Marburger Zeitung. Nr. 50, Marburg, 05.05.1914.Nr. 50, 5. Mai 1914 Marburger Zeitung [Spaltenumbruch] Mit umso größerem Befremden mußte es daher Die neue Fassung des Artikels 2 macht einen Für den Weinhändler wird das Weinmost- Eine verhängnisvolle Bestimmung. Die schwerwiegendste Änderung, die durch Ein altes, abschreckend häßliches Weib empfing "Ich möchte Peter Gatschef sprechen." "Zu Herrn Gatschef wollen Sie? Ja, der wohnt "Bedauere, ich muß ihn persönlich sprechen." "Ja dann bleibt Ihnen nichts anderes übrig, Ein ziemlich großer Mann trat in den Laden, (Fortsetzung folgt.) [Spaltenumbruch] werden, da dadurch der steirische Weinbau und Hier möchte ich einflechten, daß die Erfahrung In unserem größten und bedeutendsten Wein- In ähnlicher Weise, vielleicht noch empfind- Der Umstand, daß laut Punkt c nur Wein- Die Folgen für den Weinhandel. Um die Größe der Tragweite des verhängnis- Es ist selbstverständlich, daß der Weinhandel Durch die Zuckerung bleibt bekanntlich der Bei den bisher bestandenen Verhältnissen war Durch die neuen Bestimmungen wird das Ge- Weinmoste, die sich zum Süßausschank eignen, Um ein größeres Mostgeschäft zu erzielen, muß An Ungarn ausgeliefert. Was das Geschäft mit dem ausgegorenen Ich möchte nun meine Ausführungen kurz Wenn es nicht gelingen sollte, die neue Ver- Nr. 50, 5. Mai 1914 Marburger Zeitung [Spaltenumbruch] Mit umſo größerem Befremden mußte es daher Die neue Faſſung des Artikels 2 macht einen Für den Weinhändler wird das Weinmoſt- Eine verhängnisvolle Beſtimmung. Die ſchwerwiegendſte Änderung, die durch Ein altes, abſchreckend häßliches Weib empfing „Ich möchte Peter Gatſchef ſprechen.“ „Zu Herrn Gatſchef wollen Sie? Ja, der wohnt „Bedauere, ich muß ihn perſönlich ſprechen.“ „Ja dann bleibt Ihnen nichts anderes übrig, Ein ziemlich großer Mann trat in den Laden, (Fortſetzung folgt.) [Spaltenumbruch] werden, da dadurch der ſteiriſche Weinbau und Hier möchte ich einflechten, daß die Erfahrung In unſerem größten und bedeutendſten Wein- In ähnlicher Weiſe, vielleicht noch empfind- Der Umſtand, daß laut Punkt c nur Wein- Die Folgen für den Weinhandel. Um die Größe der Tragweite des verhängnis- Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß der Weinhandel Durch die Zuckerung bleibt bekanntlich der Bei den bisher beſtandenen Verhältniſſen war Durch die neuen Beſtimmungen wird das Ge- Weinmoſte, die ſich zum Süßausſchank eignen, Um ein größeres Moſtgeſchäft zu erzielen, muß An Ungarn ausgeliefert. Was das Geſchäft mit dem ausgegorenen Ich möchte nun meine Ausführungen kurz Wenn es nicht gelingen ſollte, die neue Ver- <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0003" n="3"/> <fw place="top" type="header">Nr. 50, 5. Mai 1914 Marburger Zeitung</fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="a1b" prev="#a1a" type="jArticle" n="2"> <p>Mit umſo größerem Befremden mußte es daher<lb/> alle Intereſſenten erfüllen, als durch die Verordnung<lb/> der k. k. Miniſterien des Ackerbaues, des Handels<lb/> und des Innern vom 18. März 1914 eine Ab-<lb/> änderung und Ergänzung der bisher geltenden<lb/> Durchführungsbeſtimmnngen erfolgte, welche Ver-<lb/> ordnung durch den Erlaß vom 18. März 1914,<lb/> Zahl 12688, noch eine weitere weſentliche Ver-<lb/> ſchärfung erfuhr.</p><lb/> <p>Die neue Faſſung des Artikels 2 macht einen<lb/> Unterſchied bei den Zuckerungsanſuchen, ob es ſich<lb/> um Weinmoſte handelt, die erſt geleſen werden<lb/> oder ob es ſich um bercits eingelagertes Leſepro-<lb/> dukt handelt. Im erſten Falle wird die An-<lb/> gabe des Ausmaßes der Weinbaufläche, der voraus-<lb/> ſichtlichen Menge des zu zuckernden Leſeproduktes<lb/> als auch des zuzuſetzenden Zuckers und die genaue<lb/> Bezeichnung der Örtlichkeit, wo die Zuckerung ge-<lb/> ſchehen ſoll, verlangt und darf die Bewilligung<lb/> nur für den Produktionsort oder deſſen nächſte<lb/> Umgebung erteilt werden. Gegen dieſe Beſtimmungen<lb/> muß ſowohl vom Standpunkte der Weinproduzenten<lb/> als auch vom Standpunkte des Weinhändlers ent-<lb/> ſchieden Stellung genommen werden. Viele Wein-<lb/> gartenbeſitzer lagern ihren Weinmoſt nicht im Pro-<lb/> duktionsgebiete ein, entweder weil ihnen dort die<lb/> erforderlichen Kellerräume fehlen oder weil ſonſtige<lb/> Gründe, wie zum Beiſpiel leichtere Pflege und<lb/> Beaufſichtigung der Weine, ſchlechte Abfuhrverhältniſſe<lb/> aus dem Weingarten während der Wintermonate<lb/> und im erſten Frühjahr, ſie zwingen, ihre aus ver-<lb/> ſchiedenen Gebieten ſtammenden Weinfcchſungen in<lb/> einen Keller zuſammenzuführen. Solche Weinprodu-<lb/> zenten können nach den neuen Beſtimmungen um<lb/> die Bewilligung der Zuckerung erſt <hi rendition="#g">nach</hi> erfolgter<lb/> Einlagerung anſuchen. Der Weiterverkauf ſolchen<lb/> Moſtes zum Süßausſchank iſt dann ausgeſchloſſen,<lb/> weil bis die Bewilligung erteilt iſt, der Weinmoſt<lb/> ſich längſt in ſtarker Gärung befindet. Abgeſehen<lb/> davon iſt es bekanntlich am rationellſten, die Auf-<lb/> beſſerung je eher vorzunehmen. Warum ein Pro-<lb/> duzent deshalb größeren Schwierigkeiten ausgeſetzt<lb/> ſein ſoll, weil ſeine Kellerei <hi rendition="#g">nicht</hi> im Produktions-<lb/> gebiete liegt, iſt nicht einzuſehen.</p><lb/> <p>Für den Weinhändler wird das <hi rendition="#g">Weinmoſt-<lb/> geſchäft</hi> durch dieſe Beſtimmung <hi rendition="#g">unmöglich</hi><lb/> gemacht. Gewöhnlich deckt er den zum Weinmoſt<lb/> beſtimmten Bedarf am Stock. Es iſt doch ein<lb/> Ding der Unmöglichkeit, daß er die ordnungs-<lb/> mäßige Aufbeſſerung in jedem einzelnen Wein-<lb/> garten beaufſichtigt; um die Aufbeſſerungsbewilli-<lb/> gung aber erſt dann anzuzuſuchen, wenn der Wein-<lb/> moſt im eigenen Keller eingelagert iſt, geht aus<lb/> den obangeführten Gründen nicht, weil eben die<lb/> Kunden den Weinmoſt dann nicht mehr ſüß, ſondern<lb/> im halbvergorenen Zuſtande bekommen und zum<lb/> Süßausſchank nicht mehr brauchen können.</p> </div><lb/> <div xml:id="a2a" next="#a2b" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine verhängnisvolle Beſtimmung.</hi> </head><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">ſchwerwiegendſte</hi> Änderung, die durch<lb/> die Verordnung vom 18. März 1914 und den<lb/> Erlaß vom 18. März 1914, Zahl 12688, herbei-<lb/> geführt wurde, beinhaltet wohl der Punkt <hi rendition="#aq">c</hi> des er-<lb/> wähnten Erlaſſes, nach welchem die Zuckerungs-<lb/> bewilligung nur zur Zuckerung eines ſolchen Wein-<lb/> moſtes erteilt werden darf, deſſen urſprünglicher<lb/> Zuckergehalt zur Zeit der Weinleſe nicht mehr be-<lb/> tragen hat als 15 Grad nach der Kloſterneuburger-<lb/> wage. — Eine derartige Beſtimmung muß für den<lb/> ſteiriſchen Weinbau als verhängnisvoll bezeichnet</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="f1c" prev="#f1b" type="jArticle" n="2"> <p>Ein altes, abſchreckend häßliches Weib empfing<lb/> ſie mit kriechender Unterwürfigkeit und fragte nach<lb/> ihren Wünſchen.</p><lb/> <p>„Ich möchte Peter Gatſchef ſprechen.“</p><lb/> <p>„Zu Herrn Gatſchef wollen Sie? Ja, der wohnt<lb/> hier in unſerm Hauſe, iſt aber augenblicklich nicht<lb/> da. Wann er zurückkommt, kann ich Ihnen nicht<lb/> ſagen, das iſt unbeſtimmt. Aber er hat mich be-<lb/> auftragt, für ihn Beſtellungen anzunehmen.“</p><lb/> <p>„Bedauere, ich muß ihn perſönlich ſprechen.“</p><lb/> <p>„Ja dann bleibt Ihnen nichts anderes übrig,<lb/> als zu warten. Herr Gatſchef iſt ſehr ſolide, er<lb/> kommt immer abends nach Hauſe. Ah, da iſt er<lb/> ja ſchon. „Herr Gatſchef“, wandte ſich die Alte an<lb/> dieſen, „hier iſt eine Dame, die Sie zu ſprechen<lb/> wünſcht.“</p><lb/> <p>Ein ziemlich großer Mann trat in den Laden,<lb/> in einen gewöhnlichen Pelz gehüllt. Er lüftete zum<lb/> Gruß ſeine polniſche Mütze. Da ſah Kara quer<lb/> über ſeiner Stirn die große Narbe, von der Fürſtin<lb/> Morrow geſprochen hatte. Sie war alſo an den<lb/> Adreſſaten gelangt. Mit durchbohrenden Blicken ſah<lb/> Peter Gatſchef das junge Mädchen an.</p><lb/> <p> <ref>(Fortſetzung folgt.)</ref> </p><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="a2b" prev="#a2a" type="jArticle" n="2"> <p>werden, da dadurch der ſteiriſche Weinbau und<lb/> ſteiriſche Weihandel in ſeinen Grundfeſten erſchüttert<lb/> wird. Die allgemeine Geſchmacksrichtung iſt darauf<lb/> gerichtet, daß milde kräftige Weine vom Konſu-<lb/> menten verlangt werden. Kann dem Konſumenten<lb/> ſolcher Wein nicht verabreicht werden, ſo wird in<lb/> den weitaus meiſten Fällen der Konſument lieber<lb/> auf den Weingenuß verzichten und zum Bierkon-<lb/> ſum übergehen, bevor er ſich entſchließt, mit einem<lb/> leichten, ſauern Wein vorlieb zu nehmen.</p><lb/> <p>Hier möchte ich einflechten, daß die Erfahrung<lb/> gezeigt hat, daß die Sucht nach milden Weinen<lb/> von Jahr zu Jahr zunimmt und in Gegenden, wo<lb/> noch vor 6 bis 8 Jahren nur kernige, reſche Weine<lb/> geſucht wurden, dermalen milde kräſtige Weine<lb/> verlangt werden. Wenn von den feinen Sorten-<lb/> weinen abgeſehen wird, darf ruhig behauptet werden,<lb/> daß infolge der klimatiſchen und Bodenverhältniſſe<lb/> in Steiermark die gewöhnlichen Konſumweine —<lb/> und dieſe bilden ja den Hauptſtock — nicht allzu<lb/> häufig ſo gefechſt werden, daß ſie ohne jede Auf-<lb/> beſſerung der heutigen allgemeinen Geſchmacks-<lb/> richtung enſprechen. Steiermark produziert in vielen<lb/> Gegenden ſelbſt in mittleren Jahren leichte ſäuer-<lb/> liche Weine. In geringen Jahrgängen kann<lb/> dies mit wenigen Ausnahmen von allen ſteiriſchen<lb/> Weinen geſagt werden.</p><lb/> <p>In unſerem größten und bedeutendſten Wein-<lb/> baugebiete <hi rendition="#g">Friedau-Luttenberg</hi> erreicht ein<lb/> großer Teil der Weinmoſte in minderen und auch<lb/> mittleren Jahren 15 bis 16 Prozent. Da dieſe<lb/> Weine bei geringem Zuckergehalt verhältnismäßig<lb/> viel Säure haben, entſprechen ſie der heutigen Ge-<lb/> ſchmacksrichtung nicht. Bisher konnten auch ſolche<lb/> Weine zu guten Preiſen abgeſetzt werden, da die<lb/> Aufbeſſerung mit Zucker entweder der Produzent<lb/> ſelbſt vornahm, oder es beſorgte dies der Käufer,<lb/> der, weil er die Möglichkeit hatte, durch die Auf-<lb/> beſſerung ein Produkt zu erhalten, welches beim<lb/> Konſumenten gute Aufnahme fand, einen weit über<lb/> den ſonſtigen Handelswert hinausgehenden Preis<lb/> anlegen konnte. Wenn nun in Hinkunft die Auf-<lb/> beſſerung ſolcher Weine nicht geſtattet wird, werden<lb/> dieſe ohne ſtarken Verſchnitt mit fremdem milden<lb/> Wein nicht verwendet werden können, was zur<lb/> Folge haben könnte, daß die Nachfrage nach dem<lb/> ſteiriſchen Produkte bedeutend abnimmt und die<lb/> Preiſe hiefür naturgemäß ſtark fallen müſſen.</p><lb/> <p>In ähnlicher Weiſe, vielleicht noch empfind-<lb/> licher, werden ſich die Folgen in den übrigen Wein-<lb/> baugegenden Steiermarks fühlbar machen und habe<lb/> ich nur aus dem Grunde die Luttenberg-Friedauer-<lb/> gegend angeführt, um zu zeigen, daß die verhängnis-<lb/> vollen Wirkungen des neuen Erlaſſes ſelbſt unſer<lb/> bedeutendſtes Weinbaugebiet in der empfindlichſten<lb/> Weiſe ſchädigen.</p><lb/> <p>Der Umſtand, daß laut Punkt <hi rendition="#aq">c</hi> nur Wein-<lb/> moſte aufgebeſſert werden dürfen, die nicht mehr<lb/> als 15 Prozent nach Kloſterneuburgerwage auf-<lb/> weiſen, würde die Folge nach ſich ziehen, daß<lb/> Weinmoſte, die von Natur aus 14 bis 15 Prozent<lb/> Zucker zeigen, teurer bezahlt werden als ſolche mit<lb/> 15½ bis 16, weil bei erſteren eben noch die<lb/> Zuckerungsmöglichkeit beſteht. Bei der praktiſchen<lb/> Anwendung ſetzt ſomit der Punkt <hi rendition="#aq">c</hi> unbeabſichtigter<lb/> Weiſe gewiſſermaßen eine Prämie aus für ein<lb/> von Natur aus geringeres Produkt. Auch dieſe<lb/> Anomalie zeigt, daß der Punkt <hi rendition="#aq">c</hi> des erwähnten<lb/> Erlaſſes unhaltbar iſt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Folgen für den Weinhandel.</hi> </head><lb/> <p>Um die Größe der Tragweite des verhängnis-<lb/> vollen Erlaſſes ganz ermeſſen zu können, möchte<lb/> ich auch die Folgen desſelben für den Weinhandel<lb/> im Nachſtehenden beleuchten.</p><lb/> <p>Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß der Weinhandel<lb/> in erſter Linie beſtrebt iſt, ſeinen Bedarf in der<lb/> engſten Heimat zu decken und über die Grenze der-<lb/> ſelben erſt dann hinausgeht, wenn entweder die<lb/> Qualitätsfrage oder die Preisfrage ihn nötigt, wei-<lb/> tere Einkaufsgebiete aufzuſuchen, um nicht der<lb/> Konkurrenz zu unterliegen. Wie die Verhältniſſe<lb/> bisher waren, hat der Weinhandel einen großen<lb/> Teil der ſteiriſchen Produktion aufgekauft, da auch,<lb/> wie früher erwähnt, die mittleren Weinmoſte durch<lb/> die Aufbeſſerung mit Zucker einen recht geſuchten<lb/> Wein lieferten.</p><lb/> <p>Durch die Zuckerung bleibt bekanntlich der<lb/> Charakter des Weines erhalten und iſt es gewiß<lb/> in erſter Linie im Intereſſe der Produktion gelegen,<lb/> wenn dafür geſorgt wird, die Eigenart des hei-<lb/> miſchen Weines nach Tunlichkeit zu wahren.</p><lb/> <p>Bei den bisher beſtandenen Verhältniſſen war<lb/> es möglich, in Steiermark ein lebhaftes Weinmoſt-<lb/> geſchäft zu erzielen. Dies kam den Produzenten<lb/><cb/> doppelt zu ſtatten. Erſtens wurde ein bedeutendes<lb/> Qnantum auf dieſe Weiſe dem Konſum zugeführt,<lb/> der ſonſt verloren gegangen wäre, zweitens wurden<lb/> gerade für das Weinmoſtgeſchäft die Weinmoſte<lb/> gut bezahlt und es kann nicht geleugnet werden,<lb/> daß die im allgemeinen hohen Preiſe zur Herbſt-<lb/> zeit beſtimmenden Einfluß gehabt haben für die<lb/> Preiſe der ſpäteren Käufe.</p><lb/> <p>Durch die neuen Beſtimmungen wird das Ge-<lb/> ſchäft mit ſteiriſchen Weinmoſten unmöglich ge-<lb/> macht, da Weinmoſte, die von Natur aus weniger<lb/> als 15 Grad nach Kloſterneuburgerwage zeigen ſich<lb/> überhaupt nicht als Süßmoſt eignen, Weinmoſte<lb/> über 15 Grad aber in Hinkunft nicht aufgebeſſert<lb/> werden dürfen.</p><lb/> <p>Weinmoſte, die ſich zum Süßausſchank eignen,<lb/> müſſen 18 bis 20 Grad Zucker haben, da ſie ja<lb/> ſüß ſchmecken müſſen, auch wenn die Gärung<lb/> bereits eingetreten iſt. So hochgrädige Moſte ſind<lb/> aber nur in guten Jahren in genügenden Quanti-<lb/> täten erhältlich. Zumeiſt kann erſt in den letzten<lb/> 8 bis 14 Tagen, oft er<supplied>ſt</supplied> bei der Weinleſe ſelbſt<lb/> beurteilt werden, ob de<supplied>r</supplied> Weinmoſt ohne Auf-<lb/> beſſerung zum Süßmoſtausſchank geeignet iſt oder<lb/> nicht.</p><lb/> <p>Um ein größeres Moſtgeſchäft zu erzielen, muß<lb/> mit den Verkaufsofferten längſtens Anfang Sep-<lb/> tember begonnen werden. Wenn der Weinhandel<lb/> nicht die Möglichkeit hat, durch Zuſatz von Zucker<lb/> in Jahren, wo es nötig iſt, wie bisher der Natur<lb/> nachzuhelfen, ſo wird ſich wohl niemand finden,<lb/> der ſich auf das Ungewiſſe der zeitraubenden und<lb/> mit großen Koſten verbundenen Arbeit der Vor-<lb/> verkäufe unterzieht und dabei Gefahr läuft, un-<lb/> mittelbar vor der Leſe alle Aufträge ſtornieren zu<lb/> müſſen, weil die Qualität nicht ſo ausfällt als<lb/> man erwartete.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">An Ungarn ausgeliefert.</hi> </head><lb/> <p>Was das Geſchäft mit dem ausgegorenen<lb/> Weiu anbelangt, war der ſteiriſche Weinhandel ins-<lb/> beſondere gegenüber der ungariſchen Konkurrenz ſeit<lb/> 1907 ſehr leiſtungsfähig. Die im Herbſt mit Zucker<lb/> aufgebeſſerten Weine ergaben auch in mittleren<lb/> Jahren und aus mittleren Lagen recht gut trink-<lb/> bare Weine. Wenn nun die Aufbeſſerung in den<lb/> meiſten Fällen unmöglich gemacht wird, ſo wird<lb/> der Weinhandel gezwungen ſein, ſeinen Hauptbedarf<lb/> in Ungarn zu decken, wo er milde und kräftige<lb/> Weine bekommt, um dieſe zur Aufbeſſerung der<lb/> ſäuerlichen und leichten heimiſchen Weine zu ver-<lb/> wenden. Der Vergleich mit anderen Ländern, zum<lb/> Beiſpiel mit Deutſchland zeigt, daß die Weingeſetze<lb/> den Produktionsbedingungen ſich anpaſſen müſſen,<lb/> was wohl auch der einzig richtige Standpunkt iſt.<lb/> Wird der ſteiriſche Weinbau nicht durch entſprechende<lb/> Anwendung des Weingeſetzes in gleicher Weiſe wie<lb/> es bisher der Fall war gegenüber der übermächtigen<lb/> Konkurrenz Ungarns geſchützt, dann muß er über<lb/> kurz oder lang im Konkurrenzkampf unterliegen.<lb/> Die großen Opfer für die Regenerierung der Wein-<lb/> gärten vom Staat, vom Land und Privaten würden<lb/> ganz vergeblich gebracht worden ſein und die Folgen<lb/> dieſer verhängnisvollen neuen Beſtimmungen laſſen<lb/> ſich umſoweniger abſehen, da in Erwägung gezogen<lb/> werden muß, daß ein großer Teil jener Flächen,<lb/> die heute dem Weinbau gewidmet ſind, vermöge<lb/> ihrer Bodenbeſchaffenheit einem andern Kulturzweig<lb/> ſchwer zugeführt werden können.</p><lb/> <p>Ich möchte nun meine Ausführungen kurz<lb/> nachſtehend zuſammenfaſſen:</p><lb/> <p>Wenn es nicht gelingen ſollte, die neue Ver-<lb/> ordnung und den neuen Erlaß, der nach meiner<lb/> Überzeugung auch in keiner Weiſe aus dem Wein-<lb/> geſetz vom 12. April 1907 abgeleitet werden kann,<lb/> wenigſtens inſoweit rückgängig zu machen, daß<lb/> der Punkt C des Erlaſſes aufgehoben werden wird<lb/> und die unüberwindlichen Erſchwerniſſe bei der<lb/> Zuckerungsbewilligung entſprechend gemildert werden,<lb/> dann wird der ſteiriſche Weinbau eine derartige<lb/> Schädigung erfahren, daß dieſelbe ohne Übertreibung<lb/> als kataſtrophal bezeichnet werden muß. Ungarn<lb/> wird trachten, den Weinhandel an ſich zu reißen,<lb/> die Konſumenten werden ſich immer mehr an den<lb/> Geſchmack der milden ungariſchen Weine gewöhnen<lb/> und die Wirte, die bisher direkt die ſteiriſchen Wein-<lb/> produzenten aufſuchten, werden nach und nach aus-<lb/> bleiben, wenn ſie nicht Weine bekommen, die der<lb/> Geſchmacksrichtung ihrer Gäſte entſprechen. Durch<lb/> das Zurückdrängen des ſteiriſchen Weinhandels aber<lb/> wird die Aufnahmsfähigkeit derſelben für ſteiriſche<lb/> Weine ſtark beeinträchtigt, was naturgemäß eine<lb/> weitere Schädigung der Weinproduktion bedeuten<lb/> würde.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [3/0003]
Nr. 50, 5. Mai 1914 Marburger Zeitung
Mit umſo größerem Befremden mußte es daher
alle Intereſſenten erfüllen, als durch die Verordnung
der k. k. Miniſterien des Ackerbaues, des Handels
und des Innern vom 18. März 1914 eine Ab-
änderung und Ergänzung der bisher geltenden
Durchführungsbeſtimmnngen erfolgte, welche Ver-
ordnung durch den Erlaß vom 18. März 1914,
Zahl 12688, noch eine weitere weſentliche Ver-
ſchärfung erfuhr.
Die neue Faſſung des Artikels 2 macht einen
Unterſchied bei den Zuckerungsanſuchen, ob es ſich
um Weinmoſte handelt, die erſt geleſen werden
oder ob es ſich um bercits eingelagertes Leſepro-
dukt handelt. Im erſten Falle wird die An-
gabe des Ausmaßes der Weinbaufläche, der voraus-
ſichtlichen Menge des zu zuckernden Leſeproduktes
als auch des zuzuſetzenden Zuckers und die genaue
Bezeichnung der Örtlichkeit, wo die Zuckerung ge-
ſchehen ſoll, verlangt und darf die Bewilligung
nur für den Produktionsort oder deſſen nächſte
Umgebung erteilt werden. Gegen dieſe Beſtimmungen
muß ſowohl vom Standpunkte der Weinproduzenten
als auch vom Standpunkte des Weinhändlers ent-
ſchieden Stellung genommen werden. Viele Wein-
gartenbeſitzer lagern ihren Weinmoſt nicht im Pro-
duktionsgebiete ein, entweder weil ihnen dort die
erforderlichen Kellerräume fehlen oder weil ſonſtige
Gründe, wie zum Beiſpiel leichtere Pflege und
Beaufſichtigung der Weine, ſchlechte Abfuhrverhältniſſe
aus dem Weingarten während der Wintermonate
und im erſten Frühjahr, ſie zwingen, ihre aus ver-
ſchiedenen Gebieten ſtammenden Weinfcchſungen in
einen Keller zuſammenzuführen. Solche Weinprodu-
zenten können nach den neuen Beſtimmungen um
die Bewilligung der Zuckerung erſt nach erfolgter
Einlagerung anſuchen. Der Weiterverkauf ſolchen
Moſtes zum Süßausſchank iſt dann ausgeſchloſſen,
weil bis die Bewilligung erteilt iſt, der Weinmoſt
ſich längſt in ſtarker Gärung befindet. Abgeſehen
davon iſt es bekanntlich am rationellſten, die Auf-
beſſerung je eher vorzunehmen. Warum ein Pro-
duzent deshalb größeren Schwierigkeiten ausgeſetzt
ſein ſoll, weil ſeine Kellerei nicht im Produktions-
gebiete liegt, iſt nicht einzuſehen.
Für den Weinhändler wird das Weinmoſt-
geſchäft durch dieſe Beſtimmung unmöglich
gemacht. Gewöhnlich deckt er den zum Weinmoſt
beſtimmten Bedarf am Stock. Es iſt doch ein
Ding der Unmöglichkeit, daß er die ordnungs-
mäßige Aufbeſſerung in jedem einzelnen Wein-
garten beaufſichtigt; um die Aufbeſſerungsbewilli-
gung aber erſt dann anzuzuſuchen, wenn der Wein-
moſt im eigenen Keller eingelagert iſt, geht aus
den obangeführten Gründen nicht, weil eben die
Kunden den Weinmoſt dann nicht mehr ſüß, ſondern
im halbvergorenen Zuſtande bekommen und zum
Süßausſchank nicht mehr brauchen können.
Eine verhängnisvolle Beſtimmung.
Die ſchwerwiegendſte Änderung, die durch
die Verordnung vom 18. März 1914 und den
Erlaß vom 18. März 1914, Zahl 12688, herbei-
geführt wurde, beinhaltet wohl der Punkt c des er-
wähnten Erlaſſes, nach welchem die Zuckerungs-
bewilligung nur zur Zuckerung eines ſolchen Wein-
moſtes erteilt werden darf, deſſen urſprünglicher
Zuckergehalt zur Zeit der Weinleſe nicht mehr be-
tragen hat als 15 Grad nach der Kloſterneuburger-
wage. — Eine derartige Beſtimmung muß für den
ſteiriſchen Weinbau als verhängnisvoll bezeichnet
Ein altes, abſchreckend häßliches Weib empfing
ſie mit kriechender Unterwürfigkeit und fragte nach
ihren Wünſchen.
„Ich möchte Peter Gatſchef ſprechen.“
„Zu Herrn Gatſchef wollen Sie? Ja, der wohnt
hier in unſerm Hauſe, iſt aber augenblicklich nicht
da. Wann er zurückkommt, kann ich Ihnen nicht
ſagen, das iſt unbeſtimmt. Aber er hat mich be-
auftragt, für ihn Beſtellungen anzunehmen.“
„Bedauere, ich muß ihn perſönlich ſprechen.“
„Ja dann bleibt Ihnen nichts anderes übrig,
als zu warten. Herr Gatſchef iſt ſehr ſolide, er
kommt immer abends nach Hauſe. Ah, da iſt er
ja ſchon. „Herr Gatſchef“, wandte ſich die Alte an
dieſen, „hier iſt eine Dame, die Sie zu ſprechen
wünſcht.“
Ein ziemlich großer Mann trat in den Laden,
in einen gewöhnlichen Pelz gehüllt. Er lüftete zum
Gruß ſeine polniſche Mütze. Da ſah Kara quer
über ſeiner Stirn die große Narbe, von der Fürſtin
Morrow geſprochen hatte. Sie war alſo an den
Adreſſaten gelangt. Mit durchbohrenden Blicken ſah
Peter Gatſchef das junge Mädchen an.
(Fortſetzung folgt.)
werden, da dadurch der ſteiriſche Weinbau und
ſteiriſche Weihandel in ſeinen Grundfeſten erſchüttert
wird. Die allgemeine Geſchmacksrichtung iſt darauf
gerichtet, daß milde kräftige Weine vom Konſu-
menten verlangt werden. Kann dem Konſumenten
ſolcher Wein nicht verabreicht werden, ſo wird in
den weitaus meiſten Fällen der Konſument lieber
auf den Weingenuß verzichten und zum Bierkon-
ſum übergehen, bevor er ſich entſchließt, mit einem
leichten, ſauern Wein vorlieb zu nehmen.
Hier möchte ich einflechten, daß die Erfahrung
gezeigt hat, daß die Sucht nach milden Weinen
von Jahr zu Jahr zunimmt und in Gegenden, wo
noch vor 6 bis 8 Jahren nur kernige, reſche Weine
geſucht wurden, dermalen milde kräſtige Weine
verlangt werden. Wenn von den feinen Sorten-
weinen abgeſehen wird, darf ruhig behauptet werden,
daß infolge der klimatiſchen und Bodenverhältniſſe
in Steiermark die gewöhnlichen Konſumweine —
und dieſe bilden ja den Hauptſtock — nicht allzu
häufig ſo gefechſt werden, daß ſie ohne jede Auf-
beſſerung der heutigen allgemeinen Geſchmacks-
richtung enſprechen. Steiermark produziert in vielen
Gegenden ſelbſt in mittleren Jahren leichte ſäuer-
liche Weine. In geringen Jahrgängen kann
dies mit wenigen Ausnahmen von allen ſteiriſchen
Weinen geſagt werden.
In unſerem größten und bedeutendſten Wein-
baugebiete Friedau-Luttenberg erreicht ein
großer Teil der Weinmoſte in minderen und auch
mittleren Jahren 15 bis 16 Prozent. Da dieſe
Weine bei geringem Zuckergehalt verhältnismäßig
viel Säure haben, entſprechen ſie der heutigen Ge-
ſchmacksrichtung nicht. Bisher konnten auch ſolche
Weine zu guten Preiſen abgeſetzt werden, da die
Aufbeſſerung mit Zucker entweder der Produzent
ſelbſt vornahm, oder es beſorgte dies der Käufer,
der, weil er die Möglichkeit hatte, durch die Auf-
beſſerung ein Produkt zu erhalten, welches beim
Konſumenten gute Aufnahme fand, einen weit über
den ſonſtigen Handelswert hinausgehenden Preis
anlegen konnte. Wenn nun in Hinkunft die Auf-
beſſerung ſolcher Weine nicht geſtattet wird, werden
dieſe ohne ſtarken Verſchnitt mit fremdem milden
Wein nicht verwendet werden können, was zur
Folge haben könnte, daß die Nachfrage nach dem
ſteiriſchen Produkte bedeutend abnimmt und die
Preiſe hiefür naturgemäß ſtark fallen müſſen.
In ähnlicher Weiſe, vielleicht noch empfind-
licher, werden ſich die Folgen in den übrigen Wein-
baugegenden Steiermarks fühlbar machen und habe
ich nur aus dem Grunde die Luttenberg-Friedauer-
gegend angeführt, um zu zeigen, daß die verhängnis-
vollen Wirkungen des neuen Erlaſſes ſelbſt unſer
bedeutendſtes Weinbaugebiet in der empfindlichſten
Weiſe ſchädigen.
Der Umſtand, daß laut Punkt c nur Wein-
moſte aufgebeſſert werden dürfen, die nicht mehr
als 15 Prozent nach Kloſterneuburgerwage auf-
weiſen, würde die Folge nach ſich ziehen, daß
Weinmoſte, die von Natur aus 14 bis 15 Prozent
Zucker zeigen, teurer bezahlt werden als ſolche mit
15½ bis 16, weil bei erſteren eben noch die
Zuckerungsmöglichkeit beſteht. Bei der praktiſchen
Anwendung ſetzt ſomit der Punkt c unbeabſichtigter
Weiſe gewiſſermaßen eine Prämie aus für ein
von Natur aus geringeres Produkt. Auch dieſe
Anomalie zeigt, daß der Punkt c des erwähnten
Erlaſſes unhaltbar iſt.
Die Folgen für den Weinhandel.
Um die Größe der Tragweite des verhängnis-
vollen Erlaſſes ganz ermeſſen zu können, möchte
ich auch die Folgen desſelben für den Weinhandel
im Nachſtehenden beleuchten.
Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß der Weinhandel
in erſter Linie beſtrebt iſt, ſeinen Bedarf in der
engſten Heimat zu decken und über die Grenze der-
ſelben erſt dann hinausgeht, wenn entweder die
Qualitätsfrage oder die Preisfrage ihn nötigt, wei-
tere Einkaufsgebiete aufzuſuchen, um nicht der
Konkurrenz zu unterliegen. Wie die Verhältniſſe
bisher waren, hat der Weinhandel einen großen
Teil der ſteiriſchen Produktion aufgekauft, da auch,
wie früher erwähnt, die mittleren Weinmoſte durch
die Aufbeſſerung mit Zucker einen recht geſuchten
Wein lieferten.
Durch die Zuckerung bleibt bekanntlich der
Charakter des Weines erhalten und iſt es gewiß
in erſter Linie im Intereſſe der Produktion gelegen,
wenn dafür geſorgt wird, die Eigenart des hei-
miſchen Weines nach Tunlichkeit zu wahren.
Bei den bisher beſtandenen Verhältniſſen war
es möglich, in Steiermark ein lebhaftes Weinmoſt-
geſchäft zu erzielen. Dies kam den Produzenten
doppelt zu ſtatten. Erſtens wurde ein bedeutendes
Qnantum auf dieſe Weiſe dem Konſum zugeführt,
der ſonſt verloren gegangen wäre, zweitens wurden
gerade für das Weinmoſtgeſchäft die Weinmoſte
gut bezahlt und es kann nicht geleugnet werden,
daß die im allgemeinen hohen Preiſe zur Herbſt-
zeit beſtimmenden Einfluß gehabt haben für die
Preiſe der ſpäteren Käufe.
Durch die neuen Beſtimmungen wird das Ge-
ſchäft mit ſteiriſchen Weinmoſten unmöglich ge-
macht, da Weinmoſte, die von Natur aus weniger
als 15 Grad nach Kloſterneuburgerwage zeigen ſich
überhaupt nicht als Süßmoſt eignen, Weinmoſte
über 15 Grad aber in Hinkunft nicht aufgebeſſert
werden dürfen.
Weinmoſte, die ſich zum Süßausſchank eignen,
müſſen 18 bis 20 Grad Zucker haben, da ſie ja
ſüß ſchmecken müſſen, auch wenn die Gärung
bereits eingetreten iſt. So hochgrädige Moſte ſind
aber nur in guten Jahren in genügenden Quanti-
täten erhältlich. Zumeiſt kann erſt in den letzten
8 bis 14 Tagen, oft erſt bei der Weinleſe ſelbſt
beurteilt werden, ob der Weinmoſt ohne Auf-
beſſerung zum Süßmoſtausſchank geeignet iſt oder
nicht.
Um ein größeres Moſtgeſchäft zu erzielen, muß
mit den Verkaufsofferten längſtens Anfang Sep-
tember begonnen werden. Wenn der Weinhandel
nicht die Möglichkeit hat, durch Zuſatz von Zucker
in Jahren, wo es nötig iſt, wie bisher der Natur
nachzuhelfen, ſo wird ſich wohl niemand finden,
der ſich auf das Ungewiſſe der zeitraubenden und
mit großen Koſten verbundenen Arbeit der Vor-
verkäufe unterzieht und dabei Gefahr läuft, un-
mittelbar vor der Leſe alle Aufträge ſtornieren zu
müſſen, weil die Qualität nicht ſo ausfällt als
man erwartete.
An Ungarn ausgeliefert.
Was das Geſchäft mit dem ausgegorenen
Weiu anbelangt, war der ſteiriſche Weinhandel ins-
beſondere gegenüber der ungariſchen Konkurrenz ſeit
1907 ſehr leiſtungsfähig. Die im Herbſt mit Zucker
aufgebeſſerten Weine ergaben auch in mittleren
Jahren und aus mittleren Lagen recht gut trink-
bare Weine. Wenn nun die Aufbeſſerung in den
meiſten Fällen unmöglich gemacht wird, ſo wird
der Weinhandel gezwungen ſein, ſeinen Hauptbedarf
in Ungarn zu decken, wo er milde und kräftige
Weine bekommt, um dieſe zur Aufbeſſerung der
ſäuerlichen und leichten heimiſchen Weine zu ver-
wenden. Der Vergleich mit anderen Ländern, zum
Beiſpiel mit Deutſchland zeigt, daß die Weingeſetze
den Produktionsbedingungen ſich anpaſſen müſſen,
was wohl auch der einzig richtige Standpunkt iſt.
Wird der ſteiriſche Weinbau nicht durch entſprechende
Anwendung des Weingeſetzes in gleicher Weiſe wie
es bisher der Fall war gegenüber der übermächtigen
Konkurrenz Ungarns geſchützt, dann muß er über
kurz oder lang im Konkurrenzkampf unterliegen.
Die großen Opfer für die Regenerierung der Wein-
gärten vom Staat, vom Land und Privaten würden
ganz vergeblich gebracht worden ſein und die Folgen
dieſer verhängnisvollen neuen Beſtimmungen laſſen
ſich umſoweniger abſehen, da in Erwägung gezogen
werden muß, daß ein großer Teil jener Flächen,
die heute dem Weinbau gewidmet ſind, vermöge
ihrer Bodenbeſchaffenheit einem andern Kulturzweig
ſchwer zugeführt werden können.
Ich möchte nun meine Ausführungen kurz
nachſtehend zuſammenfaſſen:
Wenn es nicht gelingen ſollte, die neue Ver-
ordnung und den neuen Erlaß, der nach meiner
Überzeugung auch in keiner Weiſe aus dem Wein-
geſetz vom 12. April 1907 abgeleitet werden kann,
wenigſtens inſoweit rückgängig zu machen, daß
der Punkt C des Erlaſſes aufgehoben werden wird
und die unüberwindlichen Erſchwerniſſe bei der
Zuckerungsbewilligung entſprechend gemildert werden,
dann wird der ſteiriſche Weinbau eine derartige
Schädigung erfahren, daß dieſelbe ohne Übertreibung
als kataſtrophal bezeichnet werden muß. Ungarn
wird trachten, den Weinhandel an ſich zu reißen,
die Konſumenten werden ſich immer mehr an den
Geſchmack der milden ungariſchen Weine gewöhnen
und die Wirte, die bisher direkt die ſteiriſchen Wein-
produzenten aufſuchten, werden nach und nach aus-
bleiben, wenn ſie nicht Weine bekommen, die der
Geſchmacksrichtung ihrer Gäſte entſprechen. Durch
das Zurückdrängen des ſteiriſchen Weinhandels aber
wird die Aufnahmsfähigkeit derſelben für ſteiriſche
Weine ſtark beeinträchtigt, was naturgemäß eine
weitere Schädigung der Weinproduktion bedeuten
würde.
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