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Mainzer Journal. Nr. 251. Mainz, 22. Oktober 1849.

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Die Wiederherstellung des Grafen Stadion schreitet rasch
vorwärts. Der Graf will, dem Vernehmen nach, den Winter in
Gratz zubringen.

Die Minister haben gestern, mit Ausnahme der Herren Kraus
und Gyulai, dem für die Mitglieder des Eisenbahncongresses im
Kaiserlichen Lustschlosse zu Laxenburg veranstalteten Festmahle
beigewohnt. Die Versammlung erkannte in den glänzenden Zu-
bereitungen für das Fest die ihr vom Monarchen zugedachte Aus-
zeichnung. Unter den Toasten beantwortete Fürst Schwarzenberg
den "auf [unleserliches Material - 11 Zeichen fehlen]Deutschland " mit der Wendung, daß man " durch Ei-
nigkeit zur Einheit gelangen musse.
"

Die Fortsetzung der Staatseisenbahn von Laibach nach Triest
über den Karst ist nun beschlossen. Es sind dazu drei Jahre an
Zeit und[unleserliches Material] Millionen an Geld erforderlich.

? Aus der bayrischen Pfalz 20. October. Erschrecken Sie
nicht! Jch kann Jhnen aus sehr zuverlässiger Quelle mittheilen,
daß jüngsthin von Seiten eines Landcommissärs bei unserer
Kreisregierung der Antrag auf das Verbot des Mainzer
Journals
gestellt worden ist. Was sagen Sie zu diesem neuen
schlagenden Beweise, wie ein Theil unserer Beamtenwelt die Ge-
genwart und seine Stellung und Aufgabe in derselben versteht,
und von welchem Geiste zum Verderben der Gesammtheit einzelne
mit dem Staatsdienste betraute Leute erfüllt sind?! Sollen wir
solches Gebahren Verblendung oder Perfidie heißen? Und
dürfen wir uns noch wundern, wenn wir ringsum nichts we-
niger
als eine pacificirte Pfalz erblicken, da Beamte vor
Allen davon Zeugniß geben, daß sie die neue Zeit nicht verstehen,
oder nicht verstehen wollen? Allerdings erinnern wir uns nicht,
noch vor kurzer Zeit ähnliche Vertilgungsgelüste gegenüber
der N. Speyerer Zeitung und dem Boten für Stadt und
Land
wahrgenommen zu haben. Aber dort handelte es sich auch
nur um die Untergrabung aller Autorität, um die politische De-
moralisation des Volkes, um die Herbeiführung eines Aufruhres,
welcher die Pfalz in ein namenloses Elend gestürzt hat. Die Per-
son, selbst die eines Verwaltungsbeamten, konnte ja sicher seyn,
von der souveränen Presse ungeschoren zu bleiben, wenn man sich
nur herbeiließ, den Afterliberalen außer dem Amte zu spielen,
während auf dem lammfrommen Actenpapiere der Servilismus
im nimmer versiegenden Tintenstrome sich ergoß. Was kümmerte
auch das gemeine Wohl, die öffentliche Wohlfahrt, das Heil des
Staates, wenn nur die eigene Haut gerettet ward! Das ist nun
wohl gelungen -- aber um welchen Preis? -- Nun kömmt das
Mainzer Journal in den Tagen, wo man von den Strapazen
sich erholen, und unter dem Schutze der Bajonnette auf den Lor-
beeren ausruhen möchte, die man sich beim Ruine des Vaterlan-
des verdient hat, -- und erhebt Skandale und gibt Aergerniß,
indem es die Krebsschäden unverholen aufdeckt, und von den
Pestbeulen das schlechte Pflaster abreißt. Wie mag sich das ein
gesinnungstüchtiger, vielleicht etwas unsanft getroffener Beamter
gefallen lassen? -- Zwar ist das Mainzer Journal, so zu sagen,
das einzige conservative Blatt, welches in die mittleren und
unteren Schichten der Gesellschaft bei uns gedrungen ist, und es
kann keinem Unbefangenen einen Augenblick zweifelhaft seyn, daß
das Mainzer Journal in dieser seiner Stellung einem lange
gefühlten Bedürfnisse abhilft, indem es ebenmäßig gegen
Bureaukratie, wie gegen die rothe Republik seine Waf-
fen kehrt. Aber das kümmert unseren gesinnungstüchtigen Beam-
ten, der die Unterdrückung des Mainzer Journals herbeigeführt
wissen will, nicht. Jhn kummert allein, daß er genirt ist und daß
ihm der alte faule bureaukratische Schlendrian nicht mehr unge-
rügt
gestattet seyn soll. Und wie süß war jenes Eldorado der
Schreibstube, wie kinderleicht die launenhafte Herrschaft über die
Gemeinde, und die systematische Plackerei der Kirche! Und Alles
dies könnte wieder so werden, wenn nicht Vieles anders gewor-
den, und insbesondere die Presse des wahren Fortschrittes nicht
wäre!! Uebrigens mögen wir Gott danken, daß die Männer,
welche dermalen die Zügel der Gewalt in unserem Pfälzischen
Kreise in der Hand haben, besser ihre Stellung und ihre Aufgabe
erkannt haben, als manche Beamten insbesondere des Verwal-
tungsdienstes. Fürst Thurn und Taxis hat unlängst auf einer
Rundreise dem versammelten Magistrate und den Beamten eines
Städtchens frei heraus erklärt, daß er die Pfalz noch lange nicht
für pacificirt halte. Der Fürst hat dadurch an den Tag gelegt,
daß er die Zustände der Pfalz besser kennen gelernt habe, als jene
Pfälzer Abgeordneten, welche jungst in München für die Ruhe
der Pfalz einstehen zu wollen das fast lächerliche Versprechen ge-
geben. Nicht minder sind wir auch von der Einsicht und von der
biederen Gesinnung des Vorstandes unserer Regierung überzeugt,
daß er die Bedeutung des Mainzer Journals für die Pfalz
besser zu würdigen verstehe als sein Landcommissär, und daß er,
anders als jener ihm untergebene Beamte, die Wahrheit gern
[Spaltenumbruch] hinzunehmen bereit sey, wenn sie ihm auch in bitterem Ernste
nahe. Jst in der Art von Seiten der obersten Behörden erkannt,
wo wir stehen, und strebt man mit redlichem Muthe nach dem
Besten, so können wir mit ruhigerem Blicke in die Zukunft sehen.
Allerdings genügt das Erkennen des Uebels und das Streben
nach Besserem allein nicht. Auch die rechten Mittel müssen ge-
wählt werden. Hoffen wir, daß es geschehe, daß es nicht "zu
spät" geschehe!

Se. Majestät der König haben geruht unterm 11. October die
Stelle eines Hypothekenbewahrers zu Landau dem k. Rentbeamten zu
Bergzabern Karl Ludwig Rischmann zu verleihen.

Frankenthal 20. October. Bis zum 17. d. M. sind in
unserer Stadt im Ganzen acht Cholerafälle vorgekommen, von
denen fünf den Tod nach sich zogen. Unter den Verstorbenen be-
fand sich eine Frau, die am Montag Abend noch gesund in
Mannheim war, später nach Hause zurückkehrte und nach Ver-
lauf einiger Stunden an der Cholera starb, wobei ihr Leichnam
jene schwarze Farbe annahm, welche das untrüglichste Zeichen der
asiatischen Brechruhr ist. Jch erwähne diesen speciellen Fall nur,
weil es in Frankenthal bisher immer noch Leute gab, welche
nichts von der Cholera wissen wollten, während jener Todesfall
sie nunmehr gewiß eines Anderen belehrt hat. -- Am Donners-
tag den 18. und heute fanden auf der Lambsheimer Haide Ma-
növres im Feuer statt, welche von dem 2. Chevauxlegersregimente
und einer halben Batterie ausgeführt wurden und für die Ge-
schicklichkeit der bayrischen Truppen im Manövriren das glän-
zendste Zeugniß ablegten. Nach einer uns heute zugekommenen
Ordre werden die Frankenthaler ihre gegenwärtige Einquartie-
rung den ganzen Winter über behalten, wogegen die Ruhe und
einen gesetzlichen Zustand liebenden Bürger nichts weiter zu erin-
nern haben, als daß die Einquartierungscommission aus unpar-
teiischen Männern zusammengesetzt werde und die Vertheilung
der Einquartierung nicht wie bisher einem blosen Schreiber über-
lassen bleibe.

x Von der Fulda 20. October. Die Märzerrungenschaf-
ten schwinden eine nach der anderen und die Männer, welche
vor den Stürmen des März im Auslande eine Zufluchtsstätte
suchen mußten, kehren zu dem heimathlichen Herde und ihren
vormärzlichen Aemtern und Würden zurück. Fürst Metternich
verläßt das gastfreie England und nähert sich dem Continente
wieder; der Prinz von Preußen wird mit Jubel in demselben
Berlin empfangen, dessen Barrikadenmänner im verflossenen
Jahre seinen Palast als Nationalgut erklärten, und Daniel
Mackenrodt,
der frühere Oberbürgermeister von Fulda, ist
in sein früheres Amt durch Ministerialbeschluß wieder eingesetzt
worden. Diese Nachricht bildet jetzt den Hauptgegenstand des
Tagesgespräches in unserer Provinzial=Hauptstadt Fulda sowohl
als auf dem platten Lande. Was wird der Fuldaer Stadtrath
und der dortige Bürgerausschuß dieser Wiedereinsetzung gegen-
über thun? Werden die zahlreichen Gegner dieses Mannes seine
Wiedereinsetzung mit großartiger Resignation als ein fait accom-
pli
annehmen oder feierlichen Protest dagegen erheben? Wir
schenken dem Gerüchte keinen Glauben, womit man sich vielfach
im Publicum trägt, daß die Väter der Stadt die nahe bevorste-
hende Wiedereinsetzung Mackenrodts gewittert und deshalb einen
anderen Anlaß ergriffen hätten, um vor Thorschluß noch abzu-
danken. Nein, wir halten jene Männer für viel zu ehrenhaft,
als daß sie durch solche Beweggründe sich in ihrem Entschlusse
bestimmen ließen. Wenn aber nun die Rückkehr Mackenrodts
zur höchsten städtischen Würde eine vollendete Thatsache ist, der
gegenüber nur ein passiver Widerstand geleistet werden könnte,
so glauben wir, es ist am besten in dieser Sache zum Frieden
zu reden und eine Versöhnung anzubahnen zwischen dem größe-
ren Theile der Bürgerschaft, der gegen seinen früheren Bür-
germeister ist, und jenem kleineren Theile, der für ihn ist. Die
Rechtlichkeit Mackenrodts ist trotz allen Anschuldigungen eine un-
bestrittene Thatsache und Niemand wird es läugnen können, daß
jener Gemeindebeamte um die Verschönerung Fulda's und seiner
Umgegend sich die größten Verdienste erworben hat, wenn gleich
hier nicht immer der Kostenpunkt streng erwogen worden seyn mag.
Man hat so häufig über die rauhe Außenseite dieses Mannes
geklagt, -- nun, die Grazien haben sich gerade nicht um Jeden
viel zu schaffen gemacht und das Temperament der Menschen ist
so sehr verschieden, der eine kann außerordentlich Viel vertragen,
der andere weniger, und vielleicht würde der sanfteste Mann,
wenn er Oberbürgermeister wäre, wegen allzugroßer Sanftmuth
angeschuldigt werden. Möchte der Vielgenannte, der seit einem
Jahre schwer genug geprüft worden ist, wenn er sein Amt wie-
der übernimmt, ein freundliches, versöhnliches Wesen gegen Alle,
die mit ihm in dienstliche Beziehung kommen, zeigen, insbeson-
dere den armen Wittwen verstorbener Bürger ein väterlicher
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz]

Die Wiederherstellung des Grafen Stadion schreitet rasch
vorwärts. Der Graf will, dem Vernehmen nach, den Winter in
Gratz zubringen.

Die Minister haben gestern, mit Ausnahme der Herren Kraus
und Gyulai, dem für die Mitglieder des Eisenbahncongresses im
Kaiserlichen Lustschlosse zu Laxenburg veranstalteten Festmahle
beigewohnt. Die Versammlung erkannte in den glänzenden Zu-
bereitungen für das Fest die ihr vom Monarchen zugedachte Aus-
zeichnung. Unter den Toasten beantwortete Fürst Schwarzenberg
den „auf [unleserliches Material – 11 Zeichen fehlen]Deutschland “ mit der Wendung, daß man „ durch Ei-
nigkeit zur Einheit gelangen musse.

Die Fortsetzung der Staatseisenbahn von Laibach nach Triest
über den Karst ist nun beschlossen. Es sind dazu drei Jahre an
Zeit und[unleserliches Material] Millionen an Geld erforderlich.

? Aus der bayrischen Pfalz 20. October. Erschrecken Sie
nicht! Jch kann Jhnen aus sehr zuverlässiger Quelle mittheilen,
daß jüngsthin von Seiten eines Landcommissärs bei unserer
Kreisregierung der Antrag auf das Verbot des Mainzer
Journals
gestellt worden ist. Was sagen Sie zu diesem neuen
schlagenden Beweise, wie ein Theil unserer Beamtenwelt die Ge-
genwart und seine Stellung und Aufgabe in derselben versteht,
und von welchem Geiste zum Verderben der Gesammtheit einzelne
mit dem Staatsdienste betraute Leute erfüllt sind?! Sollen wir
solches Gebahren Verblendung oder Perfidie heißen? Und
dürfen wir uns noch wundern, wenn wir ringsum nichts we-
niger
als eine pacificirte Pfalz erblicken, da Beamte vor
Allen davon Zeugniß geben, daß sie die neue Zeit nicht verstehen,
oder nicht verstehen wollen? Allerdings erinnern wir uns nicht,
noch vor kurzer Zeit ähnliche Vertilgungsgelüste gegenüber
der N. Speyerer Zeitung und dem Boten für Stadt und
Land
wahrgenommen zu haben. Aber dort handelte es sich auch
nur um die Untergrabung aller Autorität, um die politische De-
moralisation des Volkes, um die Herbeiführung eines Aufruhres,
welcher die Pfalz in ein namenloses Elend gestürzt hat. Die Per-
son, selbst die eines Verwaltungsbeamten, konnte ja sicher seyn,
von der souveränen Presse ungeschoren zu bleiben, wenn man sich
nur herbeiließ, den Afterliberalen außer dem Amte zu spielen,
während auf dem lammfrommen Actenpapiere der Servilismus
im nimmer versiegenden Tintenstrome sich ergoß. Was kümmerte
auch das gemeine Wohl, die öffentliche Wohlfahrt, das Heil des
Staates, wenn nur die eigene Haut gerettet ward! Das ist nun
wohl gelungen — aber um welchen Preis? — Nun kömmt das
Mainzer Journal in den Tagen, wo man von den Strapazen
sich erholen, und unter dem Schutze der Bajonnette auf den Lor-
beeren ausruhen möchte, die man sich beim Ruine des Vaterlan-
des verdient hat, — und erhebt Skandale und gibt Aergerniß,
indem es die Krebsschäden unverholen aufdeckt, und von den
Pestbeulen das schlechte Pflaster abreißt. Wie mag sich das ein
gesinnungstüchtiger, vielleicht etwas unsanft getroffener Beamter
gefallen lassen? — Zwar ist das Mainzer Journal, so zu sagen,
das einzige conservative Blatt, welches in die mittleren und
unteren Schichten der Gesellschaft bei uns gedrungen ist, und es
kann keinem Unbefangenen einen Augenblick zweifelhaft seyn, daß
das Mainzer Journal in dieser seiner Stellung einem lange
gefühlten Bedürfnisse abhilft, indem es ebenmäßig gegen
Bureaukratie, wie gegen die rothe Republik seine Waf-
fen kehrt. Aber das kümmert unseren gesinnungstüchtigen Beam-
ten, der die Unterdrückung des Mainzer Journals herbeigeführt
wissen will, nicht. Jhn kummert allein, daß er genirt ist und daß
ihm der alte faule bureaukratische Schlendrian nicht mehr unge-
rügt
gestattet seyn soll. Und wie süß war jenes Eldorado der
Schreibstube, wie kinderleicht die launenhafte Herrschaft über die
Gemeinde, und die systematische Plackerei der Kirche! Und Alles
dies könnte wieder so werden, wenn nicht Vieles anders gewor-
den, und insbesondere die Presse des wahren Fortschrittes nicht
wäre!! Uebrigens mögen wir Gott danken, daß die Männer,
welche dermalen die Zügel der Gewalt in unserem Pfälzischen
Kreise in der Hand haben, besser ihre Stellung und ihre Aufgabe
erkannt haben, als manche Beamten insbesondere des Verwal-
tungsdienstes. Fürst Thurn und Taxis hat unlängst auf einer
Rundreise dem versammelten Magistrate und den Beamten eines
Städtchens frei heraus erklärt, daß er die Pfalz noch lange nicht
für pacificirt halte. Der Fürst hat dadurch an den Tag gelegt,
daß er die Zustände der Pfalz besser kennen gelernt habe, als jene
Pfälzer Abgeordneten, welche jungst in München für die Ruhe
der Pfalz einstehen zu wollen das fast lächerliche Versprechen ge-
geben. Nicht minder sind wir auch von der Einsicht und von der
biederen Gesinnung des Vorstandes unserer Regierung überzeugt,
daß er die Bedeutung des Mainzer Journals für die Pfalz
besser zu würdigen verstehe als sein Landcommissär, und daß er,
anders als jener ihm untergebene Beamte, die Wahrheit gern
[Spaltenumbruch] hinzunehmen bereit sey, wenn sie ihm auch in bitterem Ernste
nahe. Jst in der Art von Seiten der obersten Behörden erkannt,
wo wir stehen, und strebt man mit redlichem Muthe nach dem
Besten, so können wir mit ruhigerem Blicke in die Zukunft sehen.
Allerdings genügt das Erkennen des Uebels und das Streben
nach Besserem allein nicht. Auch die rechten Mittel müssen ge-
wählt werden. Hoffen wir, daß es geschehe, daß es nicht „zu
spät“ geschehe!

Se. Majestät der König haben geruht unterm 11. October die
Stelle eines Hypothekenbewahrers zu Landau dem k. Rentbeamten zu
Bergzabern Karl Ludwig Rischmann zu verleihen.

☩ Frankenthal 20. October. Bis zum 17. d. M. sind in
unserer Stadt im Ganzen acht Cholerafälle vorgekommen, von
denen fünf den Tod nach sich zogen. Unter den Verstorbenen be-
fand sich eine Frau, die am Montag Abend noch gesund in
Mannheim war, später nach Hause zurückkehrte und nach Ver-
lauf einiger Stunden an der Cholera starb, wobei ihr Leichnam
jene schwarze Farbe annahm, welche das untrüglichste Zeichen der
asiatischen Brechruhr ist. Jch erwähne diesen speciellen Fall nur,
weil es in Frankenthal bisher immer noch Leute gab, welche
nichts von der Cholera wissen wollten, während jener Todesfall
sie nunmehr gewiß eines Anderen belehrt hat. — Am Donners-
tag den 18. und heute fanden auf der Lambsheimer Haide Ma-
növres im Feuer statt, welche von dem 2. Chevauxlegersregimente
und einer halben Batterie ausgeführt wurden und für die Ge-
schicklichkeit der bayrischen Truppen im Manövriren das glän-
zendste Zeugniß ablegten. Nach einer uns heute zugekommenen
Ordre werden die Frankenthaler ihre gegenwärtige Einquartie-
rung den ganzen Winter über behalten, wogegen die Ruhe und
einen gesetzlichen Zustand liebenden Bürger nichts weiter zu erin-
nern haben, als daß die Einquartierungscommission aus unpar-
teiischen Männern zusammengesetzt werde und die Vertheilung
der Einquartierung nicht wie bisher einem blosen Schreiber über-
lassen bleibe.

× Von der Fulda 20. October. Die Märzerrungenschaf-
ten schwinden eine nach der anderen und die Männer, welche
vor den Stürmen des März im Auslande eine Zufluchtsstätte
suchen mußten, kehren zu dem heimathlichen Herde und ihren
vormärzlichen Aemtern und Würden zurück. Fürst Metternich
verläßt das gastfreie England und nähert sich dem Continente
wieder; der Prinz von Preußen wird mit Jubel in demselben
Berlin empfangen, dessen Barrikadenmänner im verflossenen
Jahre seinen Palast als Nationalgut erklärten, und Daniel
Mackenrodt,
der frühere Oberbürgermeister von Fulda, ist
in sein früheres Amt durch Ministerialbeschluß wieder eingesetzt
worden. Diese Nachricht bildet jetzt den Hauptgegenstand des
Tagesgespräches in unserer Provinzial=Hauptstadt Fulda sowohl
als auf dem platten Lande. Was wird der Fuldaer Stadtrath
und der dortige Bürgerausschuß dieser Wiedereinsetzung gegen-
über thun? Werden die zahlreichen Gegner dieses Mannes seine
Wiedereinsetzung mit großartiger Resignation als ein fait accom-
pli
annehmen oder feierlichen Protest dagegen erheben? Wir
schenken dem Gerüchte keinen Glauben, womit man sich vielfach
im Publicum trägt, daß die Väter der Stadt die nahe bevorste-
hende Wiedereinsetzung Mackenrodts gewittert und deshalb einen
anderen Anlaß ergriffen hätten, um vor Thorschluß noch abzu-
danken. Nein, wir halten jene Männer für viel zu ehrenhaft,
als daß sie durch solche Beweggründe sich in ihrem Entschlusse
bestimmen ließen. Wenn aber nun die Rückkehr Mackenrodts
zur höchsten städtischen Würde eine vollendete Thatsache ist, der
gegenüber nur ein passiver Widerstand geleistet werden könnte,
so glauben wir, es ist am besten in dieser Sache zum Frieden
zu reden und eine Versöhnung anzubahnen zwischen dem größe-
ren Theile der Bürgerschaft, der gegen seinen früheren Bür-
germeister ist, und jenem kleineren Theile, der für ihn ist. Die
Rechtlichkeit Mackenrodts ist trotz allen Anschuldigungen eine un-
bestrittene Thatsache und Niemand wird es läugnen können, daß
jener Gemeindebeamte um die Verschönerung Fulda's und seiner
Umgegend sich die größten Verdienste erworben hat, wenn gleich
hier nicht immer der Kostenpunkt streng erwogen worden seyn mag.
Man hat so häufig über die rauhe Außenseite dieses Mannes
geklagt, — nun, die Grazien haben sich gerade nicht um Jeden
viel zu schaffen gemacht und das Temperament der Menschen ist
so sehr verschieden, der eine kann außerordentlich Viel vertragen,
der andere weniger, und vielleicht würde der sanfteste Mann,
wenn er Oberbürgermeister wäre, wegen allzugroßer Sanftmuth
angeschuldigt werden. Möchte der Vielgenannte, der seit einem
Jahre schwer genug geprüft worden ist, wenn er sein Amt wie-
der übernimmt, ein freundliches, versöhnliches Wesen gegen Alle,
die mit ihm in dienstliche Beziehung kommen, zeigen, insbeson-
dere den armen Wittwen verstorbener Bürger ein väterlicher
[Ende Spaltensatz]

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[0003] Die Wiederherstellung des Grafen Stadion schreitet rasch vorwärts. Der Graf will, dem Vernehmen nach, den Winter in Gratz zubringen. Die Minister haben gestern, mit Ausnahme der Herren Kraus und Gyulai, dem für die Mitglieder des Eisenbahncongresses im Kaiserlichen Lustschlosse zu Laxenburg veranstalteten Festmahle beigewohnt. Die Versammlung erkannte in den glänzenden Zu- bereitungen für das Fest die ihr vom Monarchen zugedachte Aus- zeichnung. Unter den Toasten beantwortete Fürst Schwarzenberg den „auf ___________Deutschland “ mit der Wendung, daß man „ durch Ei- nigkeit zur Einheit gelangen musse. “ Die Fortsetzung der Staatseisenbahn von Laibach nach Triest über den Karst ist nun beschlossen. Es sind dazu drei Jahre an Zeit und_ Millionen an Geld erforderlich. ? Aus der bayrischen Pfalz 20. October. Erschrecken Sie nicht! Jch kann Jhnen aus sehr zuverlässiger Quelle mittheilen, daß jüngsthin von Seiten eines Landcommissärs bei unserer Kreisregierung der Antrag auf das Verbot des Mainzer Journals gestellt worden ist. Was sagen Sie zu diesem neuen schlagenden Beweise, wie ein Theil unserer Beamtenwelt die Ge- genwart und seine Stellung und Aufgabe in derselben versteht, und von welchem Geiste zum Verderben der Gesammtheit einzelne mit dem Staatsdienste betraute Leute erfüllt sind?! Sollen wir solches Gebahren Verblendung oder Perfidie heißen? Und dürfen wir uns noch wundern, wenn wir ringsum nichts we- niger als eine pacificirte Pfalz erblicken, da Beamte vor Allen davon Zeugniß geben, daß sie die neue Zeit nicht verstehen, oder nicht verstehen wollen? Allerdings erinnern wir uns nicht, noch vor kurzer Zeit ähnliche Vertilgungsgelüste gegenüber der N. Speyerer Zeitung und dem Boten für Stadt und Land wahrgenommen zu haben. Aber dort handelte es sich auch nur um die Untergrabung aller Autorität, um die politische De- moralisation des Volkes, um die Herbeiführung eines Aufruhres, welcher die Pfalz in ein namenloses Elend gestürzt hat. Die Per- son, selbst die eines Verwaltungsbeamten, konnte ja sicher seyn, von der souveränen Presse ungeschoren zu bleiben, wenn man sich nur herbeiließ, den Afterliberalen außer dem Amte zu spielen, während auf dem lammfrommen Actenpapiere der Servilismus im nimmer versiegenden Tintenstrome sich ergoß. Was kümmerte auch das gemeine Wohl, die öffentliche Wohlfahrt, das Heil des Staates, wenn nur die eigene Haut gerettet ward! Das ist nun wohl gelungen — aber um welchen Preis? — Nun kömmt das Mainzer Journal in den Tagen, wo man von den Strapazen sich erholen, und unter dem Schutze der Bajonnette auf den Lor- beeren ausruhen möchte, die man sich beim Ruine des Vaterlan- des verdient hat, — und erhebt Skandale und gibt Aergerniß, indem es die Krebsschäden unverholen aufdeckt, und von den Pestbeulen das schlechte Pflaster abreißt. Wie mag sich das ein gesinnungstüchtiger, vielleicht etwas unsanft getroffener Beamter gefallen lassen? — Zwar ist das Mainzer Journal, so zu sagen, das einzige conservative Blatt, welches in die mittleren und unteren Schichten der Gesellschaft bei uns gedrungen ist, und es kann keinem Unbefangenen einen Augenblick zweifelhaft seyn, daß das Mainzer Journal in dieser seiner Stellung einem lange gefühlten Bedürfnisse abhilft, indem es ebenmäßig gegen Bureaukratie, wie gegen die rothe Republik seine Waf- fen kehrt. Aber das kümmert unseren gesinnungstüchtigen Beam- ten, der die Unterdrückung des Mainzer Journals herbeigeführt wissen will, nicht. Jhn kummert allein, daß er genirt ist und daß ihm der alte faule bureaukratische Schlendrian nicht mehr unge- rügt gestattet seyn soll. Und wie süß war jenes Eldorado der Schreibstube, wie kinderleicht die launenhafte Herrschaft über die Gemeinde, und die systematische Plackerei der Kirche! Und Alles dies könnte wieder so werden, wenn nicht Vieles anders gewor- den, und insbesondere die Presse des wahren Fortschrittes nicht wäre!! Uebrigens mögen wir Gott danken, daß die Männer, welche dermalen die Zügel der Gewalt in unserem Pfälzischen Kreise in der Hand haben, besser ihre Stellung und ihre Aufgabe erkannt haben, als manche Beamten insbesondere des Verwal- tungsdienstes. Fürst Thurn und Taxis hat unlängst auf einer Rundreise dem versammelten Magistrate und den Beamten eines Städtchens frei heraus erklärt, daß er die Pfalz noch lange nicht für pacificirt halte. Der Fürst hat dadurch an den Tag gelegt, daß er die Zustände der Pfalz besser kennen gelernt habe, als jene Pfälzer Abgeordneten, welche jungst in München für die Ruhe der Pfalz einstehen zu wollen das fast lächerliche Versprechen ge- geben. Nicht minder sind wir auch von der Einsicht und von der biederen Gesinnung des Vorstandes unserer Regierung überzeugt, daß er die Bedeutung des Mainzer Journals für die Pfalz besser zu würdigen verstehe als sein Landcommissär, und daß er, anders als jener ihm untergebene Beamte, die Wahrheit gern hinzunehmen bereit sey, wenn sie ihm auch in bitterem Ernste nahe. Jst in der Art von Seiten der obersten Behörden erkannt, wo wir stehen, und strebt man mit redlichem Muthe nach dem Besten, so können wir mit ruhigerem Blicke in die Zukunft sehen. Allerdings genügt das Erkennen des Uebels und das Streben nach Besserem allein nicht. Auch die rechten Mittel müssen ge- wählt werden. Hoffen wir, daß es geschehe, daß es nicht „zu spät“ geschehe! Se. Majestät der König haben geruht unterm 11. October die Stelle eines Hypothekenbewahrers zu Landau dem k. Rentbeamten zu Bergzabern Karl Ludwig Rischmann zu verleihen. ☩ Frankenthal 20. October. Bis zum 17. d. M. sind in unserer Stadt im Ganzen acht Cholerafälle vorgekommen, von denen fünf den Tod nach sich zogen. Unter den Verstorbenen be- fand sich eine Frau, die am Montag Abend noch gesund in Mannheim war, später nach Hause zurückkehrte und nach Ver- lauf einiger Stunden an der Cholera starb, wobei ihr Leichnam jene schwarze Farbe annahm, welche das untrüglichste Zeichen der asiatischen Brechruhr ist. Jch erwähne diesen speciellen Fall nur, weil es in Frankenthal bisher immer noch Leute gab, welche nichts von der Cholera wissen wollten, während jener Todesfall sie nunmehr gewiß eines Anderen belehrt hat. — Am Donners- tag den 18. und heute fanden auf der Lambsheimer Haide Ma- növres im Feuer statt, welche von dem 2. Chevauxlegersregimente und einer halben Batterie ausgeführt wurden und für die Ge- schicklichkeit der bayrischen Truppen im Manövriren das glän- zendste Zeugniß ablegten. Nach einer uns heute zugekommenen Ordre werden die Frankenthaler ihre gegenwärtige Einquartie- rung den ganzen Winter über behalten, wogegen die Ruhe und einen gesetzlichen Zustand liebenden Bürger nichts weiter zu erin- nern haben, als daß die Einquartierungscommission aus unpar- teiischen Männern zusammengesetzt werde und die Vertheilung der Einquartierung nicht wie bisher einem blosen Schreiber über- lassen bleibe. × Von der Fulda 20. October. Die Märzerrungenschaf- ten schwinden eine nach der anderen und die Männer, welche vor den Stürmen des März im Auslande eine Zufluchtsstätte suchen mußten, kehren zu dem heimathlichen Herde und ihren vormärzlichen Aemtern und Würden zurück. Fürst Metternich verläßt das gastfreie England und nähert sich dem Continente wieder; der Prinz von Preußen wird mit Jubel in demselben Berlin empfangen, dessen Barrikadenmänner im verflossenen Jahre seinen Palast als Nationalgut erklärten, und Daniel Mackenrodt, der frühere Oberbürgermeister von Fulda, ist in sein früheres Amt durch Ministerialbeschluß wieder eingesetzt worden. Diese Nachricht bildet jetzt den Hauptgegenstand des Tagesgespräches in unserer Provinzial=Hauptstadt Fulda sowohl als auf dem platten Lande. Was wird der Fuldaer Stadtrath und der dortige Bürgerausschuß dieser Wiedereinsetzung gegen- über thun? Werden die zahlreichen Gegner dieses Mannes seine Wiedereinsetzung mit großartiger Resignation als ein fait accom- pli annehmen oder feierlichen Protest dagegen erheben? Wir schenken dem Gerüchte keinen Glauben, womit man sich vielfach im Publicum trägt, daß die Väter der Stadt die nahe bevorste- hende Wiedereinsetzung Mackenrodts gewittert und deshalb einen anderen Anlaß ergriffen hätten, um vor Thorschluß noch abzu- danken. Nein, wir halten jene Männer für viel zu ehrenhaft, als daß sie durch solche Beweggründe sich in ihrem Entschlusse bestimmen ließen. Wenn aber nun die Rückkehr Mackenrodts zur höchsten städtischen Würde eine vollendete Thatsache ist, der gegenüber nur ein passiver Widerstand geleistet werden könnte, so glauben wir, es ist am besten in dieser Sache zum Frieden zu reden und eine Versöhnung anzubahnen zwischen dem größe- ren Theile der Bürgerschaft, der gegen seinen früheren Bür- germeister ist, und jenem kleineren Theile, der für ihn ist. Die Rechtlichkeit Mackenrodts ist trotz allen Anschuldigungen eine un- bestrittene Thatsache und Niemand wird es läugnen können, daß jener Gemeindebeamte um die Verschönerung Fulda's und seiner Umgegend sich die größten Verdienste erworben hat, wenn gleich hier nicht immer der Kostenpunkt streng erwogen worden seyn mag. Man hat so häufig über die rauhe Außenseite dieses Mannes geklagt, — nun, die Grazien haben sich gerade nicht um Jeden viel zu schaffen gemacht und das Temperament der Menschen ist so sehr verschieden, der eine kann außerordentlich Viel vertragen, der andere weniger, und vielleicht würde der sanfteste Mann, wenn er Oberbürgermeister wäre, wegen allzugroßer Sanftmuth angeschuldigt werden. Möchte der Vielgenannte, der seit einem Jahre schwer genug geprüft worden ist, wenn er sein Amt wie- der übernimmt, ein freundliches, versöhnliches Wesen gegen Alle, die mit ihm in dienstliche Beziehung kommen, zeigen, insbeson- dere den armen Wittwen verstorbener Bürger ein väterlicher

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 251. Mainz, 22. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal251_1849/3>, abgerufen am 03.12.2024.