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Mainzer Journal. Nr. 245. Mainz, 15. Oktober 1849.

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Mainzer Journal.


Nro 245. Montag, den 15. October. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Zu den rheinbayrischen Pacificationsbestre-
bungen.

X An der Spitze Jhres Blattes vom 5. d. M. ist die [unleserliches Material - 10 Zeichen fehlen]Er-
wartung ausgesprochen, daß in Jnquisitionssachen der jüngst
unter der provisorischen Regierung zum Schwure oder Revers
gebrachten katholischen Geistlichen, sich die geistliche Behörde nicht
zum unterthänigen Berichterstatter und Jnquirenten für die poli-
tische Regierung werde gebrauchen lassen. Jch dächte, das ver-
stünde sich schon von selbst, und eine solche Erwartung ( die wie
eine halbe Beleidigung lautet ) wäre von vorn herein überflüssig
gewesen, indem unsere geistliche Behörde sich nie zu so etwas her-
beilassen werde.

Jch bin zwar gerade kein Canonist, aber das weiß ich doch,
daß einer der ersten Grundsätze des canonischen Rechtes der[unleserliches Material] ist:
daß die Kirche über die Fehler und Vergehen ihrer eigenen Kin-
der, besonders aber der Geistlichen, nie bei der weltlichen Behörde
Kanzleidienste machen oder gar zu ihr Recurs nehmen, sondern
dieselben vielmehr selbst aburtheilen solle. Jn demselben Geiste
verbietet auch das canonische Recht unter strengen Strafen, daß
ein Geistlicher den anderen vor dem weltlichen Gerichte verklage;
weil, wie schon der Apostel Paulus lehrt, in der Kirche und durch
ihre Vorgesetzte solche Zwiste geschlichtet werden sollen, und es
schon schlimm genug sey, daß unter ihnen sich Streit worfinde.
Noch mehr aber, dächte ich, wäre es gegen den Geist [unleserliches Material - 3 Zeichen fehlen]der Kirche
solch eine Denunciation, oder, im Kanzleistyle zu reden, eine
solche Communication der verschiedenen ( ja weiß Gott [unleserliches Material - 14 Zeichen fehlen]verschiede-
nen, aufs Tiefste verschiedenen! ) Stellen. Mag man [unleserliches Material - 4 Zeichen fehlen]auch einige
Jahrhunderte lang, wie der Staat noch christlich u nd erclusiv
christlich war, in solchen Dingen eine Cooperation festgehalten,
mag die Kirche sie geduldet haben: nun, nachdem der Staat sich
vom Christenthume losgesagt, nachdem jüngster Tage dies in
Bayern, und für dieses, durch die legale Anerkennung der s. g.
"freien Kirche" noch seine neue, fast überflüssige Bestätigung ge-
funden ( wogegen wir nichts erinnern wollen ) -- ist so etwas ge-
wiß nicht ferner zulässig. Die Kirche findet sich jetzt, dem Staate
gegenüber, beinahe in die Verhältnisse ihrer ersten Jahrhunderte
versetzt. Vom Standpunkte gesunder kirchenrechtlicher Principien
aus, will mir also das Eingehen auf ein solches mindest indis-
cretes Ansinnen der Regierung schon ganz unwahrscheinlich dün-
ken; noch anders aber verhielte es sich damit vom Standpunkte
der Klugheit aus betrachtet.

Wenn die geistliche Behörde sich so zum gehorsamen Kanz-
listen und Polizeiboten der Regierung macht, wer bürgt uns, daß
man bald nicht noch ärger solch eine Willfährigkeit mißbrauche?
Werden wir dann, da die wahre Freiheit nur zu großen Be-
schränkungen leider! entgegensehen kann, nicht auch in dem geist-
lichen Gebiete das Eingreifen eines Säbelregimentes bald erfah-
ren müssen; wird man nicht auch, etwa nach dem Muster Rußlands
oder der Schweiz, das Religiöse noch weiter zu politischen Zwecken
zu gebrauchen suchen? Und wer bürgte uns, wenn man jetzt so
gehorsamst sich hingäbe, daß man später in noch Wichtigerem
vielleicht widerstehen würde? Principiis obsta, widerstehe den
( falschen ) Principien, ist ein wahrer Satz; gilt er nicht auch
hier? -- Nein, zu so was läßt unsere geistliche Behörde der Re-
gierung gegenüber sich nie gebrauchen! Aber wäre so etwas auch
nur klug dem Klerus gegenüber? Wenn die geistliche Be-
hörde sich dazu verstände, die politisch Schwachen, Halben,
Ueberrumpelten und Unklaren der Regierung zu denunciren:
welches Vertrauen könnte sie dann von ihrem Klerus noch er-
warten? Was der Bischof von Fehlern und Verbrechen seines
Klerus weiß, das deckt ( so lange es keine Criminalverbrechen
sind, welche beim weltlichen Gerichte zugleich anhängig sind ) die
bischöfliche Brust, das heißt die Liebe, wie ein tiefes Grab.
Nur dann, wenn der Geistliche davon überzeugt ist, wird das
Läugnen, Vertuschen und Verheimlichen, das schon eines wahren
Christen so unwürdig ist, bei ihm beseitigt seyn; er hat ja keine
Ursache dazu. Gilt aber die weltliche, gilt auch eine geistliche hohe
[Spaltenumbruch] und niedere Polizei: dann ist Mißtrauen, Abneigung und noch
Schlimmeres eingekehrt. Darum wüßten wir kaum ein besseres
Mittel, die wahre Stellung zwischen geistlichen Oberen und Un-
teren zu untergraben und zu vergiften, als gerade die: sich ge-
brauchen lassen zu solch einem Jnquisitorium. Dies herbeizufüh-
ren, wäre des Wirkens und Bestrebens eines Todfeindes der
Kirche ganz würdig.

Die geistliche Behörde hat zur ersten Aufgabe Liebe und Ein-
tracht auch unter dem Klerus zu erhalten. Welch eine besseres
Mittel aber zum Zwiste gäbe es, welche größere Brandfackel des
Haders könnte unter denselben wohl geschleudert werden: als die
Statuirung zwischen Geschworenen und Ungeschworenen, Re-
versirten und Unreversirten, und die Zurücksetzung der ersteren
blos um dieses willen? Dazu handelt es sich noch, wohl zu be-
merken, um ein Verhältniß der Unterthanen zur weltlichen Obrig-
keit, das verschiedener Auffassungen fähig ist, wobei die christliche
Pflicht noch immer gewahrt werden kann. Darum sähen wir
als sichere Folge solch einer Jnquisition, Haß und Zwietracht
unter den Geistlichen selbst, Abneigung und Mistrauen gegen die
geistliche Oberbehörde, tiefe Erbitterung aber gegen eine Behörde
entspringen, die zuerst feige davonläuft, oder lahm nicht hilft,
dann aber zu Macht gelangt, unverständig darein fährt.

Könnte sich, fragen wir daher zum Schlusse, unsere geistliche
Behörde zu etwas hergeben, das Alles dieses in seinem sicheren
Gefolge hätte? Könnte dieselbe, wenn sie auch zu ihrer Pri-
vatkenntniß
über diese Punkte Umfrage hielte, sich je dazu
verstehen, das Resultat solcher Erhebungen der weltlichen Be-
hörde zu weiterer Darnachhandlung zu "unterbreiten?" -- Nein,
nimmermehr! Wir sind von dem kirchenrechtlichen Tacte, von
der Klugheit, von der Liebe der geistlichen Behörden zu ihren
Untergebenen, von ihrer Sorge für allgemeine Eintracht zu sehr
überzeugt, als daß wir so etwas nur möglich denken könnten.
Wir halten es nicht blos für einen Mißgriff, sondern für eine
Anmaßung, und juridisch dermalen nicht mehr statthaft, daß die
politische Behörde so etwas forderte. Als vor einigen Monaten
die Antwort eines Pfarrers an einen Untersuchungsrichter der
Pfalz, welcher ihn zur Denunciation seiner demokratischen Pfarr-
kinder aufforderte, in diesen Blättern erschien, als man las, wie
mit heiligem Ernste und gerechtem Unwillen er eine solche Zu-
muthung von sich wieß: da freute sich Alles und jeder Ehren-
mann war mit Einhaltung dieser Stellung von Seite der Geist-
lichen in den obschwebenden Wirren vollkommen einverstanden.
Sollte Das, was dort so klar und unbezweifelt war, nun ungewiß
und verändert worden seyn, und nicht nach allen Richtungen, in
jeder Sphäre der Geistlichkeit gelten? Dies glauben wir nicht.
Die politische Behörde bediene sich aller ihrer Organe, in ihrer
Sphäre, für ihre Zwecke; dagegen haben wir nicht das Min-
deste zu sagen: die Kirche, die katholische wenigstens, ich sage und
hoffe aber alle Kirchen, werden zum Polizeiboten sich herbeilassen
nie und nimmermehr!



Deutschland.

# Aus der bayrischen Pfalz 14. October. Unterm 12. d. M.
hat der Commandirende des königl. bayr. Armeekorps in der
Pfalz, der Generallieutenant Fürst Taxis, eine Bekanntmachung
erlassen, gemäß welcher gegen 200 Pfälzer, welche bisher in
Rastatt, Freiburg und Mannheim als Kriegsgefangene in
Haft waren, nach Germersheim ausgeliefert werden sollen,
"damit sie, wie die Bekanntmachung sagt, vor ihre ordentlichen
Richter gestellt werden, namentlich aber den Standgerichten in
Rastatt nicht mehr anheimfallen." Der Herr Fürst spricht am
Ende seines Proclams das Vertrauen aus: "daß diese nach der
väterlichen Willensmeinung Sr. Maj. unseres allergnädigsten
Königs durchgeführte Maßregel wesentlich zur Beruhigung die-
nen, und von allen treuen Pfälzern mit gebührendem Danke werde
anerkannt werden." Wir sind von Letzterem gewiß überzeugt, um
so viel mehr als uns Manche der in der Liste Genannten näher
[Ende Spaltensatz]

Mainzer Journal.


Nro 245. Montag, den 15. October. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Zu den rheinbayrischen Pacificationsbestre-
bungen.

X An der Spitze Jhres Blattes vom 5. d. M. ist die [unleserliches Material – 10 Zeichen fehlen]Er-
wartung ausgesprochen, daß in Jnquisitionssachen der jüngst
unter der provisorischen Regierung zum Schwure oder Revers
gebrachten katholischen Geistlichen, sich die geistliche Behörde nicht
zum unterthänigen Berichterstatter und Jnquirenten für die poli-
tische Regierung werde gebrauchen lassen. Jch dächte, das ver-
stünde sich schon von selbst, und eine solche Erwartung ( die wie
eine halbe Beleidigung lautet ) wäre von vorn herein überflüssig
gewesen, indem unsere geistliche Behörde sich nie zu so etwas her-
beilassen werde.

Jch bin zwar gerade kein Canonist, aber das weiß ich doch,
daß einer der ersten Grundsätze des canonischen Rechtes der[unleserliches Material] ist:
daß die Kirche über die Fehler und Vergehen ihrer eigenen Kin-
der, besonders aber der Geistlichen, nie bei der weltlichen Behörde
Kanzleidienste machen oder gar zu ihr Recurs nehmen, sondern
dieselben vielmehr selbst aburtheilen solle. Jn demselben Geiste
verbietet auch das canonische Recht unter strengen Strafen, daß
ein Geistlicher den anderen vor dem weltlichen Gerichte verklage;
weil, wie schon der Apostel Paulus lehrt, in der Kirche und durch
ihre Vorgesetzte solche Zwiste geschlichtet werden sollen, und es
schon schlimm genug sey, daß unter ihnen sich Streit worfinde.
Noch mehr aber, dächte ich, wäre es gegen den Geist [unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]der Kirche
solch eine Denunciation, oder, im Kanzleistyle zu reden, eine
solche Communication der verschiedenen ( ja weiß Gott [unleserliches Material – 14 Zeichen fehlen]verschiede-
nen, aufs Tiefste verschiedenen! ) Stellen. Mag man [unleserliches Material – 4 Zeichen fehlen]auch einige
Jahrhunderte lang, wie der Staat noch christlich u nd erclusiv
christlich war, in solchen Dingen eine Cooperation festgehalten,
mag die Kirche sie geduldet haben: nun, nachdem der Staat sich
vom Christenthume losgesagt, nachdem jüngster Tage dies in
Bayern, und für dieses, durch die legale Anerkennung der s. g.
„freien Kirche“ noch seine neue, fast überflüssige Bestätigung ge-
funden ( wogegen wir nichts erinnern wollen ) — ist so etwas ge-
wiß nicht ferner zulässig. Die Kirche findet sich jetzt, dem Staate
gegenüber, beinahe in die Verhältnisse ihrer ersten Jahrhunderte
versetzt. Vom Standpunkte gesunder kirchenrechtlicher Principien
aus, will mir also das Eingehen auf ein solches mindest indis-
cretes Ansinnen der Regierung schon ganz unwahrscheinlich dün-
ken; noch anders aber verhielte es sich damit vom Standpunkte
der Klugheit aus betrachtet.

Wenn die geistliche Behörde sich so zum gehorsamen Kanz-
listen und Polizeiboten der Regierung macht, wer bürgt uns, daß
man bald nicht noch ärger solch eine Willfährigkeit mißbrauche?
Werden wir dann, da die wahre Freiheit nur zu großen Be-
schränkungen leider! entgegensehen kann, nicht auch in dem geist-
lichen Gebiete das Eingreifen eines Säbelregimentes bald erfah-
ren müssen; wird man nicht auch, etwa nach dem Muster Rußlands
oder der Schweiz, das Religiöse noch weiter zu politischen Zwecken
zu gebrauchen suchen? Und wer bürgte uns, wenn man jetzt so
gehorsamst sich hingäbe, daß man später in noch Wichtigerem
vielleicht widerstehen würde? Principiis obsta, widerstehe den
( falschen ) Principien, ist ein wahrer Satz; gilt er nicht auch
hier? — Nein, zu so was läßt unsere geistliche Behörde der Re-
gierung gegenüber sich nie gebrauchen! Aber wäre so etwas auch
nur klug dem Klerus gegenüber? Wenn die geistliche Be-
hörde sich dazu verstände, die politisch Schwachen, Halben,
Ueberrumpelten und Unklaren der Regierung zu denunciren:
welches Vertrauen könnte sie dann von ihrem Klerus noch er-
warten? Was der Bischof von Fehlern und Verbrechen seines
Klerus weiß, das deckt ( so lange es keine Criminalverbrechen
sind, welche beim weltlichen Gerichte zugleich anhängig sind ) die
bischöfliche Brust, das heißt die Liebe, wie ein tiefes Grab.
Nur dann, wenn der Geistliche davon überzeugt ist, wird das
Läugnen, Vertuschen und Verheimlichen, das schon eines wahren
Christen so unwürdig ist, bei ihm beseitigt seyn; er hat ja keine
Ursache dazu. Gilt aber die weltliche, gilt auch eine geistliche hohe
[Spaltenumbruch] und niedere Polizei: dann ist Mißtrauen, Abneigung und noch
Schlimmeres eingekehrt. Darum wüßten wir kaum ein besseres
Mittel, die wahre Stellung zwischen geistlichen Oberen und Un-
teren zu untergraben und zu vergiften, als gerade die: sich ge-
brauchen lassen zu solch einem Jnquisitorium. Dies herbeizufüh-
ren, wäre des Wirkens und Bestrebens eines Todfeindes der
Kirche ganz würdig.

Die geistliche Behörde hat zur ersten Aufgabe Liebe und Ein-
tracht auch unter dem Klerus zu erhalten. Welch eine besseres
Mittel aber zum Zwiste gäbe es, welche größere Brandfackel des
Haders könnte unter denselben wohl geschleudert werden: als die
Statuirung zwischen Geschworenen und Ungeschworenen, Re-
versirten und Unreversirten, und die Zurücksetzung der ersteren
blos um dieses willen? Dazu handelt es sich noch, wohl zu be-
merken, um ein Verhältniß der Unterthanen zur weltlichen Obrig-
keit, das verschiedener Auffassungen fähig ist, wobei die christliche
Pflicht noch immer gewahrt werden kann. Darum sähen wir
als sichere Folge solch einer Jnquisition, Haß und Zwietracht
unter den Geistlichen selbst, Abneigung und Mistrauen gegen die
geistliche Oberbehörde, tiefe Erbitterung aber gegen eine Behörde
entspringen, die zuerst feige davonläuft, oder lahm nicht hilft,
dann aber zu Macht gelangt, unverständig darein fährt.

Könnte sich, fragen wir daher zum Schlusse, unsere geistliche
Behörde zu etwas hergeben, das Alles dieses in seinem sicheren
Gefolge hätte? Könnte dieselbe, wenn sie auch zu ihrer Pri-
vatkenntniß
über diese Punkte Umfrage hielte, sich je dazu
verstehen, das Resultat solcher Erhebungen der weltlichen Be-
hörde zu weiterer Darnachhandlung zu „unterbreiten?“ — Nein,
nimmermehr! Wir sind von dem kirchenrechtlichen Tacte, von
der Klugheit, von der Liebe der geistlichen Behörden zu ihren
Untergebenen, von ihrer Sorge für allgemeine Eintracht zu sehr
überzeugt, als daß wir so etwas nur möglich denken könnten.
Wir halten es nicht blos für einen Mißgriff, sondern für eine
Anmaßung, und juridisch dermalen nicht mehr statthaft, daß die
politische Behörde so etwas forderte. Als vor einigen Monaten
die Antwort eines Pfarrers an einen Untersuchungsrichter der
Pfalz, welcher ihn zur Denunciation seiner demokratischen Pfarr-
kinder aufforderte, in diesen Blättern erschien, als man las, wie
mit heiligem Ernste und gerechtem Unwillen er eine solche Zu-
muthung von sich wieß: da freute sich Alles und jeder Ehren-
mann war mit Einhaltung dieser Stellung von Seite der Geist-
lichen in den obschwebenden Wirren vollkommen einverstanden.
Sollte Das, was dort so klar und unbezweifelt war, nun ungewiß
und verändert worden seyn, und nicht nach allen Richtungen, in
jeder Sphäre der Geistlichkeit gelten? Dies glauben wir nicht.
Die politische Behörde bediene sich aller ihrer Organe, in ihrer
Sphäre, für ihre Zwecke; dagegen haben wir nicht das Min-
deste zu sagen: die Kirche, die katholische wenigstens, ich sage und
hoffe aber alle Kirchen, werden zum Polizeiboten sich herbeilassen
nie und nimmermehr!



Deutschland.

# Aus der bayrischen Pfalz 14. October. Unterm 12. d. M.
hat der Commandirende des königl. bayr. Armeekorps in der
Pfalz, der Generallieutenant Fürst Taxis, eine Bekanntmachung
erlassen, gemäß welcher gegen 200 Pfälzer, welche bisher in
Rastatt, Freiburg und Mannheim als Kriegsgefangene in
Haft waren, nach Germersheim ausgeliefert werden sollen,
„damit sie, wie die Bekanntmachung sagt, vor ihre ordentlichen
Richter gestellt werden, namentlich aber den Standgerichten in
Rastatt nicht mehr anheimfallen.“ Der Herr Fürst spricht am
Ende seines Proclams das Vertrauen aus: „daß diese nach der
väterlichen Willensmeinung Sr. Maj. unseres allergnädigsten
Königs durchgeführte Maßregel wesentlich zur Beruhigung die-
nen, und von allen treuen Pfälzern mit gebührendem Danke werde
anerkannt werden.“ Wir sind von Letzterem gewiß überzeugt, um
so viel mehr als uns Manche der in der Liste Genannten näher
[Ende Spaltensatz]

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[0001] Mainzer Journal. Nro 245. Montag, den 15. October. 1849. Zu den rheinbayrischen Pacificationsbestre- bungen. X An der Spitze Jhres Blattes vom 5. d. M. ist die __________Er- wartung ausgesprochen, daß in Jnquisitionssachen der jüngst unter der provisorischen Regierung zum Schwure oder Revers gebrachten katholischen Geistlichen, sich die geistliche Behörde nicht zum unterthänigen Berichterstatter und Jnquirenten für die poli- tische Regierung werde gebrauchen lassen. Jch dächte, das ver- stünde sich schon von selbst, und eine solche Erwartung ( die wie eine halbe Beleidigung lautet ) wäre von vorn herein überflüssig gewesen, indem unsere geistliche Behörde sich nie zu so etwas her- beilassen werde. Jch bin zwar gerade kein Canonist, aber das weiß ich doch, daß einer der ersten Grundsätze des canonischen Rechtes der_ ist: daß die Kirche über die Fehler und Vergehen ihrer eigenen Kin- der, besonders aber der Geistlichen, nie bei der weltlichen Behörde Kanzleidienste machen oder gar zu ihr Recurs nehmen, sondern dieselben vielmehr selbst aburtheilen solle. Jn demselben Geiste verbietet auch das canonische Recht unter strengen Strafen, daß ein Geistlicher den anderen vor dem weltlichen Gerichte verklage; weil, wie schon der Apostel Paulus lehrt, in der Kirche und durch ihre Vorgesetzte solche Zwiste geschlichtet werden sollen, und es schon schlimm genug sey, daß unter ihnen sich Streit worfinde. Noch mehr aber, dächte ich, wäre es gegen den Geist ___der Kirche solch eine Denunciation, oder, im Kanzleistyle zu reden, eine solche Communication der verschiedenen ( ja weiß Gott ______________verschiede- nen, aufs Tiefste verschiedenen! ) Stellen. Mag man ____auch einige Jahrhunderte lang, wie der Staat noch christlich u nd erclusiv christlich war, in solchen Dingen eine Cooperation festgehalten, mag die Kirche sie geduldet haben: nun, nachdem der Staat sich vom Christenthume losgesagt, nachdem jüngster Tage dies in Bayern, und für dieses, durch die legale Anerkennung der s. g. „freien Kirche“ noch seine neue, fast überflüssige Bestätigung ge- funden ( wogegen wir nichts erinnern wollen ) — ist so etwas ge- wiß nicht ferner zulässig. Die Kirche findet sich jetzt, dem Staate gegenüber, beinahe in die Verhältnisse ihrer ersten Jahrhunderte versetzt. Vom Standpunkte gesunder kirchenrechtlicher Principien aus, will mir also das Eingehen auf ein solches mindest indis- cretes Ansinnen der Regierung schon ganz unwahrscheinlich dün- ken; noch anders aber verhielte es sich damit vom Standpunkte der Klugheit aus betrachtet. Wenn die geistliche Behörde sich so zum gehorsamen Kanz- listen und Polizeiboten der Regierung macht, wer bürgt uns, daß man bald nicht noch ärger solch eine Willfährigkeit mißbrauche? Werden wir dann, da die wahre Freiheit nur zu großen Be- schränkungen leider! entgegensehen kann, nicht auch in dem geist- lichen Gebiete das Eingreifen eines Säbelregimentes bald erfah- ren müssen; wird man nicht auch, etwa nach dem Muster Rußlands oder der Schweiz, das Religiöse noch weiter zu politischen Zwecken zu gebrauchen suchen? Und wer bürgte uns, wenn man jetzt so gehorsamst sich hingäbe, daß man später in noch Wichtigerem vielleicht widerstehen würde? Principiis obsta, widerstehe den ( falschen ) Principien, ist ein wahrer Satz; gilt er nicht auch hier? — Nein, zu so was läßt unsere geistliche Behörde der Re- gierung gegenüber sich nie gebrauchen! Aber wäre so etwas auch nur klug dem Klerus gegenüber? Wenn die geistliche Be- hörde sich dazu verstände, die politisch Schwachen, Halben, Ueberrumpelten und Unklaren der Regierung zu denunciren: welches Vertrauen könnte sie dann von ihrem Klerus noch er- warten? Was der Bischof von Fehlern und Verbrechen seines Klerus weiß, das deckt ( so lange es keine Criminalverbrechen sind, welche beim weltlichen Gerichte zugleich anhängig sind ) die bischöfliche Brust, das heißt die Liebe, wie ein tiefes Grab. Nur dann, wenn der Geistliche davon überzeugt ist, wird das Läugnen, Vertuschen und Verheimlichen, das schon eines wahren Christen so unwürdig ist, bei ihm beseitigt seyn; er hat ja keine Ursache dazu. Gilt aber die weltliche, gilt auch eine geistliche hohe und niedere Polizei: dann ist Mißtrauen, Abneigung und noch Schlimmeres eingekehrt. Darum wüßten wir kaum ein besseres Mittel, die wahre Stellung zwischen geistlichen Oberen und Un- teren zu untergraben und zu vergiften, als gerade die: sich ge- brauchen lassen zu solch einem Jnquisitorium. Dies herbeizufüh- ren, wäre des Wirkens und Bestrebens eines Todfeindes der Kirche ganz würdig. Die geistliche Behörde hat zur ersten Aufgabe Liebe und Ein- tracht auch unter dem Klerus zu erhalten. Welch eine besseres Mittel aber zum Zwiste gäbe es, welche größere Brandfackel des Haders könnte unter denselben wohl geschleudert werden: als die Statuirung zwischen Geschworenen und Ungeschworenen, Re- versirten und Unreversirten, und die Zurücksetzung der ersteren blos um dieses willen? Dazu handelt es sich noch, wohl zu be- merken, um ein Verhältniß der Unterthanen zur weltlichen Obrig- keit, das verschiedener Auffassungen fähig ist, wobei die christliche Pflicht noch immer gewahrt werden kann. Darum sähen wir als sichere Folge solch einer Jnquisition, Haß und Zwietracht unter den Geistlichen selbst, Abneigung und Mistrauen gegen die geistliche Oberbehörde, tiefe Erbitterung aber gegen eine Behörde entspringen, die zuerst feige davonläuft, oder lahm nicht hilft, dann aber zu Macht gelangt, unverständig darein fährt. Könnte sich, fragen wir daher zum Schlusse, unsere geistliche Behörde zu etwas hergeben, das Alles dieses in seinem sicheren Gefolge hätte? Könnte dieselbe, wenn sie auch zu ihrer Pri- vatkenntniß über diese Punkte Umfrage hielte, sich je dazu verstehen, das Resultat solcher Erhebungen der weltlichen Be- hörde zu weiterer Darnachhandlung zu „unterbreiten?“ — Nein, nimmermehr! Wir sind von dem kirchenrechtlichen Tacte, von der Klugheit, von der Liebe der geistlichen Behörden zu ihren Untergebenen, von ihrer Sorge für allgemeine Eintracht zu sehr überzeugt, als daß wir so etwas nur möglich denken könnten. Wir halten es nicht blos für einen Mißgriff, sondern für eine Anmaßung, und juridisch dermalen nicht mehr statthaft, daß die politische Behörde so etwas forderte. Als vor einigen Monaten die Antwort eines Pfarrers an einen Untersuchungsrichter der Pfalz, welcher ihn zur Denunciation seiner demokratischen Pfarr- kinder aufforderte, in diesen Blättern erschien, als man las, wie mit heiligem Ernste und gerechtem Unwillen er eine solche Zu- muthung von sich wieß: da freute sich Alles und jeder Ehren- mann war mit Einhaltung dieser Stellung von Seite der Geist- lichen in den obschwebenden Wirren vollkommen einverstanden. Sollte Das, was dort so klar und unbezweifelt war, nun ungewiß und verändert worden seyn, und nicht nach allen Richtungen, in jeder Sphäre der Geistlichkeit gelten? Dies glauben wir nicht. Die politische Behörde bediene sich aller ihrer Organe, in ihrer Sphäre, für ihre Zwecke; dagegen haben wir nicht das Min- deste zu sagen: die Kirche, die katholische wenigstens, ich sage und hoffe aber alle Kirchen, werden zum Polizeiboten sich herbeilassen nie und nimmermehr! Deutschland. # Aus der bayrischen Pfalz 14. October. Unterm 12. d. M. hat der Commandirende des königl. bayr. Armeekorps in der Pfalz, der Generallieutenant Fürst Taxis, eine Bekanntmachung erlassen, gemäß welcher gegen 200 Pfälzer, welche bisher in Rastatt, Freiburg und Mannheim als Kriegsgefangene in Haft waren, nach Germersheim ausgeliefert werden sollen, „damit sie, wie die Bekanntmachung sagt, vor ihre ordentlichen Richter gestellt werden, namentlich aber den Standgerichten in Rastatt nicht mehr anheimfallen.“ Der Herr Fürst spricht am Ende seines Proclams das Vertrauen aus: „daß diese nach der väterlichen Willensmeinung Sr. Maj. unseres allergnädigsten Königs durchgeführte Maßregel wesentlich zur Beruhigung die- nen, und von allen treuen Pfälzern mit gebührendem Danke werde anerkannt werden.“ Wir sind von Letzterem gewiß überzeugt, um so viel mehr als uns Manche der in der Liste Genannten näher

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 245. Mainz, 15. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal245_1849/1>, abgerufen am 21.11.2024.