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Mainzer Journal. Nr. 260. Mainz, 2. November 1849.

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[Beginn Spaltensatz] dies auch von den Frachtfuhrleuten geschieht." Daß der Fracht-
fuhrmann dem Kaufmanne die Fracht vor die Thüre bringt, fin-
den wir natürlich. Ebenso natürlich aber auch, daß die Eisen-
bahn=Verwaltung als Ablieferungsort der Waare den Bahnhof
festsetzt, woselbst eigene Güterbestätter aufgestellt sind, welche die
Collis den Empfängern gegen Vergütung der publicirten Taxen
zuführen. So weit unsere Kenntniß reicht, ist dies das allgemein
übliche Verfahren bei Eisenbahnen. Jm Allgemeinen müssen wir
noch bemerken, daß es uns etwas übereilt erscheint, über den
Verkehr auf einer Bahnstrecke abzuurtheilen, die in ihrer ganzen
Ausdehnung erst einige [unleserliches Material - 5 Zeichen fehlen]Wchen eröffnet ist. Man lasse zuerst dem
Kaufmanne und dem Frachtfuhrmanne Zeit, sich in das neue Ver-
kehrsmittel hineinzufinden, und wenn dann von Seiten eines
Bahnbetriebes Hemmungen und Verstöße vorkommen, mag es
Zeit genug seyn, dieselben zu besprechen. Daß Solches bei dem
zweimonatlichen Betriebe der Pfälzischen Ludwigsbahn übrigens
nicht der Fall gewesen, beweist schon zur Genüge das bisherige,
alle Erwartungen übersteigende, glänzende Ergebniß dieses Bahn-
betriebes. Soviel zur Verständigung für Solche, die mit den be-
stehenden Verhältnissen nicht bekannt sind.

Fulda 31. October. Die gestrige Versammlung des hie-
sigen Piusvereines war durch die Anwesenheit eines uns überaus
lieben und werthen Gastes verherrlicht. Herr Professor Dr. Rif-
fel,
Jhr verehrter Landsmann, der zur Freude seiner zahlreichen
hiesigen Freunde und Verehrer schon mehrere Tage in unserer
Mitte verweilte, erschien in der Versammlung und sprach vor
einer zahlreichen Zuhörerschaft über die wohlthätigen Vereine der
Stadt Mainz, den Vincentius= und Elisabethenverein und das
segensreiche Wirken derselben. Stürmischer, anhaltender Beifall-
ruf folgte den Worten des gefeierten und für seine Sache so innig
begeisterten Redners, dem Herr Landgerichtsrath Goeßmann
als Stellvertreter des gerade abwesenden Präsidenten den Dank der
Versammlung abstattete. Wir können nicht umhin, Herrn Professor
Dr. Riffel als Scheidegruß den Wunsch nachzurufen, der in allen
Mitgliedern des Piusvereines, ja auch bei vielen Einwohnern
hiesiger Stadt ( die bis jetzt noch nicht dem Vereine angehörten,
aber durch ihre Anwesenheit in der gestrigen Versammlung für
die Vereinssache begeistert wurden ) lebt: es möge der gefeierte
Kämpfer für eine gute und heilige Sache recht bald sein Ver-
sprechen lösen und bei uns wieder Einkehr halten.

Das Wahlgesetz für den kleindeutschen Reichstag ist in den
jüngsten Tagen ausgegeben worden, wir werden auf dieses Ge-
setz, welches aller Aussicht nach ein todtgeborenes Kind bleiben
wird, demnächst zurückkommen, einstweilen können wir dem grö-
ßeren Publicum, das sich für die Berliner Reichsverfassung in-
teressirt, die beruhigende Versicherung geben, daß wenn auch alle
Stützen dieser Verfassung wanken und selbst die Könige von
Sachsen und Hannover sich von derselben lossagen, doch der kur-
hessische Deputirte Henkel aus Kassel bei derselben stehen und
an ihr festhalten wird mit unerschütterlicher Treue. Herr Henkel
hätte mit seinem Freunde Mathy nach Hamburg gehen sollen,
vielleicht wäre ihm auch ein Festessen, zu vier Thalern das Couvert
ohne Wein, gegeben worden! -- Die Berufung des Dr. Zeller
hat zu Verwickelungen geführt, welche unserem lichtfreundlichen
Ministerium sehr ungelegen kamen. Jener sattsam bekannte Leh-
rer des Unglaubens war nämlich zuerst in die theologische Facul-
tät zu Marburg berufen worden, wider Willen der Facultät, die
hiergegen feierlich protestirte. Noch feierlicher aber protestirte die
gläubige Partei zu Homberg, wo ihr Hauptsitz im ganzen Lande
ist, dagegen und der Kurfürst fand sich hierdurch bewogen, die
Unterzeichnung des Anstellungsdecretes zu verweigern, worauf
ihm von den Ministern, die fast wie es scheint seine Vormünder
geworden sind, wieder einmal der Dienst gekündigt werden sollte.
Da half man sich denn aus der Verlegenheit, indem Herr Zel-
ler
auf sein eigenes oder ihm vielleicht an die Hand ge-
gebenes
Ansuchen in die philosophische Facultät versetzt wurde,
die nun nicht vier, wie ich im letzten Schreiben mittheilte, sondern
fünf Professoren der Philosophie allein zählt, wogegen Berlin
doch eine Kleinigkeit ist. Eigenthümlich ist es aber doch immer,
wenn ein Ministerium gegen die vom Pantheismus und dem
gegen alles Positive in Kirche und Staat anstrebenden Geiste der
neuesten Philosophie durchdrungenen und begeisterten Führer der
Demokratie Soldaten senden muß -- und andererseits dafür
sorgt, daß die Schweiz von ihrem Ueberflusse an radicalen Lehr-
meistern etwas zu Nutz und Frommen der studirenden Jugend
Kurhessens abgibt!

Aus Baden 30. October. [ Die Lage der treu ge-
bliebenen Schullehrer.
] Seit einer Reihe von Jahren, wo
das wühlerische Treiben zum Umsturze aller Ordnung sich aufge-
than, hat ein großer Theil der Lehrer sich dazu hergegeben, diesen
Unfug theils durch Reden, theils durch Stiftung von Volksver-
[Spaltenumbruch] einen und Verbreitung schlechter Blätter aufs Höchste zu treiben.
Die guten Lehrer dagegen, welche für Fürst und Vaterland wirk-
ten und überhaupt ihre Pflichten erfüllten, wurden auf alle Art
verfolgt und drangsalirt, ja mancher mußte während der Revo-
lution, um Mißhandlungen auszuweichen, flüchtig gehen, was
von den wühlerischen Lehrern mit Händeklatschen aufgenommen
wurde. Jetzt aber, wo die wühlerischen Lehrer zur Strafe gezogen
werden sollen, kommen Versetzungen vor, welche sich von einer
erleuchteten Regierung wahrlich nicht erwarten lassen. Die seither
geschehenen Versetzungen kann man als Belohnungen
ansehen, indem die Meisten solche Stellen erhielten, welche mehr
ertragen, als ihre vorigen Stellen ihnen eingetragen haben. Recht
gute Schulstellen wurden schon gar nicht ausgeschrieben und den
Wühlern gerade zugewiesen. Die treu gebliebenen Lehrer sitzen
nun da und haben das Zusehen; an eine Beförderung dürfen sie
nicht denken und wenn hie und da eine ordentliche Stelle ausge-
schrieben worden ist, wenn die Schullehrer die Stempelbogen ver-
schrieben haben und nun hoffen: man wird unserer und unseres
guten Benehmens eingedenk seyn, so kommt auf einmal die Zu-
rücknahme des Ausschreibens und der Dienst wird Solchen gege-
ben, denen er oft am wenigsten gebührt. Den treu gebliebenen
Lehrern gehören unseres Erachtens die guten Dienste und den
Wühlern als Strafe die geringeren! Weil man aber seit einiger
Zeit die Wahrnehmung machen mußte, daß Hauptwühler sogar
die besten Dienste zugetheilt erhielten, wie z. B. dem Lehrer Sch.
von T. der ganz gute Dienst in K.; dem Lehrer F. von K. der
weit bessere Dienst in Rh. zu Theil wurde u. s. w.; so hat sich in
verschiedenen Classen, besonders aber unter den guten Lehrern
ein Schrei der Entrüstung kundgegeben. Höchst billig, so ver-
nimmt man überall, wäre es in Beziehung auf die besseren und
wühlerischen Lehrer, daß man bessere mit der Wühlerei nicht
belastete Lehrer auf die besseren und besten Dienste befördere und
den weniger oder mehr gravirten Lehrern die geringeren zutheile;
wollte man aber auch dieses nicht, so wünscht der gut gebliebene
Theil der Lehrer, daß alle Stellen, wo Versetzungen vor sich
gehen sollen, ausgeschrieben würden, damit auch diesen hiermit
Gelegenheit gegeben wäre, sich um bessere Stellen bewerben zu
können. Wir wollen hier der hohen Stelle, welche die Schul-
dienste zu vergeben hat, keinen Vorwurf machen, sondern nur
Das in diesem Blatte mittheilen, was allgemein mißfällt und
schon allerlei eben nicht günstige Urtheile hervorgerufen hat.

# Mannheim 30. October. Baden und die Pfalz haben des
Jammers genug und Trostloses und Niederschlagendes zeigt sich
allwärts dem Blicke. Wir müssen daher dringend wünschen, we-
nigstens von solchen Mißständen befreit zu seyn, deren Lösung,
anders als bei manchem, gordischen, Knoten der Gegenwart, nicht
zu den Unmöglichkeiten gehört. Dahin zählen wir hier die
überaus schlechte Verbindung zwischen Ludwigs-
hafen und Mannheim
seit der muthwilligen Zerstörung der
Schiffbrücke. Man hat eine fliegende Brücke hergestellt, die mit
allen Provisorien der Gegenwart das gemein hat, daß sie
überaus mangelhaft und unbequem construirt ist. Jn der Regel
braucht sie zehn Minuten, bei stürmischem Wetter auch eine Vier-
telstunde zur Vollendung der Ueberfahrt. Dabei werden auf der
Fähre Menschen und Vieh, Lastwagen und Kutschen in der male-
rischsten Gruppirung zusammengezwängt, und man geräth ohne
Schwierigkeit in die seltene Situation, mit den Hörnern eines
Stieres oder dem Hufe unruhiger Gäule in die genaueste Bezieh-
ung zu treten, so daß man von Glück sagen kann, solcher inter-
essanten Gesellschaft mit heiler Haut zu entrinnen. Die Brücken-
ordnung ist dabei so ausnehmend zweckmäßig hergestellt, daß
bereits ein Fuhrmann sammt Roß und Wagen von der Fähre in
den Rhein gestürzt und das Opfer des unverantwortlichsten Leicht-
sinnes geworden ist, mit welcher das Vorziehen eines Schlag-
baumes verabsäumt wurde. Ueberdies behauptet die Brücken-
mannschaft jene unbeschränkte Souveränität, nach welcher das
" deutsche Volk " zwölf Monate lang umsonst gerungen hat.
Es werden nämlich keine bestimmten Abfahrtszeiten eingehalten,
und dadurch ist die Verbindung der diesseitigen und jenseitigen
Eisenbahnen eine solche, die zwar auf dem Papiere steht, aber in
der Wirklichkeit durch das "Provisorium" einer Schiffbrücke ver-
eitelt wird. Sieht man noch dazu die langen Reihen der Fuhr-
werke, welche stundenlang Queue machen müssen und von
dem bedeutenden Verkehre, der hier die Ufer des Rheines
verbindet, das entsprechende Zeugniß geben, so begreift man
nicht, wie etwaige Differenzen bezüglich der künftigen Erhebung
des Brückenzolles zwischen Baden und Bayern daran hindern
können, die Brücke selbst so rasch als möglich herzustellen. Daß
dies eine unabweisbare, dringende Aufgabe sowohl der
badischen, wie der bayrischen Regierung sey, geht schon
aus einer einfachen Erwägung hervor. Baden und die Pfalz
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] dies auch von den Frachtfuhrleuten geschieht.“ Daß der Fracht-
fuhrmann dem Kaufmanne die Fracht vor die Thüre bringt, fin-
den wir natürlich. Ebenso natürlich aber auch, daß die Eisen-
bahn=Verwaltung als Ablieferungsort der Waare den Bahnhof
festsetzt, woselbst eigene Güterbestätter aufgestellt sind, welche die
Collis den Empfängern gegen Vergütung der publicirten Taxen
zuführen. So weit unsere Kenntniß reicht, ist dies das allgemein
übliche Verfahren bei Eisenbahnen. Jm Allgemeinen müssen wir
noch bemerken, daß es uns etwas übereilt erscheint, über den
Verkehr auf einer Bahnstrecke abzuurtheilen, die in ihrer ganzen
Ausdehnung erst einige [unleserliches Material – 5 Zeichen fehlen]Wchen eröffnet ist. Man lasse zuerst dem
Kaufmanne und dem Frachtfuhrmanne Zeit, sich in das neue Ver-
kehrsmittel hineinzufinden, und wenn dann von Seiten eines
Bahnbetriebes Hemmungen und Verstöße vorkommen, mag es
Zeit genug seyn, dieselben zu besprechen. Daß Solches bei dem
zweimonatlichen Betriebe der Pfälzischen Ludwigsbahn übrigens
nicht der Fall gewesen, beweist schon zur Genüge das bisherige,
alle Erwartungen übersteigende, glänzende Ergebniß dieses Bahn-
betriebes. Soviel zur Verständigung für Solche, die mit den be-
stehenden Verhältnissen nicht bekannt sind.

Fulda 31. October. Die gestrige Versammlung des hie-
sigen Piusvereines war durch die Anwesenheit eines uns überaus
lieben und werthen Gastes verherrlicht. Herr Professor Dr. Rif-
fel,
Jhr verehrter Landsmann, der zur Freude seiner zahlreichen
hiesigen Freunde und Verehrer schon mehrere Tage in unserer
Mitte verweilte, erschien in der Versammlung und sprach vor
einer zahlreichen Zuhörerschaft über die wohlthätigen Vereine der
Stadt Mainz, den Vincentius= und Elisabethenverein und das
segensreiche Wirken derselben. Stürmischer, anhaltender Beifall-
ruf folgte den Worten des gefeierten und für seine Sache so innig
begeisterten Redners, dem Herr Landgerichtsrath Goeßmann
als Stellvertreter des gerade abwesenden Präsidenten den Dank der
Versammlung abstattete. Wir können nicht umhin, Herrn Professor
Dr. Riffel als Scheidegruß den Wunsch nachzurufen, der in allen
Mitgliedern des Piusvereines, ja auch bei vielen Einwohnern
hiesiger Stadt ( die bis jetzt noch nicht dem Vereine angehörten,
aber durch ihre Anwesenheit in der gestrigen Versammlung für
die Vereinssache begeistert wurden ) lebt: es möge der gefeierte
Kämpfer für eine gute und heilige Sache recht bald sein Ver-
sprechen lösen und bei uns wieder Einkehr halten.

Das Wahlgesetz für den kleindeutschen Reichstag ist in den
jüngsten Tagen ausgegeben worden, wir werden auf dieses Ge-
setz, welches aller Aussicht nach ein todtgeborenes Kind bleiben
wird, demnächst zurückkommen, einstweilen können wir dem grö-
ßeren Publicum, das sich für die Berliner Reichsverfassung in-
teressirt, die beruhigende Versicherung geben, daß wenn auch alle
Stützen dieser Verfassung wanken und selbst die Könige von
Sachsen und Hannover sich von derselben lossagen, doch der kur-
hessische Deputirte Henkel aus Kassel bei derselben stehen und
an ihr festhalten wird mit unerschütterlicher Treue. Herr Henkel
hätte mit seinem Freunde Mathy nach Hamburg gehen sollen,
vielleicht wäre ihm auch ein Festessen, zu vier Thalern das Couvert
ohne Wein, gegeben worden! — Die Berufung des Dr. Zeller
hat zu Verwickelungen geführt, welche unserem lichtfreundlichen
Ministerium sehr ungelegen kamen. Jener sattsam bekannte Leh-
rer des Unglaubens war nämlich zuerst in die theologische Facul-
tät zu Marburg berufen worden, wider Willen der Facultät, die
hiergegen feierlich protestirte. Noch feierlicher aber protestirte die
gläubige Partei zu Homberg, wo ihr Hauptsitz im ganzen Lande
ist, dagegen und der Kurfürst fand sich hierdurch bewogen, die
Unterzeichnung des Anstellungsdecretes zu verweigern, worauf
ihm von den Ministern, die fast wie es scheint seine Vormünder
geworden sind, wieder einmal der Dienst gekündigt werden sollte.
Da half man sich denn aus der Verlegenheit, indem Herr Zel-
ler
auf sein eigenes oder ihm vielleicht an die Hand ge-
gebenes
Ansuchen in die philosophische Facultät versetzt wurde,
die nun nicht vier, wie ich im letzten Schreiben mittheilte, sondern
fünf Professoren der Philosophie allein zählt, wogegen Berlin
doch eine Kleinigkeit ist. Eigenthümlich ist es aber doch immer,
wenn ein Ministerium gegen die vom Pantheismus und dem
gegen alles Positive in Kirche und Staat anstrebenden Geiste der
neuesten Philosophie durchdrungenen und begeisterten Führer der
Demokratie Soldaten senden muß — und andererseits dafür
sorgt, daß die Schweiz von ihrem Ueberflusse an radicalen Lehr-
meistern etwas zu Nutz und Frommen der studirenden Jugend
Kurhessens abgibt!

Aus Baden 30. October. [ Die Lage der treu ge-
bliebenen Schullehrer.
] Seit einer Reihe von Jahren, wo
das wühlerische Treiben zum Umsturze aller Ordnung sich aufge-
than, hat ein großer Theil der Lehrer sich dazu hergegeben, diesen
Unfug theils durch Reden, theils durch Stiftung von Volksver-
[Spaltenumbruch] einen und Verbreitung schlechter Blätter aufs Höchste zu treiben.
Die guten Lehrer dagegen, welche für Fürst und Vaterland wirk-
ten und überhaupt ihre Pflichten erfüllten, wurden auf alle Art
verfolgt und drangsalirt, ja mancher mußte während der Revo-
lution, um Mißhandlungen auszuweichen, flüchtig gehen, was
von den wühlerischen Lehrern mit Händeklatschen aufgenommen
wurde. Jetzt aber, wo die wühlerischen Lehrer zur Strafe gezogen
werden sollen, kommen Versetzungen vor, welche sich von einer
erleuchteten Regierung wahrlich nicht erwarten lassen. Die seither
geschehenen Versetzungen kann man als Belohnungen
ansehen, indem die Meisten solche Stellen erhielten, welche mehr
ertragen, als ihre vorigen Stellen ihnen eingetragen haben. Recht
gute Schulstellen wurden schon gar nicht ausgeschrieben und den
Wühlern gerade zugewiesen. Die treu gebliebenen Lehrer sitzen
nun da und haben das Zusehen; an eine Beförderung dürfen sie
nicht denken und wenn hie und da eine ordentliche Stelle ausge-
schrieben worden ist, wenn die Schullehrer die Stempelbogen ver-
schrieben haben und nun hoffen: man wird unserer und unseres
guten Benehmens eingedenk seyn, so kommt auf einmal die Zu-
rücknahme des Ausschreibens und der Dienst wird Solchen gege-
ben, denen er oft am wenigsten gebührt. Den treu gebliebenen
Lehrern gehören unseres Erachtens die guten Dienste und den
Wühlern als Strafe die geringeren! Weil man aber seit einiger
Zeit die Wahrnehmung machen mußte, daß Hauptwühler sogar
die besten Dienste zugetheilt erhielten, wie z. B. dem Lehrer Sch.
von T. der ganz gute Dienst in K.; dem Lehrer F. von K. der
weit bessere Dienst in Rh. zu Theil wurde u. s. w.; so hat sich in
verschiedenen Classen, besonders aber unter den guten Lehrern
ein Schrei der Entrüstung kundgegeben. Höchst billig, so ver-
nimmt man überall, wäre es in Beziehung auf die besseren und
wühlerischen Lehrer, daß man bessere mit der Wühlerei nicht
belastete Lehrer auf die besseren und besten Dienste befördere und
den weniger oder mehr gravirten Lehrern die geringeren zutheile;
wollte man aber auch dieses nicht, so wünscht der gut gebliebene
Theil der Lehrer, daß alle Stellen, wo Versetzungen vor sich
gehen sollen, ausgeschrieben würden, damit auch diesen hiermit
Gelegenheit gegeben wäre, sich um bessere Stellen bewerben zu
können. Wir wollen hier der hohen Stelle, welche die Schul-
dienste zu vergeben hat, keinen Vorwurf machen, sondern nur
Das in diesem Blatte mittheilen, was allgemein mißfällt und
schon allerlei eben nicht günstige Urtheile hervorgerufen hat.

□ Mannheim 30. October. Baden und die Pfalz haben des
Jammers genug und Trostloses und Niederschlagendes zeigt sich
allwärts dem Blicke. Wir müssen daher dringend wünschen, we-
nigstens von solchen Mißständen befreit zu seyn, deren Lösung,
anders als bei manchem, gordischen, Knoten der Gegenwart, nicht
zu den Unmöglichkeiten gehört. Dahin zählen wir hier die
überaus schlechte Verbindung zwischen Ludwigs-
hafen und Mannheim
seit der muthwilligen Zerstörung der
Schiffbrücke. Man hat eine fliegende Brücke hergestellt, die mit
allen Provisorien der Gegenwart das gemein hat, daß sie
überaus mangelhaft und unbequem construirt ist. Jn der Regel
braucht sie zehn Minuten, bei stürmischem Wetter auch eine Vier-
telstunde zur Vollendung der Ueberfahrt. Dabei werden auf der
Fähre Menschen und Vieh, Lastwagen und Kutschen in der male-
rischsten Gruppirung zusammengezwängt, und man geräth ohne
Schwierigkeit in die seltene Situation, mit den Hörnern eines
Stieres oder dem Hufe unruhiger Gäule in die genaueste Bezieh-
ung zu treten, so daß man von Glück sagen kann, solcher inter-
essanten Gesellschaft mit heiler Haut zu entrinnen. Die Brücken-
ordnung ist dabei so ausnehmend zweckmäßig hergestellt, daß
bereits ein Fuhrmann sammt Roß und Wagen von der Fähre in
den Rhein gestürzt und das Opfer des unverantwortlichsten Leicht-
sinnes geworden ist, mit welcher das Vorziehen eines Schlag-
baumes verabsäumt wurde. Ueberdies behauptet die Brücken-
mannschaft jene unbeschränkte Souveränität, nach welcher das
deutsche Volk “ zwölf Monate lang umsonst gerungen hat.
Es werden nämlich keine bestimmten Abfahrtszeiten eingehalten,
und dadurch ist die Verbindung der diesseitigen und jenseitigen
Eisenbahnen eine solche, die zwar auf dem Papiere steht, aber in
der Wirklichkeit durch das „Provisorium“ einer Schiffbrücke ver-
eitelt wird. Sieht man noch dazu die langen Reihen der Fuhr-
werke, welche stundenlang Queue machen müssen und von
dem bedeutenden Verkehre, der hier die Ufer des Rheines
verbindet, das entsprechende Zeugniß geben, so begreift man
nicht, wie etwaige Differenzen bezüglich der künftigen Erhebung
des Brückenzolles zwischen Baden und Bayern daran hindern
können, die Brücke selbst so rasch als möglich herzustellen. Daß
dies eine unabweisbare, dringende Aufgabe sowohl der
badischen, wie der bayrischen Regierung sey, geht schon
aus einer einfachen Erwägung hervor. Baden und die Pfalz
[Ende Spaltensatz]

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[0002] dies auch von den Frachtfuhrleuten geschieht.“ Daß der Fracht- fuhrmann dem Kaufmanne die Fracht vor die Thüre bringt, fin- den wir natürlich. Ebenso natürlich aber auch, daß die Eisen- bahn=Verwaltung als Ablieferungsort der Waare den Bahnhof festsetzt, woselbst eigene Güterbestätter aufgestellt sind, welche die Collis den Empfängern gegen Vergütung der publicirten Taxen zuführen. So weit unsere Kenntniß reicht, ist dies das allgemein übliche Verfahren bei Eisenbahnen. Jm Allgemeinen müssen wir noch bemerken, daß es uns etwas übereilt erscheint, über den Verkehr auf einer Bahnstrecke abzuurtheilen, die in ihrer ganzen Ausdehnung erst einige _____Wchen eröffnet ist. Man lasse zuerst dem Kaufmanne und dem Frachtfuhrmanne Zeit, sich in das neue Ver- kehrsmittel hineinzufinden, und wenn dann von Seiten eines Bahnbetriebes Hemmungen und Verstöße vorkommen, mag es Zeit genug seyn, dieselben zu besprechen. Daß Solches bei dem zweimonatlichen Betriebe der Pfälzischen Ludwigsbahn übrigens nicht der Fall gewesen, beweist schon zur Genüge das bisherige, alle Erwartungen übersteigende, glänzende Ergebniß dieses Bahn- betriebes. Soviel zur Verständigung für Solche, die mit den be- stehenden Verhältnissen nicht bekannt sind. Fulda 31. October. Die gestrige Versammlung des hie- sigen Piusvereines war durch die Anwesenheit eines uns überaus lieben und werthen Gastes verherrlicht. Herr Professor Dr. Rif- fel, Jhr verehrter Landsmann, der zur Freude seiner zahlreichen hiesigen Freunde und Verehrer schon mehrere Tage in unserer Mitte verweilte, erschien in der Versammlung und sprach vor einer zahlreichen Zuhörerschaft über die wohlthätigen Vereine der Stadt Mainz, den Vincentius= und Elisabethenverein und das segensreiche Wirken derselben. Stürmischer, anhaltender Beifall- ruf folgte den Worten des gefeierten und für seine Sache so innig begeisterten Redners, dem Herr Landgerichtsrath Goeßmann als Stellvertreter des gerade abwesenden Präsidenten den Dank der Versammlung abstattete. Wir können nicht umhin, Herrn Professor Dr. Riffel als Scheidegruß den Wunsch nachzurufen, der in allen Mitgliedern des Piusvereines, ja auch bei vielen Einwohnern hiesiger Stadt ( die bis jetzt noch nicht dem Vereine angehörten, aber durch ihre Anwesenheit in der gestrigen Versammlung für die Vereinssache begeistert wurden ) lebt: es möge der gefeierte Kämpfer für eine gute und heilige Sache recht bald sein Ver- sprechen lösen und bei uns wieder Einkehr halten. Das Wahlgesetz für den kleindeutschen Reichstag ist in den jüngsten Tagen ausgegeben worden, wir werden auf dieses Ge- setz, welches aller Aussicht nach ein todtgeborenes Kind bleiben wird, demnächst zurückkommen, einstweilen können wir dem grö- ßeren Publicum, das sich für die Berliner Reichsverfassung in- teressirt, die beruhigende Versicherung geben, daß wenn auch alle Stützen dieser Verfassung wanken und selbst die Könige von Sachsen und Hannover sich von derselben lossagen, doch der kur- hessische Deputirte Henkel aus Kassel bei derselben stehen und an ihr festhalten wird mit unerschütterlicher Treue. Herr Henkel hätte mit seinem Freunde Mathy nach Hamburg gehen sollen, vielleicht wäre ihm auch ein Festessen, zu vier Thalern das Couvert ohne Wein, gegeben worden! — Die Berufung des Dr. Zeller hat zu Verwickelungen geführt, welche unserem lichtfreundlichen Ministerium sehr ungelegen kamen. Jener sattsam bekannte Leh- rer des Unglaubens war nämlich zuerst in die theologische Facul- tät zu Marburg berufen worden, wider Willen der Facultät, die hiergegen feierlich protestirte. Noch feierlicher aber protestirte die gläubige Partei zu Homberg, wo ihr Hauptsitz im ganzen Lande ist, dagegen und der Kurfürst fand sich hierdurch bewogen, die Unterzeichnung des Anstellungsdecretes zu verweigern, worauf ihm von den Ministern, die fast wie es scheint seine Vormünder geworden sind, wieder einmal der Dienst gekündigt werden sollte. Da half man sich denn aus der Verlegenheit, indem Herr Zel- ler auf sein eigenes oder ihm vielleicht an die Hand ge- gebenes Ansuchen in die philosophische Facultät versetzt wurde, die nun nicht vier, wie ich im letzten Schreiben mittheilte, sondern fünf Professoren der Philosophie allein zählt, wogegen Berlin doch eine Kleinigkeit ist. Eigenthümlich ist es aber doch immer, wenn ein Ministerium gegen die vom Pantheismus und dem gegen alles Positive in Kirche und Staat anstrebenden Geiste der neuesten Philosophie durchdrungenen und begeisterten Führer der Demokratie Soldaten senden muß — und andererseits dafür sorgt, daß die Schweiz von ihrem Ueberflusse an radicalen Lehr- meistern etwas zu Nutz und Frommen der studirenden Jugend Kurhessens abgibt! Aus Baden 30. October. [ Die Lage der treu ge- bliebenen Schullehrer. ] Seit einer Reihe von Jahren, wo das wühlerische Treiben zum Umsturze aller Ordnung sich aufge- than, hat ein großer Theil der Lehrer sich dazu hergegeben, diesen Unfug theils durch Reden, theils durch Stiftung von Volksver- einen und Verbreitung schlechter Blätter aufs Höchste zu treiben. Die guten Lehrer dagegen, welche für Fürst und Vaterland wirk- ten und überhaupt ihre Pflichten erfüllten, wurden auf alle Art verfolgt und drangsalirt, ja mancher mußte während der Revo- lution, um Mißhandlungen auszuweichen, flüchtig gehen, was von den wühlerischen Lehrern mit Händeklatschen aufgenommen wurde. Jetzt aber, wo die wühlerischen Lehrer zur Strafe gezogen werden sollen, kommen Versetzungen vor, welche sich von einer erleuchteten Regierung wahrlich nicht erwarten lassen. Die seither geschehenen Versetzungen kann man als Belohnungen ansehen, indem die Meisten solche Stellen erhielten, welche mehr ertragen, als ihre vorigen Stellen ihnen eingetragen haben. Recht gute Schulstellen wurden schon gar nicht ausgeschrieben und den Wühlern gerade zugewiesen. Die treu gebliebenen Lehrer sitzen nun da und haben das Zusehen; an eine Beförderung dürfen sie nicht denken und wenn hie und da eine ordentliche Stelle ausge- schrieben worden ist, wenn die Schullehrer die Stempelbogen ver- schrieben haben und nun hoffen: man wird unserer und unseres guten Benehmens eingedenk seyn, so kommt auf einmal die Zu- rücknahme des Ausschreibens und der Dienst wird Solchen gege- ben, denen er oft am wenigsten gebührt. Den treu gebliebenen Lehrern gehören unseres Erachtens die guten Dienste und den Wühlern als Strafe die geringeren! Weil man aber seit einiger Zeit die Wahrnehmung machen mußte, daß Hauptwühler sogar die besten Dienste zugetheilt erhielten, wie z. B. dem Lehrer Sch. von T. der ganz gute Dienst in K.; dem Lehrer F. von K. der weit bessere Dienst in Rh. zu Theil wurde u. s. w.; so hat sich in verschiedenen Classen, besonders aber unter den guten Lehrern ein Schrei der Entrüstung kundgegeben. Höchst billig, so ver- nimmt man überall, wäre es in Beziehung auf die besseren und wühlerischen Lehrer, daß man bessere mit der Wühlerei nicht belastete Lehrer auf die besseren und besten Dienste befördere und den weniger oder mehr gravirten Lehrern die geringeren zutheile; wollte man aber auch dieses nicht, so wünscht der gut gebliebene Theil der Lehrer, daß alle Stellen, wo Versetzungen vor sich gehen sollen, ausgeschrieben würden, damit auch diesen hiermit Gelegenheit gegeben wäre, sich um bessere Stellen bewerben zu können. Wir wollen hier der hohen Stelle, welche die Schul- dienste zu vergeben hat, keinen Vorwurf machen, sondern nur Das in diesem Blatte mittheilen, was allgemein mißfällt und schon allerlei eben nicht günstige Urtheile hervorgerufen hat. □ Mannheim 30. October. Baden und die Pfalz haben des Jammers genug und Trostloses und Niederschlagendes zeigt sich allwärts dem Blicke. Wir müssen daher dringend wünschen, we- nigstens von solchen Mißständen befreit zu seyn, deren Lösung, anders als bei manchem, gordischen, Knoten der Gegenwart, nicht zu den Unmöglichkeiten gehört. Dahin zählen wir hier die überaus schlechte Verbindung zwischen Ludwigs- hafen und Mannheim seit der muthwilligen Zerstörung der Schiffbrücke. Man hat eine fliegende Brücke hergestellt, die mit allen Provisorien der Gegenwart das gemein hat, daß sie überaus mangelhaft und unbequem construirt ist. Jn der Regel braucht sie zehn Minuten, bei stürmischem Wetter auch eine Vier- telstunde zur Vollendung der Ueberfahrt. Dabei werden auf der Fähre Menschen und Vieh, Lastwagen und Kutschen in der male- rischsten Gruppirung zusammengezwängt, und man geräth ohne Schwierigkeit in die seltene Situation, mit den Hörnern eines Stieres oder dem Hufe unruhiger Gäule in die genaueste Bezieh- ung zu treten, so daß man von Glück sagen kann, solcher inter- essanten Gesellschaft mit heiler Haut zu entrinnen. Die Brücken- ordnung ist dabei so ausnehmend zweckmäßig hergestellt, daß bereits ein Fuhrmann sammt Roß und Wagen von der Fähre in den Rhein gestürzt und das Opfer des unverantwortlichsten Leicht- sinnes geworden ist, mit welcher das Vorziehen eines Schlag- baumes verabsäumt wurde. Ueberdies behauptet die Brücken- mannschaft jene unbeschränkte Souveränität, nach welcher das „ deutsche Volk “ zwölf Monate lang umsonst gerungen hat. Es werden nämlich keine bestimmten Abfahrtszeiten eingehalten, und dadurch ist die Verbindung der diesseitigen und jenseitigen Eisenbahnen eine solche, die zwar auf dem Papiere steht, aber in der Wirklichkeit durch das „Provisorium“ einer Schiffbrücke ver- eitelt wird. Sieht man noch dazu die langen Reihen der Fuhr- werke, welche stundenlang Queue machen müssen und von dem bedeutenden Verkehre, der hier die Ufer des Rheines verbindet, das entsprechende Zeugniß geben, so begreift man nicht, wie etwaige Differenzen bezüglich der künftigen Erhebung des Brückenzolles zwischen Baden und Bayern daran hindern können, die Brücke selbst so rasch als möglich herzustellen. Daß dies eine unabweisbare, dringende Aufgabe sowohl der badischen, wie der bayrischen Regierung sey, geht schon aus einer einfachen Erwägung hervor. Baden und die Pfalz

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 260. Mainz, 2. November 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal260_1849/2>, abgerufen am 01.06.2024.