
hoch über die Anderen hervorragen!

Aber wie ist es möglich, daß dieser Bonaparte, dessen Prä-
tendentenschaft vor Kurzem die ausgemachteste Lächerlichkeit zu
seyn schien, nun eine solche Majorität von Stimmen auf sich
vereinigt? Sollte das wirklich die Frucht einer Jntrigue, etwa
der ehemalichen dynastischen Linken, sollte es ein Werk des
[Spaltenumbruch] schlauen Thiers seyn, der selbst seiner Zeit so gern einen kleinen
Napoleon gespielt hätte, und der jetzt vielleicht eines echten Bo-
naparte als Puppe sich bedienen will? Es wäre Thorheit, so
etwas zu glauben. Jntriguen und politische Künste können Kam-
mermajoritäten und Ministercombinationen zu Stande bringen,
können auch in einzelnen Städten eine Wahl entscheiden, — aber
die Abstimmung einer ganzen Nation, bei allgemeinem Stimm-
rechte zu leiten, das vermögen sie nicht.

Was ist es aber, das das französische Volk treibt, dem Louis
Napoleon seine Stimme zu geben? Nach der Julirevolution
schrieb ein ausgezeichneter französischer Denker die Behauptung nie-
der, das französische Volk sey das am meisten monarchisch gesinnte
auf der ganzen Welt, und er hatte bei dieser seiner Behauptung
die Geschichte für sich: denn seit Chlodwig hat in keinem Lande
der Erde das monarchische Prinzip so vorgewaltet als in
Frankreich, und als die — wahrlich nicht ohne Mitwirkung
des Volkes — zu einem fast abgöttischen Absolutismus ausgeartete
Monarchie urplötzlich in die absoluteste Demokratie umschlug, war
letztere nur wie ein vorübergehender Rausch und der Kaiser,
der sich so gern als den Nachfolger Karls des Großen und Träger
des alten mit dem imperium mundi ausgerüsteten Kaiserthumes
darstellte, fand die Herzen der Franzosen zur Huldigung bereit.
Seit dem Februar mußten wir das gerade Umgekehrte hören:
die Franzosen seyen das demokratischste Volk, die Republik die
einzige, Frankreich zusagende Regierungsform. Und siehe da,
noch vor Ende des Jahres 1848 sind die Franzosen in ihrer
Mehrheit der Republik überdrüssig, daß sie den Louis Napoleon
wählen, nicht wegen seiner Verdienste, denn er hat keine, nicht
wegen seiner Fähigkeiten, denn er hat bisher nur gar geringe be-
wiesen, auch nicht etwa aus kluger Berechnung, um in ihm einen
künstlichen Uebergang zur Monarchie zu haben, denn das Volk
berechnet nicht, sondern aus dunkelem Triebe wählen sie ihn, weil
er Napoleon heißt und der Neffe seines Onkels ist. Die Orleans
zurückzurufen, verbietet noch der point d'honneur, man müßte
eingestehen, daß man im Februar einen dummen Streich gemacht,
oder, wie es auch die Wahrheit ist, von einer an sich kleinen Par-
tei, von derselben Partei, welche jetzt mit ihrem Ledru=Rollin und
Raspail in so winziger Minorität bleibt, die aber auf die Barri-
caden und die Künste der Revolution sich trefflich versteht, — über-
rumpelt worden sey. Gar zu den Bourbons zu greifen, dazu ist
man doch auch noch viel zu revolutionär. Und doch will das
Volk ein Oberhaupt, — denn jenes Wort des alten Homer ist ihm
noch heut' ins Herz geschrieben: „Einer muß Haupt, Einer Kö-
nig seyn.“

Da scheint es denn freilich, als ob man zu diesem Behufe
auch einen Andern als den Louis Napoleon sich hätte erkiesen
können; wäre denn Cavaignac nicht besser dazu gewesen? Aber
das Volk mag keinen neuen Namen, keinen Emporkömmling von
gestern, es will einen Sprößling aus hohem Geschlechte, einen
Göttersohn, und da es zu keinem Sohne des heiligen Ludwigs
sich verstehen konnte, so greift es, kein Anderer bleibt ihm übrig,
zu dem Neffen des Kaisers, dem der Ruhm von hundert Siegen
den Glanz von hundert Ahnen ersetzt und der zum Ueberflusse
wenigstens der Jdee nach auf Karl den Großen sich stützte. Und
damit: Vivat Napoleon! Mehr als alle Verdienste, als alle
Fähigkeiten, als alle Staatskünste, als alle Beredtsamkeit, gilt
ihm der Name. Wir sind fest überzeugt, daß dies allein aus-
reichend das psychologische Räthsel — denn ein solches ist es —
der Wahl Louis Napoleons erklärt; der weitere Erfolg wird es
noch mehr bestätigen. Dabei leugnen wir natürlich nicht den Ein-
fluß kluger Berechnung und der Parteiintrigue, — aber diese
[Ende Spaltensatz]

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Abonnenten, dieselben möglichst bald machen zu wollen, damit wir die Größe der Auflage bestimmen können. Eben so bitten wir alle Freunde sich nach Kräften für die Verbreitung unseres Blattes zu in- teressiren. Der Präsident der Republik. ## Die bisher bekannt gewordenen Ergebnisse der Präsidenten- wahl in Frankreich haben wohl viele Erwartungen getäuscht, viele Leute in großes Erstaunen gesetzt. Also dennoch dieser Bonaparte, der nichts für sich zu haben scheint, als seinen Namen, und mit einer so ungeheuren Majorität! Und Cavaignac, noch vor Kur- zem der Abgott der honetten Republikaner, für welchen noch kürz- lich die Nationalversammlung eingetreten ist, dem sie ein so im- posantes Vertrauensvotum gegeben, mit all' seinen Verdiensten, und mit der Sympathie fast aller casinomäßigen Leute in ganz Europa, er scheint durchgefallen! Sein Stern erlischt, nachdem er ein paar Monate geleuchtet, wie früher der Stern Lamartine's. Die Minoritäten, welche Ledru=Rollin und Raspail von ihren treuen Anhängern empfangen, verschwinden in dem Meere der Stimmen, welche freilich sehr ungleich dem honetten Republikaner und dem Neffen seines Onkels zufallen. Wie schnell, das ist der erste Gedanke, der sich uns darbietet, verbraucht die Revolution ihre Leute, verschlingt sie ihre Kinder. Heute roth, morgen todt! Gestern unbekannt, heute ein großer Mann, morgen altes Eisen! Und doch ist die Natur nicht so ver- schwenderisch. Bringt ein Jahrhundert in einem Lande zwei oder drei große, oder nur bedeutende Staatsmänner und öffentliche Charaktere hervor, es ist genug. Heute aber thäte es noth, daß alle Monate ein paar staatsmännische Genie's geboren würden. Allein die Natur läßt sich nichts abnöthigen, und wenn dann ein hervorragendes Haupt nach dem andern im rasch wechselnden Parteienspiele gefällt werden soll, so bleibt nichts übrig als die Herrschaft der Mittelmäßigkeit, wenn nicht gar Gecken= und Bu- benherrschaft, wie man auch zu erleben das Glück hatte. Ob Cavaignac seine Niederlage, die vor der Hand unzweifelhaft scheint — verdient hat oder nicht, wollen wir nicht unter- suchen, — aber es ist doch ein charakteristischer und wenig erfreu- licher Zug der modernen Franzosen, daß sie ihrer hervorragenden Männer so schnell überdrüssig werden, so daß eine Neid sie zu drängen scheint, jede Höhe alsbald zu erniedrigen, ge- gerade wie bei jenen eiteln Athenern nur ein Mann sich auszu- zeichnen brauchte, um alsbald dem Ostracismus zu verfallen. Allein es wäre ungerecht, den Franzosen allein solche Vorwürfe zu machen, da es doch nur die revolutionäre Krankheit des gan- zen modernen Europa ist. Hatte ja kaum unser Vaterland z. B. einen Gagern, als gleich Viele das Gelüste fühlten, sich seiner zu entledigen, als ob diese Generation der kleinen Gerngroßen einen recht verbissenen Grimm gegen solche hätte, die einen Kopf hoch über die Anderen hervorragen! Aber wie ist es möglich, daß dieser Bonaparte, dessen Prä- tendentenschaft vor Kurzem die ausgemachteste Lächerlichkeit zu seyn schien, nun eine solche Majorität von Stimmen auf sich vereinigt? Sollte das wirklich die Frucht einer Jntrigue, etwa der ehemalichen dynastischen Linken, sollte es ein Werk des schlauen Thiers seyn, der selbst seiner Zeit so gern einen kleinen Napoleon gespielt hätte, und der jetzt vielleicht eines echten Bo- naparte als Puppe sich bedienen will? Es wäre Thorheit, so etwas zu glauben. Jntriguen und politische Künste können Kam- mermajoritäten und Ministercombinationen zu Stande bringen, können auch in einzelnen Städten eine Wahl entscheiden, — aber die Abstimmung einer ganzen Nation, bei allgemeinem Stimm- rechte zu leiten, das vermögen sie nicht. Was ist es aber, das das französische Volk treibt, dem Louis Napoleon seine Stimme zu geben? Nach der Julirevolution schrieb ein ausgezeichneter französischer Denker die Behauptung nie- der, das französische Volk sey das am meisten monarchisch gesinnte auf der ganzen Welt, und er hatte bei dieser seiner Behauptung die Geschichte für sich: denn seit Chlodwig hat in keinem Lande der Erde das monarchische Prinzip so vorgewaltet als in Frankreich, und als die — wahrlich nicht ohne Mitwirkung des Volkes — zu einem fast abgöttischen Absolutismus ausgeartete Monarchie urplötzlich in die absoluteste Demokratie umschlug, war letztere nur wie ein vorübergehender Rausch und der Kaiser, der sich so gern als den Nachfolger Karls des Großen und Träger des alten mit dem imperium mundi ausgerüsteten Kaiserthumes darstellte, fand die Herzen der Franzosen zur Huldigung bereit. Seit dem Februar mußten wir das gerade Umgekehrte hören: die Franzosen seyen das demokratischste Volk, die Republik die einzige, Frankreich zusagende Regierungsform. Und siehe da, noch vor Ende des Jahres 1848 sind die Franzosen in ihrer Mehrheit der Republik überdrüssig, daß sie den Louis Napoleon wählen, nicht wegen seiner Verdienste, denn er hat keine, nicht wegen seiner Fähigkeiten, denn er hat bisher nur gar geringe be- wiesen, auch nicht etwa aus kluger Berechnung, um in ihm einen künstlichen Uebergang zur Monarchie zu haben, denn das Volk berechnet nicht, sondern aus dunkelem Triebe wählen sie ihn, weil er Napoleon heißt und der Neffe seines Onkels ist. Die Orleans zurückzurufen, verbietet noch der point d'honneur, man müßte eingestehen, daß man im Februar einen dummen Streich gemacht, oder, wie es auch die Wahrheit ist, von einer an sich kleinen Par- tei, von derselben Partei, welche jetzt mit ihrem Ledru=Rollin und Raspail in so winziger Minorität bleibt, die aber auf die Barri- caden und die Künste der Revolution sich trefflich versteht, — über- rumpelt worden sey. Gar zu den Bourbons zu greifen, dazu ist man doch auch noch viel zu revolutionär. Und doch will das Volk ein Oberhaupt, — denn jenes Wort des alten Homer ist ihm noch heut' ins Herz geschrieben: „Einer muß Haupt, Einer Kö- nig seyn.“ Da scheint es denn freilich, als ob man zu diesem Behufe auch einen Andern als den Louis Napoleon sich hätte erkiesen können; wäre denn Cavaignac nicht besser dazu gewesen? Aber das Volk mag keinen neuen Namen, keinen Emporkömmling von gestern, es will einen Sprößling aus hohem Geschlechte, einen Göttersohn, und da es zu keinem Sohne des heiligen Ludwigs sich verstehen konnte, so greift es, kein Anderer bleibt ihm übrig, zu dem Neffen des Kaisers, dem der Ruhm von hundert Siegen den Glanz von hundert Ahnen ersetzt und der zum Ueberflusse wenigstens der Jdee nach auf Karl den Großen sich stützte. Und damit: Vivat Napoleon! Mehr als alle Verdienste, als alle Fähigkeiten, als alle Staatskünste, als alle Beredtsamkeit, gilt ihm der Name. Wir sind fest überzeugt, daß dies allein aus- reichend das psychologische Räthsel — denn ein solches ist es — der Wahl Louis Napoleons erklärt; der weitere Erfolg wird es noch mehr bestätigen. Dabei leugnen wir natürlich nicht den Ein- fluß kluger Berechnung und der Parteiintrigue, — aber diese

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 168. Mainz, 19. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal168_1848/1>, abgerufen am 21.11.2024.