Marburger Zeitung. Nr. 222, Marburg, 30.09.1917.Tagblatt Marburger Zeitung [Spaltenumbruch] Bezugspreise: In Marburg abgeholt monatlich .. K. 2.--, vierteljährig .. K. 6.-- Nr. 222 Marburg, Sonntag den 30. September 1917 57. Jahrg. Die Luftschiffhalle in Ancona zerstört. Eine Kanzlerrede. Marburg, 29. September. Der deutsche Reichskanzler hat gestern im Im deutschen Volke wird die Rede Dr. Michaelis Solche Worte, wie sie der Reichskanzler ge- Mit flatternden Fahnen und mit hochmütigen "Ich muß es zur Zeit ablehnen, unsere [Spaltenumbruch] Italien vor höchsten Existenzsorgen. Bern, 28. September. Die ungeheuren Opfer des Krieges haben im öffent- Die italienische Krise sei in der Regierung und im Volke latent. Der [Spaltenumbruch] Aus Italien kommen Nachrichten von Gegenrevolution in Rußland. Rußland unter Zwangsverwaltung der Entente. Berlin, 28 September. Nach Pariser Blättern werden nunmehr England, Kerenskijs Kampf gegen seine Gegner. [Spaltenumbruch] KB. Petersburg, 28. September. Fort- An der Front stehen große Eeeignisse Kriegsminister General Worhowsky stellt Kerenskij wird gestürzt. Karnilow und Kerenskij verbündet. Zürich, 28. September. Der Sturz Kerenskijs steht bevor. Der Aufruhr unter den Bergarbeitern. Berlin, 28. September. Der "Lokalanzeiger" meldet ans Stockholm: Aus Tagblatt Marburger Zeitung [Spaltenumbruch] Bezugspreiſe: In Marburg abgeholt monatlich .. K. 2.—, vierteljährig .. K. 6.— Nr. 222 Marburg, Sonntag den 30. September 1917 57. Jahrg. Die Luftschiffhalle in Ancona zerstört. Eine Kanzlerrede. Marburg, 29. September. Der deutſche Reichskanzler hat geſtern im Im deutſchen Volke wird die Rede Dr. Michaelis Solche Worte, wie ſie der Reichskanzler ge- Mit flatternden Fahnen und mit hochmütigen „Ich muß es zur Zeit ablehnen, unſere [Spaltenumbruch] Italien vor höchſten Exiſtenzſorgen. Bern, 28. September. Die ungeheuren Opfer des Krieges haben im öffent- Die italieniſche Kriſe ſei in der Regierung und im Volke latent. Der [Spaltenumbruch] Aus Italien kommen Nachrichten von Gegenrevolution in Rußland. Rußland unter Zwangsverwaltung der Entente. Berlin, 28 September. Nach Pariſer Blättern werden nunmehr England, Kerenskijs Kampf gegen ſeine Gegner. [Spaltenumbruch] KB. Petersburg, 28. September. Fort- An der Front ſtehen große Eeeigniſſe Kriegsminiſter General Worhowsky ſtellt Kerenskij wird gestürzt. Karnilow und Kerenskij verbündet. Zürich, 28. September. Der Sturz Kerenskijs ſteht bevor. Der Aufruhr unter den Bergarbeitern. Berlin, 28. September. 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Tagblatt
Marburger Zeitung
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In Marburg abgeholt monatlich .. K. 2.—, vierteljährig .. K. 6.—
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Marburg a. D., Edmund Schmidgaſſe 4. Fernſprecher Nr. 24.
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Radkersburg, Mureck, Wildon, Pragerhof, W.-Feiſtritz, Rann
a. S., Roh.-Sauerbrunn, W.-Graz, Spielfeld, Straß, Ehrenhau-
ſen, Unter-Drauburg, Bleiburg, Völkermarkt, Pöltſchach, Friedau,
Luttenberg, Deutſch-Landsberg, Eibiswald, Stainz, Schönſtein,
Wöllan, Mahrenberg, Gonobitz, Trieſt.
Anzeigenannahme: In Marburg: Bei der Verwaltung, R. Gaiſſer u.
A. Platzer. In Graz: Bei Joſef Kienreich, Sackgaſſe. In Klagenfurt:
Bei Sova’s Nachf. Tſchauer. In Wien: Bei Ed. Braun, I., Stroblgaſſe 2,
M. Duckes Nachf., ., Wollzeile 16, Haaſenſtein u. Vogler, I., Schulerſtraße
Nr. 11, Rud. Moſſe, I., Seilerſtätte 2, Heinrich Schalek, I., Wollzeile 11,
J. Rafael, I., Graben 28, Bock und Herzfeld, I., Adlergaſſe 6.
Nr. 222 Marburg, Sonntag den 30. September 1917 57. Jahrg.
Die Luftschiffhalle in Ancona zerstört.
Eine Kanzlerrede.
Marburg, 29. September.
Der deutſche Reichskanzler hat geſtern im
Hauptausſchuſſe des Reichstages geſprochen. Es iſt
eine Rede, die die Entente kaum erwartet haben
dürfte und deren Worte den engliſchen Machthabern
gellend in die Ohren klingen werden. Mit trockener
Gelaſſenheit ſprach der Kanzler den Satz aus: „Ich
muß es zur Zeit ablehnen, unſere
Kriegsziele zu präziſieren und unſere
Unterhändler feſtzulegen!“ Die Entente
wird, durch den bekannten Friedensbeſchluß der
Mehrheitsparteien im deutſchen Reichsrat veranlaßt
und beſtärkt durch die fortwährenden Kämpfe, die
Michaelis mit dieſen zu beſtehen hat, wohl gedacht
haben, daß ſich nunmehr der deutſche Reichskanzler
in der Friedensfrage etwas fügſamer zeigen wird
und daß es England doch noch gelingen könnte,
jenen billigen Frieden zu erringen, nach
dem es angenblicklich mit aller Macht
hinſtrebt. Mannhaft zerriß nun der Kanzler die
Schleier, die von gewiſſen Dunkelmännern vor die
deutſche Politik gehängt wurden und rein und klar
erſcheint das Bild von der Entſchloſſenheit Deutſch-
lands, nunmehr das Erträgnis der ungeheuren
Opfer, die ihm durch die wüſte und rückſichtsloſe
Kriegspolitik des Vierverbandes auferlegt wurden,
einzuheimſen. Ganz richtig bemerkte der Kanzler,
daß es unverſtändlich iſt, wie Kenner der inter-
nationalen Lage jemals glauben konnten, Deutſch-
land würde in der Lage ſein, eine einſeitig
gegebene öffentliche Erklärung in Bezug auf
wichtige Friedensfragen abzugeben.
Im deutſchen Volke wird die Rede Dr. Michaelis
ſicherlich hellen Jubel hervorrufen. Denn durch ſie
iſt mit der ſchwächlichen Haltung der Reichsregierung
gegenüber England gebrochen und dem Verbande
einmal klar und deutlich geſagt worden, wie es
eigentlich um Deutſchland ſteht. Dieſes übermütige
England und der Patentfreiheitsheld Wilſon werden
nun wohl mit unerbitterlicher Wucht aus ihrem
Wahn herausgeſchlendert: Deutſchland müſſe
um Frieden bitten.
Solche Worte, wie ſie der Reichskanzler ge-
ſprochen hat, tragen unleugbar zur Kürzung des
Kriegszuſtandes bei. Denn durch ſie erfahren die
Völker des Vierverbandes, daß ſie von ihren
Regierungen mit einem Lügennetz umſtrickt ſind,
in deſſen Maſchen immer und ewig wieder das
Märchen von dem bevorſtehenden Zuſammenbruch
der Mittelmächte eingewebt werden.
Mit flatternden Fahnen und mit hochmütigen
Worten ſind die Vierverbändler im Auguſt 1914
in den Krieg gezogen. In den Reden ihrer Staats-
männer kehrte immer und ſtändig die Verſicherung
der Gewißheit von der Zertrümmerung
Deutſchlands wieder. Nun konnte die Entente
aus dem Munde des Leiters der auswärtigen
deutſchen Politik hören, wie es um dieſe Zer-
trümmerung ſteht und wie ihre Macht, die ſie auf
Hunderte von Millionen Menſchen ſtützen konnte
und mit deren Rieſenhilfe ſie den ſicheren Sieg
erhoffte, ausſieht.
„Ich muß es zur Zeit ablehnen, unſere
Kriegsziele zu präziſieren!“ Dieſer Ausſpruch wird
ein ohnmächtiges Wutgeheul bei den Vierverbands-
leuten und der ihr ergebenen Preſſe auslöſen.
Italien vor höchſten Exiſtenzſorgen.
Bern, 28. September. Die ungeheuren Opfer des Krieges haben im öffent-
lichen Geiſte ein Höchſtmaß an Störungen erzeugt. Italien bekommt mehr als
jedes andere Land das ganze Gewicht des A-Boot-Krieges zu ſpüren. Die
Schwierigkeiten der Verpflegung ſind groß. Die Unruhen in Turin hätten eine
ernſte Bedeutung. — Die Kirche San Bernardino ſoll von den Aufrührern in
Brand geſteckt worden ſein.
Die italieniſche Kriſe ſei in der Regierung und im Volke latent. Der
weitere Verlauf der Dinge werde von dem Fortgang des Krieges abhängen.
Trient, Trieſt und das Trentino verſchwinden vor den höchſten
Exiſtenzſorgen.
Aus Italien kommen Nachrichten von
höchſter Wichtigkeit, Die innere Kriſe erreicht
einen Höhepunkt der jetzt nicht wehr über-
boten werden kann. Eine öſterreichiſche
Offenſive gegen Italien würde die nur
ſchwach niedergehaltenen revolutionären Be-
ſtrebungen mit einemmale freimachen und
das Haus Savoyen hätte dann wohl die
längſte Zeit regiert. Im Volksmund geht der
Spruch, daß der Krieg zuerſt gegen Italien
zu einem ſiegreichen Ende komme und diesmal
dürfte im Volksmunde Gottesſtimme gelegen ſein.
Gegenrevolution in Rußland.
Rußland unter Zwangsverwaltung der Entente.
Berlin, 28 September. Nach Pariſer Blättern werden nunmehr England,
Amerika und Japan Rußlands Finanzen, Heer, Verproviantierung, Eiſenbahnen uſw.
unter ihre Kontrolle ſtellen. England wird die Leitung der ruſſiſchen Finanzen(!),
Frankreich die Führung der militäriſchen Operationen, Amerika und Japan die
Eiſenbahnen übernehmen.
Kerenskijs Kampf gegen ſeine Gegner.
KB. Petersburg, 28. September. Fort-
ſetzung des Berichtes über die demokratiſche
Konferenz. Nach der Wahl des Büros ergriff
Kerenskij das Wort und ſagte: In der Kor-
nilow-Affäre habe er ſeit langem Nachricht
über den vorbereiteten Staatsſtreich gehabt.
Die Regierung ſei ſich bewußt geweſen, daß
die Ereigniſſe in Galizien neue Anſtren-
gungen ſorderten, um die Zerrüttung der
Armee zu bekämpfen. Aber er ſei zu dieſem
Zwecke ſeinen eigenen Weg gegangen. Das
Hauptquartier habe jedes Mißgeſchick an der
Front dazu benützt, ſofort ein Ultimatum nach
Petersburg zu richten. Nach dem Zuſammen-
bruch bei Riga ſeien die Vorſtellungen des
Hauptquartiers noch eindringlicher geworden.
An der Front ſtehen große Eeeigniſſe
bevor und wir wiſſen nicht, mit welchen
Mitteln wir ihnen die Stirne bieten ſollen.
Jeder, der die freie ruſſiſche Republik antaſtet,
wird die ganze Macht der revolutionären
Regierung erfahren.
Kriegsminiſter General Worhowsky ſtellt
feſt: Die Armee und die Flotte weigerten
ſich nicht zu kämpfen, aber unglücklicherweiſe
ſeien ſie nicht von dem Geiſte des Sieges be-
ſeelt, der allein Rußland retten könne.
Kerenskij wird gestürzt.
Karnilow und Kerenskij verbündet.
Zürich, 28. September. Der Sturz Kerenskijs ſteht bevor. Der
neue große Mann für Rußland iſt Tſchernow. Kerenskij und Kor-
nilow haben ſich angeſichts des Auftretens Tſchernows vereinigt.
Aufruhr unter den Bergarbeitern.
Berlin, 28. September. Der „Lokalanzeiger“ meldet ans Stockholm: Aus
Charkow und dem Kohlengebiet am Donez wurden ſchwere
Ausſchreitungen der ruſſiſchen Bergarbeiter gemeldet. Die bedeutendſten
Bergwerke wurden einfach unter Waſſer geſetzt und die Arbeiter
veranſtalteten Pogroms gegen ihre Vorgeſetzten.
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