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Mainzer Journal. Nr. 265. Mainz, 8. November 1849.

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Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 265. Freitag, den 9. November. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.

Berlin 6. November. Die constitutionelle Partei der ersten
Kammer hat folgende Ansprache "an ihre Wähler" erlassen:

"Achtundzwanzig Mitglieder unserer ersten Kammer haben
vor wenig Tagen unter dem Vorgange der Herren von Jordan,
Walter und di Dio eine gemeinsame Ansprache an ihre Wähler
erlassen, um die Abstimmung ihrer Majorität in der Steuerfrage
am 19. d. M. zu rechtfertigen. Dieser an sich ungewöhnliche
Schritt erklärt sich im vorliegenden Falle leicht. Wenn man näm-
lich die Bahn der bisher in der Politik allgemein als leitend an-
erkannten Grundsätze verläßt, auf das Recht der Selbstbesteuerung
des Volkes durch seine Vertreter verzichtend, wenn man die Hand-
habung dieses Rechtes in England für einen zufälligen Rest des
Mittelalters, bei uns aber den Anspruch darauf für modernen
Jacobinismus erklärt, da bedarf es allerdings mannigfach recht-
fertigender Bemühung, um das wahr zu machen, was bis dahin
bei allen Einsichtigen für grundfalsch und verderblich galt. Da
bedarf es des Beweises, daß man zwar keineswegs die alten,
wohl aber die neuen Steuern verweigern könne, ohne darum für
einen Steuerverweigerer zu gelten, des Beweises, daß es mög-
lich sey, mit praktischem Erfolge die Ausgaben zu beschneiden,
während man über die Einnahmen nichts vermag, und daß solch
ein Verfahren stattfinden könne, ohne den verderblichsten Reiz zu
leichtfertigen Ausgabeverweigerungen zu hinterlassen. Da bedarf
es vielleicht auch der Andeutung, als sey es die Absicht der Ge-
genpartei, die Erhebung "bereits gesetzlich bestehender Steuern"
zu verhindern.

Die hier unterzeichneten Mitglieder der Minorität fühlen sich
ihren Wählern gegenüber keines Wortes der Rechtfertigung be-
dürftig; ein einfacher Fingerzeig genügt. Durch einen wunder-
baren Umschwung der Verhältnisse hat unser geliebtes Vaterland
die Bahn zur constitutionellen Verfassung betreten. Hier umzu-
kehren wäre eben so unmöglich, als auf halbem Wege stehen zu
bleiben unheilbringend wäre. Nun ist die Steuerbewilligung das
von jeher anerkannte Grundrecht jeder Constitution und es ist
dasselbe nebst der Theilnahme an der Gesetzgebung am 6. April
v. J. durch feierliche königliche Zusage als das Minimum ( " jeden-
falls " ) der Rechte der Kammern dem preußischen Volke verbürgt.
Wir unseres Theiles halten vertrauensvoll fest an dieser Zusage,
daß sie zur vollen Wahrheit werde. Eine Verfassungsurkunde, mit
tüchtigem Rechtsinhalte unzweideutig ausgestattet, wird in Preußen
ein Volk finden, welches durch Besonnenheit seine Freiheit zu
verdienen weiß.

Als vor wenig Tagen beide Kammern die Rechte der Krone
prüften und feststellten, erinnerte auch keine einzige Stimme daran,
welche Fülle der Macht, so sehr zum Mißbrauche verlockend, hier
einer einzigen Menschenhand anvertraut sey; denn in jedem Mit-
gliede der Volksvertretung überwog die Ueberzeugung, daß in der
ungeschwächten Macht unserer Erbkrone die Sicherstellung der
Staatseinheit und der bürgerlichen Freiheit insbesondere beruhe.
Jn eben diesem Sinne, aber in aller Bescheidenheit, nimmt die
preußische Volksvertretung für sich das Vertrauen in Anspruch,
daß es ihr gelingen werde, das einzige unmittelbar in das
Staatsleben eingreifende Recht, welches ihr gebührt, das Recht
der Selbstbesteuerung, vor schnödem Mißbrauche bewahrt, rein
und makellos den kommenden Geschlechtern zu überliefern. Den
Gesichtspunkt, unter welchem wir das Recht der Steuerbewilli-
gung betrachten, legen die anliegend abgedruckten Reden ( von
Dahlmann, Camphausen und Kühne ) dar."

Unterzeichnet von folgenden ( 32 ) Mitgliedern: v. Ammon.
A. H. v. Armin. v. Bassewitz. E. Baumstark. v. Bernuth.
v. Bockum=Dolffs. Böcking. v. Brünneck. Dahlmann. Dier-
gardt. Emundts. Grasso. J. v. Groote. Graf Helldorf. O. Her-
mann. Graf v. Hompesch. v. Kathen. Kisker. Mentzel. Meyer.
Milde. v. Oppen. J. vom Rath. v. Rönne. Roesler. Scheller.
Tamnau. v. Tepper. Freiherr v. Vincke. Wachler. Wallach.
v. Wittgenstein.

Während der deutsche Verwaltungsrath, so wird der " Weser-
zeitung " geschrieben, in seiner ziemlich unscheinbaren Thätigkeit
fortfährt, indem er jede Woche in einer einmaligen Sitzung wenige
Stunden zusammenkommt, fangen die Differenzen innerhalb des-
selben an in immer bestimmterer Form hervorzutreten. Die schon
früher von Seiten vieler Bevollmächtigten kundgegebene Ansicht,
[Spaltenumbruch] daß durch den zwischen Preußen und Oesterreich abgeschlossenen
Vertrag über das Jnterim nicht blos die Jnteressen des Bünd-
nisses vom 26. Mai[unleserliches Material] als solchen, sondern auch die der einzelnen
Bundesmitglieder beeinträchtigt würden, fängt an, immer tiefere
Wurzeln zu schlagen und den Wunsch zu einer Nachfolge des Bei-
spieles von Hannover und Sachsen immerhin rege zu machen, um
wie es scheint, die Zustände nach und nach ganz in ihr altes Bett
zurückzulenken. Seit gestern wenigstens ist es gewiß, daß auch
die kurfürstlich=hessische Regierung sowohl durch
ihren Bevollmächtigten innerhalb des Verwaltungsrathes wie
auch an das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten eine
Erklärung hat überreichen lassen, worin sie bestimmt ausspricht,
daß sie die Erreichung des bisher von ihr angestrebten Zieles nur
dann für gesichert erachte, wenn die Gesammtheit der
deutschen Regierungen
demselben auf gemeinsamem Wege
nachstrebe. Hier sieht man diese Erklärung als den bestimmten
Beginn von Schritten an, die schließlich auch diese Regierung
ebenso wie die von Hannover und Sachsen für das Bündniß vom
26. Mai verloren erachten lassen dürften. Es ist natürlich, daß
in Verfolg hiervon das Vertrauen auf eine Beseitigung der sich
immer mehr häufenden Schwierigkeiten für eine entsprechende
Regelung des deutschen Verfassungswerkes zunehmend schwindet,
ja man erzählt sich sogar eine Aeußerung des Vorsitzenden des
Verwaltungsrathes, Herr von Bodelschwingh, die auch sein
Vertrauen als in einem starken Abnehmen begriffen erscheinen
läßt, indem auch er aus dem Verwaltungsrathe auszuscheiden ent-
schlossen seyn soll, sobald er sich von der Unmöglichkeit, die Ver-
hältnisse innerhalb desselben bald zu einem ersprießlichen Ziele zu
führen, noch mehr werde überzeugt haben.

Tübingen 6. November. ( S. M. ) Die Zahl der Studen-
ten
scheint in diesem Winterhalbjahre die der letzten Semester
ziemlich übersteigen zu wollen. Unter den in diesem Semester
neu Angekommenen bemerkt man viele Nichtwürttemberger, be-
sonders Badener und Schweizer.

Baden. Unsere Leser erinnern sich vielleicht noch einer Erklärung
Mieroslawsky's, worin dieser Mensch seine uneigen-
nützige
Betheiligung am badischen Aufstande rühmt. Darauf
hat nun Brentano in einem Schreiben an Raveaux die fol-
gende Erklärung abgegeben: "Für Raveaux zur Notiz, daß
Mieroslawsky 6000 Fr. Reisegeld nach Paris geschickt erhielt.
Nachdem er angekommen, Alles beaugenscheinigt und den Ober-
befehl zu übernehmen sich bereit erklärt, war er in einer Sitzung
der [unleserliches Material - 14 Zeichen fehlen]provisorischen Regierung, wobei ich, Peter und Gögg, wahr-
scheinlich auch Meyerhofer und vielleicht auch Du anwesend wa-
ren. Er verlangte dort die ausgedehntesten Vollmachten für sich
und seinen Bruder, den Marinebaumeister, und als Zahlung die-
selbe Summe, welche, wie er sich ausdrückte, die sehr knickerige
sicilianische Regierung bezahlt habe, nämlich 160,000 Fr. Jch
erklärte ihm, daß wir hierzu außer Stande seyen und nun begann
ein förmlicher Judenhandel; wir boten ihm endlich 20,000 Gul-
den für sich und seinen Generalstab; er ging bis auf 60,000 Fr.,
dann 50,000 Fr. und nahm endlich unser Gebot an. Die Voll-
machten legte ich der Constituirenden zur Genehmigung vor, welche
einige Aenderungen beschloß, die Mieroslawsky acceptirte. Am
17. Juni schickte ich Fritz Frech mit 10,000 Gulden als Abschlag-
zahlung nach Heidelberg, auf deren Ersatz ich belangt bin. Gögg
hatte Tags vorher an Mieroslawsky 5000 Gulden bezahlt, welche
ihm dann gegen seinen Willen an den 10,000 Gulden abgezogen
wurden, so daß er die letzte Summe vollständig erhalten hat.
Mieroslawsky hat also außer 6000 Francs Reisegeld noch
10,000 Gulden für seine Dienste erhalten. Jm Hauptquartier
zahlten die Herren keinen Kreuzer, und alle Mahlzeiten, von
denen Mieroslawsky in seiner perfiden Erklärung spricht, sind
aus der Kriegscasse bezahlt worden. Jn diese flossen natürlich
auch die Gelder für die Volkswehr, und wenn letztere keine Löhnung
erhielt, so trifft die Schuld lediglich die Commandanten u. s. w.
Havre 28. October 1849. Brentano. "

Darmstadt 5. November. ( Mannh. J. ) Die Differenzen mit
General v. Schäffer=Bernstein sind zu einem sehr bedenk-
lichen Grade gediehen. Worin Schäffer's Forderungen bestehen,
hierüber circuliren verschiedene Angaben; die wahrscheinlichste
ist, daß er das Austreten mehrerer Mitglieder des Kriegsministe-
riums und vollständige Unabhängigkeit bezüglich
[Ende Spaltensatz]

Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 265. Freitag, den 9. November. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.

Berlin 6. November. Die constitutionelle Partei der ersten
Kammer hat folgende Ansprache „an ihre Wähler“ erlassen:

„Achtundzwanzig Mitglieder unserer ersten Kammer haben
vor wenig Tagen unter dem Vorgange der Herren von Jordan,
Walter und di Dio eine gemeinsame Ansprache an ihre Wähler
erlassen, um die Abstimmung ihrer Majorität in der Steuerfrage
am 19. d. M. zu rechtfertigen. Dieser an sich ungewöhnliche
Schritt erklärt sich im vorliegenden Falle leicht. Wenn man näm-
lich die Bahn der bisher in der Politik allgemein als leitend an-
erkannten Grundsätze verläßt, auf das Recht der Selbstbesteuerung
des Volkes durch seine Vertreter verzichtend, wenn man die Hand-
habung dieses Rechtes in England für einen zufälligen Rest des
Mittelalters, bei uns aber den Anspruch darauf für modernen
Jacobinismus erklärt, da bedarf es allerdings mannigfach recht-
fertigender Bemühung, um das wahr zu machen, was bis dahin
bei allen Einsichtigen für grundfalsch und verderblich galt. Da
bedarf es des Beweises, daß man zwar keineswegs die alten,
wohl aber die neuen Steuern verweigern könne, ohne darum für
einen Steuerverweigerer zu gelten, des Beweises, daß es mög-
lich sey, mit praktischem Erfolge die Ausgaben zu beschneiden,
während man über die Einnahmen nichts vermag, und daß solch
ein Verfahren stattfinden könne, ohne den verderblichsten Reiz zu
leichtfertigen Ausgabeverweigerungen zu hinterlassen. Da bedarf
es vielleicht auch der Andeutung, als sey es die Absicht der Ge-
genpartei, die Erhebung „bereits gesetzlich bestehender Steuern“
zu verhindern.

Die hier unterzeichneten Mitglieder der Minorität fühlen sich
ihren Wählern gegenüber keines Wortes der Rechtfertigung be-
dürftig; ein einfacher Fingerzeig genügt. Durch einen wunder-
baren Umschwung der Verhältnisse hat unser geliebtes Vaterland
die Bahn zur constitutionellen Verfassung betreten. Hier umzu-
kehren wäre eben so unmöglich, als auf halbem Wege stehen zu
bleiben unheilbringend wäre. Nun ist die Steuerbewilligung das
von jeher anerkannte Grundrecht jeder Constitution und es ist
dasselbe nebst der Theilnahme an der Gesetzgebung am 6. April
v. J. durch feierliche königliche Zusage als das Minimum ( „ jeden-
falls “ ) der Rechte der Kammern dem preußischen Volke verbürgt.
Wir unseres Theiles halten vertrauensvoll fest an dieser Zusage,
daß sie zur vollen Wahrheit werde. Eine Verfassungsurkunde, mit
tüchtigem Rechtsinhalte unzweideutig ausgestattet, wird in Preußen
ein Volk finden, welches durch Besonnenheit seine Freiheit zu
verdienen weiß.

Als vor wenig Tagen beide Kammern die Rechte der Krone
prüften und feststellten, erinnerte auch keine einzige Stimme daran,
welche Fülle der Macht, so sehr zum Mißbrauche verlockend, hier
einer einzigen Menschenhand anvertraut sey; denn in jedem Mit-
gliede der Volksvertretung überwog die Ueberzeugung, daß in der
ungeschwächten Macht unserer Erbkrone die Sicherstellung der
Staatseinheit und der bürgerlichen Freiheit insbesondere beruhe.
Jn eben diesem Sinne, aber in aller Bescheidenheit, nimmt die
preußische Volksvertretung für sich das Vertrauen in Anspruch,
daß es ihr gelingen werde, das einzige unmittelbar in das
Staatsleben eingreifende Recht, welches ihr gebührt, das Recht
der Selbstbesteuerung, vor schnödem Mißbrauche bewahrt, rein
und makellos den kommenden Geschlechtern zu überliefern. Den
Gesichtspunkt, unter welchem wir das Recht der Steuerbewilli-
gung betrachten, legen die anliegend abgedruckten Reden ( von
Dahlmann, Camphausen und Kühne ) dar.“

Unterzeichnet von folgenden ( 32 ) Mitgliedern: v. Ammon.
A. H. v. Armin. v. Bassewitz. E. Baumstark. v. Bernuth.
v. Bockum=Dolffs. Böcking. v. Brünneck. Dahlmann. Dier-
gardt. Emundts. Grasso. J. v. Groote. Graf Helldorf. O. Her-
mann. Graf v. Hompesch. v. Kathen. Kisker. Mentzel. Meyer.
Milde. v. Oppen. J. vom Rath. v. Rönne. Roesler. Scheller.
Tamnau. v. Tepper. Freiherr v. Vincke. Wachler. Wallach.
v. Wittgenstein.

Während der deutsche Verwaltungsrath, so wird der „ Weser-
zeitung “ geschrieben, in seiner ziemlich unscheinbaren Thätigkeit
fortfährt, indem er jede Woche in einer einmaligen Sitzung wenige
Stunden zusammenkommt, fangen die Differenzen innerhalb des-
selben an in immer bestimmterer Form hervorzutreten. Die schon
früher von Seiten vieler Bevollmächtigten kundgegebene Ansicht,
[Spaltenumbruch] daß durch den zwischen Preußen und Oesterreich abgeschlossenen
Vertrag über das Jnterim nicht blos die Jnteressen des Bünd-
nisses vom 26. Mai[unleserliches Material] als solchen, sondern auch die der einzelnen
Bundesmitglieder beeinträchtigt würden, fängt an, immer tiefere
Wurzeln zu schlagen und den Wunsch zu einer Nachfolge des Bei-
spieles von Hannover und Sachsen immerhin rege zu machen, um
wie es scheint, die Zustände nach und nach ganz in ihr altes Bett
zurückzulenken. Seit gestern wenigstens ist es gewiß, daß auch
die kurfürstlich=hessische Regierung sowohl durch
ihren Bevollmächtigten innerhalb des Verwaltungsrathes wie
auch an das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten eine
Erklärung hat überreichen lassen, worin sie bestimmt ausspricht,
daß sie die Erreichung des bisher von ihr angestrebten Zieles nur
dann für gesichert erachte, wenn die Gesammtheit der
deutschen Regierungen
demselben auf gemeinsamem Wege
nachstrebe. Hier sieht man diese Erklärung als den bestimmten
Beginn von Schritten an, die schließlich auch diese Regierung
ebenso wie die von Hannover und Sachsen für das Bündniß vom
26. Mai verloren erachten lassen dürften. Es ist natürlich, daß
in Verfolg hiervon das Vertrauen auf eine Beseitigung der sich
immer mehr häufenden Schwierigkeiten für eine entsprechende
Regelung des deutschen Verfassungswerkes zunehmend schwindet,
ja man erzählt sich sogar eine Aeußerung des Vorsitzenden des
Verwaltungsrathes, Herr von Bodelschwingh, die auch sein
Vertrauen als in einem starken Abnehmen begriffen erscheinen
läßt, indem auch er aus dem Verwaltungsrathe auszuscheiden ent-
schlossen seyn soll, sobald er sich von der Unmöglichkeit, die Ver-
hältnisse innerhalb desselben bald zu einem ersprießlichen Ziele zu
führen, noch mehr werde überzeugt haben.

Tübingen 6. November. ( S. M. ) Die Zahl der Studen-
ten
scheint in diesem Winterhalbjahre die der letzten Semester
ziemlich übersteigen zu wollen. Unter den in diesem Semester
neu Angekommenen bemerkt man viele Nichtwürttemberger, be-
sonders Badener und Schweizer.

Baden. Unsere Leser erinnern sich vielleicht noch einer Erklärung
Mieroslawsky's, worin dieser Mensch seine uneigen-
nützige
Betheiligung am badischen Aufstande rühmt. Darauf
hat nun Brentano in einem Schreiben an Raveaux die fol-
gende Erklärung abgegeben: „Für Raveaux zur Notiz, daß
Mieroslawsky 6000 Fr. Reisegeld nach Paris geschickt erhielt.
Nachdem er angekommen, Alles beaugenscheinigt und den Ober-
befehl zu übernehmen sich bereit erklärt, war er in einer Sitzung
der [unleserliches Material – 14 Zeichen fehlen]provisorischen Regierung, wobei ich, Peter und Gögg, wahr-
scheinlich auch Meyerhofer und vielleicht auch Du anwesend wa-
ren. Er verlangte dort die ausgedehntesten Vollmachten für sich
und seinen Bruder, den Marinebaumeister, und als Zahlung die-
selbe Summe, welche, wie er sich ausdrückte, die sehr knickerige
sicilianische Regierung bezahlt habe, nämlich 160,000 Fr. Jch
erklärte ihm, daß wir hierzu außer Stande seyen und nun begann
ein förmlicher Judenhandel; wir boten ihm endlich 20,000 Gul-
den für sich und seinen Generalstab; er ging bis auf 60,000 Fr.,
dann 50,000 Fr. und nahm endlich unser Gebot an. Die Voll-
machten legte ich der Constituirenden zur Genehmigung vor, welche
einige Aenderungen beschloß, die Mieroslawsky acceptirte. Am
17. Juni schickte ich Fritz Frech mit 10,000 Gulden als Abschlag-
zahlung nach Heidelberg, auf deren Ersatz ich belangt bin. Gögg
hatte Tags vorher an Mieroslawsky 5000 Gulden bezahlt, welche
ihm dann gegen seinen Willen an den 10,000 Gulden abgezogen
wurden, so daß er die letzte Summe vollständig erhalten hat.
Mieroslawsky hat also außer 6000 Francs Reisegeld noch
10,000 Gulden für seine Dienste erhalten. Jm Hauptquartier
zahlten die Herren keinen Kreuzer, und alle Mahlzeiten, von
denen Mieroslawsky in seiner perfiden Erklärung spricht, sind
aus der Kriegscasse bezahlt worden. Jn diese flossen natürlich
auch die Gelder für die Volkswehr, und wenn letztere keine Löhnung
erhielt, so trifft die Schuld lediglich die Commandanten u. s. w.
Havre 28. October 1849. Brentano.

Darmstadt 5. November. ( Mannh. J. ) Die Differenzen mit
General v. Schäffer=Bernstein sind zu einem sehr bedenk-
lichen Grade gediehen. Worin Schäffer's Forderungen bestehen,
hierüber circuliren verschiedene Angaben; die wahrscheinlichste
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[0005] Beilage zum Mainzer Journal. Nro 265. Freitag, den 9. November. 1849. Deutschland. Berlin 6. November. Die constitutionelle Partei der ersten Kammer hat folgende Ansprache „an ihre Wähler“ erlassen: „Achtundzwanzig Mitglieder unserer ersten Kammer haben vor wenig Tagen unter dem Vorgange der Herren von Jordan, Walter und di Dio eine gemeinsame Ansprache an ihre Wähler erlassen, um die Abstimmung ihrer Majorität in der Steuerfrage am 19. d. M. zu rechtfertigen. Dieser an sich ungewöhnliche Schritt erklärt sich im vorliegenden Falle leicht. Wenn man näm- lich die Bahn der bisher in der Politik allgemein als leitend an- erkannten Grundsätze verläßt, auf das Recht der Selbstbesteuerung des Volkes durch seine Vertreter verzichtend, wenn man die Hand- habung dieses Rechtes in England für einen zufälligen Rest des Mittelalters, bei uns aber den Anspruch darauf für modernen Jacobinismus erklärt, da bedarf es allerdings mannigfach recht- fertigender Bemühung, um das wahr zu machen, was bis dahin bei allen Einsichtigen für grundfalsch und verderblich galt. Da bedarf es des Beweises, daß man zwar keineswegs die alten, wohl aber die neuen Steuern verweigern könne, ohne darum für einen Steuerverweigerer zu gelten, des Beweises, daß es mög- lich sey, mit praktischem Erfolge die Ausgaben zu beschneiden, während man über die Einnahmen nichts vermag, und daß solch ein Verfahren stattfinden könne, ohne den verderblichsten Reiz zu leichtfertigen Ausgabeverweigerungen zu hinterlassen. Da bedarf es vielleicht auch der Andeutung, als sey es die Absicht der Ge- genpartei, die Erhebung „bereits gesetzlich bestehender Steuern“ zu verhindern. Die hier unterzeichneten Mitglieder der Minorität fühlen sich ihren Wählern gegenüber keines Wortes der Rechtfertigung be- dürftig; ein einfacher Fingerzeig genügt. Durch einen wunder- baren Umschwung der Verhältnisse hat unser geliebtes Vaterland die Bahn zur constitutionellen Verfassung betreten. Hier umzu- kehren wäre eben so unmöglich, als auf halbem Wege stehen zu bleiben unheilbringend wäre. Nun ist die Steuerbewilligung das von jeher anerkannte Grundrecht jeder Constitution und es ist dasselbe nebst der Theilnahme an der Gesetzgebung am 6. April v. J. durch feierliche königliche Zusage als das Minimum ( „ jeden- falls “ ) der Rechte der Kammern dem preußischen Volke verbürgt. Wir unseres Theiles halten vertrauensvoll fest an dieser Zusage, daß sie zur vollen Wahrheit werde. Eine Verfassungsurkunde, mit tüchtigem Rechtsinhalte unzweideutig ausgestattet, wird in Preußen ein Volk finden, welches durch Besonnenheit seine Freiheit zu verdienen weiß. Als vor wenig Tagen beide Kammern die Rechte der Krone prüften und feststellten, erinnerte auch keine einzige Stimme daran, welche Fülle der Macht, so sehr zum Mißbrauche verlockend, hier einer einzigen Menschenhand anvertraut sey; denn in jedem Mit- gliede der Volksvertretung überwog die Ueberzeugung, daß in der ungeschwächten Macht unserer Erbkrone die Sicherstellung der Staatseinheit und der bürgerlichen Freiheit insbesondere beruhe. Jn eben diesem Sinne, aber in aller Bescheidenheit, nimmt die preußische Volksvertretung für sich das Vertrauen in Anspruch, daß es ihr gelingen werde, das einzige unmittelbar in das Staatsleben eingreifende Recht, welches ihr gebührt, das Recht der Selbstbesteuerung, vor schnödem Mißbrauche bewahrt, rein und makellos den kommenden Geschlechtern zu überliefern. Den Gesichtspunkt, unter welchem wir das Recht der Steuerbewilli- gung betrachten, legen die anliegend abgedruckten Reden ( von Dahlmann, Camphausen und Kühne ) dar.“ Unterzeichnet von folgenden ( 32 ) Mitgliedern: v. Ammon. A. H. v. Armin. v. Bassewitz. E. Baumstark. v. Bernuth. v. Bockum=Dolffs. Böcking. v. Brünneck. Dahlmann. Dier- gardt. Emundts. Grasso. J. v. Groote. Graf Helldorf. O. Her- mann. Graf v. Hompesch. v. Kathen. Kisker. Mentzel. Meyer. Milde. v. Oppen. J. vom Rath. v. Rönne. Roesler. Scheller. Tamnau. v. Tepper. Freiherr v. Vincke. Wachler. Wallach. v. Wittgenstein. Während der deutsche Verwaltungsrath, so wird der „ Weser- zeitung “ geschrieben, in seiner ziemlich unscheinbaren Thätigkeit fortfährt, indem er jede Woche in einer einmaligen Sitzung wenige Stunden zusammenkommt, fangen die Differenzen innerhalb des- selben an in immer bestimmterer Form hervorzutreten. Die schon früher von Seiten vieler Bevollmächtigten kundgegebene Ansicht, daß durch den zwischen Preußen und Oesterreich abgeschlossenen Vertrag über das Jnterim nicht blos die Jnteressen des Bünd- nisses vom 26. Mai_ als solchen, sondern auch die der einzelnen Bundesmitglieder beeinträchtigt würden, fängt an, immer tiefere Wurzeln zu schlagen und den Wunsch zu einer Nachfolge des Bei- spieles von Hannover und Sachsen immerhin rege zu machen, um wie es scheint, die Zustände nach und nach ganz in ihr altes Bett zurückzulenken. Seit gestern wenigstens ist es gewiß, daß auch die kurfürstlich=hessische Regierung sowohl durch ihren Bevollmächtigten innerhalb des Verwaltungsrathes wie auch an das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten eine Erklärung hat überreichen lassen, worin sie bestimmt ausspricht, daß sie die Erreichung des bisher von ihr angestrebten Zieles nur dann für gesichert erachte, wenn die Gesammtheit der deutschen Regierungen demselben auf gemeinsamem Wege nachstrebe. Hier sieht man diese Erklärung als den bestimmten Beginn von Schritten an, die schließlich auch diese Regierung ebenso wie die von Hannover und Sachsen für das Bündniß vom 26. Mai verloren erachten lassen dürften. Es ist natürlich, daß in Verfolg hiervon das Vertrauen auf eine Beseitigung der sich immer mehr häufenden Schwierigkeiten für eine entsprechende Regelung des deutschen Verfassungswerkes zunehmend schwindet, ja man erzählt sich sogar eine Aeußerung des Vorsitzenden des Verwaltungsrathes, Herr von Bodelschwingh, die auch sein Vertrauen als in einem starken Abnehmen begriffen erscheinen läßt, indem auch er aus dem Verwaltungsrathe auszuscheiden ent- schlossen seyn soll, sobald er sich von der Unmöglichkeit, die Ver- hältnisse innerhalb desselben bald zu einem ersprießlichen Ziele zu führen, noch mehr werde überzeugt haben. Tübingen 6. November. ( S. M. ) Die Zahl der Studen- ten scheint in diesem Winterhalbjahre die der letzten Semester ziemlich übersteigen zu wollen. Unter den in diesem Semester neu Angekommenen bemerkt man viele Nichtwürttemberger, be- sonders Badener und Schweizer. Baden. Unsere Leser erinnern sich vielleicht noch einer Erklärung Mieroslawsky's, worin dieser Mensch seine uneigen- nützige Betheiligung am badischen Aufstande rühmt. Darauf hat nun Brentano in einem Schreiben an Raveaux die fol- gende Erklärung abgegeben: „Für Raveaux zur Notiz, daß Mieroslawsky 6000 Fr. Reisegeld nach Paris geschickt erhielt. Nachdem er angekommen, Alles beaugenscheinigt und den Ober- befehl zu übernehmen sich bereit erklärt, war er in einer Sitzung der ______________provisorischen Regierung, wobei ich, Peter und Gögg, wahr- scheinlich auch Meyerhofer und vielleicht auch Du anwesend wa- ren. Er verlangte dort die ausgedehntesten Vollmachten für sich und seinen Bruder, den Marinebaumeister, und als Zahlung die- selbe Summe, welche, wie er sich ausdrückte, die sehr knickerige sicilianische Regierung bezahlt habe, nämlich 160,000 Fr. Jch erklärte ihm, daß wir hierzu außer Stande seyen und nun begann ein förmlicher Judenhandel; wir boten ihm endlich 20,000 Gul- den für sich und seinen Generalstab; er ging bis auf 60,000 Fr., dann 50,000 Fr. und nahm endlich unser Gebot an. Die Voll- machten legte ich der Constituirenden zur Genehmigung vor, welche einige Aenderungen beschloß, die Mieroslawsky acceptirte. Am 17. Juni schickte ich Fritz Frech mit 10,000 Gulden als Abschlag- zahlung nach Heidelberg, auf deren Ersatz ich belangt bin. Gögg hatte Tags vorher an Mieroslawsky 5000 Gulden bezahlt, welche ihm dann gegen seinen Willen an den 10,000 Gulden abgezogen wurden, so daß er die letzte Summe vollständig erhalten hat. Mieroslawsky hat also außer 6000 Francs Reisegeld noch 10,000 Gulden für seine Dienste erhalten. Jm Hauptquartier zahlten die Herren keinen Kreuzer, und alle Mahlzeiten, von denen Mieroslawsky in seiner perfiden Erklärung spricht, sind aus der Kriegscasse bezahlt worden. Jn diese flossen natürlich auch die Gelder für die Volkswehr, und wenn letztere keine Löhnung erhielt, so trifft die Schuld lediglich die Commandanten u. s. w. Havre 28. October 1849. Brentano. “ Darmstadt 5. November. ( Mannh. J. ) Die Differenzen mit General v. Schäffer=Bernstein sind zu einem sehr bedenk- lichen Grade gediehen. Worin Schäffer's Forderungen bestehen, hierüber circuliren verschiedene Angaben; die wahrscheinlichste ist, daß er das Austreten mehrerer Mitglieder des Kriegsministe- riums und vollständige Unabhängigkeit bezüglich

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 265. Mainz, 8. November 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal265_1849/5>, abgerufen am 21.11.2024.