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Mainzer Journal. Nr. 260. Mainz, 2. November 1849.

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Mainzer Journal.


Nro 260. Freitag, den 2. November. 1849.


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Deutschland.

Wien 29. October. Jm Eisenbahnwesen steht uns eine
durchgreifende Reform bevor. Der Handelsminister wollte sie
schon in Kremsier, jetzt ist der Plan von Neuem aufgetaucht,
sämmtliche Privateisenbahnen für den Staat zu erwerben. Zu-
nächst wird die lombardisch=venetianische eine Staatsbahn wer-
den; die Unterhandlungen wegen Erwerbung der Wien=Glogg-
nitzer Bahn sollen bereits lebhaft geführt werden. Die größten
Schwierigkeiten wird unzweifelhaft die Kaiser=Ferdinands=Nord-
bahn bieten.

Durch die angestrebten Zollreformen ist die Aufhebung unse-
res bisherigen Münzfußes bedingt. Dieselbe erhält heute ihre
Bestätigung. Der "Lloyd" hat die Annahme des spanischen
Münzfußes, als des am weitesten und besonders außerhalb Euro-
pa 's verbreiteten in Vorschlag gebracht.

Die den Besitzern von Kossuthnoten wiederholt abgesprochene
Entschädigung soll nun dadurch ein Gegengewicht erhalten, daß
den am meisten betheiligten Gemeinden ansehnliche Vorschüsse zu
den billigsten Bedingungen gewährt werden.

Auf Antrag des Kriegsministeriums hat Se. Maj. in Betreff
jener k. k. Offiziere, welche als Theilnehmer an der magyarischen
Rebellion mehr oder weniger compromittirt durch die eingesetzten
Purificationscommissionen theils mit, theils ohne Gnadengehalt
entlassen wurden, verordnet, daß alle jene Offiziere, welche bis
zum 26. November 1848 zu den k. k. Fahnen zurückgekehrt sind,
unbedingt in ihre Chargen einzusetzen sind; diejenigen, welche bis
zu Ende Januar 1849 zurückkehrten, sind eben so zu behandeln,
falls nicht Thatsachen gegen sie vorkommen, die ihre Loyalität in
Zweifel setzen. Jene Offiziere aber, welche vom 1. Februar bis
14. April sich gestellt haben, können, wenn sie einer kriegsrecht-
lichen Untersuchung sich unterziehen, rehabilitirt werden.

Für alle jene Offiziere, denen während der Feldzüge 1848
bis 1849 die Allerhöchste Zufriedenheit bekannt gegeben wurde,
ist ein Militärverdienstkreuz gestiftet worden. Es besteht aus einem
silbernen Kreuze mit roth emaillirten Rändern und der Jnschrift
"Verdienst" und wird an demselben Bande getragen, wie die
Tapferkeitsmedaille.

Triest. Die am 23. hier angekommenen levantiner Dampf-
bote bringen die Nachricht, daß jene sechs englischen Linienschiffe,
welche zur Dämpfung des Aufstandes in Cephalonien im jonischen
Archipel erschienen waren, in Begleitung mehrerer Corvetten
gegen Athen mit dem Auftrage abgesegelt seyen, von der helle-
nischen Regierung wegen der den Joniern gegenüber dargelegten
"Sympathien" Rechenschaft zu verlangen.

Berlin 31. October. ( N. Pr. Z. ) Mit der " Constitutionel-
len " theilt heute die Spenersche Zeitung die peinliche Aufgabe,
den Zorn der in ihrem innersten Herzen getroffenen altliberalen
Oppositionspartei gegen das Ministerium und gegen die "Deutsche
Reform" auszugießen. Die "Spenersche Zeitung" kommt dabei
mit ihrer bekannten publicistischen Geschicklichkeit zu seltsamen
Selbstbekenntnissen. Sie will beweisen, daß die Anerkennung,
welche das Ministerium im Lande findet, daß das Gelingen seiner
entschiedenen Politik wesentlich den Vermittelungen der altlibera-
len Partei zu danken sey, wobei sie von vorn herein die Thatsache
aus dem Auge läßt, daß ein energisches Auftreten stets
imponirt und anzieht und daß die Macht mit Weisheit
und ächter Liebe gepaart
stets durch sich selbst die Herzen
der Masse gewinnt. Die "Spenersche Zeitung" sagt, die große
Masse des Volkes habe keine deutliche Vorstellung von dem künst-
lichen Systeme einer constitutionellen Staatsform gehabt. Die
Demokratie habe von jeher die Republik gewollt und so seyen
nur die alten Liberalen übrig geblieben, um dem Volke die
constitutionelle Monarchie mundgerecht zu machen. Wir ver-
langen keine weitere Bestätigung unserer stets festgehaltenen
Meinung. Ein Blatt, welches seit Jahren den modernen
Constitutionalismus als eine Forderung des Volkes proclamirt,
muß heute eingestehen, daß das Volk von diesem
[Spaltenumbruch] künstlichen Systeme nichts wisse,
und daß es lediglich
der Doctrinalismus sey, dessen Agitation wir vom vereinigten
Landtage an die Verwirrung unserer Verfassungsverhältnisse ver-
danken. Auch heute noch ist es die doctrinäre Partei, welche in
blinder Verfolgung ihrer Theorien über dem Formalismus
die wahren Bedürfnisse und Wünsche des Volkes
ver gißt
und ein Werk aufzuführen bemüht ist, welches in Preu-
ßen keinen Boden hat. Eben weil das Volk nicht nach Regeln der
Mechanik, sondern nach guten Gesetzen und einer kräf-
tigen Regierung
verlangt, darum steht die doctrinäre
Partei so isolirt und verlassen da, während ein thatkräftiges
Gouvernement, welches seine Sorge den Leiden und Bedürfnissen
des Landes zuwendet, täglich an Vertrauen und Liebe gewinnt.
Dies ist die gegenwärtige Lage der Sache. Sie wird durch Worte
und Zeitungsartikel nicht geändert, wenn auch das Ministerium
im Bewußtseyn seiner Stärke den verzweifelnden Doctrinalismus
durch einige versöhnliche Worte zu trösten sucht.

Die N. Pr. Z. bringt heute mit Bezug auf den Zollanschluß
Oesterreichs die für Süddeutschland wohl zu beachtende Andeu-
tung: "daß Preußen, die Hauptmacht des Zollvereines, sich
schwerlich zu einer abermaligen Erhöhung der Schutzzölle ent-
schließen wird, wo es gerade bestrebt ist, durch Ermäßigung
derselben
den norddeutschen Seestaaten den Beitritt zu erleich-
tern."

München 31. October. ( D. Z. ) So eben vernehmen wir,
daß die Opposition in der deutschen Frage einen Antrag beab-
sichtigt, dessen Sinn wir nicht begreifen. Nämlich es sollen die
deutschen Mittelstaaten einen Bund gegen Preußen und Oesterreicy
eingehen, um von deren mit der provisorischen Centralgewalt
angebahnten Uebergriffen nicht verschlungen zu werden.

== Aus der bayrischen Pfalz 30. October. Sie haben sich
in den ersten Tagen dieses Monats aus Speyer über die Be-
triebsverhältnisse unserer Ludwigsbahn in einem Artikel berichten
lassen, der, so kurz gefaßt er auch ist, doch fast so viele Beschwer-
den und Vorwürfe als Zeilen enthält. Gönnen Sie dieser Er-
wiederung, wenn auch etwas verspätet, Raum in den Spalten
Jhres Blattes. Wenn Jhr M Correspondent vermeint, es müßte
das Resultat des Betriebes noch viel glänzender ausfallen, "wenn
die Fahrpreise für den Personentransport etwas ermäßigt und
den übrigen Bahnen gleich berechnet, und wenn das Speditions-
wesen kundigeren Händen anvertraut würde," so genügt es für's
Erste, auf eben diese Fahrpreise der übrigen deutschen Bahnen
hinzuweisen. Eine auch nur flüchtige Einsicht in die Tarife wird
die Belehrung geben, daß die Fahrpreise der Pfälzischen Lud-
wigsbahn bezüglich der gewöhnlich benutzten dritten Wagen-
classe nach den niedrigsten der bei den übrigen Bahnen Deutsch-
lands bestehenden Preissätze berechnet sind. Nur machen wir den
etwas allzu flüchtig aburtheilenden Klageführer darauf aufmerk-
sam, daß er die Entfernungen z. B. die von Neustadt oder Speyer
nach Ludwigshafen, wie sich das von selbst versteht, nicht nach
dem Längenmaße der alten Landstraße, sondern nach der Bahn-
strecke berechnen möge. Dabei geben wir zu, daß man vielleicht
die Preise der zweiten Wagenclasse ermäßigen könne. Was dann
das Speditionswesen betrifft, so zeigt die Zusammensetzung des
Ausschusses für Merkantilangelegenheiten im Ver-
waltungsrathe
wie unbegründet dieser Vorwurf ist. Er ist
aus Männern gebildet, welche mit den Handelsverhältnissen auf
das Gründlichste vertraut und im Speditionswesen durch die
Führung ihrer eigenen Geschäfte hinlänglich erprobt und bewährt
sind. Ganz ungerecht trifft aber der Vorwurf der langsamen Be-
förderung der Frankfurter Frachten die Verwaltung unserer Lud-
wigsbahn. Bis zum 15. d. M. beförderte nämlich die Main-
Neckarbahn sämmtliche Güter über den andern Tag, und
dies selbst mit großen Unregelmäßigkeiten, die hoffentlich nunmehr
gehoben seyn werden. Endlich ist es eine sonderbare Anmuthung,
wenn verlangt werden will, daß "die Waaren den Kaufleuten von
den Bahnhöfen unentgeldlich an das Haus geliefert werden, wie
[Ende Spaltensatz]

Mainzer Journal.


Nro 260. Freitag, den 2. November. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.

Wien 29. October. Jm Eisenbahnwesen steht uns eine
durchgreifende Reform bevor. Der Handelsminister wollte sie
schon in Kremsier, jetzt ist der Plan von Neuem aufgetaucht,
sämmtliche Privateisenbahnen für den Staat zu erwerben. Zu-
nächst wird die lombardisch=venetianische eine Staatsbahn wer-
den; die Unterhandlungen wegen Erwerbung der Wien=Glogg-
nitzer Bahn sollen bereits lebhaft geführt werden. Die größten
Schwierigkeiten wird unzweifelhaft die Kaiser=Ferdinands=Nord-
bahn bieten.

Durch die angestrebten Zollreformen ist die Aufhebung unse-
res bisherigen Münzfußes bedingt. Dieselbe erhält heute ihre
Bestätigung. Der „Lloyd“ hat die Annahme des spanischen
Münzfußes, als des am weitesten und besonders außerhalb Euro-
pa 's verbreiteten in Vorschlag gebracht.

Die den Besitzern von Kossuthnoten wiederholt abgesprochene
Entschädigung soll nun dadurch ein Gegengewicht erhalten, daß
den am meisten betheiligten Gemeinden ansehnliche Vorschüsse zu
den billigsten Bedingungen gewährt werden.

Auf Antrag des Kriegsministeriums hat Se. Maj. in Betreff
jener k. k. Offiziere, welche als Theilnehmer an der magyarischen
Rebellion mehr oder weniger compromittirt durch die eingesetzten
Purificationscommissionen theils mit, theils ohne Gnadengehalt
entlassen wurden, verordnet, daß alle jene Offiziere, welche bis
zum 26. November 1848 zu den k. k. Fahnen zurückgekehrt sind,
unbedingt in ihre Chargen einzusetzen sind; diejenigen, welche bis
zu Ende Januar 1849 zurückkehrten, sind eben so zu behandeln,
falls nicht Thatsachen gegen sie vorkommen, die ihre Loyalität in
Zweifel setzen. Jene Offiziere aber, welche vom 1. Februar bis
14. April sich gestellt haben, können, wenn sie einer kriegsrecht-
lichen Untersuchung sich unterziehen, rehabilitirt werden.

Für alle jene Offiziere, denen während der Feldzüge 1848
bis 1849 die Allerhöchste Zufriedenheit bekannt gegeben wurde,
ist ein Militärverdienstkreuz gestiftet worden. Es besteht aus einem
silbernen Kreuze mit roth emaillirten Rändern und der Jnschrift
„Verdienst“ und wird an demselben Bande getragen, wie die
Tapferkeitsmedaille.

Triest. Die am 23. hier angekommenen levantiner Dampf-
bote bringen die Nachricht, daß jene sechs englischen Linienschiffe,
welche zur Dämpfung des Aufstandes in Cephalonien im jonischen
Archipel erschienen waren, in Begleitung mehrerer Corvetten
gegen Athen mit dem Auftrage abgesegelt seyen, von der helle-
nischen Regierung wegen der den Joniern gegenüber dargelegten
„Sympathien“ Rechenschaft zu verlangen.

Berlin 31. October. ( N. Pr. Z. ) Mit der „ Constitutionel-
len “ theilt heute die Spenersche Zeitung die peinliche Aufgabe,
den Zorn der in ihrem innersten Herzen getroffenen altliberalen
Oppositionspartei gegen das Ministerium und gegen die „Deutsche
Reform“ auszugießen. Die „Spenersche Zeitung“ kommt dabei
mit ihrer bekannten publicistischen Geschicklichkeit zu seltsamen
Selbstbekenntnissen. Sie will beweisen, daß die Anerkennung,
welche das Ministerium im Lande findet, daß das Gelingen seiner
entschiedenen Politik wesentlich den Vermittelungen der altlibera-
len Partei zu danken sey, wobei sie von vorn herein die Thatsache
aus dem Auge läßt, daß ein energisches Auftreten stets
imponirt und anzieht und daß die Macht mit Weisheit
und ächter Liebe gepaart
stets durch sich selbst die Herzen
der Masse gewinnt. Die „Spenersche Zeitung“ sagt, die große
Masse des Volkes habe keine deutliche Vorstellung von dem künst-
lichen Systeme einer constitutionellen Staatsform gehabt. Die
Demokratie habe von jeher die Republik gewollt und so seyen
nur die alten Liberalen übrig geblieben, um dem Volke die
constitutionelle Monarchie mundgerecht zu machen. Wir ver-
langen keine weitere Bestätigung unserer stets festgehaltenen
Meinung. Ein Blatt, welches seit Jahren den modernen
Constitutionalismus als eine Forderung des Volkes proclamirt,
muß heute eingestehen, daß das Volk von diesem
[Spaltenumbruch] künstlichen Systeme nichts wisse,
und daß es lediglich
der Doctrinalismus sey, dessen Agitation wir vom vereinigten
Landtage an die Verwirrung unserer Verfassungsverhältnisse ver-
danken. Auch heute noch ist es die doctrinäre Partei, welche in
blinder Verfolgung ihrer Theorien über dem Formalismus
die wahren Bedürfnisse und Wünsche des Volkes
ver gißt
und ein Werk aufzuführen bemüht ist, welches in Preu-
ßen keinen Boden hat. Eben weil das Volk nicht nach Regeln der
Mechanik, sondern nach guten Gesetzen und einer kräf-
tigen Regierung
verlangt, darum steht die doctrinäre
Partei so isolirt und verlassen da, während ein thatkräftiges
Gouvernement, welches seine Sorge den Leiden und Bedürfnissen
des Landes zuwendet, täglich an Vertrauen und Liebe gewinnt.
Dies ist die gegenwärtige Lage der Sache. Sie wird durch Worte
und Zeitungsartikel nicht geändert, wenn auch das Ministerium
im Bewußtseyn seiner Stärke den verzweifelnden Doctrinalismus
durch einige versöhnliche Worte zu trösten sucht.

Die N. Pr. Z. bringt heute mit Bezug auf den Zollanschluß
Oesterreichs die für Süddeutschland wohl zu beachtende Andeu-
tung: „daß Preußen, die Hauptmacht des Zollvereines, sich
schwerlich zu einer abermaligen Erhöhung der Schutzzölle ent-
schließen wird, wo es gerade bestrebt ist, durch Ermäßigung
derselben
den norddeutschen Seestaaten den Beitritt zu erleich-
tern.“

München 31. October. ( D. Z. ) So eben vernehmen wir,
daß die Opposition in der deutschen Frage einen Antrag beab-
sichtigt, dessen Sinn wir nicht begreifen. Nämlich es sollen die
deutschen Mittelstaaten einen Bund gegen Preußen und Oesterreicy
eingehen, um von deren mit der provisorischen Centralgewalt
angebahnten Uebergriffen nicht verschlungen zu werden.

== Aus der bayrischen Pfalz 30. October. Sie haben sich
in den ersten Tagen dieses Monats aus Speyer über die Be-
triebsverhältnisse unserer Ludwigsbahn in einem Artikel berichten
lassen, der, so kurz gefaßt er auch ist, doch fast so viele Beschwer-
den und Vorwürfe als Zeilen enthält. Gönnen Sie dieser Er-
wiederung, wenn auch etwas verspätet, Raum in den Spalten
Jhres Blattes. Wenn Jhr M Correspondent vermeint, es müßte
das Resultat des Betriebes noch viel glänzender ausfallen, „wenn
die Fahrpreise für den Personentransport etwas ermäßigt und
den übrigen Bahnen gleich berechnet, und wenn das Speditions-
wesen kundigeren Händen anvertraut würde,“ so genügt es für's
Erste, auf eben diese Fahrpreise der übrigen deutschen Bahnen
hinzuweisen. Eine auch nur flüchtige Einsicht in die Tarife wird
die Belehrung geben, daß die Fahrpreise der Pfälzischen Lud-
wigsbahn bezüglich der gewöhnlich benutzten dritten Wagen-
classe nach den niedrigsten der bei den übrigen Bahnen Deutsch-
lands bestehenden Preissätze berechnet sind. Nur machen wir den
etwas allzu flüchtig aburtheilenden Klageführer darauf aufmerk-
sam, daß er die Entfernungen z. B. die von Neustadt oder Speyer
nach Ludwigshafen, wie sich das von selbst versteht, nicht nach
dem Längenmaße der alten Landstraße, sondern nach der Bahn-
strecke berechnen möge. Dabei geben wir zu, daß man vielleicht
die Preise der zweiten Wagenclasse ermäßigen könne. Was dann
das Speditionswesen betrifft, so zeigt die Zusammensetzung des
Ausschusses für Merkantilangelegenheiten im Ver-
waltungsrathe
wie unbegründet dieser Vorwurf ist. Er ist
aus Männern gebildet, welche mit den Handelsverhältnissen auf
das Gründlichste vertraut und im Speditionswesen durch die
Führung ihrer eigenen Geschäfte hinlänglich erprobt und bewährt
sind. Ganz ungerecht trifft aber der Vorwurf der langsamen Be-
förderung der Frankfurter Frachten die Verwaltung unserer Lud-
wigsbahn. Bis zum 15. d. M. beförderte nämlich die Main-
Neckarbahn sämmtliche Güter über den andern Tag, und
dies selbst mit großen Unregelmäßigkeiten, die hoffentlich nunmehr
gehoben seyn werden. Endlich ist es eine sonderbare Anmuthung,
wenn verlangt werden will, daß „die Waaren den Kaufleuten von
den Bahnhöfen unentgeldlich an das Haus geliefert werden, wie
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[0001] Mainzer Journal. Nro 260. Freitag, den 2. November. 1849. Deutschland. Wien 29. October. Jm Eisenbahnwesen steht uns eine durchgreifende Reform bevor. Der Handelsminister wollte sie schon in Kremsier, jetzt ist der Plan von Neuem aufgetaucht, sämmtliche Privateisenbahnen für den Staat zu erwerben. Zu- nächst wird die lombardisch=venetianische eine Staatsbahn wer- den; die Unterhandlungen wegen Erwerbung der Wien=Glogg- nitzer Bahn sollen bereits lebhaft geführt werden. Die größten Schwierigkeiten wird unzweifelhaft die Kaiser=Ferdinands=Nord- bahn bieten. Durch die angestrebten Zollreformen ist die Aufhebung unse- res bisherigen Münzfußes bedingt. Dieselbe erhält heute ihre Bestätigung. Der „Lloyd“ hat die Annahme des spanischen Münzfußes, als des am weitesten und besonders außerhalb Euro- pa 's verbreiteten in Vorschlag gebracht. Die den Besitzern von Kossuthnoten wiederholt abgesprochene Entschädigung soll nun dadurch ein Gegengewicht erhalten, daß den am meisten betheiligten Gemeinden ansehnliche Vorschüsse zu den billigsten Bedingungen gewährt werden. Auf Antrag des Kriegsministeriums hat Se. Maj. in Betreff jener k. k. Offiziere, welche als Theilnehmer an der magyarischen Rebellion mehr oder weniger compromittirt durch die eingesetzten Purificationscommissionen theils mit, theils ohne Gnadengehalt entlassen wurden, verordnet, daß alle jene Offiziere, welche bis zum 26. November 1848 zu den k. k. Fahnen zurückgekehrt sind, unbedingt in ihre Chargen einzusetzen sind; diejenigen, welche bis zu Ende Januar 1849 zurückkehrten, sind eben so zu behandeln, falls nicht Thatsachen gegen sie vorkommen, die ihre Loyalität in Zweifel setzen. Jene Offiziere aber, welche vom 1. Februar bis 14. April sich gestellt haben, können, wenn sie einer kriegsrecht- lichen Untersuchung sich unterziehen, rehabilitirt werden. Für alle jene Offiziere, denen während der Feldzüge 1848 bis 1849 die Allerhöchste Zufriedenheit bekannt gegeben wurde, ist ein Militärverdienstkreuz gestiftet worden. Es besteht aus einem silbernen Kreuze mit roth emaillirten Rändern und der Jnschrift „Verdienst“ und wird an demselben Bande getragen, wie die Tapferkeitsmedaille. Triest. Die am 23. hier angekommenen levantiner Dampf- bote bringen die Nachricht, daß jene sechs englischen Linienschiffe, welche zur Dämpfung des Aufstandes in Cephalonien im jonischen Archipel erschienen waren, in Begleitung mehrerer Corvetten gegen Athen mit dem Auftrage abgesegelt seyen, von der helle- nischen Regierung wegen der den Joniern gegenüber dargelegten „Sympathien“ Rechenschaft zu verlangen. Berlin 31. October. ( N. Pr. Z. ) Mit der „ Constitutionel- len “ theilt heute die Spenersche Zeitung die peinliche Aufgabe, den Zorn der in ihrem innersten Herzen getroffenen altliberalen Oppositionspartei gegen das Ministerium und gegen die „Deutsche Reform“ auszugießen. Die „Spenersche Zeitung“ kommt dabei mit ihrer bekannten publicistischen Geschicklichkeit zu seltsamen Selbstbekenntnissen. Sie will beweisen, daß die Anerkennung, welche das Ministerium im Lande findet, daß das Gelingen seiner entschiedenen Politik wesentlich den Vermittelungen der altlibera- len Partei zu danken sey, wobei sie von vorn herein die Thatsache aus dem Auge läßt, daß ein energisches Auftreten stets imponirt und anzieht und daß die Macht mit Weisheit und ächter Liebe gepaart stets durch sich selbst die Herzen der Masse gewinnt. Die „Spenersche Zeitung“ sagt, die große Masse des Volkes habe keine deutliche Vorstellung von dem künst- lichen Systeme einer constitutionellen Staatsform gehabt. Die Demokratie habe von jeher die Republik gewollt und so seyen nur die alten Liberalen übrig geblieben, um dem Volke die constitutionelle Monarchie mundgerecht zu machen. Wir ver- langen keine weitere Bestätigung unserer stets festgehaltenen Meinung. Ein Blatt, welches seit Jahren den modernen Constitutionalismus als eine Forderung des Volkes proclamirt, muß heute eingestehen, daß das Volk von diesem künstlichen Systeme nichts wisse, und daß es lediglich der Doctrinalismus sey, dessen Agitation wir vom vereinigten Landtage an die Verwirrung unserer Verfassungsverhältnisse ver- danken. Auch heute noch ist es die doctrinäre Partei, welche in blinder Verfolgung ihrer Theorien über dem Formalismus die wahren Bedürfnisse und Wünsche des Volkes ver gißt und ein Werk aufzuführen bemüht ist, welches in Preu- ßen keinen Boden hat. Eben weil das Volk nicht nach Regeln der Mechanik, sondern nach guten Gesetzen und einer kräf- tigen Regierung verlangt, darum steht die doctrinäre Partei so isolirt und verlassen da, während ein thatkräftiges Gouvernement, welches seine Sorge den Leiden und Bedürfnissen des Landes zuwendet, täglich an Vertrauen und Liebe gewinnt. Dies ist die gegenwärtige Lage der Sache. Sie wird durch Worte und Zeitungsartikel nicht geändert, wenn auch das Ministerium im Bewußtseyn seiner Stärke den verzweifelnden Doctrinalismus durch einige versöhnliche Worte zu trösten sucht. Die N. Pr. Z. bringt heute mit Bezug auf den Zollanschluß Oesterreichs die für Süddeutschland wohl zu beachtende Andeu- tung: „daß Preußen, die Hauptmacht des Zollvereines, sich schwerlich zu einer abermaligen Erhöhung der Schutzzölle ent- schließen wird, wo es gerade bestrebt ist, durch Ermäßigung derselben den norddeutschen Seestaaten den Beitritt zu erleich- tern.“ München 31. October. ( D. Z. ) So eben vernehmen wir, daß die Opposition in der deutschen Frage einen Antrag beab- sichtigt, dessen Sinn wir nicht begreifen. Nämlich es sollen die deutschen Mittelstaaten einen Bund gegen Preußen und Oesterreicy eingehen, um von deren mit der provisorischen Centralgewalt angebahnten Uebergriffen nicht verschlungen zu werden. == Aus der bayrischen Pfalz 30. October. Sie haben sich in den ersten Tagen dieses Monats aus Speyer über die Be- triebsverhältnisse unserer Ludwigsbahn in einem Artikel berichten lassen, der, so kurz gefaßt er auch ist, doch fast so viele Beschwer- den und Vorwürfe als Zeilen enthält. Gönnen Sie dieser Er- wiederung, wenn auch etwas verspätet, Raum in den Spalten Jhres Blattes. Wenn Jhr M Correspondent vermeint, es müßte das Resultat des Betriebes noch viel glänzender ausfallen, „wenn die Fahrpreise für den Personentransport etwas ermäßigt und den übrigen Bahnen gleich berechnet, und wenn das Speditions- wesen kundigeren Händen anvertraut würde,“ so genügt es für's Erste, auf eben diese Fahrpreise der übrigen deutschen Bahnen hinzuweisen. Eine auch nur flüchtige Einsicht in die Tarife wird die Belehrung geben, daß die Fahrpreise der Pfälzischen Lud- wigsbahn bezüglich der gewöhnlich benutzten dritten Wagen- classe nach den niedrigsten der bei den übrigen Bahnen Deutsch- lands bestehenden Preissätze berechnet sind. Nur machen wir den etwas allzu flüchtig aburtheilenden Klageführer darauf aufmerk- sam, daß er die Entfernungen z. B. die von Neustadt oder Speyer nach Ludwigshafen, wie sich das von selbst versteht, nicht nach dem Längenmaße der alten Landstraße, sondern nach der Bahn- strecke berechnen möge. Dabei geben wir zu, daß man vielleicht die Preise der zweiten Wagenclasse ermäßigen könne. Was dann das Speditionswesen betrifft, so zeigt die Zusammensetzung des Ausschusses für Merkantilangelegenheiten im Ver- waltungsrathe wie unbegründet dieser Vorwurf ist. Er ist aus Männern gebildet, welche mit den Handelsverhältnissen auf das Gründlichste vertraut und im Speditionswesen durch die Führung ihrer eigenen Geschäfte hinlänglich erprobt und bewährt sind. Ganz ungerecht trifft aber der Vorwurf der langsamen Be- förderung der Frankfurter Frachten die Verwaltung unserer Lud- wigsbahn. Bis zum 15. d. M. beförderte nämlich die Main- Neckarbahn sämmtliche Güter über den andern Tag, und dies selbst mit großen Unregelmäßigkeiten, die hoffentlich nunmehr gehoben seyn werden. Endlich ist es eine sonderbare Anmuthung, wenn verlangt werden will, daß „die Waaren den Kaufleuten von den Bahnhöfen unentgeldlich an das Haus geliefert werden, wie

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 260. Mainz, 2. November 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal260_1849/1>, abgerufen am 21.11.2024.