Marburger Zeitung. Nr. 41, Marburg, 05.04.1910.Marburger Zeitung Nr. 41, 5. April 1910 [Spaltenumbruch] Die Sozialversicherungsvorlage. Die Forderungen der Eisenbahner. Der Unterausschuß des Sozialversicherungs- In der Sondererörterung erfolgte zunächst die Der Vertreter des Eisenbahnministeriums gab Zu dieser Außerung des Regierungsvertreters Gegen die Grazer Herbstmesse. Beginn einer gemeinsamen Aktion der Handels- und Gewerbetreibenden. Marburg, 4. April. Seit langer Zeit schon machte sich in den Zum Vorsitzenden wurde der Obmann des [Spaltenumbruch] höflich grüßend den Hut zog. Zürnend schaute sie Doch Brandius hielt sie fest. Stolz maß sein "Ich muß gehen", flüsterte sie. "Mama wird "Vergessen Sie nicht, was die rote Nelke sagt", "War der Herr der Sänger von gestern Abend?" Trotzig preßte sie die Lippen zusammen. Was Er errötete, als er die Veränderung in ihren Elisabeth eilte auf ihr Zimmer, wo sie mit Und wenn ich jedes Blatt beschriebe Und gäbe Duft und Farbe Sinn, Sie sagten all', daß ich dich liebe! tönte es wie Festgesang fort und fort ihr in die Ohren. Einen Moment dachte sie daran, offen der Nachmittags traf ihn Elisabeth unverhofft im Elisabeth hörte ihm verwundert zu. "Ich glaubte", sagte sie schüchtern, "Sie hielten "Ich?" fragte er erstaunt, "warum denn?" Fortsetzung folgt. [Spaltenumbruch] "Herbstmesse" Sand in die Augen. Mit Ausnahme Gemeinderat Herr Gspaltl aus Pettau Herr Arsenschek, Obmann der Kollektiv- Tischlermeister Herr Menhard vom Ge- Herr Rabitsch d. J. sprach ebenfalls davon, Vorsitzender Havlicek erklärte, daß der Es entspann sich dann eine lebhafte Wechsel- Herr Neger machte unter anderem auch da- Herr Loncar verwies darauf, daß bei der Landtagsabg. Neger: Für Dr. v. Neupauer Kaufmann Herr Haber erklärt namens der Marburger Zeitung Nr. 41, 5. April 1910 [Spaltenumbruch] Die Sozialverſicherungsvorlage. Die Forderungen der Eiſenbahner. Der Unterausſchuß des Sozialverſicherungs- In der Sondererörterung erfolgte zunächſt die Der Vertreter des Eiſenbahnminiſteriums gab Zu dieſer Außerung des Regierungsvertreters Gegen die Grazer Herbſtmeſſe. Beginn einer gemeinſamen Aktion der Handels- und Gewerbetreibenden. Marburg, 4. April. Seit langer Zeit ſchon machte ſich in den Zum Vorſitzenden wurde der Obmann des [Spaltenumbruch] höflich grüßend den Hut zog. Zürnend ſchaute ſie Doch Brandius hielt ſie feſt. Stolz maß ſein „Ich muß gehen“, flüſterte ſie. „Mama wird „Vergeſſen Sie nicht, was die rote Nelke ſagt“, „War der Herr der Sänger von geſtern Abend?“ Trotzig preßte ſie die Lippen zuſammen. Was Er errötete, als er die Veränderung in ihren Eliſabeth eilte auf ihr Zimmer, wo ſie mit Und wenn ich jedes Blatt beſchriebe Und gäbe Duft und Farbe Sinn, Sie ſagten all’, daß ich dich liebe! tönte es wie Feſtgeſang fort und fort ihr in die Ohren. Einen Moment dachte ſie daran, offen der Nachmittags traf ihn Eliſabeth unverhofft im Eliſabeth hörte ihm verwundert zu. „Ich glaubte“, ſagte ſie ſchüchtern, „Sie hielten „Ich?“ fragte er erſtaunt, „warum denn?“ Fortſetzung folgt. [Spaltenumbruch] „Herbſtmeſſe“ Sand in die Augen. Mit Ausnahme Gemeinderat Herr Gſpaltl aus Pettau Herr Arſenſchek, Obmann der Kollektiv- Tiſchlermeiſter Herr Menhard vom Ge- Herr Rabitſch d. J. ſprach ebenfalls davon, Vorſitzender Havliček erklärte, daß der Es entſpann ſich dann eine lebhafte Wechſel- Herr Neger machte unter anderem auch da- Herr Loncar verwies darauf, daß bei der Landtagsabg. Neger: Für Dr. v. Neupauer Kaufmann Herr Haber erklärt namens der <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header">Marburger Zeitung Nr. 41, 5. April 1910</fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Sozialverſicherungsvorlage.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Die Forderungen der Eiſenbahner.</hi> </head><lb/> <p>Der Unterausſchuß des Sozialverſicherungs-<lb/> ausſchuſſes hat Ende voriger Woche die §§ 7 bis<lb/> 15 zur Sozialverſicherungsvorlage und damit deren<lb/> erſtes Hauptſtück erledigt. Hiermit ſind die Grund-<lb/> ſätze für die drei großen Verſicherungszweige für<lb/> die Beſchlußfaſſung des Vollausſchuſſes, der nach<lb/> Wiederaufnahme der Vollſitzungen des Abgeord-<lb/> netenhauſes zuſammentreten ſoll, vorbereitet.</p><lb/> <p>In der Sondererörterung erfolgte zunächſt die<lb/> Feſtlegung des Kreiſes der Unfallverſicherungspflicht<lb/> (§ 7). 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Es müſſe feſtgeſtellt werden, daß die Leiſtun-<lb/> gen der öſterreichiſchen Eiſenbahnverwaltung in dieſer<lb/> Richtung höhere ſeien als in anderen Staaten und<lb/> daß die Laſten aus Unfall und Penſion eine Höhe<lb/> erreicht haben, die als die äußerſte bezeichnet werden<lb/> müſſe. Es käme auch nirgends ſonſt vor, daß im<lb/> Falle der Penſionierung auch noch die Unfallsrente<lb/> fortgezahlt werde. Darauf ſei es auch zurückzuführen,<lb/> daß ſich unter den Eiſenbahnern eine gewiſſe Er-<lb/> ſcheinung zeige, verhältnismäßig frühzeitg die Pen-<lb/> ſionierung anzuſtreben.</p><lb/> <p>Zu dieſer Außerung des Regierungsvertreters<lb/> nahm die Mehrzahl der Mitglieder des Unteraus-<lb/> ſchuſſes dahin Stellung, daß die Lage der Eiſen-<lb/> bahner durch die Sozialverſicherung keine Verſchlech-<lb/> terung erfahren dürfe. 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April.</dateline><lb/> <p>Seit langer Zeit ſchon machte ſich in den<lb/> Kreiſen der unterſteiriſchen Geſchäftswelt, der Handels-<lb/><cb/> und Gewerbetreibenden, eine ſtarke Mißſtimmung<lb/> gegen manche Begleiterſcheinungen der Grazer Herbſt-<lb/> meſſe geltend, die ſich ſchon bei den verſchiedenſten<lb/> Anläſſen äußerte. Nunmehr haben ſich verſchiedene<lb/> Organiſationen zu einer Aktion vereinigt und man<lb/> hofft, nicht nur das ganze Unterland, ſondern auch<lb/> das Oberland zu einem gemeinſamen Vorgehen be-<lb/> ſtimmen zu können. Die vorbereitenden Arbeiten<lb/> ſind bereits ſoweit ſoweit gediehen, daß von ver-<lb/> ſchiedenen unterſteiriſchen Köperſchaften nach Mar-<lb/> burg eine Verſammlung einberufen wurde, die im<lb/> Hotel „Mohr“ ſtattfand. Vertreten waren der Mar-<lb/> burger Gewerbeverein, der nun faſt 500 Mitglieder<lb/> zählt, der Deutſche Handwerkerverein für Marburg<lb/> und Umgebung, das Handelsgremium Marburg,<lb/> die Marburger Mitglieder des Bundes der Kauf-<lb/> leute, das Handelsgremium Pettau, der Gewerbe-<lb/> verein Pettau, die Kollektivgenoſſenſchaft von Windiſch-<lb/> Feiſtritz, der Marburger Genoſſenſchaftsverband und<lb/> andere Organiſationen; außerdem waren aus<lb/> anderen Städten und Märkten Unterſteiers zu-<lb/> ſtimmende Kundgebungen eingelangt.</p><lb/> <p>Zum Vorſitzenden wurde der Obmann des<lb/> Marburger Gewerbevereines Gemeinderat Herr<lb/><hi rendition="#g">Havli<hi rendition="#aq">č</hi>ek</hi> gewählt. In ſeinen einleitenden Aus-<lb/> führungen ſagte der Redner u. a., daß es ſchon<lb/> damals, als die Grazer Herbſtmeſſe eingeführt<lb/> wurde, in der Handels- und Gewerbekammer, der<lb/> Redner als Kammerrat angehörte, nur mit ſchwerer<lb/> Mühe durchgeſetzt werden konnte, den Veranſtaltern<lb/> der Herbſtmeſſe eine Subvention aus den Umlagen<lb/> der Kammer zu gewähren. Damals, ſagte der Redner,<lb/> ahnten wir aber noch gar nicht, welche ſchwere<lb/> Folgen die Herbſtmeſſe für das Unterland und für<lb/> die ſonſtige Steiermark haben werde. Jeder Grazer<lb/> Herbſtmeſſe folgt in der Provinz ein wochenlanger<lb/> geſchäftlicher Katzenjammer. Aus der unterſteiriſchen<lb/> Gewerbewelt hat man ſich daher nach Marburg<lb/> mit dem Erſuchen gewandt, von hier aus eine<lb/> Aktion gegen die den Handel und das Gewerbe<lb/> ſchwer ſchädigenden Begleiterſcheinungen der Grazer<lb/> Herbſtmeſſe einzuleiten. Allerdings könne man nicht<lb/> an ein Verbot der Grazer Herbſtmeſſe denken, da<lb/> ein ſolches nicht zu erreichen ſei; dafür ſtehen uns<lb/> aber, ſagte der Redner, andere Abwehrmittel zu<lb/> Gebote. Es müſſe vor allem darnach getrachtet<lb/> werden, daß die Veranſtalter der Grazer Herbſt-<lb/> meſſe von der Handels- u. Gewerbekammer, deren hohe<lb/> Umlagen ja auch wir in der Provinz aufbringen<lb/> müſſen, ſowie vom Landtage nicht mehr ſubven-<lb/> tioniert werden. Man könne von den Handels- und<lb/> Gewerbetreibenden in Steiermark, mit Ausnahme<lb/> von Graz, doch nicht verlangen, daß ſie für die<lb/> Grazer Herbſtmeſſe, welche ſie alljährlich ſchwer<lb/> ſchädigt, außerdem noch aus Kammer- und Landes-<lb/> umlagen noch weitere finanzielle Opfer bringen.<lb/> Gegen ein großes Volksfeſt in Graz könne natür-<lb/> lich keine Einwendung erhoben werden; ein ſolches<lb/> unterſcheide ſich aber ganz weſentlich von einer<lb/> Meſſe. Redner verweiſt auf die Volksfeſte in München<lb/> (Oktoberfeſt), Linz und Wels; keines von ihnen<lb/> ſtreue den Leuten mit dem hochtrabenden Titel</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="badegast2" prev="#badegast1" type="jArticle" n="2"> <p>höflich grüßend den Hut zog. Zürnend ſchaute ſie<lb/> ihn an, drückte leiſe des Sängers Hand und wollte<lb/> mit einem herzlichen „Auf Wiederſehen!“ ſich ent-<lb/> fernen.</p><lb/> <p>Doch Brandius hielt ſie feſt. Stolz maß ſein<lb/> Auge den Dozenten, der ebenſo ſtolz den Blick<lb/> zurückgab.</p><lb/> <p>„Ich muß gehen“, flüſterte ſie. „Mama wird<lb/> mich zum Frühſtück erwarten.“</p><lb/> <p>„Vergeſſen Sie nicht, was die rote Nelke ſagt“,<lb/> gab er leiſe zurück, führte noch einmal ihre Hand<lb/> an ſeine Lippen und entfernte ſich langſam, die<lb/> Richtung nach dem Kurgarten einſchlagend.</p><lb/> <p>„War der Herr der Sänger von geſtern Abend?“<lb/> fragte Saumer, nachdem jener außer Gehörweite<lb/> war, Eliſabeths Blick aber ihm folgte, während ſie<lb/> ſchnell dem Hauſe zuſchritt.</p><lb/> <p>Trotzig preßte ſie die Lippen zuſammen. Was<lb/> kümmerte es den Dozenten, mit wem ſie geſprochen,<lb/> und wer es geweſen? Eine heftige Entgegnung ſollte<lb/> ihm den Standpunkt klar machen, ihm ein für alle-<lb/> mal bedeuten, daß ſie nichts von ihm wiſſen wolle.<lb/> Da begegnete ihr Blick dem ſeinen. 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Er forderte den Doktor<lb/> auf, ihn auf ſeinem Morgenſpaziergang zu begleiten<lb/> und verließ mit ihm den Garten.</p><lb/> <p>Eliſabeth eilte auf ihr Zimmer, wo ſie mit<lb/> leuchtenden Augen Brandius’ Gabe immer von<lb/> neuem anſchaute und zärtlich küßte.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Und wenn ich jedes Blatt beſchriebe</l><lb/> <l>Und gäbe Duft und Farbe Sinn,</l><lb/> <l>Sie ſagten all’, daß ich dich liebe!</l> </lg><lb/> <p>tönte es wie Feſtgeſang fort und fort ihr in die Ohren.</p><lb/> <p>Einen Moment dachte ſie daran, offen der<lb/> Mutter ihre Begegnung mit dem Sänger zu be-<lb/> richten, aber dann fiel ihr ein, wie ſtreng jene ſie<lb/> geſtern zurechtgewieſen, wie ſehr ſie gegen den<lb/> Künſtler eingenommen. So hielt Eliſabeth es für<lb/> beſſer zu ſchweigen.</p><lb/> <p>Nachmittags traf ihn Eliſabeth unverhofft im<lb/> Kurgarten. Er kam ſogleich auf ſie zu und ſprach<lb/> ſeine Freude aus, ſie wiederzuſehen. Eine halbe<lb/> Stunde verging ihnen wie im Fluge. Er hatte ſie<lb/> nach Saumer befragt, wobei er eine eiferſüchtige<lb/> Regung nicht ganz zu unterdrücken vermochte. Dann<lb/> ſprach er von Frau Stockhauſen, die er als eine<lb/> gute, aber etwas philiſterhafte Dame bezeichnete,<lb/> während er Konſtanze ein Hohlköpfchen mit einer<lb/> ſchönen Maske nannte.</p><lb/> <p>Eliſabeth hörte ihm verwundert zu.</p><lb/> <p>„Ich glaubte“, ſagte ſie ſchüchtern, „Sie hielten<lb/> beſondere Stücke auf Konſtanze.“</p><lb/> <p>„Ich?“ fragte er erſtaunt, „warum denn?“</p><lb/> <p> <ref> <hi rendition="#right">Fortſetzung folgt.</hi> </ref> </p> </div> </div><lb/> <cb/> <div type="jFinancialNews" n="1"> <div xml:id="herbstmesse2" prev="#herbstmesse1" type="jArticle" n="2"> <p>„Herbſtmeſſe“ Sand in die Augen. Mit Ausnahme<lb/> von Brünn, wo eine tatſächliche Warenmeſſe<lb/> noch beſtehe, gebe es in ganz Öſterreich keine<lb/> Meſſen mehr.</p><lb/> <p>Gemeinderat Herr <hi rendition="#g">Gſpaltl</hi> aus Pettau<lb/> ſprach namens des Pettauer Gewerbevereines und<lb/> des Handelsgremiums und ſtellte den Antrag, es<lb/> mögen ſämtliche Handelsgremien und gewerblichen<lb/> Vereinigungen von ganz Unter-, Mittel- und<lb/> Oberſteter zu einer gemeinſamen, gegen die Schäden<lb/> der Grazer Herbſtmeſſe gerichteten Aktion aufge-<lb/> fordert worden. Bei dem im Mai ſtattfindenden,<lb/> nach Pettau gerichteten Ausflug des Marburger<lb/> Gewerbevereines möge dann in <hi rendition="#g">Pettau</hi> die nächſte<lb/> Organiſationsbeſprechung der verſchiedenſten Inter-<lb/> eſſentenkreiſe ſtattfinden. Dieſer Beratung ſoll dann<lb/> die nächſte in <hi rendition="#g">Cilli</hi> folgen. Der Redner beſprach<lb/> noch die Schäden, welche insbeſondere dem Handels-<lb/> ſtande, aber auch den Gewerbetreibenden durch die<lb/> Grazer Herbſtmeſſe zugefügt werden und trat dafür<lb/> ein, daß im Unter- und Oberlande kräftig dahin<lb/> gewirkt werde, daß zumindeſt allen Geſchäftsleuten<lb/> der Nichtbeſuch der Grazer Herbſtmeſſe zur Standes-<lb/> pflicht gemacht werde.</p><lb/> <p>Herr <hi rendition="#g">Arſenſchek,</hi> Obmann der Kollektiv-<lb/> genoſſenſchaft von Windiſch-Feiſtritz, klagte ebenfalls<lb/> über die volkswirtſchaftlichen Schäden der Grazer<lb/> Herbſtmeſſe, die allgemeine Bedrückung des Gewerbes,<lb/> und regte an, in Unterſteier Gewerbeausſtellungen<lb/> zu veranſtalten.</p><lb/> <p>Tiſchlermeiſter Herr <hi rendition="#g">Menhard</hi> vom Ge-<lb/> noſſenſchaftsverbande kritiſierte ſcharf die Art, in<lb/> welcher bei der Grazer Herbſtmeſſe die ausgeſtellten<lb/> Arbeiten prämiiert werden; mögen auswärtige, nicht<lb/> in Graz wohnhafte Gewerbetreibende noch ſo ſchöne<lb/> und muſterhafte Arbeiten zur Ausſtellung bringen<lb/> — prämiiert werden ſie doch nicht oder höchſtens<lb/> nur mit den niederen Preiſen. Redner werde ſich<lb/> daher nie mehr die Mühe nehmen, etwas nach Graz<lb/> zur Ausſtellung zu ſenden und ſo ſollen es alle<lb/> ſteiriſchen Gewerbetreibenden machen.</p><lb/> <p>Herr <hi rendition="#g">Rabitſch</hi> d. J. ſprach ebenfalls davon,<lb/> daß in Graz bei den Ausſtellungen eine Protektions-<lb/> wirtſchaft herrſche. (Rufe: Einſpinner!) Redner ver-<lb/> langte die Aufſtellung eines Programmes für ein<lb/> einheitliches Vorgehen.</p><lb/> <p>Vorſitzender <hi rendition="#g">Havli<hi rendition="#aq">č</hi>ek</hi> erklärte, daß der<lb/> Pettauer Verſammlung ein fertiges Elaborat vor-<lb/> gelegt werden wird, welches die Grundlage des<lb/> weiteren gemeinſamen Vorgehens in der Angelegen-<lb/> heit bilden ſoll. Es müßten dann bald an die<lb/> Kammer ꝛc. die Eingaben gerichtet werden, welche ſich<lb/> gegen die Subventionierung der Herbſtmeſſe wenden.</p><lb/> <p>Es entſpann ſich dann eine lebhafte Wechſel-<lb/> rede über die Preſſe und über die Rückſichten, welche<lb/> dieſe gegen die nicht in Graz wohnende Bevölkerung<lb/> der Steiermark üben ſolle. Es ſprachen zum Kapitel<lb/> Preſſe die Herren Gſpaltl, Havli<hi rendition="#aq">č</hi>ek, Rabitſch d. J.,<lb/> Scheidbach (welch letzterer u. a. noch bemerkte,<lb/> Marburg ſolle den übrigen Städten und Märkten<lb/> Steiermarks nicht die Kaſtanien aus dem Feuer<lb/> holen, was Widerſpruch erweckte), Landtagsabg.<lb/><hi rendition="#g">Neger</hi> und andere Redner.</p><lb/> <p>Herr <hi rendition="#g">Neger</hi> machte unter anderem auch da-<lb/> rauf aufmerkſam, daß diesmal in der Induſtriehalle<lb/> auch Waren verkauft werden ſollen.</p><lb/> <p>Herr <hi rendition="#g">Loncar</hi> verwies darauf, daß bei der<lb/> kürzlich ſtattgefundenen Hauptverſammlung des<lb/> Hausbeſitzervereines für Marburg und Umgebung<lb/> der Obmann des Grazer Hausbeſitzervereines, Herr<lb/> Prof. Dr. <hi rendition="#g">Mitteregger,</hi> die Erklärung abge-<lb/> geben habe, daß man in Graz gar nicht daran<lb/> denke, die Stadt Marburg oder ſonſtige Landesge-<lb/> biete zu ſchädigen und daß auch Herr v. <hi rendition="#g">Neu-<lb/> pauer</hi> in Graz trotz ſeiner bekannten Rede, wie er<lb/> ihm ſelbſt erklärt habe, kein Gegner der Marburg—<lb/> Wieſer Bahn ſei. Einige Tage ſpäter habe Doktor<lb/> v. Neupauer eine Erklärung veröffentlicht, aus wel-<lb/> cher das ſtrikte und feindliche Gegenteil von dem<lb/> herausklang, was Dr. Mitteregger zur Beruhigung<lb/> der Marburger im hieſigen Hausbeſitzerverein ge-<lb/> ſagt habe. (Stürmiſche Entrüſtungsrufe.)</p><lb/> <p>Landtagsabg. <hi rendition="#g">Neger:</hi> Für Dr. v. Neupauer<lb/> beginne eben die ganze Steiermark und hört ſie auf<lb/> in — Graz. (Stürmiſcher Beifall.)</p><lb/> <p>Kaufmann Herr <hi rendition="#g">Haber</hi> erklärt namens der<lb/> Marburger Mitglieder des Bandes der Kauf-<lb/> leute in Steiermark, daß dieſe nicht, wie der Ge-<lb/> werbevereinsobmann Herr Havli<hi rendition="#aq">č</hi>ek in ſeiner Rede<lb/> u. a. ſagte, in allen ihren Aktionen von Herrn<lb/><hi rendition="#g">Weliſch</hi> in Graz abhängig ſeien; ſie ſeien viel-<lb/> mehr in allen ihren Entſchließungen von Graz voll-<lb/> kommen unabhängig. Redners perſönlicher Stand-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Marburger Zeitung Nr. 41, 5. April 1910
Die Sozialverſicherungsvorlage.
Die Forderungen der Eiſenbahner.
Der Unterausſchuß des Sozialverſicherungs-
ausſchuſſes hat Ende voriger Woche die §§ 7 bis
15 zur Sozialverſicherungsvorlage und damit deren
erſtes Hauptſtück erledigt. Hiermit ſind die Grund-
ſätze für die drei großen Verſicherungszweige für
die Beſchlußfaſſung des Vollausſchuſſes, der nach
Wiederaufnahme der Vollſitzungen des Abgeord-
netenhauſes zuſammentreten ſoll, vorbereitet.
In der Sondererörterung erfolgte zunächſt die
Feſtlegung des Kreiſes der Unfallverſicherungspflicht
(§ 7). Dieſe Beſtimmungen gaben Anlaß zu einer
grundſätzlichen Ausſprache über die Stellung der
Eiſenbahnunternehmungen zur Sozialverſicherung.
Dieſe bietet den Eiſenbahnbedienſteten weniger, als
ſie gegenwärtig im Falle der Penſionierung — auch
bei Unfall — erhalten. Es haben daher die Eiſen-
bahner — ohne Unterſchied der Parteiſtellung und
Nation — einmütig die Forderung geſtellt, es möge
ihnen das, was ſie heute genießen, auch in der
Sozialverſicherungsvorlage belaſſen werden; an-
derenfalls würden ſie es vorziehen, in die Sozial-
verſicherung nicht einbezogen zu werden, wie bisher
durch ein eigenes Geſetz die Verſicherung für Alter
und Invalidität zu genießen.
Der Vertreter des Eiſenbahnminiſteriums gab
die Erklärung ab, daß er augenblicklich nicht in der
Lage ſei, in dieſer Frage endgültig Stellung zu
nehmen. Es müſſe feſtgeſtellt werden, daß die Leiſtun-
gen der öſterreichiſchen Eiſenbahnverwaltung in dieſer
Richtung höhere ſeien als in anderen Staaten und
daß die Laſten aus Unfall und Penſion eine Höhe
erreicht haben, die als die äußerſte bezeichnet werden
müſſe. Es käme auch nirgends ſonſt vor, daß im
Falle der Penſionierung auch noch die Unfallsrente
fortgezahlt werde. Darauf ſei es auch zurückzuführen,
daß ſich unter den Eiſenbahnern eine gewiſſe Er-
ſcheinung zeige, verhältnismäßig frühzeitg die Pen-
ſionierung anzuſtreben.
Zu dieſer Außerung des Regierungsvertreters
nahm die Mehrzahl der Mitglieder des Unteraus-
ſchuſſes dahin Stellung, daß die Lage der Eiſen-
bahner durch die Sozialverſicherung keine Verſchlech-
terung erfahren dürfe. Es möge wohl eine endgültige
Regelung der Penſionsverhältniſſe erfolgen, keines-
falls aber auf Koſten des bisherigen Zuſtandes.
Der Unterausſchuß beſchloß daher, die Eiſenbahn-
unternehmungen in der Sozialverſicherung zu be-
laſſen und bei der Beratung über die §§ 228 bis
232 entſprechende Abänderungen zu Gunſten der
Eiſenbahner vorzunehmen.
Gegen die Grazer Herbſtmeſſe.
Beginn einer gemeinſamen Aktion der
Handels- und Gewerbetreibenden.
Marburg, 4. April.
Seit langer Zeit ſchon machte ſich in den
Kreiſen der unterſteiriſchen Geſchäftswelt, der Handels-
und Gewerbetreibenden, eine ſtarke Mißſtimmung
gegen manche Begleiterſcheinungen der Grazer Herbſt-
meſſe geltend, die ſich ſchon bei den verſchiedenſten
Anläſſen äußerte. Nunmehr haben ſich verſchiedene
Organiſationen zu einer Aktion vereinigt und man
hofft, nicht nur das ganze Unterland, ſondern auch
das Oberland zu einem gemeinſamen Vorgehen be-
ſtimmen zu können. Die vorbereitenden Arbeiten
ſind bereits ſoweit ſoweit gediehen, daß von ver-
ſchiedenen unterſteiriſchen Köperſchaften nach Mar-
burg eine Verſammlung einberufen wurde, die im
Hotel „Mohr“ ſtattfand. Vertreten waren der Mar-
burger Gewerbeverein, der nun faſt 500 Mitglieder
zählt, der Deutſche Handwerkerverein für Marburg
und Umgebung, das Handelsgremium Marburg,
die Marburger Mitglieder des Bundes der Kauf-
leute, das Handelsgremium Pettau, der Gewerbe-
verein Pettau, die Kollektivgenoſſenſchaft von Windiſch-
Feiſtritz, der Marburger Genoſſenſchaftsverband und
andere Organiſationen; außerdem waren aus
anderen Städten und Märkten Unterſteiers zu-
ſtimmende Kundgebungen eingelangt.
Zum Vorſitzenden wurde der Obmann des
Marburger Gewerbevereines Gemeinderat Herr
Havliček gewählt. In ſeinen einleitenden Aus-
führungen ſagte der Redner u. a., daß es ſchon
damals, als die Grazer Herbſtmeſſe eingeführt
wurde, in der Handels- und Gewerbekammer, der
Redner als Kammerrat angehörte, nur mit ſchwerer
Mühe durchgeſetzt werden konnte, den Veranſtaltern
der Herbſtmeſſe eine Subvention aus den Umlagen
der Kammer zu gewähren. Damals, ſagte der Redner,
ahnten wir aber noch gar nicht, welche ſchwere
Folgen die Herbſtmeſſe für das Unterland und für
die ſonſtige Steiermark haben werde. Jeder Grazer
Herbſtmeſſe folgt in der Provinz ein wochenlanger
geſchäftlicher Katzenjammer. Aus der unterſteiriſchen
Gewerbewelt hat man ſich daher nach Marburg
mit dem Erſuchen gewandt, von hier aus eine
Aktion gegen die den Handel und das Gewerbe
ſchwer ſchädigenden Begleiterſcheinungen der Grazer
Herbſtmeſſe einzuleiten. Allerdings könne man nicht
an ein Verbot der Grazer Herbſtmeſſe denken, da
ein ſolches nicht zu erreichen ſei; dafür ſtehen uns
aber, ſagte der Redner, andere Abwehrmittel zu
Gebote. Es müſſe vor allem darnach getrachtet
werden, daß die Veranſtalter der Grazer Herbſt-
meſſe von der Handels- u. Gewerbekammer, deren hohe
Umlagen ja auch wir in der Provinz aufbringen
müſſen, ſowie vom Landtage nicht mehr ſubven-
tioniert werden. Man könne von den Handels- und
Gewerbetreibenden in Steiermark, mit Ausnahme
von Graz, doch nicht verlangen, daß ſie für die
Grazer Herbſtmeſſe, welche ſie alljährlich ſchwer
ſchädigt, außerdem noch aus Kammer- und Landes-
umlagen noch weitere finanzielle Opfer bringen.
Gegen ein großes Volksfeſt in Graz könne natür-
lich keine Einwendung erhoben werden; ein ſolches
unterſcheide ſich aber ganz weſentlich von einer
Meſſe. Redner verweiſt auf die Volksfeſte in München
(Oktoberfeſt), Linz und Wels; keines von ihnen
ſtreue den Leuten mit dem hochtrabenden Titel
höflich grüßend den Hut zog. Zürnend ſchaute ſie
ihn an, drückte leiſe des Sängers Hand und wollte
mit einem herzlichen „Auf Wiederſehen!“ ſich ent-
fernen.
Doch Brandius hielt ſie feſt. Stolz maß ſein
Auge den Dozenten, der ebenſo ſtolz den Blick
zurückgab.
„Ich muß gehen“, flüſterte ſie. „Mama wird
mich zum Frühſtück erwarten.“
„Vergeſſen Sie nicht, was die rote Nelke ſagt“,
gab er leiſe zurück, führte noch einmal ihre Hand
an ſeine Lippen und entfernte ſich langſam, die
Richtung nach dem Kurgarten einſchlagend.
„War der Herr der Sänger von geſtern Abend?“
fragte Saumer, nachdem jener außer Gehörweite
war, Eliſabeths Blick aber ihm folgte, während ſie
ſchnell dem Hauſe zuſchritt.
Trotzig preßte ſie die Lippen zuſammen. Was
kümmerte es den Dozenten, mit wem ſie geſprochen,
und wer es geweſen? Eine heftige Entgegnung ſollte
ihm den Standpunkt klar machen, ihm ein für alle-
mal bedeuten, daß ſie nichts von ihm wiſſen wolle.
Da begegnete ihr Blick dem ſeinen. Treuherzig
ſchauten die großen, geiſtvollen Augen ſie an, voll
ſchmerzlicher Wehmut und inniger Teilnahme. Eli-
ſabeths Zorn ſchwand, ihre finſteren Züge hellten
ſich auf. Sie wußte mit einem Male, daß er ſie
liebte, daß er um ſie litt.
Er errötete, als er die Veränderung in ihren
Mienen wahrnahm, aber bevor ſie ein weiteres
Wort gewechſelt, trat Herr Meinhardt mit freund-
lichem Gruß aus dem Hauſe. Er forderte den Doktor
auf, ihn auf ſeinem Morgenſpaziergang zu begleiten
und verließ mit ihm den Garten.
Eliſabeth eilte auf ihr Zimmer, wo ſie mit
leuchtenden Augen Brandius’ Gabe immer von
neuem anſchaute und zärtlich küßte.
Und wenn ich jedes Blatt beſchriebe
Und gäbe Duft und Farbe Sinn,
Sie ſagten all’, daß ich dich liebe!
tönte es wie Feſtgeſang fort und fort ihr in die Ohren.
Einen Moment dachte ſie daran, offen der
Mutter ihre Begegnung mit dem Sänger zu be-
richten, aber dann fiel ihr ein, wie ſtreng jene ſie
geſtern zurechtgewieſen, wie ſehr ſie gegen den
Künſtler eingenommen. So hielt Eliſabeth es für
beſſer zu ſchweigen.
Nachmittags traf ihn Eliſabeth unverhofft im
Kurgarten. Er kam ſogleich auf ſie zu und ſprach
ſeine Freude aus, ſie wiederzuſehen. Eine halbe
Stunde verging ihnen wie im Fluge. Er hatte ſie
nach Saumer befragt, wobei er eine eiferſüchtige
Regung nicht ganz zu unterdrücken vermochte. Dann
ſprach er von Frau Stockhauſen, die er als eine
gute, aber etwas philiſterhafte Dame bezeichnete,
während er Konſtanze ein Hohlköpfchen mit einer
ſchönen Maske nannte.
Eliſabeth hörte ihm verwundert zu.
„Ich glaubte“, ſagte ſie ſchüchtern, „Sie hielten
beſondere Stücke auf Konſtanze.“
„Ich?“ fragte er erſtaunt, „warum denn?“
Fortſetzung folgt.
„Herbſtmeſſe“ Sand in die Augen. Mit Ausnahme
von Brünn, wo eine tatſächliche Warenmeſſe
noch beſtehe, gebe es in ganz Öſterreich keine
Meſſen mehr.
Gemeinderat Herr Gſpaltl aus Pettau
ſprach namens des Pettauer Gewerbevereines und
des Handelsgremiums und ſtellte den Antrag, es
mögen ſämtliche Handelsgremien und gewerblichen
Vereinigungen von ganz Unter-, Mittel- und
Oberſteter zu einer gemeinſamen, gegen die Schäden
der Grazer Herbſtmeſſe gerichteten Aktion aufge-
fordert worden. Bei dem im Mai ſtattfindenden,
nach Pettau gerichteten Ausflug des Marburger
Gewerbevereines möge dann in Pettau die nächſte
Organiſationsbeſprechung der verſchiedenſten Inter-
eſſentenkreiſe ſtattfinden. Dieſer Beratung ſoll dann
die nächſte in Cilli folgen. Der Redner beſprach
noch die Schäden, welche insbeſondere dem Handels-
ſtande, aber auch den Gewerbetreibenden durch die
Grazer Herbſtmeſſe zugefügt werden und trat dafür
ein, daß im Unter- und Oberlande kräftig dahin
gewirkt werde, daß zumindeſt allen Geſchäftsleuten
der Nichtbeſuch der Grazer Herbſtmeſſe zur Standes-
pflicht gemacht werde.
Herr Arſenſchek, Obmann der Kollektiv-
genoſſenſchaft von Windiſch-Feiſtritz, klagte ebenfalls
über die volkswirtſchaftlichen Schäden der Grazer
Herbſtmeſſe, die allgemeine Bedrückung des Gewerbes,
und regte an, in Unterſteier Gewerbeausſtellungen
zu veranſtalten.
Tiſchlermeiſter Herr Menhard vom Ge-
noſſenſchaftsverbande kritiſierte ſcharf die Art, in
welcher bei der Grazer Herbſtmeſſe die ausgeſtellten
Arbeiten prämiiert werden; mögen auswärtige, nicht
in Graz wohnhafte Gewerbetreibende noch ſo ſchöne
und muſterhafte Arbeiten zur Ausſtellung bringen
— prämiiert werden ſie doch nicht oder höchſtens
nur mit den niederen Preiſen. Redner werde ſich
daher nie mehr die Mühe nehmen, etwas nach Graz
zur Ausſtellung zu ſenden und ſo ſollen es alle
ſteiriſchen Gewerbetreibenden machen.
Herr Rabitſch d. J. ſprach ebenfalls davon,
daß in Graz bei den Ausſtellungen eine Protektions-
wirtſchaft herrſche. (Rufe: Einſpinner!) Redner ver-
langte die Aufſtellung eines Programmes für ein
einheitliches Vorgehen.
Vorſitzender Havliček erklärte, daß der
Pettauer Verſammlung ein fertiges Elaborat vor-
gelegt werden wird, welches die Grundlage des
weiteren gemeinſamen Vorgehens in der Angelegen-
heit bilden ſoll. Es müßten dann bald an die
Kammer ꝛc. die Eingaben gerichtet werden, welche ſich
gegen die Subventionierung der Herbſtmeſſe wenden.
Es entſpann ſich dann eine lebhafte Wechſel-
rede über die Preſſe und über die Rückſichten, welche
dieſe gegen die nicht in Graz wohnende Bevölkerung
der Steiermark üben ſolle. Es ſprachen zum Kapitel
Preſſe die Herren Gſpaltl, Havliček, Rabitſch d. J.,
Scheidbach (welch letzterer u. a. noch bemerkte,
Marburg ſolle den übrigen Städten und Märkten
Steiermarks nicht die Kaſtanien aus dem Feuer
holen, was Widerſpruch erweckte), Landtagsabg.
Neger und andere Redner.
Herr Neger machte unter anderem auch da-
rauf aufmerkſam, daß diesmal in der Induſtriehalle
auch Waren verkauft werden ſollen.
Herr Loncar verwies darauf, daß bei der
kürzlich ſtattgefundenen Hauptverſammlung des
Hausbeſitzervereines für Marburg und Umgebung
der Obmann des Grazer Hausbeſitzervereines, Herr
Prof. Dr. Mitteregger, die Erklärung abge-
geben habe, daß man in Graz gar nicht daran
denke, die Stadt Marburg oder ſonſtige Landesge-
biete zu ſchädigen und daß auch Herr v. Neu-
pauer in Graz trotz ſeiner bekannten Rede, wie er
ihm ſelbſt erklärt habe, kein Gegner der Marburg—
Wieſer Bahn ſei. Einige Tage ſpäter habe Doktor
v. Neupauer eine Erklärung veröffentlicht, aus wel-
cher das ſtrikte und feindliche Gegenteil von dem
herausklang, was Dr. Mitteregger zur Beruhigung
der Marburger im hieſigen Hausbeſitzerverein ge-
ſagt habe. (Stürmiſche Entrüſtungsrufe.)
Landtagsabg. Neger: Für Dr. v. Neupauer
beginne eben die ganze Steiermark und hört ſie auf
in — Graz. (Stürmiſcher Beifall.)
Kaufmann Herr Haber erklärt namens der
Marburger Mitglieder des Bandes der Kauf-
leute in Steiermark, daß dieſe nicht, wie der Ge-
werbevereinsobmann Herr Havliček in ſeiner Rede
u. a. ſagte, in allen ihren Aktionen von Herrn
Weliſch in Graz abhängig ſeien; ſie ſeien viel-
mehr in allen ihren Entſchließungen von Graz voll-
kommen unabhängig. Redners perſönlicher Stand-
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