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Mainzer Journal. Nr. 250. Mainz, 20. Oktober 1849.

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[Beginn Spaltensatz] der sog. vaterländischen Vereine. Worauf derselbe hinausgeht,
wissen die Leser, ohne daß wir es ihnen sagen, halten dies auch
nicht für nöthig. Der "Beobachter" macht in seinem heutigen
Leitartikel die treffende Bemerkung: "Eine Partei in Württem-
berg, welche unablässig an der Unterwerfung Deutschlands
unter die preußische Herrschaft und als Mittel hierzu an der Zer-
reißung des deutschen Vaterlandes und an der Aufopferung der
Grundrechte und Reichsverfassung arbeitet, ist geschäftiger als je,
ihre unseligen Zwecke durch alle möglichen Bemühungen durchzu-
setzen. Es ist dies der [unleserliches Material - 6 Zeichen fehlen]kleine Theil der vaterländischen Vereine
und der Ministerialpartei, welche der schwarz=weißen Fahne folgt
und -- wie der Grenadier Herzog Karl's, der, bei der Umfahrt
des Kaisers Joseph um Stuttgart, an alle Thore herumspringen
und dem Kaiser an jedem derselben aufs neue das Gewehr prä-
sentiren mußte -- sich in allen Zeitungen Deutschlands verviel-
fältigt, um die Thatsache, daß sie nur eine aus einer winzigen
Anzahl von Leuten bestehende Coterie sey, zu verdecken und das
Scheinbild eines nennenswerthen Bruchtheiles öffentlicher Mei-
nung zu erkünsteln."

Wenn der "Beobachter" indessen auf Verwerfung des Wiener
Vertrages durch unsere Regierung dringt, so geht er zwar zu
weit, hat aber insoweit allerdings Recht, als es Pflicht unserer
Regierung ist, darauf zu sehen, daß auch den Mittelstaaten
ihr Recht, an der Centralgwalt Antheil zu nehmen,
besser gewahrt werde,
als dies im Vertrage geschieht. Un-
ter den collegialischen Regierungsformen ist die dualistische die
miserabelste, denn sie schließt entweder eine permanente Schwäche,
oder eine geheime Abfindung in sich. Die deutschen Mittelstaa-
ten vertreten die Stämme, das Anrecht auf deren Gleichberechti-
gung und damit die Forderung einer alle umschließenden Gesammt-
verfassung; ihre Betheiligung an der interimistischen Centralge-
walt hält zudem die Forderung, daß eine deutsche Reichsverfas-
sung zu Stande kommen müsse, aufrecht und das Gewissen der
centralisationslustigen großen Herren wach. So viel wir von
Frankfurt erfahren, erwartet der Reichsverweser, daß die deut-
schen Regierungen und Volksvertretungen, denen er das Zustim-
mungsrecht von Rechtswegen vorbehalten hat, auch das Jhrige
thun. Nach dem Bundesrecht muß Einstimmigkeit unter
den Bundesgliedern
herrschen, wenn eine Verfassungsan-
derung zu Stande kommen soll. Die [unleserliches Material - 16 Zeichen fehlen]württembergische Regierung
wird von diesen Rechtsmitteln Gebrauch machen, um Protest ge-
gen die Willkür einzulegen, komme sie, woher sie wolle. Unter
den beachtungswerthen Verfassungsentwürfen sollten aber für die
Verhandlungen die ersten österreichischen Vorschläge als Grund-
lage nicht so barsch von der Hand gewiesen werden, als gewöhn-
lich geschieht. Gehörig verbessert legen sie den Grundstein zu einer
Union, die eine sehr große Entwicklungsfähigkeit besitzt und der
Trennung in Nord und Süd weit vorzuziehen wäre. Eine deut-
sche parlamentarische Regierung ist auf jenem Wege vielleicht in
kurzer Frist erreichbar; auf dem letztern wird sie unmöglich. Herrn
Staatsrath Römers Reise nach Frankfurt wird mit diesen und
ähnlichen Fragen in Verbindung gebracht.

Kassel 16. October. ( D. Z. ) Schon wieder steht uns armen
Hessen eine theilweise oder -- da unsere Minister jetzt mit einan-
der stehen und fallen wollen -- wahrscheinlich eine gänzliche Mi-
nisterkrisis bevor. Zwar reden unsere Zeitungen bis jetzt nur von
einem dem Vorstande des Kriegsministeriums, Major Bödiker
"aus Gesundheitsrücksichten" ertheilten sechswöchentlichen Urlaub;
aber täuschen wir uns nicht. Ein dem Vorstande des Kriegsmi-
nisteriums sehr nahe stehender Mann hat das Verhältniß in Be-
ziehung auf Bödiker geradezu als eine Ministerkrisis bezeichnet.
Ueber die nächste Veranlassung derselben habe ich jedoch noch
nichts Zuverlässiges erfahren. Jn der That, Kurhessens Ver-
brauch an Kriegsministern ist massenhaft. Wie wenig auch dieser
Posten gesucht wird, das zeigt folgende Anekdote, die aus einer
Quelle stammt, welche jeden Zweifel auszuschließen scheint. Als
vor einiger Zeit -- ich glaube, es war um die Zeit, als Weiß zu-
rücktrat -- Se. königl. Hoheit auf der Jagd den Oberstlieutenant
v. Urf darauf anredete, daß er das Kriegsministerium übernehmen
möge, soll derselbe geantwortet haben: "Jch? lieber Steine
klopfen!" Ein anderer Offizier würde sich eine solche Antwort
nicht leicht haben herausnehmen dürfen; aber Herr v. Urf ist ein
besonderer Günstling des Fürsten und wußte wohl, wie viel er
wagen konnte. Erwähnenswerth ist unter den jetzigen Bedingun-
gen vielleicht der sonst gleichgiltige Umstand, daß Kammerherr v.
Buttlar I. aus Elberberg, bekannt als ein der rückwärtslichsten
Mitglieder früherer Ständeversammlungen, kürzlich nach Nieder-
aula bei Hersfeld zum Exminister Scheffer, dagegen Lieutenant
v. Zipf gleichzeitig nach Rinteln zu seinem Oheime, Herrn v.
[Spaltenumbruch] Dörnberg reiste, oder -- wie Manche sich ausdrücken -- geschickt
wurde. Denn man glaubt, daß die Fäden dieser Reisen, bezie-
hungsweise Sendungen, im kurfürstlichen Palais zusammenlaufen.

Mannheim 20. October. ( B. M. ) Das Urtheil gegen
Oekonomierath Mögling lautete mit 5 Stimmen gegen eine auf
Todesstrafe: es wurde an großh. Kriegsministerium zur Bestäti-
gung eingesandt, welches die Todesstrafe jedoch in 10jährige
Zuchthausstrafe, oder 6jährige Einzelhaft verwandelte. -- Heute
stand Apotheker Riegel von Gerlachsheim vor: er hatte der
provisorischen Regierung als Civilcommissär gedient, und sich in
solcher Eigenschaft bei der Revolution betheiligt; Staatsanwalt
von Hillern stellte den Antrag auf 10jährige Zuchthausstrafe,
die Vertheidigung übernahm Dr. Ladenburg. Der Angetlagte
wurde ans Civilgericht verwiesen.

Gießen 18. October. ( Darmst. Z. ) Eine von den hiesigen
Demokraten auf verflossenen Sonntag nach Staufenberg anbe-
raumte und namentlich im "Wehr dich" ausposaunte Volksver-
sammlung ist ungeachtet mehrstündigen Wartens ohne Volk ge-
blieben, indem namentlich aus den benachbarten Orten sich Nie-
mand einfand.

sqrt Bremen 18. October. Gestern wurde Heinrich von
Gagern
ein solennes Festmahl gegeben, bei welchem der frühere
Präsident der deutschen Nationalversammlung eine längere po-
litische Rede
hielt, die sehr interessante Bekenntnisse enthält.
Wir werden das lehrreiche Document morgen nachtragen.

Frankfurt 20. October. Die heutigen Course namentlich
die österreichischer Effecten waren den gestrigen ganz gleich: 4%
Metalliques72 1 / 2, 3%53 3 / 4,2 1 / 2 % 46, Bankactien 1355,
Wiener Wechsel112 1 / 2, Mailand100 5 / 8 Silber. Nur die 5%
Metalliques waren um 1 / 8 zurückgegangen und standen89 3 / 8;
auch die4 1 / 2 % Bethmann. Obligationen waren um 1 / 4 gefallen
und wurden83 1 / 4 notirt. -- Preußische Staatsschuldscheine un-
verändert 88 3 / 4. Taunusbahnactien 298. Ludwigshafen=Bexbach
85 1 / 4. Disconto1 1 / 4.

Oesterreichische Monarchie.

Pesth 12. October. ( Pesther Ztg. ) Zu jenen beklagenswer-
then besseren Naturen, welche, vom revolutionären Schwindel
der Zeit ergriffen, sich zu Handlungen verleiten ließen, um derent-
willen sie nun der strafenden Gerechtigkeit verfallen, glauben wir
den Feldcaplan des Militär=Gestütes zu Mezöhegyes, Johann
Gonzeczky,
zählen zu müssen, an welchem vergangenen Sonn-
tag das Todesurtheil mit Pulver und Blei vollzogen wurde. So-
wohl nach Anhörung der über ihn gefällten kriegsrechtlichen
Sentenz, als auch auf seinem Gange zur Richtstätte soll er, wie
Augenzeugen versichern, die eines Priesters würdige Fassung und
Resignation bis zum letzten Augenblicke bewahrt, männliche Reue
über seine Verirrung geäußert, und dem Tode als reinigender
Sühne entgegengeblickt haben. Diese Gemüthsverfassung leuchtet
aus dem Abschiedsschreiben hervor, welches Gonzeczky am Tage
vor seiner Justification an seine Gemeinde gerichtet, und von dem
wir uns eine Abschrift verschafft haben. Wir theilen das Schrei-
ben hier mit, überzeugt, daß es auch in einem weiteren Kreise,
als dem, an den es gerichtet war, mit Theilnahme werde gelesen
werden:

"An die wohlehrwürdige katholische Gemeinde des k. k. Me-
zöhegyeser Militär=Gestütes. Der Frieden und Segen Gottes
sey mit Jhnen Allen, Amen. Durch das löbl. k. k. Militärgericht
zu Pesth bin ich unterm heutigen Datum zum Tode mit Pulver
und Blei verurtheilt, und morgen wird dieses Urtheil exequirt
werden. Nur wenige Augenblicke sind übrig für mein irdisches
Leben, und diese weihe ich auch Jhnen, da ich mich Jhrer erin-
nere. Es ist meine strenge Pflicht, Sie Alle abzubitten für das
Jhnen gegebene Aergerniß, und ich bin auch überzeugt, daß Sie
mir gerne verzeihen werden. Was ich Gutes gesagt habe, das
behalten Sie im Andenken, die Worte des Aergernisses aber bitte
ich zu vergessen, das Böse soll mit dem Untergange der Sonne
verschwinden. Leben Sie Alle recht glücklich und seyen Sie immer
getreu dem Allerhöchsten Herrscherhause, wie Sie in glücklichen
und unglücklichen Tagen unerschütterlich getreu geblieben sind.
Jhre Kinder mögen mit dem Segen Gottes zu Jhrer Freude
heranwachsen und der Grund zu einer glücklichen Generation
werden. Vieles möchte ich Jhnen noch schreiben, die Zeit ist aber
zu kurz. -- Jch schließe dahero mein Schreiben mit dem Gebete:
Allmächtiger Gott! erhalte zum Glücke und Segen unseren Kai-
ser Franz Joseph den Ersten, mit dem ganzen k. k. Herrscher-
hause und gebe der ganzen Monarchie einen dauerhaften Frieden!
Durch Jesum Christum unsern Herrn, Amen. Pesth 6. October
1849. Johann Gonzeczky, m. p."

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] der sog. vaterländischen Vereine. Worauf derselbe hinausgeht,
wissen die Leser, ohne daß wir es ihnen sagen, halten dies auch
nicht für nöthig. Der „Beobachter“ macht in seinem heutigen
Leitartikel die treffende Bemerkung: „Eine Partei in Württem-
berg, welche unablässig an der Unterwerfung Deutschlands
unter die preußische Herrschaft und als Mittel hierzu an der Zer-
reißung des deutschen Vaterlandes und an der Aufopferung der
Grundrechte und Reichsverfassung arbeitet, ist geschäftiger als je,
ihre unseligen Zwecke durch alle möglichen Bemühungen durchzu-
setzen. Es ist dies der [unleserliches Material – 6 Zeichen fehlen]kleine Theil der vaterländischen Vereine
und der Ministerialpartei, welche der schwarz=weißen Fahne folgt
und — wie der Grenadier Herzog Karl's, der, bei der Umfahrt
des Kaisers Joseph um Stuttgart, an alle Thore herumspringen
und dem Kaiser an jedem derselben aufs neue das Gewehr prä-
sentiren mußte — sich in allen Zeitungen Deutschlands verviel-
fältigt, um die Thatsache, daß sie nur eine aus einer winzigen
Anzahl von Leuten bestehende Coterie sey, zu verdecken und das
Scheinbild eines nennenswerthen Bruchtheiles öffentlicher Mei-
nung zu erkünsteln.“

Wenn der „Beobachter“ indessen auf Verwerfung des Wiener
Vertrages durch unsere Regierung dringt, so geht er zwar zu
weit, hat aber insoweit allerdings Recht, als es Pflicht unserer
Regierung ist, darauf zu sehen, daß auch den Mittelstaaten
ihr Recht, an der Centralgwalt Antheil zu nehmen,
besser gewahrt werde,
als dies im Vertrage geschieht. Un-
ter den collegialischen Regierungsformen ist die dualistische die
miserabelste, denn sie schließt entweder eine permanente Schwäche,
oder eine geheime Abfindung in sich. Die deutschen Mittelstaa-
ten vertreten die Stämme, das Anrecht auf deren Gleichberechti-
gung und damit die Forderung einer alle umschließenden Gesammt-
verfassung; ihre Betheiligung an der interimistischen Centralge-
walt hält zudem die Forderung, daß eine deutsche Reichsverfas-
sung zu Stande kommen müsse, aufrecht und das Gewissen der
centralisationslustigen großen Herren wach. So viel wir von
Frankfurt erfahren, erwartet der Reichsverweser, daß die deut-
schen Regierungen und Volksvertretungen, denen er das Zustim-
mungsrecht von Rechtswegen vorbehalten hat, auch das Jhrige
thun. Nach dem Bundesrecht muß Einstimmigkeit unter
den Bundesgliedern
herrschen, wenn eine Verfassungsan-
derung zu Stande kommen soll. Die [unleserliches Material – 16 Zeichen fehlen]württembergische Regierung
wird von diesen Rechtsmitteln Gebrauch machen, um Protest ge-
gen die Willkür einzulegen, komme sie, woher sie wolle. Unter
den beachtungswerthen Verfassungsentwürfen sollten aber für die
Verhandlungen die ersten österreichischen Vorschläge als Grund-
lage nicht so barsch von der Hand gewiesen werden, als gewöhn-
lich geschieht. Gehörig verbessert legen sie den Grundstein zu einer
Union, die eine sehr große Entwicklungsfähigkeit besitzt und der
Trennung in Nord und Süd weit vorzuziehen wäre. Eine deut-
sche parlamentarische Regierung ist auf jenem Wege vielleicht in
kurzer Frist erreichbar; auf dem letztern wird sie unmöglich. Herrn
Staatsrath Römers Reise nach Frankfurt wird mit diesen und
ähnlichen Fragen in Verbindung gebracht.

Kassel 16. October. ( D. Z. ) Schon wieder steht uns armen
Hessen eine theilweise oder — da unsere Minister jetzt mit einan-
der stehen und fallen wollen — wahrscheinlich eine gänzliche Mi-
nisterkrisis bevor. Zwar reden unsere Zeitungen bis jetzt nur von
einem dem Vorstande des Kriegsministeriums, Major Bödiker
„aus Gesundheitsrücksichten“ ertheilten sechswöchentlichen Urlaub;
aber täuschen wir uns nicht. Ein dem Vorstande des Kriegsmi-
nisteriums sehr nahe stehender Mann hat das Verhältniß in Be-
ziehung auf Bödiker geradezu als eine Ministerkrisis bezeichnet.
Ueber die nächste Veranlassung derselben habe ich jedoch noch
nichts Zuverlässiges erfahren. Jn der That, Kurhessens Ver-
brauch an Kriegsministern ist massenhaft. Wie wenig auch dieser
Posten gesucht wird, das zeigt folgende Anekdote, die aus einer
Quelle stammt, welche jeden Zweifel auszuschließen scheint. Als
vor einiger Zeit — ich glaube, es war um die Zeit, als Weiß zu-
rücktrat — Se. königl. Hoheit auf der Jagd den Oberstlieutenant
v. Urf darauf anredete, daß er das Kriegsministerium übernehmen
möge, soll derselbe geantwortet haben: „Jch? lieber Steine
klopfen!“ Ein anderer Offizier würde sich eine solche Antwort
nicht leicht haben herausnehmen dürfen; aber Herr v. Urf ist ein
besonderer Günstling des Fürsten und wußte wohl, wie viel er
wagen konnte. Erwähnenswerth ist unter den jetzigen Bedingun-
gen vielleicht der sonst gleichgiltige Umstand, daß Kammerherr v.
Buttlar I. aus Elberberg, bekannt als ein der rückwärtslichsten
Mitglieder früherer Ständeversammlungen, kürzlich nach Nieder-
aula bei Hersfeld zum Exminister Scheffer, dagegen Lieutenant
v. Zipf gleichzeitig nach Rinteln zu seinem Oheime, Herrn v.
[Spaltenumbruch] Dörnberg reiste, oder — wie Manche sich ausdrücken — geschickt
wurde. Denn man glaubt, daß die Fäden dieser Reisen, bezie-
hungsweise Sendungen, im kurfürstlichen Palais zusammenlaufen.

Mannheim 20. October. ( B. M. ) Das Urtheil gegen
Oekonomierath Mögling lautete mit 5 Stimmen gegen eine auf
Todesstrafe: es wurde an großh. Kriegsministerium zur Bestäti-
gung eingesandt, welches die Todesstrafe jedoch in 10jährige
Zuchthausstrafe, oder 6jährige Einzelhaft verwandelte. — Heute
stand Apotheker Riegel von Gerlachsheim vor: er hatte der
provisorischen Regierung als Civilcommissär gedient, und sich in
solcher Eigenschaft bei der Revolution betheiligt; Staatsanwalt
von Hillern stellte den Antrag auf 10jährige Zuchthausstrafe,
die Vertheidigung übernahm Dr. Ladenburg. Der Angetlagte
wurde ans Civilgericht verwiesen.

Gießen 18. October. ( Darmst. Z. ) Eine von den hiesigen
Demokraten auf verflossenen Sonntag nach Staufenberg anbe-
raumte und namentlich im „Wehr dich“ ausposaunte Volksver-
sammlung ist ungeachtet mehrstündigen Wartens ohne Volk ge-
blieben, indem namentlich aus den benachbarten Orten sich Nie-
mand einfand.

√ Bremen 18. October. Gestern wurde Heinrich von
Gagern
ein solennes Festmahl gegeben, bei welchem der frühere
Präsident der deutschen Nationalversammlung eine längere po-
litische Rede
hielt, die sehr interessante Bekenntnisse enthält.
Wir werden das lehrreiche Document morgen nachtragen.

☽ Frankfurt 20. October. Die heutigen Course namentlich
die österreichischer Effecten waren den gestrigen ganz gleich: 4%
Metalliques72 1 / 2, 3%53 3 / 4,2 1 / 2 % 46, Bankactien 1355,
Wiener Wechsel112 1 / 2, Mailand100 5 / 8 Silber. Nur die 5%
Metalliques waren um 1 / 8 zurückgegangen und standen89 3 / 8;
auch die4 1 / 2 % Bethmann. Obligationen waren um 1 / 4 gefallen
und wurden83 1 / 4 notirt. — Preußische Staatsschuldscheine un-
verändert 88 3 / 4. Taunusbahnactien 298. Ludwigshafen=Bexbach
85 1 / 4. Disconto1 1 / 4.

Oesterreichische Monarchie.

Pesth 12. October. ( Pesther Ztg. ) Zu jenen beklagenswer-
then besseren Naturen, welche, vom revolutionären Schwindel
der Zeit ergriffen, sich zu Handlungen verleiten ließen, um derent-
willen sie nun der strafenden Gerechtigkeit verfallen, glauben wir
den Feldcaplan des Militär=Gestütes zu Mezöhegyes, Johann
Gonzeczky,
zählen zu müssen, an welchem vergangenen Sonn-
tag das Todesurtheil mit Pulver und Blei vollzogen wurde. So-
wohl nach Anhörung der über ihn gefällten kriegsrechtlichen
Sentenz, als auch auf seinem Gange zur Richtstätte soll er, wie
Augenzeugen versichern, die eines Priesters würdige Fassung und
Resignation bis zum letzten Augenblicke bewahrt, männliche Reue
über seine Verirrung geäußert, und dem Tode als reinigender
Sühne entgegengeblickt haben. Diese Gemüthsverfassung leuchtet
aus dem Abschiedsschreiben hervor, welches Gonzeczky am Tage
vor seiner Justification an seine Gemeinde gerichtet, und von dem
wir uns eine Abschrift verschafft haben. Wir theilen das Schrei-
ben hier mit, überzeugt, daß es auch in einem weiteren Kreise,
als dem, an den es gerichtet war, mit Theilnahme werde gelesen
werden:

„An die wohlehrwürdige katholische Gemeinde des k. k. Me-
zöhegyeser Militär=Gestütes. Der Frieden und Segen Gottes
sey mit Jhnen Allen, Amen. Durch das löbl. k. k. Militärgericht
zu Pesth bin ich unterm heutigen Datum zum Tode mit Pulver
und Blei verurtheilt, und morgen wird dieses Urtheil exequirt
werden. Nur wenige Augenblicke sind übrig für mein irdisches
Leben, und diese weihe ich auch Jhnen, da ich mich Jhrer erin-
nere. Es ist meine strenge Pflicht, Sie Alle abzubitten für das
Jhnen gegebene Aergerniß, und ich bin auch überzeugt, daß Sie
mir gerne verzeihen werden. Was ich Gutes gesagt habe, das
behalten Sie im Andenken, die Worte des Aergernisses aber bitte
ich zu vergessen, das Böse soll mit dem Untergange der Sonne
verschwinden. Leben Sie Alle recht glücklich und seyen Sie immer
getreu dem Allerhöchsten Herrscherhause, wie Sie in glücklichen
und unglücklichen Tagen unerschütterlich getreu geblieben sind.
Jhre Kinder mögen mit dem Segen Gottes zu Jhrer Freude
heranwachsen und der Grund zu einer glücklichen Generation
werden. Vieles möchte ich Jhnen noch schreiben, die Zeit ist aber
zu kurz. — Jch schließe dahero mein Schreiben mit dem Gebete:
Allmächtiger Gott! erhalte zum Glücke und Segen unseren Kai-
ser Franz Joseph den Ersten, mit dem ganzen k. k. Herrscher-
hause und gebe der ganzen Monarchie einen dauerhaften Frieden!
Durch Jesum Christum unsern Herrn, Amen. Pesth 6. October
1849. Johann Gonzeczky, m. p.“

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0006] der sog. vaterländischen Vereine. Worauf derselbe hinausgeht, wissen die Leser, ohne daß wir es ihnen sagen, halten dies auch nicht für nöthig. Der „Beobachter“ macht in seinem heutigen Leitartikel die treffende Bemerkung: „Eine Partei in Württem- berg, welche unablässig an der Unterwerfung Deutschlands unter die preußische Herrschaft und als Mittel hierzu an der Zer- reißung des deutschen Vaterlandes und an der Aufopferung der Grundrechte und Reichsverfassung arbeitet, ist geschäftiger als je, ihre unseligen Zwecke durch alle möglichen Bemühungen durchzu- setzen. Es ist dies der ______kleine Theil der vaterländischen Vereine und der Ministerialpartei, welche der schwarz=weißen Fahne folgt und — wie der Grenadier Herzog Karl's, der, bei der Umfahrt des Kaisers Joseph um Stuttgart, an alle Thore herumspringen und dem Kaiser an jedem derselben aufs neue das Gewehr prä- sentiren mußte — sich in allen Zeitungen Deutschlands verviel- fältigt, um die Thatsache, daß sie nur eine aus einer winzigen Anzahl von Leuten bestehende Coterie sey, zu verdecken und das Scheinbild eines nennenswerthen Bruchtheiles öffentlicher Mei- nung zu erkünsteln.“ Wenn der „Beobachter“ indessen auf Verwerfung des Wiener Vertrages durch unsere Regierung dringt, so geht er zwar zu weit, hat aber insoweit allerdings Recht, als es Pflicht unserer Regierung ist, darauf zu sehen, daß auch den Mittelstaaten ihr Recht, an der Centralgwalt Antheil zu nehmen, besser gewahrt werde, als dies im Vertrage geschieht. Un- ter den collegialischen Regierungsformen ist die dualistische die miserabelste, denn sie schließt entweder eine permanente Schwäche, oder eine geheime Abfindung in sich. Die deutschen Mittelstaa- ten vertreten die Stämme, das Anrecht auf deren Gleichberechti- gung und damit die Forderung einer alle umschließenden Gesammt- verfassung; ihre Betheiligung an der interimistischen Centralge- walt hält zudem die Forderung, daß eine deutsche Reichsverfas- sung zu Stande kommen müsse, aufrecht und das Gewissen der centralisationslustigen großen Herren wach. So viel wir von Frankfurt erfahren, erwartet der Reichsverweser, daß die deut- schen Regierungen und Volksvertretungen, denen er das Zustim- mungsrecht von Rechtswegen vorbehalten hat, auch das Jhrige thun. Nach dem Bundesrecht muß Einstimmigkeit unter den Bundesgliedern herrschen, wenn eine Verfassungsan- derung zu Stande kommen soll. Die ________________württembergische Regierung wird von diesen Rechtsmitteln Gebrauch machen, um Protest ge- gen die Willkür einzulegen, komme sie, woher sie wolle. Unter den beachtungswerthen Verfassungsentwürfen sollten aber für die Verhandlungen die ersten österreichischen Vorschläge als Grund- lage nicht so barsch von der Hand gewiesen werden, als gewöhn- lich geschieht. Gehörig verbessert legen sie den Grundstein zu einer Union, die eine sehr große Entwicklungsfähigkeit besitzt und der Trennung in Nord und Süd weit vorzuziehen wäre. Eine deut- sche parlamentarische Regierung ist auf jenem Wege vielleicht in kurzer Frist erreichbar; auf dem letztern wird sie unmöglich. Herrn Staatsrath Römers Reise nach Frankfurt wird mit diesen und ähnlichen Fragen in Verbindung gebracht. Kassel 16. October. ( D. Z. ) Schon wieder steht uns armen Hessen eine theilweise oder — da unsere Minister jetzt mit einan- der stehen und fallen wollen — wahrscheinlich eine gänzliche Mi- nisterkrisis bevor. Zwar reden unsere Zeitungen bis jetzt nur von einem dem Vorstande des Kriegsministeriums, Major Bödiker „aus Gesundheitsrücksichten“ ertheilten sechswöchentlichen Urlaub; aber täuschen wir uns nicht. Ein dem Vorstande des Kriegsmi- nisteriums sehr nahe stehender Mann hat das Verhältniß in Be- ziehung auf Bödiker geradezu als eine Ministerkrisis bezeichnet. Ueber die nächste Veranlassung derselben habe ich jedoch noch nichts Zuverlässiges erfahren. Jn der That, Kurhessens Ver- brauch an Kriegsministern ist massenhaft. Wie wenig auch dieser Posten gesucht wird, das zeigt folgende Anekdote, die aus einer Quelle stammt, welche jeden Zweifel auszuschließen scheint. Als vor einiger Zeit — ich glaube, es war um die Zeit, als Weiß zu- rücktrat — Se. königl. Hoheit auf der Jagd den Oberstlieutenant v. Urf darauf anredete, daß er das Kriegsministerium übernehmen möge, soll derselbe geantwortet haben: „Jch? lieber Steine klopfen!“ Ein anderer Offizier würde sich eine solche Antwort nicht leicht haben herausnehmen dürfen; aber Herr v. Urf ist ein besonderer Günstling des Fürsten und wußte wohl, wie viel er wagen konnte. Erwähnenswerth ist unter den jetzigen Bedingun- gen vielleicht der sonst gleichgiltige Umstand, daß Kammerherr v. Buttlar I. aus Elberberg, bekannt als ein der rückwärtslichsten Mitglieder früherer Ständeversammlungen, kürzlich nach Nieder- aula bei Hersfeld zum Exminister Scheffer, dagegen Lieutenant v. Zipf gleichzeitig nach Rinteln zu seinem Oheime, Herrn v. Dörnberg reiste, oder — wie Manche sich ausdrücken — geschickt wurde. Denn man glaubt, daß die Fäden dieser Reisen, bezie- hungsweise Sendungen, im kurfürstlichen Palais zusammenlaufen. Mannheim 20. October. ( B. M. ) Das Urtheil gegen Oekonomierath Mögling lautete mit 5 Stimmen gegen eine auf Todesstrafe: es wurde an großh. Kriegsministerium zur Bestäti- gung eingesandt, welches die Todesstrafe jedoch in 10jährige Zuchthausstrafe, oder 6jährige Einzelhaft verwandelte. — Heute stand Apotheker Riegel von Gerlachsheim vor: er hatte der provisorischen Regierung als Civilcommissär gedient, und sich in solcher Eigenschaft bei der Revolution betheiligt; Staatsanwalt von Hillern stellte den Antrag auf 10jährige Zuchthausstrafe, die Vertheidigung übernahm Dr. Ladenburg. Der Angetlagte wurde ans Civilgericht verwiesen. Gießen 18. October. ( Darmst. Z. ) Eine von den hiesigen Demokraten auf verflossenen Sonntag nach Staufenberg anbe- raumte und namentlich im „Wehr dich“ ausposaunte Volksver- sammlung ist ungeachtet mehrstündigen Wartens ohne Volk ge- blieben, indem namentlich aus den benachbarten Orten sich Nie- mand einfand. √ Bremen 18. October. Gestern wurde Heinrich von Gagern ein solennes Festmahl gegeben, bei welchem der frühere Präsident der deutschen Nationalversammlung eine längere po- litische Rede hielt, die sehr interessante Bekenntnisse enthält. Wir werden das lehrreiche Document morgen nachtragen. ☽ Frankfurt 20. October. Die heutigen Course namentlich die österreichischer Effecten waren den gestrigen ganz gleich: 4% Metalliques72 1 / 2, 3%53 3 / 4,2 1 / 2 % 46, Bankactien 1355, Wiener Wechsel112 1 / 2, Mailand100 5 / 8 Silber. Nur die 5% Metalliques waren um 1 / 8 zurückgegangen und standen89 3 / 8; auch die4 1 / 2 % Bethmann. Obligationen waren um 1 / 4 gefallen und wurden83 1 / 4 notirt. — Preußische Staatsschuldscheine un- verändert 88 3 / 4. Taunusbahnactien 298. Ludwigshafen=Bexbach 85 1 / 4. Disconto1 1 / 4. Oesterreichische Monarchie. Pesth 12. October. ( Pesther Ztg. ) Zu jenen beklagenswer- then besseren Naturen, welche, vom revolutionären Schwindel der Zeit ergriffen, sich zu Handlungen verleiten ließen, um derent- willen sie nun der strafenden Gerechtigkeit verfallen, glauben wir den Feldcaplan des Militär=Gestütes zu Mezöhegyes, Johann Gonzeczky, zählen zu müssen, an welchem vergangenen Sonn- tag das Todesurtheil mit Pulver und Blei vollzogen wurde. So- wohl nach Anhörung der über ihn gefällten kriegsrechtlichen Sentenz, als auch auf seinem Gange zur Richtstätte soll er, wie Augenzeugen versichern, die eines Priesters würdige Fassung und Resignation bis zum letzten Augenblicke bewahrt, männliche Reue über seine Verirrung geäußert, und dem Tode als reinigender Sühne entgegengeblickt haben. Diese Gemüthsverfassung leuchtet aus dem Abschiedsschreiben hervor, welches Gonzeczky am Tage vor seiner Justification an seine Gemeinde gerichtet, und von dem wir uns eine Abschrift verschafft haben. Wir theilen das Schrei- ben hier mit, überzeugt, daß es auch in einem weiteren Kreise, als dem, an den es gerichtet war, mit Theilnahme werde gelesen werden: „An die wohlehrwürdige katholische Gemeinde des k. k. Me- zöhegyeser Militär=Gestütes. Der Frieden und Segen Gottes sey mit Jhnen Allen, Amen. Durch das löbl. k. k. Militärgericht zu Pesth bin ich unterm heutigen Datum zum Tode mit Pulver und Blei verurtheilt, und morgen wird dieses Urtheil exequirt werden. Nur wenige Augenblicke sind übrig für mein irdisches Leben, und diese weihe ich auch Jhnen, da ich mich Jhrer erin- nere. Es ist meine strenge Pflicht, Sie Alle abzubitten für das Jhnen gegebene Aergerniß, und ich bin auch überzeugt, daß Sie mir gerne verzeihen werden. Was ich Gutes gesagt habe, das behalten Sie im Andenken, die Worte des Aergernisses aber bitte ich zu vergessen, das Böse soll mit dem Untergange der Sonne verschwinden. Leben Sie Alle recht glücklich und seyen Sie immer getreu dem Allerhöchsten Herrscherhause, wie Sie in glücklichen und unglücklichen Tagen unerschütterlich getreu geblieben sind. Jhre Kinder mögen mit dem Segen Gottes zu Jhrer Freude heranwachsen und der Grund zu einer glücklichen Generation werden. Vieles möchte ich Jhnen noch schreiben, die Zeit ist aber zu kurz. — Jch schließe dahero mein Schreiben mit dem Gebete: Allmächtiger Gott! erhalte zum Glücke und Segen unseren Kai- ser Franz Joseph den Ersten, mit dem ganzen k. k. Herrscher- hause und gebe der ganzen Monarchie einen dauerhaften Frieden! Durch Jesum Christum unsern Herrn, Amen. Pesth 6. October 1849. Johann Gonzeczky, m. p.“ Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 250. Mainz, 20. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal250_1849/6>, abgerufen am 29.05.2024.