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Marburger Zeitung. Nr. 26, Marburg, 02.03.1909.

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Marburger Zeitung Nr. 26, 2. März 1909

[Spaltenumbruch]
Politische Umschau.
Von den Narodnjaks.

Aus Cilli wird berichtet: "Die slowenisch-
klerikale Partei von Untersteiermark wird demnächst
ihre Hauptversammlung abhalten, in der die Ent-
scheidung darüber fallen soll, ob die Partei mit den
Slowenisch-Fortschrittlichen ein Kompromiß für die
Landtagswahlen in Steiermark eingehen soll. Die
einflußreichsten Mitglieder der slowenischklerikalen
Partei sind gegen das Kompromiß." -- Diese Ab-
neigung der Windischklerikalen gegen ein Kompromiß
mit den treulosen Windischliberalen ist vom Stand-
punkte der ersteren begreiflich; gewinnen könnten
hiebei ja nur die Windischliberalen und außerdem
würden die Windischklerikalen durch ein solches
Ubereinkommen mit den Genossen der revolutionär-
anarchistischen Laibacher Horden "oben" in eine
unliebsame Beleuchtung rücken.

Durchgefallen?

Die gestrige "Grazer Montagszeitung" schreibt:
"In später Nachtstunde erhielten wir von unserem
Wiener Privatkorrespondenten die Nachricht, es ver-
laute mit Bestimmtheit, daß sich der beabsichtigten
Ernennung des gewesenen Eisenbahnministers Doktor
E. v. Derschatta zum Präsidenten des Ver-
waltungsrates des österreichischen Lloyd neuerlich
Schwierigkeiten entgegenstellen und die Ernennung
in letzter Stunde fraglich geworden sei. Es war
uns nicht möglich, eine Bestätigung dieser über-
raschenden Nachricht zu erhalten. Wenn sie sich be-
wahrheitet, so dürften Aspirationen anderer Herren
sowie die Gleichgiltigkeit, die jetzt die Re-
gierung dem Parlamente gegenüber zeigt, ihren Teil
daran haben."

Die Kriegsgefahr.

Serbische Assentierungskorruption.

Aus Belgrad wird berichtet: Die "Stampa"
und andere serbische Blätter melden, daß sich täglich
die Beschwerden der Landbevölkerung über Korruption
bei den Assentierungen mehren. Die Bevölkerung
klagt darüber, daß nur Arme zum Militärdienst
herangezogen werden, während die Söhne der Reichen
durch Bestechungen sich vom Militärdienste zu be-
freien wissen. Infolge dieses Umstandes habe sich
auch die anfänglich starke Kriegsbegeisterung im
Innern des Landes abgeschwächt.

Bessere Aussichten.

Der russische Gesandte in Belgrad hat der
serbischen Regierung mitgeteilt, daß Rußland die
territorialen Ansprüche Serbiens nicht unterstützen
könne. Das ist die große Nachricht des Tages.
Wenn sich die Mitteilung im vollen Umfang be-
stätigt, wenn das Petersburger Kabinett nicht wieder
Ausflüchte gebraucht, die einer Ermunterung Serbiens
gleichbedeutend wären, dann ist der Friede nach
menschlicher Voraussicht gesichert. Mit dem An-
schlusse Rußlands an die Mächte, die die serbischen
Gebietsforderungen für unberechtigt erklären, wäre
der Orientkrise der Giftzahn ausgebrochen. In
Belgrad schreit man nun allerdings über den
"Verrat" Rußlands an Serbien .... Die auf
Urlaub befindlichen Offiziere und Mannschaften
erhielten die telegraphische Weisung, unverzüglich zu
ihren Truppenkörpern einzurücken.


[Spaltenumbruch]
Eigenberichte.
(Auflösung der
Feuerwehr.)

Der Wehrhauptmann Herr Franz
Primetz und dessen Stellvertreter Herr Josef
Bregant haben ihre Stellen niedergelegt, worauf
sich die hiesige freiwillige Feuerwehr auflöste. Die
Gemeindevertretung hat in rühriger Umsicht alles
Nötige vorgesorgt, um eine ehemöglichste Neubildung
einer freiwilligen Feuerwehr zu sichern und ist
Hoffnung vorhanden, daß diese Bestrebungen von
bestem Erfolge sein werden.

(Eine lustige
Rodelgesellschaft)

kam gestern, am Sonntag
in unseren Ort. Weil auf ebenem Felde das Rodeln
eine sehr fragliche Sache ist, hatten die Rodler den
schlauen Einfall, ihre Sauseschlitten vierfach von
einem Pferdedoppelgespann in Bewegung setzen zu
lassen. Hei, wie der Wind kamen sie dahergesaust,
schmucke Mägdlein und Knäblein, auf 14 Schlittlein,
die die Straße entlang flogen wie eine glitschige,
lange Schlittenschlange. Fröhlich kippte im rasenden
Eillauf wohl so mancher Rodel um, possierliche
Purzelbäumchen machten die fröhliche Schar erst
recht munter. Als sich die armen Rodler nach den
fürchterlichen Reisestrapazen tüchtig geatzt und gelabt
hatten, zogen sie wieder singend und lachend fort.
Durch Kölsch und Rothwein kehrten sie zurück in
ihre sibirischen Schneegefilde nach Rothwein. Ihr
Durchzug erweckte überall freudige Stimmung. Es
war auch ganz eigenartig anzusehen, wie der große
Mutterschlitten einen Kometenschweif von überbe-
ladenen Schlittlein hinter sich herzog. Heil euch,
ihr fröhlichen Rodler und Rodlerinnen aus
Rothwein!

(Trauung.)

Am
Faschingmontag fand in der Dechanatspfarrkirche
in St. Veit am Vogau die Trauung des Maler-
meisters Herrn Anton Unger mit Frl. Resi Nikl,
Spenglermeisterstochter, statt. Das Hochzeitsmahl
wurde im Gasthofe des Herrn Alois Bauer ein-
genommen.

(Heringsschmaus-
Liedertafel.)

Am Aschermittwoch veranstaltete
der hiesige Deutsche Sängerverein im Gasthofe des
Herrn Johann Tausendschön eine heitere Liedertafel
unter Mitwirkung des Hausorchesters und unter
der Leitung des wackeren Chormeisters Herrn Alois
Dietrich. Zur Aufführung gelangten von den
Männerchören: "Gebet der Deutschen" von Blümel,
"Ritters Abschied" von Kückel, "Heimkehr" von
Kamm und der "Juden-Polka", vertont vom Chor-
meister Herrn Alois Dietrich. Bei diesem letzten
Vortrag waren sämtliche Sänger in verschiedenen
Judenkostümen erschienen, welche einen großen
stürmischen Lacherfolg ernteten. Zur Aufführung
gelangten ferners verschiedene ausgewählte Musik-
stücke. Da sämtliche Musikstücke musterhaft aufgeführt
wurden, mußten mehrere infolge des stürmischen
Beifalles wiederholt werden. Die komischen Vorträge
der Herren Dr. Mescher, Grenze, Wonisch
und Ranert setzten die Lachmuskeln sämtlicher
Besucher in Bewegung. In den Zwischenpausen hat
Frau Kindler aus Ragnitz künstlerisch vorge-
tragene Solovorträge am Klavier zu Gehör gebracht.
Die Klavierbegleitung zu den Chören und Musik-




[Spaltenumbruch]

Wesen finden ließen und daß Udo doch nicht preisgab,
an dem er festhielt mit eisernem, heimlichem Willen.
den er von ihm geerbt.

Einige Minuten lag drückendes Schweigen
zwischen Vater und Sohn.

"Wir sind vom Thema abgekommen", begann
Harras v. d. Marnitz nach einer Weile. "Wenn du
mir aber schon mit solchen Phantastereien kommst,
so muß ich dir auch darauf antworten. Du hast
schon öfter Gelegenheit genommen, auf deine Mutter
Anspielungen zu machen. Warum? Wozu?
Sie ist tot und ich denke, es genügt, wenn du und
ich ihr ein freundliches, herzliches Andenken bewahren.
Wozu mehr? Warum heute, da d[u] ein erwachsener
Mensch bist und zu einem Stande zählst, dessen erste
Pflicht ein gesunder Sinn ist, sich solchen schwäch-
lichen Reflexionen hingeben? Ich denke, ich habe
dich erzogen, wie es sich für einen Edelmann geziemt.
Ich habe nichts versäumt und in deinem verflossenen
Leben ist kein Punkt, an dem du tasten kannst,
mir Vorwürfe zu machen. Gibt es nicht Tausende
noch außer dir, die die Mutter frühzeitig verloren
haben? Und gerade heute klammerst du dich an
solche Erinnerungen! Das sind kindische Spielereien,
die bei mir keinen Anklang finden!"


[Spaltenumbruch]

"Das mag deine Ansicht sein, Vater, wenn du
es so nennst", entgegnete Udo. Nur an dem
leichten Zittern der Brauen mochte man die
Bewegung bemerken, die ihn ergriffen hatte.
Sonst rührte sich keine Sehne, keine Muskel in
dem Körper, der aus Stahl gemeißelt und als
Statue unter das große Bild des Generals v. d.
Marnitz gestellt zu sein schien, der unter dem alten
Fritz gefochten und bei Zorndorf gefallen war.
"Ich glaube aber, daß ich mich dieser Empfindungen
nicht zu schämen brauche. Ich wollte dir nur er-
klären, daß ich manchmal unglückselige Stunden
habe. Es mag vielleicht eine Schwäche sein, darin
will ich dir nicht widersprechen. Aber gleichwohl
kann ich diese Empfindung nicht abschütteln, so etwa,
wie ich die Handschuhe abstreife. Ich kam auch nur
darum darauf zurück, um dir zu erklären, daß etwas
Dunkles in mir lebt, das mich öfter, als ich selbst es
wünschte, in den Kreis der Kameraden treibt, das
mich zwingt, Zerstreuungen zu suchen, durch die ich
mir vielleicht den Vorwurf zugezogen habe, den du
mir eben gemacht hast, Vater."

(Fortsetzung folgt.)


[Spaltenumbruch]

stücken besorgte in liebenswürdiger Weise Fräulein
Maltschi Neubauer; für ihre unermüdliche Mühe
wird ihr der innigste Sängerdank zum Ausdruck
gebracht. Küche und Keller des Gastgebers boten
Vorzügliches.

(Jahr- und Vieh-
markt.)

Am 10. d. findet hier der 40-Märtyrer-
Jahr- und Viehmarkt statt.

(Maskenkränzchen.)

Das am Faschingsamstag im Gasthofe des Herrn
Johann Tausendschön stattgefundene Maskenkränzchen
nahm einen überaus schönen Verlauf. Die Musik
besorgte die hiesige Veteranenkapelle.

(Besitzwechsel.)

Die im Markte Hohenegg gelegene, bisher dem
Grafen Kamillo v. Stubenberg gehörige Villa ging
dieser Tage durch Kauf in den Besitz des hiesigen
Gastwirtes und Fleischhauers Heinrich Rattay über.
Es ist sehr zu begrüßen, daß dieses schöne Anwesen
wieder in deutsche Hände gelangte.

(Landwirt-
schaftliche Versammlung.)

Die landwirt-
schaftliche Filiale Leutschach hielt am 21. d. im
Gasthofe Olbrich ihre diesjährige Hauptversammlung
ab. Die umfangreiche Tagesordnung umfaßte fol-
gende Punkte: Richtigstellung des Mitgliederver-
zeichnisses, Rechnungsabschluß für das abgelaufene
Geschäftsjahr, Aufnahme neuer Mitglieder, Voran-
schlag und Neuanschaffungen für das laufende Jahr,
Erwerbung eines Subventions-Ebers und eines
solchen Widders, Wahl der Vertreter für die all-
gemeine Versammlung in Graz, Auszeichnung eines
Dienstboten für vieljährige Dienste an demselben
Dienstorte, Umänderung des Filialnamens Pößnitz-
berg in Leutschach, in Aussicht genommene Versamm-
lungen im Jahre 1909, Wahl eines Schriftführers,
Tätigkeitsbericht der Filiale und Vortrag des Ge-
neralsekretärs Juwan über landwirtschaftliche Ge-
nossenschaften und Versicherungswesen. Filialvorsteher
v. Seutter konnte in seinem Berichte mit großer
Befriedigung konstatieren, daß die Tätigkeit der Fili-
ale im abgelaufenen Jahre eine überaus fruchtbare
und erfolgreiche gewesen war, was am besten daraus
hervorgeht, daß die Filiale mit drei silbernen Me-
daillen bedacht wurde. Ferner wurden drei Aus-
schußsitzungen und neun Wanderversammlungen ab-
gehalten, in w-lchen von gewiegten Fachleuten
lehrreiche Vorträge und Demonstrationen gehalten
wurden. Der Mitgliederstand stieg auf 81. -- Der
zeitgemäße Vortrag des Herrn Generalsekretärs ge-
staltete sich äußerst anziehend. Der Redner hob die
Vorteile des Großgrundbesitzes gegenüber dem
kleinen bäuerlichen Besitzer hervor und erblickt einen
gerechten Ausgleich nur in dem Zusammenschlusse
zu Genossenschaften. Ebenso interessant war der
zweite Teil des Vortrages, betreffend die bäuerliche
Versicherung. Der Vortragende brachte den diesbe-
züglich zusammengestellten Entwurf zur Kenntnis,
erklärte denselben jedoch in seiner gegenwärtigen
Fassung als unannehmbar, weil er den Besitzer aufs
neue fühlbar belaste. Mit der Mahnung, der Scholle
treu zu bleiben, schloß der Redner seine mit großem
Beifalle aufgenommenen Ausführungen.

(Faschingsunter-
haltungen.)

Durch das gute Gelingen des
Maskenballes ermutigt, wurde Faschingdienstag noch
ein "Gschnas-Abend" gegeben, der sehr gut besucht
war und noch manche Überraschung durch reizende
Masken brachte. Der Aschermittwoch bei Jahl ver-
anstaltete Heringsschmaus brachte die Faschings-
gemüter wieder in ihr normales Geleise.

Deutscher Turn-
verein.)

Der Deutsche Turnverein hielt Samstag
den 27. d. im Vereinsheime seine Hauptversammlung
ab. Die Berichte der Wartschaften brachten ein be-
friedigendes Bild über die Tätigkeit des Vereines.
Die Neuwahl des Turnrates ergab: Sprechwart
Dr. Krautgasser, Schriftwart Paul Ulz,
Turnwart Hermann Cermo, Säckelwart Hatzl,
Kneipwart Stefling. Unter den Anträgen sei
nur die Spende für die deutsche Schule in Sankt
Leonhard im Betrage von 20 K. erwähnt. Mit dem
Bismarckliede schloß die Versammlung.




Windisch Feistritzer Nachrichten.
Leichenbegängnis.

Montag nachmittags
wurde der 89jährige Bürger und Hausbesitzer Herr
Josef Lorber zu Grabe getragen. Der Verblichene,
der schon einige Jahre krank darniederlag, war einer
der ältesten jetzt lebenden Bürger von Windisch-
Feistritz. Den Leichenzug begleitete unter anderen

Marburger Zeitung Nr. 26, 2. März 1909

[Spaltenumbruch]
Politische Umschau.
Von den Narodnjaks.

Aus Cilli wird berichtet: „Die ſloweniſch-
klerikale Partei von Unterſteiermark wird demnächſt
ihre Hauptverſammlung abhalten, in der die Ent-
ſcheidung darüber fallen ſoll, ob die Partei mit den
Sloweniſch-Fortſchrittlichen ein Kompromiß für die
Landtagswahlen in Steiermark eingehen ſoll. Die
einflußreichſten Mitglieder der ſloweniſchklerikalen
Partei ſind gegen das Kompromiß.“ — Dieſe Ab-
neigung der Windiſchklerikalen gegen ein Kompromiß
mit den treuloſen Windiſchliberalen iſt vom Stand-
punkte der erſteren begreiflich; gewinnen könnten
hiebei ja nur die Windiſchliberalen und außerdem
würden die Windiſchklerikalen durch ein ſolches
Ubereinkommen mit den Genoſſen der revolutionär-
anarchiſtiſchen Laibacher Horden „oben“ in eine
unliebſame Beleuchtung rücken.

Durchgefallen?

Die geſtrige „Grazer Montagszeitung“ ſchreibt:
„In ſpäter Nachtſtunde erhielten wir von unſerem
Wiener Privatkorreſpondenten die Nachricht, es ver-
laute mit Beſtimmtheit, daß ſich der beabſichtigten
Ernennung des geweſenen Eiſenbahnminiſters Doktor
E. v. Derſchatta zum Präſidenten des Ver-
waltungsrates des öſterreichiſchen Lloyd neuerlich
Schwierigkeiten entgegenſtellen und die Ernennung
in letzter Stunde fraglich geworden ſei. Es war
uns nicht möglich, eine Beſtätigung dieſer über-
raſchenden Nachricht zu erhalten. Wenn ſie ſich be-
wahrheitet, ſo dürften Aſpirationen anderer Herren
ſowie die Gleichgiltigkeit, die jetzt die Re-
gierung dem Parlamente gegenüber zeigt, ihren Teil
daran haben.“

Die Kriegsgefahr.

Serbiſche Aſſentierungskorruption.

Aus Belgrad wird berichtet: Die „Stampa“
und andere ſerbiſche Blätter melden, daß ſich täglich
die Beſchwerden der Landbevölkerung über Korruption
bei den Aſſentierungen mehren. Die Bevölkerung
klagt darüber, daß nur Arme zum Militärdienſt
herangezogen werden, während die Söhne der Reichen
durch Beſtechungen ſich vom Militärdienſte zu be-
freien wiſſen. Infolge dieſes Umſtandes habe ſich
auch die anfänglich ſtarke Kriegsbegeiſterung im
Innern des Landes abgeſchwächt.

Beſſere Ausſichten.

Der ruſſiſche Geſandte in Belgrad hat der
ſerbiſchen Regierung mitgeteilt, daß Rußland die
territorialen Anſprüche Serbiens nicht unterſtützen
könne. Das iſt die große Nachricht des Tages.
Wenn ſich die Mitteilung im vollen Umfang be-
ſtätigt, wenn das Petersburger Kabinett nicht wieder
Ausflüchte gebraucht, die einer Ermunterung Serbiens
gleichbedeutend wären, dann iſt der Friede nach
menſchlicher Vorausſicht geſichert. Mit dem An-
ſchluſſe Rußlands an die Mächte, die die ſerbiſchen
Gebietsforderungen für unberechtigt erklären, wäre
der Orientkriſe der Giftzahn ausgebrochen. In
Belgrad ſchreit man nun allerdings über den
„Verrat“ Rußlands an Serbien .... Die auf
Urlaub befindlichen Offiziere und Mannſchaften
erhielten die telegraphiſche Weiſung, unverzüglich zu
ihren Truppenkörpern einzurücken.


[Spaltenumbruch]
Eigenberichte.
(Auflöſung der
Feuerwehr.)

Der Wehrhauptmann Herr Franz
Primetz und deſſen Stellvertreter Herr Joſef
Bregant haben ihre Stellen niedergelegt, worauf
ſich die hieſige freiwillige Feuerwehr auflöſte. Die
Gemeindevertretung hat in rühriger Umſicht alles
Nötige vorgeſorgt, um eine ehemöglichſte Neubildung
einer freiwilligen Feuerwehr zu ſichern und iſt
Hoffnung vorhanden, daß dieſe Beſtrebungen von
beſtem Erfolge ſein werden.

(Eine luſtige
Rodelgeſellſchaft)

kam geſtern, am Sonntag
in unſeren Ort. Weil auf ebenem Felde das Rodeln
eine ſehr fragliche Sache iſt, hatten die Rodler den
ſchlauen Einfall, ihre Sauſeſchlitten vierfach von
einem Pferdedoppelgeſpann in Bewegung ſetzen zu
laſſen. Hei, wie der Wind kamen ſie dahergeſauſt,
ſchmucke Mägdlein und Knäblein, auf 14 Schlittlein,
die die Straße entlang flogen wie eine glitſchige,
lange Schlittenſchlange. Fröhlich kippte im raſenden
Eillauf wohl ſo mancher Rodel um, poſſierliche
Purzelbäumchen machten die fröhliche Schar erſt
recht munter. Als ſich die armen Rodler nach den
fürchterlichen Reiſeſtrapazen tüchtig geatzt und gelabt
hatten, zogen ſie wieder ſingend und lachend fort.
Durch Kölſch und Rothwein kehrten ſie zurück in
ihre ſibiriſchen Schneegefilde nach Rothwein. Ihr
Durchzug erweckte überall freudige Stimmung. Es
war auch ganz eigenartig anzuſehen, wie der große
Mutterſchlitten einen Kometenſchweif von überbe-
ladenen Schlittlein hinter ſich herzog. Heil euch,
ihr fröhlichen Rodler und Rodlerinnen aus
Rothwein!

(Trauung.)

Am
Faſchingmontag fand in der Dechanatspfarrkirche
in St. Veit am Vogau die Trauung des Maler-
meiſters Herrn Anton Unger mit Frl. Reſi Nikl,
Spenglermeiſterstochter, ſtatt. Das Hochzeitsmahl
wurde im Gaſthofe des Herrn Alois Bauer ein-
genommen.

(Heringsſchmaus-
Liedertafel.)

Am Aſchermittwoch veranſtaltete
der hieſige Deutſche Sängerverein im Gaſthofe des
Herrn Johann Tauſendſchön eine heitere Liedertafel
unter Mitwirkung des Hausorcheſters und unter
der Leitung des wackeren Chormeiſters Herrn Alois
Dietrich. Zur Aufführung gelangten von den
Männerchören: „Gebet der Deutſchen“ von Blümel,
„Ritters Abſchied“ von Kückel, „Heimkehr“ von
Kamm und der „Juden-Polka“, vertont vom Chor-
meiſter Herrn Alois Dietrich. Bei dieſem letzten
Vortrag waren ſämtliche Sänger in verſchiedenen
Judenkoſtümen erſchienen, welche einen großen
ſtürmiſchen Lacherfolg ernteten. Zur Aufführung
gelangten ferners verſchiedene ausgewählte Muſik-
ſtücke. Da ſämtliche Muſikſtücke muſterhaft aufgeführt
wurden, mußten mehrere infolge des ſtürmiſchen
Beifalles wiederholt werden. Die komiſchen Vorträge
der Herren Dr. Meſcher, Grenze, Woniſch
und Ranert ſetzten die Lachmuskeln ſämtlicher
Beſucher in Bewegung. In den Zwiſchenpauſen hat
Frau Kindler aus Ragnitz künſtleriſch vorge-
tragene Solovorträge am Klavier zu Gehör gebracht.
Die Klavierbegleitung zu den Chören und Muſik-




[Spaltenumbruch]

Weſen finden ließen und daß Udo doch nicht preisgab,
an dem er feſthielt mit eiſernem, heimlichem Willen.
den er von ihm geerbt.

Einige Minuten lag drückendes Schweigen
zwiſchen Vater und Sohn.

„Wir ſind vom Thema abgekommen“, begann
Harras v. d. Marnitz nach einer Weile. „Wenn du
mir aber ſchon mit ſolchen Phantaſtereien kommſt,
ſo muß ich dir auch darauf antworten. Du haſt
ſchon öfter Gelegenheit genommen, auf deine Mutter
Anſpielungen zu machen. Warum? Wozu?
Sie iſt tot und ich denke, es genügt, wenn du und
ich ihr ein freundliches, herzliches Andenken bewahren.
Wozu mehr? Warum heute, da d[u] ein erwachſener
Menſch biſt und zu einem Stande zählſt, deſſen erſte
Pflicht ein geſunder Sinn iſt, ſich ſolchen ſchwäch-
lichen Reflexionen hingeben? Ich denke, ich habe
dich erzogen, wie es ſich für einen Edelmann geziemt.
Ich habe nichts verſäumt und in deinem verfloſſenen
Leben iſt kein Punkt, an dem du taſten kannſt,
mir Vorwürfe zu machen. Gibt es nicht Tauſende
noch außer dir, die die Mutter frühzeitig verloren
haben? Und gerade heute klammerſt du dich an
ſolche Erinnerungen! Das ſind kindiſche Spielereien,
die bei mir keinen Anklang finden!“


[Spaltenumbruch]

„Das mag deine Anſicht ſein, Vater, wenn du
es ſo nennſt“, entgegnete Udo. Nur an dem
leichten Zittern der Brauen mochte man die
Bewegung bemerken, die ihn ergriffen hatte.
Sonſt rührte ſich keine Sehne, keine Muskel in
dem Körper, der aus Stahl gemeißelt und als
Statue unter das große Bild des Generals v. d.
Marnitz geſtellt zu ſein ſchien, der unter dem alten
Fritz gefochten und bei Zorndorf gefallen war.
„Ich glaube aber, daß ich mich dieſer Empfindungen
nicht zu ſchämen brauche. Ich wollte dir nur er-
klären, daß ich manchmal unglückſelige Stunden
habe. Es mag vielleicht eine Schwäche ſein, darin
will ich dir nicht widerſprechen. Aber gleichwohl
kann ich dieſe Empfindung nicht abſchütteln, ſo etwa,
wie ich die Handſchuhe abſtreife. Ich kam auch nur
darum darauf zurück, um dir zu erklären, daß etwas
Dunkles in mir lebt, das mich öfter, als ich ſelbſt es
wünſchte, in den Kreis der Kameraden treibt, das
mich zwingt, Zerſtreuungen zu ſuchen, durch die ich
mir vielleicht den Vorwurf zugezogen habe, den du
mir eben gemacht haſt, Vater.“

(Fortſetzung folgt.)


[Spaltenumbruch]

ſtücken beſorgte in liebenswürdiger Weiſe Fräulein
Maltſchi Neubauer; für ihre unermüdliche Mühe
wird ihr der innigſte Sängerdank zum Ausdruck
gebracht. Küche und Keller des Gaſtgebers boten
Vorzügliches.

(Jahr- und Vieh-
markt.)

Am 10. d. findet hier der 40-Märtyrer-
Jahr- und Viehmarkt ſtatt.

(Maskenkränzchen.)

Das am Faſchingſamstag im Gaſthofe des Herrn
Johann Tauſendſchön ſtattgefundene Maskenkränzchen
nahm einen überaus ſchönen Verlauf. Die Muſik
beſorgte die hieſige Veteranenkapelle.

(Beſitzwechſel.)

Die im Markte Hohenegg gelegene, bisher dem
Grafen Kamillo v. Stubenberg gehörige Villa ging
dieſer Tage durch Kauf in den Beſitz des hieſigen
Gaſtwirtes und Fleiſchhauers Heinrich Rattay über.
Es iſt ſehr zu begrüßen, daß dieſes ſchöne Anweſen
wieder in deutſche Hände gelangte.

(Landwirt-
ſchaftliche Verſammlung.)

Die landwirt-
ſchaftliche Filiale Leutſchach hielt am 21. d. im
Gaſthofe Olbrich ihre diesjährige Hauptverſammlung
ab. Die umfangreiche Tagesordnung umfaßte fol-
gende Punkte: Richtigſtellung des Mitgliederver-
zeichniſſes, Rechnungsabſchluß für das abgelaufene
Geſchäftsjahr, Aufnahme neuer Mitglieder, Voran-
ſchlag und Neuanſchaffungen für das laufende Jahr,
Erwerbung eines Subventions-Ebers und eines
ſolchen Widders, Wahl der Vertreter für die all-
gemeine Verſammlung in Graz, Auszeichnung eines
Dienſtboten für vieljährige Dienſte an demſelben
Dienſtorte, Umänderung des Filialnamens Pößnitz-
berg in Leutſchach, in Ausſicht genommene Verſamm-
lungen im Jahre 1909, Wahl eines Schriftführers,
Tätigkeitsbericht der Filiale und Vortrag des Ge-
neralſekretärs Juwan über landwirtſchaftliche Ge-
noſſenſchaften und Verſicherungsweſen. Filialvorſteher
v. Seutter konnte in ſeinem Berichte mit großer
Befriedigung konſtatieren, daß die Tätigkeit der Fili-
ale im abgelaufenen Jahre eine überaus fruchtbare
und erfolgreiche geweſen war, was am beſten daraus
hervorgeht, daß die Filiale mit drei ſilbernen Me-
daillen bedacht wurde. Ferner wurden drei Aus-
ſchußſitzungen und neun Wanderverſammlungen ab-
gehalten, in w-lchen von gewiegten Fachleuten
lehrreiche Vorträge und Demonſtrationen gehalten
wurden. Der Mitgliederſtand ſtieg auf 81. — Der
zeitgemäße Vortrag des Herrn Generalſekretärs ge-
ſtaltete ſich äußerſt anziehend. Der Redner hob die
Vorteile des Großgrundbeſitzes gegenüber dem
kleinen bäuerlichen Beſitzer hervor und erblickt einen
gerechten Ausgleich nur in dem Zuſammenſchluſſe
zu Genoſſenſchaften. Ebenſo intereſſant war der
zweite Teil des Vortrages, betreffend die bäuerliche
Verſicherung. Der Vortragende brachte den diesbe-
züglich zuſammengeſtellten Entwurf zur Kenntnis,
erklärte denſelben jedoch in ſeiner gegenwärtigen
Faſſung als unannehmbar, weil er den Beſitzer aufs
neue fühlbar belaſte. Mit der Mahnung, der Scholle
treu zu bleiben, ſchloß der Redner ſeine mit großem
Beifalle aufgenommenen Ausführungen.

(Faſchingsunter-
haltungen.)

Durch das gute Gelingen des
Maskenballes ermutigt, wurde Faſchingdienstag noch
ein „Gſchnas-Abend“ gegeben, der ſehr gut beſucht
war und noch manche Überraſchung durch reizende
Masken brachte. Der Aſchermittwoch bei Jahl ver-
anſtaltete Heringsſchmaus brachte die Faſchings-
gemüter wieder in ihr normales Geleiſe.

Deutſcher Turn-
verein.)

Der Deutſche Turnverein hielt Samstag
den 27. d. im Vereinsheime ſeine Hauptverſammlung
ab. Die Berichte der Wartſchaften brachten ein be-
friedigendes Bild über die Tätigkeit des Vereines.
Die Neuwahl des Turnrates ergab: Sprechwart
Dr. Krautgaſſer, Schriftwart Paul Ulz,
Turnwart Hermann Cermo, Säckelwart Hatzl,
Kneipwart Stefling. Unter den Anträgen ſei
nur die Spende für die deutſche Schule in Sankt
Leonhard im Betrage von 20 K. erwähnt. Mit dem
Bismarckliede ſchloß die Verſammlung.




Windiſch Feiſtritzer Nachrichten.
Leichenbegängnis.

Montag nachmittags
wurde der 89jährige Bürger und Hausbeſitzer Herr
Joſef Lorber zu Grabe getragen. Der Verblichene,
der ſchon einige Jahre krank darniederlag, war einer
der älteſten jetzt lebenden Bürger von Windiſch-
Feiſtritz. Den Leichenzug begleitete unter anderen

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[2/0002] Marburger Zeitung Nr. 26, 2. März 1909 Politische Umschau. Von den Narodnjaks. Aus Cilli wird berichtet: „Die ſloweniſch- klerikale Partei von Unterſteiermark wird demnächſt ihre Hauptverſammlung abhalten, in der die Ent- ſcheidung darüber fallen ſoll, ob die Partei mit den Sloweniſch-Fortſchrittlichen ein Kompromiß für die Landtagswahlen in Steiermark eingehen ſoll. Die einflußreichſten Mitglieder der ſloweniſchklerikalen Partei ſind gegen das Kompromiß.“ — Dieſe Ab- neigung der Windiſchklerikalen gegen ein Kompromiß mit den treuloſen Windiſchliberalen iſt vom Stand- punkte der erſteren begreiflich; gewinnen könnten hiebei ja nur die Windiſchliberalen und außerdem würden die Windiſchklerikalen durch ein ſolches Ubereinkommen mit den Genoſſen der revolutionär- anarchiſtiſchen Laibacher Horden „oben“ in eine unliebſame Beleuchtung rücken. Durchgefallen? Die geſtrige „Grazer Montagszeitung“ ſchreibt: „In ſpäter Nachtſtunde erhielten wir von unſerem Wiener Privatkorreſpondenten die Nachricht, es ver- laute mit Beſtimmtheit, daß ſich der beabſichtigten Ernennung des geweſenen Eiſenbahnminiſters Doktor E. v. Derſchatta zum Präſidenten des Ver- waltungsrates des öſterreichiſchen Lloyd neuerlich Schwierigkeiten entgegenſtellen und die Ernennung in letzter Stunde fraglich geworden ſei. Es war uns nicht möglich, eine Beſtätigung dieſer über- raſchenden Nachricht zu erhalten. Wenn ſie ſich be- wahrheitet, ſo dürften Aſpirationen anderer Herren ſowie die Gleichgiltigkeit, die jetzt die Re- gierung dem Parlamente gegenüber zeigt, ihren Teil daran haben.“ Die Kriegsgefahr. Serbiſche Aſſentierungskorruption. Aus Belgrad wird berichtet: Die „Stampa“ und andere ſerbiſche Blätter melden, daß ſich täglich die Beſchwerden der Landbevölkerung über Korruption bei den Aſſentierungen mehren. Die Bevölkerung klagt darüber, daß nur Arme zum Militärdienſt herangezogen werden, während die Söhne der Reichen durch Beſtechungen ſich vom Militärdienſte zu be- freien wiſſen. Infolge dieſes Umſtandes habe ſich auch die anfänglich ſtarke Kriegsbegeiſterung im Innern des Landes abgeſchwächt. Beſſere Ausſichten. Der ruſſiſche Geſandte in Belgrad hat der ſerbiſchen Regierung mitgeteilt, daß Rußland die territorialen Anſprüche Serbiens nicht unterſtützen könne. Das iſt die große Nachricht des Tages. Wenn ſich die Mitteilung im vollen Umfang be- ſtätigt, wenn das Petersburger Kabinett nicht wieder Ausflüchte gebraucht, die einer Ermunterung Serbiens gleichbedeutend wären, dann iſt der Friede nach menſchlicher Vorausſicht geſichert. Mit dem An- ſchluſſe Rußlands an die Mächte, die die ſerbiſchen Gebietsforderungen für unberechtigt erklären, wäre der Orientkriſe der Giftzahn ausgebrochen. In Belgrad ſchreit man nun allerdings über den „Verrat“ Rußlands an Serbien .... Die auf Urlaub befindlichen Offiziere und Mannſchaften erhielten die telegraphiſche Weiſung, unverzüglich zu ihren Truppenkörpern einzurücken. Eigenberichte. Kötſch, 1. März. (Auflöſung der Feuerwehr.) Der Wehrhauptmann Herr Franz Primetz und deſſen Stellvertreter Herr Joſef Bregant haben ihre Stellen niedergelegt, worauf ſich die hieſige freiwillige Feuerwehr auflöſte. Die Gemeindevertretung hat in rühriger Umſicht alles Nötige vorgeſorgt, um eine ehemöglichſte Neubildung einer freiwilligen Feuerwehr zu ſichern und iſt Hoffnung vorhanden, daß dieſe Beſtrebungen von beſtem Erfolge ſein werden. Schleinitz, 1. März. (Eine luſtige Rodelgeſellſchaft) kam geſtern, am Sonntag in unſeren Ort. Weil auf ebenem Felde das Rodeln eine ſehr fragliche Sache iſt, hatten die Rodler den ſchlauen Einfall, ihre Sauſeſchlitten vierfach von einem Pferdedoppelgeſpann in Bewegung ſetzen zu laſſen. Hei, wie der Wind kamen ſie dahergeſauſt, ſchmucke Mägdlein und Knäblein, auf 14 Schlittlein, die die Straße entlang flogen wie eine glitſchige, lange Schlittenſchlange. Fröhlich kippte im raſenden Eillauf wohl ſo mancher Rodel um, poſſierliche Purzelbäumchen machten die fröhliche Schar erſt recht munter. Als ſich die armen Rodler nach den fürchterlichen Reiſeſtrapazen tüchtig geatzt und gelabt hatten, zogen ſie wieder ſingend und lachend fort. Durch Kölſch und Rothwein kehrten ſie zurück in ihre ſibiriſchen Schneegefilde nach Rothwein. Ihr Durchzug erweckte überall freudige Stimmung. Es war auch ganz eigenartig anzuſehen, wie der große Mutterſchlitten einen Kometenſchweif von überbe- ladenen Schlittlein hinter ſich herzog. Heil euch, ihr fröhlichen Rodler und Rodlerinnen aus Rothwein! Straß, 28. Februar. (Trauung.) Am Faſchingmontag fand in der Dechanatspfarrkirche in St. Veit am Vogau die Trauung des Maler- meiſters Herrn Anton Unger mit Frl. Reſi Nikl, Spenglermeiſterstochter, ſtatt. Das Hochzeitsmahl wurde im Gaſthofe des Herrn Alois Bauer ein- genommen. Straß, 28. Februar. (Heringsſchmaus- Liedertafel.) Am Aſchermittwoch veranſtaltete der hieſige Deutſche Sängerverein im Gaſthofe des Herrn Johann Tauſendſchön eine heitere Liedertafel unter Mitwirkung des Hausorcheſters und unter der Leitung des wackeren Chormeiſters Herrn Alois Dietrich. Zur Aufführung gelangten von den Männerchören: „Gebet der Deutſchen“ von Blümel, „Ritters Abſchied“ von Kückel, „Heimkehr“ von Kamm und der „Juden-Polka“, vertont vom Chor- meiſter Herrn Alois Dietrich. Bei dieſem letzten Vortrag waren ſämtliche Sänger in verſchiedenen Judenkoſtümen erſchienen, welche einen großen ſtürmiſchen Lacherfolg ernteten. Zur Aufführung gelangten ferners verſchiedene ausgewählte Muſik- ſtücke. Da ſämtliche Muſikſtücke muſterhaft aufgeführt wurden, mußten mehrere infolge des ſtürmiſchen Beifalles wiederholt werden. Die komiſchen Vorträge der Herren Dr. Meſcher, Grenze, Woniſch und Ranert ſetzten die Lachmuskeln ſämtlicher Beſucher in Bewegung. In den Zwiſchenpauſen hat Frau Kindler aus Ragnitz künſtleriſch vorge- tragene Solovorträge am Klavier zu Gehör gebracht. Die Klavierbegleitung zu den Chören und Muſik- Weſen finden ließen und daß Udo doch nicht preisgab, an dem er feſthielt mit eiſernem, heimlichem Willen. den er von ihm geerbt. Einige Minuten lag drückendes Schweigen zwiſchen Vater und Sohn. „Wir ſind vom Thema abgekommen“, begann Harras v. d. Marnitz nach einer Weile. „Wenn du mir aber ſchon mit ſolchen Phantaſtereien kommſt, ſo muß ich dir auch darauf antworten. Du haſt ſchon öfter Gelegenheit genommen, auf deine Mutter Anſpielungen zu machen. Warum? Wozu? Sie iſt tot und ich denke, es genügt, wenn du und ich ihr ein freundliches, herzliches Andenken bewahren. Wozu mehr? Warum heute, da du ein erwachſener Menſch biſt und zu einem Stande zählſt, deſſen erſte Pflicht ein geſunder Sinn iſt, ſich ſolchen ſchwäch- lichen Reflexionen hingeben? Ich denke, ich habe dich erzogen, wie es ſich für einen Edelmann geziemt. Ich habe nichts verſäumt und in deinem verfloſſenen Leben iſt kein Punkt, an dem du taſten kannſt, mir Vorwürfe zu machen. Gibt es nicht Tauſende noch außer dir, die die Mutter frühzeitig verloren haben? Und gerade heute klammerſt du dich an ſolche Erinnerungen! Das ſind kindiſche Spielereien, die bei mir keinen Anklang finden!“ „Das mag deine Anſicht ſein, Vater, wenn du es ſo nennſt“, entgegnete Udo. Nur an dem leichten Zittern der Brauen mochte man die Bewegung bemerken, die ihn ergriffen hatte. Sonſt rührte ſich keine Sehne, keine Muskel in dem Körper, der aus Stahl gemeißelt und als Statue unter das große Bild des Generals v. d. Marnitz geſtellt zu ſein ſchien, der unter dem alten Fritz gefochten und bei Zorndorf gefallen war. „Ich glaube aber, daß ich mich dieſer Empfindungen nicht zu ſchämen brauche. Ich wollte dir nur er- klären, daß ich manchmal unglückſelige Stunden habe. Es mag vielleicht eine Schwäche ſein, darin will ich dir nicht widerſprechen. Aber gleichwohl kann ich dieſe Empfindung nicht abſchütteln, ſo etwa, wie ich die Handſchuhe abſtreife. Ich kam auch nur darum darauf zurück, um dir zu erklären, daß etwas Dunkles in mir lebt, das mich öfter, als ich ſelbſt es wünſchte, in den Kreis der Kameraden treibt, das mich zwingt, Zerſtreuungen zu ſuchen, durch die ich mir vielleicht den Vorwurf zugezogen habe, den du mir eben gemacht haſt, Vater.“ (Fortſetzung folgt.) ſtücken beſorgte in liebenswürdiger Weiſe Fräulein Maltſchi Neubauer; für ihre unermüdliche Mühe wird ihr der innigſte Sängerdank zum Ausdruck gebracht. Küche und Keller des Gaſtgebers boten Vorzügliches. Straß, 28. Februar. (Jahr- und Vieh- markt.) Am 10. d. findet hier der 40-Märtyrer- Jahr- und Viehmarkt ſtatt. Straß, 28. Februar. (Maskenkränzchen.) Das am Faſchingſamstag im Gaſthofe des Herrn Johann Tauſendſchön ſtattgefundene Maskenkränzchen nahm einen überaus ſchönen Verlauf. Die Muſik beſorgte die hieſige Veteranenkapelle. Hohenegg, 26. Februar. (Beſitzwechſel.) Die im Markte Hohenegg gelegene, bisher dem Grafen Kamillo v. Stubenberg gehörige Villa ging dieſer Tage durch Kauf in den Beſitz des hieſigen Gaſtwirtes und Fleiſchhauers Heinrich Rattay über. Es iſt ſehr zu begrüßen, daß dieſes ſchöne Anweſen wieder in deutſche Hände gelangte. Leutſchach, 28. Februar. (Landwirt- ſchaftliche Verſammlung.) Die landwirt- ſchaftliche Filiale Leutſchach hielt am 21. d. im Gaſthofe Olbrich ihre diesjährige Hauptverſammlung ab. Die umfangreiche Tagesordnung umfaßte fol- gende Punkte: Richtigſtellung des Mitgliederver- zeichniſſes, Rechnungsabſchluß für das abgelaufene Geſchäftsjahr, Aufnahme neuer Mitglieder, Voran- ſchlag und Neuanſchaffungen für das laufende Jahr, Erwerbung eines Subventions-Ebers und eines ſolchen Widders, Wahl der Vertreter für die all- gemeine Verſammlung in Graz, Auszeichnung eines Dienſtboten für vieljährige Dienſte an demſelben Dienſtorte, Umänderung des Filialnamens Pößnitz- berg in Leutſchach, in Ausſicht genommene Verſamm- lungen im Jahre 1909, Wahl eines Schriftführers, Tätigkeitsbericht der Filiale und Vortrag des Ge- neralſekretärs Juwan über landwirtſchaftliche Ge- noſſenſchaften und Verſicherungsweſen. Filialvorſteher v. Seutter konnte in ſeinem Berichte mit großer Befriedigung konſtatieren, daß die Tätigkeit der Fili- ale im abgelaufenen Jahre eine überaus fruchtbare und erfolgreiche geweſen war, was am beſten daraus hervorgeht, daß die Filiale mit drei ſilbernen Me- daillen bedacht wurde. Ferner wurden drei Aus- ſchußſitzungen und neun Wanderverſammlungen ab- gehalten, in w-lchen von gewiegten Fachleuten lehrreiche Vorträge und Demonſtrationen gehalten wurden. Der Mitgliederſtand ſtieg auf 81. — Der zeitgemäße Vortrag des Herrn Generalſekretärs ge- ſtaltete ſich äußerſt anziehend. Der Redner hob die Vorteile des Großgrundbeſitzes gegenüber dem kleinen bäuerlichen Beſitzer hervor und erblickt einen gerechten Ausgleich nur in dem Zuſammenſchluſſe zu Genoſſenſchaften. Ebenſo intereſſant war der zweite Teil des Vortrages, betreffend die bäuerliche Verſicherung. Der Vortragende brachte den diesbe- züglich zuſammengeſtellten Entwurf zur Kenntnis, erklärte denſelben jedoch in ſeiner gegenwärtigen Faſſung als unannehmbar, weil er den Beſitzer aufs neue fühlbar belaſte. Mit der Mahnung, der Scholle treu zu bleiben, ſchloß der Redner ſeine mit großem Beifalle aufgenommenen Ausführungen. Mureck, 28. Februar. (Faſchingsunter- haltungen.) Durch das gute Gelingen des Maskenballes ermutigt, wurde Faſchingdienstag noch ein „Gſchnas-Abend“ gegeben, der ſehr gut beſucht war und noch manche Überraſchung durch reizende Masken brachte. Der Aſchermittwoch bei Jahl ver- anſtaltete Heringsſchmaus brachte die Faſchings- gemüter wieder in ihr normales Geleiſe. Mureck, 28. Februar. Deutſcher Turn- verein.) Der Deutſche Turnverein hielt Samstag den 27. d. im Vereinsheime ſeine Hauptverſammlung ab. Die Berichte der Wartſchaften brachten ein be- friedigendes Bild über die Tätigkeit des Vereines. Die Neuwahl des Turnrates ergab: Sprechwart Dr. Krautgaſſer, Schriftwart Paul Ulz, Turnwart Hermann Cermo, Säckelwart Hatzl, Kneipwart Stefling. Unter den Anträgen ſei nur die Spende für die deutſche Schule in Sankt Leonhard im Betrage von 20 K. erwähnt. Mit dem Bismarckliede ſchloß die Verſammlung. Windiſch Feiſtritzer Nachrichten. Leichenbegängnis. Montag nachmittags wurde der 89jährige Bürger und Hausbeſitzer Herr Joſef Lorber zu Grabe getragen. Der Verblichene, der ſchon einige Jahre krank darniederlag, war einer der älteſten jetzt lebenden Bürger von Windiſch- Feiſtritz. Den Leichenzug begleitete unter anderen

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 26, Marburg, 02.03.1909, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger26_1909/2>, abgerufen am 21.11.2024.