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Marburger Zeitung. Nr. 138, Marburg, 18.11.1902.

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Nr. 138, 18. November 1902. Marburger Zeitung

[Spaltenumbruch] sein nach der Gährung; die sich bei der Gährung
entwickelnden Zersetzungsprodukte müssen immer
entfernt werden, da sie sonst auf den Wein einen
schlechten Einfluß ausüben. Der Spund soll während
der Kohlensäure-Entwicklung nur locker eingeschlagen
sein, später dann fest. Auch soll der Spnnd eine
genügende Länge haben, er muß in den Wein
reichen. Der Spund wird am besten aus hartem
Holz (Eichen-, Akazien- oder Zwetschkenholz) ver-
fertigt. Weiches Holz neigt bei der Berührung mit
Wein zur Pilzbildung. Der Spund soll sehr gut
schließen, auch soll er nicht behufs Dichtung um-
wickelt werden. Das Tuch, mit dem man z. B.
oft den Spund umwickelt, wirkt wie der Docht
einer Lampe, wird schimmelig und wirkt, wenn es
wieder mit anderem Wein in Berührung gebracht
wird, äußerst schädlich. Redner geht nun zu einem
anderen Thema über und verlangt, daß die Hefe,
welche sich im Fasse setzt, manchmal mit einem
Stücke Holz umgerührt werden soll, damit die
Gährung eine vollständigere werde. Die Hefe wirkt
dabei wie ein Schönungs-, wie ein Klärungsmittel
im Weine. Die Säure solcher Weine, deren Hefe
umgerührt wird, wird dadurch eher vermindert.
Redner begründet dies mit dem Hinweise auf die
neuesten Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung.
Redner kommt sodann auf die hierzulande bestehende
Unsitte, die Gährung des Weines künstlich zurück-
zuhalten, um seine Süße länger zu bewahren,
zu sprechen und macht auf die nachteiligen
Folgen eines solchen Vorgehens aufmerksam.
Der Wein muß eben seinen Entwickelungsgang
durchmachen, und wenn derselbe behindert wird,
dann entwickeln sich in der Zwischenzeit Produkte,
welche dem Weine schädlich sind und Essigsäure etc.
erzeugen können. Direktor Zweifler kommt dann
auf das Abziehen des Weines zu sprechen. Man
darf den Wein nicht auf der Hefe liegen lassen, da
sie im Laufe der Zeit Zersetzungsprodukte erzeugt,
welche schädlich sind. Die Frage, wann das Ab-
ziehen geschehen soll, läßt sich allerdings nicht
bündig beantworten, da zur Beurteilung dieser
Frage verschiedene Momente in Betracht kommen,
insbesonders die Erwägung, ob jemand den Wein
rasch verkaufen will und zu diesem Zwecke ihn rasch
geklärt braucht, oder ob er damit warten kann.
Redner erörterte das mustergiltige Vorgehen in
der Rheinprovinz. Redner hält in Bezug auf unsere
Weine den Februar als den geeignetsten Monat,
in welchen der Wein abgezogen werden soll. Der
Grundsatz, der Wein sei sofort abzuziehen, wenn er
ausgegährt hat, ist veraltet. In Gegenden mit hoch
ausgebildeter Weinkultur ist man davon schon
längst abgekommen. Mit dem zweiten Abziehen soll
man dann allerdings nicht lange warten, da sonst
die Kellerwärme eine zersetzende Wirkung ausüben
kann. Im allgemeinen soll das zweite Abziehen
Ende April oder anfangs Mai erfolgen -- natürlich
immer nur bei solchen Weinen, welche nicht rasch
verkauft werden sollen. Im Sommer lasse Redner
den Jungwein dann ruhig liegen, fülle nur beiläufig
alle drei Wochen nach und schreite im Herbst zum
dritten Abzieheu. Ein noch öfteres Abziehen sei
nicht zu empfehlen. Jedes folgende Jahr soll dann
der Wein nur einmal abgezogen werden. Redner
macht auch darauf aufmerksam, daß der Wein in
großen Fässern länger jugendlich bleibt als in
kleineren Fässern, nachdem bei den letzteren eine
verhältnismäßig viel größere Luftzufuhr stattfindet.
Weiters empfiehlt der Redner das Heben der Wein-
fässer im Keller mittelst, Winden, statt durch die
Hände, weil im letzteren Falle der Wein zu viel
geschüttelt wird, warnt weiters vor dem Benützen
eiserner Ketten beim Schwenken des Fasses und
betont, man solle beim Schwenken der Fässer stets
ein Glas mit Wasser füllen und genau darauf
achten, ob das Wasser im Glase trüb oder klar sei.
Man schwenkt am besten statt mit Eisenketten, welche
durch ihre Abnützung eine ungünstige chemische
Wirkung auf den Wein ausüben, mit Kieselsteinen
und Scherben, wie es auch am Rheine geübt wird.
Redner betont die Wichtigkeit des Schwefelns beim
Abziehen; das Unterlassen des Schwefelns führt
oft zum Braunwerden des Weines. Benützt soll nur
reiner, auf Papiere, nicht auf Leinwand aufgezogener
Schwefel werden, aber niemals Gewürzschwefel.
Direktor Zweifler schloß seine Ausführungen
unter einhelligem Beifall, worauf der Vorsitzende
dem Redner für seine lichtvollen Ausführungen den
Dank der Versammlung ausdrückte. Ueber Antrag
des Herrn Dir. Schmid werden als Rechnungs-
prüfer die Herren Adjunkten Knauer und Verwalter
Baumann wiedergewählt.


[Spaltenumbruch]
(Zum Ehrenbürger von Pettau)

wurde in der letzten dortigen Gemeinderathssitzung
der Generaldirektor der Südbahngesellschaft, Herr
Hofrat Dr. Alexander Eger ernannt. Außer vielen
Verdiensten, die sich Genannter um Pettau erwarb, ist
es insbesondere die Erfüllung langjähriger Wünsche
und Bestrebungen der Stadt und ihrer Bewohner,
welche diese einhellige Ehrung des Generaldirektors
der Südbahn zur Folge hatte.

(Aufstreuen!)

Infolge des eingetretenen
Schneefalles und der größeren Kälte waren die
Wege heute schon recht schlüpfrig und fielen einige
Fußgeher. Wir erinnern daher an die Pflicht des
Bestreuens, besonders der Bürgersteige, um Unglücks-
fälle zu verhindern.

(Die Uebertrittsbewegung in
Graz.)

In Graz wurden am Reformationsfeste
25 Personen in die evangelische Kirche aufge-
nommen. Damit ist in Graz das dritte Hundert
von Uebertritten seit Neujahr erreicht.

(Gemeindevorstandswahl in Go-
nobitz.)

Bei der am 14. d. in Gonobitz vorge-
nommenen Gemeindevorstandswahl wurden Dr.
Kadiunig, praktischer Arzt, zum Bürgermeister,
Josef Nest, Hausbesitzer, zum Bürgermeisterstell-
vertreter, Franz Werbnigg, Hotelbesitzer und
Karl Wesenschegg, Mühlenbesitzer, zu Gemeinde-
räten gewählt.

(Die Einbrecher vom Weingarten-
hause dingfest gemacht.)

Zu umserem Be-
richte in der letzten Nummer über den Einbruch im
Weingartenhause der Frau Anna Reichenberg in
Leitersberg wird uns mitgeteilt, daß es dem k. k.
Gendarmerie-Postenführer Alexius Schuberger
des Bezirkspostens Marburg gelungen ist, die frechen
Einbrecher auszuforschen. Festgenommen wurde der
Besitzer und vormalige Gastwirt "zur neuen Brühl"
Ignaz Mulec, und sein Bruder Franjo Mulec
(eifrige Gäste des Narodni dom) und die bei ihnen
als Wirtschafterin bedienstete Pauline Heilig aus
Kärnten. Sie wurden des Diebstahles überwiesen
und dem Kreisgerichte eingeliefert. Das saubere
Kleeblatt hatte das Silberzeug, Uhren etc. bereits
im Marburger Versatzamte "versilbert" und ver-
schiedene andere gestohlene Gegenstände im Wein-
garten vergraben, wo sie dann gefunden wurden.
Aber in der Nachbarschaft praktizierte dieses
saubere Kleeblatt sein diebisches Handwerk.
Gerade als die drei verhaftet wurden, wollten sie
sich zu einem leckeren Mahle setzen, bestehend aus
Hühner- und Entenbraten; natürlich waren sowohl
die Hühner als auch die Enten in der Nachbar-
schaft gestohlen. Zu ihrem größten Schmerze nun
mußten die Diebskumpane die Hühner und die Enten
in halbgebratenem Zustande liegen lassen und dem
Postenführer ins Kreisgericht folgen, während ihre
Behausung zugesperrt wurde. Aber auch goldene
Uhren etc., die von Diebstählen herrührten, wurden
bei den Verhafteten gefunden. -- Von anderer
Seite wird uns ergänzend noch mitgeteilt, daß die
Einbrecher im Weingartenhaus zuerst zur Dachluke
und von dort in den Dachboden stiegen, von wo
sie ins Preßhaus gelangten. Dort drückten sie eine
in die Wohnung führende Zimmertüre ein und
waren nun am Ziele ihrer Wünsche. Auch die
verborgensten Wertsachen wußten sie zu finden.

(Aus der Welt des Verbrechens.)

In der vergangenen Woche wurde, wie uns aus
Leitersberg mitgeteilt wird, die beim Besitzer
Franz Senekowitsch als Magd bedienstete Aloisia
Katz, welche einen Mitknecht weidlich durchge-
prügelt (!) hatte, wegen schwerer körperlicher Be-
schädigung durch den Postenführer Konstantin
Matko dem Kreisgerichte eingeliefert. -- Vom
Postenführer Matko wurde ferners am gleichen
Tage die beim Besitzer des Rosenhofes, Gutsbesitzer
Walenta in Leitersberg, bedienstete Milchführerin
Maria Dobrinz aus St. Marein bei Erlach-
stein wegen des Diebstahles verschiedener Effekten,
Obst, Weintrauben etc. dem Kreisgerichte eingeliefert.
-- Weiters wurden vergangene Woche von den
Postenführern Kovatschitsch und Werhov-
nig
mehrere Bauernburschen aus St. Nikolai
(Postenbezirk Schleinitz) wegen des Verbrechens des
Wilddiebstahles dem Kreisgerichte Marburg einge-
liefert und einige andere wegen der gleichen Tat
zur Anzeige gebracht.

(Der erste Schnee.)

Leise und schüchtern
fielen gestern die ersten weißen Flocken vom Himmel
hernieder um jedoch bald wieder zu verschwinden.
Am Abend aber wurde das Himmelbett energischer
geschüttelt und jetzt ging die weiße Decke vom Boden
nicht mehr weg.


[Spaltenumbruch]
(Konkurs über das Nachlaß-
vermögen des Max Heumayer in
Marburg.)

Das k. k. Kreisgericht Marburg hat
die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen
des Verlasses nach Max Heumayer, gewesenen
Kaufmannes in Marburg, bewilligt. Der Herr
k. k. Landesgerichtsrat Viktor Verderber in Marburg
wird zum Konkurskommissär, Herr Dr. Julius
Feldbacher, Advokat in Marburg, zum einstweiligen
Masseverwalter bestellt. Die Gläubiger werden auf-
gefordert, bei der auf den 24. November 1902,
vormittags 9 Uhr, bei dem Kreisgerichte Marburg,
Abt. I., Zimmer Nr. 49 behufs Bestätigung des
bisherigen oder Wahl eines neuen Masseverwalters
und Wahl des Gläubiger-Ausschusses unter Bei-
bringung ihrer Anspruchsbelege zu erscheinen.




Schaubühne.

Der neuengagierte jugendliche Gesangskomiker
Herr Günther hat sich in drei Vorstellungen
dem hiesigen Publikum vorgestellt und hat jedes-
mal einen durchschlagenden Erfolg gehabt. Ueber
die sehr animierte und gelungene "Fledermaus"-
Vorstellung bei ausverkauftem Hause erhalten wir
von musilalisch kompetenter Seite folgende Ausfüh-
rungen: Eine der besten alten Operetten, Johann
Strauß' unverwüstliche "Fledermaus", wurde
am Samstag, den 15. d., im hiesigen Theater auf-
geführt. Die besonders wirkungsvollen und gelun-
genen Stellen dieser bekannten und alten Operette
hervorheben zu wollen, wäre wohl überflüssig. Es
genügt zu sagen, daß sie neben dem "Zigeuner-
baron", Sullivans "Mikado" und den Operetten
Suppes zu den besten Werken dieser Gattung ge-
hört und sich kraft ihrer urwürchsigen Melodik und
gesunden Handlung wohltuend von vielen Erzeug-
nissen dieser Art abhebt. Denn auf keinem Gebiete
der dramatischen Produktion wurde und wird leider
so viel Minderwertiges produziert, wie gerade auf
dem der Operette und ist die Auswahl an wirklich
guten Werken dieser Art wahrlich nicht groß.

Was die Aufführung betrifft, so kann man
über dieselbe, die gegebenen Mittel wohl berück-
sichtigend, nur sehr Günstiges sagen. Alles war
sehr gut einstudiert, die Tempi exakt und genau,
die Leistungen, besonders der Damen Finaly
und Leo, der Herren Günther, Laube und
Lee waren tüchtig. So machte sich in den Ge-
sangsnummern der angenehme hohe Sopran des
Frl. Leo, das sichere, gewandte und "fesche" Spiel
und die Gesangstechnik des Frl. Finaly und das
noble Spiel des Herrn Laube vorteilhaft bemerk-
bar. Herr Günther verfügt über eine kräftige, an-
genehm klingende Stimme, sehr viel Tempera-
ment und ist ein vorzüglicher Tänzer. Er füllte
seinen Posten voll aus und brachte Leben in die
Aufführung. Doch auch alle übrigen boten ihr
Bestes. Zur Erheiterung trugen der Advokat des
Herrn Warnov und insbesonders Herr Lee bei.
Er bot als Kerkermeister Frosch eine köstliche Fi-
gur. Schon seine Maske erregte Heiterkeit, wenn
auch sein Spiel nicht von Uebertreibungen frei
war, so gefiel es doch ausnehmend. Das Orchester
hielt sich gut und leistete, was es bei seiner schwa-
chen und unvollständigen Besetzung nur leisten
konnte. Von den Gesangsnummern wären als be-
sonders gelungen hervorzuheben die beiden Terzette
im 1. Akte, das Solo der Rosalinde und Adele
und die Ensemblestellen mit dem darauffolgenden
urwüchsigen Walzer im 2. Akte, das Lied der
Adele und das Trio im 3. Akte. Im ganzen machte
die Vorstellung, wie gesagt, einen sehr günstigen
Eindruck und es drängt uns hier zu sagen, daß
man, wenn alle Operetten-Vorstellungen so wären,
wie die der "Fledermaus", sehr wohl zufrieden sein
darf. Herrn Kapellmeister Jaksch und Herrn
Spielleiter Laube gebührt aber für die gewissen-
hafte Einstudierung und Leitung des Werkes
volles Lob. Der Besuch des Theaters war sehr
gut. Der voll gespendete Beifall war wohl verdient.




[irrelevantes Material - 7 Zeilen fehlen]

Nr. 138, 18. November 1902. Marburger Zeitung

[Spaltenumbruch] ſein nach der Gährung; die ſich bei der Gährung
entwickelnden Zerſetzungsprodukte müſſen immer
entfernt werden, da ſie ſonſt auf den Wein einen
ſchlechten Einfluß ausüben. Der Spund ſoll während
der Kohlenſäure-Entwicklung nur locker eingeſchlagen
ſein, ſpäter dann feſt. Auch ſoll der Spnnd eine
genügende Länge haben, er muß in den Wein
reichen. Der Spund wird am beſten aus hartem
Holz (Eichen-, Akazien- oder Zwetſchkenholz) ver-
fertigt. Weiches Holz neigt bei der Berührung mit
Wein zur Pilzbildung. Der Spund ſoll ſehr gut
ſchließen, auch ſoll er nicht behufs Dichtung um-
wickelt werden. Das Tuch, mit dem man z. B.
oft den Spund umwickelt, wirkt wie der Docht
einer Lampe, wird ſchimmelig und wirkt, wenn es
wieder mit anderem Wein in Berührung gebracht
wird, äußerſt ſchädlich. Redner geht nun zu einem
anderen Thema über und verlangt, daß die Hefe,
welche ſich im Faſſe ſetzt, manchmal mit einem
Stücke Holz umgerührt werden ſoll, damit die
Gährung eine vollſtändigere werde. Die Hefe wirkt
dabei wie ein Schönungs-, wie ein Klärungsmittel
im Weine. Die Säure ſolcher Weine, deren Hefe
umgerührt wird, wird dadurch eher vermindert.
Redner begründet dies mit dem Hinweiſe auf die
neueſten Ergebniſſe der wiſſenſchaftlichen Forſchung.
Redner kommt ſodann auf die hierzulande beſtehende
Unſitte, die Gährung des Weines künſtlich zurück-
zuhalten, um ſeine Süße länger zu bewahren,
zu ſprechen und macht auf die nachteiligen
Folgen eines ſolchen Vorgehens aufmerkſam.
Der Wein muß eben ſeinen Entwickelungsgang
durchmachen, und wenn derſelbe behindert wird,
dann entwickeln ſich in der Zwiſchenzeit Produkte,
welche dem Weine ſchädlich ſind und Eſſigſäure ꝛc.
erzeugen können. Direktor Zweifler kommt dann
auf das Abziehen des Weines zu ſprechen. Man
darf den Wein nicht auf der Hefe liegen laſſen, da
ſie im Laufe der Zeit Zerſetzungsprodukte erzeugt,
welche ſchädlich ſind. Die Frage, wann das Ab-
ziehen geſchehen ſoll, läßt ſich allerdings nicht
bündig beantworten, da zur Beurteilung dieſer
Frage verſchiedene Momente in Betracht kommen,
insbeſonders die Erwägung, ob jemand den Wein
raſch verkaufen will und zu dieſem Zwecke ihn raſch
geklärt braucht, oder ob er damit warten kann.
Redner erörterte das muſtergiltige Vorgehen in
der Rheinprovinz. Redner hält in Bezug auf unſere
Weine den Februar als den geeignetſten Monat,
in welchen der Wein abgezogen werden ſoll. Der
Grundſatz, der Wein ſei ſofort abzuziehen, wenn er
ausgegährt hat, iſt veraltet. In Gegenden mit hoch
ausgebildeter Weinkultur iſt man davon ſchon
längſt abgekommen. Mit dem zweiten Abziehen ſoll
man dann allerdings nicht lange warten, da ſonſt
die Kellerwärme eine zerſetzende Wirkung ausüben
kann. Im allgemeinen ſoll das zweite Abziehen
Ende April oder anfangs Mai erfolgen — natürlich
immer nur bei ſolchen Weinen, welche nicht raſch
verkauft werden ſollen. Im Sommer laſſe Redner
den Jungwein dann ruhig liegen, fülle nur beiläufig
alle drei Wochen nach und ſchreite im Herbſt zum
dritten Abzieheu. Ein noch öfteres Abziehen ſei
nicht zu empfehlen. Jedes folgende Jahr ſoll dann
der Wein nur einmal abgezogen werden. Redner
macht auch darauf aufmerkſam, daß der Wein in
großen Fäſſern länger jugendlich bleibt als in
kleineren Fäſſern, nachdem bei den letzteren eine
verhältnismäßig viel größere Luftzufuhr ſtattfindet.
Weiters empfiehlt der Redner das Heben der Wein-
fäſſer im Keller mittelſt, Winden, ſtatt durch die
Hände, weil im letzteren Falle der Wein zu viel
geſchüttelt wird, warnt weiters vor dem Benützen
eiſerner Ketten beim Schwenken des Faſſes und
betont, man ſolle beim Schwenken der Fäſſer ſtets
ein Glas mit Waſſer füllen und genau darauf
achten, ob das Waſſer im Glaſe trüb oder klar ſei.
Man ſchwenkt am beſten ſtatt mit Eiſenketten, welche
durch ihre Abnützung eine ungünſtige chemiſche
Wirkung auf den Wein ausüben, mit Kieſelſteinen
und Scherben, wie es auch am Rheine geübt wird.
Redner betont die Wichtigkeit des Schwefelns beim
Abziehen; das Unterlaſſen des Schwefelns führt
oft zum Braunwerden des Weines. Benützt ſoll nur
reiner, auf Papiere, nicht auf Leinwand aufgezogener
Schwefel werden, aber niemals Gewürzſchwefel.
Direktor Zweifler ſchloß ſeine Ausführungen
unter einhelligem Beifall, worauf der Vorſitzende
dem Redner für ſeine lichtvollen Ausführungen den
Dank der Verſammlung ausdrückte. Ueber Antrag
des Herrn Dir. Schmid werden als Rechnungs-
prüfer die Herren Adjunkten Knauer und Verwalter
Baumann wiedergewählt.


[Spaltenumbruch]
(Zum Ehrenbürger von Pettau)

wurde in der letzten dortigen Gemeinderathsſitzung
der Generaldirektor der Südbahngeſellſchaft, Herr
Hofrat Dr. Alexander Eger ernannt. Außer vielen
Verdienſten, die ſich Genannter um Pettau erwarb, iſt
es insbeſondere die Erfüllung langjähriger Wünſche
und Beſtrebungen der Stadt und ihrer Bewohner,
welche dieſe einhellige Ehrung des Generaldirektors
der Südbahn zur Folge hatte.

(Aufſtreuen!)

Infolge des eingetretenen
Schneefalles und der größeren Kälte waren die
Wege heute ſchon recht ſchlüpfrig und fielen einige
Fußgeher. Wir erinnern daher an die Pflicht des
Beſtreuens, beſonders der Bürgerſteige, um Unglücks-
fälle zu verhindern.

(Die Uebertrittsbewegung in
Graz.)

In Graz wurden am Reformationsfeſte
25 Perſonen in die evangeliſche Kirche aufge-
nommen. Damit iſt in Graz das dritte Hundert
von Uebertritten ſeit Neujahr erreicht.

(Gemeindevorſtandswahl in Go-
nobitz.)

Bei der am 14. d. in Gonobitz vorge-
nommenen Gemeindevorſtandswahl wurden Dr.
Kadiunig, praktiſcher Arzt, zum Bürgermeiſter,
Joſef Neſt, Hausbeſitzer, zum Bürgermeiſterſtell-
vertreter, Franz Werbnigg, Hotelbeſitzer und
Karl Weſenſchegg, Mühlenbeſitzer, zu Gemeinde-
räten gewählt.

(Die Einbrecher vom Weingarten-
hauſe dingfeſt gemacht.)

Zu umſerem Be-
richte in der letzten Nummer über den Einbruch im
Weingartenhauſe der Frau Anna Reichenberg in
Leitersberg wird uns mitgeteilt, daß es dem k. k.
Gendarmerie-Poſtenführer Alexius Schuberger
des Bezirkspoſtens Marburg gelungen iſt, die frechen
Einbrecher auszuforſchen. Feſtgenommen wurde der
Beſitzer und vormalige Gaſtwirt „zur neuen Brühl“
Ignaz Mulec, und ſein Bruder Franjo Mulec
(eifrige Gäſte des Narodni dom) und die bei ihnen
als Wirtſchafterin bedienſtete Pauline Heilig aus
Kärnten. Sie wurden des Diebſtahles überwieſen
und dem Kreisgerichte eingeliefert. Das ſaubere
Kleeblatt hatte das Silberzeug, Uhren ꝛc. bereits
im Marburger Verſatzamte „verſilbert“ und ver-
ſchiedene andere geſtohlene Gegenſtände im Wein-
garten vergraben, wo ſie dann gefunden wurden.
Aber in der Nachbarſchaft praktizierte dieſes
ſaubere Kleeblatt ſein diebiſches Handwerk.
Gerade als die drei verhaftet wurden, wollten ſie
ſich zu einem leckeren Mahle ſetzen, beſtehend aus
Hühner- und Entenbraten; natürlich waren ſowohl
die Hühner als auch die Enten in der Nachbar-
ſchaft geſtohlen. Zu ihrem größten Schmerze nun
mußten die Diebskumpane die Hühner und die Enten
in halbgebratenem Zuſtande liegen laſſen und dem
Poſtenführer ins Kreisgericht folgen, während ihre
Behauſung zugeſperrt wurde. Aber auch goldene
Uhren ꝛc., die von Diebſtählen herrührten, wurden
bei den Verhafteten gefunden. — Von anderer
Seite wird uns ergänzend noch mitgeteilt, daß die
Einbrecher im Weingartenhaus zuerſt zur Dachluke
und von dort in den Dachboden ſtiegen, von wo
ſie ins Preßhaus gelangten. Dort drückten ſie eine
in die Wohnung führende Zimmertüre ein und
waren nun am Ziele ihrer Wünſche. Auch die
verborgenſten Wertſachen wußten ſie zu finden.

(Aus der Welt des Verbrechens.)

In der vergangenen Woche wurde, wie uns aus
Leitersberg mitgeteilt wird, die beim Beſitzer
Franz Senekowitſch als Magd bedienſtete Aloiſia
Katz, welche einen Mitknecht weidlich durchge-
prügelt (!) hatte, wegen ſchwerer körperlicher Be-
ſchädigung durch den Poſtenführer Konſtantin
Matko dem Kreisgerichte eingeliefert. — Vom
Poſtenführer Matko wurde ferners am gleichen
Tage die beim Beſitzer des Roſenhofes, Gutsbeſitzer
Walenta in Leitersberg, bedienſtete Milchführerin
Maria Dobrinz aus St. Marein bei Erlach-
ſtein wegen des Diebſtahles verſchiedener Effekten,
Obſt, Weintrauben ꝛc. dem Kreisgerichte eingeliefert.
— Weiters wurden vergangene Woche von den
Poſtenführern Kovatſchitſch und Werhov-
nig
mehrere Bauernburſchen aus St. Nikolai
(Poſtenbezirk Schleinitz) wegen des Verbrechens des
Wilddiebſtahles dem Kreisgerichte Marburg einge-
liefert und einige andere wegen der gleichen Tat
zur Anzeige gebracht.

(Der erſte Schnee.)

Leiſe und ſchüchtern
fielen geſtern die erſten weißen Flocken vom Himmel
hernieder um jedoch bald wieder zu verſchwinden.
Am Abend aber wurde das Himmelbett energiſcher
geſchüttelt und jetzt ging die weiße Decke vom Boden
nicht mehr weg.


[Spaltenumbruch]
(Konkurs über das Nachlaß-
vermögen des Max Heumayer in
Marburg.)

Das k. k. Kreisgericht Marburg hat
die Eröffnung des Konkurſes über das Vermögen
des Verlaſſes nach Max Heumayer, geweſenen
Kaufmannes in Marburg, bewilligt. Der Herr
k. k. Landesgerichtsrat Viktor Verderber in Marburg
wird zum Konkurskommiſſär, Herr Dr. Julius
Feldbacher, Advokat in Marburg, zum einſtweiligen
Maſſeverwalter beſtellt. Die Gläubiger werden auf-
gefordert, bei der auf den 24. November 1902,
vormittags 9 Uhr, bei dem Kreisgerichte Marburg,
Abt. I., Zimmer Nr. 49 behufs Beſtätigung des
bisherigen oder Wahl eines neuen Maſſeverwalters
und Wahl des Gläubiger-Ausſchuſſes unter Bei-
bringung ihrer Anſpruchsbelege zu erſcheinen.




Schaubühne.

Der neuengagierte jugendliche Geſangskomiker
Herr Günther hat ſich in drei Vorſtellungen
dem hieſigen Publikum vorgeſtellt und hat jedes-
mal einen durchſchlagenden Erfolg gehabt. Ueber
die ſehr animierte und gelungene „Fledermaus“-
Vorſtellung bei ausverkauftem Hauſe erhalten wir
von muſilaliſch kompetenter Seite folgende Ausfüh-
rungen: Eine der beſten alten Operetten, Johann
Strauß’ unverwüſtliche „Fledermaus“, wurde
am Samstag, den 15. d., im hieſigen Theater auf-
geführt. Die beſonders wirkungsvollen und gelun-
genen Stellen dieſer bekannten und alten Operette
hervorheben zu wollen, wäre wohl überflüſſig. Es
genügt zu ſagen, daß ſie neben dem „Zigeuner-
baron“, Sullivans „Mikado“ und den Operetten
Suppés zu den beſten Werken dieſer Gattung ge-
hört und ſich kraft ihrer urwürchſigen Melodik und
geſunden Handlung wohltuend von vielen Erzeug-
niſſen dieſer Art abhebt. Denn auf keinem Gebiete
der dramatiſchen Produktion wurde und wird leider
ſo viel Minderwertiges produziert, wie gerade auf
dem der Operette und iſt die Auswahl an wirklich
guten Werken dieſer Art wahrlich nicht groß.

Was die Aufführung betrifft, ſo kann man
über dieſelbe, die gegebenen Mittel wohl berück-
ſichtigend, nur ſehr Günſtiges ſagen. Alles war
ſehr gut einſtudiert, die Tempi exakt und genau,
die Leiſtungen, beſonders der Damen Finaly
und Leo, der Herren Günther, Laube und
Lee waren tüchtig. So machte ſich in den Ge-
ſangsnummern der angenehme hohe Sopran des
Frl. Leo, das ſichere, gewandte und „feſche“ Spiel
und die Geſangstechnik des Frl. Finaly und das
noble Spiel des Herrn Laube vorteilhaft bemerk-
bar. Herr Günther verfügt über eine kräftige, an-
genehm klingende Stimme, ſehr viel Tempera-
ment und iſt ein vorzüglicher Tänzer. Er füllte
ſeinen Poſten voll aus und brachte Leben in die
Aufführung. Doch auch alle übrigen boten ihr
Beſtes. Zur Erheiterung trugen der Advokat des
Herrn Warnov und insbeſonders Herr Lee bei.
Er bot als Kerkermeiſter Froſch eine köſtliche Fi-
gur. Schon ſeine Maske erregte Heiterkeit, wenn
auch ſein Spiel nicht von Uebertreibungen frei
war, ſo gefiel es doch ausnehmend. Das Orcheſter
hielt ſich gut und leiſtete, was es bei ſeiner ſchwa-
chen und unvollſtändigen Beſetzung nur leiſten
konnte. Von den Geſangsnummern wären als be-
ſonders gelungen hervorzuheben die beiden Terzette
im 1. Akte, das Solo der Roſalinde und Adele
und die Enſembleſtellen mit dem darauffolgenden
urwüchſigen Walzer im 2. Akte, das Lied der
Adele und das Trio im 3. Akte. Im ganzen machte
die Vorſtellung, wie geſagt, einen ſehr günſtigen
Eindruck und es drängt uns hier zu ſagen, daß
man, wenn alle Operetten-Vorſtellungen ſo wären,
wie die der „Fledermaus“, ſehr wohl zufrieden ſein
darf. Herrn Kapellmeiſter Jakſch und Herrn
Spielleiter Laube gebührt aber für die gewiſſen-
hafte Einſtudierung und Leitung des Werkes
volles Lob. Der Beſuch des Theaters war ſehr
gut. Der voll geſpendete Beifall war wohl verdient.




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[5/0005] Nr. 138, 18. November 1902. Marburger Zeitung ſein nach der Gährung; die ſich bei der Gährung entwickelnden Zerſetzungsprodukte müſſen immer entfernt werden, da ſie ſonſt auf den Wein einen ſchlechten Einfluß ausüben. Der Spund ſoll während der Kohlenſäure-Entwicklung nur locker eingeſchlagen ſein, ſpäter dann feſt. Auch ſoll der Spnnd eine genügende Länge haben, er muß in den Wein reichen. Der Spund wird am beſten aus hartem Holz (Eichen-, Akazien- oder Zwetſchkenholz) ver- fertigt. Weiches Holz neigt bei der Berührung mit Wein zur Pilzbildung. Der Spund ſoll ſehr gut ſchließen, auch ſoll er nicht behufs Dichtung um- wickelt werden. Das Tuch, mit dem man z. B. oft den Spund umwickelt, wirkt wie der Docht einer Lampe, wird ſchimmelig und wirkt, wenn es wieder mit anderem Wein in Berührung gebracht wird, äußerſt ſchädlich. Redner geht nun zu einem anderen Thema über und verlangt, daß die Hefe, welche ſich im Faſſe ſetzt, manchmal mit einem Stücke Holz umgerührt werden ſoll, damit die Gährung eine vollſtändigere werde. Die Hefe wirkt dabei wie ein Schönungs-, wie ein Klärungsmittel im Weine. Die Säure ſolcher Weine, deren Hefe umgerührt wird, wird dadurch eher vermindert. Redner begründet dies mit dem Hinweiſe auf die neueſten Ergebniſſe der wiſſenſchaftlichen Forſchung. Redner kommt ſodann auf die hierzulande beſtehende Unſitte, die Gährung des Weines künſtlich zurück- zuhalten, um ſeine Süße länger zu bewahren, zu ſprechen und macht auf die nachteiligen Folgen eines ſolchen Vorgehens aufmerkſam. Der Wein muß eben ſeinen Entwickelungsgang durchmachen, und wenn derſelbe behindert wird, dann entwickeln ſich in der Zwiſchenzeit Produkte, welche dem Weine ſchädlich ſind und Eſſigſäure ꝛc. erzeugen können. Direktor Zweifler kommt dann auf das Abziehen des Weines zu ſprechen. Man darf den Wein nicht auf der Hefe liegen laſſen, da ſie im Laufe der Zeit Zerſetzungsprodukte erzeugt, welche ſchädlich ſind. Die Frage, wann das Ab- ziehen geſchehen ſoll, läßt ſich allerdings nicht bündig beantworten, da zur Beurteilung dieſer Frage verſchiedene Momente in Betracht kommen, insbeſonders die Erwägung, ob jemand den Wein raſch verkaufen will und zu dieſem Zwecke ihn raſch geklärt braucht, oder ob er damit warten kann. Redner erörterte das muſtergiltige Vorgehen in der Rheinprovinz. Redner hält in Bezug auf unſere Weine den Februar als den geeignetſten Monat, in welchen der Wein abgezogen werden ſoll. Der Grundſatz, der Wein ſei ſofort abzuziehen, wenn er ausgegährt hat, iſt veraltet. In Gegenden mit hoch ausgebildeter Weinkultur iſt man davon ſchon längſt abgekommen. Mit dem zweiten Abziehen ſoll man dann allerdings nicht lange warten, da ſonſt die Kellerwärme eine zerſetzende Wirkung ausüben kann. Im allgemeinen ſoll das zweite Abziehen Ende April oder anfangs Mai erfolgen — natürlich immer nur bei ſolchen Weinen, welche nicht raſch verkauft werden ſollen. Im Sommer laſſe Redner den Jungwein dann ruhig liegen, fülle nur beiläufig alle drei Wochen nach und ſchreite im Herbſt zum dritten Abzieheu. Ein noch öfteres Abziehen ſei nicht zu empfehlen. Jedes folgende Jahr ſoll dann der Wein nur einmal abgezogen werden. Redner macht auch darauf aufmerkſam, daß der Wein in großen Fäſſern länger jugendlich bleibt als in kleineren Fäſſern, nachdem bei den letzteren eine verhältnismäßig viel größere Luftzufuhr ſtattfindet. Weiters empfiehlt der Redner das Heben der Wein- fäſſer im Keller mittelſt, Winden, ſtatt durch die Hände, weil im letzteren Falle der Wein zu viel geſchüttelt wird, warnt weiters vor dem Benützen eiſerner Ketten beim Schwenken des Faſſes und betont, man ſolle beim Schwenken der Fäſſer ſtets ein Glas mit Waſſer füllen und genau darauf achten, ob das Waſſer im Glaſe trüb oder klar ſei. Man ſchwenkt am beſten ſtatt mit Eiſenketten, welche durch ihre Abnützung eine ungünſtige chemiſche Wirkung auf den Wein ausüben, mit Kieſelſteinen und Scherben, wie es auch am Rheine geübt wird. Redner betont die Wichtigkeit des Schwefelns beim Abziehen; das Unterlaſſen des Schwefelns führt oft zum Braunwerden des Weines. Benützt ſoll nur reiner, auf Papiere, nicht auf Leinwand aufgezogener Schwefel werden, aber niemals Gewürzſchwefel. Direktor Zweifler ſchloß ſeine Ausführungen unter einhelligem Beifall, worauf der Vorſitzende dem Redner für ſeine lichtvollen Ausführungen den Dank der Verſammlung ausdrückte. Ueber Antrag des Herrn Dir. Schmid werden als Rechnungs- prüfer die Herren Adjunkten Knauer und Verwalter Baumann wiedergewählt. (Zum Ehrenbürger von Pettau) wurde in der letzten dortigen Gemeinderathsſitzung der Generaldirektor der Südbahngeſellſchaft, Herr Hofrat Dr. Alexander Eger ernannt. Außer vielen Verdienſten, die ſich Genannter um Pettau erwarb, iſt es insbeſondere die Erfüllung langjähriger Wünſche und Beſtrebungen der Stadt und ihrer Bewohner, welche dieſe einhellige Ehrung des Generaldirektors der Südbahn zur Folge hatte. (Aufſtreuen!) Infolge des eingetretenen Schneefalles und der größeren Kälte waren die Wege heute ſchon recht ſchlüpfrig und fielen einige Fußgeher. Wir erinnern daher an die Pflicht des Beſtreuens, beſonders der Bürgerſteige, um Unglücks- fälle zu verhindern. (Die Uebertrittsbewegung in Graz.) In Graz wurden am Reformationsfeſte 25 Perſonen in die evangeliſche Kirche aufge- nommen. Damit iſt in Graz das dritte Hundert von Uebertritten ſeit Neujahr erreicht. (Gemeindevorſtandswahl in Go- nobitz.) Bei der am 14. d. in Gonobitz vorge- nommenen Gemeindevorſtandswahl wurden Dr. Kadiunig, praktiſcher Arzt, zum Bürgermeiſter, Joſef Neſt, Hausbeſitzer, zum Bürgermeiſterſtell- vertreter, Franz Werbnigg, Hotelbeſitzer und Karl Weſenſchegg, Mühlenbeſitzer, zu Gemeinde- räten gewählt. (Die Einbrecher vom Weingarten- hauſe dingfeſt gemacht.) Zu umſerem Be- richte in der letzten Nummer über den Einbruch im Weingartenhauſe der Frau Anna Reichenberg in Leitersberg wird uns mitgeteilt, daß es dem k. k. Gendarmerie-Poſtenführer Alexius Schuberger des Bezirkspoſtens Marburg gelungen iſt, die frechen Einbrecher auszuforſchen. Feſtgenommen wurde der Beſitzer und vormalige Gaſtwirt „zur neuen Brühl“ Ignaz Mulec, und ſein Bruder Franjo Mulec (eifrige Gäſte des Narodni dom) und die bei ihnen als Wirtſchafterin bedienſtete Pauline Heilig aus Kärnten. Sie wurden des Diebſtahles überwieſen und dem Kreisgerichte eingeliefert. Das ſaubere Kleeblatt hatte das Silberzeug, Uhren ꝛc. bereits im Marburger Verſatzamte „verſilbert“ und ver- ſchiedene andere geſtohlene Gegenſtände im Wein- garten vergraben, wo ſie dann gefunden wurden. Aber in der Nachbarſchaft praktizierte dieſes ſaubere Kleeblatt ſein diebiſches Handwerk. Gerade als die drei verhaftet wurden, wollten ſie ſich zu einem leckeren Mahle ſetzen, beſtehend aus Hühner- und Entenbraten; natürlich waren ſowohl die Hühner als auch die Enten in der Nachbar- ſchaft geſtohlen. Zu ihrem größten Schmerze nun mußten die Diebskumpane die Hühner und die Enten in halbgebratenem Zuſtande liegen laſſen und dem Poſtenführer ins Kreisgericht folgen, während ihre Behauſung zugeſperrt wurde. Aber auch goldene Uhren ꝛc., die von Diebſtählen herrührten, wurden bei den Verhafteten gefunden. — Von anderer Seite wird uns ergänzend noch mitgeteilt, daß die Einbrecher im Weingartenhaus zuerſt zur Dachluke und von dort in den Dachboden ſtiegen, von wo ſie ins Preßhaus gelangten. Dort drückten ſie eine in die Wohnung führende Zimmertüre ein und waren nun am Ziele ihrer Wünſche. Auch die verborgenſten Wertſachen wußten ſie zu finden. (Aus der Welt des Verbrechens.) In der vergangenen Woche wurde, wie uns aus Leitersberg mitgeteilt wird, die beim Beſitzer Franz Senekowitſch als Magd bedienſtete Aloiſia Katz, welche einen Mitknecht weidlich durchge- prügelt (!) hatte, wegen ſchwerer körperlicher Be- ſchädigung durch den Poſtenführer Konſtantin Matko dem Kreisgerichte eingeliefert. — Vom Poſtenführer Matko wurde ferners am gleichen Tage die beim Beſitzer des Roſenhofes, Gutsbeſitzer Walenta in Leitersberg, bedienſtete Milchführerin Maria Dobrinz aus St. Marein bei Erlach- ſtein wegen des Diebſtahles verſchiedener Effekten, Obſt, Weintrauben ꝛc. dem Kreisgerichte eingeliefert. — Weiters wurden vergangene Woche von den Poſtenführern Kovatſchitſch und Werhov- nig mehrere Bauernburſchen aus St. Nikolai (Poſtenbezirk Schleinitz) wegen des Verbrechens des Wilddiebſtahles dem Kreisgerichte Marburg einge- liefert und einige andere wegen der gleichen Tat zur Anzeige gebracht. (Der erſte Schnee.) Leiſe und ſchüchtern fielen geſtern die erſten weißen Flocken vom Himmel hernieder um jedoch bald wieder zu verſchwinden. Am Abend aber wurde das Himmelbett energiſcher geſchüttelt und jetzt ging die weiße Decke vom Boden nicht mehr weg. (Konkurs über das Nachlaß- vermögen des Max Heumayer in Marburg.) Das k. k. Kreisgericht Marburg hat die Eröffnung des Konkurſes über das Vermögen des Verlaſſes nach Max Heumayer, geweſenen Kaufmannes in Marburg, bewilligt. Der Herr k. k. Landesgerichtsrat Viktor Verderber in Marburg wird zum Konkurskommiſſär, Herr Dr. Julius Feldbacher, Advokat in Marburg, zum einſtweiligen Maſſeverwalter beſtellt. Die Gläubiger werden auf- gefordert, bei der auf den 24. November 1902, vormittags 9 Uhr, bei dem Kreisgerichte Marburg, Abt. I., Zimmer Nr. 49 behufs Beſtätigung des bisherigen oder Wahl eines neuen Maſſeverwalters und Wahl des Gläubiger-Ausſchuſſes unter Bei- bringung ihrer Anſpruchsbelege zu erſcheinen. Schaubühne. Der neuengagierte jugendliche Geſangskomiker Herr Günther hat ſich in drei Vorſtellungen dem hieſigen Publikum vorgeſtellt und hat jedes- mal einen durchſchlagenden Erfolg gehabt. Ueber die ſehr animierte und gelungene „Fledermaus“- Vorſtellung bei ausverkauftem Hauſe erhalten wir von muſilaliſch kompetenter Seite folgende Ausfüh- rungen: Eine der beſten alten Operetten, Johann Strauß’ unverwüſtliche „Fledermaus“, wurde am Samstag, den 15. d., im hieſigen Theater auf- geführt. Die beſonders wirkungsvollen und gelun- genen Stellen dieſer bekannten und alten Operette hervorheben zu wollen, wäre wohl überflüſſig. Es genügt zu ſagen, daß ſie neben dem „Zigeuner- baron“, Sullivans „Mikado“ und den Operetten Suppés zu den beſten Werken dieſer Gattung ge- hört und ſich kraft ihrer urwürchſigen Melodik und geſunden Handlung wohltuend von vielen Erzeug- niſſen dieſer Art abhebt. Denn auf keinem Gebiete der dramatiſchen Produktion wurde und wird leider ſo viel Minderwertiges produziert, wie gerade auf dem der Operette und iſt die Auswahl an wirklich guten Werken dieſer Art wahrlich nicht groß. Was die Aufführung betrifft, ſo kann man über dieſelbe, die gegebenen Mittel wohl berück- ſichtigend, nur ſehr Günſtiges ſagen. Alles war ſehr gut einſtudiert, die Tempi exakt und genau, die Leiſtungen, beſonders der Damen Finaly und Leo, der Herren Günther, Laube und Lee waren tüchtig. So machte ſich in den Ge- ſangsnummern der angenehme hohe Sopran des Frl. Leo, das ſichere, gewandte und „feſche“ Spiel und die Geſangstechnik des Frl. Finaly und das noble Spiel des Herrn Laube vorteilhaft bemerk- bar. Herr Günther verfügt über eine kräftige, an- genehm klingende Stimme, ſehr viel Tempera- ment und iſt ein vorzüglicher Tänzer. Er füllte ſeinen Poſten voll aus und brachte Leben in die Aufführung. Doch auch alle übrigen boten ihr Beſtes. Zur Erheiterung trugen der Advokat des Herrn Warnov und insbeſonders Herr Lee bei. Er bot als Kerkermeiſter Froſch eine köſtliche Fi- gur. Schon ſeine Maske erregte Heiterkeit, wenn auch ſein Spiel nicht von Uebertreibungen frei war, ſo gefiel es doch ausnehmend. Das Orcheſter hielt ſich gut und leiſtete, was es bei ſeiner ſchwa- chen und unvollſtändigen Beſetzung nur leiſten konnte. Von den Geſangsnummern wären als be- ſonders gelungen hervorzuheben die beiden Terzette im 1. Akte, das Solo der Roſalinde und Adele und die Enſembleſtellen mit dem darauffolgenden urwüchſigen Walzer im 2. Akte, das Lied der Adele und das Trio im 3. Akte. Im ganzen machte die Vorſtellung, wie geſagt, einen ſehr günſtigen Eindruck und es drängt uns hier zu ſagen, daß man, wenn alle Operetten-Vorſtellungen ſo wären, wie die der „Fledermaus“, ſehr wohl zufrieden ſein darf. Herrn Kapellmeiſter Jakſch und Herrn Spielleiter Laube gebührt aber für die gewiſſen- hafte Einſtudierung und Leitung des Werkes volles Lob. Der Beſuch des Theaters war ſehr gut. Der voll geſpendete Beifall war wohl verdient. _______

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 138, Marburg, 18.11.1902, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger138_1902/5>, abgerufen am 21.11.2024.