Marburger Zeitung. Nr. 41, Marburg, 05.04.1910.Marburger Zeitung. [Spaltenumbruch] Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg: Mit Postversendung: [Spaltenumbruch] Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Sprechstunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von Die Verwaltung befindet sich: Postgasse 4. (Telephon Nr. 24.) [Spaltenumbruch] Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von Schluß für Einschaltungen. Die Einzelnummer kostet 10 Heller. Nr. 41 Dienstag, 5. April 1910 49. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Zerreißung der Steiermark! Ein Ministerialerlaß. Marburg, 5. April. In aller Stille vollzog sich ein Ereignis, das [Spaltenumbruch] Der erste Badegast. Novelle von M. Adelmi. 7 (Nachdruck verboten.) Nachdem sie ihren Anzug beendet, ging sie Bei Stockhausens waren noch alle Läden ge- Ein Blick auf das Nachbarhaus zeigte ihr "So früh schon, Fräulein Elisabeth!" rief er "Der Rose -- sie ist mein Ideal! Ihr Duft "Leider kann ich Ihnen noch keine Rose bieten; "Nein", sagte Elisabeth, beglückt zu ihm auf- "Ist das wahr!" versetzte er, sich tief zu ihr Ein heißer Glutblick aus seinen unergründlich [Spaltenumbruch] "Wenn dem so ist, Fräulein Elisabeth", fuhr "Was soll ich Ihnen geben?" fragte sie tief "Was es auch sei, das Geringste wird mir Ihre Empfindungen zu verbergen, bückte sie sich "Genügt Ihnen dies?" fragte sie mit zittern- "Wie sollte es nicht, -- grün ist die Farbe Und wenn ich jedes Blatt beschriebe, Und gäbe Duft und Farbe Sinn, Sie sagten all', daß ich dich liebe! Und glücklich bin! -- -- "Guten Morgen, Fräulein Elisabeth! Schon Erschrocken fuhr sie empor und wandte sich Marburger Zeitung. [Spaltenumbruch] Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg: Mit Poſtverſendung: [Spaltenumbruch] Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und Sprechſtunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von Die Verwaltung befindet ſich: Poſtgaſſe 4. (Telephon Nr. 24.) [Spaltenumbruch] Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von Schluß für Einſchaltungen. Die Einzelnummer koſtet 10 Heller. Nr. 41 Dienstag, 5. April 1910 49. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Zerreißung der Steiermark! Ein Miniſterialerlaß. Marburg, 5. April. In aller Stille vollzog ſich ein Ereignis, das [Spaltenumbruch] Der erſte Badegaſt. Novelle von M. Adelmi. 7 (Nachdruck verboten.) Nachdem ſie ihren Anzug beendet, ging ſie Bei Stockhauſens waren noch alle Läden ge- Ein Blick auf das Nachbarhaus zeigte ihr „So früh ſchon, Fräulein Eliſabeth!“ rief er „Der Roſe — ſie iſt mein Ideal! Ihr Duft „Leider kann ich Ihnen noch keine Roſe bieten; „Nein“, ſagte Eliſabeth, beglückt zu ihm auf- „Iſt das wahr!“ verſetzte er, ſich tief zu ihr Ein heißer Glutblick aus ſeinen unergründlich [Spaltenumbruch] „Wenn dem ſo iſt, Fräulein Eliſabeth“, fuhr „Was ſoll ich Ihnen geben?“ fragte ſie tief „Was es auch ſei, das Geringſte wird mir Ihre Empfindungen zu verbergen, bückte ſie ſich „Genügt Ihnen dies?“ fragte ſie mit zittern- „Wie ſollte es nicht, — grün iſt die Farbe Und wenn ich jedes Blatt beſchriebe, Und gäbe Duft und Farbe Sinn, Sie ſagten all’, daß ich dich liebe! Und glücklich bin! — — „Guten Morgen, Fräulein Eliſabeth! 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Marburger Zeitung.
Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg:
Ganzjährig 12 K, halbjährig 6 K, vierteljährig 3 K, monat-
lich 1 K. Bei Zuſtellung ins Haus monatlich 20 h mehr.
Mit Poſtverſendung:
Ganzjährig 14 K, halbjährig 7 K, vierteljährig 3 K 50 h.
Das Abonnement dauert bis zur ſchriftlichen Abbeſtellung.
Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und
Samstag abends.
Sprechſtunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von
11—12 Uhr vorm. und von 5—6 Uhr nachm. Poſtgaſſe 4.
Die Verwaltung befindet ſich: Poſtgaſſe 4. (Telephon Nr. 24.)
Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von
allen größeren Annoncen-Expeditionen entgegengenommen
und koſtet die fünfmal geſpaltene Kleinzeile 12 h.
Schluß für Einſchaltungen.
Dienstag, Donnerstag, Samstag 10 Uhr vormittags.
Die Einzelnummer koſtet 10 Heller.
Nr. 41 Dienstag, 5. April 1910 49. Jahrgang.
Zerreißung der Steiermark!
Ein Miniſterialerlaß.
Marburg, 5. April.
In aller Stille vollzog ſich ein Ereignis, das
ſich als Beginn einer miniſteriell geförderten Teilung
der grünen Steiermark und als ein bedeutſamer
Erfolg der windiſchnationalen Abſichten darſtellt.
Ein Erlaß des Miniſteriums für öffentliche Arbeiten
beſtimmt nämlich, daß ein Teil unſerer gewerblichen
Fortbildungsſchulen, und zwar jener, an dem das
windiſche Idiom als Unterrichtsſprache eingeführt
wurde, dem ſteiriſchen Inſpektorate entzogen
und dem — kraineriſch-ſloweniſchen zugeteilt wird!
Dieſer Erlaß des Miniſteriums für öffentliche
Arbeiten iſt datiert vom 8. Jänner 1910 (Z. 1495)
und wurde dem hieſigen Stadtrate übermittelt. Wir
entnehmen ihm folgendes: Bisher war der Amtsſitz
des Inſpektorates für ſämtliche gewerbliche Fort-
bildungsſchulen des Landes Steiermark in Graz;
der Staatsgewerbeſchuldirektor in Graz, Herr Joſef
Kutſchera, war der Inſpektor der gewerblichen Fort-
bildungsſchulen für ganz Steiermark und Kärnten.
Der Erlaß des genannten Miniſteriums verfügt
nun, daß jene gewerblichen Fortbildungsſchulen
Steiermarks, an denen die ſloweniſche Unterrichts-
ſprache eingeführt iſt, zu einem eigenen Inſpektions-
bezirk (IVb) vereinigt, dem Grazer Inſpektorate ent-
zogen und dem kraineriſchen Inſpektorate für ge-
werbliche Fortbildungsſchulen mit dem Amtsſitze in
Laibach (Inſpektor der Laibacher Staatsgewerbe-
ſchuldirektor, J. Subic) zugeteilt werden. Dieſer Er-
laß trat bereits mit 1. Februar in Wirkſamkeit.
Damit alſo fing man an und wenn nicht alle be-
rufenen Kreiſe nun noch achtſamer als bisher auf
der Wacht ſtehen, ſo kann die durch nichts be-
gründete, nur den ſüdſlawiſchen Zukunftsplänen
dienliche Zerreißung des Steirerlandes ihren traurigen
Fortgang nehmen. Die Präparation des ſloweniſchen
Teiles der Steiermark für den ſüdſlawiſchen Zu-
kunftsgedanken wird ja bereits von einem Mini-
ſterium gefördert, welches auch in ſo manchen
Angelegenheiten ſchon gezeigt hat, daß es das
augenblickliche Wohlwollen der ſüdſlawiſchen Zukunfts-
politiker höher einſchätzt als das politiſche und
wirtſchaftliche Rechtsgefühl der Deutſchen. Und nun
betrachten wir uns die Folgen dieſer Zuweiſung
eines ſteiriſchen Landesteiles an ein kraineriſch-ſlowe-
niſches Inſpektorat. Durch obigen Miniſterialerlaß
werden, dem uns vorliegenden Schematismus nach
zu ſchließen, die gewerblichen Fortbildungsſchulen
nachſtehender Orte dem kraineriſch-ſloweniſchen In-
ſpektorate ausgeliefert: Hochenegg, St. Paul bei
Pragwald, Franz, Lichtenwald, Luttenberg, Laufen,
Oberburg, Schönſtein, Oberpulsgau und Pöltſchach. Ob
die Fortbildungsſchule in Saldenhofen (Schulbezirk
Mahrenberg) auch zu jenen mit ſloweniſcher Unter-
richtsſprache gehört, darüber läßt uns der Schema-
tismus im Unklaren und wir können dies augen-
blicklich nicht feſtſtellen. Die deutſchen Kinder, die
jene Schulen beſuchen, ſind ohnehin zumeiſt ſchon
in den Volksſchulen jener Gebiete der Tätigkeit
ſloweniſchnationaler Lehrer ausgeſetzt geweſen; nun
kann ſich jene Tätigkeit unter dem kraineriſchen
Inſpektorate auch in den gewerblichen Fortbildungs-
ſchulen noch „freier“ als bisher entwickeln; die
nationalen Folgen hievon brauchen wir gar nicht
erörtern. Und die aus den ſloweniſchen Volksſchulen
gekommene ſloweniſche Jugend wird ebenfalls noch
länger unter dem nun nicht mehr kontrollierten Ein-
fluſſe der ſüdſlawiſchen Lehreragitatoren ſtehen, bis
ſie ins Jünglingsalter hineingereift iſt und den Kopf
voll haben wird von jenen ſüdſlawiſchen Ideen,
welche jene Lehrer verkünden. Mit dem gewiß über-
objektiven Grazer Inſpektor verlieren jene Lehrer-
agitatoren das letzte Hemmnis — die ſüdſlawiſchen
Schulblüten können ſich dann frei entfalten und
welche Rückwirkung dies dann wieder auf das Zu-
ſammenleben beider Nationen im ſteiriſchen Unter-
lande ausüben wird, braucht hierzulande ebenfalls
nicht näher ausgeführt werden. Es werden unter
ſolchem Schutz und Schirme, der in jenem Miniſte-
rialerlaſſe zutage trat, die windiſchnationalen ge-
werblichen „Fortbildungs“-Schulen ſich bedeutend
vermehren. Die ſloweniſchen Volksſchullehrer, die ja
durchwegs nationale Eiferer ſind und an jenen
„Fortbildungs“-Schulen Nebenbeſchäftigungen er-
halten, werden vom ſloweniſchen Inſpektorate die
glänzendſten Qualifikationen als Fortbildungsſchul-
lehrer erhalten, beſſere als die ſtrenge beurteilten
deutſchen Lehrer und werden daher deutſche Lehrer
auch in deutſchen Gebieten niederkonkurrieren können.
Der deutſche Lehrer wird dieſen auch in deutſchen
Gebieten weichen müſſen. Eine Beſchönigung des
Erlaſſes durch einen Hinweis auf eine Überlaſtung
des Grazer Inſpektorates wäre ſchon deshalb hin-
fällig, weil ja Kärnten hätte losgelöſt werden können;
es ſtecken eben nicht ſachliche Bedürfniſſe, ſondern
ſüdſlawiſche Begierden dahinter!
N. J.
Der erſte Badegaſt.
Novelle von M. Adelmi.
7 (Nachdruck verboten.)
Nachdem ſie ihren Anzug beendet, ging ſie
hinunter in den Garten, um nach ihren Lieblingen,
einigen Frühroſen, zu ſehen, welche in den letzten
Tagen kleine Knoſpenanſätze gezeigt. Sie hatte ein
Kännchen voll Waſſer mitgebracht und begann die
Pflanzen zu gießen, nachdem ſie ſich überzeugt, daß
die letzte milde Nacht ihre Blumen wieder weſentlich
gefördert hatte. Die Beſorgung des Vorgärtchens
hatte ſie ſich vorbehalten und dies gehörte mit zu
ihren liebſten Beſchäftigungen.
Bei Stockhauſens waren noch alle Läden ge-
ſchloſſen, alle Vorhänge herabgelaſſen. Auch die
Frau Oberamtmann wurde gewöhnlich erſt etwas
ſpäter ſichtbar und ihre Gäſte ſchlummerten gewiß
auch noch. Und wenn nicht, — was kümmerte es
Eliſabeth!
Ein Blick auf das Nachbarhaus zeigte ihr
plötzlich des Sängers Fenſter weit geöffnet.
Wenige Minuten ſpäter trat er aus der Haustür,
durchſchritt den Garten, die Straße. Gerade auf
Eliſabeth zugehend, blieb er vor dem niederen
Gitter ſtehen, welches ihre Beſitzung abſchloß und
bot dem jungen Mädchen mit freundlichem Gruße
die Hand.
„So früh ſchon, Fräulein Eliſabeth!“ rief er
ihr entgegen, „und ſo fleißig! — Sie lieben die
Blumen, — natürlich — eine edle, reine Seele
wie die Ihre hat Freude an allem Schönen, an der
lieblichen Natur! — Welcher Blume geben Sie
den Vorzug?“
„Der Roſe — ſie iſt mein Ideal! Ihr Duft
und ihre Schönheit entzücken mich gleich ſehr“, er-
widerte das junge Mädchen beſcheiden.
„Leider kann ich Ihnen noch keine Roſe bieten;
aber dieſe Nelke iſt nicht minder ſchön und duftend.
Ihretwegen bin ich zum Dieb geworden, Fräulein
Eliſabeth! Ich ſah Sie von meinem Fenſter aus,
wünſchte, Ihnen einen guten Morgen zu bieten und
Ihnen, als gute Vorbedeutung für den heutigen
Tag, eine kleine Gabe zu reichen. Lange ſann ich
vergebens nach, womit Sie zu erfreuen wären, da
fiel mir Frau Stockhauſens ſchöner Nelkenſtock ein.
Ich ſchlich leiſe in den Salon und pflückte eine Blüte
für Sie. Ich habe offen gebeichtet. Dafür werden
Sie mir gütig Abſolution erteilen und meine Gabe
nicht verſchmähen.“
„Nein“, ſagte Eliſabeth, beglückt zu ihm auf-
ſchauend. „Ich will ſie nehmen und danke Ihnen
herzlich. Und wäre ſie ſelbſt weniger ſchön, der
Wert des Gebers macht ſie mir wert.“
„Iſt das wahr!“ verſetzte er, ſich tief zu ihr
herabbeugend, ſo daß ſein Atem ihre Wangen ſtreifte.
„Bin ich Ihnen wert?“
Ein heißer Glutblick aus ſeinen unergründlich
dunklen Augen traf ſie. Verwirrt, ſenkte ſie die
Wimpern, während ein leiſes Beben ihren Körper
durchflog.
„Wenn dem ſo iſt, Fräulein Eliſabeth“, fuhr
er mit leiſer Stimme fort, „ſo erbitte auch ich mir
ein Zeichen Ihrer Gunſt zu einer guten Vorbe-
deutung für den heutigen Tag, für mehr vielleicht.“
„Was ſoll ich Ihnen geben?“ fragte ſie tief
erglühend.
„Was es auch ſei, das Geringſte wird mir
teuer ſein durch den Wert der lieben Geberin“, gab
er zurück, ihre Hand ergreifend und an ſeine Lippen
führend.
Ihre Empfindungen zu verbergen, bückte ſie ſich
und brach einen Zweig großblumigen Immergrüns.
„Genügt Ihnen dies?“ fragte ſie mit zittern-
der Stimme.
„Wie ſollte es nicht, — grün iſt die Farbe
der Hoffnung, die bläulichen Blüten verkünden die
Treue“, verſetzte er ſeltſam erregt und barg den
kleinen Zweig in ſeiner Brieftaſche. Dann ihre Hand
aufs neue faſſend, fügte er hinzu: „Sie hätten mir
nichts Lieberes geben können. Aber wiſſen Sie auch
die Bedeutung der roten Nelke? — nein! — ſoll
ich ſie Ihnen ſagen, ſie lautet:
Und wenn ich jedes Blatt beſchriebe,
Und gäbe Duft und Farbe Sinn,
Sie ſagten all’, daß ich dich liebe!
Und glücklich bin! — —
„Guten Morgen, Fräulein Eliſabeth! Schon
ausgeſchlafen?“ weckte eine laute Stimme in nächſter
Nähe das junge Mädchen aus ſeinem Wonnetraum.
Erſchrocken fuhr ſie empor und wandte ſich
um. Ihr Blick traf Herrn Valentin Saumer, der
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