Marburger Zeitung. Nr. 58, Marburg, 14.05.1903.Marburger Zeitung. [Spaltenumbruch] Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg: Mit Postversendung: [Spaltenumbruch] Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Sprechstunden des Schriftleiters an allen Wachentagen von Die Verwaltung befindet sich: Postgasse 4. (Telephon-Nr. 24.) [Spaltenumbruch] Einschaltungen werden im Verlage des. Blattes und von Die Einzelnnmmer kostet 10 h. Nr. 58 Donnerstag, 14. Mai 1903 42. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Geehrte Mitbürger! Das Unglück, welches am 10. d. M. Es wird daher die Bitte gestellt, für Marburg, am 14. Mai 1903. [Spaltenumbruch] Frei ist der Bursch! Die Philister sind uns gewogen zumeist, sie Wo es nur immer geht, schreibt das "All- Nicht um die farbigen Mützen und Bänder, Es ist ja kein Geheimnis geblieben, wie die [Spaltenumbruch] Nachdruck verboten. Liebe und Leidenschaft. (10. Fortsetzung.) Werner wurde dunkelrot und blickte schweigend "Sie können nicht lügen", sagte der Busch- "Und ich will auch gar nicht lügen", entgeg- "Ja, ich kenne ihn", wiederholte der Busch- "Reden Sie, lieber Peters", drängte Werner "Ich kenne das Treiben Ihres Vaters seit "Herr Peters!" fuhr Werner auf, mit welchem "Ruhig, ruhig, junger Mann", entgegnete "Weiter verlange ich ja nichts", fiel ihm "Wenn Sie ein schlichter Landmann und "Lieschen wäre für eine Fürstin genug!" rief "So denke ich auch", stimmte der Müller "Können Sie mir das zutrauen" rief Werner [Spaltenumbruch] Peters zuckte die Achseln. "Man denkt mit "Mein Vater müßte --" "Was denn", unterbrach ihn der Buschmüller "Herr Peters", stammelte Werner, "Sie sollen Der Buschmüller betrachtete ihn mit mitlei- "Das ist noch schlimmer als ich dachte", "Sie weisen mich ab?" rief Werner außer sich. "Ich kann nicht anders. Wenn Ihr Vater Marburger Zeitung. [Spaltenumbruch] Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg: Mit Poſtverſendung: [Spaltenumbruch] Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und Sprechſtunden des Schriftleiters an allen Wachentagen von Die Verwaltung befindet ſich: Poſtgaſſe 4. (Telephon-Nr. 24.) [Spaltenumbruch] Einſchaltungen werden im Verlage des. Blattes und von Die Einzelnnmmer koſtet 10 h. Nr. 58 Donnerstag, 14. Mai 1903 42. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Geehrte Mitbürger! Das Unglück, welches am 10. d. M. Es wird daher die Bitte geſtellt, für Marburg, am 14. Mai 1903. [Spaltenumbruch] Frei iſt der Burſch! Die Philiſter ſind uns gewogen zumeiſt, ſie Wo es nur immer geht, ſchreibt das „All- Nicht um die farbigen Mützen und Bänder, Es iſt ja kein Geheimnis geblieben, wie die [Spaltenumbruch] Nachdruck verboten. Liebe und Leidenſchaft. (10. Fortſetzung.) Werner wurde dunkelrot und blickte ſchweigend „Sie können nicht lügen“, ſagte der Buſch- „Und ich will auch gar nicht lügen“, entgeg- „Ja, ich kenne ihn“, wiederholte der Buſch- „Reden Sie, lieber Peters“, drängte Werner „Ich kenne das Treiben Ihres Vaters ſeit „Herr Peters!“ fuhr Werner auf, mit welchem „Ruhig, ruhig, junger Mann“, entgegnete „Weiter verlange ich ja nichts“, fiel ihm „Wenn Sie ein ſchlichter Landmann und „Lieschen wäre für eine Fürſtin genug!“ rief „So denke ich auch“, ſtimmte der Müller „Können Sie mir das zutrauen“ rief Werner [Spaltenumbruch] Peters zuckte die Achſeln. „Man denkt mit „Mein Vater müßte —“ „Was denn“, unterbrach ihn der Buſchmüller „Herr Peters“, ſtammelte Werner, „Sie ſollen Der Buſchmüller betrachtete ihn mit mitlei- „Das iſt noch ſchlimmer als ich dachte“, „Sie weiſen mich ab?“ rief Werner außer ſich. „Ich kann nicht anders. 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Hören<lb/> Sie mich, Herr von Brauſedorf.“ Er richtete ſich<lb/> auf, er ſah aus, als dehne ſich die breite Bruſt<lb/> noch breiter, das ſonſt etwas ſchläfrig blickende<lb/> Auge belebte ſich, die gutmütigen, verſchwommenen<lb/> Züge bekamen einen ſcharfen, geſpannten Ausdruck.<lb/> Es entſtand eine Pauſe, es war, als ſuche der<lb/> Buſchmüller nach paſſenden Worten für das, was<lb/> er zu ſagen hatte, was geſagt werden mußte.<lb/> „Gott weiß, es fällt mir ſchwer, ſehr ſchwer“, be-<lb/> gann er endlich, „zu einem Sohne ſo von ſeinem<lb/> Vater zu reden, wie ich es jetzt tun muß; ich bin<lb/> Ihnen ausgewichen ſo lange ich konnte, Sie ſelbſt<lb/> haben mich dazu gezwungen.“</p><lb/> <p>„Reden Sie, lieber Peters“, drängte Werner<lb/> in fieberhafter Haſt.</p><lb/> <p>„Ich kenne das Treiben Ihres Vaters ſeit<lb/><cb/> mehr als vierzig Jahren“, begann der Buſchmüller<lb/> und ſeine Stimme erhielt einen gedämpften Ton,<lb/> „ich war dabei, als Ihre Mutter als junge Frau<lb/> eingeholt ward und half ſie zu Grabe geleiten, ich<lb/> ſah auch die zweite Frau von Brauſedorf auf das<lb/> Schloß ziehen und im Leichenwagen wieder herunter-<lb/> kommen, ich ſah und hörte alles, was dazwiſchen<lb/> lag ... Meinen Sie wirklich, es könnte mich<lb/> darnach gelüſten, meine einzige Tochtet zur gnädigen<lb/> Frau von Radzionka hinzugeben?“</p><lb/> <p>„Herr Peters!“ fuhr Werner auf, mit welchem<lb/> Rechte können Sie einem ſolchem Verdachte gegen<lb/> mich Raum geben?“</p><lb/> <p>„Ruhig, ruhig, junger Mann“, entgegnete<lb/> Peters, „gegen Sie habe ich nichts, von Ihnen<lb/> weiß ich nur Gutes und wenn mir auch der Jäh-<lb/> zorn, der ſoeben wieder in Ihnen aufloderte, eine<lb/> böſe Erbſchaft Ihres Vaters zu ſein ſcheint, würde<lb/> ich Ihnen doch ohne Bedenken mein Lieschen geben.“</p><lb/> <p>„Weiter verlange ich ja nichts“, fiel ihm<lb/> Werner freudig in die Rede, aber der Buſchmüller<lb/> fuhr, ohne ſich irre machen zu laſſen, fort:</p><lb/> <p>„Wenn Sie ein ſchlichter Landmann und<lb/> meinesgleichen wären.“</p><lb/> <p>„Lieschen wäre für eine Fürſtin genug!“ rief<lb/> Werner lebhaft.</p><lb/> <p>„So denke ich auch“, ſtimmte der Müller<lb/> bedächtig zu, „und deshalb ſoll ſie keiner haben,<lb/> dem doch eines Tages der Gedanke kommen könnte,<lb/> er habe ihr eine beſondere Ehe angetan, als er ſie<lb/> zur Frau machte.“</p><lb/> <p>„Können Sie mir das zutrauen“ rief Werner<lb/> tief verletzt.</p><lb/> <cb/> <p>Peters zuckte die Achſeln. „Man denkt mit<lb/> fünfzig Jahren anders als mit fünfundzwanzig,<lb/> und doch, ſtänden Sie allein, ich würde auch dar-<lb/> über hinwegkommen, weil Lieschen Sie liebt. Aber<lb/> können Sie mir wirklich zumuten, mein gutes,<lb/> ſchönes, unverdorbenes Kind nach einem Hauſe zu<lb/> geben, wo — wo — Ihr — wo der Alte hauſt,<lb/> wo eine Joſepha regiert?“ ſtieß er mit Aufregung<lb/> hervor.</p><lb/> <p>„Mein Vater müßte —“</p><lb/> <p>„Was denn“, unterbrach ihn der Buſchmüller<lb/> bitter, „etwa ſeine Wirtſchafterin fortſchicken, ein neues<lb/> Leben anfangen? Daß er das tut, glauben Sie ſelbſt<lb/> ſo wenig wie ich. Sie könnten ihm eine Grafen-<lb/> tochter ins Haus bringen und es würde dort um<lb/> kein Haar anders, geſchweige denn um ein Müllers-<lb/> kind.“</p><lb/> <p>„Herr Peters“, ſtammelte Werner, „Sie ſollen<lb/> die ganze Wahrheit hören, mein Vater hat mir<lb/> die Tür gewieſen, ich bin weniger als Ihresgleichen,<lb/> ich bin nur auf meiner Hände Arbeit angewieſen.“</p><lb/> <p>Der Buſchmüller betrachtete ihn mit mitlei-<lb/> digem Kopfſchütteln.“</p><lb/> <p>„Das iſt noch ſchlimmer als ich dachte“,<lb/> ſagte er. „Mein junger Mann, Ihr Vater mag<lb/> ſein wie er will, er iſt und bleibt Ihr Vater. Mit<lb/> ſeiner Einwilligung wäre es mir ſchwer geworden,<lb/> Ihnen mein Lieschen zu geben, ohne ſie bekommen<lb/> Sie ſie nimmermehr.“</p><lb/> <p>„Sie weiſen mich ab?“ rief Werner außer ſich.</p><lb/> <p>„Ich kann nicht anders. 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Marburger Zeitung.
Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg:
Ganzjährig 12 K, halbjährig 6 K, vierteljährig 3 K, monat-
lich 1 K. Bei Zuſtellung ins Haus monatlich 20 h mehr.
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Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und
Samstag abends.
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11—12 Uhr vorm. und von 5—6 Uhr nachm. Poſtgaſſe 4.
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allen größeren Annoncen-Expeditionen entgegengenommen
Inſeratenpreis: Für die 5mal geſpaltene Zeile 12 h, bei
Wiederholung bedeutender Nachlaß. — Schluß für Ein-
ſchaltungen Dienstag, Donnerstag und Samstag mittags
Die Einzelnnmmer koſtet 10 h.
Nr. 58 Donnerstag, 14. Mai 1903 42. Jahrgang.
Geehrte Mitbürger!
Das Unglück, welches am 10. d. M.
Windiſchgraz betroffen, iſt fürchterlich!
Ein großer Teil der Stadt liegt heute in
Schutt und Aſche; groß iſt die Not, da viele
der Verunglückten nur das Leben gerettet;
ſchnelle Hilfe iſt dringendſt erforderlich, um
das Elend nur einigermaßen zu lindern. Vielen
Marburgern iſt Windiſchgraz aus heiteren
Tagen in freundlichſter Erinnerung, — ge-
denken wir nun der biederen Bewohner auch
in ihrem Unglücke!
Es wird daher die Bitte geſtellt, für
die ſchwer geſchädigten Bewohner von Win-
diſchgraz Spenden an Geld oder Kleidungs-
ſtücken — auch die kleinſte Gabe iſt herzlichſt
willkommen — zu widmen und werden die-
ſelben am Stadtamte dankend in Empfang
genommen und ihrer Beſtimmung raſch zuge-
führt werden.
Marburg, am 14. Mai 1903.
Der Bürgermeiſter:
Dr. Schmiderer.
Frei iſt der Burſch!
Die Philiſter ſind uns gewogen zumeiſt, ſie
ahnen im Burſchen was Freiheit heißt, frei iſt der
Burſch! So ſang und ſingt wohl noch der akade-
miſche Bürger, wenn er ſeiner Jugendluſt freien
Lauf und das Vollgefühl der Jugendkraft zum
Ausdrucke kommen läßt. Weit hinaus ſchallt es
dann: Frei iſt der Burſch! Aber immer ſeltener
werden leider von Jahr zu Jahr die Sänger,
welche aus innerer Ueberzeugung den Ruf hinaus
ſchmettern, denn das holde Weſen, die Freiheit, die
ſie meinen, zieht ſich immer häufiger zurück in das
Sternenzelt; immer finſterer wird es auch auf dem
akademiſchen Boden.
Wo es nur immer geht, ſchreibt das „All-
deutſche Tagblatt“, werden die ehemaligen Frei-
heiten geſchmälert, immer mehr wird der Weg ein-
geſchränkt, den der Muſenſohn zu ſchreiten hat.
Schon längſt ſind Stimmen laut geworden, die ſie
zurückrufen möchten, die Zeit, in welcher an der
Spitze der techniſchen Hochſchule noch der militä-
riſche Direktor geſtanden; heraufbeſchwören möchte
man eine Zeit der Knebelung unſerer jugendlichen
Geiſter, eine Zeit, in welcher das Hochſchulſtudium
nur zum Brotſtudium und die Hochſchule zur Er-
zeugungsanſtalt wohlgedrillter, vorſchriftsmäßig
denkender Staatsdiener herabgewürdigt, freiem
Geiſte, freier Wiſſenſchaft aber, dem letzten Ueber-
bleibſel der Lehr- und Lernfreiheit ſamt der gol-
denen akademiſchen Freiheit die Türe gewieſen
werden könnte. Und ſie naht heran die Zeit! Nach-
dem man vorſichtig zur Volksſchule vorgedrungen
iſt, die nun, wenigſtens in einzelnen Landesteilen,
bald ganz in der Gewalt der ſogenannten ſittlich-
religiöſen Erzieher liegt, greift man, begehrlich ge-
worden, nicht blos nach den Mittel-, ſondern auch
ſchon nach den Hochſchulen. Wieder einmal wurde
auf dem niederöſterreichiſchen Katholikentage ein
Teil der Hülle, welche heute noch das Werk der
Finſterlinge vor den Blicken der Mitwelt verbirgt,
gelüftet. Man hält die Zuſtände ſchon für weit
genug gediehen, die Mittelſchule mit Beſchlag be-
legen zu können und fordert die Einführung des
Spitzelweſens von amtswegen. Die Direktoren
ſollen den Schülern Zeugniſſe über ihre religiöſe
und ſittliche Geſinnungstüchtigkeit innerhalb und
außerhalb ihres Beruflebens ausſtellen; um
das zu können, muß ſelbſtverſtändlich der Schüler
auch außer der Schule überwacht werden; das
wird natürlich der Lehrer dem Nebenſchüler über-
tragen. In Blüte käme dann das ſchönſte Anzeige-
weſen, dem auf den Fuß die Heuchelei folgen muß.
Doch auf dieſen Gegenſtand wollten wir als ein
Zeichen der Zeit nur hinweiſen, ſprechen aber
wollen wir darüber, daß dieſer Geiſt, der jetzt her-
aufbeſchworen wird, ja ſchon in der Luft ſchwebt
und zwar auch an unſeren Hochſchulen, unſerer
freiheitlichen nationalen Studentenſchaft nicht ent-
gangen iſt. All der angebliche Lärm, der kürzlich
ſo viel Staub aufgewirbelt und zur Schließung der
techniſchen Hochſchule geführt hat, entſprang der
Abwehr gegen die Polypenarme, die ſich ausſtrecken,
das freiheitliche Leben unſerer Pflegſtätten der
freien Wiſſenſchaft zu erdrücken.
Nicht um die farbigen Mützen und Bänder,
Cereviſe und Schläger, welche die klerikalen Verbin-
dungen wie in der Faſtnacht tragen, ſondern um
den Geiſt handelt es ſich, dem durch die Austreibung
dieſer ſchwarzen Geſellſchaft Raum an unſeren Hoch-
ſchulen geſchaffen werden ſoll, daß hier eine Geſell-
ſchaft als gleichwertig an die Oeffentlichkeit treten
will, der Wohldienerei als offenbare Grundlage
gilt, eine Geſellſchaft nach Geltung ringt, die nicht
Hochziele zuſammengeführt hat, wie die Mitglieder
der farbentragenden nationalen Vereinigungen,
ſondern die Sorge um ein leichtes und gutes Fort-
kommen, auch nebenbei ein fröhliches Leben in der
Zeit des Hochſchulſtudiums.
Es iſt ja kein Geheimnis geblieben, wie die
Nachdruck verboten.
Liebe und Leidenſchaft.
Roman von Ludwig Habicht.
(10. Fortſetzung.)
Werner wurde dunkelrot und blickte ſchweigend
zu Boden.
„Sie können nicht lügen“, ſagte der Buſch-
müller, „wollten Sie es ſelbſt verſuchen, Ihr Ge-
ſicht verrät Sie.“
„Und ich will auch gar nicht lügen“, entgeg-
nete Werner tief aufatmend, „ja ich bin heute
morgen ſcharf mit meinem Vater zuſammengeraten,
Sie kennen ihn ja.“
„Ja, ich kenne ihn“, wiederholte der Buſch-
müller, „kenne ihn lange und ſehr genau. Hören
Sie mich, Herr von Brauſedorf.“ Er richtete ſich
auf, er ſah aus, als dehne ſich die breite Bruſt
noch breiter, das ſonſt etwas ſchläfrig blickende
Auge belebte ſich, die gutmütigen, verſchwommenen
Züge bekamen einen ſcharfen, geſpannten Ausdruck.
Es entſtand eine Pauſe, es war, als ſuche der
Buſchmüller nach paſſenden Worten für das, was
er zu ſagen hatte, was geſagt werden mußte.
„Gott weiß, es fällt mir ſchwer, ſehr ſchwer“, be-
gann er endlich, „zu einem Sohne ſo von ſeinem
Vater zu reden, wie ich es jetzt tun muß; ich bin
Ihnen ausgewichen ſo lange ich konnte, Sie ſelbſt
haben mich dazu gezwungen.“
„Reden Sie, lieber Peters“, drängte Werner
in fieberhafter Haſt.
„Ich kenne das Treiben Ihres Vaters ſeit
mehr als vierzig Jahren“, begann der Buſchmüller
und ſeine Stimme erhielt einen gedämpften Ton,
„ich war dabei, als Ihre Mutter als junge Frau
eingeholt ward und half ſie zu Grabe geleiten, ich
ſah auch die zweite Frau von Brauſedorf auf das
Schloß ziehen und im Leichenwagen wieder herunter-
kommen, ich ſah und hörte alles, was dazwiſchen
lag ... Meinen Sie wirklich, es könnte mich
darnach gelüſten, meine einzige Tochtet zur gnädigen
Frau von Radzionka hinzugeben?“
„Herr Peters!“ fuhr Werner auf, mit welchem
Rechte können Sie einem ſolchem Verdachte gegen
mich Raum geben?“
„Ruhig, ruhig, junger Mann“, entgegnete
Peters, „gegen Sie habe ich nichts, von Ihnen
weiß ich nur Gutes und wenn mir auch der Jäh-
zorn, der ſoeben wieder in Ihnen aufloderte, eine
böſe Erbſchaft Ihres Vaters zu ſein ſcheint, würde
ich Ihnen doch ohne Bedenken mein Lieschen geben.“
„Weiter verlange ich ja nichts“, fiel ihm
Werner freudig in die Rede, aber der Buſchmüller
fuhr, ohne ſich irre machen zu laſſen, fort:
„Wenn Sie ein ſchlichter Landmann und
meinesgleichen wären.“
„Lieschen wäre für eine Fürſtin genug!“ rief
Werner lebhaft.
„So denke ich auch“, ſtimmte der Müller
bedächtig zu, „und deshalb ſoll ſie keiner haben,
dem doch eines Tages der Gedanke kommen könnte,
er habe ihr eine beſondere Ehe angetan, als er ſie
zur Frau machte.“
„Können Sie mir das zutrauen“ rief Werner
tief verletzt.
Peters zuckte die Achſeln. „Man denkt mit
fünfzig Jahren anders als mit fünfundzwanzig,
und doch, ſtänden Sie allein, ich würde auch dar-
über hinwegkommen, weil Lieschen Sie liebt. Aber
können Sie mir wirklich zumuten, mein gutes,
ſchönes, unverdorbenes Kind nach einem Hauſe zu
geben, wo — wo — Ihr — wo der Alte hauſt,
wo eine Joſepha regiert?“ ſtieß er mit Aufregung
hervor.
„Mein Vater müßte —“
„Was denn“, unterbrach ihn der Buſchmüller
bitter, „etwa ſeine Wirtſchafterin fortſchicken, ein neues
Leben anfangen? Daß er das tut, glauben Sie ſelbſt
ſo wenig wie ich. Sie könnten ihm eine Grafen-
tochter ins Haus bringen und es würde dort um
kein Haar anders, geſchweige denn um ein Müllers-
kind.“
„Herr Peters“, ſtammelte Werner, „Sie ſollen
die ganze Wahrheit hören, mein Vater hat mir
die Tür gewieſen, ich bin weniger als Ihresgleichen,
ich bin nur auf meiner Hände Arbeit angewieſen.“
Der Buſchmüller betrachtete ihn mit mitlei-
digem Kopfſchütteln.“
„Das iſt noch ſchlimmer als ich dachte“,
ſagte er. „Mein junger Mann, Ihr Vater mag
ſein wie er will, er iſt und bleibt Ihr Vater. Mit
ſeiner Einwilligung wäre es mir ſchwer geworden,
Ihnen mein Lieschen zu geben, ohne ſie bekommen
Sie ſie nimmermehr.“
„Sie weiſen mich ab?“ rief Werner außer ſich.
„Ich kann nicht anders. Wenn Ihr Vater
Ihnen das kleinſte Vorwerk zum Bewirtſchaften
gäbe, ich wollte zufrieden ſein, ja ſelbſt, wenn Sie
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(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
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Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
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