Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mainzer Journal. Nr. 172. Mainz, 23. Dezember 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] factisch der Curator der Regierung ist. Auf kurze Perioden des
Aufschwunges [ nicht wahr unter Mamsell Lola, die das Frank-
furter Journal seiner Zeit niederträchtig genug war bis in den
Himmel zu erheben? ] sind in Bayern von jeher Epochen verstärk-
ter politischer und geistiger Depravation [ die Moralität herrschte
bekanntlich, nach dem Frankfurter Journale zu schließen, zu den
Zeiten der Gräfin Landsfeld! ] gefolgt. Das Stück scheint --
wenn nicht der herrschende Geschichtsgeist dazwischen tritt -- sich
schon in nächster Zukunft wiederholen zu wollen. [ Wir glauben
nicht, daß Herr von Abel besondere Lust verspürt noch einmal in
das Ministerium einzutreten und Buße zu thun für fremde Sün-
den, wir führen überhaupt das Artikelchen nur an, um an einem
Exempel zu zeigen, welchen Begriffe Blätter vom Schlage des
Frankfurter Journales vom "allgemeinen Stimmrechte" und der
"Majorität" haben. Was ist denn dagegen einzuwenden, wenn
die Majorität eben Herrn von Abel zum Minister des Jnnern
haben will? ]

Die N. M. Ztg. enthält folgendes Handschreiben des
Königs an den Grafen Spaur:
"Herr Gesandter Graf
von Spaur! Jch habe Jhren Bericht vom 30. des vorigen Mo-
nats über die glückliche Befreiung Sr. Heiligkeit des Papstes
und dessen Ankunft zu Gaeta mit der höchsten Theilnahme gelesen.
So groß der Schmerz war, den Jch bei der Nachricht von den
gegen das geheiligte Oberhaupt der katholischen Kirche von einer
verbrecherischen, pflichtvergessenen Partei verübten Gewaltthätig-
keiten und von dem schwarzen Undanke empfunden, mit welchem
diese Partei die von Seinem liebevollen, wohlwollenden Herzen
im reichsten Maße gespendeten Gaben und Wohlthaten vergolten
hat und so tief die Bekümmerniß ist, womit die dem heiligen Va-
ter auferlegte Nothwendigkeit, vor weiteren Gewaltthätigkeiten
außerhalb seiner Staaten Schutz und Sicherheit zu suchen, Mich
wie jeden treuen Sohn der katholischen Kirche hat erfüllen müssen,
so haben doch jener Schmerz und diese Bekümmerniß die wohl-
thuendste Linderung in der Kunde von der glücklich vollbrachten
Rettung des Stellvertreters Christi auf Erden gefunden und Jch
danke der göttlichen Vorsehung noch ganz besonders dafür, daß
Sie Meinen Gesandten zum Werkzeuge dieser Rettung auser-
sehen hat. Sie haben, Mein lieber Graf, durch den Eifer und
die Umsicht und durch die furchtlose Hingebung, mit welcher Sie
dem gefahrvollen und für unsern heiligen Vater wie für die
gesammte katholische Christenheit hochwichtigen Unternehmen sich
unterzogen und dasselbe zum glücklichen Ausgange geführt haben,
auf das Vollkommenste Meinen Absichten und den Gesinnungen
entsprochen, die mich für Se. Päpstliche Heiligkeit beseelen; Sie
haben dabei ganz in dem Sinne der Weisungen gehandelt, welche
Jch Jhnen unterm 20. Mai d. Js. für den Fall ertheilt habe,
wo Jhre Dienste dem heiligen Vater von Nutzen seyn könnten.
Mit Vergnügen drücke Jch Jhnen Meine volle Anerkennung aus,
und indem Jch Mir vorbehalte, Jhnen für die geleisteten werth-
vollen Dienste ein besonderes Merkmal Meiner Gnade und Zu-
friedenheit zu verleihen, versichere Jch Sie gern jener wohlwol-
lenden Gesinnungen, womit Jch bin Jhr wohlgewogener König
( gez. ) Max. Nymphenburg 16. December. 1848."

München 20. December. Se. Maj. der König hat unterm
16. d. M. folgende Orden verliehen: das Großkreuz des Ver-
dienstordens vom heil. Michael dem Gesandten Grafen Spaur
in Rom; das Großkreuz des Civilverdienstordens der bayerischen
Krone dem Cardinal=Staatssecretäre Antonelli, dann dem
Botschafter der französischen Republik in Rom, d'Horcourt und
dem spanischen Botschafter ebendaselbst Martinez de la Ro-
sa;
das Commenthurkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael
dem spanischen Legationssecretär d'Arnao. ( Sämmtlich bei der
Flucht des Papstes betheiligt. )

München 20. December. ( N. C. ) Seit gestern Abends sind
abermals Gerüchte von einer Ministerkrisis verbreitet. Es
heißt nämlich, Freiherr v. Lerchenfeld habe sich veranlaßt ge-
sehen, seine Entlassung einzureichen und Minister Heintz werde,
wahrscheinlich zu dem gleichen Schritte genöthigt seyn. Wer zum
Nachfolger Lerchenfelds bestimmt sey, darüber hört man nichts
Bestimmtes; man spricht von Schrenk, Armannsperg , doch
sind dies nur Vermuthungen. Daß diese Ministerkrisis, so kurz
vor der Einberufung des Landtages, nicht geringe Aufregung im
Publicum hervorruft, ist natürlich. Leider wird dieselbe noch durch
einen anderen Umstand vergrößert. Die erhöhte Biertaxe soll
heute in Wirksamkeit treten, obwohl die Bräuer in allen öffent-
lichen hiesigen Blättern erklären, daß sie sich mit der bisherigen
Taxe begnügen wollen. Wie es scheint, will die Behörde das
schon so oft verletzte Biergesetz jetzt auf einmal mit allen Mitteln
der Gewalt zur Geltung bringen. Aufrechthaltung der Gesetze
ist allerdings die erste Pflicht der Behörden; aber bei einem Ge-
setze wie das vorliegende, von dessen Unzweckmäßigkeit und Un-
[Spaltenumbruch] billigkeit man längst überzeugt ist und das schon so oft ungestraft
umgangen wurde, sollte man es so kurz vor Beginn des Land-
tages nicht mit einem Male so streng nehmen, zumal die zu-
nächst Betheiligten, die Bräuer, die Aufrechterhaltung desselben
gar nicht wünschen. Da man Ruhestörungen befürchtet, so sind
die umfassendsten militärischen Vorkehrungen getroffen, umfas-
sender als je zuvor. Es fand deshalb gestern im Gebäude der
Stadtcommandantschaft eine Conferenz von Officieren aller Waf-
fengattungen statt und heute sieht man aus demselben jeden Augen-
blick Ordonnanzen zu Pferd und zu Fuß gehen und kommen.
Die ganze Garnison ist in den Casernen consignirt oder in Be-
reitschaft mit Sack und Pack in einigen Localen der Stadt auf-
gestellt, die Landwehr von Mittags an theilweise commandirt.
Vielleicht werden diese umfassenden Anstalten imponiren und uns
vor Ruhestörungen bewahren; vielleicht wird noch gestattet, daß
die Bräuer zu geringerem Preise, wie sie selbst wünschen, aus-
schenken dürfen; der ganzen Calamität wäre dadurch am Ge-
eignetsten vorgebeugt. Nachschrift. Bis diesen Augenblick --
Nachmittags 1 / 2 2 Uhr -- ist, so viel mit bekannt, nirgends eine
Unordnung oder Ruhestörung vorgefallen. Die Bräuer geben
fortwährend das Bier zu dem bisherigen Preise und damit wird
Alles in Ordnung bleiben. Die Mittags aufgebotene Land-
wehrabtheilung wird soeben wieder nach Hause entlassen.

Aus der bayerischen Pfalz 22. December. Es ist unter
unseren Demokraten eine Art Hader ausgebrochen. Der so stark
renommirte Pfarrer von Einselthum, Herr Berkmann, welcher
in den letzten Zeiten als so gesinnungstüchtiger Republikaner und
Fahnenweih=Prediger sich benommen hatte, wird von dem " De-
mokratencongresse " desavouirt; seine Wahl nach München "tief
beklagt." Ob dieses dem Congresse oder Herrn B. zur Ehre ge-
reiche, mag unerörtert bleiben; wahrscheinlich aber keinem von
beiden. Wir anderen Pfälzer, welche nicht zu den Demokraten
gehören, erfahren übrigens da gelegentlich, was für Mächte und
Congresse wir in der Pfalz nun haben, seitdem die von "Gottes
Gnaden" ab seyn sollen. Ob aber dieser "Demokratencongreß"
nicht noch ein loseres Spiel mit uns treiben würde, als früher die
hohen Herren, und ob es nicht schwerer wäre, die fallirten Schnei-
der und Kaufleute zufrieden zu stellen, als den alten Stamm-
baumsadel, möchte kaum zu bezweifeln seyn. An solchen Leuten
wie B., erwachsen übrigens auch der Pfalz die Seitenstücke zum
Berliner Linden=Müller, Karbe und Held; sie gehen uns zum
vollen Demokratenthume und Demagogenwesen noch ab, werden
sich aber nach und nach schon bilden, wenn nicht unvorhergesehene
Ereignisse das völlige Verderben des Volkes aufhalten.

# Speyer 21. December. Seit kaum vierzehn Tagen zum
zweiten Male erschreckte uns gestern in den Abendstunden Feuer-
ruf. Jn beiden Fällen war die Flamme in mit Holzmaterial
reichlich gefüllten Schoppen von Bauunternehmern ausgebrochen,
und das entfesselte Element wüthete mit seltener Heftigkeit. Zum
Glücke war jedes Mal der Zugang von allen Seiten frei, so,
daß dem Umsichgreifen des Feuers durch rasche Hilfe ziem-
lich gewehrt werden konnte, während an eine Dämpfung der
Flamme auf der Hauptbrandstätte nicht zu denken war. Daß
sich unter solchen Umständen der Verdacht der Brandstiftung auf-
dringt, ist natürlich, zumal da wir in dem Westrich an dem
Flecken Homburg das seltene Schauspiel fortgesetzter Brand-
legungen haben, wobei die bis jetzt noch nicht ermittelten Ver-
brecher so keck sind, mit Drohbriefen die geängstigten Bewohner
fortwährend in Unruhe zu erhalten. Was den ganzen Kreis
der Pfalz betrifft, so ergibt sich für das Jahr 1848 überhaupt
eine höchst auffallende Vermehrung der Brandfälle, wobei eine
Masse strafgerichtlicher Untersuchungen bezüglich Brandlegung
eingestellt werden mußten wegen mangelnden Beweises. Es
schlägt das auch in die sociale Frage, in jene Frage, die wir
aus Unverstand oder Habsucht nicht zu lösen vermögen, bis ein
Racheschwert den gordischen Knoten zerstücken, aber auch uns
erreichen wird.

== Von der Haardt 21. December. Der Urquell aller po-
litischen Weisheit für die große Masse der Pfälzer "entschieden
Liberalen", die Speyerer Zeitung hat nach fast einem halben Jahre
eine erstaunliche Wahrnehmung gemacht, daß nämlich die Parla-
ments=Beschlüsse, welche ausdrücklich als für ganz Deutschland
bindend gewollt und gegeben werden, am Ende auch die Pfalz
verpflichten könnten, selbst wenn sie dort die öffentliche Meinung
gegen sich hätten. Herr Kolb, als er in der Frage über das Ge-
werbswesen mit seiner Alle, auch die Widerstrebenden beglücken-
den Staatsweisheit es als particularistisch und engherzig verwarf,
daß die einzelnen Länder in dieser Beziehung freie Hand haben
und nicht von Reichswegen Alles in den so verschiedenartigen
deutschen Ländern gleichmäßig geordnet werden sollte, mußte doch,
wenn er vom übrigen Deutschland und dessen Ansichten über die
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] factisch der Curator der Regierung ist. Auf kurze Perioden des
Aufschwunges [ nicht wahr unter Mamsell Lola, die das Frank-
furter Journal seiner Zeit niederträchtig genug war bis in den
Himmel zu erheben? ] sind in Bayern von jeher Epochen verstärk-
ter politischer und geistiger Depravation [ die Moralität herrschte
bekanntlich, nach dem Frankfurter Journale zu schließen, zu den
Zeiten der Gräfin Landsfeld! ] gefolgt. Das Stück scheint —
wenn nicht der herrschende Geschichtsgeist dazwischen tritt — sich
schon in nächster Zukunft wiederholen zu wollen. [ Wir glauben
nicht, daß Herr von Abel besondere Lust verspürt noch einmal in
das Ministerium einzutreten und Buße zu thun für fremde Sün-
den, wir führen überhaupt das Artikelchen nur an, um an einem
Exempel zu zeigen, welchen Begriffe Blätter vom Schlage des
Frankfurter Journales vom „allgemeinen Stimmrechte“ und der
„Majorität“ haben. Was ist denn dagegen einzuwenden, wenn
die Majorität eben Herrn von Abel zum Minister des Jnnern
haben will? ]

Die N. M. Ztg. enthält folgendes Handschreiben des
Königs an den Grafen Spaur:
„Herr Gesandter Graf
von Spaur! Jch habe Jhren Bericht vom 30. des vorigen Mo-
nats über die glückliche Befreiung Sr. Heiligkeit des Papstes
und dessen Ankunft zu Gaeta mit der höchsten Theilnahme gelesen.
So groß der Schmerz war, den Jch bei der Nachricht von den
gegen das geheiligte Oberhaupt der katholischen Kirche von einer
verbrecherischen, pflichtvergessenen Partei verübten Gewaltthätig-
keiten und von dem schwarzen Undanke empfunden, mit welchem
diese Partei die von Seinem liebevollen, wohlwollenden Herzen
im reichsten Maße gespendeten Gaben und Wohlthaten vergolten
hat und so tief die Bekümmerniß ist, womit die dem heiligen Va-
ter auferlegte Nothwendigkeit, vor weiteren Gewaltthätigkeiten
außerhalb seiner Staaten Schutz und Sicherheit zu suchen, Mich
wie jeden treuen Sohn der katholischen Kirche hat erfüllen müssen,
so haben doch jener Schmerz und diese Bekümmerniß die wohl-
thuendste Linderung in der Kunde von der glücklich vollbrachten
Rettung des Stellvertreters Christi auf Erden gefunden und Jch
danke der göttlichen Vorsehung noch ganz besonders dafür, daß
Sie Meinen Gesandten zum Werkzeuge dieser Rettung auser-
sehen hat. Sie haben, Mein lieber Graf, durch den Eifer und
die Umsicht und durch die furchtlose Hingebung, mit welcher Sie
dem gefahrvollen und für unsern heiligen Vater wie für die
gesammte katholische Christenheit hochwichtigen Unternehmen sich
unterzogen und dasselbe zum glücklichen Ausgange geführt haben,
auf das Vollkommenste Meinen Absichten und den Gesinnungen
entsprochen, die mich für Se. Päpstliche Heiligkeit beseelen; Sie
haben dabei ganz in dem Sinne der Weisungen gehandelt, welche
Jch Jhnen unterm 20. Mai d. Js. für den Fall ertheilt habe,
wo Jhre Dienste dem heiligen Vater von Nutzen seyn könnten.
Mit Vergnügen drücke Jch Jhnen Meine volle Anerkennung aus,
und indem Jch Mir vorbehalte, Jhnen für die geleisteten werth-
vollen Dienste ein besonderes Merkmal Meiner Gnade und Zu-
friedenheit zu verleihen, versichere Jch Sie gern jener wohlwol-
lenden Gesinnungen, womit Jch bin Jhr wohlgewogener König
( gez. ) Max. Nymphenburg 16. December. 1848.“

München 20. December. Se. Maj. der König hat unterm
16. d. M. folgende Orden verliehen: das Großkreuz des Ver-
dienstordens vom heil. Michael dem Gesandten Grafen Spaur
in Rom; das Großkreuz des Civilverdienstordens der bayerischen
Krone dem Cardinal=Staatssecretäre Antonelli, dann dem
Botschafter der französischen Republik in Rom, d'Horcourt und
dem spanischen Botschafter ebendaselbst Martinez de la Ro-
sa;
das Commenthurkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael
dem spanischen Legationssecretär d'Arnao. ( Sämmtlich bei der
Flucht des Papstes betheiligt. )

München 20. December. ( N. C. ) Seit gestern Abends sind
abermals Gerüchte von einer Ministerkrisis verbreitet. Es
heißt nämlich, Freiherr v. Lerchenfeld habe sich veranlaßt ge-
sehen, seine Entlassung einzureichen und Minister Heintz werde,
wahrscheinlich zu dem gleichen Schritte genöthigt seyn. Wer zum
Nachfolger Lerchenfelds bestimmt sey, darüber hört man nichts
Bestimmtes; man spricht von Schrenk, Armannsperg , doch
sind dies nur Vermuthungen. Daß diese Ministerkrisis, so kurz
vor der Einberufung des Landtages, nicht geringe Aufregung im
Publicum hervorruft, ist natürlich. Leider wird dieselbe noch durch
einen anderen Umstand vergrößert. Die erhöhte Biertaxe soll
heute in Wirksamkeit treten, obwohl die Bräuer in allen öffent-
lichen hiesigen Blättern erklären, daß sie sich mit der bisherigen
Taxe begnügen wollen. Wie es scheint, will die Behörde das
schon so oft verletzte Biergesetz jetzt auf einmal mit allen Mitteln
der Gewalt zur Geltung bringen. Aufrechthaltung der Gesetze
ist allerdings die erste Pflicht der Behörden; aber bei einem Ge-
setze wie das vorliegende, von dessen Unzweckmäßigkeit und Un-
[Spaltenumbruch] billigkeit man längst überzeugt ist und das schon so oft ungestraft
umgangen wurde, sollte man es so kurz vor Beginn des Land-
tages nicht mit einem Male so streng nehmen, zumal die zu-
nächst Betheiligten, die Bräuer, die Aufrechterhaltung desselben
gar nicht wünschen. Da man Ruhestörungen befürchtet, so sind
die umfassendsten militärischen Vorkehrungen getroffen, umfas-
sender als je zuvor. Es fand deshalb gestern im Gebäude der
Stadtcommandantschaft eine Conferenz von Officieren aller Waf-
fengattungen statt und heute sieht man aus demselben jeden Augen-
blick Ordonnanzen zu Pferd und zu Fuß gehen und kommen.
Die ganze Garnison ist in den Casernen consignirt oder in Be-
reitschaft mit Sack und Pack in einigen Localen der Stadt auf-
gestellt, die Landwehr von Mittags an theilweise commandirt.
Vielleicht werden diese umfassenden Anstalten imponiren und uns
vor Ruhestörungen bewahren; vielleicht wird noch gestattet, daß
die Bräuer zu geringerem Preise, wie sie selbst wünschen, aus-
schenken dürfen; der ganzen Calamität wäre dadurch am Ge-
eignetsten vorgebeugt. Nachschrift. Bis diesen Augenblick —
Nachmittags 1 / 2 2 Uhr — ist, so viel mit bekannt, nirgends eine
Unordnung oder Ruhestörung vorgefallen. Die Bräuer geben
fortwährend das Bier zu dem bisherigen Preise und damit wird
Alles in Ordnung bleiben. Die Mittags aufgebotene Land-
wehrabtheilung wird soeben wieder nach Hause entlassen.

Aus der bayerischen Pfalz 22. December. Es ist unter
unseren Demokraten eine Art Hader ausgebrochen. Der so stark
renommirte Pfarrer von Einselthum, Herr Berkmann, welcher
in den letzten Zeiten als so gesinnungstüchtiger Republikaner und
Fahnenweih=Prediger sich benommen hatte, wird von dem „ De-
mokratencongresse “ desavouirt; seine Wahl nach München „tief
beklagt.“ Ob dieses dem Congresse oder Herrn B. zur Ehre ge-
reiche, mag unerörtert bleiben; wahrscheinlich aber keinem von
beiden. Wir anderen Pfälzer, welche nicht zu den Demokraten
gehören, erfahren übrigens da gelegentlich, was für Mächte und
Congresse wir in der Pfalz nun haben, seitdem die von „Gottes
Gnaden“ ab seyn sollen. Ob aber dieser „Demokratencongreß“
nicht noch ein loseres Spiel mit uns treiben würde, als früher die
hohen Herren, und ob es nicht schwerer wäre, die fallirten Schnei-
der und Kaufleute zufrieden zu stellen, als den alten Stamm-
baumsadel, möchte kaum zu bezweifeln seyn. An solchen Leuten
wie B., erwachsen übrigens auch der Pfalz die Seitenstücke zum
Berliner Linden=Müller, Karbe und Held; sie gehen uns zum
vollen Demokratenthume und Demagogenwesen noch ab, werden
sich aber nach und nach schon bilden, wenn nicht unvorhergesehene
Ereignisse das völlige Verderben des Volkes aufhalten.

# Speyer 21. December. Seit kaum vierzehn Tagen zum
zweiten Male erschreckte uns gestern in den Abendstunden Feuer-
ruf. Jn beiden Fällen war die Flamme in mit Holzmaterial
reichlich gefüllten Schoppen von Bauunternehmern ausgebrochen,
und das entfesselte Element wüthete mit seltener Heftigkeit. Zum
Glücke war jedes Mal der Zugang von allen Seiten frei, so,
daß dem Umsichgreifen des Feuers durch rasche Hilfe ziem-
lich gewehrt werden konnte, während an eine Dämpfung der
Flamme auf der Hauptbrandstätte nicht zu denken war. Daß
sich unter solchen Umständen der Verdacht der Brandstiftung auf-
dringt, ist natürlich, zumal da wir in dem Westrich an dem
Flecken Homburg das seltene Schauspiel fortgesetzter Brand-
legungen haben, wobei die bis jetzt noch nicht ermittelten Ver-
brecher so keck sind, mit Drohbriefen die geängstigten Bewohner
fortwährend in Unruhe zu erhalten. Was den ganzen Kreis
der Pfalz betrifft, so ergibt sich für das Jahr 1848 überhaupt
eine höchst auffallende Vermehrung der Brandfälle, wobei eine
Masse strafgerichtlicher Untersuchungen bezüglich Brandlegung
eingestellt werden mußten wegen mangelnden Beweises. Es
schlägt das auch in die sociale Frage, in jene Frage, die wir
aus Unverstand oder Habsucht nicht zu lösen vermögen, bis ein
Racheschwert den gordischen Knoten zerstücken, aber auch uns
erreichen wird.

== Von der Haardt 21. December. Der Urquell aller po-
litischen Weisheit für die große Masse der Pfälzer „entschieden
Liberalen“, die Speyerer Zeitung hat nach fast einem halben Jahre
eine erstaunliche Wahrnehmung gemacht, daß nämlich die Parla-
ments=Beschlüsse, welche ausdrücklich als für ganz Deutschland
bindend gewollt und gegeben werden, am Ende auch die Pfalz
verpflichten könnten, selbst wenn sie dort die öffentliche Meinung
gegen sich hätten. Herr Kolb, als er in der Frage über das Ge-
werbswesen mit seiner Alle, auch die Widerstrebenden beglücken-
den Staatsweisheit es als particularistisch und engherzig verwarf,
daß die einzelnen Länder in dieser Beziehung freie Hand haben
und nicht von Reichswegen Alles in den so verschiedenartigen
deutschen Ländern gleichmäßig geordnet werden sollte, mußte doch,
wenn er vom übrigen Deutschland und dessen Ansichten über die
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0003"/><cb type="start"/>
factisch der Curator der Regierung ist. Auf kurze Perioden des<lb/>
Aufschwunges [ nicht wahr unter Mamsell Lola, die das Frank-<lb/>
furter Journal seiner Zeit niederträchtig genug war bis in den<lb/>
Himmel zu erheben? ] sind in Bayern von jeher Epochen verstärk-<lb/>
ter politischer und geistiger Depravation [ die Moralität herrschte<lb/>
bekanntlich, nach dem Frankfurter Journale zu schließen, zu den<lb/>
Zeiten der Gräfin Landsfeld! ] gefolgt. Das Stück scheint &#x2014;<lb/>
wenn nicht der herrschende Geschichtsgeist dazwischen tritt &#x2014; sich<lb/>
schon in nächster Zukunft wiederholen zu wollen. [ Wir glauben<lb/>
nicht, daß Herr von Abel besondere Lust verspürt noch einmal in<lb/>
das Ministerium einzutreten und Buße zu thun für fremde Sün-<lb/>
den, wir führen überhaupt das Artikelchen nur an, um an einem<lb/>
Exempel zu zeigen, welchen Begriffe Blätter vom Schlage des<lb/>
Frankfurter Journales vom &#x201E;allgemeinen Stimmrechte&#x201C; und der<lb/>
&#x201E;Majorität&#x201C; haben. Was ist denn dagegen einzuwenden, wenn<lb/>
die Majorität eben Herrn von Abel zum Minister des Jnnern<lb/>
haben will? ] </p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Die N. M. Ztg. enthält folgendes <hi rendition="#g">Handschreiben des<lb/>
Königs an den Grafen Spaur:</hi> &#x201E;Herr Gesandter <choice><abbr>ec.</abbr></choice> Graf<lb/>
von Spaur! Jch habe Jhren Bericht vom 30. des vorigen Mo-<lb/>
nats über die glückliche Befreiung Sr. Heiligkeit des Papstes<lb/>
und dessen Ankunft zu Gaeta mit der höchsten Theilnahme gelesen.<lb/>
So groß der Schmerz war, den Jch bei der Nachricht von den<lb/>
gegen das geheiligte Oberhaupt der katholischen Kirche von einer<lb/>
verbrecherischen, pflichtvergessenen Partei verübten Gewaltthätig-<lb/>
keiten und von dem schwarzen Undanke empfunden, mit welchem<lb/>
diese Partei die von Seinem liebevollen, wohlwollenden Herzen<lb/>
im reichsten Maße gespendeten Gaben und Wohlthaten vergolten<lb/>
hat und so tief die Bekümmerniß ist, womit die dem heiligen Va-<lb/>
ter auferlegte Nothwendigkeit, vor weiteren Gewaltthätigkeiten<lb/>
außerhalb seiner Staaten Schutz und Sicherheit zu suchen, Mich<lb/>
wie jeden treuen Sohn der katholischen Kirche hat erfüllen müssen,<lb/>
so haben doch jener Schmerz und diese Bekümmerniß die wohl-<lb/>
thuendste Linderung in der Kunde von der glücklich vollbrachten<lb/>
Rettung des Stellvertreters Christi auf Erden gefunden und Jch<lb/>
danke der göttlichen Vorsehung noch ganz besonders dafür, daß<lb/>
Sie <hi rendition="#g">Meinen</hi> Gesandten zum Werkzeuge dieser Rettung auser-<lb/>
sehen hat. Sie haben, Mein lieber Graf, durch den Eifer und<lb/>
die Umsicht und durch die furchtlose Hingebung, mit welcher Sie<lb/>
dem gefahrvollen und für unsern heiligen Vater wie für die<lb/>
gesammte katholische Christenheit hochwichtigen Unternehmen sich<lb/>
unterzogen und dasselbe zum glücklichen Ausgange geführt haben,<lb/>
auf das Vollkommenste Meinen Absichten und den Gesinnungen<lb/>
entsprochen, die mich für Se. Päpstliche Heiligkeit beseelen; Sie<lb/>
haben dabei ganz in dem Sinne der Weisungen gehandelt, welche<lb/>
Jch Jhnen unterm 20. Mai d. Js. für den Fall ertheilt habe,<lb/>
wo Jhre Dienste dem heiligen Vater von Nutzen seyn könnten.<lb/>
Mit Vergnügen drücke Jch Jhnen Meine volle Anerkennung aus,<lb/>
und indem Jch Mir vorbehalte, Jhnen für die geleisteten werth-<lb/>
vollen Dienste ein besonderes Merkmal Meiner Gnade und Zu-<lb/>
friedenheit zu verleihen, versichere Jch Sie gern jener wohlwol-<lb/>
lenden Gesinnungen, womit Jch bin Jhr wohlgewogener König<lb/>
( gez. ) <hi rendition="#g">Max.</hi> Nymphenburg 16. December. 1848.&#x201C;</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>München 20. December. Se. Maj. der König hat unterm<lb/>
16. d. M. folgende Orden verliehen: das Großkreuz des Ver-<lb/>
dienstordens vom heil. Michael dem Gesandten Grafen <hi rendition="#g">Spaur</hi><lb/>
in Rom; das Großkreuz des Civilverdienstordens der bayerischen<lb/>
Krone dem Cardinal=Staatssecretäre <hi rendition="#g">Antonelli,</hi> dann dem<lb/>
Botschafter der französischen Republik in Rom, <hi rendition="#g">d'Horcourt</hi> und<lb/>
dem spanischen Botschafter ebendaselbst <hi rendition="#g">Martinez de la Ro-<lb/>
sa;</hi> das Commenthurkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael<lb/>
dem spanischen Legationssecretär <hi rendition="#g">d'Arnao.</hi> ( Sämmtlich bei der<lb/>
Flucht des Papstes betheiligt. ) </p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>München 20. December. ( N. C. ) Seit gestern Abends sind<lb/>
abermals Gerüchte von einer <hi rendition="#g">Ministerkrisis</hi> verbreitet. Es<lb/>
heißt nämlich, Freiherr v. Lerchenfeld habe sich veranlaßt ge-<lb/>
sehen, seine Entlassung einzureichen und Minister Heintz werde,<lb/>
wahrscheinlich zu dem gleichen Schritte genöthigt seyn. Wer zum<lb/>
Nachfolger Lerchenfelds bestimmt sey, darüber hört man nichts<lb/>
Bestimmtes; man spricht von Schrenk, Armannsperg <choice><abbr>ec.</abbr></choice>, doch<lb/>
sind dies nur Vermuthungen. Daß diese Ministerkrisis, so kurz<lb/>
vor der Einberufung des Landtages, nicht geringe Aufregung im<lb/>
Publicum hervorruft, ist natürlich. Leider wird dieselbe noch durch<lb/>
einen anderen Umstand vergrößert. Die erhöhte Biertaxe soll<lb/>
heute in Wirksamkeit treten, obwohl die Bräuer in allen öffent-<lb/>
lichen hiesigen Blättern erklären, daß sie sich mit der bisherigen<lb/>
Taxe begnügen wollen. Wie es scheint, will die Behörde das<lb/>
schon so oft verletzte Biergesetz jetzt auf einmal mit allen Mitteln<lb/>
der Gewalt zur Geltung bringen. Aufrechthaltung der Gesetze<lb/>
ist allerdings die erste Pflicht der Behörden; aber bei einem Ge-<lb/>
setze wie das vorliegende, von dessen Unzweckmäßigkeit und Un-<lb/><cb n="2"/>
billigkeit man längst überzeugt ist und das schon so oft ungestraft<lb/>
umgangen wurde, sollte man es so kurz vor Beginn des Land-<lb/>
tages nicht mit einem Male so streng nehmen, zumal die zu-<lb/>
nächst Betheiligten, die Bräuer, die Aufrechterhaltung desselben<lb/>
gar nicht wünschen. Da man Ruhestörungen befürchtet, so sind<lb/>
die umfassendsten militärischen Vorkehrungen getroffen, umfas-<lb/>
sender als je zuvor. Es fand deshalb gestern im Gebäude der<lb/>
Stadtcommandantschaft eine Conferenz von Officieren aller Waf-<lb/>
fengattungen statt und heute sieht man aus demselben jeden Augen-<lb/>
blick Ordonnanzen zu Pferd und zu Fuß gehen und kommen.<lb/>
Die ganze Garnison ist in den Casernen consignirt oder in Be-<lb/>
reitschaft mit Sack und Pack in einigen Localen der Stadt auf-<lb/>
gestellt, die Landwehr von Mittags an theilweise commandirt.<lb/>
Vielleicht werden diese umfassenden Anstalten imponiren und uns<lb/>
vor Ruhestörungen bewahren; vielleicht wird noch gestattet, daß<lb/>
die Bräuer zu geringerem Preise, wie sie selbst wünschen, aus-<lb/>
schenken dürfen; der ganzen Calamität wäre dadurch am Ge-<lb/>
eignetsten vorgebeugt. <hi rendition="#g">Nachschrift.</hi> Bis diesen Augenblick &#x2014;<lb/>
Nachmittags 1 / 2 2 Uhr &#x2014; ist, so viel mit bekannt, nirgends eine<lb/>
Unordnung oder Ruhestörung vorgefallen. Die Bräuer geben<lb/>
fortwährend das Bier zu dem bisherigen Preise und damit wird<lb/>
Alles in Ordnung bleiben. Die Mittags aufgebotene Land-<lb/>
wehrabtheilung wird soeben wieder nach Hause entlassen.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Aus der bayerischen Pfalz 22. December. Es ist unter<lb/>
unseren Demokraten eine Art Hader ausgebrochen. Der so stark<lb/>
renommirte Pfarrer von Einselthum, Herr <hi rendition="#g">Berkmann,</hi> welcher<lb/>
in den letzten Zeiten als so gesinnungstüchtiger Republikaner und<lb/>
Fahnenweih=Prediger sich benommen hatte, wird von dem &#x201E; De-<lb/>
mokratencongresse &#x201C; desavouirt; seine Wahl nach München &#x201E;tief<lb/>
beklagt.&#x201C; Ob dieses dem Congresse oder Herrn B. zur Ehre ge-<lb/>
reiche, mag unerörtert bleiben; wahrscheinlich aber keinem von<lb/>
beiden. Wir anderen Pfälzer, welche nicht zu den Demokraten<lb/>
gehören, erfahren übrigens da gelegentlich, was für Mächte und<lb/>
Congresse wir in der Pfalz nun haben, seitdem die von &#x201E;Gottes<lb/>
Gnaden&#x201C; ab seyn sollen. Ob aber dieser &#x201E;Demokratencongreß&#x201C;<lb/>
nicht noch ein loseres Spiel mit uns treiben würde, als früher die<lb/>
hohen Herren, und ob es nicht schwerer wäre, die fallirten Schnei-<lb/>
der und Kaufleute zufrieden zu stellen, als den alten Stamm-<lb/>
baumsadel, möchte kaum zu bezweifeln seyn. An solchen Leuten<lb/>
wie B., erwachsen übrigens auch der Pfalz die Seitenstücke zum<lb/>
Berliner Linden=Müller, Karbe und Held; sie gehen uns zum<lb/>
vollen Demokratenthume und Demagogenwesen noch ab, werden<lb/>
sich aber nach und nach schon bilden, wenn nicht unvorhergesehene<lb/>
Ereignisse das völlige Verderben des Volkes aufhalten.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p># Speyer 21. December. Seit kaum vierzehn Tagen zum<lb/>
zweiten Male erschreckte uns gestern in den Abendstunden Feuer-<lb/>
ruf. Jn beiden Fällen war die Flamme in mit Holzmaterial<lb/>
reichlich gefüllten Schoppen von Bauunternehmern ausgebrochen,<lb/>
und das entfesselte Element wüthete mit seltener Heftigkeit. Zum<lb/>
Glücke war jedes Mal der Zugang von allen Seiten frei, so,<lb/>
daß dem Umsichgreifen des Feuers durch rasche Hilfe ziem-<lb/>
lich gewehrt werden konnte, während an eine Dämpfung der<lb/>
Flamme auf der Hauptbrandstätte nicht zu denken war. Daß<lb/>
sich unter solchen Umständen der Verdacht der Brandstiftung auf-<lb/>
dringt, ist natürlich, zumal da wir in dem Westrich an dem<lb/>
Flecken <hi rendition="#g">Homburg</hi> das seltene Schauspiel fortgesetzter Brand-<lb/>
legungen haben, wobei die bis jetzt noch nicht ermittelten Ver-<lb/>
brecher so keck sind, mit Drohbriefen die geängstigten Bewohner<lb/>
fortwährend in Unruhe zu erhalten. Was den ganzen Kreis<lb/>
der Pfalz betrifft, so ergibt sich für das Jahr 1848 überhaupt<lb/>
eine höchst auffallende Vermehrung der Brandfälle, wobei eine<lb/>
Masse strafgerichtlicher Untersuchungen bezüglich Brandlegung<lb/>
eingestellt werden mußten wegen mangelnden Beweises. Es<lb/>
schlägt das auch in die sociale Frage, in jene Frage, die wir<lb/>
aus Unverstand oder Habsucht nicht zu lösen vermögen, bis ein<lb/>
Racheschwert den gordischen Knoten zerstücken, aber auch uns<lb/>
erreichen wird.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>== Von der Haardt 21. December. Der Urquell aller po-<lb/>
litischen Weisheit für die große Masse der Pfälzer &#x201E;entschieden<lb/>
Liberalen&#x201C;, die Speyerer Zeitung hat nach fast einem halben Jahre<lb/>
eine erstaunliche Wahrnehmung gemacht, daß nämlich die Parla-<lb/>
ments=Beschlüsse, welche ausdrücklich als für ganz Deutschland<lb/>
bindend gewollt und gegeben werden, am Ende auch die Pfalz<lb/>
verpflichten könnten, selbst wenn sie dort die öffentliche Meinung<lb/>
gegen sich hätten. Herr <hi rendition="#g">Kolb,</hi> als er in der Frage über das Ge-<lb/>
werbswesen mit seiner Alle, auch die Widerstrebenden beglücken-<lb/>
den Staatsweisheit es als particularistisch und engherzig verwarf,<lb/>
daß die einzelnen Länder in dieser Beziehung freie Hand haben<lb/>
und nicht von Reichswegen Alles in den so verschiedenartigen<lb/>
deutschen Ländern gleichmäßig geordnet werden sollte, mußte doch,<lb/>
wenn er vom übrigen Deutschland und dessen Ansichten über die<lb/><cb type="end"/>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0003] factisch der Curator der Regierung ist. Auf kurze Perioden des Aufschwunges [ nicht wahr unter Mamsell Lola, die das Frank- furter Journal seiner Zeit niederträchtig genug war bis in den Himmel zu erheben? ] sind in Bayern von jeher Epochen verstärk- ter politischer und geistiger Depravation [ die Moralität herrschte bekanntlich, nach dem Frankfurter Journale zu schließen, zu den Zeiten der Gräfin Landsfeld! ] gefolgt. Das Stück scheint — wenn nicht der herrschende Geschichtsgeist dazwischen tritt — sich schon in nächster Zukunft wiederholen zu wollen. [ Wir glauben nicht, daß Herr von Abel besondere Lust verspürt noch einmal in das Ministerium einzutreten und Buße zu thun für fremde Sün- den, wir führen überhaupt das Artikelchen nur an, um an einem Exempel zu zeigen, welchen Begriffe Blätter vom Schlage des Frankfurter Journales vom „allgemeinen Stimmrechte“ und der „Majorität“ haben. Was ist denn dagegen einzuwenden, wenn die Majorität eben Herrn von Abel zum Minister des Jnnern haben will? ] Die N. M. Ztg. enthält folgendes Handschreiben des Königs an den Grafen Spaur: „Herr Gesandter Graf von Spaur! Jch habe Jhren Bericht vom 30. des vorigen Mo- nats über die glückliche Befreiung Sr. Heiligkeit des Papstes und dessen Ankunft zu Gaeta mit der höchsten Theilnahme gelesen. So groß der Schmerz war, den Jch bei der Nachricht von den gegen das geheiligte Oberhaupt der katholischen Kirche von einer verbrecherischen, pflichtvergessenen Partei verübten Gewaltthätig- keiten und von dem schwarzen Undanke empfunden, mit welchem diese Partei die von Seinem liebevollen, wohlwollenden Herzen im reichsten Maße gespendeten Gaben und Wohlthaten vergolten hat und so tief die Bekümmerniß ist, womit die dem heiligen Va- ter auferlegte Nothwendigkeit, vor weiteren Gewaltthätigkeiten außerhalb seiner Staaten Schutz und Sicherheit zu suchen, Mich wie jeden treuen Sohn der katholischen Kirche hat erfüllen müssen, so haben doch jener Schmerz und diese Bekümmerniß die wohl- thuendste Linderung in der Kunde von der glücklich vollbrachten Rettung des Stellvertreters Christi auf Erden gefunden und Jch danke der göttlichen Vorsehung noch ganz besonders dafür, daß Sie Meinen Gesandten zum Werkzeuge dieser Rettung auser- sehen hat. Sie haben, Mein lieber Graf, durch den Eifer und die Umsicht und durch die furchtlose Hingebung, mit welcher Sie dem gefahrvollen und für unsern heiligen Vater wie für die gesammte katholische Christenheit hochwichtigen Unternehmen sich unterzogen und dasselbe zum glücklichen Ausgange geführt haben, auf das Vollkommenste Meinen Absichten und den Gesinnungen entsprochen, die mich für Se. Päpstliche Heiligkeit beseelen; Sie haben dabei ganz in dem Sinne der Weisungen gehandelt, welche Jch Jhnen unterm 20. Mai d. Js. für den Fall ertheilt habe, wo Jhre Dienste dem heiligen Vater von Nutzen seyn könnten. Mit Vergnügen drücke Jch Jhnen Meine volle Anerkennung aus, und indem Jch Mir vorbehalte, Jhnen für die geleisteten werth- vollen Dienste ein besonderes Merkmal Meiner Gnade und Zu- friedenheit zu verleihen, versichere Jch Sie gern jener wohlwol- lenden Gesinnungen, womit Jch bin Jhr wohlgewogener König ( gez. ) Max. Nymphenburg 16. December. 1848.“ München 20. December. Se. Maj. der König hat unterm 16. d. M. folgende Orden verliehen: das Großkreuz des Ver- dienstordens vom heil. Michael dem Gesandten Grafen Spaur in Rom; das Großkreuz des Civilverdienstordens der bayerischen Krone dem Cardinal=Staatssecretäre Antonelli, dann dem Botschafter der französischen Republik in Rom, d'Horcourt und dem spanischen Botschafter ebendaselbst Martinez de la Ro- sa; das Commenthurkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael dem spanischen Legationssecretär d'Arnao. ( Sämmtlich bei der Flucht des Papstes betheiligt. ) München 20. December. ( N. C. ) Seit gestern Abends sind abermals Gerüchte von einer Ministerkrisis verbreitet. Es heißt nämlich, Freiherr v. Lerchenfeld habe sich veranlaßt ge- sehen, seine Entlassung einzureichen und Minister Heintz werde, wahrscheinlich zu dem gleichen Schritte genöthigt seyn. Wer zum Nachfolger Lerchenfelds bestimmt sey, darüber hört man nichts Bestimmtes; man spricht von Schrenk, Armannsperg , doch sind dies nur Vermuthungen. Daß diese Ministerkrisis, so kurz vor der Einberufung des Landtages, nicht geringe Aufregung im Publicum hervorruft, ist natürlich. Leider wird dieselbe noch durch einen anderen Umstand vergrößert. Die erhöhte Biertaxe soll heute in Wirksamkeit treten, obwohl die Bräuer in allen öffent- lichen hiesigen Blättern erklären, daß sie sich mit der bisherigen Taxe begnügen wollen. Wie es scheint, will die Behörde das schon so oft verletzte Biergesetz jetzt auf einmal mit allen Mitteln der Gewalt zur Geltung bringen. Aufrechthaltung der Gesetze ist allerdings die erste Pflicht der Behörden; aber bei einem Ge- setze wie das vorliegende, von dessen Unzweckmäßigkeit und Un- billigkeit man längst überzeugt ist und das schon so oft ungestraft umgangen wurde, sollte man es so kurz vor Beginn des Land- tages nicht mit einem Male so streng nehmen, zumal die zu- nächst Betheiligten, die Bräuer, die Aufrechterhaltung desselben gar nicht wünschen. Da man Ruhestörungen befürchtet, so sind die umfassendsten militärischen Vorkehrungen getroffen, umfas- sender als je zuvor. Es fand deshalb gestern im Gebäude der Stadtcommandantschaft eine Conferenz von Officieren aller Waf- fengattungen statt und heute sieht man aus demselben jeden Augen- blick Ordonnanzen zu Pferd und zu Fuß gehen und kommen. Die ganze Garnison ist in den Casernen consignirt oder in Be- reitschaft mit Sack und Pack in einigen Localen der Stadt auf- gestellt, die Landwehr von Mittags an theilweise commandirt. Vielleicht werden diese umfassenden Anstalten imponiren und uns vor Ruhestörungen bewahren; vielleicht wird noch gestattet, daß die Bräuer zu geringerem Preise, wie sie selbst wünschen, aus- schenken dürfen; der ganzen Calamität wäre dadurch am Ge- eignetsten vorgebeugt. Nachschrift. Bis diesen Augenblick — Nachmittags 1 / 2 2 Uhr — ist, so viel mit bekannt, nirgends eine Unordnung oder Ruhestörung vorgefallen. Die Bräuer geben fortwährend das Bier zu dem bisherigen Preise und damit wird Alles in Ordnung bleiben. Die Mittags aufgebotene Land- wehrabtheilung wird soeben wieder nach Hause entlassen. Aus der bayerischen Pfalz 22. December. Es ist unter unseren Demokraten eine Art Hader ausgebrochen. Der so stark renommirte Pfarrer von Einselthum, Herr Berkmann, welcher in den letzten Zeiten als so gesinnungstüchtiger Republikaner und Fahnenweih=Prediger sich benommen hatte, wird von dem „ De- mokratencongresse “ desavouirt; seine Wahl nach München „tief beklagt.“ Ob dieses dem Congresse oder Herrn B. zur Ehre ge- reiche, mag unerörtert bleiben; wahrscheinlich aber keinem von beiden. Wir anderen Pfälzer, welche nicht zu den Demokraten gehören, erfahren übrigens da gelegentlich, was für Mächte und Congresse wir in der Pfalz nun haben, seitdem die von „Gottes Gnaden“ ab seyn sollen. Ob aber dieser „Demokratencongreß“ nicht noch ein loseres Spiel mit uns treiben würde, als früher die hohen Herren, und ob es nicht schwerer wäre, die fallirten Schnei- der und Kaufleute zufrieden zu stellen, als den alten Stamm- baumsadel, möchte kaum zu bezweifeln seyn. An solchen Leuten wie B., erwachsen übrigens auch der Pfalz die Seitenstücke zum Berliner Linden=Müller, Karbe und Held; sie gehen uns zum vollen Demokratenthume und Demagogenwesen noch ab, werden sich aber nach und nach schon bilden, wenn nicht unvorhergesehene Ereignisse das völlige Verderben des Volkes aufhalten. # Speyer 21. December. Seit kaum vierzehn Tagen zum zweiten Male erschreckte uns gestern in den Abendstunden Feuer- ruf. Jn beiden Fällen war die Flamme in mit Holzmaterial reichlich gefüllten Schoppen von Bauunternehmern ausgebrochen, und das entfesselte Element wüthete mit seltener Heftigkeit. Zum Glücke war jedes Mal der Zugang von allen Seiten frei, so, daß dem Umsichgreifen des Feuers durch rasche Hilfe ziem- lich gewehrt werden konnte, während an eine Dämpfung der Flamme auf der Hauptbrandstätte nicht zu denken war. Daß sich unter solchen Umständen der Verdacht der Brandstiftung auf- dringt, ist natürlich, zumal da wir in dem Westrich an dem Flecken Homburg das seltene Schauspiel fortgesetzter Brand- legungen haben, wobei die bis jetzt noch nicht ermittelten Ver- brecher so keck sind, mit Drohbriefen die geängstigten Bewohner fortwährend in Unruhe zu erhalten. Was den ganzen Kreis der Pfalz betrifft, so ergibt sich für das Jahr 1848 überhaupt eine höchst auffallende Vermehrung der Brandfälle, wobei eine Masse strafgerichtlicher Untersuchungen bezüglich Brandlegung eingestellt werden mußten wegen mangelnden Beweises. Es schlägt das auch in die sociale Frage, in jene Frage, die wir aus Unverstand oder Habsucht nicht zu lösen vermögen, bis ein Racheschwert den gordischen Knoten zerstücken, aber auch uns erreichen wird. == Von der Haardt 21. December. Der Urquell aller po- litischen Weisheit für die große Masse der Pfälzer „entschieden Liberalen“, die Speyerer Zeitung hat nach fast einem halben Jahre eine erstaunliche Wahrnehmung gemacht, daß nämlich die Parla- ments=Beschlüsse, welche ausdrücklich als für ganz Deutschland bindend gewollt und gegeben werden, am Ende auch die Pfalz verpflichten könnten, selbst wenn sie dort die öffentliche Meinung gegen sich hätten. Herr Kolb, als er in der Frage über das Ge- werbswesen mit seiner Alle, auch die Widerstrebenden beglücken- den Staatsweisheit es als particularistisch und engherzig verwarf, daß die einzelnen Länder in dieser Beziehung freie Hand haben und nicht von Reichswegen Alles in den so verschiedenartigen deutschen Ländern gleichmäßig geordnet werden sollte, mußte doch, wenn er vom übrigen Deutschland und dessen Ansichten über die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal172_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal172_1848/3
Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 172. Mainz, 23. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal172_1848/3>, abgerufen am 01.06.2024.